04/2015
extra
Arbeitskraftsicherung „Und auf einmal konnte ich nicht mehr tanzen“
In Kooperation mit:
Ein Unfall oder eine Krankheit kann schnell eine ganze Familie gefährden.
Mit AXA bieten Sie Ihren Kunden individuelle Lösungen für ihre Existenzsicherung. Viele Familien geraten durch einen Unfall oder eine Krankheit in eine finanzielle Notsituation. Diese Kundengruppe können Sie mit AXA gezielt für eine Existenzsicherung gewinnen, sogar wenn diese keine BU abschließen kann. Überzeugen Sie mit der Initiative Existenzsicherung von AXA und bieten Sie Ihren Kunden eine starke, bezahlbare und flexible Risikoabsicherung. Mit einer lebenslangen monatlichen Rente im Leistungsfall und vielen Extras können die Leistungen aus BU und Existenzschutzversicherung kombiniert werden. Das Besondere: Eine Existenzschutzversicherung kann z. B. ohne erneute Gesundheitsprüfung in eine BU umgewandelt werden. Erschließen Sie neue Kundengruppen mit einem starken Partner. Kommen Sie zu AXA.
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EDITORIAL | finanzwelt extra | 3
Liebe Leserinnen, liebe Leser, der Vorwurf mancher Branchenbeobachter, die Versicherungswirtschaft sei nicht genügend innovationsfreudig, hat in Deutschland eine lange Tradition. Doch spätestens angesichts der jüngsten Produktentwicklungen rund um das Thema Arbeitskraft kann er nun wirklich nicht aufrechterhalten bleiben. Bereits vorhandene Konzepte wurden kräftig durchgelüftet und erweitert, völlig neuartige kamen hinzu. Wer dachte, mit der verschärften Risikoselektion im Hinblick auf mögliche Berufsunfähigkeitsrisiken sei es um eine entsprechende Versorgung breiter Schichten der Bevölkerung geschehen, ist offenkundig einem Irrtum unterlegen. Nie zuvor standen die Türen hierfür derart offen wie heute. Allerdings muss man auch hindurchgehen. Für manchen Makler sind Grundfähigkeitenversicherung und Multirisk noch Neuland. Und viele ihrer Kollegen wissen noch nicht so recht, wie sie den Kundenwünschen nach einer Vergleichbarkeit der sehr unterschiedlichen Konzepte entsprechen sollen – schließlich spielen ja auch die Erwerbsunfähigkeits- und die Unfallversicherung, aber auch Dread Disease in die-
sem Kontext eine nicht unwesentliche Rolle. Nicht zu Unrecht kann die Unfallversicherung sogar – frei nach Goethe – als die Mutter aller Reußen betrachtet werden. Wobei sich alle Marktbeteiligten einig sind: Königin bleibt auch künftig die BU-Absicherung. Wie auch immer, viele Fragen zur Vergleichbarkeit werden auf der kommenden DKM in Dortmund eine Antwort finden. Denn dann kommt endlich eine entsprechende Software auf den Markt. Sie soll nach Aussage der Geschäftsführung von MORGEN & MORGEN sukzessive weiterentwickelt werden. Natürlich auch gerade deswegen, weil der Mark nicht still steht. Das ist für die Makler allemal eine zukunftsweisende Sichtweise. Denn wenn sich die Produktanbieter mit der Entwicklung neuer Modelle in einem fortbewegen, stärkt das naturgemäß den Vertrieb. Besser kann es eigentlich nicht laufen.
In diesem Sinne, Ihr Hans-Werner Thieltges
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4 | finanzwelt extra | INHALT
06 Arbeitskraftsicherung – Volle Dröhnung
10 Unfallversicherung – Ein Produkt für jedermann
Foto: © Netfalls – Fotolia.com
18 BU-Alternativen – Umdenken und sich von alten Fesseln lösen
14 Berufsunfähigkeitsversicherung – Das Topmodell
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20 Multirisk-Absicherungen – Klare Kante
22 Alternativen zur Arbeitskraftsicherung – Auf der Überholspur oder doch nur der Seitenstreifen?
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Arbeitskraftsicherung – Volle Dröhnung
09
Versicherungsgruppe die Bayerische – Die neue
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BU-Alternativen – Umdenken und sich von alten Fesseln lösen
Unfallwelt: Mit 10 Millionen Deckungssumme
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Multirisk-Absicherungen – Klare Kante
höchste Absicherung in Deutschland
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Alternativen zur Arbeitskraftsicherung – Auf der
10
Unfallversicherung – Ein Produkt für jedermann
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Die Basis muss stimmen – Interview mit Stephen
Überholspur oder doch nur der Seitenstreifen? 24
Voss, Vorstandsvorsitzender Baden-Badener
Expertengespräch Arbeitskraftsicherung – Ohne jede Alternative
Versicherung AG 14
Berufsunfähigkeitsversicherung – Das Topmodell
16
Auf Erfahrung gebaut – Interview mit Dr. Edward Renger, Leiter Unfallversicherung und biometrische Spezialprodukte bei AXA
RUBRIKEN 03 08
Editorial Impressum
finanzwelt extra 04/2015 | Arbeitskraftsicherung
6 | finanzwelt extra | Arbeitskraftsicherung
Volle Dröhnung
Die finanzielle Absicherung der Zukunft für den Fall, dass Menschen aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr arbeitsfähig sind, war früher vornehmlich Aufgabe von Berufsunfähigkeitsversicherungen. Doch das hat sich in den vergangenen Jahren grundsätzlich geändert. Davon profitieren nicht nur Millionen Bundesbürger, sondern auch die Makler.
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Christian Gesell
Stephen Voss
Produktmanager Existenzschutzversicherung AXA Konzern AG
Vorstandsvorsitzender Baden-Badener Versicherung AG
So viel Absicherung der Arbeitskraft war nie. Noch vor ganz wenigen Jahren hatten die Deutschen lediglich die Wahl zwischen Berufsunfähigkeitsversicherung und Berufsunfähigkeitsversicherung. Doch das ist Geschichte, die Zauberformel von der Arbeitskraftabsicherung belebt Versicherer und Makler gleichermaßen. Bieten sich damit aber automatisch umfangreichere Beratungsmöglichkeiten als ehedem nur mit der Berufsunfähigkeitsversicherung? Maximilian Buddecke, Leiter Maklervertrieb in der Versicherungsgruppe die Bayerische, legt auf einen kleinen Unterschied Wert: „Das eine ist eine Produktberatung und das andere ist ein Oberbegriff für ein ganzes Beratungsfeld. Bei der Bayerischen nennen wir dies Einkommenssicherung. Zwar gehört die Berufsunfähigkeitsversicherung definitiv als ein mögliches ‚Werkzeug‘ zur Arbeitskraftsicherung, aber das Beratungsspektrum ist durchaus weiter zu fassen.“
funktionelle Invalidität nach der Schaden- oder Lebensversicherung sowie Grundfähigkeiten das für den Kunden passende Angebot zu finden.“ Unterstützung in Form von professionellen Softwareangeboten für die Makler sei hier dringend erforderlich. Schneider: „MORGEN & MORGEN wird zur DKM ein Tool anbieten, das einen sehr umfassenden Überblick zu den Angeboten der Arbeitskraftsicherung bietet.“
Christian Gesell, Produktmanager Existenzschutzversicherung bei AXA, relativiert jedoch: „Vergleichsanbieter bieten Maklern eine gute Übersicht über die Vor- und Nachteile der BU-Alternativen.“ Und auch Peter Schneider, Geschäftsführer bei MORGEN & MORGEN, hat erkannt: „Für Makler wird es zunehmend schwerer, zwischen Angeboten zu Erwerbsunfähigkeit, Dread Disease,
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Gute Gründe gab es dafür, wie Stephen Voss, Vorstandsvorsitzender Baden-Badener Versicherung, erläutert: „Die Gründe, die zum Verlust der Arbeitskraft führen können, sind vielfältig – unter anderem kann ein Unfall schwerwiegende Folgen für die körperliche und geistige Leistungsfähigkeit haben und diese vorübergehend oder sogar dauerhaft beeinträchtigen.“ Für den Betroffenen führe das häufig zu Einkommenseinbußen. Die gesetzliche Unfallversicherung leistet zwar für Berufsunfälle, diese Leistungen sind aber minimal und dienen eher einer Grundversorgung. So wird beispielsweise keine Kapitalsumme gezahlt, sondern eine Rente ab 20 % Erwerbsminderung. Mit der privaten Unfallversicherung kann der Versicherungsnehmer für den Fall der Invalidität eine Kapitalsumme erhalten, die fortan seinen Lebensstandard absichern kann. Voss: „Die Vorsorge durch eine private Unfallversicherung bedeutet demnach eine Sicherung des Lebensstandards.“
Foto: © Alexander Yakovlev – Fotolia.com
Für Makler ist es mittlerweile schwer geworden, bei den vielen sehr unterschiedlichen BU-Alternativen noch den Überblick behalten.
Dabei hatte alles einmal mit der Unfallversicherung angefangen.
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Maximilian Buddecke
Dr. Mathias Masberg
Peter Schneider
Leiter Maklervertrieb Versicherungsgruppe die Bayerische
Leiter Produktmanagement AXA Krankenversicherung AG
Geschäftsführer MORGEN & MORGEN GmbH
Außerdem kann er die Police mit dem Pflege-Bahr kombinieren. Die Wartezeit beim Pflege-Bahr entfällt und der Kunde sichert sich die staatliche Förderung. Dr. Masberg ergänzt: „Pflegebedürftige erhalten jeden Monat ein Pflegegeld, das sie bereits ab Stufe 0 flexibel einsetzen können. Die Kunden sind bereits ab Pflegestufe 1 von der Beitragszahlung befreit. Anfang 2015 hat AXA die Pflegevorsorge zudem um den ‚Demenzbaustein‘ Flex 0 ergänzt.“
werden kann.“ Mittlerweile biete der Markt viele, zum Teil sehr gute Alternativen, die auch eine Absicherung für diese Zielgruppen zulasse. Damit sinke eher das Haftungsrisiko. Buddecke: „Anfangen sollte man in der Beratung immer bei der bestmöglichen Variante und dann mit dem Kunden gemäß seiner persönlichen Situation die Qualität der Produkte vor der Laufzeit und der Rentenhöhe reduzieren. die Bayerische bietet hierfür ein umfassendes Portfolio an BU-Tarifen, EU, Multi Protect, Schwere Krankheiten Absicherung und ganz aktuell unsere neue Unfallwelt.“ Gesell ergänzt: „In den Beratungsprotokollen sollte immer auf die empfohlene Absicherung hingewiesen werden. Kunden sollte bewusst sein, dass eine BU-Versicherung die umfangreichste Absicherung darstellt. Die Alternative kann aus Kostengründen und im Hinblick auf Vorerkrankungen oder nicht versicherbare Berufe jedoch sehr attraktiv sein.“ AXA empfehle Maklern, Kunden sowohl die BU als auch Alternativlösungen zu präsentieren und die Unterschiede der Modelle transparent zu machen. (hwt)
Natürlich gehört auch die Absicherung des Pflegerisikos in den Gesamtkontext. Und zwar unabdingbar, so erklärt auch Dr. Mathias Masberg, Leiter Produktmanagement AXA Krankenversicherung: „Betrachtet man die Pflegeversicherung in einem Gesamtkonzept entsprechend der Lebensphasen des Kunden, so steht zur Absicherung der Arbeitskraft der Abschluss einer BU stets an erster Stelle. Die Pflegeversicherung sollte jedoch spätestens nach der Erwerbsphase die BU in der Rentenphase ablösen.“ Ein frühzeitiger Abschluss einer solchen Pflegeversicherung ist auf jeden Fall sinnvoll, auch um die Beiträge niedrig zu halten. Beim Verlust der Arbeitsfähigkeit stellt die Pflegeversicherung dann bereits in der Erwerbsphase neben der Kompensation des Einkommens auch die Finanzierung der notwendigen Pflege sicher. AXA bietet hier laut Dr. Masberg mit der „Pflegevorsorge Flex“ eine flexible und einfache Lösung: Der Kunde kann einzelne Pflegestufen individuell absichern.
Doch wie sieht es mit der Haftung des Maklers aus? Eine ganz wesentliche Frage ist, ob durch die neue Sicht auf die Absicherung der Arbeitskraft nicht automatisch das Haftungsrisiko der Makler steigt. Buddecke sieht diese Gefahr nicht: „Nein, eher im Gegenteil. Wenn jemand in der Vergangenheit nur eine BU angeboten hat, dann konnte man eine relativ große Zielgruppe aufgrund von mangelnder Liquidität oder Vorerkrankungen nicht bedienen oder musste kleine Rentenhöhen in der BU anbieten, dass der Sinn in Frage gestellt
extra ARBEITSKRAFTSICHERUNG REDAKTION Hans-Werner Thieltges (hwt) thieltges@finanzwelt.de Peter Schneider
VERLAGSLEITUNG / ANZEIGENLEITUNG Maria Roberto maria.roberto@finanzwelt.de
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Portrait | finanzwelt extra | 9
Versicherungsgruppe die Bayerische
Die neue Unfallwelt:
Mit 10 Millionen Deckungssumme höchste Absicherung in Deutschland Anfang dieses Jahres hat die Bayerische bundesweit Vermittler gefragt, wie für sie der ideale Unfallversicherungsschutz aussehen würde. Herausgekommen ist eine innovative Tarifwelt, die ihresgleichen sucht. Die höchste Deckungssumme in Deutschland ist dabei nur ein Beispiel.
Kleine Ursache, große Wirkung: Oft sind es bei Unfällen die kleinen Dinge, die besonders großen Schaden anrichten – und von einer Sekunde auf die andere ist nicht nur die Gesundheit ruiniert, sondern auch die Lebensplanung. Hier stellt sich die Frage: Wie sieht der ideale Unfallschutz für solche Fälle aus?
Die neue Unfallwelt der Bayerischen wurde in fünf deutschlandweiten Workshops in enger Zusammenarbeit mit Maklern entwickelt. Im Ergebnis wurden die Tarife teilweise vollständig überarbeitet, teilweise gehen sie komplett neue Wege und stellen die klassische Denkweise dabei völlig auf den Kopf: Bei der Unfall-Police „Individual“ beispielsweise werden Unfälle analog zur Haftpflichtversicherung reguliert – ein in der hiesigen Versicherungslandschaft einzigartiges Konzept. Mit einer Deckungssumme von 10 Mio. Euro verfügt die „Individual“ über das höchste Leistungsversprechen in Deutschland – und das bereits ab 1 % Invalidität.
Durch das neue Prinzip des Schadenersatzes wird der Beratungsprozess bei der Unfall-Police „Individual“ erheblich vereinfacht. Komplizierte Berechnungen entfallen, denn hier gilt ein Tarif für alle: für jeden Beruf und für nahezu jede Berufsgruppe, für Hausfrauen, Senioren, Selbstständige und Schüler sowie Kinder. Zu haben ist diese Absicherung bereits für 9,90 Euro im Monat.
Ein starkes Team. Die Unfall-Police „Individual“ ist kombinierbar mit der Unfall-Police „Optimal“ sowie der Existenzsicherungsrente „Multi Protect“, die beide ebenfalls überarbeitet wurden. Der Tarif „Optimal“ ist eine klassische Unfallversicherung und verfügt jetzt über die drei Varianten Smart, Komfort und Prestige, die den unterschiedlichen Leistungsansprüchen der Kunden gerecht werden. Smart steht für die Grundabsicherung zum kleinen Preis, während Prestige sämtliche Leistungen bündelt und besonders attraktive Assistance-Leistungen bietet. „Multi Protect“ ist eine lebenslange Existenz-
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sicherungsrente. Diese Absicherung springt insbesondere bei schwerer Krankheit als auch bei Unfall ein und sorgt dafür, dass der Kunde laufende Kosten und zusätzliche medizinische Leistungen und Medikamente bezahlen kann. Die Abschlussmöglichkeiten der neuen Unfallwelt sind vielfältig – entweder mit der umfassenden elektronischen Lösung mit Online-Gesundheitsprüfung über Vergleicher oder als beschreibbarer PDF-Antrag, Deckungsnoten inklusive. I: Weitere Informationen zur neuen Unfallwelt der Bayerischen: www.kleinabergemein.de
Kontakt die Bayerische Bayerische Beamten Versicherung AG Thomas-Dehler-Straße 25 81737 München Tel.: 089 6787-2222 vsc@diebayerische.de www.diebayerische.de/berater
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Ein Produkt für jedermann Unfallversicherungen sind eher ein Massenprodukt und mittlerweile auch bei den meisten Verbraucherschützern über jeden Zweifel erhaben. Und die Kunden machen es den Maklern leicht, weil sie durch attraktiv niedrige Prämien gelockt werden. Dabei sind diese Policen auch im Kontext Arbeitskraftsicherung unverzichtbar – und sogar die Basis für die Weiterentwicklung komplexer Lösungen.
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Doch auch die originäre Unfallversicherung lebt – und wie! Kaum ein Produkt verkauft sich ähnlich gut. Wobei Makler häufig mit denselben Fragen konfrontiert werden. Etwa der nach der Höhe der richtigen Versicherungssumme. Stephen Voss, Vorstandsvorsitzender Baden-Badener Versicherung, will sich da nicht auf eine Faustformel einlassen: „Der Lebensstandard ist letztlich abhängig von
den finanziellen Mitteln, die für den Lebensunterhalt zur Verfügung stehen. Daher sollte die Versicherungssumme so bemessen sein, dass auch bei völligem Ausfall der Arbeitskraft kein finanzieller Schaden entsteht. Hier hat jeder Kunde seine individuellen Bedürfnisse.“ Auch die Frage, wie das Zusammenspiel zwischen Versicherungssumme und Progression aussehen sollte, hält er nur für eingeschränkt beantwortbar: „Eine generelle Faustregel gibt es nicht. Legt man für sich fest, dass bei schweren Verletzungen eine höhere Kapitalsumme erst zur Auszahlung kommen soll, wählt man in aller Regel eine niedrigere Versicherungssumme mit hoher Progression.“ Gesell wiederum legt auf die Berechnungsbasis besonderen Wert: „Entscheidend ist die Invaliditätsgrundsumme. Diese sollte möglichst hoch gewählt werden. Da Progressionen Beitragszuschläge erfordern, reicht im Normalfall eine Progression von 350 % aus, um mit einer höheren Grundsumme eine ausreichende Summe bei Vollinvalidität abzusichern.“ Bei einem schweren Polytraumata liege der durchschnittliche Invaliditätsgrad bei ca. 35 %. Hier seien hohe Progressionen kaum wirksam.
Immer mehr Unfallversicherer überbieten sich im Wettbewerb mit einer Anhebung des Leistungsniveaus oder mit sonstigen „Zugaben“. Nach welchen Kriterien sollten Makler entscheiden – Preis oder Leistung? Gesell rät bei klassischen Modellen zum Blick auf die Prämie. Doch Peter Schneider, Geschäftsführer bei MORGEN & MORGEN, entgegnet: „Leider wählen viele Marktteilnehmer die Produkte der Unfallversicherung immer noch nach dem Preis aus. Und die Versicherer überbieten sich zurzeit dabei, zusätzliche Leistungen anzubieten, die zum Teil recht weit von den originären Leistungen einer Unfallversicherung entfernt sind. Dies macht den Überblick nicht einfach.“ So sind in den vergangenen Monaten einige
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Versicherer mit Zusatzleistungen wie einem Frakturen- oder einem Komageld auf den Markt gekommen. Hat das wirklich noch originär mit der Unfallversicherung zu tun? Für Voss nur bedingt: „Die Frakturen ja, denn als Folge eines Unfalls im Sinne der Unfallbedingungen können bei Frakturen, je nach Schwere, verschiedene Leistungsarten aus der Unfallversicherung zum Tragen kommen – z.B. Leistungen bei Invalidität oder ein Krankenhaustage- bzw. ein Genesungsgeld bei stationärer Behandlung. Komageld dagegen hat originär weniger mit der Unfallversicherung zu tun.“ Dass dieses als Leistungserweiterung mit angeboten werde, resultiere aus der hohen Nachfrage und der Möglichkeit, das Produkt Unfallversicherung noch attraktiver zu gestalten. Ob diese „Zugaben“ für die Kunden am Ende wirklich entscheidend sind, sei dahin gestellt. Gesell hat da eine klare Meinung: „In der Risiko-Unfallversicherung ist es wichtig, eine risikogerechte Versicherungssumme abzuschließen, damit im Fall der Vollinvalidität die Kosten für den Umbau der Wohnung oder ein Umbau des Autos finanziert werden können.“ Und Schneider mag mit Kritik an einzelnen Versicherern nicht hinter dem Berg halten: „Es gibt mittlerweile einen regelrechten Wettbewerb, wer die meisten Extras anbietet und somit in den unterschiedlichsten Vergleichsübersichten die meisten Häkchen erhalten kann. Letztlich ist es doch auch Aufgabe einer Unfallversicherung, aus dem Zusammenspiel von Versicherungssumme, Progressionsstaffel und Gliedertaxe im Falle einer unfallbedingten Invalidität für den Kunden die höchstmögliche Entschädigungsleistung zu einem vorgegebenen Preis zu erhalten.“ Teilweise könne man den Eindruck bekommen, dass durch den Wettbewerb um die Extras von der eigentlichen Stärke oder Schwäche eines Produkts eher abgelenkt werde oder vielleicht sogar abgelenkt werden solle. (hwt)
Foto: © Konstantin Yuganov – Fotolia.com
Wer über Arbeitskraft spricht, landet schnell bei den üblichen Verdächtigen – BU, Grundfähigkeiten- und EU-Versicherung, Multirisk und Dread Disease. Eine Variante wird dabei rasch übersehen: die Unfallversicherung. Aber welche Rolle kommt ihr in diesem Kontext eigentlich zu? Christian Gesell, Produktmanager Existenzschutzversicherung bei AXA, klärt auf: „AXA bietet zwei Lösungen. Das ist zum einen die klassische Risiko-Unfallversicherung, denn gerade Berufe, die in der BU-Versicherung einen hohen Beitrag zahlen müssen, können durch die Risiko-Unfallversicherung Versicherungsschutz zu einem bezahlbaren Beitrag erhalten. Dabei leistet die Risiko-Unfallversicherung bereits ab einem geringem Invaliditätsgrad.“ Seit 2006 habe das Unternehmen die Risiko-Unfallversicherung allerdings um weitere Leistungsauslöser erweitert. Und hierbei bewusst auf eine reine Rentenabsicherung gesetzt – die Existenzschutzversicherung. Gesell: „Diese Alternative bietet nahezu allen Berufsgruppen Versicherungsschutz. Neben der klassischen Definition der Unfallversicherung führen definierte dauerhafte Funktionseinschränkungen, resultierend aus Krankheit oder Unfall, zu einem Leistungsfall.“ Im Gegensatz zur BU-Versicherung oder der RisikoUnfallversicherung gebe es keinen berufsbedingten Beitragsunterschied. Bekannt sei dieses Konzept auch unter Funktionaler Invaliditätsversicherung oder Multirisk-Unfall. Gemeint ist damit die Highend-Lösung.
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Die Basis muss stimmen Der Grundstein für biometrische Absicherungen sollten stets vernünftige Unfallversicherungen sein – für Erwachsene wie für Kinder. Zumal die Absicherung vergleichsweise wenig kostet. Dennoch ist dieses Thema etwa vor dem Hintergrund der Diskussion um Arbeitskraftsicherung und Pflegefallvorsorge etwas in den Hintergrund gerückt. Die finanzwelt sprach darüber mit Stephen Voss, dem Vorstandsvorsitzenden der Baden-Badener Versicherung AG.
finanzwelt: Beim Thema Biometrie spricht alle Welt von der Pflegeversicherung, Arbeitskraftsicherung, BU und den Alternativen. Die Unfallversicherung kommt dabei nur am Rande vor. Erklären Sie doch bitte, warum gerade die Unfallversicherung ein ganz elementarer Bestandteil bei der Absicherung biometrischer Risiken ist. Voss » Bei den biometrischen Risiken handelt es sich um alle Risiken, die im unmittelbaren Zusammenhang mit dem Leben eines Versicherungs-
nehmers stehen. Dazu zählen unter anderem die Risiken vorzeitiger Todesfall, Berufs- und Erwerbsunfähigkeit, Unfalltod, Invalidität. Unfalltod und Invalidität sind zwei wichtige Leistungsarten, die zur privaten Unfallversicherung gehören. Sie ist daher meiner Meinung nach im Zusammenhang mit den biometrischen Risiken kaum wegzudenken. finanzwelt: Umfragen zeigen immer wieder, dass viele Menschen sich über
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die gesetzliche Unfallversicherung und die Krankenversicherung ausreichend geschützt sehen. Ein fataler Irrtum? Voss » Definitiv! Die gesetzliche Unfallversicherung leistet nur bei Berufsunfällen. Die Mehrzahl der Unfälle ereignet sich aber im Freizeitbereich. Den umfassendsten Schutz für alle Personengruppen leistet die private Unfallversicherung mit einer weltweiten 24-Stunden-Deckung für Berufsund Freizeitunfälle. Hier sollte man darauf achten, dass die Leistungen der
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Unfallversicherung zur Person passen. finanzwelt: Am Markt werden Unfallpolicen von einzelnen Unternehmen mitunter in drei Varianten angeboten. Die Baden-Badener hat sich mit BASIS und TOP für zwei entschieden. Wie groß ist denn der Leistungsunterschied zwischen Ihren Tarifen? Können Sie uns bitte einige Beispiele nennen? Voss » Wir haben uns ganz bewusst für diese beiden Varianten entschieden: die einfache BASIS-Deckung ohne die Vielzahl an Leistungserweiterungen und eben die umfängliche leistungsstarke TOP-Deckung. Damit bieten wir dem Kunden die Möglichkeit, frei nach seinen individuellen Bedürfnissen zu wählen. In der Tat ist der Leistungsunterschied zwischen der BASIS- und TOP-Deckung schon beachtlich: Wir haben in TOP beispielsweise Unfälle durch Eigenbewegung mit eingeschlossen, bieten erweiterte Invaliditätsfristen, eine verbesserte Gliedertaxe mit Stimmklausel 100 %, zusätzliche Erweiterungen bei der Vereinbarung des Krankenhaustagegeldes bzw. des Genesungsgeldes und übernehmen auch die Eigenbehandlungskosten bei unfallbedingter stationärer Behandlung. finanzwelt: Und wie wirkt sich dies in der Beitragskalkulation aus? Voss » Da wir als Versicherer schadenbedarfsgerecht kalkulieren müssen, liegt der TOP-Tarif natürlich auch über dem BASIS-Tarif. Eine erwartete Schadenverteilung bestimmt hier den Preis des Versicherungsschutzes. finanzwelt: Makler sind also immer gut aufgestellt, wenn sie ihren Kunden zum TOP-Tarif raten? Voss » Das kann man so pauschal nicht sagen. Beispielsweise kann sich ein Single, der keine Verantwortung für eine Familie hat, auch mit einer BASIS-Deckung einen ausreichenden Unfallversicherungsschutz zulegen. Wir sprechen mit unseren Unfallproduk-
ten viele Zielgruppen im privaten Bereich an: Singles, Familien, Kinder, Hausfrauen, Schüler/Studenten, Senioren. Daher macht es auch Sinn, unterschiedliche Deckungsvarianten mit unterschiedlicher Tarifierung anzubieten. Ein Makler verkauft nach den individuellen Leistungsbedürfnissen, aber auch nach den vorhandenen finanziellen Möglichkeiten seiner einzelnen Kunden. Daher kann und darf nicht pauschal immer nur die TOP-Deckung angeboten werden. Der Makler hat seinem Kunden von den vorhandenen möglichen Produktvarianten diejenige zu empfehlen, die den Interessen und Bedürfnissen am ehesten entspricht. finanzwelt: Gerade auch in der Unfallversicherung geht es heutzutage kaum noch ohne Assistanceleistungen. Was dürfen Makler und Kunden in dieser Hinsicht bei Ihnen erwarten? Voss » Seinerzeit waren wir einer der ersten Versicherer, der speziell für die Senioren-Unfallversicherung ein zusätzliches Servicepaket mit angeboten hat. Für Kunden spielen besonders Zusatz- und Serviceleistungen beim Vertragsabschluss eine durchaus bedeutende Rolle. Wir haben damals auf die Lebenssituation älterer Menschen, die nach einem Unfall in ihren Alltagsaktivitäten beeinträchtigt sind, entsprechend reagiert und eben dieses Servicepaket mit angeboten. Es beinhaltet zum Beispiel die Lieferung einer täglichen Mahlzeit, einen Hausnotruf, Unterstützung bei Arzt- und Behördengängen, Körperpflege sowie einen Dienst zur Besorgung der Einkäufe und Reinigung der Wohnung. Außerdem bieten wir in unserer TOP-Deckung, in unserem Kinderunfalltarif und als Einzelleistung das Paket INTERNATIONAL SERVICE CARD. Der Versicherungsnehmer ist damit auch auf Reisen abgesichert. Bei einem Unfall oder einer Erkrankung organisieren wir den Rücktransport ins Heimatkrankenhaus, wir helfen vor Ort bei der Kommunikation mit Ärzten und Behörden, ver-
finanzwelt extra 04/2015 | Arbeitskraftsicherung
mitteln Dolmetscher, beschaffen innerhalb kürzester Zeit OP-Plätze oder Intensivkapazitäten und vieles mehr. finanzwelt: Mit KINDER SICHER haben Sie ein spezielles Produkt für den Nachwuchs im Programm, das sogar eine psychotherapeutische Therapie inkludiert. Denn Kinder leiden oft nach einem Unfall auch unter psychischen Störungen. Welche inhaltlichen Highlights machen Ihr Angebot „KINDER SICHER“ für Makler besonders interessant? Voss » Unfallfolgen gehören zu den häufigsten Todesursachen im Kindesalter. Außerdem sind Verletzungen relativ häufig. Wir haben das Kinderunfall-Deckungskonzept dem Unfallgeschehen im Kindesalter angepasst und dort spezielle Leistungserweiterungen aufgenommen, die sich vom TOP-Deckungskonzept wesentlich unterscheiden. Mit eingeschlossen wurden Leistungen wie Kindergartenund Schulausfallgeld, Nachhilfegeld bei unfallbedingter Schulunfähigkeit, Fahrrad- und Reitunfälle (beide mit Helmklausel), Impfschäden, Schäden durch Sonnenbrand/Sonnenstich, Insektenallergien etc. Zudem sind Folgen durch Krankheiten wie Cholera, Diphterie, Keuchhusten, Kinderlähmung oder Typhus bei uns auch mit abgesichert. Wir erstatten zudem die Sachkosten für die Reparatur oder sogar für die Neuanfertigung einer Zahnspange nach einem Unfall und übernehmen auch die Kosten für eine logopädische bzw. psychotherapeutische Therapie nach einem unfallbedingten Sprachverlust bzw. nach einer unfallbedingten psychischen Reaktion. Zusätzlich ist in KINDER SICHER auch eine verbesserte Gliedertaxe mitversichert sowie die Vielzahl der Leistungserweiterungen, die ebenfalls in der TOP-Deckung integriert sind. Auch unser Auslands- und Reiseschutz, INTERNATIONAL SERVICE CARD, ist beitragsfrei mitversichert. (hwt)
14 | finanzwelt extra | Berufsunfähigkeitsversicherung
Das Topmodell Lange Jahre war die Berufsunfähigkeitsversicherung die Königsdisziplin für die Absicherung der Arbeitskraft. Mittlerweile sind Alternativen auf den Markt kommen. Doch alle Experten sind sich einig: Die BU ist auch heute und in Zukunft das Topmodell schlechthin. Dennoch bereitet sie Makler und Kunden Kopfzerbrechen. Doch dagegen gibt es eine Medizin.
Psychische Leiden haben längst den körperlichen Verfall als Hauptursache von Berufsunfähigkeit abgelöst. Zudem sind immer mehr junge Menschen davon betroffen. Und eine weitere Horrorzahl: Jeder fünfte Deutsche wird irgendwann in seinem Leben zu dieser Gruppe gehören. Das SanktFlorians-Prinzip „Heiliger Sankt Florian, verschon‘ mein Haus, zünd‘ andre an!“ ist demnach der schlechteste Hoffnungsträger, den man sich vorstellen kann. Und dennoch: Vier von fünf erwerbstätigen Bundesbürgern scheinen genau danach zu handeln und üben sich im Verzicht. BU-Policen sind ihnen zu teuer, zu unverlässlich, oder sie halten sie für schlichtweg überflüssig. Schwerpunktmäßig gilt dies für die Jüngeren. Dabei bietet die große Mehrzahl der Versicherer mittlerweile spezielle Policen für Berufseinsteiger oder junge Menschen in der Ausbildung an. Üblich sind dann beispielsweise umfangreiche Nachversicherungsoptionen zu vertraglich fixierten Anlässen und/oder vorgegebenen Zeitpunkten, ohne dass es einer erneuten Gesundheitsprüfung bedarf. Andererseits werden viele mögliche Interessenten durch die Preispolitik vieler Versicherer geradezu
abgeschreckt. Viele haben eine derartige Beitragsspreizung zwischen einzelnen Berufsgruppen vorgenommen, dass die Produkte für eine große Zahl an Verbrauchern kaum mehr bezahlbar geworden sind. Zumal auch immer mehr Berufsbilder in die Tarifierung eingeflossen sind.
Vor allem seit der Einführung der Unisex-Tarife ist der Neuabschluss von BU-Versicherungen regelrecht eingebrochen. Das hat eine aktuelle Analyse von MORGEN & MORGEN ergeben. 2014 gab es demnach einen Rückgang gegenüber dem Vorjahr um 20 %. Auf viele potenzielle Kunden hat diese mit der Risikoselektion einhergehende Prämienpolitik eine geradezu abschreckende Wirkung. „Für Berufe mit höherem Risiko haben sich die Preise in den letzten Jahren zum Teil vervierfacht“, sagt Michael Franke, Geschäftsführer des Ratingunternehmens Franke und Bornberg. Andererseits könnten aber auch die Kunden selbst die Preisschraube zu ihren Gunsten drehen, es müsse am Ende nicht immer der Vollkaskoschutz sein. Experten zufolge
finanzwelt extra 04/2015 | Arbeitskraftsicherung
liegt der BU-Grad in drei Viertel aller Fälle bei 75 % und darüber. Diese Erkenntnis lässt sich über Makler bei der Vertragsfindung berücksichtigen. Es stellt sich aber die Frage, ob es mit der Beitragsspreizung weitergehen wird. Peter Schneider, Geschäftsführer bei MORGEN & MORGEN, hält dies sogar für sehr wahrscheinlich: „Versicherer, die momentan unter fünf Berufsgruppen haben, werden aufgrund des Preiswettkampfs voraussichtlich ebenfalls den Sprung auf etwa zehn Berufsgruppen mitmachen. In diesem Zusammenhang werden die Beiträge bei den jeweiligen Anbietern in den Randbereichen voraussichtlich weiter auseinander laufen.“ Einen Trend zu deutlich mehr als zehn Berufsgruppen halte man aber bei MORGEN & MORGEN für eher unwahrscheinlich – mit der Anzahl der Berufsgruppen wachse der Verwaltungsaufwand, die Berufseinstufung für den Versicherer werde komplexer und die Kollektive in den einzelnen Berufsgruppen kleiner. Schneider: „Dies ist nicht unbedingt wünschenswert.“ Maximilian Buddecke, Leiter Maklervertrieb bei der Versicherungsgruppe die Bayerische, rät jedoch dringend dazu, den Blick der Kunden nicht al-
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len Invaliditätsvorsorge, anzubieten.“
Letztlich werde die Absicherung aber immer Geld kosten. Daher sollte dem Kunden klargemacht werden, dass er ein kaputtes Auto, das er bereitwillig Vollkasko versichert, ersetzen kann. Die Arbeitskraft hingegen habe einen deutlich höheren Wert
Ursachen für die Berufsunfähigkeit Psychische Erkrankungen und Nervenkrankheiten haben in den letzten Jahren am stärksten zugenommen.
finanzwelt extra 04/2015 | Arbeitskraftsicherung
Michael Franke Geschäftsführer Franke und Bornberg GmbH
als ein Auto, und trotzdem werde an der Absicherung gespart. Ohnehin wird über dem Punkt Beitragsspreizung häufig übersehen, dass die Versicherer ihre Bedingungswerke in der jüngeren Vergangenheit durchweg auf einen sehr guten Stand gebracht haben. Was zur Frage führt, worin sie sich eigentlich noch unterscheiden. Schneider sieht hier zwei wesentliche Aspekte: „Die Bedingungswerke sind mittlerweile von sehr guter Qualität, in den wichtigen Leistungskriterien unterscheiden sie sich kaum noch. Die Versicherer versuchen sich nun über kleinere Unterschiede voneinander abzugrenzen. In den letzten Monaten ist hier beispielsweise die AU-Klausel auf dem Vormarsch. Zusätzlich werden auch Tarife mit erhöhter Leistung bei Pflegebedürftigkeit angeboten.“ (hwt)
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leine auf die Beitragsentwicklung zu lenken: „Sicherlich ist die Beitragsspanne gerade für körperlich tätige Berufe angestiegen. Hier gilt es, bevor man die Laufzeit oder die Höhe der Absicherung reduziert, in der Qualität der Produkte etwas zu sparen oder alternativ einen Mix aus BU und alternativen Absicherungen, wie etwa einer EU oder einer funktiona-
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„Auf Erfahrung gebaut“ In der Berufsunfähigkeitsversicherung (BU-Versicherung) ist es marktweit zu einer teils erheblichen Beitragsspreizung zwischen einzelnen Berufen gekommen. Auch deswegen rücken zunehmend alternative Ausschnittdeckungen in den Fokus von Maklern und Kunden. AXA geht mit ihrer Existenzschutzversicherung (ESV) einen eigenen Weg. Der Vertrieb kann hiervon in mehrerlei Hinsicht profitieren. finanzwelt sprach mit Dr. Edward Renger, Leiter Unfallversicherung und biometrische Spezialprodukte bei AXA, über die Vorteile des Modells.
finanzwelt: Mitunter ist es schwer zu verstehen: Wie selbstverständlich versichern die Bundesbürger ihr Haus, ihren Hausrat, ihr Fahrrad und mit Kaskopolicen ihr Auto, doch wenn es um die existenziell unerlässliche Absicherung ihrer Arbeitskraft geht, machen sie buchstäblich dicht. Woran liegt das? Dr. Renger » Wer seine Arbeitskraft absichern möchte, der muss sich auch mit dem unangenehmen Gedanken befassen, dass ihm etwas zustößt. Ein zweiter Aspekt ist, dass wir alle im Hier und Jetzt leben: Die Menschen konsumieren im Moment einfach lieber als zu sparen oder vorzusorgen. Hinzu kommt, dass die BU-Versicherung den Ruf hat, teuer zu sein und auch schwierig abzuschließen ist. Das führt dazu, dass viele sich gar nicht erst um eine Police bemühen, sondern lieber darauf vertrauen: „Mir passiert schon nichts.“ finanzwelt: Im Zusammenhang mit der Absicherung der Arbeitskraft drehte sich in der Vergangenheit mehr oder weniger alles um die BU-Versicherung. Doch die ist oftmals nicht billig. Neuerdings redet alle Welt von Alternativen. Was halten Sie von Dread Disease, Erwerbsunfähigkeitsabsicherung und Grundfähigkeitsversicherung? Immerhin handelt es sich hierbei um Ausschnittdeckungen. Dr. Renger » Jede dieser Policen hat in ihrem Segment eine Berechtigung. Aber es handelt sich um Deckungen
für eingeschränkte Fälle. Was die Menschen wollen, ist eine bezahlbare Absicherung für den Ernstfall. Denn den Verlust unseres Einkommens können wir uns einfach nicht leisten. Stellen Sie sich eine typische Familie in Deutschland vor: Der Vater ist der Hauptverdiener, die Mutter arbeitet in Teilzeit, beide Kinder in der Ausbildung. Fällt ein Gehalt weg, hat die Familie ernsthafte finanzielle Sorgen. Denn meist kommen zu dem Verlust des Einkommens hohe Kosten für Umbauten oder Therapien. Übrigens: Nicht nur der Hauptverdiener sollte abgesichert sein, denn auch wenn ein Teilzeitgehalt wegfällt, bedeutet das erhebliche Einbußen. In Deutschland erleiden jährlich mehr als eine Million Menschen eine schwere Krankheit wie einen Schlaganfall oder einen Herzinfarkt. Das trifft nicht nur ältere Menschen, sondern immer wieder auch Personen, die mitten im Berufsleben stehen. Im Fall einer BU besteht für alle, die nach 1960 geboren sind, grundsätzlich nur noch Anspruch auf eine niedrige gesetzliche Erwerbsminderungsrente. Doch nicht einmal jeder vierte Haushalt hat eine private Berufs- oder Erwerbsunfähigkeitsversicherung. Die Absicherung erster Wahl ist ganz klar eine BU-Versicherung. Sie ersetzt das wegfallende Einkommen in der vereinbarten Höhe, wenn der Versicherungsnehmer seinen zuletzt ausgeübten Beruf nicht mehr oder nur noch teilweise ausüben kann. Gezahlt wird während der gesamten Dauer der
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Berufsunfähigkeit. Doch nicht jeder hat die finanziellen Möglichkeiten oder gesundheitlichen Voraussetzungen, um diese Police abzuschließen. Eine günstigere Alternative ist die ESV. Sie zahlt im Versicherungsfall lebenslang eine monatliche Rente, deren Höhe der Versicherungsnehmer festlegen kann. finanzwelt: Mit ihrer ESV hat AXA vor einiger Zeit eine nach eigener Aussage umfangreiche Alternative auf den Markt gebracht. Ursprünglich basiert sie doch auf einer Unfallversicherung. Wie sind Sie von dort aus bei der Produktentwicklung vorgegangen und wie haben Sie die Begriffe Unfall und Krankheit unter einen Hut bekommen? Dr. Renger » Verbraucherschützer kritisieren an der Unfallversicherung, dass sie nur bei einem Unfall leistet. Andererseits ist die BU-Versicherung nicht für jeden erschwinglich. Das war unser Ansatz – wir wollten eine Police schaffen, die beides bietet: Sie sollte bezahlbar sein und nicht nur bei Unfällen leisten, sondern auch bei schweren Krankheiten. Die ESV schaut weniger auf die Ursache der Berufsunfähigkeit, sondern vielmehr auf den Invaliditätsgrad. Die monatliche Rente wird unabhängig von anderen gesetzlichen oder privaten Versicherungen gezahlt. finanzwelt: Das Modell besteht aus vier Säulen. Wie funktioniert das? Dr. Renger » Die erste Säule bein-
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haltet eine Unfallrente auf der Basis der Allgemeinen Unfallbedingungen (AUB). Gezahlt wird eine lebenslange Rente ab einem Invaliditätsgrad von 50 Prozent. Die zweite Säule besteht aus dem Organkonzept, nach dem für benannte lebenswichtige Organe die Leistung in Form einer lebenslangen Rente bei einer genau medizinisch definierten Funktionseinschränkung eintritt. Eine Ausnahme im Organkonzept ist die Krebserkrankung. Hier wird bereits bei Diagnose eines bestimmten Krebsstadiums geleistet. Die dritte Säule besteht aus einer Grundfähigkeitsversicherung, die sowohl die Grundfähigkeiten der Sinnesorgane wie Sehen, Hören und Sprechen berücksichtigt als auch den Stütz- und Bewegungsapparat. Wenn bei einer schweren Invalidität keine der genannten Säulen zu einer Leistungspflicht führt, diese aber so schwerwiegend ist, dass eine Pflegestufe nach Sozialgesetzbuch anerkannt wird, tritt die Säule vier, die Pflegeversicherung, ab Pflegestufe eins ein. Damit erfassen wir alle Fälle, die eine schwerwiegende Invalidität auslösen. Durch definierte Vorgaben ist transparent und nachvollziehbar, wann eine Leistung erbracht wird.
finanzwelt: Seit Jahren gibt es eine Entwicklung hin zu psychischen Ursachen als hauptsächliche Ursache für den Verlust der Arbeitskraft. Für Versicherer allgemein ist dies im Rahmen der Risikoselektion bei der Antragsprüfung ein heikles Thema. Wie geht AXA damit in der Existenzsicherung um? Dr. Renger » Gerade wegen des günstigen Beitrags und der niedrigen Schwellen beim Abschluss mussten wir Grenzen ziehen. Burn-out etwa kann man nur über eine BU-Versicherung abdecken. Führt die psychische Krankheit aber zur Invalidität, so ist auch dies durch die ESV gedeckt. Die ESV leistet etwa bei halbseitiger Lähmung, die aufgrund einer psychischen Reaktion aufgetreten ist, oder bei psychischer Erkrankung, die zur Einstufung in eine Pflegestufe führt. finanzwelt: Kann das Produkt am Ende die BU-Absicherung ersetzen? Dr. Renger » Ersetzen nicht. Aber die Existenzschutzversicherung bietet durch die Unabhängigkeit von Beruf und Einkommen einem größeren Personenkreis die Möglichkeit, sich abzusichern oder eine Versorgungslücke zu
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schließen – Handwerker zum Beispiel haben heute oft Schwierigkeiten, eine BU abzuschließen. Die ESV ist eine Alternative für alle, die sich keine Berufsunfähigkeitsversicherung leisten können oder sie wegen einer Vorerkrankung nicht abschließen können. finanzwelt: An die Kundenberatung setzt das hohe Ansprüche. Dr. Renger » Es ist unser Anspruch, unsere Kunden hervorragend zu beraten. Wir haben die Einführung der Existenzschutzversicherung mit intensiven Vertriebsschulungen begleitet. Außerdem haben unsere Vermittler sehr gute Beratungstools, die sie beim Beratungsgespräch mit dem Kunden begleiten. finanzwelt: Ist das letztlich nicht auch positiv für die Beraterhaftung? Dr. Renger » Absolut. Während Vermittler und insbesondere auch Makler Kunden früher häufig ohne Angebot verlassen mussten, weil eine BU aus den unterschiedlichsten Gründen nicht abgeschlossen werden konnte, gibt es mit der Existenzschutzversicherung heute eine sehr gute Alternative. (hwt)
18 | finanzwelt extra | BU-Alternativen
Umdenken und sich von alten Fesseln lösen Niemand kann behaupten, dass Makler Berufsunfähigkeitsversicherungen wie geschnitten Brot verkaufen. Und das ist nicht erst so, seit die Versicherer selbst den Markt durch ihre Beitragsspreizung gegen viele Risiken abschotten. Der Vertrieb kann aber jetzt hoffen, dass die neuen BU-Alternativen ihnen den Zugang zu den Kunden erleichtern.
Lexika zum Thema Versicherung mussten in den vergangenen Jahren in immer kürzeren Abständen aktualisiert werden. Ganz besonders betrifft dies die Kapitel zur Berufsunfähigkeit. Denn die Versicherer bringen immer neue Spielarten von Produkten auf den Markt, die zur standardmäßigen Berufsunfähigkeitsversicherung hinzu erfasst werden müssen. Da gibt es die Dread Disease oder Schwere-Krankheiten-Versicherung. Sie leistet im Versicherungsfall vorzugsweise einmalige Kapitalauszahlungen und wird seitens der Makler in erster Linie als KeymanAbsicherung Wirtschaftsunternehmen, aber auch Freiberuflern und Selbstständigen zugeordnet. Dabei ist sie gerade wegen ihrer Eigenschaft einer Kapitalzahlung zu weit mehr imstande und könnte durchaus auch in Familien eine aufnahmebereite Zielgruppe finden. Und es gibt Grundfähigkeitenversicherung sowie MultiriskModelle. Alt bekannt sind hingegen die Unfallversicherung und die Erwerbsunfähigkeitsversicherung, wenngleich Letztere in der jüngeren Zeit eine regelrechte Renaissance erlebt. Saftige Beitragserhöhungen in der BU für eher risikobehaftete Berufsgruppen verleihen ihr regelrecht Flügel. Also: Eine Menge Alternativen zur Berufsunfähigkeitsversicherung beziehungs-
weise
sinnvolle
Zusatzdeckungen.
Doch wie bekommt man die bisher auf BU fixierten Makler – und Kunden – zum Umdenken? Haben sie doch vor nicht allzu langer Zeit, die neuen Bedarfslösungen überwiegend eher in die Nische verbannt – quasi als „nice to have“. Maximilian Buddecke, Leiter Maklervertrieb in der Versicherungsgruppe die Bayerische, hält durchaus einen langen Atem für angebracht: „Durch das gemeinsame Verständnis, dass Alternativlösungen keine ‚Schmuddelkinder‘ sind und durchaus zu einer guten Beratung gehören, können Makler zum Umdenken bewegt werden. Natürlich auch durch regelmäßige Kommunikation, Schulungen sowie guten Beratungstools.“ Und dann noch der nächste Aspekt. Auch die Bundesbürger selbst waren ja bislang in der Mehrzahl vornehmlich auf BU-Schutz abonniert. Bedarf es bei ihnen keines grundlegenden Mentalitätswandels, damit sie sich auf die neue Produktwelt einlassen? Christian Gesell, Produktmanager Existenzschutzversicherung bei AXA, erkennt aber erste Ausschläge bei der Informationsnachfrage seitens der Kunden nach Alternativen: „AXA bietet seit knapp zehn Jahren Alternativ-
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lösungen zur Arbeitskraftsicherung. In den letzten zwei bis drei Jahren rückten BU-Alternativen auch durch namhafte Vergleicher in den Fokus. Auch dadurch stieg die Nachfrage.“
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Denn die Beitragsspreizung und die Versicherbarkeit vieler Bürger sind nur die eine Seite der Medaille, wenn es um die Frage geht, warum schon die Berufsunfähigkeitsversicherung einen in weiten Kreisen der Bevölkerung eher überschaubaren Widerhall gefunden hat und wie dies angesichts der nun vorhandenen Produktvielfalt vermieden werden kann. In schöne Regelmäßigkeit zeigen nämlich auch Befragungen durch die Versicherer immer wieder, dass die tatsächliche Durchdringung der Bevölkerung mit entsprechendem Versicherungsschutz durchaus auch vom Bildungsstand der Betroffenen abhängt. Vor allem Menschen mit niedrigerer Bildung und entsprechend geringerem Einkommen zeigen sich gegenüber dem Abschluss einer Police besonders reserviert. Kann es am Ende die sehr preiswerte
Erwerbsunfähigkeits-Versicherung richten? Edgar Heck, Leiter Risikoprodukte Vorsorge bei AXA, sieht dies eher begrenzt: „Die BU ist und bleibt das Produkt mit der umfassendsten Absicherung für den Kunden. Aber Alternativen wie Existenzschutzversicherung und EU haben ihre Berechtigung, da sie für Berufe mit höheren Risiken einen attraktiveren Preis bieten.“ Wichtig sei es für die Kunden, die richtige, damit auskömmliche und bezahlbare Absicherung zu finden, und dafür stellten diese Produkte gute Alternativen dar. Buddecke sieht sie als besonders attraktiv für Kunden mit kleinerem Budget an: „In der Abstufung der Qualität gehört die EU definitiv in diesen Beratungsprozess. Eine Beimischung aufgrund mangelnder Liquidität beim Kunden in sein Konzept zur Absicherung der Arbeitskraft oder der Einkommenssicherung kann durchaus sinnvoll sein.“
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Edgar Heck Leiter Risikoprodukte Vorsorge AXA Konzern AG
Die neuen Alternativen zur BU sind auch Alternativen für schmälere Geldbeutel. So erklärt Peter Schneider, Geschäftsführer des Analysehauses MORGEN & MORGEN: „Für die Menschen, die in der Lage sind, aufgrund des Preises ihres Berufes oder Gesundheitszustandes eine ausreichende Berufsunfähigkeitsabsicherung zu erhalten, ist dieses Produkt aus unserer Sicht weiterhin erste Wahl. Aber natürlich bietet die Möglichkeit der Kombination einer BU mit z. B. einer Funktionellen Invalidität in Einzelfällen die Möglichkeit, bedarfsgerechte und auch bezahlbare Lösungen für den Kunden vorzuhalten.“ Und vielleicht kommt ja noch etwas nach, die Palette ist offenbar noch nicht ausgereizt. Buddecke hierzu: „Sag niemals nie. Der Markt wird hier immer innovativer, und der Wettbewerb gerade im Maklervertrieb verpflichtet auch zur Innovation. Das ist gut so.“ Aktuell biete die Bayerische etwa eine Unfallpolice, die nach dem Haftpflichtprinzip leiste und damit auch den Verdienstausfall abdecke. Dies sei am Markt eine echte Innovation. Bei all dem spielt auch eine Rolle, inwieweit Makler von den Versicherern IT-technisch an die Hand genommen werden. Gesell sieht sein Haus da auf einem guten Weg: „AXA bietet Maklern eine Online-Plattform für die Kombination der BU und ESV. Auf dieser Plattform kann anhand eines Schiebereglers die Rentensumme zwischen BU und ESV aufgeteilt werden, so dass Makler Bedarfslücken bei Kunden schließen können.“ Des Weiteren erhielten Makler Broschüren mit echten Leistungsbeispielen, um den Leistungsanspruch der ESV darstellen zu können. (hwt)
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Aufklärung tut not.
20 | finanzwelt extra | Multirisk-Absicherungen
Klare Kante Ein einziger Vertrag für viele unterschiedliche Risiken. Innerhalb der Alternativen zur Berufsunfähigkeitsversicherung ist dies seit geraumer Zeit nicht nur möglich, vielmehr entdecken immer mehr Versicherer dieses Geschäftsfeld. Makler sollten allerdings dicht dran sein an ihren Kunden, denn eine umfassende Beratung tut not.
Früher als Terminus aus der Sachversicherung bekannt, müssen Makler plötzlich umdenken. Wenn sie Kunden über Berufsunfähigkeitspolicen nur unzureichend oder überhaupt nicht versichern können, finden sie in diesen Modellen eine durchaus bedenkenswerte Alternative. Schließlich definieren auch sie sich über Rentenleistungen. Doch ganz so einfach ist die Sache nicht:
Multirisk-Verträge gibt es nach Art der Unfallversicherung und nach Art der Lebensversicherung. So erläutert Peter Schneider, Geschäftsführer MORGEN & MORGEN: „Neben doch teilweise recht starken Unterschieden bei den Leistungsmerkmalen ist die Kalkulationsgrundlage nach Art der Schaden- oder Lebensversicherung ein ganz wesentliches Unterschiedsmerkmal. So fällt zum Beispiel auf, dass bei Policen nach Art der Schadenversicherung, also wie in der Unfallversicherung üblich, die Beiträge tendenziell zu Beginn der Laufzeit geringer sind als bei Tarifen, die nach Art der Lebensversicherung kalkuliert sind.“ Dies liege daran, dass Lebensversicherer aufgrund der Überschusssysteme grundsätzlich anders kalkulieren könnten und auch müssten als Schadenversicherer. Dieser systematische Unterschied finde dann bei Themen wie Beitragsanpassungen und Kündigungen teilweise Niederschlag, und zwar bei den an die Unfallversicherung angelehnten Tarifen. Auf
die unterschiedlich hohen Beiträge spielt auch Maximilian Buddecke an, Leiter Maklervertrieb in der Versicherungsgruppe die Bayerische: „Es gibt im Bereich der Leistungen, aber eben auch im Bereich des Preises deutliche Unterschiede.“ Und Edgar Heck, Leiter Risikoprodukte Vorsorge bei AXA, ergänzt: „Mit den Multirisk-Produkten wurde im ersten Schritt die Unfallversicherung um Grundfähigkeiten, schwere Organerkrankungen und um Pflegebedürftigkeit erweitert. Nun sind erste Multirisk-Produkte in Form einer leistungsstärkeren Lebensversicherung, aber auch mit deutlich höherem Preis eingeführt worden, die bei körperlich Tätigen eher mit einer EU konkurrieren.“
Gerade Grundfähigkeiten sind häufig Grund für Diskussionen zwischen Kunde, Versicherern und den Maklern mittendrin. Denn der Leistungsfall wird von den Anbietern der Policen sehr unterschiedlich bewertet. Buddecke nennt einen denkbaren Grund: „Das kommt darauf an, auf welcher Basis die Tarife kalkuliert sind. Mindestens sollten wohl die relevantesten Grundfähigkeiten abgesichert sein, hierzu gehören Sehen, Orientieren, Sprechen und Hören.“ Bei beiden Arten kämen noch weitere Grundfähigkeiten hinzu, wobei die Leben-Tarife in der Regel etwas früher leisteten als die UnfallTarife. Buddecke: „Hier kann ich nur den Tipp geben, mit dem Kunden über seinen individuellen Bedarf zu
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sprechen und im Detail zu vergleichen.“ Doch dazu gehört eine ganze Menge Fachkenntnis. Schneider: „Es ist schwer zu bewerten, welcher Tarif im Bereich der Grundfähigkeiten eine bessere Regelung hat. Einerseits sind die Kataloge der Grundfähigkeiten, die bei Verlust zur Leistung führen, von der Detailtiefe her unterschiedlich. Bei gröberen Katalogen genügt bereits der Verlust einer der aufgeführten Grundfähigkeiten, um die Leistung zu erhalten, bei detaillierteren Katalogen erhält man beispielsweise erst eine Leistung, wenn man mehrere der Grundfähigkeiten verloren hat.“ Zusätzlich seien die genauen Definitionen der Grundfähigkeiten unterschiedlich, wie es beispielsweise bei den „geistigen“ Grundfähigkeiten deutlich werde. Es würden unterschiedlichste Begriffe, wie etwa „Intellekt“, „sich orientieren“, „eigenverantwortliches Handeln“ oder „geistige Leistungsfähigkeit“, genannt. Bei der Beratung sollte der Makler sich am Bedarf des Kunden orientieren. Eine Grundfähigkeit, die sein Kunde im Alltag häufig benötige – wie zum Beispiel ein Fliesenleger das Knien – sollte nach Möglichkeit schon als alleiniger Leistungsauslöser reichen.
Stellt sich die Frage, ob psychische Erkrankungen ausreichend gewürdigt werden. Ganz eindeutig fällt die Antwort nicht aus, sagt doch Christian Gesell, Produktmanager Existenzschutzversicherung bei AXA: „Ja und nein. Na-
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türlich sind psychische Erkrankungen, die häufig zu einer temporären Leistung führen, in der BU-Versicherung eher abgedeckt als in der Existenzschutzversicherung (ESV, Produkt der AXA, d. Red.).“ Aber auch in ihr werde nach psychischen Erkrankungen geleistet, da diese zum Beispiel zu einer Pflegestufe führen können, welches ein klarer Leistungsauslöser der ESV sei.
Beitragsanpassungen, Kündigungen.
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Ein ganz anderes Thema ist das mitunter anzutreffende Recht des Versicherers auf Beitragsanpassungen und Kündigungen. Buddecke sagt hierzu: „Bezüglich der Kalkulation im Bereich der Unfall-Tarife gibt es deutliche Unterschiede, hier bin ich persönlich Fan einer risikogerechten Kalkulation, wo der Kunde im jungen Alter von den niedrigen Beiträgen profitiert und diese dann sukzessiv steigen.“ Die Alternative seien geglättete Tarife, hier könne der Versicherer später aber auch anpassen, so dass der Kunde das Risiko trage, nie von den günstigeren Beiträgen zu profitieren. Buddecke: „Zum Thema Kündigung seitens der Versicherer habe ich eine klare Haltung: Dieses Risiko würde ich für den Kunden vermeiden.“ Schneider geht noch einen Schritt weiter: „Beitragsanpassungen sind für Versicherte immer ein mögliches Risiko. So steht doch die Gefahr im Raum, dass der Kunde irgendwann und vielleicht gerade dann, wenn er aufgrund seines Alters oder seines Gesundheitszustandes den Versicherer nicht mehr wechseln kann, mit einem so hohen Beitrag konfrontiert wird, dass er möglicherweise gezwungen ist, sich von dem Versicherungsvertrag zu trennen.“ Ein uneingeschränktes Kündigungsrecht des Versicherers sei zudem ein so gravierendes Leistungsmerkmal, dass der Makler dieses unbedingt mit seinen Kunden besprechen sollte. (hwt)
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22 | finanzwelt extra | Alternativen zur Arbeitskraftsicherung
Auf der Überholspur oder doch nur der Seitenstreifen?
Die Berufsunfähigkeitsversicherung galt für über 20 Jahre als die einzige Möglichkeit, sich gegen eine drohende Arbeitsunfähigkeit abzusichern. Doch für viele Menschen ist ein ausreichender Schutz über eine BU nicht finanzierbar oder gar ausgeschlossen aufgrund vorhandener Vorerkrankungen. Dieser Trend lässt sich durch Zahlen im Rahmen von Auswertungen von MORGEN & MORGEN bestätigen, denn das Neugeschäft ist um 20 % gesunken. Durch diese eintretende Marktsättigung treten Alternativen zur Berufsunfähigkeit zunehmend in den Vordergrund.
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Dass der Berufsunfähigkeitsversicherung Grenzen gesetzt sind, das hat sich mittlerweile herumgesprochen. Alternativen etablieren sich zunehmend auf dem Markt, doch wie kann das Marktpotenzial dieser Produkte aus der Familie der Arbeitskraftsicherung ausgeschöpft werden? MORGEN & MORGEN setzt genau hier an.
23 Richtig kombiniert und individuell versichert. Eine Alternative zur BU kann eine Erwerbsunfähigkeitsversicherung sein. Diese greift erst dann, wenn man gar nicht mehr arbeiten gehen kann – der ausgeübte Beruf spielt hierbei keine Rolle. Bei der EU-Police erhält der Erwerbstätige dann Leistungen, wenn er auch andere Tätigkeiten, beispielsweise die eines Pförtners, nicht für mehr als drei Stunden am Tag ausüben kann. Eine weitere Möglichkeit oder Ergänzung zur Arbeitskraftsicherung stellt die Dread Disease-Police dar. Die Versicherung leistet nur dann, wenn der Versicherte an einer schweren Krankheit leidet oder aber einen Schlaganfall hatte. Die Auszahlung erfolgt als Einmalzahlung. Als weitere Option kommt die Grundfähigkeitsversicherung infrage, die primär als Grundschutz fungiert. Elementare Fähigkeiten wie zum Beispiel Sehen, Sprechen oder Gehen werden hier abgesichert. Dies ist eine ideale Police für diejenigen, die ihre körperlichen Fähigkeiten unabhängig von ihrem Einkommen oder der Fähigkeit, einem Beruf nachzugehen, absichern möchten. Die bisweilen interessanteste Alternative oder auch Ergänzung zur Berufsunfähigkeitsversicherung bieten die verschiedenen Produkte aus der Familie der Funktionellen Invaliditätsversicherung. Der Verlust von Grundfähigkeiten, Unfall-Invalidität, Pflegebedürftigkeit und schwere Krankheiten können hier kombiniert abgesichert werden. Man unterscheidet zwischen
Tarifen nach Art der Lebensversicherung oder nach Art der Schadenversicherung. Bei Policen nach Art der Schadenversicherung sind die Beiträge tendenziell zu Beginn der Laufzeit geringer, d. h. also, dass die Prämien im Laufe der Zeit mitunter ansteigen können. Oftmals sind es auch nur Verträge mit einjähriger Laufzeit und einem damit verbundenen Kündigungsrecht. Tarife, die nach Art der Lebensversicherung kalkuliert sind, beinhalten einen konstanten Beitrag. Minimale Änderungen sind zwar möglich, aber sie dürfen nicht über den vereinbarten Maximalbetrag liegen. Dies liegt an der unterschiedlichen Kalkulation zwischen Schaden- und Lebensversicherung. Lebensversicherer müssen aufgrund der Überschusssysteme ihre Beiträge grundsätzlich anders bemessen. Dieser systemische Unterschied erschwert die Vergleichbarkeit und das Verstehen der Tarife seitens der Endkunden. Der grundsätzlich andere Aufbau des Risikoschutzes erlaubt bei der Funktionellen Invaliditätsversicherung, Personen zu versichern, die aufgrund ihrer Vorerkrankungen keinen BUSchutz erhalten können. Aus Verbrauchersicht ist dies positiv zu bewerten. Bei Allergien und auch weitestgehend bei psychischen Problemen greift die Police allerdings nicht.
Der Vertrieb ist gefragt. Die einzelnen Alternativen zur Arbeitskraftsicherung sind sehr verschiedenartig und decken natürlich nicht immer jedes Risiko ab. Für Kunden, die sowohl aufgrund ihres Berufsstand als auch ih-
Info Das Analysehaus MORGEN & MORGEN möchte den Vertrieb bei der Umsetzung nachhaltig entlasten. Pünktlich zur DKM im Oktober wird ein Tool präsentiert, das einen umfangreichen Überblick zu den Angeboten der Arbeitskraftsicherung bereitstellt. res Gesundheitszustands in der Lage sind, eine BU zu finanzierbaren Preisen abzuschließen, sollten dieser weiterhin den Vorzug geben. Doch letztlich ist es der Makler, der sich zwingend mit den Möglichkeiten abseits der BU auseinandersetzen muss, um den Kunden die bestehenden, wenn auch noch recht jungen Alternativen, aufzuzeigen. Wie immer gilt es, den individuellen Bedarf des Einzelnen zu erörtern und zu schauen, welche Versicherung oder welche Kombination den bestmöglichen Schutz bieten kann.
Die Unterschiede der Tarifarten stellen den Vertrieb vor eine große Herausforderung. Da die Policen so vielfältig und unterschiedlich sind, ist eine intensive Auseinandersetzung mit den Leistungsdetails aktuell eine der wesentlichen Aufgaben der Makler. Nur, wer selber die Details und Unterschiede kennt, kann seine Kunden optimal und zielführend beraten. Denn werden dem Erwerbsfähigen die Alternativen zur Arbeitskraftsicherung nicht vorgestellt, können sich die verschiedenen Produkte nicht am Markt etablieren und somit auch nicht die BU-Tarife dauerhaft und sinnvoll ergänzen. (psch)
MORGEN & MORGEN M&M gilt als das führende Analysehaus in der Versicherungsbranche. Mit der seit 2013 TÜV-zertifizierten Softwareprogrammwelt M&M Office hat MORGEN & MORGEN seine führende Rolle als Qualitätsanbieter von bedarfsgerechten Vergleichs- und Analyseprogrammen manifestiert. Neben der Untersuchung des Preis-Leistungsumfangs werden auch Bedingungsdetails der Versicherungstarife analysiert und den Anwendern des Vergleichs- und Analyseprogramms zur Verfügung gestellt. Eine professionelle, spartenübergreifende Beratung wird so erst möglich.
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24 | finanzwelt extra | Expertengespräch Arbeitskraftsicherung
Ohne jede Alternative Die Absicherung der Arbeitskraft bietet Maklern genügend Geschäftspotenzial, mangelt es doch dem Großteil der Bevölkerung an entsprechendem Versicherungsschutz. Und es kommt für den Vertrieb noch besser: Ging es früher nur um Berufsunfähigkeitspolicen, so wollen immer mehr Menschen auch über die neuen Alternativen aufgeklärt werden. Gleichzeitig entstehen neue Fragen hinsichtlich Beratungsqualität und Haftungsbegrenzung. Um all dies ging es in der Expertenrunde der finanzwelt. Beinahe en passant wurden marktverändernde Neuerungen angekündigt: eine Software zum Thema Arbeitskraftsicherung, die bei der nächsten DKM präsentiert werden wird, und eine geradezu revolutionäre Unfallversicherung.
Die Experten zu Besuch bei der finanzwelt: Björn Fischer, Leiter Maklerdirektion West Versicherungsgruppe die Bayerische Peter Schneider, Geschäftsführer MORGEN & MORGEN GmbH
finanzwelt: Was macht das Thema Arbeitskraftsicherung für Versicherer und Vermittler eigentlich so attraktiv? Fischer » Es gibt in dieser Hinsicht kei-
nerlei Alternativen zu Versicherungslösungen. Das stellt sich im Bereich der privaten Altersvorsorge womöglich anders dar. Für die Zukunftsabsicherung
erwerben manche Kunden Immobilien oder bauen auf sonstigen Wegen Kapital auf, wenngleich hier Versicherungen aufgrund der Absicherung der Langlebigkeit enorme Vorteile bieten. Das Risiko, seine Arbeitskraft zu verlieren, kann eben bereits morgen Realität werden. Schneider » Es gibt auf diesem Feld keinen Verdrängungswettbewerb, denn in Deutschland besteht nach wie vor eine erhebliche Unterversorgung. Es dürfte keinen einzigen Makler geben, der in seinem Bestand keinen Bedarf entdeckt. Dafür wird er nicht einmal groß suchen müssen. finanzwelt: Das setzt aber doch voraus, dass der Makler seinen Bestand überhaupt kennt. Und daran hapert es in Deutschland ganz offensichtlich. Ansonsten wäre wohl die Wiederanlagequote bei auslaufenden Lebensversicherungen deutlich größer. Fischer » Das hängt stark von der technischen Infrastruktur des jeweiligen Vermittlers ab. Dieses Thema wird künftig immer deutlicher in den Vordergrund rücken. Ich denke, dass sich hier bei vielen Vermittlern noch etwas tun muss. Schneider » Interessant wird es ja erst, wenn sich der Blick auf die Dinge richtet, die der Makler nicht im Bestand hat. Und um das beurteilen zu können, sind ganz enge Kundenbeziehungen unerlässlich.
Peter Schneider
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finanzwelt: Kann denn ein Softwarehaus oder ein Versicherungsunternehmen dabei Unterstützung bieten? Schneider » Aus der Ferne ist das sehr schwierig. MORGEN & MORGEN bietet zwar umfangreiche Softwarelösungen zur Analyse von Tarifen oder Unternehmen – aber Programme zur Bestandsverwaltung nicht. Fischer » Kunden von Maklern haben zumeist mit unterschiedlichen Versicherern Verträge geschlossen. Deshalb bietet die Bayerische zwar die Möglichkeit der Bestandssicht, aber weder ein Bestandsverwaltungs- noch ein Wiedervorlagesystem für Makler an. Das würde aber auch kaum ein Makler wollen, wenn man die ständige Diskussion in der Branche darüber bedenkt: Die jeweilige Kundenbeziehung sei alleine Sache des Maklers und nicht eines Versicherers. Allerdings stellt die Bayerische Kundendaten in den gängigen Dateiformaten für Bestandspflegesysteme von Drittanbietern zur Verfügung, mit denen Vermittler arbeiten. Und mit der sogenannten Newsbox bieten wir ein Tool, über das Vermittler auf elektronischem Wege über bestimmte Ereignisse informiert werden, beispielsweise über Vertragsabläufe oder Schadensregulierungen. finanzwelt: Widmen wir uns einmal dem Thema Berufsunfähigkeitsversicherung. Wie steht es angesichts der vielen Diskussionen um Beitragsspreizung und Versicherbarkeit um die Zukunft dieses Produkts? Fischer » Mit einem Wort gesagt: glänzend. Denken Sie nur einmal daran, dass nach wie vor nur in einem Bruchteil der Haushalte Berufsunfähigkeitsschutz besteht. Und selbst das sagt noch nicht die ganze Wahrheit. Denn diese Angabe schließt alle ein, die zu nicht zeitgemäßen Bedingungen versichert oder schlicht unterversichert sind. Und zur Kritik an der Versicherungsfähigkeit der Menschen in der BU: Früher hatten wir auch keine größere Annahmequote als heute. Zudem ist das Antragsverfahren durch die
Björn Fischer
Risikovoranfragen deutlich kundenfreundlicher geworden. Schneider » Ich kann mich Ihrer Darstellung nur anschließen, Herr Fischer. Der Bestand an selbstständigen Berufsunfähigkeitsversicherungen hat sich in der Vergangenheit sehr spürbar nach oben entwickelt. Ganz grundsätzlich hat die Versorgung der Bundesbürger mit entsprechenden Verträgen unter der Beitragsspreizung nicht gelitten. Gleichwohl lässt sich allerdings nicht verhehlen, dass heutzutage für ganze Berufszweige der Weg zu ausreichender Versorgung deutlich erschwert ist. Fischer » Das ist leider so zutreffend, da sich extrem risikoreiche Berufe einfach nicht gegen Berufsunfähigkeit versichern lassen. Schneider » Wir dürfen aber auch nicht vergessen, dass im Gegenzug die Leistungen immer ausgereifter geworden sind. finanzwelt: Herr Schneider, das ist ein Trend, den auch MORGEN & MORGEN immer wieder thematisiert, wenn die Tarife der BU-Versicherer auf den Prüf-
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stand gestellt werden. Machen die Versicherer ihre diesbezügliche Software am Ende nicht selbst überflüssig, wenn die Qualität immer weiter steigt und sich die Angebote der Versicherer immer mehr angleichen? Schneider » Nein, denn zunehmend bringen die Anbieter Zusatzleistungen auf den Markt. Das weckt den Bedarf an vergleichender Software. finanzwelt: Haben Sie auf die Schnelle ein Beispiel parat? Schneider » Mir fallen da spontan die familienfreundlichen BU-Tarife mit speziellen Kinderleistungen ein, wenn die Eltern versichert sind, oder Übergangsleistungen. finanzwelt: Angesichts der Beitragsspreizung sprechen manche Beobachter schon von einem prämienbedingten Verdrängungswettbewerb. Fischer » Davon kann man nicht sprechen. Schon allein deswegen, weil jeder Versicherer seine eigenen Schwerpunkte hat und pflegt. Schneider » Das gilt zum Beispiel für
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die Berufsgruppen, unseren Analysen zufolge ist kein Versicherer über alle Berufsgruppen hinweg top. Fischer » In der Tat liegen bei der Tarifierung häufig sehr ausgeprägte Erfahrungen mit einzelnen Berufsgruppen zugrunde. finanzwelt: Reden wir über Alternativen zur BU-Absicherung. Noch vor wenigen Jahren sahen Makler sie eher als Nischenprodukte an, und plötzlich sind sie ganz groß im Kommen. Können wir bereits von einem Run auf solche Produkte sprechen? Fischer » Das nicht gerade, die Akzeptanz steigt aber zweifelsohne – und das ist auch gut so. Deshalb führt an bedarfsgerechter Beratung kein Weg vorbei. Schneider » Über den Daumen sind in den vergangenen vier oder fünf Jahren rund 20 Versicherer mit Alternativen an den Markt gegangen. Deswegen nehmen die Makler diese Entwicklung mehr und mehr wahr, natürlich auch getrieben vom Bedarf und der Beitragsspreizung in BU. finanzwelt: Nun, die Dread Disease Versicherung gibt es ja schon ein paar Jahre länger. Fischer » Sie ist meiner Ansicht nach keine wirkliche Alternative zur BU. Ich sehe sie als Ergänzung, weil sie eine Einmalzahlung ermöglicht. Meine Präferenz bei den Alternativen ist aufgrund der Leistung auf Rentenbasis die funktionale Invaliditätsversicherung, die neben Invalidität auch bei Verlust von Grundfähigkeiten, im Pflegefall oder bei Auftreten bestimmter schwerer Krankheiten leistet. Schneider » Auch bei den Versicherern wird dieses Produkt immer beliebter, mittlerweile haben wir etwa 16 Anbieter mit jeweils zwei bis vier Tarifen – entweder nach Art der Schaden- oder nach Art der Lebensversicherung. Das Modell ist ja auch am nächsten dran an BU, alleine schon wegen der Rentenleistungen. Das Leistungsspektrum ist sowieso deutlich umfangreicher als bei
der Grundfähigkeitenversicherung. Allerdings gibt es einen Nachteil: Anders als in der Berufsunfähigkeitsversicherung sind psychische Erkrankungen nur sehr eingeschränkt oder überhaupt nicht mitversichert. Und gerade dies ist mittlerweile die BU-Ursache Nummer eins. Fischer » Dem pflichte ich bei, Herr Schneider. Fairerweise muss gesagt werden, dass in einem BU-Vertrag die Leistung zumeist eher ausgelöst wird. Gerade bei psychischen Erkrankungen ist dies der Fall. Schneider » Aber natürlich gibt es auch Anlässe, die in eben dieser abgedeckt sind, nicht aber in der BU. finanzwelt: In jedem Fall wird es doch höchste Zeit, dass Maklern eine Software zum gesamten Bereich der BU-Alternativen zur Verfügung gestellt wird. Herr Schneider, der Ball liegt bei Ihnen. Planen Sie ein solches Tool? Schneider » Wir sind schon einen bedeutenden Schritt weiter. MORGEN & MORGEN wird diese Software auf der DKM im Herbst präsentieren. Wahrscheinlich sind dort noch nicht 100 % des Marktes erfasst, aber diese Software bietet den Maklern Tarifvergleiche über die Bereiche funktionale Invaliditätsversicherung, Grundfähigkeitenversicherung und Erwerbsunfähigkeitsversicherung. Auf dieser Grundlage werden die Makler dann kenntnisreich beraten können, das BU-Tool müssen sie separat nutzen. Schließlich handelt es sich bei BU um eine abgegrenzte Tariffamilie mit dem Grunde nach identischem Leistungsspektrum. Der Beratungslogik folgend wird der Makler zunächst die BU in Betracht ziehen, und wenn dies wegen einer Vorerkrankung oder aus Budgetgründen nicht geht, wird er zur Software mit den Alternativen switchen. finanzwelt: Verringert die neue Software denn auch die Haftung des Maklers, wenn er sie anwendet? Schneider » Ich will es mal so aus-
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drücken: Sie hilft ihm, in der Beratung weniger zu vergessen. finanzwelt: Kommt in der Gesamtthematik Arbeitskraftsicherung eigentlich die traditionelle Unfallversicherung zu kurz? Schneider » Sie ist aus meiner Sicht noch genauso wertvoll wie vor 30 oder 40 Jahren. Denn eine ausreichende Kapitalzahlung kennt weder die Berufsunfähigkeits- noch die funktionale Invaliditätsversicherung. finanzwelt: Das ist zunächst einmal eine überaus lange Tradition. Sicher ist die Unfallversicherung in dieser Zeit an einigen Stellschrauben verbessert, verfeinert worden. Ist denn da überhaupt noch Platz für grundlegende Veränderungen? Fischer » Und ob. Die Bayerische hat kürzlich ihre Unfallwelt grundlegend erneuert, darunter auch die „Unfall Individual“. Diese leistet nicht nach Gliedertaxe, sondern nach dem Haftpflichtprinzip – als wäre die Bayerische der Unfallverursacher. Bereits ab ein Prozent Invalidität ersetzt die Bayerische sämtliche Kosten, die mit dem Unfall einhergehen: Beispielsweise von Behandlungskosten über Schmerzensgeld bis hin zu Umbaumaßnahmen – dabei liegt jedem Vertrag eine Pauschaldeckung von 10 Mio. Euro zugrunde. Lediglich für den Bereich Verdienstausfall legt der Kunde ein Sublimit zwischen 500 und 5.000 Euro Monatsrente fest. Nach diesem Sublimit richtet sich auch die Prämie. Nehmen wir als Beispiel einen Konzertpianisten, dem ein irreparabler Schaden an einem kleinen Finger widerfährt und der deswegen seinen Beruf aufgeben muss. Der finanzielle Schaden wäre trotz eines äußerst geringen Invaliditätsgrades immens, aus der tradierten Unfallversicherung hätte er lediglich einen Bruchteil der Grundsumme zu erwarten. Sie sehen also: Es tut sich auch in der Unfallversicherung so einiges. (hwt)
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