Gemeinsam für Ihren Erfolg
Dietmar Schöne, Vertriebsdirektor bei der R+V Versicherung, braucht im finanzwelt-Interview keine Glaskugel, um auf die bevorstehenden Herausforderungen der Branche zu schauen.
Einzelpreis 4,50 Euro –G48695 –www.finanzwelt.de 04/2023
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Freunde der finanzwelt,
ich habe Angst. Ich habe Angst davor, dass unsere Gesellschaft nicht mehr die Kurve kriegt. Ich habe Angst, dass Deutschland sich weiter isoliert und weiter verarmt. Ich habe Angst, dass ein vereintes, starkes Europa ohne den Antrieb Deutschland – oder besser mit stotterndem Motor Deutschland – eine schöne Utopie sein wird und nur ein überregulierter Wasserkopf dann das ist, was bleibt. Wir hangeln uns von Krise zu Krise und nehmen dabei immer mehr Schulden (oder auch Sondervermögen) auf, ohne die Weichen zu stellen für ein stabiles, gerechtes und für die nächste Generation bereitetes Land.
Wie soll im größeren Umfang neuer adäquater Wohnraum geschaffen werden, wenn Zinsen, energetische Sanierung und steigende Material- wie Personalkosten diesen nur für ganz wenige erschwinglich machen? Wie sollen die Menschen ihre Rentenlücke schließen, wenn es weder positive Signale von der Politik, passende Produkte am Markt oder signifikante Steuervorteile vom Staat gibt? Wie soll jedermann flächendeckend in den Genuss von Vorsorge und Versicherungsschutz kommen, wenn man doch wieder über ein Verbot von Provisionen spricht?
Das sind nur drei Beispiele, die Sie tagtäglich in Ihrem Alltag betreffen, die Sie beschäftigen und die Sie vermutlich auch ärgern. Fördern und fordern, hieß es doch. Das war einmal. Jetzt heißt es nur noch fordern. Aber nicht im positiven Sin-
ne einer Herausforderung, sondern fordern von Ansprüchen, die immer mehr und mehr ausgeweitet werden. Während der Grad an Regulierung, Beratungsqualität und Haftung steigt, sollen aber die Kosten dafür gesenkt werden. Sprich: Ihr Einkommen. Während viele Verbraucherschützer ohne Qualifikation und Vermögensschadenshaftpflicht weiter gefährliches Halbwissen verbreiten, geht die Spezialisierung und Professionalisierung in unserer Branche weiter. Das wären ja eigentlich gute Nachrichten, wenn sich das denn auch in Ihrer Vergütung widerspiegeln würde. Vielleicht sollte man sich mal mit den Vergütungskonzepten von Dirk Erfurth, Geschäftsführer der IQ²strategies GmbH, oder Christoph Fuchs, Gründer der finvoice GmbH, beschäftigen? Schaden kann es nicht. Erstens gewöhnt man Kunden daran, nicht alle Dienstleistungen automatisch for free zu bekommen. Und zum anderen ist es ja auch Extrageld und finanzielle Wertschätzung, die man erhält. Was meinen Sie?
Übrigens haben wir auch in diesem Jahr wieder einige Maklerpools ausgezeichnet. Ein ausführlicher Bericht über den Award und die Gewinner erscheint in der nächsten Ausgabe. Nur so viel vorab: Wir maßen uns nicht an, den besten Maklerpool bestimmen zu können. Erstens gibt es für jeden Makler den passenden und somit besten Pool. Und das sieht ein jeder anders. Wenn dem nicht so wäre, gäbe es nur einen Pool, bei dem alle wären. Und zweitens untersuchen wir vor allem die Quantität des Angebotes an Software, Service, Produktauswahl, Weiterbildung und nicht die Qualität des Angebots. Die Menge an IT, Service und Dienstleitung ist messbar, die Qualität in der Regel Ansichtssache. Wie dem auch sei, das Angebot, womit die meisten Pools dem Makler Unterstützung bieten und größtenteils kostenlos zur Verfügung stellen, ist immens! Die Pools, die ihre Makler so unterstützen und fördern, betreiben einen riesigen Aufwand, damit die Makler sich auf das konzentrieren können, was sie am besten können: Gut beraten!
Es sind Pools wie Fonds Finanz, BCA, PHÖNIX Maxpool, WIFO, 1:1 Assekuranzservice, SDV, JDC und andere, die den Maklern einen Service bieten, der ihnen den Rücken freihält. Ich hoffe, diese Vielfalt an Pools, Verbünden, Servicegesellschaften und Vertrieben bleibt uns lange erhalten. Denn da ist für jeden der beste Partner mit dabei.
In diesem Sinne,
Ihr Lenard von Stockhausen
finanzwelt 04 | 2023 03 EDITORIAL
ID-Nr 22129017
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BERATER
08 Demografie – Vermittler sterben aus
10 „Den Einzelmakler nie aus den Augen verloren“ –Interview mit Marcus Rex, JDC Group AG
12 Social Media – Ist das Content oder gehört’s in den Container?
14 Wirkungsvoll anlegen – Interview mit Frank Huttel, FiNet Asset Management AG
16 Der Fall Wirecard – Drei Jahre danach
18 Wie sieht es bei IHR aus? – Interview mit Tina Kern und Jan Schepanek, FFB - FIL Fondsbank von Fidelity International
20 Künstliche Intelligenz – So transformieren Banken und Finanzdienstleister die Customer Experience
22 Sie weiß nicht, dass die Queen tot ist – Interview mit Frank Rottenbacher, AfW, und Christian Palme, Kanzlei TILP
BRANCHENNEWS
24 Personality & Events
TITELSTORY
34 Wir bleiben ein stabiler und verlässlicher Partner –Interview mit Dietmar Schöne, R+V Versicherung
38 Zukunftssicher aufgestellt mit dem Konzept der offenen Deckung – Interview mit Andreas Pilz, R+V Versicherung
VERSICHERUNGEN
42 Cyber-Haftpflicht – Die Grenzen der großen, weiten Welt des Internets
44 Es ist die Aufgabe von uns allen – Interview mit Frank Schrills, BiPRO e.V.
46 Tierhaftpflichtversicherung – Wenn das Haustier Krallen zeigt
48 Tierkrankenversicherung – Ziemlich gesunde beste Freunde
50 Schutz der eigenen Immobilie ist einfach wichtig –Interview mit Katharina Apostolidis, Barmenia
54 Fondsauswahl zur Lebensversicherung – ETF oder nicht ETF? Nicht nur DAS ist hier die Frage!
56 Schadenmanager verfahren mit Sachverstand –Interview mit Konrad Hahn, gvp Gesellschaft für Versicherungsprüfung GmbH
58 Filmversicherungen für die Medienbranche, Teil 2 –Wenn es am Set brennt
62 Liebhaberfahrzeuge sind nichts Rationales! –Interview mit Marcel Neumann, OCC Assekuradeur GmbH und Carsten Möller, „Herzenssache. Der Assekuradeur! GmbH"
64 Brutto- oder Nettotarif – Für eine Handvoll
weniger
66 SONDERSTRECKE private & berufliche Altersvorsorge
68 Viele Firmen kennen die Förderung nicht – Interview mit Dr. Henriette Meissner und Per Protoschill, Stuttgarter Vorsorge-Management
Vertriebskosten
GmbH
08
Demografie – Vermittler sterben aus
58 Filmversicherungen für die Medienbranche, Teil 2 –Wenn es am Set brennt
12 Social Media – Ist das Content oder gehört’s in den Container?
Titelbild: © R+V finanzwelt 04 | 2023 06 INHALT
64 Brutto- oder Nettotarif – Für eine Handvoll Vertriebskosten weniger
72 Der Aktien-Booster für die Altersvorsorge – Interview mit Andrea Boggio, Senior Business Advisor, Mediolanum und Dirk Fischer, Patriarch Multi-Manager GmbH
76 Teilzeitbeschäftigte – Gleicher Lohn für gleiche Arbeit, gleiche bAV für gleichen Beschäftigungsgrad?
SACHWERTE & IMMOBILIEN
82 European Long-Term Investment Fund – Kann ELTIF
2.0 den Sachwertemarkt beleben?
88 Transparentere, vereinfachte Genehmigungsverfahren sind notwendig – Interview mit Christian Hamann, hep global GmbH
90 Gold – Glanz und Gloria?
92 Healthcare – Brennglas Krankenhausreform
94 Ostdeutschland – Im Osten geht die Sonne (zaghaft) auf
96 Direktanlage versus Fonds – Die richtige Strategie gesucht
INVESTMENTFONDS
100 Keine Zeit zu verlieren – Interview mit Mathias Pianowski, ÖKOWORLD AG
102 Börsenaussicht – Es wird ungemütlich(er)
104 Mehr Licht oder mehr Schatten? – Ausblick 2. Halbjahr 2023 mit Ivan Domjanic, M&G Investments, Uwe Eilers, Frankfurter Vermögen AG, Peer Reichelt, Netfonds AG und Ombretta Signori, Ofi Invest Asset Management
108 Mid-/Small-Caps – Die Wendigkeit überzeugt
109 Entscheidend sind Höhe und Planbarkeit von zukünftigen Cashflows – Interview mit Marcel Maschmeyer, Paladin Asset Management InvAG
110 US-Aktien – Weiche statt harte Landung
112 Kommentar – In Zeiten der Disruption
ADVERTORIALS
29 Deutsche Vermögensberatung – Fachkräftemangel in der Finanzbranche
31 Bestandsbörse – Fallstrick beim Share Deal
40 Barmenia Versicherungen a.G. – Vielseitig und einfach: Barmenias neue Tarifwelt für Beamte
52 rhion.digital – Firmen und Betriebe passgenau zu versichern ist kein Hexenwerk
70 Die Stuttgarter – Anziehungskraft von Firmenkunden erhöhen
80 Standard Life – Fondspolicen: Passende Lösungen für den Ruhestand
86 DEUTSCHE FINANCE GROUP – positioniert sich als strategischer Investor mit eigener Logistik-Plattform in Großbritannien
98 AS UNTERNEHMENSGRUPPE – setzt dynamisches Wachstum fort
RUBRIKEN
03 Editorial
114 Vorschau/Impressum
66 Sonderstrecke private & berufliche Altersvorsorge
92 Healthcare – Brennglas Krankenhausreform
110 US-Aktien – Weiche statt harte Landung
07
82 European Long-Term Investment Fund – Kann ELTIF 2.0 den Sachwertemarkt beleben?
Vermittler sterben aus
Sind Vermittler am Ende? Seit Jahren zieht ein Schreckgespenst in der Versicherungs- und Finanzbranche durch die Medien und kündigt Provisionsverbote und andere Konsequenzen für den Berufsalltag der Berater an. Doch die wahre Gefahr sind nicht irgendwelche neuen Gesetze oder FinTechs, sondern die Demografie.
Aktuell gibt es viele überalterte Berater im Vertrieb. Im Schnitt sind Vermittler laut Studien Mitte bis Ende 50 Jahre alt, männlich und werden zu großen Teilen voraussichtlich in den nächsten zwei bis maximal zehn Jahren in Rente gehen. Auch in vielen Ausschließlichkeitsorganisationen und Vertrieben sind vermehrt Vermittler aus den älteren Jahrgängen anzutreffen. Versicherungsvermittler und Finanzdienstleister sollten das Problem der Demografie gut kennen, denn sie sollten ihre Kunden dazu im Rahmen der Altersvorsorge ja beraten. Mehr Berater gehen in Rente als junge Menschen nachkommen, die in diesem Beruf arbeiten wollen. Das liegt auch am schlechten Image des Berufes und der Versicherungs- & Finanzbranche selbst. Aktuell bringen hauptsächlich Strukturbetriebe neue Kollegen in den Beruf. Dafür sollten wir ihnen alle wirklich dankbar sein.
Das Ende der Branche?
Viele große Versicherer, Maklerpools und FinTechs sind auf diesen neuen Trend, den die überalterte Branche mit sich bringt, bereits bestens vorbereitet. Dort sollen sich Kunden künftig hinwenden, wenn ihr Berater in Rente geht, erkrankt oder verstirbt. Denn: Viele andere Möglichkeiten bleiben den Endkunden bald nicht mehr. Für Versicherer und Pools bietet sich hier eine sehr lukrative Möglichkeit, die eigenen Margen zu erhöhen, da sie durch Apps und digitale Portale für „Selbstverwalter” eine Menge Geld sparen können. Kosten für den Außendienst und die Kundenbetreuung entfallen fast komplett. Selbst wenn künftig weniger Neugeschäft abgeschlossen wird, wird die Bestandsprovision weiter fließen.
Es gibt einen Grund, warum die Pools darauf drängen, dass nur deren App oder Plattform verwendet wird und nicht jeder Makler eine eigene besitzt. Oder warum manche Versicherer Bonifikationen bezahlen, wenn Kunden der digitalen Verwaltung ihrer Verträge zustimmen. Am Ende des Tages wird nicht die EU mit einem Provisionsverbot und auch nicht
finanzwelt 04 | 2023 08 BERATER | DEMOGRAFIE Foto: © Alexander Limbachstock.adobe.com
Berater der Zukunft ?
die FinTechs mit krasser Disruption den Finanzberater hinrichten, sondern die Demografie – und die trägen Kunden bleiben dort, wo sie schon vorher waren.
Aussichten für den Beruf des Versicherungsvermittlers
Aktuell gibt es etwa 200.000 registrierte Vermittler in Deutschland. Von diesen sind viele nebenberuflich tätig oder verlassen den Berufsstand wieder, bevor sie überhaupt einen auskömmlichen Kundenstamm aufgebaut haben. Schätzungsweise sind aktuell vielleicht nur etwa 100.000 von diesen Vermittlern dauerhaft hauptberuflich tätig. Und nur etwa 10 % davon sind jünger als 40 und nur ca. 2 % unter 30. Die aktuelle demografische Lage unterstreicht diese Zahlen noch einmal und verdeutlicht, wie brisant die Situation derzeit schon ist. In den nächsten 10 bis 20 Jahren werden noch einmal deutlich mehr Vermittler aus der Branche aussteigen als neue Berater den Beruf ergreifen. Selbst beim Marktführer DVAG sank bereits 2022 trotz großer RecruitingBemühungen die Gesamtzahl der Vermögensberater – sie konnten weniger neue Vermögensberater anwerben als aus
Altersgründen ausschieden. Deren Kunden haben jedoch weiterhin Beratungsbedarf, auch über den Ruhestand ihres Beraters sowie den eigenen Ruhestand hinaus. Schon 2024 wird der erste demografische „Point of no Return” erreicht, denn dann darf der 1. Jahrgang der Generation Babyboomer (Baujahr 1958) in Rente gehen. Der geburtenstärkste Jahrgang der Babyboomer war 1964 und darf demnach ab 2031 in Rente, das sind rund 1,3 Millionen Personen. Die Anzahl der Kunden stagniert also oder sinkt leicht, die Anzahl der Berater jedoch sinkt jedes Jahr schneller und schneller. Deshalb versuchen die Versicherungskonzerne, eigene Apps zu etablieren oder sind digitalen Plattformen fast wehrlos ausgeliefert. Vor allen Dingen in den kleinen und mittleren Sparten wie z. B. bei Privatsach, wie einer Kfz-, Hausratoder Privathaftpflichtversicherung werden Kunden künftig ohne Betreuung eines Experten auskommen und alles über eine App regeln müssen. Das bedeutet, dass die Marge für die Anbieter solcher Plattformen künftig stark steigen wird. Dieser Trend lässt sich derzeit genauso wenig aufhalten wie der demografische Wandel und der damit einhergehende Fachkräftemangel.
Doch was ist zu tun?
Das Massengeschäft wie Kfz- oder Tierversicherungen wird es im Überfluss geben, und es wird nicht (mehr) als Strategie zur Neukundengewinnung funktionieren. Oder besser gesagt: Warum sollten Berater sich mit Kleingeld beschäftigen, wenn es zu wenig Berater für Premiumgeschäft wie z. B. PKV, BU, Altersvorsorge oder Gewerbe gibt? Die einzig logische Strategie ist, sich frühzeitig auf Premiumkunden zu fokussieren, die individuelle Beratung & Betreuung brauchen und sich diese auch leisten können. Wer als Berater imstande ist, die Herausforderungen dieser Menschen mit hohem Einkommen und Lebensstandard zu lösen, wird ein begehrter Ansprechpartner sein. Alle anderen Kunden, die wirtschaftlich nicht einträglich sind, werden zu Apps & FinTechs switchen (müssen).
Jeder Berater muss sich heute überlegen, wie er Kunden anzieht, die nicht nur Umsatz, sondern auch Gewinn bringen. 100 Kleinkunden bringen zwar Umsatz, aber niemals so viel Marge wie zehn gute Top-Kunden. Künftig wird eine Berater-Positionierung auf die richtige Klientel nicht mehr nur wichtig sein, sondern auch darüber entscheiden, ob der Berufsstand des Vermittlers bestehen bleibt oder nicht.
Wladimir Simonov Versicherungsmakler und Coach für Finanzdienstleister
09
„Den Einzelmakler nie aus den Augen verloren“
Der Maklerpool-Markt ist im Wandel begriffen. Zum einen steigt der Druck durch bürokratische und regulatorische Anforderungen, zum anderen verändern sich die Kundenbedürfnisse. Folglich sehen wir eine Konsolidierung in der Branche. Hinzu kommt die Erkenntnis, dass die Digitalisierung eine immer bedeutsamere Rolle für den Unternehmenserfolg spielt. Gründe genug für ein ausführliches Interview mit Marcus Rex, dem neuen CSO und CMO der JDC Group AG. Mit dem Vertriebs- und Digitalisierungsexperten sprachen wir über seinen umfassenden Aufgabenbereich, seine Sicht der Dinge hinsichtlich der Fortentwicklung im Pool-Markt und gingen zudem auf das Thema Nachhaltigkeit eingehender ein.
finanzwelt: Herr Rex, seit kurzem sind Sie Vorstand bei der JDC Group AG. Welche Gründe haben den Ausschlag für Ihren neuen Arbeitgeber gegeben?
Marcus Rex» In den vergangenen Jahren habe ich die Entwicklung der JDC Group – auch aus der Wettbewerbsposition – eingehender verfolgt. Insofern war für mich das Unternehmen kein unbeschriebenes Blatt. Ich bin der JDC Group einige Male bei Ausschreibungen für vertriebstechnologische Projekte begegnet. Gewonnen hat stets JDC, was mich manchmal schon geärgert hat. Außerdem kenne ich die JDC Group bereits mehr als 15 Jahre und konnte so deren Entwicklung verfolgen. Mein Eindruck hat sich bestätigt, dass die JDC Group technologisch und vertrieblich richtig gut aufgestellt ist. Das Potenzial, in einigen der heutigen Geschäftsmodelle weitere Marktanteile zu gewinnen, ist sehr groß. Mich reizt es, genau diese Entwicklung zu gestalten.
Mit ausschlaggebend bei meiner Entscheidung war auch, dass die gelebte Unternehmenskultur zu meinem Werteverständnis passt. Eine Win-Win-Situation.
finanzwelt: Und welche Teilbereiche umfasst Ihr Vorstandsressort?
Rex» Ich verantworte das gesamte Vertriebsressort, insbesondere das stetig wachsende Geschäft mit Großkunden. Daneben bin ich noch für die Marketingaktivitäten, das Produktmanagement (ohne die Investmentsparte) und die Projektsteuerung zuständig. Ein umfassendes Tätigkeitsspektrum, das mich reizt, und in dem ich meine bisherigen Erfahrungen sinnstiftend einbringen kann.
finanzwelt: Ein brisantes Thema ist die Zukunft der Maklerpools. Sehen wir hierbei eine weitere Konsolidierung im Markt?
Rex» Wenn wir uns die aktuelle Entwicklung ansehen, dann sind wir mittendrin in einer Konsolidierungswelle und weiteren bahnbrechenden Veränderungen. Der Pool-Markt verändert sich rasant durch den Einstieg internationaler Investoren, zudem spielt Technologie eine immer wesentlichere Rolle. Dies gilt vor allem in Hinblick auf Automatisierung, Standardisierung, Datenqualität sowie die regulatorischen Herausforderungen. Diese Komplexitäten können nur mit Technologie beherrschbar gemacht werden. Wir sehen uns hier in einer führenden Position, Maklern und anderen Vermittlern die entscheidende Hilfestellung zu geben, um trotz aller Herausforderungen ihre Kunden ideal zu betreuen. Trotz aller technologischen Errungenschaften darf jedoch
BERATER | INTERVIEW
finanzwelt 04 | 2023 10
» Der Pool-Markt verändert sich rasant durch den Einstieg internationaler Investoren, zudem spielt Technologie eine immer wesentlichere Rolle. «
der ‚Faktor Mensch‘ nicht zu kurz kommen. Die Interaktion mit unseren Partnern, ob klein oder groß, ist wichtig und nicht zu ersetzen. Wir als JDC Group sehen uns in diesem Zusammenhang für die Zukunft bestens gewappnet und das nicht nur bei den zahlreich angebundenen Großkunden.
finanzwelt: In Ihrer Rolle, welche Pläne wollen Sie kurzbis mittelfristig weiter vorantreiben?
Rex» JDC ist sich ihrer langen Historie als erster Maklerpool sehr bewusst. Auch wenn die in den vergangenen Jahren gewonnenen Großkunden wie etwa die Joint Ventures im Bankenbereich und institutionelle Kunden wie Lufthansa, BMW und Volkswagen ein enormes Wachstumspotenzial darstellen, hat JDC die Einzelmakler nie aus den Augen verloren. Ich bin fest davon überzeugt, dass JDC mit ihrer technologischen Plattform und den dazugehörigen Services super für den Maklervertrieb aufgestellt ist. Alles aus einer Hand mit einer hohen Qualität an Daten und Prozessen. Daher liegt unser Augenmerk künftig auf dem klassischen, nicht-institutionellen, Maklergeschäft, das wir ausbauen und vertiefen möchten. Es gilt, mit zielgruppenspezifischen Angeboten auf den Markt zu kommen und diese heterogene Klientel von unseren Mehrwerten, insbesondere IT-lastig, nachhaltig zu überzeugen.
finanzwelt: Die Digitalisierung hält in vielen Bereichen des Lebens Einzug. Auch in der Finanzindustrie sind digitale Lösungen schon längst keine Nische mehr, sondern Standard geworden. Wie sieht die Beratung der Zukunft aus?
Rex» Der digitale Wandel und neue Technologien sind heute die zentralen Impulsgeber. Sie sind der Ursprung entscheidender Transformationen. Das bedeutet, dass Berater den Mehrwert ihrer Leistungen neu definieren müssen. Der Kontakt zum Kunden wird in Zukunft noch stärker unter diesen veränderten Voraussetzungen erfolgen. Dabei bleibt das persönliche Gespräch jedoch für viele eine wichtige und wohl entscheidende Grundlage, um finanzielle Entscheidungen zu fällen. Die Digitalisierung nicht als Hemmschuh, sondern als nützliches Tool zu erkennen, ist hierbei die Kernaufgabe.
finanzwelt: Neben der Digitalisierung steht das vielschichtige Nachhaltigkeitsthema überall auf der Agenda. Wie schätzen Sie die Bedeutung dieses Megatrends ein?
Rex» Nachhaltigkeit ist eines der gesellschaftlichen Themen unserer Zeit. Es ist Standard geworden – somit auch ein Muss für Unternehmer. Denn wir alle stehen als Gemeinschaft vor der Herausforderung, nachhaltiger zu wirtschaften, um so zukunftsfähig zu bleiben. Doch auch viele unserer Kunden und Mitarbeiter erwarten besondere Anstrengungen in Sachen Nachhaltigkeit, Klimaschutz und Ressourceneffizienz.
Hinzu kommt, dass bei der Geldanlage nachhaltige Produkte inzwischen mehr als angekommen sind. In der Summe ein Beleg dafür, nachhaltiges Handeln und Wirtschaften als strategisches Ziel im Unternehmen zu verankern. Das ist unser gemeinsames Ziel. (ah)
Ist das Content oder gehört’s in den Container?
DAS posten erfolgreiche Makler und Vermittler!
Kennen Sie das? Sie scrollen durch Ihren Social Media Feed und sehen Posts, bei denen Sie einfach nicht verstehen, was Ihnen der Ersteller damit sagen will? Will er informieren? Will er etwas verkaufen? Was will er eigentlich? Unverständliche Grafiken, schlechte Fotos, verwackelte Videos – das macht doch keinen Spaß! Da bleibt dann nur eins zu sagen: Dieser Content gehört tatsächlich in den Container! Damit Ihnen genau das erspart bleibt und Ihre Follower begeistert Ihren nächsten Post erwarten, habe ich Ihnen die wichtigsten Punkte zu Content, der wirklich ankommt, zusammengefasst.
Das Zauberwort: Social Selling
Beim Social Selling geht es im Grunde um Folgendes: Nutzen Sie Ihr professionelles Online-Profil, um Ihre Marke, Person und/oder Ihr Produkt für die relevante Zielgruppe interessant zu machen. Ich nenne es auch gern: Das digitale Schaufenster. Denn wo im stationären Handel das Interesse des Kunden durch ansprechende Schaufenster, Aufsteller usw. geweckt wird, ist dies online noch einmal eine ganz neue Herausforderung. Ein Hoch also auf Social Media und die eigene Website! Denn hier eröffnet sich eben genau diese Möglichkeit! Ihre Follower sind quasi Window-Shopper. Nun gilt es, sie einzuladen, sprich: zum Kauf zu verführen. Erfolgreiche Makler und Vermittler nutzen Social Media heutzutage immer häufiger als effektives Instrument für ihr Marketing und ihre Kundenakquise. Durch gezieltes Posting können sie ihre Reichweite erhöhen, ihren Expertenstatus aufbauen und potenzielle Kunden auf sich aufmerksam machen.
Und so funktioniert‘s
1. Die Zielgruppe kennen!
Bevor Sie loslegen, auf Social Media zu posten, ist es wichtig, die eigene Zielgruppe zu kennen. Überlegen Sie, wer potenzielle Kunden sind und welche Plattformen sie am meisten nutzen. So können Sie passende Inhalte gezielt auf sie zuschneiden. Dazu gehört es auch, gut bei der Zielgruppe anzukommen.
2. Finden Sie das Problem der Zielgruppe und lösen Sie dieses!
Ein Beispiel hierfür ist der Vermögensberater für Ärzte. Er selbst ist mit einer Ärztin verheiratet und kennt die Probleme und Wünsche seiner Zielgruppe wirklich genau. Ein großes Problem vieler Ärzte ist die Zeit! Bei vollen Terminkalendern bleibt oft keine Zeit für weitere Termine am anderen Ende der Stadt. Wie konnte er das Problem lösen? Indem er flexible Online-Beratung anbietet – bequem von zu Hause oder auch von überall! Finden Sie also zunächst die passende Zielgruppe und lösen Sie deren Grundproblem.
3. Teilen Sie relevante Inhalte:
Die Inhalte, die Sie teilen, sollten für Ihre Zielgruppe relevant und nützlich sein. Überlegen Sie vorab, welchen Mehrwert Sie bieten können. Das können zum Beispiel Tipps zur Immobiliensuche oder zum Verkauf von Immobilien sein. Wenn Sie nützliche Informationen teilen, werden Sie potenzielle Kunden als vertrauenswürdige Quelle wahrnehmen.
4. Nutzen Sie visuelle Inhalte:
Visuelle Inhalte wie Bilder und Videos sind auf Social Media besonders beliebt und können dabei helfen, mehr Aufmerksamkeit zu generieren. Sie könnten z. B. Kurzvideos (Reels oder Shorts) oder Interviews mit Kunden teilen. Als Beispiel: Eines meiner Reels hat 180.000 Views und ist somit ein Volltreffer in meiner Zielgruppe. 180.000 – das ist die Allianz Arena ausverkauft – drei Mal!
5. Verwendung relevanter Hashtags:
Hashtags sind auf Social Media ein wichtiges Mittel, um Inhalte sichtbarer zu machen. Die Verwendung relevanter Hashtags in Beiträgen sorgt dafür, dass sie von potenziellen Kunden gefunden werden können. Überlegen Sie, welche Hashtags in Ihrem Bereich beliebt sind und wie Sie sie für sich nutzen können. Manchmal bietet sich dafür auch eine Keyword-Recherche an.
6. Bauen Sie Beziehungen auf:
Social Media ist nicht nur ein Ort, um Informationen zu teilen, sondern auch um Beziehungen aufzubauen. Gehen Sie
BERATER | SOCIAL MEDIA finanzwelt 04 | 2023 12
und authentisch. Dadurch können Sie eine starke Bindung zu potenziellen Kunden aufbauen und sie eher dazu bringen, mit Ihnen zusammenzuarbeiten. Ihr Netzwerk ist auf Social Media Gold wert und kann Ihnen in vielerlei Hinsicht zu mehr Reichweite und potenziellen Kunden verhelfen.
7. Analysieren Sie Ergebnisse:
Um zu erfahren, welche Art von Inhalten bei Ihrer Zielgruppe am besten ankommt, sollten Sie regelmäßig Ihre Ergebnisse analysieren. Nutzen Sie die Analysetools der Plattformen, um zu sehen, welche Beiträge am meisten Interaktion generiert haben und welche nicht so erfolgreich waren. Dadurch können Sie lernen und Ihre zukünftigen Beiträge verbessern.
Hier noch drei Tipps für Content, den Ihre Follower lieben werden:
Fun: Beiträge sollen in erster Linie Spaß machen und unterhalten. Sicher wissen Sie: Ein Lächeln ist ansteckend. Es werden Glückshormone ausgeschüttet. Win-Win, wenn das Glücksgefühl mit Ihrem Content in Verbindung gebracht wird!
Fame: Wir bewundern Stars und verehren das Besondere. Ob Showbiz oder Profisport: Nutzen Sie bekannte Gesichter für Ihren Zweck. Damit stärken Sie zum einen Ihre Credibility und zum anderen ist der Reichweiten-Schub beachtlich! Bestes Beispiel ist gerade mein geschätzter Kollege Bastian Kunkel, der durch sein Interview mit unserem Finanzminister Christian Lindner enorm von dessen Bekanntheit und Reichweite profitierte.
Lifestyle: Ohne Frage – Professionalität ist ein Muss! Doch wenn wir ehrlich sind, ist das auf Dauer vor allem eins: langweilig! Keine Panik, Sie müssen jetzt keinen Videografen 24/7 mit Ihren Aufnahmen beschäftigen. Ab und an ein privates Highlight jedoch peppt Ihren Feed auf und zeigt Sie von einer anderen Seite.
Mit diesen Tipps wünsche ich Ihnen allzeit erfolgreiches Posten!
Vor allem ist es wichtig, kontinuierlich auf Social Media präsent zu sein und relevante und ansprechende Inhalte zu teilen. Sie brauchen noch Inspiration? Dann freue ich mich, Sie als neuen Follower auf meinen Social Media Accounts zu begrüßen!
Roger Rankel Verkaufstrainer
Experte für Kundengewinnung
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Wirkungsvoll anlegen
Huttel» Nun, der Druck zu einem Mehr an Nachhaltigkeit trifft jedes Unternehmen, und er kommt aus mehreren Richtungen. So verändert sich die Umwelt rasant und die Märkte reagieren darauf. Und schließlich ertönt auch aus der Gesellschaft immer lauter der Ruf nach nachhaltigem Handeln. In der Summe sind Nachhaltigkeitsrisiken keine Randaspekte, die Unternehmen en passant abhandeln können, sondern zentrale Risiken. So müssen wir diese in den Blick nehmen und entsprechend handeln. ESG ist folglich Teil des Risikomanagements. Doch die Diskussion greift etwas zu kurz.
Beratung ohne den Faktor Mensch ist zumindest hierzulande nicht denkbar. Gleichwohl haben sich einige Player am Markt für Robo-Advice etabliert. vividam hingegen sieht sich nicht als klassischer Robo. Mit Frank Huttel, Prokurist und Leiter Portfoliomanagement, FiNet Asset Management AG, sprachen wir in Marburg über die hauseigenen Strategien, die allgemeine Lage und eingehend über sein Steckenpferd Impact Investing.
finanzwelt: Verrückte Zeiten. Krieg, Tumulte überall und die Wirtschaft taumelt, befindet sich in einer Rezession. Ungeachtet dessen feiern wir Höchststände an den Börsen. Frank Huttel» Tatsächlich verrückte und auch herausfordernde Zeiten. Mit Blick auf die Kapitalmärkte bleiben die Faktoren Inflation, Geldpolitik, Konjunktur und nicht zu vergessen die geopolitische Lage determinierend. Insofern herrscht Unsicherheit nach wie vor. Das betrifft Berater als auch Anleger gleichermaßen. Die Bäume wachsen sodann nicht in den Himmel – etwas Bescheidenheit und Demut bei den Renditeerwartungen sind angebracht und das alles bei einem individuell tragbaren Risiko.
finanzwelt: Sie schreiben das Thema Nachhaltigkeit groß. Greenwashing, Downgrading von Fonds: Viel Wirbel um sinnvolles, nachhaltiges Investieren, oder?
finanzwelt: Inwiefern zu kurz? Erläutern Sie das bitte. Huttel» Ich bin ein klarer Verfechter der 17 UN SDGs (Sustainable Development Goals). Diese definierten Ziele setzen einheitliche Maßstäbe für Prioritäten und Ziele einer nachhaltigen Entwicklung. Es gilt, hier messbare und investierbare Goals im Nachhaltigkeitsumfeld zu haben, die letztlich echten ‚Impact‘ generieren und tatsächliche Verbesserungen bewirken können. Die Wirkung in der realen Welt nachzuweisen, mag auf den ersten Blick komplex erscheinen –doch darauf kommt es letztlich an. Wirkungsvoll anlegen ist das Schlagwort. Impact ist nach unserer Meinung eher im Bereich Small- und Mid-Caps verortet. Wir investieren folglich in jene Fonds, die die SDGs adressieren und aktiv in Lösungsansätze wie beispielsweise Bildung, Geschlechtergleichheit, sauberes Wasser etc. anlegen.
finanzwelt: Kurz zu ihrer Produktpalette. Der nachhaltige „Anti“- Robo-Advisor vividam ist bereits seit mehreren Jahren am Markt und das mit unterschiedlichen Strategien. Huttel» Grundsätzlich verfolgt vividam einen aktiven Anlagestil und setzt daher keine passiven Anlageformen wie ETFs ein. Die Aktienfondsquote beträgt mindestens 30 % (vividam 30) und komplette 100 % (vividam 100). Alle Strategien eint, dass sie breit diversifiziert investieren, folglich keine Klumpenrisiken haben und ihre Impact-Wirkung ausweisen. Die meisten Kundengelder befinden sich in der Strategie vividam 50, die meisten Kunden jedoch in vividam 70. Und wir haben eine Frauenquote jenseits der 50 %.
finanzwelt: Mit Blick nach vorne – ist eine Beratung ohne den Faktor Mensch denkbar?
Huttel» Die Beratung wird digitaler, kann aber den Menschen nicht vollends ersetzen. Die Vorbehalte bzw. das Misstrauen hierzulande gegenüber rein digitaler Beratung bleiben; es ist auch ein kulturelles Phänomen. (ah)
BERATER | INTERVIEW
finanzwelt 04 | 2023 14
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Drei Jahre danach
In der finanzwelt-Ausgabe 04/2020 hatten wir erstmalig über den Wirecard-Skandal berichtet. In der Zwischenzeit sind drei Jahre vergangen. Dieser Beitrag zeigt eine Rückschau des Wirecard-Skandals, den aktuellen Stand der Prozesse und Ermittlungen gegen Wirecard und hochrangige Manager sowie eine Vorschau auf das kommende halbe Jahr.
Was war passiert?
Die Wirecard AG war ein börsennotiertes deutsches Zahlungsdienstleistungsunternehmen mit Sitz in Aschheim bei München und bot seinen Kunden Lösungen für den elektronischen Zahlungsverkehr, das Risikomanagement sowie die Herausgabe und Akzeptanz von Kreditkarten an. Nachdem es jahrelang mit Wirecard aufwärts ging und die Aktie sogar den Sprung in den DAX schaffte, trat am 27. April 2020 mit der Veröffentlichung des unabhängigen Sonderuntersuchungsberichts der KPMG AG erstmals Ernüchterung ein. Zuvor, im Jahr 2019, hatte die britische Zeitschrift „Financial Times“ mehrfach davon berichtet, dass es bei Wirecard zu fingierten Umsätzen (Third Party Acquiring), überhöhten Kaufpreisen von Gesellschaften zur Bereicherung von Wirecard-Managern, falsch ausgewiesenen Krediten (MCAGeschäft) und Kreislaufbuchungen (Round-Tripping) über Gesellschaften in den Vereinigten Arabischen Emiraten, den Philippinen und Singapur gekommen war. Der KPMGReport konnte die Vorwürfe gegen Wirecard nicht gänzlich ausräumen. Insbesondere der Vorwurf, dass auf Treuhandkonten auf den Philippinen 1,9 Mrd. Euro fehlten, wog
schwer. Konfrontiert mit den Vorwürfen und dem Nichtwiderlegen dieser, sah sich schließlich die Wirecard AG gezwungen, am 18. Juni 2020 einen Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens zu stellen.
Die Konsequenz zeigte sich postwendend: Der Aktienkurs der Wirecard AG brach noch am Tag der Ad-hoc-Mitteilung um 60 % ein, und die Talfahrt der Wirecard-Aktie nahm ihren Verlauf. Am 24. August 2020 wurde Wirecard aus dem DAX entfernt und der Börsenkurs der Aktie landete schließlich bei wenigen Cent. Seit Januar 2022 ist die Aktie für Privatanleger nicht mehr handelbar. Schnell wurde klar, dass ausschlaggebend für den Skandal nicht nur die Wirecard AG selbst ist, sondern auch der Wirtschaftsprüfer, die Ernst & Young GmbH Wirtschaftsprüfungsgesellschaft (EY), welche Bilanzen testierte, die sich nach Nachforschung als falsch erwiesen hätten. Zudem gab es auch massive Kritik an der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin). Die BaFin ist das Aufsichtsorgan im Bank- und Kapitalmarkt und dafür zuständig, Unternehmen zu beaufsichtigen und bei vermeintlich unzulässigem Handeln einzugreifen. Der ehemalige Präsident der BaFin, Felix Hufeld, wies die Vorwürfe der „Financial Times“ gegen Wirecard bis zuletzt zurück, obwohl es bereits konkreten Anlass zu einer Prüfung seitens der BaFin gab.
Wie ist der Stand heute? Anleger verloren im Zuge des Wirecard-Skandals Milliarden Euro. Bisher haben sich viele der geschädigten Anleger, ob
BERATER | DER FALL WIRECARD
finanzwelt 04 | 2023 16
institutionell oder privat, an Tilp gewandt, um ihren erlittenen Schaden geltend zu machen und Schadensersatz zu beantragen. Aktuell laufen straf- und zivilrechtliche Verfahren gegen die ehemalige Geschäftsführung der Wirecard AG, allen voran gegen den ehemaligen CEO Dr. Markus Braun sowie zivilrechtliche Prozesse gegen die ehemalige Geschäftsführung, die Wirecard AG, EY und die BaFin.
In den zivilrechtlichen Prozessen gegen Dr. Markus Braun und EY ist für Anleger von Bedeutung, dass vom Bayerischen Obersten Landesgericht ein Musterkläger im Kapitalanlegermusterverfahren bestimmt wurde. Das bedeutet, geschädigte Anleger können sich dem Musterverfahren anschließen, um ihre Ansprüche geltend zu machen. Der Prozess gegen EY deutet sich als für Anleger positiv. Das Landgericht Stuttgart hatte in einem Urteil vom 5. Mai 2022 (Az. 5 HKO 15710/20) bestimmt, dass die von EY testierten Bilanzen der Wirecard AG nicht nur unrichtig, sondern nichtig seien. Das Gericht geht davon aus, dass die Treuhandguthaben in Höhe von 1,9 Mrd. Euro nie oder zumindest in keinem nennenswerten Umfang existierten. Danach hätte EY die Bilanzen nicht testieren dürfen und das Testat selbst wäre grob fahrlässig gewesen. Das Verfahren wegen Aufsichtspflichtverletzung der BaFin ist in der dritten Runde. Die ersten beiden Runden entschieden die Gerichte in Frankfurt zugunsten der BaFin. Die Gerichte sahen keine Pflichtverletzung auf Seiten der BaFin. Es könnte aber durchaus sein, dass das oberste deutsche Gericht oder der Europäische Gerichtshof die Urteile kassieren werden. Auch die deutsche Berufsaufsicht der Wirtschaftsprüfer, die sogenannte APAS, hat am 31. März 2023 ihre Entscheidung gefällt. Sie sieht bei der Prüfung der Abschlüsse der Wirecard AG und der Wirecard Bank AG in den Jahren 2016 bis 2018 erhebliche Berufspflichtverletzungen als erwiesen an und hat Sanktionen gegen EY selbst und fünf Wirtschaftsprüfer verhängt. Schließlich bleiben die strafrechtlichen Ermittlungsverfahren. Die Staatsanwaltschaft München I ermittelt nach wie vor gegen verantwortliche Wirtschaftsprüfer von EY wegen des Verdachts einer vorsätzlichen Straftat.
Was ist zu tun?
Das ist danach zu beurteilen, gegen wen der geschädigte Anleger vorgehen möchte.
Gegen die Wirecard AG wurde das Insolvenzverfahren eröffnet. Das heißt, der Insolvenzverwalter Dr. Michael Jaffé wird die verfügbare Insolvenzmasse, welche Tilp auf rund 1 Mrd. Euro schätzt, gequotelt an die Anleger auskehren. Deshalb empfehlen wir geschädigten Anlegern, sich im Insolvenzverfahren gegen die Wirecard AG anzumelden. Die Frist hierzu läuft am 31. Dezember 2023 ab. Bis spätestens zu diesem Datum sollte die Forderungsanmeldung beim Insolvenzverwalter eingegangen sein. Tilp berät Sie hierzu umfassend.
Gegen EY stehen geschädigten Anlegern zwei Möglichkeiten zur Verfügung: Sie können Klage gegen EY erheben oder ihre Schadensersatzansprüche zum Musterverfahren anmelden. Die Klage stellt den rechtlich „sichersten“ Weg dar. Nach Einreichung der Klage beim zuständigen Landgericht München I wird diese auf das KapMuG-Musterverfahren vor dem Bayerischen Obersten Landesgericht ausgesetzt. Mit der Aussetzung wird der Kläger „Beigeladener“ des Musterverfahrens und kann unmittelbar von diesem profitieren. Die Einreichung einer Klage erweitert neben den Möglichkeiten eines Zivilprozesses die Kräftebündelung aller geschädigten Anleger zu einem deutlich verringerten Kostenrisiko. Zudem profitieren Kläger von der Bindungswirkung, d. h. die Feststellungen des Bayerischen Obersten Landesgericht sind für das Landgericht München I bindend. Abweichende Urteile sind nicht möglich. Die Einreichung einer Klage gegen EY ist jedoch nur noch bis zum 31. Dezember 2023 möglich. Tilp empfiehlt, mit Einreichung der Klage nicht bis Dezember zu warten, da es erfahrungsgemäß zu diesem Zeitpunkt zu einem erhöhten Aufkommen von Klagen kommt.
Ferner besteht gegen EY die Möglichkeit der Anmeldung der Schadensersatzansprüche zum Musterverfahren. Die Anmeldung stellt eine kostengünstige Alternative zur Einzelklage dar. Anders als die Klage entfaltet die Anmeldung jedoch keine Bindungswirkung, sondern hemmt die Verjährung der Ansprüche bis zum Ende des Musterverfahrens zuzüglich drei weitere Monate. Danach haben Anleger die Möglichkeit, im Wege einer Klage ihre Ansprüche gegen EY durchzusetzen. Die Frist für die Anmeldung läuft am 18. September 2023 ab. Eine spätere Anmeldung ist nicht möglich.
Eine Klage auf Schadensersatz gegen die BaFin ist risikobehaftet, aber nicht völlig abwegig.
Wie sieht die Welt morgen aus?
Es muss den Anlegern klar sein, dass die Verfahren einige Jahre dauern können. Das ist im deutschen Rechtssystem nichts Ungewöhnliches. Mit einer Befriedigung der Ansprüche ist also frühestens 2024 zu rechnen. Wenn Fragen oder Probleme bei geschädigten Anlegern bestehen, berät die auf Kapitalanlegermusterverfahren spezialisierte Kanzlei Tilp Sie umfassend.
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Christian Palme, LL.M. Eur. Rechtsanwalt
Foto: © magannstock.adobe.com
TILP Litigation Rechtsanwaltsgesellschaft mbH
Wie sieht es bei IHR aus?
Gender Pay Gap, unbezahlte und nicht anerkannte Care-Arbeit, ein Arbeitsleben in Teilzeit, weil es nicht anders geht – das führt zu einer Gender Pension Gap, die kaum mehr geschlossen werden kann. Welche Veränderungen eintreten müssen, um diesem Problem bestimmt entgegenzutreten, wissen Tina Kern und Jan Schepanek, Geschäftsführer bei der FFB - FIL Fondsbank von Fidelity International. Sie teilen ihr Wissen und ihre Zahlen mit uns im finanzweltInterview.
finanzwelt: Die Arbeitswelt ist in ständiger Bewegung. Welche Veränderungen zeigen sich in Post-Corona-
Zeiten beispielsweise durch Homeoffice in der Dynamik?
Jan Schepanek» Die Pandemie hat uns als Gesellschaft in Deutschland Lücken in unserer digitalen Aufstellung gezeigt und uns den nötigen Boost gegeben, diese zu schließen. Wir bei Fidelity und der FFB haben eine sehr flexible Arbeitsweise. Ich hoffe, dass wir diese Flexibilität in Deutschland zukünftig beibehalten, da diese Eltern unterstützt, die Betreuung von Kindern zu organisieren. Trotzdem muss die Betreuungssituation hierzulande dringend verbessert werden. Auch beim Thema Lohngerechtigkeit bedarf es weiterer Anstrengungen seitens der Politik und der Arbeitgeber.
Wir können uns hier ein Beispiel an Großbritannien nehmen: Dort muss jeder Arbeitgeber einen Gender-PayGap-Report erstellen.
Tina Kern» Wenn wir uns das monatliche Bruttoeinkommen anschauen, liegen Männer bei rund 3.000 Euro und Frauen bei weniger als 2.000 Euro. Diese Zahlen hat eine unserer repräsentativen Umfragen ermittelt. Mit Blick auf dieses Ergebnis wird klar, dass Frauen am Ende des Monats weniger Budget zur Verfügung haben, um für den eigenen Ruhestand vorzusorgen. Ein Grund hierfür ist, dass sie öfter in Teilzeit arbeiten, um die CareArbeit in der Familie zu übernehmen. Um die Lücke zu verringern, muss man Frauen ermöglichen, mehr oder in anderen Rollen zu arbeiten.
finanzwelt: Frauen schätzen ihre finanzielle Situation auf Anhieb schlechter ein. Was tut der Staat, um dem entgegenzusteuern und die Frauen zu unterstützen?
Kern» Unsere Umfrage hat ergeben, dass sich nur 40 % der Frauen mit ihrer derzeitigen finanziellen Situation wohl fühlen. Auf die eigenen Finanzen im Alter angesprochen ist nur jede Dritte zuversichtlich (34 %). Das sind alarmierende Ergebnisse, die unter anderem auf den niedrigeren Verdienst und die somit ebenfalls niedrigere monatliche Sparleistung zurückzuführen sind. So sparen Frauen laut unserer Umfrage rund 125 Euro und Männer 175 Euro pro Monat für die eigene Altersvorsorge. Um für die Rente zu sparen, fehlt 42 % das Geld. Nur durch eine Verbesserung der Rahmenbedingungen seitens der Politik kann man dem entgegensteuern. Im ersten Schritt benötigen wir schnellstmöglich eine Lohngerechtigkeit in Deutschland.
finanzwelt 04 | 2023 18 BERATER | INTERVIEW
Jan Schepanek
finanzwelt: Die Beträge reichen –bei Männern sowie Frauen – kaum aus, um vorzusorgen. Stellt sich die Frage, ob beispielsweise eine Aktienrente zu den dafür nötigen Tools gehört. In den letzten drei Jahren hat sich schließlich einiges verändert und ein verstärktes Interesse am Kapitalmarkt ist feststellbar.
Schepanek» Die Aktienrente ist ein langer, politischer Prozess in Deutschland und unserer Meinung nach ein guter Schritt, um die staatliche Rente langfristig zu stützen. Der demografische Wandel führt dazu, dass unser umlagefinanziertes Rentensystem an seine Grenzen stößt. Zusätzlich brauchen wir eine kulturelle Verschiebung, Verständnis, aber auch das Interesse, privat vorzusorgen. Denn die staatliche Rente wird nicht ausreichen, um den gewohnten Lebensstandard im Ruhestand aufrechtzuerhalten. Ich glaube, dass Privatpersonen leider oft die Motivation fehlt, sich mit dem Thema Vorsorge eingehend auseinanderzusetzen, auch wenn wir ein
gestiegenes Interesse am Kapitalmarkt beobachten können. In jungen Jahren erscheint das Thema einfach zu weit weg.
Kern» Die Aktienrente ist Bestandteil der gesetzlichen Vorsorge. Zusätzlich dazu haben wir noch die private und die betriebliche Vorsorge in Deutschland. Nur eine der genannten Säulen kann den Lebensstandard im Ruhestand nicht sichern. Alle drei Säulen müssen geplant und bedient werden.
finanzwelt: In der Politik sind meist die Jahre 2030 oder 2050 die Zielgerade für solche Umstrukturierungen. Wie sähe Ihrer Meinung nach eine Express-Lösung für Jetzt und Hier aus? Schepanek» Hier stellt sich immer die Frage der Finanzierung: Was kann sich der Staat leisten? Eine ExpressLösung, die mir einfällt, ohne den Staatshaushalt maßgeblich zu beeinflussen, wäre eine Verbesserung der Portabilität der betrieblichen Altersvorsorge. Es ist nicht mehr Standard,
sein ganzes Arbeitsleben bei nur einem Arbeitgeber zu verbringen. Folglich wäre es wichtig, Arbeitnehmenden die Möglichkeit zu geben, entstandene Versorgungsansprüche einfach zu einem neuen Arbeitgeber mitzunehmen. Ein weiterer Motor zur Verbesserung der privaten Altersvorsorge wäre es, steuerfreie Modelle wie den Individual Savings Account (ISAs) aus UK einzuführen. Dieser ermöglicht es, bis zu einem gewissen Betrag steuerfrei am Kapitalmarkt zu investieren. Im Endeffekt – wie gesagt – braucht es aber Verbesserungen in allen drei Säulen.
finanzwelt: „Finanzen“ und „Finanzbildung“ sind sehr trockene Begriffe. Vieles hängt von der Vermittlung ab, besonders von der Sprache.
Kern» Wir haben uns intensiv damit beschäftigt, wie wir mit unseren angeschlossenen Beraterinnen und Beratern sowie mit unseren Endkundinnen und Endkunden kommunizieren wollen. Letztendlich haben wir uns für eine partnerschaftliche Sprache – auf Augenhöhe und einfach verständlich – entschieden.
finanzwelt: Herr Schepanek, wie stellt sich der partnerschaftliche Ansatz dar?
Schepanek» Diese Art der Kommunikation ist klar abgegrenzt zu der Sprache, die ein Freund oder Kumpel wählen würde. Denn so wollen wir nicht wahrgenommen werden. Viel mehr wollen wir jeden Einzelnen bestmöglich und neutral unterstützen und verschiedene Lösungswege aufzeigen und erläutern. (ml)
Welche Bedeutung einer frauenspezifischen Beratungsleistung zukommt bzw. inwiefern das Thema Finanzbildung in Schulen einen anderen Stellenwert einnehmen müsste, das lesen Sie online im ausführlichen Interview auf www. finanzwelt.de
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Info
Tina Kern
So transformieren Banken und Finanzdienstleister die Customer Experience
Die digitale Landschaft entwickelt sich ständig weiter. Damit einher geht auch ein Wandel der sogenannten Customer Experience (CX). Denn: CX ist neben Preis, Produkt und Service zum wichtigsten Differenzierungsmerkmal für Unternehmen aller Branchen und Regionen geworden. Besonders betroffen von dieser Entwicklung ist die Banken- und Finanzdienstleistungsbranche. Denn in der zunehmend digitalen Wirtschaft trägt CX entscheidend zum Unternehmenserfolg bei. Bereits 2020 lag der Anteil der digitalaffinen Generation Z bei 40 % der Verbraucher – Tendenz steigend. Wollen Banken und Finanzdienstleister diese Zielgruppe adäquat bedienen, müssen sie die Digitalisierung in den Fokus rücken und neue CX-Strategien entwickeln.
Derzeit werden Kundenservice-Initiativen hauptsächlich über Contact Center abgewickelt. Eine effektive Servicebereitstellung ist hier ein entscheidender Faktor, um eine exzellente CX zu gewährleisten. Ein weiterer wichtiger Trend ist der zunehmende Einsatz von Künstlicher Intelligenz (KI) in der Kundeninteraktion. Experten gehen sogar davon aus, dass KI momentan bei etwa 85 % der Kundenkommunikation zum Einsatz kommt.
Unternehmen stehen jedoch vor zahlreichen Herausforderungen, wenn es darum geht, einen herausragenden Kundenservice zu bieten: Vielen fällt es schwer, CX-Prioritäten unternehmensweit zu koordinieren, CX-Probleme zeitnah zu erkennen und zu lösen sowie auf relevante CX-Kennzahlen zuzugreifen.
Um diesen Herausforderungen zu begegnen und die eigenen CX-Investitionen zu optimieren, kommt Customer Experience Assurance ins Spiel.
Spezifische Anforderungen des Finanzsektors adressieren
Obwohl die Vorteile auf der Hand liegen, stoßen zahlreiche Finanzdienstleister oftmals auf Hürden, wenn es darum geht, eine außergewöhnliche CX zu bieten:
• Hohes Anrufaufkommen: Contact Centers erhalten oftmals große Mengen an Kundenanfragen – dies kann schnell zu Verzögerungen und damit einhergehend zu sinkender Kundenzufriedenheit führen.
• Einhaltung gesetzlicher Vorschriften: Finanzinstitute müssen sich an strenge regulatorische Richtlinien halten, was personalisierte Kundeninteraktionen noch komplexer macht.
• Personalisierte Erlebnisse: Individuelle Erwartungen einzelner Kunden zu adressieren, erfordert erhebliche Ressourcen und Anstrengungen.
• Integration unterschiedlicher Systeme: Die Integration mehrerer Systeme und Datenbanken stellt eine Herausforderung für die Bereitstellung nahtloser Kundeninteraktionen dar.
finanzwelt 04 | 2023 20 BERATER | KÜNSTLICHE INTELLIGENZ Foto: © photoopusstock.adobe.com
Um die spezifischen Anforderungen des Finanzsektors zu adressieren, gibt es spezielle CX-Lösungen wie Cognizant Intelligent Interactions (CII) for Banking and Financial Services. Die Engineering Suite basiert auf Amazon Web Services (AWS) und wurde speziell für die besonderen Herausforderungen von Contact Centern im Banken- und Finanzdienstleistungssektor entwickelt. Die Anwendung ermöglicht die Einrichtung eines Contact Centers innerhalb weniger Minuten – mit der Möglichkeit, dies für Millionen von Kunden zu skalieren. Zusätzlich nutzt die Suite dabei das umfassende Potenzial von Künstlicher Intelligenz und Machine Learning (ML) für die Kundeninteraktion.
CX-Transformation mit KI-gestützten Lösungen vorantreiben
Der Einsatz von KI und ML in solchen CX-Lösungen ermöglicht nicht nur eine höhere Betriebseffizienz und niedrigere Kosten, sondern auch ein besseres Kundenerlebnis: Mit KIund ML-Technologien wie generativer und konversationeller KI, Sprach- und Textanalyse, dynamischer Personalisierung, kognitivem Engagement und Natural Language Processing (NLP) können Finanzinstitute Kundeninteraktionen nahtloser und personalisierter gestalten. Durch die Wiederverwendung von Code und Assets können zudem bis zu 60 % der Kosten eingespart werden. Darüber hinaus ermöglichen vorgefertigte UI-Schichten eine schnelle Implementierung und ein nahtloses Benutzererlebnis.
CX als Erfolgstreiber
Während sich der BFS-Sektor weiterentwickelt, bleibt CX der Eckpfeiler des Erfolgs. CII bietet in Zusammenarbeit mit AWS eine wertvolle Lösung zur Verbesserung der Kundenzufriedenheit in diesem Sektor. Durch den Einsatz von KI-Technologien können Unternehmen personalisierte Interaktionen schaffen, die betriebliche Effizienz steigern und Kosten optimieren, während sie gleichzeitig den sich ständig ändernden Anforderungen der Generation Z gerecht werden. Durch die Konzentration auf KI-gestützte CX-Lösungen kann die Branche den Kundenservice neu definieren und im digitalen Zeitalter wettbewerbsfähig und erfolgreich sein.
Thomas Gassenbauer Head of Banking & Insurance Central Europe Managing Director Schweiz Cognizant Technology Solutions GmbH
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Sie weiß nicht, dass die Queen tot ist
ChatGPT ist die Zukunft – die Künstliche Intelligenz (KI) steigt von einer futuristischen Spielerei zu einem nützlichen Helfer auf und bietet von Rezepten über fertige Essays und Reden bis hin zu Plädoyers (allerdings mit frei erfundenen Präzedenzfällen) eine Menge. Mit ChatGPT bietet sich also eine Welt der (fast) unbegrenzten Möglichkeiten. Auf moderne Ereignisse weiß die KI allerdings keine Antwort, denn der Datensatz ist von 2021. Fragt man also die KI, lebt die Queen noch. Was bedeuten ihre Fähigkeiten für die Zukunft der Beratung? Vor allem, wenn Datenschutz und Kundenzufriedenheit anecken könnten? AfW-Vorstandsmitglied Frank Rottenbacher und Rechtsanwalt Christian Palme von der Kanzlei TILP stellen sich den Fragen von finanzwelt.
» KI-Tools sind Mustererkennungssysteme. Daher: Durch KI können sich wiederholende (bürokratische)
Tätigkeiten automatisiert werden und den Berater entlasten. «
— Frank Rottenbacher
finanzwelt: Dass KI den Beratungsprozess erleichtert, liegt auf der Hand. Das verspricht mehr Zeit für die persönliche Beratung des Kunden. Wie weit, denken Sie, könnte und darf die Verwendung der KI in der Beratung gehen? Immerhin steckt sie jetzt noch in den Kinderschuhen. Frank Rottenbacher» Indem sie auf bestimmte, genehmigte Datenkreise zugreift (unter Beachtung des Datenschutzes), kann KI Kundenbedürfnisse und -situationen analysieren, Kundenfragen rund um die Uhr beantworten und somit die Beratung optimal vorbereiten. Werteorientierte Entscheidungen bleiben jedoch auf absehbare Zeit uns Menschen vorbehalten. Christian Palme» Gerade die Rechtsberatung ist ein hoch individualisiertes Feld, welches sich stark am Mandantenbegehren orientiert. Bisher kann ChatGPT zwar pauschalisierte Antworten geben, worauf sich zugleich der Nutzen der KI beschränkt. Es ist für KI noch nicht möglich, das tatsächliche Mandantenbegehren zu analysieren und darauf entsprechend zu reagieren – und gerade das ist das Kernstück der Rechts-
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beratung. Wegen der Individualität der Rechtsberatung sollte sich die KI auch weiterhin nur auf die Beantwortung einfacher, nicht weitergehender Rechtsfragen beschränken und nicht ak tiv in die Rechtsberatung eingebunden werden.
finanzwelt: Stichwort Datenschutz: Worauf muss der Bera ter bei der (Zusammen-)Arbeit mit ChatGPT achten?
Rottenbacher» Der Berater darf keinerlei personenbezoge ne Daten in ChatGPT eingeben, da alle Daten von OpenAI in den USA ausgewertet werden. Aus demselben Grund sollte er keine sensiblen Firmendaten von ChatGPT analysieren lassen. Palme» Ich stimme zu. Es muss dem Berater klar sein, dass ChatGPTs Server in den USA stehen. Der Datenschutz in den USA ist bekanntlich nicht mit der EU-Datenschutzgrundver ordnung konform. Personenbezogene Daten (Name, Adresse etc.) sollten deshalb nicht eingesetzt werden. Das erschwert aber auch die Rechtsberatung mit Hilfe von ChatGPT. Einfa che Fragen müssen verklausuliert und pseudonymisiert einge geben werden, was die Qualität der Antworten von ChatGPT beeinträchtigen kann.
finanzwelt: Welche rechtlichen Lücken weist die KI aus heu tiger Sicht auf?
Rottenbacher» Die EU hat gerade ein Gesetz verabschiedet, um KI ‚unter sicheren, transparenten, nichtdiskriminierenden und umweltfreundlichen Bedingungen bereitzustellen‘. Wir stehen höchstwahrscheinlich vor einer ‚Hase-und-Igel-Zeit‘, in der die Gesetzgebung der exponentiellen Entwicklung von KISoftware regulatorisch hinterherhinkt.
Palme» Die größte Lücke bei der Einsetzung von KI ist der zeit die ungelöste Frage nach der Haftung. Wer haftet, wenn die KI falsch berät und der Mandant deshalb einen Prozess verliert? Der die KI einsetzende Rechtsanwalt könnte sich im Beratungsvertrag rechtlich von der Haftung freistellen. Dennoch könnte er über die Vorschriften nach dem Schadensersatz wegen Sittenwidrigkeit belangt werden. Immerhin sieht das deutsche Recht bisher keine Einsatzmöglichkeit für KI vor und der Rechtsanwalt ist aufgrund seiner besonderen Stellung als Organ der Rechtspflege zum redlichen Handeln verpflichtet. Der Programmierer wird sich durch die Aufnahme einer Klausel in den AGB freistellen, die es nicht gestattet, die KI in rechtlichen Fragen zu benutzen. Im schlimmsten Fall hat der Mandant dann also einfach Pech gehabt.
finanzwelt: Beschreiben Sie doch bitte einmal das ChatGPTWorst-Case-Szenario.
Rottenbacher» Die KI übernimmt die vollständige Beratungsund Dienstleistungsstrecke. Virtuelle Avatare, die von echten Menschen in Aussehen und Empathie nicht mehr zu unterscheiden sind, übernehmen Vertrieb und Beratung. Andere KI-Tools übernehmen alle weiteren Tätigkeiten, die mit einem Finanzdienstleistungsprodukt verbunden sind.
Palme» Im Bereich der Rechtsberatung ist das Worst-CaseSzenario, dass der Mandant entgegen seinem Begehren beraten wird oder er einen Prozess verliert. Verlässt man sich zu
sehr auf die pauschalen Antworten von ChatGPT, führt das zu einer Abhängigkeit und einem Verlernen des Selbstdenkens. Die kritische Überprüfung muss bei jeder Antwort der KI selbstverständlich sein. ChatGPT gibt auch falsche oder nur teilweise richtige Antworten. Wenn wir diese aber als wahr betrachten, wird sich die Rechtsberatung in eine für den Mandanten ungünstige oder gar aussichtslose Lage entwickeln.
finanzwelt: Beschreiben Sie einmal die Wettbewerbsvorteile, die sich durch ChatGPT für den Berater (und langfristig auch für seine Kunden) eröffnen.
Rottenbacher» KI-Tools sind Mustererkennungssysteme.
Daher: Durch KI können sich wiederholende (bürokratische) Tätigkeiten automatisiert werden und den Berater entlasten. Daten können sehr effizient ausgewertet werden und automatisiert zu Vertriebserfolgen führen. Kunden können vollständige Transparenz über ihre Produkte erhalten.
Palme» Genau. In einigen Rechtsgebieten gleichen sich die Fragen der Mandanten. Die Beantwortung wird durch den Einsatz von ChatGPT schneller und für die Beratungsstelle einfacher. Positiver Effekt für den Mandanten wird die Kostenreduzierung auf Stundenbasis sein. (ml)
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» Es muss dem Berater klar sein, dass ChatGPTs Server in den USA stehen. Der Datenschutz in den USA ist bekanntlich nicht mit der EU-Datenschutzgrundverordnung konform.
— Christian Palme
PERSONALITY & EVENTS
Solvium Capital ernennt Sophia Janker zur Prokuristin
Mit Sophia Janker bestellt Solvium Capital die erste Frau ins erweiterte Team der Unternehmensführung. Die geprüfte Wirtschaftsfach- und Betriebswirtin ist seit 2018 bei Solvium. In ihrer neuen Position als Prokuristin ist sie die erste leitende Angestellte.
BCA Heimspiel 2023
Die BCA AG lud am 28. Juni ins Dorint-Hotel in Oberursel im Taunus zum HEIMSPIEL 2023 ein und begrüßte 300 Teilnehmende. Der Veranstalter wurde für seine Serviceleistungen vor Kurzem mit dem finanzwelt-Award ausgezeichnet.
Setzen, sechs?!
Die Digitalisierung findet nur langsam ihren Weg in den Vertrieb. Laut einer aktuellen Marktuntersuchung der BaFin sieht es mit digitalen Angeboten eher düster aus. Von den 308 befragten Erstversicherern boten z. B. nur 35 eine App an.
Vertrag mit Vorstand verlängert
Wohngebäudeversicherer Domcura hat den Vertrag mit Vorstand Rainer Brand frühzeitig um fünf Jahre verlängert. Der Diplom- und Versicherungskaufmann sieht einen Schwerpunkt seiner Arbeit vor allem in der digitalen Transformation des operativen Betriebs.
Fondsgipfel 2023 in Dresden
Unter dem Motto: „Trotz Zinswende & Inflation – Anlagelösungen für 2023!“ findet der diesjährige Fondsgipfel am 07. September in Dresden statt. Die Roadshow ist für institutionelle Anleger und vom FPSB Deutschland mit 1,5 Credits akkreditiert.
63,7 Stunden pro Woche im Netz
Die Internetnutzung der Jugendlichen im Alter zwischen 16 und 18 Jahren ist überraschenderweise gesunken. Im Vorjahr waren es knapp 68 Stunden. Dieses Jahr sind es knapp 64 Stunden. Das geht aus der repräsentativen Jugend-Digitalstudie der Postbank hervor.
24 BRANCHENNEWS
finanzwelt 04 | 2023
Fotos: © Hendrik LüdersSolvium Capital / Domcura
R+V-Vorständin wechselt zur ERGO
Im November 2018 kam Nina Henschel als Vorständin zur R+V. Nun wechselt die Diplom-Kauffrau zur ERGO und soll mit ihrem langjährigen Fachwissen den Negativ-Trend beenden.
Versicherungsvergleich: OCC fährt als Sieger ein
Oldtimer-Spezialist OCC wurde im Versicherungsvergleich des Magazins CLASSIC CARS zum dritten Mal in Folge ausgezeichnet. In 12 Tarifen erwies sich das Lübecker Unternehmen als günstigster Anbieter.
D&O-Versicherung wird zur Chefsache
Berkley Deutschland, der Anbieter für Spezialversicherungen, und der Assekuradeur ConceptIF BIZ kooperieren bei der D&O-Versicherung. Auf das gemeinsam entwickelte Produkt „ChefSache by Berkley“ kann über die Onlineplattform von ConceptIF BIZ zugegriffen werden.
Carestone erhält „Deutschen Award für Nachhaltigkeitsprojekte 2023“
Das Deutsche Institut für Service-Qualität, der Nachrichtensender ntv und das DUP UNTERNEHMER-Magazin prämierten am 06. Juni insgesamt 69 nachhaltige Projekte aus allen Wirtschaftsbereichen. PflegeimmobilienSpezialist Carestone erhielt in der Kategorie Bau/Architektur den Deutschen Award für Nachhaltigkeitsprojekte 2023.
MIT IHRER HILFE ERHALTEN KINDER UND MÜTTER NEUE PERSPEKTIVEN.
Seit 25 Jahren engagiert sich die Münchner Initiative HORIZONT für Kinder und Mütter, die ihr Zuhause verloren haben. Mehr als 2.800 Menschen konnten wir bisher in ein selbstbestimmtes Leben begleiten. Unterstützen auch Sie unseren Verein:
Wir freuen uns über Ihre Spende auf www.horizont-muenchen.org oder mit diesem PayPal-Code.
Nina Henschel / Foto: © R+V
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Carestone wird ausgezeichnet Foto: © Pedro Becerra / ntv / DISQ / DUP
Vor allem Jüngere fürchten Einsamkeit im Alter
Eine Studie des DIA zeigt: Ganze 63 % der Befragten im Alter zwischen 30 und 39 Jahren fürchten Einsamkeit im Alter. Mit zunehmendem Alter nimmt diese Furcht ab. In der Gruppe ab 60 Jahren sind es nur noch 24 %.
Gesundheit wird für gesetzlich Versicherte immer mehr zur finanziellen Belastung
Für viele gesetzlich Krankenversicherte in Deutschland ist ein Arztbesuch selbstverständlich. Aber nicht alle Behandlungen werden von der GKV übernommen. Den mit 60 % deutlich überwiegenden Anteil aller Extrakosten stemmen Menschen im Alter 50plus.
Über die Hälfte der Krankenkassen nur „befriedigend“
Die Befragung des Deutschen Instituts für ServiceQualität (DISQ) unter gut 2.400 Versicherten zeigt, dass die Hälfte der Kassen aufgrund der Zunahme von Ärgernissen wie verzögerten Leistungszahlungen nur ein befriedigendes Ergebnis erzielt.
Die Deutschen und die Finanzbranche: ein schwieriges Verhältnis
Der aktuelle Edelman Trust Barometer offenbart das schwierige Verhältnis der Deutschen zur Finanzbranche. Von 17 ausgewählten Branchen schenken die Menschen weltweit Unternehmen aus dem Finanzsektor am zweitwenigsten Vertrauen – nur Unternehmen aus dem Social-Media-Sektor wird noch weniger vertraut.
Neuer Vorstandsvorsitzender für ROLAND Rechtsschutz
Tobias von Mäßenhausen, einstiges Vorstandsmitglied, übernimmt zum 01. Januar 2024 den Vorstandsvorsitz der ROLAND Rechtsschutz-Versicherungs-AG und übernimmt so die Position von Rainer Brune, der seinen auslaufenden Vertrag nach 2023 nicht weiterführen wird.
AS Unternehmensgruppe Holding holt Experten an Bord
Die AS Unternehmensgruppe stellte zum 01. Juli 2023 Leo Keßling als Operations Manager ein. Er wird bei der operativen Steuerung und Umsetzung der Unternehmensziele unterstützen.
Immer wissen, was in der Finanzwelt los ist
Wir freuen uns auf Ihren Besuch! facebook.com/finanzwelt.de
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twitter.com/finanzwelt_news
BRANCHENNEWS finanzwelt 04 | 2023 26
Leo Keßling / Foto: © AS Unternehmensgruppe Holding
Tobias von Mäßenhausen / Foto: © ROLAND
WIR SIND DIE BRANCHE
#MAKLERHELD
24.–25. OKTOBER, MESSE DORTMUND
die-leitmesse.de
DKM 2023
VIFIT 14.06.2023
Know-how der Finanzbranche, aktuelle Trends und die Möglichkeit zum entspannten Austausch. Bei der diesjährigen VIFIT in Leipzig hieß es nicht umsonst #seidabei.
DKM im Oktober 2023
Die DKM steht wieder vor der Tür: Vom 24.10. bis 25.10. öffnet die Leitmesse ihre Pforten für die Branche. Alles für Updates, Weiterbildung und Networking!
Facharchitektur in Versicherungen
Vom 27.09. bis 28.09. ist am Mediencampus Villa Ida in Leipzig die Facharchitektur in Versicherungen Thema. Es geht um unterschiedliche Möglichkeiten der Umsetzung in der Assekuranz.
Vielfalt kennen und Chancen nutzen
Das Biometriegeschäft ist eine Disziplin für sich. Im Rahmen des Biometriekongresses der VEMA am 04. Juli in Fulda tauschten sich renommierte Redner über Themen wie den Wandel der GKV aus und erörterten die aktuelle Lage der Branche.
Die erfolgreichen Drei der Bayerischen
Die Versicherungsgruppe die Bayerische setzt auf eine kontinuierliche Weiterentwicklung der Gruppe und hat die Verträge ihres erfolgreichen Vorstandsteams verlängert. So wurden Dr. Herbert Schneidemann (55) und Martin Gräfer (54) für weitere fünf Jahre in ihren Funktionen für die Gruppe bestätigt. Da Thomas Heigl (59) zu seinem 62. Lebensjahr in den Ruhestand eintreten möchte, werden seine Verträge bis August 2026 verlängert.
Nurten Erdogan kommt zur ING Deutschland
Nurten Erdogan wird zum 01. Juli 2023 Generalbevollmächtigte und Stellvertreterin des Finanzvorstands Norman Tambach. Mit ihrer 25-jährigen Branchenerfahrung als Managerin und Stationen, wie bei der Dresdner Bank in Shanghai, berichtet sie an den Finanzvorstand.
DVAG offeriert herausragende Karrierechancen
Assekurata bewertete die Karrierechancen für Vermögensberater bei der DVAG mit dem bestmöglichen Urteil. Zum 16. Mal in Folge ausgezeichnet, erzielte der Allfinanzvertrieb beste Ergebnisse.
Xempus sorgt für Tempo
Der Lebensversicherer Swiss Life bietet für Vermittelnde, Arbeitgeber und deren Beschäftigte eine vollständig digitalisierte bAV-Plattform an. In Kooperation mit Xempus bildet die gleichnamige Software-Lösung den gesamten Wertschöpfungsprozess in der betrieblichen Vorsorge für alle drei Zielgruppen ab.
BRANCHENNEWS finanzwelt 04 | 2023 28
Biometriekongress am 04.07. / Foto: © VEMA
Foto: © die Bayerische
Der neue, alte Vorstand der Bayrischen: Thomas Heigl, Dr. Herbert Schneidemann und Martin Gräfer.
Nurten Erdogan Foto: © martinjoppen.de
Fachkräftemangel in der Finanzbranche
Der Wettbewerb um Fachkräfte war in der Finanzbranche schon immer hart, aber die Digitalisierung, die Corona-Pandemie und die dadurch veränderten Anforderungen der Arbeitnehmer an ihren Job haben ihn zusätzlich noch verstärkt. Allein die Anzahl der Beschäftigten in Banken ist laut einer Studie von Barkow Consulting um rund 15.800 gesunken. Unternehmen müssen nun weit mehr anbieten, um potenzielle Arbeitskräfte von sich zu überzeugen.
Was die Finanzexpertinnen und Finanzexperten von heute suchen: exzellente Karrieremöglichkeiten, ideale Chancen zur Selbstverwirklichung und herausragende persönliche Ausund Weiterbildungsangebote. All das bietet die selbstständige Tätigkeit bei der Deutschen Vermögensberatung (DVAG). Der Job als Finanzcoach ist eine lohnenswerte Alternative zur klassischen Festanstellung im Finanzbereich. Die Vermögensberaterinnen und Vermögensberater profitieren bei der DVAG von zahlreichen Vorteilen wie freier Zeiteinteilung sowie transparenter und fairer Bezahlung nach klar definierten Leistungskriterien. Und das kommt an: Mit über 18.000 hauptberuflichen Vermögensberaterinnen und Vermögensberatern ist das inhabergeführte Familienunternehmen Deutschlands größte eigenständige Allfinanzberatung. Regelmäßig wird die Deutsche Vermögensberatung für ihre herausragenden Karrieremöglichkeiten sowie die hohe Beratungsqualität ausgezeichnet.
Die Beratung im Fokus
Und damit sich die Vermögensberaterinnen und Vermögensberater ganz auf ihre Kundinnen und Kunden in der Beratung konzentrieren können, bietet ihnen das Unternehmen eine – in der Branche einmalige – Bandbreite an Unterstützung. So können sie beispielsweise im Hinblick auf einen State-of-the-Art-ITSupport, eine umfangreiche Marketinghilfe oder eine administrative Entlastung ganz auf die DVAG bauen. Zudem fördert die Deutsche Vermögensberatung in zahlreichen Formaten den persönlichen und praxisnahen Austausch der Finanzcoaches untereinander. Mit großem Erfolg: Entgegen dem negativen Markttrend verzeichnet das Unternehmen seit Jahren ein dauerhaftes und vor allem nachhaltiges Wachstum. Die von Assekurata bestätigte Fluktuationsquote bei den hauptberuflichen
Vermögensberatern für die Jahre 2017-2020 liegt bei 3,54 % und damit deutlich unter der Quote für die Branche „Finanzund Versicherungsdienstleistungen“ von 14,9 % aus dem Jahr 2020.
Ein Beruf, viele Karriereoptionen
Die geringe Fluktuation ist zusätzlich einem weiteren Aspekt geschuldet: dem besonderen Geschäftsmodell. Dessen Herzstück ist die auf gegenseitiger Wertschätzung und Anerkennung basierende Unternehmenskultur. Als zentraler Erfolgsfaktor ist sie ein gewichtiges Argument für die Entscheidung, sich als Vermögensberaterin oder Vermögensberater mit der DVAG selbstständig zu machen. Wer das vorhat, der kann auf vielen Wegen durchstarten. Fundament der erfolgreichen Karriere ist dabei immer eine hochwertige Aus- und Weiterbildung, in die das Unternehmen jährlich über 80 Mio. Euro investiert. Damit nimmt es eine Vorreiterrolle in der Branche ein. Dazu bietet die Deutsche Vermögensberatung herausragende Weiterentwicklungsperspektiven an: fachlich, aber auch persönlich. Das ist unerlässlich, um Kunden noch individueller beraten zu können oder als Führungskraft selbst eigene Mitarbeiter auszubilden und zu fördern.
Mehr unter: www.dvag-karriere.de
Über die Deutsche Vermögensberatung Gruppe
Rund acht Millionen Kunden setzen bei den Themen Absicherung, Altersvorsorge und Vermögensaufbau auf die Kompetenz und Erfahrung der Vermögensberaterinnen und Vermögensberater der Deutschen Vermögensberatung Unternehmensgruppe. Als Finanzcoaches helfen diese ihren Kunden, das Beste aus ihren Finanzen zu machen. Getreu dem Leitsatz „Früher an Später denken“ bieten sie in mehr als 5.200 Direktionen und Geschäftsstellen seit über 47 Jahren eine branchenübergreifende Allfinanzberatung. Das Familienunternehmen ist Deutschlands größte eigenständige Allfinanzberatung.
finanzwelt 04 | 2023
29 ADVERTORIAL ANZEIGE Foto: © DVAG
Selbstständigkeit: die optimale Alternative zur Festanstellung
Konrad Schmidt steigt mit sofortiger Wirkung aus der bbg aus
Sportökonom Konrad Schmidt scheidet mit dem heutigen Tag (10.07.) aus der Geschäftsführung aus. Er sollte erst Ende 2023 sein Mandat niederlegen, doch zog er diese Entscheidung jetzt vor. Die alleinige Geschäftsführung übernimmt Dr. Christian Durchholz.
Konrad Schmidt / Foto: © bbg
Es kommt doch nicht auf die Größe an
Die Ergebnisse des 15. AfW-Vermittlerbarometers, für das 1.305 Vermittler befragt wurden, zeigt: Für 91,8 % sind Tools ein Entscheidungskriterium für die Zusammenarbeit. Es folgt das Produktportfolio mit 91,2 % , Service & Beratung mit 88,4 % und Digitalisierung mit 85,5 %.
DAX feiert Geburtstag
Der deutsche Aktienindex DAX feierte Anfang Juli seinen 35. Geburtstag. Aktuell umfasst das 1988 vorgestellte Börsenbarometer 40 Titel und schwankt um die 16.000 Zähler. Anleger haben mit einem entsprechenden Investment die Jahre über tendenziell gut performt.
Die Bestandszahlen in der bAV steigen auch im Bereich der Direktversicherung. Das bAV-Rating der IVFP bietet auch dieses Jahr einen klaren Blick auf die Branche. Die Zahlen der Tarife klettern Stück für Stück nach oben. Besonders in Zeiten schwindender Unabhängigkeit eine Herausforderung.
Auch die Gen Z shoppt gerne lokal
Eine Umfrage von Civey und American Express zeigt: Knapp 92 % der Befragten stimmen zu, dass kleine, lokale Betriebe wie z. B. Kioske, Boutiquen oder das Lieblingsrestaurant „um die Ecke“ Innenstädte lebenswert machen.
Mietwohnungsmarkt bleibt unbeeindruckt
Der Mietwohnungsmarkt bleibt unbeeindruckt teuer: Mit einem Plus von 0,9 % steigen die Mieten wieder etwas stärker als im Vorquartal. Das Ende des Preisverfalls sei allerdings in Sicht, und man sehe auf Monatsebene sogar bereits erste positive Preissignale, so Sebastian Hein, Leiter von Value Marktdaten.
Michael Weniger verlässt PROJECT Gruppe
Michael Weniger hat die PROJECT Gruppe zum 30. Juni verlassen. Der Co-Vorstandsvorsitzende und der Aufsichtsrat haben entschieden, die Zusammenarbeit über 2023 nicht mehr weiterzuführen.
Michael Weniger / Foto: © PROJECT
BRANCHENNEWS finanzwelt 04 | 2023 30
„Hier können wir gut unterstützen –unabhängig, kompetent und transparent“
Fallstrick beim Share Deal
Wieso Unternehmerlohn und Gewinn nicht dasselbe sind
Sie wollen Ihr Maklerunternehmen verkaufen? Die Gründe dafür sind nachvollziehbar. Der Name Ihres Unternehmens ist bestens bekannt und hat einen guten Ruf. Dann sind da noch zwei oder drei Angestellte, die Sie nicht „auf die Straße setzen“ wollen. Und schließlich haben Sie ja die letzten Jahre ganz prima von den Erlösen gelebt. Sie fragen sich: Warum sollte sich da kein Käufer finden, der einen guten Preis zahlt?
Die Antwort: Weil Sie den Unternehmerlohn nicht berücksichtigt haben. Kaum zu glauben, aber wahr. Jedes Jahr stolpern nicht wenige Maklerunternehmen bei ihren Verkaufsabsichten über diese Falle. Sie haben den Unternehmerlohn in der Präsentation ihrer betriebswirtschaftlichen Zahlen nicht ausgewiesen. Wie kann das sein? Es liegt an einer Verwechslung von Unternehmerlohn und Gewinn. Viele denken, das sei dasselbe. Doch es ist ein großer Unterschied.
Unternehmerlohn ist nicht Bestandteil des Gewinns
Er ist Bestandteil der Kosten. Zumindest ein Teil davon. Schließlich macht sich die Maklerarbeit nicht von selbst. Machen Sie es nicht mehr, muss es ein anderer tun. Bei der Unternehmensbewertung wird daher Ihre Arbeit als Inhaber so bewertet, als würde sie ein anderer im Unternehmen machen. Jemand, der Ihre Geschäfte führt. Der Unternehmensgewinn entsteht erst dann, wenn alle Kosten vom Umsatz abgezogen sind – also alle Löhne, Mietzahlungen, Büro- und Reisekosten, Softwarelizenzen usw.
Das ist die betriebswirtschaftlich korrekte Vorgehensweise, wie sie bei der sogenannten „Due Diligence“, also der Ermittlung des Unternehmenswertes, angewandt wird. In der Praxis gibt es dann vor allem für kleinere Unternehmen ein böses Erwachen. Denn beim anzusetzenden Unternehmerlohn handelt es sich nicht um Peanuts. Für einen Angestellten mit der Qualifikation und den Aufgaben des Inhabers müssen Sie locker rund 100.000 Euro Gehalt ansetzen. Makler, die weniger als 200.000 Euro Umsatzerlöse haben, weisen dann kaum mehr Gewinn aus.
Beim Unternehmensverkauf geht es aber vor allem um den Unternehmensgewinn als Kennzahl. Beim „Share Deal“, bei dem das ganze Unternehmen vom Käufer erworben wird, wird in der Regel ein Faktor auf das EBITDA gezahlt. Nicht nur bei Maklern, in vielen anderen Branchen ist das ebenso. Der Unternehmerlohn bleibt außen vor – er ist, wie gesagt, auf der Kostenseite verbucht. Dabei hängt es maßgeblich davon ab, wer der Nachfolger ist. Schließt sich der Makler einer Unternehmensgruppe an, bestehen bereits solche Managementstrukturen und der Unternehmerlohn wird nicht zu 100 % in der Berechnung belastet und der Kaufpreis steigt dadurch enorm.
Das Fazit: Kleinere Maklerunternehmen – und dazu zählen wohl alle Ein-Mann- und Ein-Frau-Unternehmen – sind schlecht beraten, wenn sie ihr Unternehmen ohne gute Prüfung verkaufen wollen. Der Share Deal bringt ihnen nicht den gehofften Erlös. Aber es gibt Lösungen. Suchen Sie den richtigen Nachfolger mit Erfahrung, gutem Netzwerk, Management und ausreichend Kapital. Dieser kann ein wesentlich lukratives Angebot aufgrund der vorhandenen Struktur bieten. Eine weitere Alternative wäre, statt einem Share Deal einen „Asset Deal“ zu machen, also den Bestand zu verkaufen. Bei ihm wird nicht das Unternehmen, sondern der Bestand bewertet – maßgeblich sind hier vor allem die Courtageerlöse.
Konkret heißt das für den Makler: Er sollte den richtigen Nachfolger finden oder einen Verkauf des Versicherungsbestandes anstreben und anschließend das Unternehmen auflösen. Für beide Fälle ist jedoch eine steuerliche Betrachtung vorab unabdingbar, um endgültig entscheiden zu können, welcher Weg für den Makler der beste ist.
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Trend: stagnierende Preise für Eigentumswohnungen und steigende Mieten
Nachdem Ende letzten Jahres in beinahe allen von PROJECT Research untersuchten Metropolen die Verkaufspreise für Neubau-Eigentumswohnungen stagnierten, setzt sich dieser Trend auch in diesem Jahr fort. Die Mietpreise steigen größtenteils weiter an.
Verdoppelung der Prämien in der Wohngebäudeversicherung durch Klimaschäden
Jörg Asmussen, Hauptgeschäftsführer des Gesamtverbandes der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV), warnt: Wenn Prävention und Klimafolgenanpassung nicht konsequent umgesetzt werden, könnte es in Deutschland allein infolge der Klimaschäden innerhalb der nächsten zehn Jahre zu einer Verdopplung der Prämien für Wohngebäudeversicherungen kommen.
Digitalisierung des Schadenmanagements
Auch im Schadensmanagement hält die Automatisierung der Prozesse Einzug. Vom 14.09. bis 15.09. organisieren die Versicherungsforen Leipzig eine Plattform zum Austausch über die Zukunft der Kernprozesse in diesem Feld.
JDC-Tochter BBWV erweitert Geschäftsführung
Petra Walter ist seit Juni 2023 weitere Geschäftsführerin der BB Wertpapier-Verwaltungsgesellschaft mbH. Sie verfügt über eine 25-jährige Berufserfahrung im Asset Management und im Bereich Finanzdienstleistungen.
Digitaler Euro ante portas
Die EU-Kommission und die Europäische Zentralbank (EZB) haben am 28. Juni einen Gesetzesentwurf zur Einführung des digitalen Euro vorgestellt. Die virtuelle Gemeinschaftswährung soll in den bisher 20 Euro-Ländern ein legales Zahlungsmittel werden.
Eine Win-Win-Situation für beide Seiten
Der Lübecker Infrastrukturdienstleister blau direkt und die Hamburger PHÖNIX MAXPOOL kooperieren. Die Kooperation ist langfristig ausgerichtet und soll durch enge Zusammenarbeit und die Bündelung gemeinsamer Kräfte dazu beitragen, das Wachstum beider Unternehmen weiter auszubauen.
Veränderte Anforderungen für Vermittler
Die Allianz Lebensversicherung stellt den Maklervertrieb deutschlandweit neu auf. Die Makler werden ihren Anforderungen entsprechend in Segmente zusammengefasst und konzentrieren ihre Fähigkeiten nur auf dieses Segment.
Europaweite Razzia bei Adler
Im Rahmen einer europaweiten Razzia wurden am 28. Juni die Räumlichkeiten des angeschlagenen Immobilienkonzerns Adler, bzw. seiner Tochterfirma Consus Real Estate, durchsucht. Das BKA durchsuchte Wohnungen, Geschäftsräume sowie eine Rechtsanwaltskanzlei.
BRANCHENNEWS finanzwelt 04 | 2023 32
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Dietmar Schöne, Vertriebsdirektor bei der R+V Versicherung, braucht im finanzwelt-Interview keine Glaskugel, um auf die bevorstehenden Herausforderungen der Branche zu schauen. Hier sein Ausblick für den Maklermarkt, Regulatorik und Positionierung der R+V Versicherung.
finanzwelt: Herr Schöne, wir haben außen- und innenpolitische Faktoren, höhere Zinsen, Inflation, Energiewende, Wetterextreme und einen leichten wirtschaftlichen Abschwung. Versicherer haben zwar auch keine Glaskugel, aber sie haben etwas viel Besseres: Aktuare. Die wissen nicht nur, was mit welcher Wahrscheinlichkeit wann passiert, sondern kennen auch die Kosten. Was blüht uns in den nächsten Jahren?
Dietmar Schöne» Für manche Entwicklung in der Zukunft braucht man schon die Glaskugel. Nehmen wir zum Beispiel den China- und Taiwan-Konflikt, da werden auch unsere Aktuare keine Berechnung machen können und wollen. Es gibt andererseits natürlich viele Dinge, die für uns sehr wohl berechenbar sind. So wissen wir, dass Wetterextreme in Frequenz und Höhe zunehmen. Daraus leiten wir Schadensbedarfe ab und auch die Prämien. Was dann allerdings Aufgabe von uns als Branche ist, ist die Sensibilität in der Bevölkerung zu wecken. Wenn der GDV veröffentlicht, dass die Abdeckungsquote bei Elementarschäden immer noch um die 50 % ist, dann sieht man, wie hoch der Bedarf noch ist. Da müssen wir unserem Beratungsauftrag gerecht werden. Bei der R+V machen wir das bereits seit Jahren und haben eine Abdeckungsquote von 70 %, im Neugeschäft sogar fast 80 %.
finanzwelt: Was lässt sich noch gut berechnen?
Schöne» Die Inflation lässt sich auch recht gut berechnen. Die Teuerung kommt allerdings unterschiedlich an. Was wir im Supermarkt erleben oder an der Tankstelle, ist in der Summe manchmal anders als bei dem Versicherer: Autoteile
haben rund den Faktor 2, das heißt, wenn wir 7 % Inflation haben, dann sind die Autoersatzteile um 15 % teurer geworden. Daraus leiten wir letztendlich Schadensbedarfe ab. Die Altersversorgung ist aufgrund der Demografie sehr gut berechenbar, aber die Erkenntnisse daraus führen nur bedingt zum Handeln. Und dann sind wir wieder bei dem Beratungsbedarf für die Branche. Wir müssen einfach die Bevölkerung abholen und diese Themen dann auch stärker nach außen tragen. Also nicht nur berechnen, auch handeln!
finanzwelt: Womit selbst Aktuare ihre Schwierigkeiten haben, ist irrationales Handeln abzubilden. Der Angriffskrieg Russlands war kaum im Vorfeld zu berechnen. Dieser Krieg schadet doch letzten Endes allen. Da rechnet man in China vielleicht etwas mehr über etwaige Konsequenzen, vor allem in der Halbleiterproduktion … Aber zu all den weltpolitischen Faktoren kommen ja noch die branchenspezifischen Variablen hinzu: EU-Richtlinien, wie drohendes Provisionsverbot oder auch die Vorteile und Nachteile der Digitalisierung, wie schlankere Prozesse, aber höhere IT-Kosten. Wie ordnet sich die R+V in so einem durchwachsenen Marktumfeld ein?
Schöne» Es gibt so ein paar Dinge, die muss man nicht diskutieren, die Regulatorik macht ja niemandem richtig viel Spaß, ist aber gesetzt. Da kann sich die R+V oder sonst wer aus der Branche nicht entziehen, insofern sind wir in der Bringschuld, diese Themen auch umzusetzen. Digitalisierung ist natürlich auch für uns ein Thema. Das generiert einerseits Prozess- und Kostenvorteile und ist im Maklermarkt extrem wichtig, um die Prozesse auf ein modernes, zukunftsfähiges Niveau zu bringen. Das heißt aber auch, dass man investieren muss. Unser IT-Budget steigt ständig, die Investitionen, die in der Branche getätigt werden, sind sehr groß. Sprich: Wir haben einerseits Prozess- und Kostenvorteile, aber die bekommt man natürlich nicht geschenkt, die müssen gekauft werden. Beim Provisionsverbot denkt man, der Geist
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» Für manche Entwicklung in der Zukunft braucht man schon die Glaskugel. «
ist wieder in der Flasche, aber irgendwie kommt er dann doch wieder raus, in der einen oder anderen Form. Ich persönlich sehe das sehr kritisch, weil wir in der Breite für die Versorgung der Bevölkerung und die Betreuung der Bestände ein System wie die Provision beziehungsweise Courtage brauchen. Ich kann mir nicht vorstellen, dass eine Privatperson bereit ist, ein Honorar für eine Beratung zu bezahlen, im Zweifel verzichtet sie ganz auf den Versicherungsschutz. Im Industrie- und Gewerbegeschäft sind Honorarverträge weit verbreitet und üblich, da ist es eigentlich nicht das Thema. Aber für eine flächendeckende Versorgung der Bevölkerung müssen wir den Geist in der Flasche behalten.
finanzwelt: Das sehe ich auch so, eine Frage der Vernunft. Provisionsverbot ist vermutlich eine Idee von Leuten, die sich das leisten können. Aber sprechen wir mal über Vertriebswege: Die R+V hat drei sehr starke Vertriebswege, aber unser Herz in der finanzwelt-Redaktion schlägt ja vor allem für die Makler. Ich bleibe beim schlagenden Makler-Herzen. Ist Ihre Vertriebsstrategie eine Operation am offenen Herzen oder ist mit dem Makler-Herz alles in Ordnung und wir brauchen gar keine OP oder Bypass?
Schöne» Die verschiedenen Vertriebswege für die R+V sind ja sehr wichtig, damit erreichen wir unterschiedliche Zielgruppen, können dadurch unterschiedliche Geschäftsfelder entwickeln, insofern ist es gut, dass wir so breit aufgestellt sind. Der Maklervertrieb entwickelt sich im Marktvergleich und auch generell sehr gut. Sowohl Wachstum als auch Kos-
ten als auch Ertrag stimmen. Es ist also ein gesundes Herz, das man allerdings auch immer weiter trainieren muss, weil der Markt eine Herausforderung ist. Und dieser Herausforderung stellen wir uns gerne, und das hält das Herz auch gesund. Im Personenmaklervertrieb sind wir gerade dabei, uns neu aufzustellen. Da sehen wir durchaus Wachstumschancen, da sind wir noch nicht so stark wie im Kompositbereich. Das werden wir in Zukunft durch die Neuaufstellung, glaube ich, ein Stück weit aufholen und uns stärker im Markt bewegen.
finanzwelt: Nun ist das ja die Seite der Versicherer, wechseln wir mal die Brille und sehen es aus der Maklersicht. Die gleichen Herausforderungen hat der Makler ja auch: Ist dem Makler eigentlich klar, welche Herausforderungen noch auf ihn zukommen? Oder rettet er sich jetzt einfach in die Maklerrente und lässt andere machen?
Schöne» Die Makler haben tatsächlich ähnliche Herausforderungen, beispielsweise das Thema Fachkräftemangel. Bei vielen Maklern stellt sich außerdem noch die Frage nach einem Nachfolger, ist jemand da, der den Betrieb weiterführen kann oder nicht. Das führt auch zu einer gewissen Konsolidierungswelle, die wir im Moment erleben. Letztendlich trifft das Thema Digitalisierung, das wir bereits angesprochen haben, den Makler genauso. Und eine gewisse Investitionsbereitschaft muss auch vorhanden sein. Wenn ich dem Makler also die Steckdose baue, dann muss der er immer noch in das Kabel investieren. Ohne den Anschluss hilft
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die Digitalisierung nicht und insofern sind das auch Herausforderungen, die die Makler stemmen müssen. Daraus resultieren letztendlich Kostenthemen. Und das Thema Regulatorik trifft die Makler genauso wie uns. Im Markt gibt es den einen oder anderen, der sagt, ich ziehe mich zurück. Aber wir haben auch eine hohe Dynamik: Wir haben viele Jungmakler, wir haben eine starke Spezialisierung, die Einheiten werden größer. Und insofern reagiert der Maklermarkt auf die Herausforderung, glaube ich, schon sehr dynamisch und zukunftsweisend.
finanzwelt: Nun haben Sie gerade ausgeführt, dass bei Ihnen die Zahlen stimmen. Das wird natürlich auch seinen Grund haben, und ein Grund wird darin liegen, dass Sie den Makler da auch sehr stark unterstützen. Es ist ja bekannt, dass Sie da verschiedene Konzepte haben. Vielleicht können Sie noch mal ausführen, welche Mehrwerte und Unterstützung Sie ihren Maklerpartner anbieten?
Schöne» Ich glaube, das beste und wichtigste Asset ist unsere Außendienstmannschaft, also unsere Maklerbetreuer und Maklerreferenten. Die sind top ausgebildet. Alle machen die Ausbildung zum DVA-zertifizierten Maklerbetreuer. Darüber hinaus ist ein großer Teil des Teams ausgebildet zum TÜVzertifizierten Maklercoach. Unsere Zielsetzung ist einfach, dass die Außendienstmannschaft auf Augenhöhe mit dem Makler sprechen kann – und das nicht nur im Sinne von Produkten und Lösungen für die Kunden, sondern auch über Prozesse und über Digitalisierung. Dann haben wir natürlich eine Vielzahl von Initiativen im Hinblick auf Prozesse, unsere BiPRO-Aktivitäten, unser Maklerportal – alles Themen, die wir permanent weiterentwickeln. Aber wir machen auch eine Vielzahl von Schulungen und bieten Informationen und Weiterbildungen an. Das ist sehr breit gefächert und wird auch extrem gut genutzt. Wir hatten 15.000 Teilnehmerstunden im Jahre 2022 an Online-Seminaren. Seit neuestem bieten wir für die Marketingaktivitäten in Social Media über Digidor dem Makler auch zugeschnittene Kampagnen an. Die kann er dann nutzen, natürlich auch als White Label. Darüber hinaus unterstützen wir die Makler auch durch sehr viele externe Referenten. Aktuell ist beispielsweise die Frage: Wie positioniert man sich in Social Media? Dafür holen wir auch Spezialisten vom Markt, die unseren Maklern diese Themen vermitteln können.
finanzwelt: Das ist natürlich etwas, was dem Makler gut gefällt: Es geht direkt um konkreten Umsatz. Da hat man ja auch einen direkten Impact, denn dass die Social-Media-Kampagnen funktionieren, sieht man überall. Alles fängt natürlich mit der richtigen Positionierung an. Die
Positionierung des Maklers, die muss man erst finden, die ist aber schnell gefunden. Die Positionierung eines großen Konzerns stelle ich mir etwas schwieriger vor, aber was ich mir denn etwas weniger schwierig vorstelle, ist, wenn es denn erst mal da ist, dass es doch sehr stabil daher geht, oder?
Schöne» Jeder Konzern verfolgt seine eigene Strategie, die R+V ist ein Vollsortimenter und mit allen Produkten und Zielgruppen im Markt unterwegs. Das bringt natürlich eine gewisse Komplexität mit sich. Aber es gibt uns auch die Breite und damit den Ausgleich im Konzern. Das funktioniert seit vielen Jahren sehr gut – sowohl im Hinblick auf den Ertrag als auch auf das Wachstum. Also insofern ein stabiles Unternehmen, das in der Breite im Markt auftritt.
finanzwelt: Wir haben mit Fragen nach der Zukunft angefangen und enden auch damit: Wie sieht die Zukunft der R+V in den nächsten fünf Jahren aus? Werden wir Überraschungen erleben oder bleibt bei einem so großen Versicherer alles beim Alten? Oder müssen wir uns auf ein „alles neu“ einstellen?
Schöne» In der Wahrnehmung im Markt wird sich vermutlich in den nächsten fünf Jahren nicht viel ändern. Aber natürlich befindet sich ein Konzern wie die R+V permanent im Wandel – wir haben die IT auf agile Strukturen umgestellt, die Technologie entwickelt sich immer weiter und neue Arbeitsplatzkonzepte wurden eingeführt. Das heißt, auch wenn die R+V im Markt als stabil, vielleicht auch als etwas langweilig wahrgenommen wird, ist der interne Umbruch enorm. Darüber könnte man eine Stunde lang referieren. Aber nach außen bleiben wir natürlich ein stabiler und verlässlicher Partner. Unsere Zeichnungspolitik und unsere Zusammenarbeitsmodelle mit unseren Vertriebspartnern sollen beständig und verlässlich sein. Insofern hoffe ich, dass wir auch so wahrgenommen werden.
finanzwelt: Ich sehe das genauso wie Sie. Ich finde, in Sachen Versicherung nichts besser als „langweilig“. Sie haben es ja gerade ausgeführt, hinter den Kulissen ist es alles andere als langweilig, aber man kann dann besser schlafen.
Schöne» Man darf ja nicht vergessen, viele Kunden vertrauen uns ihre Altersversorgung oder Absicherung der Gesundheit über einen Lebenszyklus an, und wenn da Verträge manchmal über 40, 50 Jahre laufen, dann sollte die Kunden und Vertriebspartner auf eine große Stabilität vertrauen können.
finanzwelt: Sie haben da absolut Recht, Herr Schöne. Vielen Dank für die sehr offenen Worte aus Ihrem Hause. (fw)
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» ... auch wenn die R+V im Markt als stabil, vielleicht auch als etwas langweilig wahrgenommen wird, ist der interne Umbruch enorm. «
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MAKLER MEHRWERT
Zukunftssicher aufgestellt mit dem Konzept der offenen Deckung
Die R+V Versicherung gehört zu den großen deutschen Versicherern. Bei den Vermögensschaden-Haftpflichtversicherungen (VH) ist sie eine der wenigen Risikoträger, die ihre Partner bereits seit Jahrzehnten mit vielfältigen Lösungen versorgt. Im Interview mit finanzwelt gibt Andreas Pilz, Mitarbeiter für Grundsatzfragen VH der R+V Versicherung, Einblicke in diesen speziellen Versicherungsbereich.
finanzwelt: Bei Vermögensschaden-Haftpflicht denken viele an die pflichtversicherten Berufsgruppen der Rechtsanwälte, Steuerberater usw. Für welche anderen Kundenzielgruppen kommt sie auch infrage?
Andreas Pilz» Die Vermögensschaden-Haftpflichtversicherung schützt Freiberufler und Gewerbetreibende vor den finanziellen Folgen aus einem Berufsversehen. Für die angesprochenen Berufsgruppen wie Rechtsanwälte, Notare, Steuerberater und Wirtschaftsprüfer besteht eine gesetzlich geregelte Versicherungspflicht. Für sie bieten wir zahlreiche Spezialkonzepte an. Darüber hinaus gibt es noch viele weitere Berufsgruppen, die bei Ausübung ihrer Tätigkeit einem hohen Vermögensschadenrisiko ausgesetzt sind. Für sie sieht der Gesetzgeber aber noch keine gesetzliche Versicherungspflicht vor. Zu dieser Berufsgruppe gehören Unternehmensberater, Werbeagenturen, Sachverständige oder auch freiberufliche Buchführungshelfer. Aber auch Energieberater, die bedingt durch die Energiewende zurzeit sehr gefragt sind, zählen dazu. Für die vielfältige und stetig wachsende Berufsgruppe der Nichtpflichtversicherten haben wir am Markt etablierte Deckungskonzepte. Wir bieten alleine im Universalgeschäft Deckungskonzepte für mehr als 80 verschiedene Berufe ohne gesetzliche Versicherungspflicht an.
finanzwelt: Für Berufsgruppen wie Unternehmensberater, Sachverständige oder Insolvenzverwalter besteht noch keine gesetzliche Versicherungspflicht. Gleichwohl merkten Sie an, dass bei Ausübung dieser Tätigkeiten hohe Vermögensschäden drohen. Denken Sie, dass es ein Umdenken beim Gesetzgeber geben wird?
Pilz» Das lässt sich so pauschal nicht sagen. Versicherer und Makler müssen entsprechende Gesetzesvorhaben allerdings jederzeit im Blick haben. Nach den Wohnimmobilienverwaltern 2018 gilt nun auch seit dem 1. Januar 2023 eine
gesetzliche Versicherungspflicht für berufliche Betreuer. Daher haben wir bereits 2022 unser Deckungskonzept unter Berücksichtigung der gesetzlichen Vorgaben umgestellt. Dabei geht unser Deckungskonzept über den gesetzlichen Mindestumfang hinaus. Generell müssen in der Produktentwicklung bzw. dem Underwriting u. a. politische, rechtliche und technische Entwicklungen und deren Auswirkungen auf die Tätigkeitsfelder der einzelnen Berufsgruppen beobachtet werden.
In diesem Zusammenhang ist das in diesem Jahr in Kraft getretene „Hinweisgeberschutzgesetz“ erwähnenswert. Das Gesetz soll für einen besseren Schutz hinweisgebender Personen (Whistleblower) sowie zur Umsetzung der Richtlinie zum Schutz von Personen, die Verstöße gegen das Unionsrecht melden, sorgen. Für die Meldung von Verstößen sollen interne als auch externe Meldestellen eingerichtet werden. Berufsgruppen aus der Zielgruppe der VermögensschadenHaftpflicht sind betroffen, wenn es um die Einrichtung sowie den Betrieb einer internen Meldestelle geht. Auf derartige Entwicklungen sind unsere Deckungskonzepte vorbereitet. Um zukünftige Trends und damit auch sich verändernde oder neue Risiken bei den einzelnen Berufsbildern rechtzeitig zu erkennen, ist es daher hilfreich, gut vernetzt und in entsprechenden GDV-Gremien vertreten zu sein.
finanzwelt: Sie bieten bereits im Universalgeschäft Deckungskonzepte für mehr als 80 verschiedene Berufe an, die keiner Versicherungspflicht unterliegen. Wie werden Sie den jeweiligen Deckungskonzepten bei der Vielzahl der Berufe und den Besonderheiten der einzelnen Berufe gerecht?
Pilz» Sich verändernde Berufsbilder stellten für die Erstellung von zeitgemäßen Versicherungsbedingungen lange Zeit eine Herausforderung dar. Wir haben diese Problematik gelöst, indem wir unseren Bedingungen das Konzept der offenen Deckung zugrunde gelegt haben. Für die Beantragung nennt uns der Kunde lediglich seine Berufsbezeichnung. Vereinfacht gesagt: Versichert sind dann alle Tätigkeiten des Kunden, die typischerweise mit seinem Beruf zu tun haben. Es gibt allerdings auch Ausschlüsse – zur Abgrenzung des Leistungsversprechens. Durch das Konzept der offenen Deckung erhält der Kunde einen zukunftssiche-
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» Wir bieten alleine im Universalgeschäft Deckungskonzepte für mehr als 80 verschiedene Berufe ohne gesetzliche Versicherungspflicht an. «
ren Versicherungsschutz, der haftungsarm für Vermittler ist. Ändert ein Kunde seine Tätigkeit komplett, unterstützt die integrierte Vorsorgeversicherung ihn bei der Aufnahme der neuen Tätigkeit. Mit der offenen Deckung und der integrierten Vorsorgeversicherung begleiten wir unsere Kunden bei ihrer Transformation und lassen sie nicht starr im Status quo verharren.
finanzwelt: Wie unterstützen Sie Ihre Partner noch in der Risikoanalyse und Angebotsfindung für deren Kunden?
Pilz» Mit unserer langjährigen Expertise unterstützen wir Makler und andere freie Vermittler rund um unsere Vermögensschaden-Haftpflichtprodukte. Wir holen unsere Partner da ab, wo sie stehen. Manche sind bereits Experten, andere finden Fachunterstützung bei unseren Maklerbetreuern und Direktionsbevollmächtigten oder im Maklerportal, um ihre Kunden bedarfsgerecht zu beraten. Lösungen bieten wir vom Universalgeschäft bis zum Exotenrisiko an. Wich-
tig sind uns dabei Gespräche auf Augenhöhe. Kommt ein Abschluss einmal nicht zustande, so ist ein zukünftiger nicht ausgeschlossen.
finanzwelt: Was erwartet Ihre Partner an Fachinformationen im Maklerportal noch? Gibt es Weiterbildungsmöglichkeiten?
Pilz» Im Maklerportal finden sich neben Fachinformationen, Vertriebsunterstützung und Antragsunterlagen auch individuelle Online-Seminare sowie Webinar-Angebote. Unser Newsletter sorgt für aktuelle Nachrichten nach Anmeldung im Maklerportal. Last but not least helfen unsere Maklerbetreuer und die Direktionsbevollmächtigten stets mit Fachinformationen zu den Sparten weiter. Ein Blick ins Maklerportal lohnt sich also. (fw)
Mehr Informationen zum Thema VermögensschadenHaftpflicht finden Sie unter: makler.ruv.de/vsh
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Vielseitig und einfach: Barmenias neue Tarifwelt für Beamte
Mit der neuen Tariflinie „Genau-Für-Sie“ wird die Absicherung von Beamten für Makler zukünftig ganz einfach. Denn dort, wo die Beihilfe aufhört, bietet die Barmenia eine Basisabsicherung samt passender Ergänzung – und das begleitend durch ein ganzes Leben.
In Deutschland stehen zurzeit mehr als 45 Millionen Erwerbstätige im Berufsleben. Davon entfallen rund 1,8 Millionen Menschen auf die Berufsgruppe der Beamten (Quelle: Statistisches Bundesamt). Diese Zahl wird sich –aufgrund der aktuellen Altersstruktur – mittelfristig deutlich erhöhen. In der Zielgruppe der Personen mit Beihilfeanspruch steckt somit ein erhebliches Potenzial. Beamte zu versichern ist vielseitig. Die vielversprechende neue Tarifwelt der Barmenia macht es nun noch einfacher, die anspruchsvolle Zielgruppe abzuholen, zu versichern und individuell zu begleiten.
Beamtenanwärter sowie Beamte sind sehr unterschiedlich, und deshalb versichert die Barmenia sie ab sofort auch so. Die neue Tarifwelt „Genau-Für-Sie“ berücksichtigt mit ihren Produkten die verschiedenen Beihilfeverordnungen der Länder sowie des Bundes und ermöglicht so einen umfangreichen Versicherungsschutz im Krankheitsfall. Und das über die gesamte Beamtenlaufbahn hinweg. So gehören „Beilhilfe-Bauchschmerzen“ bei der Beratung eher der Vergangenheit an!
In Deutschland ist eine vollständige Krankenversicherung verpflichtend. Da die Beihilfe Kosten von Beamtinnen und Beamten nur teilweise übernimmt, müssen Kundinnen und Kunden darüber aufgeklärt werden, dass sie zusätzlich zur Beihilfe eine Krankenversicherung vereinbaren müssen. Das gilt auch für Versicherte, die Heilfürsorge beziehen, denn sie wechseln in der Pension automatisch in die Beihilfe. Hier kommen die neuen Barmenia Genau-Für-Sie Produkte ins
Spiel: Sie ergänzen den Schutz der individuellen Beihilfe. Der Versicherungsschutz lässt sich einfach über die gesamte Laufbahn mit optionalen Leistungen an die sich verändernden Bedürfnisse anpassen.
Top-Leistungen, die sich sehen lassen können
Kundinnen und Kunden starten mit der Genau-Für-Sie Krankenversicherung – einer Art Basisabsicherung. Sie ergänzt die Beihilfe und sichert alle wichtigen Bereiche ab, und zwar in der Höhe der versicherten Prozentstufe: ambulant, Zahnbehandlung und Zahnersatz, Psychotherapie, HeilpraktikerBehandlungen, ambulante Vorsorgeuntersuchungen sowie allgemeine Krankenhausleistungen. Die Absicherung bewegt sich über den Höchstsätzen der Gebührenordnung für Ärzte, Zahnärzte und des Gebührenverzeichnisses für Heilpraktiker. Selbstverständlich sind auch ärztlich verordnete Hilfsmittel wie Bandagen, umfangreiche Kurleistungen, 400 Euro Zuschuss zu Sehhilfen und 2.000 Euro pro Ohr für Hörgeräte versichert. Eine Zahnstaffel ermöglicht in den ersten beiden Kalenderjahren max. 5.000 Euro Erstattung, leistet danach aber in Höhe der vereinbarten Prozentstufe unbegrenzt.
Wer es vielseitiger und umfangreicher möchte, kann seine Einstiegsversorgung mit dem Genau-Für-Sie 2-Bett- oder 1-Bett-Baustein, der Genau-Für-Sie Ergänzung sowie der Genau-Für-Sie Ergänzung Plus aufwerten.
Schließlich sorgt eine höhere Beitragsrückerstattung dafür, dass sich „Gesund leben“ für alle Staatsdiener lohnt – und zwar nicht nur, weil es sich so länger leben lässt, sondern auch, weil auf diesem Weg weniger oder keine Leistungen in Anspruch genommen werden. Das belohnt die Barmenia! So erhalten Beamtenanwärterinnen sowie Beamtenanwär-
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ter schon im ersten leistungsfreien Jahr sechs Monatsbeiträge zurück. Beamte und Beamtinnen können sich gestaffelt über bis zu drei Monatsbeiträge freuen.
Aber das ist noch nicht alles … es geht noch viel mehr
Die Barmenia Genau-Für-Sie Krankenversicherung erstattet nicht nur Kosten, sondern bietet darüber hinaus umfangreiche Gesundheitsservices sowie moderne Telemedizin mit der medgate App. Darüber können sich Versicherte per Smartphone rund um die Uhr mit Ärztinnen und Ärzten aus ganz Deutschland in Verbindung setzen. Das stellt eine ärztliche Beratung auf einfachem Weg sicher und ermöglicht darüber hinaus auch, Privatrezepte oder Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen auszustellen.
Partner fürs Leben – die anpassungsfähige PKV
Die Genau-Für-Sie Tarifwelt begleitet Kundinnen und Kunden zuverlässig durch ihr ganzes Leben – ganz egal, ob es sich um berufliche oder private Veränderungen handelt: ein Wechsel in ein anderes Bundesland – kein Problem! Die Genau Für-Sie Beamtenabsicherung passt sich genau daran
an. Selbst um die Familie muss man sich nicht sorgen: Sämtliche Familienmitglieder lassen sich umfänglich absichern. Kinder von Beamten können ab der Geburt ohne Gesundheitsprüfung aufgenommen werden, und das bei niedrigeren Beiträgen.
Die moderne Tarifwelt lässt keine Wünsche offen: Einfach. Menschlich. #MachenWirGern
Mehr erfahren unter: beamte.barmenia.de
Kontakt Barmenia Versicherungen a.G. Katharina Apostolidis Key Account Managerin Tel. 01517 / 451 0238 Katharina.Apostolidis@barmenia.de
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Die Grenzen der großen, weiten Welt des Internets
„Heute bestellt, morgen da!“, „In 120 Minuten bei dir“ oder „Bestellen mit nur einem Klick“: Das Internet ist ein moderner Wunscherfüller. Es gibt praktisch nichts, was das World Wide Web nicht kann, und als Nutzer muss man dafür nicht einmal aus dem Haus! Bei all der Euphorie um den mittlerweile gängigsten der Alltagsgegenstände stellt sich allerdings auch die Frage: Wer haftet im Schadensfall?
Gute Frage. Da wäre natürlich die Privat-Haftpflicht, aber die deckt „nur“ die Gefahren des realen Lebens ab und nicht die des Internets. Dabei lauert dort eine der größten Gefahren. Vor allem, weil man sie nicht kommen sieht. Online-Shopper wissen: Der Verkäufer haftet für die auf seiner Plattform getätigten Angaben nach § 7 Absatz 1 des Telemediengesetzes. Da heute schon längst nicht mehr nur Gegenstände gestohlen werden und Daten das Gold des 21.Jahrhunderts sind, wissen heute schon bereits viele Versicherungen, mit der Zeit zu gehen und entsprechende Policen anzubieten.
Flickenteppich Digitalisierung
Ein Problem stellt der Flickenteppich Digitalisierung in Deutschland dar: Unternehmen sind sich inzwischen der Gefahr bewusst, die Cyber-Kriminalität für ihre Datensätze bedeutet. Wie können sie ihren Kunden den bestmöglichen Service versprechen, ohne dabei digital auf dem neuesten Stand zu sein? Wer sich jemals die Zeit genommen hat, das Kleingedruckte zu lesen, wird um den Satz „Ihre Sicherheit/ Privatsphäre ist uns sehr wichtig“ nicht herumgekommen sein. Entsprechend muss man als Kunde davon ausgehen können, dass ein Unternehmen alles daransetzt, mit sensiblen Daten richtig umzugehen. Wie aktuell das Thema Digitalisierung auch sein mag, Cyber-Kriminalität ist es genauso. Pro Jahr entsteht ein Schaden von 203 Mrd. Euro durch Angriffe auf deutsche Unternehmen (bitkom, 08/2022), 45 % fürchten sogar um ihre Existenz. Der russische Angriffskrieg auf die Ukraine hat die Situation nur noch mehr verdeutlicht. Auf der bitkom-Website wird Präsident Achim Berg dazu zitiert: „Spätestens mit dem russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine und einer hybriden Kriegsführung auch im digi-
talen Raum ist die Bedrohung durch Cyber-Attacken für die Wirtschaft in den Fokus von Unternehmen und Politik gerückt. Die Bedrohungslage ist aber auch unabhängig davon hoch.“ Datendiebstahl, Ransomware, Spionage, Phishing oder das Ausspähen von Login-Informationen, sogenannte SQL-Injection – es geht längst nicht mehr nur um die Datensätze der Kunden. Cyber-Kriminalität ist zu einem Problem im Wettbewerb geworden, von dem ironischerweise alle betroffen sind.
Wer, wenn nicht wir? Versicherungen reagieren
Deutschland, deine Versicherungen: Die Nachfrage ist da, die Auswirkungen durch den Mangel einer Cyber-Versicherung sind katastrophal. Versicherungsunternehmen ist klar, dass sie hier nicht nur Gewinn machen können, sondern auch einen maßgeblichen Beitrag zur Infrastruktur leisten. Die Allianz beispielsweise platziert in ihrem Risk Barometer von 2022 Cybervorfälle mit 44 % ganz nach oben und bietet mit ihrem Angebot Leistungen wie Cyber-Haftpflicht, etwa Schutz im Fall von Vertraulichkeits- und Datenschutzverletzungen, wenn die Ansprüche zu Recht bestehen. Auch wird das Unternehmen im Fall von Cyber-Erpressung unterstützt oder bietet Verfahrensrechtsschutz bei Verbraucheransprüchen. Neben der Allianz haben bereits Versicherer wie R+V, ERGO oder Hiscox eine Cyber-Versicherung in ihr Angebot mit aufgenommen. Die Frage ist also nicht, ob diese Versicherung wirklich sein muss. Die Frage ist, ob man bereit ist, den wesentlich höheren Preis zu zahlen, wenn diese Vorsorge für den Ernstfall nicht getroffen wurde. Seit dem 01. Januar 2021 regelt auch das „Gesetz über den Stabilisierungs- und Restrukturierungsrahmen für Unternehmen“ (StaRUG) das Verhalten für Unternehmen im absoluten Krisenfall – ohne Insolvenzverfahren.
Die unsichtbare Gefahr?
Die Gefahr, Opfer eines Cyber-Angriffs zu werden, mag zwar unsichtbar sein, aber sie wird spürbar. Genau das ist das Problem, denn wenn man die Gefahr nicht kommen sieht, wie kann man sich verteidigen? Und vor allem: Wie soll man
VERSICHERUNGEN | CYBER-HAFTPFLICHT
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sich wappnen? In einem Unternehmen greifen im besten Fall viele, einzelne Vorgänge wie Zahnräder ineinander und sorgen dafür, dass das Uhrwerk funktioniert. Ja, es ist wichtig, sich die reale Problematik vor Augen zu führen. Es ist allerdings noch wichtiger – vor allem als Unternehmen – zu wissen, was in einem solchen Fall zu tun ist. Das kann etwa durch regelmäßige Schulungen gewährleistet werden oder einen offenen Dialog zu diesem Thema: Was sind die Ängste der Mitarbeiter und Kollegen im Fall eines Cyber-Angriffs auf ihren Arbeitsplatz? Wie soll man im Fall der Fälle vorgehen? Das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) hat für Unternehmen eine Checkliste erstellt. Diese und weitere relevante Checklisten zur IT-Sicherheit sind auf der Website des BSI zum Download verfügbar. Der erste Punkt ist selbstverständlich: Bewahren Sie Ruhe und han-
deln Sie nicht übereilt. Schließlich geht es nicht nur um die Reputation einer durch harte Arbeit aufgebauten Existenz. Es geht auch um all die Mitarbeiter, die diese Existenz erhalten. Auch diese Mitarbeiter sind ein Teil von ihr und haben außerdem noch ein Leben, dass sie durch die Arbeit in diesem Unternehmen aufgebaut haben. Der Punkt ist: Es sind Existenzen an den Erfolg, den Erhalt eines Unternehmens geknüpft. Im Ernstfall muss eine Strategie vorhanden sein, schließlich hat man schon in der Schulzeit für einen Feueralarm geprobt, auch wenn es (hoffentlich) nie gebrannt hat. Es geht also darum, die Abläufe abzuspeichern und ruhig zu bleiben, weil man weiß, was zu tun ist. Sollte es durch einen Cyber-Angriff also dazu kommen, dass Existenzängste sich bewahrheiten – in wessen Verantwortung liegt dieser Ernstfall? Wer haftet dafür? (ml)
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Es ist die Aufgabe von uns allen
Wie waren die BiPRO-Tage und was macht der BiPRO-Hub? Die technische Zukunft von Versicherungsvertrieb und -abwicklung findet genau hier und jetzt statt. Was gerade passiert und was passieren wird, klärt Chefredakteur Lenard von Stockhausen im finanzwelt-Interview mit Frank Schrills, Geschäftsführender Präsident des BiPRO e.V.
finanzwelt: Der BiPRO-Tag 2023 in Neuss ist vorbei und ich würde gern Ihre Eindrücke von der Veranstaltung in Erfahrung bringen.
Frank Schrills» Ich bin sehr zufrieden, vor allem mit der gestiegenen Anzahl von etwa 420 Teilnehmern, was immerhin einem Anstieg um 20 % gegenüber dem Vorjahr entspricht. Das war einer der größten BiPRO-Tage und ein voller Erfolg für unseren Verein als Prozessinstitut der Assekuranz und Finanzdienstleister. Das große Interesse der Branche wird noch deutlicher, wenn man bedenkt, dass bei Veranstaltungen anderer Organisationen die Teilnehmerzahlen teilweise rückläufig sind. Obwohl das Netzwerken auf dem BiPRO-Tag oft im Vordergrund steht, kamen in diesem Jahr auch die Themen und Inhalte der Veranstaltung überdurchschnittlich gut an. Besonderes Interesse genossen Slots rund um den BiPRO-Hub, der ausführlich vorgestellt wurde, sogar in einer Live-Demo.
finanzwelt: Die BiPRO-Tage bringen Versicherer, Vermittler, Pools, Vertriebe und ITler zusammen. Was ist aus Sicht der Vermittler, also unserer Leser, besonders relevant? Anbindung und Standards sind sicherlich wichtige Themen, gab es noch andere spannende Diskussionen auf den BiPRO-Tagen? Schrills» Wir hatten neben dem HubThema beispielsweise Beiträge von
interessanten InsurTechs, strategische Vorträge über Dysfunktion und Innovation sowie hochkarätige Redner aus der Branche. Da gibt es immer viel zu lernen. Wir haben uns auch mit spannenden Szenarien rund um den Verein und anderen marktpolitischen, technischen und fachlichen Entwicklungen auseinandergesetzt. Alles von großer Bedeutung für Vermittler! Es gab spannende Präsentationen, zum Beispiel über die Erfahrungen von Aon und die sinnvolle Anwendung von Standards. Wer nicht dabei war, hat wirklich etwas verpasst.
finanzwelt: Die Diskussion um Standards ist ein großes Thema ... Ich habe das Gefühl, dass viele Vermittler Innovationen verpassen, da nicht genug Kommunikation stattfindet. Ist es die Aufgabe von BiPRO, den Versicherern oder den Medien, die Vermittler besser über aktuelle Entwicklungen zu informieren?
Schrills» Das ist eine gute Frage. Zunächst würde ich grundsätzlich sagen, es ist die Verantwortung von uns allen – von allen Akteuren – unsere Branche in Bezug auf Standards voranzubringen. Hier gibt es noch viel Potenzial und Raum für Verbesserungen in der Kommunikation. Und ja, Teile der klassischen Vermittlerschaft – da stimme ich Ihnen zu – drohen den Anschluss an die Automatisierung von Geschäftsprozessen zu verlieren. Pools und Vertriebe haben das Thema Standards, Abwicklung und Digitalisierung dagegen bereits meist besser im Griff. Doch auch jeder Vermittler kann von einem guten System eines Anbieters profitieren und die Technik für sein Geschäft hocheffizient nutzen. Hier besteht definitiv noch Nachholbedarf, um allen bewusst zu machen, welche Möglichkeiten und Dringlichkeiten mit der Anwendung von Standards einhergehen und welche Vor-
teile dies bietet. Alle Akteure sind aufgefordert, allen voran der Vermittler als Unternehmer, sich hier stärker zu engagieren, denn es ist überlebenswichtig, mit der Digitalisierung Schritt zu halten: Auch Versicherer, Innendienstmitarbeiter und Vertriebsmitarbeiter sollten den Vermittler in diesem Thema unterstützen, informieren und vorantreiben. Und natürlich können ebenfalls die Medien, die in der Versicherungslandschaft tätig sind, hierbei als Spiegel der Branche fungieren und entsprechende Impulse durch ihre Berichterstattung setzen. Letztlich war und ist es ein wichtiges Anliegen für die BiPRO, den Vermittler mit Hilfe verschiedener Formate und Veranstaltungen zu informieren, unter anderem auch im Zusammenspiel mit Vermittlerverbänden. Wir sind darüber hinaus auch auf der DKM präsent und organisieren die ‚Düsseldorfer Maklergespräche‘, bei denen der Bedarf der Makler im Vordergrund steht. Unser Fokus liegt darauf, die Makler und nicht nur die Dienstleister anzusprechen, da deren Interessen außerdem nicht unbedingt immer deckungsgleich sind.
finanzwelt: Ja, ich verstehe Ihren Standpunkt ...
Schrills» Nun ja, um nochmal auf die Journalisten zu sprechen zu kommen: Diese sind natürlich keine Techniker, daher gibt es oft Berührungsängste. Dabei geht es doch hier in erster Linie um die Anwendung und den entsprechenden Nutzen und nicht um fachliche oder technische Details. Die interessieren den Vermittler doch eigentlich gar nicht. Zur Ehrenrettung der Medien muss ich allerdings auch sagen: Das Interesse am diesjährigen BiPRO-Tag war noch nie größer. Da gilt es, weiter dranzubleiben, denn – ich habe bereits darauf hingewiesen – es ist die Aufgabe von uns allen, also von allen Akteuren in
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der Branche, die Vermittler über Standards und Innovationen zu informieren und damit zu unterstützen.
finanzwelt: Das führt uns zu den Dienstleistern und dem BiPRO-Hub. Was werden Dienstleister wie „zeitsprung“ tun, wenn der BiPRO-Hub einsatzbereit ist? Wird ihr Geschäftsmodell überflüssig?
Schrills» Das war genau die Frage, die wir uns gestellt haben, als wir beschlossen haben, den BiPRO-Hub einzuführen. Unternehmen wie ‚zeitsprung‘ sind in der Tat betroffen, zumindest partiell. Es wurde sorgfältig überlegt, ob der Verein als Normierungsinstitut ein solches Vorhaben angehen sollte, aber letztendlich haben wir uns dafür entschieden, da sich doch viele Vorteile für viele Akteure bieten. Und wenn man mit den Beteiligten des Hubs spricht, wird deutlich, dass ein solcher zentraler Anbindungspunkt eine logische Konsequenz ist, um in einem so heterogenen Markt wirklich effektiv Prozesspotenziale heben zu können. Wir haben in diesem Zusammenhang intensiv überlegt, was dies für die betroffenen Unternehmen wie z. B. ‚zeitsprung‘ bedeutet, sind jedoch der Meinung, dass auch solche Unternehmen letzten Endes davon profitieren werden. Durch die Anbindung an den BiPRO-Hub entfällt für Partner die Notwendigkeit einer mehrfachen Anbindung an verschiedene Versicherer und umgekehrt. Das spart Zeit sowie Kosten und verbessert die Qualität der Anbindung, wobei der BiPRO-Hub keine Funktionalitäten von MVP-Herstellern, Vergleichern, Pools, Vertrieben etc. bieten wird. Er ist halt ‚nur‘ eine Drehscheibe, aber in seiner Neutralität als Community-Lösung entscheidend für die souveräne Distribution von Daten in unserer Branche – insbesondere aus Sicht des Vermittlers. Dabei ist es eines unserer Ziele, den BiPRO-Standard weiter zu etablieren und zu verbreiten. Die eben angesprochenen Dienstleister verfügen im Übrigen in der Regel über umfangreiche BiPRO-Fähigkeiten, und so werden sich mit dem Hub neue Geschäftsfelder für sie eröffnen. Letztlich also eine WinWin-Win-Situation. (lvs)
Wer genau wissen will, was der BiPRO-Hub ist, was er leistet und welche Vorteile er für Vermittler, Versicherer und Dienstleister bietet, findet das ausführliche Interview unter: www.finanzwelt.de
INFO
Wenn das Haustier Krallen zeigt
VERSICHERUNGEN | TIERHAFTPFLICHTVERSICHERUNG
Haustiere gehören fest zum gesellschaftlichen Leben. Jeder Zweite versorgt mindestens ein Haus- bzw. Heimtier in den eigenen vier Wänden. Ein Drittel der Singles und zwei Drittel aller Mehrpersonenhaushalte halten Tiere. Hinzu kommen die Nutz- und Wildtiere auf Privatgrund sowie Betriebshöfen. Neben den Schutzgesetzen zum Tierwohl sind die Halter ebenfalls ihrem Umfeld verpflichtet und haften verschuldensunabhängig für Schäden, die ihre Schützlinge verursachen. Trotz dieser bundesweiten Gefährdungshaftung sind die Versicherungspflichten in den Bundesländern unterschiedlich oder gar nicht geregelt. Im Haftungsfall können Tierhalter und Tierhüter ohne passende Schutzlösungen vor erheblichen finanziellen Verlusten oder schlimmstenfalls vor einem Ruin stehen.
Auf den Hund gekommen
Den regelmäßig aufkeimenden Diskussionen um Kampfhunde und vor allem um deren Halter folgt oftmals der Wunsch nach genügendem Haftpflichtversicherungsschutz. Während einige Bundesländer entspannter auf Hundehalter blicken, verpflichten andere Bundesländer zur Tierhaftpflichtversicherung und fordern zum Teil eine Art „Hundeführerschein“. Die Grundsätze für Tierschutz und Gefährdungshaftung sind bundesweit geregelt. Im Hinblick auf die Versicherungspflicht und Hundehaltung verfügen die Länder hingegen unterschiedlichste Verordnungen. Einige fordern Haftpflichtschutz ab gewissen Hundegrößen, wollen Leinenpflicht oder führen Listen über die als gefährlich eingestuften Hunderassen. Vor einer Beratung können Blicke in die jeweiligen Landeshundegesetze bzw. -verordnungen sowie zusätzlich in regionale Regelungen vorteilhaft sein. Tierhaftpflichtversicherer reagieren ähnlich differenziert, wobei zum Haftpflichtschutz für sogenannte Kampfhunde die anfängliche Zurückhaltung abnimmt.
Komplexer Tierhaftpflichtschutz
Für Hundehalter bieten die Versicherer neben der Privaten Haftpflichtversicherung speziellen Schutz an. Eine Bündelung privater Haftpflicht-Policen ist verbreitet und kann insbesondere für Familien passen. Der eingetragene Hundehalter ist gewöhnlich der Versicherungsnehmer. Bei Ausflügen oder Spaziergängen hüten oft Familienmitglieder das Tier. Dieses sogenannte Tierhüter-Risiko decken modernere Private Haftpflichtversicherungen per se ebenfalls für fremde Tiere ab. Die Bündelung bei einem Versicherer entschlackt im Haftungsfall die Regulierung gegenüber vergleichbaren Fällen, in denen sich zwei oder mehrere Risikoträger zuständig fühlen. Am Ende der Schadenabwicklungen bleiben die Halter für ihre Tiere hauptverantwortlich. Sinngemäß gilt das ebenso für Pferdehalter, wobei Reitgemeinschaften und das Nutzen fremder Stallungen die Komplexität auf andere Ebenen hebt. Der Schutz für die Reittiere sollte solche Risikoumstände ebenso wie eventuelle Kutschfahrten mit eigenen oder fremden Fahrzeugen rundweg einschließen.
Unverhofft kommt mehrfach
Selbst wenn die Tierfreunde von der Ungefährlichkeit ihrer Vierbeiner überzeugt sind, führen ein schlichtes Erschrecken oder Weglaufen beispielsweise zu Verkehrsunfällen umfangreichen Ausmaßes. Eine harmonisierte Versicherungslösung ist von Vorteil, wenn für Private Haftpflicht- und Tierhaftpflichtrisiken hohe Summen mit einem weitgefassten Bedingungswerk bereitstehen. Ansonsten könnte zum Beispiel die Mietsachschadendeckung für Stubentiger zu Hause besser ausfallen als für gemietete Pferdeboxen. Reisefreudige Tierhalter benötigen zudem genügenden Auslandsschutz. Viele Haustiere, wie etwa Hamster, Kaninchen und Katzen, sind in der Privaten Haftpflichtversicherung pauschal eingeschlossen. Für andere Heimtiere, beispielsweise mit exotischer Herkunft wie Schlangen, Skorpione oder Spinnen, wäre eine Mitversicherung in den Bedingungen eingehender nachzulesen. In manchen Bundesländern und Regionen besteht für solche bissigen Tiere eine Versicherungspflicht.
Für angehende Tierhalter wird die Vorsorgedeckung in der Privaten Haftpflichtversicherung wichtig. Wer anfänglich den Haftpflichtschutz für Hund und Pferd vergisst, kann auf die Vorsorge hoffen. Bis zur kommenden Beitragsrechnung, die rückseitig zur Nennung neuer Risiken auffordert, sind die neuen Lieblinge oftmals mit geringeren Deckungssummen geschützt. Es empfiehlt sich also, die Neuankömmlinge zügig zu versichern. Der Haftpflichtschutz für Hunde und Pferde lässt sich meistens unkompliziert neben einer Privaten Haftpflichtversicherung vereinbaren. Für die anderen größeren Haus- oder Nutztiere sowie bei gewerblichen bzw. landwirtschaftlichen Tätigkeiten mit Tieren oder für Zuchten finden sich zwar weniger Anbieter, aber das Angebot für passenden Haftpflichtschutz ist noch breit genug. (gg)
Fazit
Haftpflichtversicherungen sind für alle Beteiligten existenziell. Insbesondere verursachte Feuer- und Personenschäden wachsen in hohe Millionen-Euro-Sphären. Die Wahrscheinlichkeiten solcher Schäden gelten als gering. Im Fall der Fälle wird es allerdings existenziell für den Tierhalter und dessen Angehörige. Selbst leichtere Tierbisse oder Unfallschäden können aufgrund der Folgekosten beträchtliche Löcher in Haushaltskassen reißen. Deshalb gehört der Haftpflichtschutz vor allen anderen Schutzlösungen für den Haushalt und der darin befindlichen Tiere auf die Versicherungsagenda. Die vernünftige Absicherung kleiner und großer Vierbeiner soll Versicherungsberatern emotional positiv besetzte Wege zu den Kundenverbindungen bahnen. Hierzu gehören zweifelsohne die Tierhaftpflichtversicherungen mit möglichst hohen Summen und sehr weitgefasstem Deckungsumfang.
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Ziemlich gesunde beste Freunde
Auf einen Blick
• Über 15 Millionen Katzen, rund 11 Millionen Hunde sowie etwa 8,5 Millionen Kleintiere und Ziervögel leben hinter deutschen Wohnungstüren.
• Etwa 84 % der Hundehalter sowie 75 % der Katzenbesitzer konsultieren mit ihren Lieblingen regelmäßig einen Tierarzt.
• Das Alter bestimmt die Beitragshöhe, Wartezeiten, Eigenbehalte und Leistungsumfänge.
Ist das Tier gesund, freut sich der Mensch. In rund 19 Millionen deutschen Haushalten leben ein oder mehrere Haustiere. Zu der Tierversorgung gehören regelmäßige Tierarztbesuche für Impfungen und Prophylaxe, bei kleinen Verletzungen oder mitunter zum operativen Eingriff.
Es erscheint nur logisch, neben umfassendem Tierhaftpflichtschutz ebenso für eine passende Krankenversicherung zu sorgen. Die Versicherer bieten derart variantenreich an, dass Bedingungs- und Tarifvergleiche uneindeutig ausgehen. Verbraucherschützer sowie andere Kritiker bezweifeln den Sinn eines tierischen Gesundheitsschutzes für den Privathaushalt, zumal eine umfassendere Absicherung existenzieller Risiken wie beispielsweise Haftpflichtansprüche oder ein Arbeitskraftverlust der Haushaltsangehörigen als wichtiger erscheint. Dennoch avanciert die Tierkrankenversicherung bei vielen Tierfreunden zur wichtigen Schutzlösung.
Aus Liebe zum Haustier
Über 15 Millionen Katzen, rund 11 Millionen Hunde sowie etwa 8,5 Millionen Kleintiere und Ziervögel leben hinter deutschen Wohnungstüren. Hinzu kommen die Heimtiere in circa 5 Millionen Aquarien, Gartenteichen und Terrarien sowie Pferde und private Nutztiere mit Stallhaltung, teilweise auf fremden Grund. Besonders für Hunde-, Katzen- und Pferdeeigentümer entwickeln vorwiegend Schadenversicherer spezielle Lösungen zur Tierkrankenversicherung. Die jüngste Forsa-Studie im Auftrage der Gothaer bestätigt, dass etwa 84 % der Hundehalter sowie 75 % der Katzenbesitzer mit ihren Lieblingen regelmäßig einen Tierarzt konsultieren.
Die neue Gebührenordnung für Tierärzte, kurz GOT, verteuerte im November 2022 die Besuche für Akutfälle und Vorsorgemaßnahmen. Häufig liegen die Rechnungen jenseits der 100-Euro-Marke und je nach Tierart, Rasse und Größe häufiger im deutlich vierstelligen Bereich. In einem gesundheitlich bewegten Tierleben verlassen somit höhere Summen das Haushaltskonto. Für die tierliebenden Besitzer und deren Angehörige sind solche Ausgaben in aller Regel selbstverständlich.
Auf der Suche nach Lösungen
Viele Versicherungssparten für Privathaushalte sind bei den Wettbewerbern ähnlich gestaltet. Bedingungen variieren zwar um Deckungserweiterungen, aber Makler können sich bei Vorlage einer gesetzeskonformen Angebotsauswahl auf die Abweichungen in den Angeboten konzentrieren. Es bleibt mit der Dokumentation der Beratungen, Empfehlungen und Entscheidungen komplex genug. Die Suche nach Tierkrankenschutz ist in Relation dazu vielschichtiger. Tierart, Rasse, Alter und Gesundheitszustand sind zügig erfasst, wenn nicht Mischlinge nach prozentualer Rasseherkunft zu versichern sind. Denn für einige Rassen gelten Ausschlüsse für bestimmte Krankheiten oder zuchtbedingte Beeinträchtigungen. Das Alter bestimmt die Beitragshöhe, Wartezeiten, Eigenbehalte und Leistungsumfänge nach den jeweiligen Bedingungsklauseln der Risikoträger. Die Tiergröße ist ebenfalls wichtig. Ein Zwergpinscher verursacht andere Tierarztkosten als ein Bernhardiner. Für Versicherungsmakler geraten die vielschichtigen Versichererlösungen zur Herausforderung, denn deren Unterschiede sind dem Kunden nachvollziehbar zu erläutern.
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Mit Gefühl für Details
Im Deckungsumfang setzt sich die Vielfalt fort. Gängig ist eine Wahl zwischen den Schutzvarianten lediglich für Operationen oder für einen vollen Schutz. Operationstarife enthalten meistens Leistungserweiterungen für die Vorbereitung und Nachsorge. Die OP-Lösungen bieten Prozentersatzstufen bis zu 100 %. Prozentuale Ersatzstufen finden sich ebenfalls in den Vollschutzvarianten. Nach einer Wartezeit steht gewöhnlich die volle Vertragsleistung zur Verfügung. Andere Anbieter verzichten auf Wartezeiten und leisten in den ersten Jahren mit reduzierten Summen. Die Wartezeiten entfallen regelmäßig bei Unfällen oder nur bei Verkehrsunfällen. Für Alttiere mit hohem Krankheitsrisiko vereinbaren die Versicherer Beitragsstaffeln, Beitragsanpassungen nach unterschiedlichen Verfahren, Leistungskürzungen oder Kombinationen der vorgenannten Maßnahmen. Den Leistungsumfang differenzieren etliche Risikoträger über Basis-, Mittel- und Top-Schutzversionen. Ohne einen leistungskräftigen Tarif drohen bei künftigen Tierarztbesuchen laufend Rückfragen zu Leistungslücken und -grenzen, was die Kundenbeziehung auf Dauer belasten kann. Allerdings kosten die leistungsstärksten Lösungen für Jungtiere im Haushalt mehrere hundert und für ältere Tiere unter Umständen mehrere tausend Euro an Jahresbeiträgen. Die Konditionen für Pferde, Nutztiere oder Zuchttiere, bei de-
nen Operationen oder ein Tierverlust umfassender ausfallen, bewegen sich auf entsprechend höherem Niveau. Für die Haustiere in einer artgerechten Wohnungshaltung besteht zudem Schutz über die verbundene Hausratversicherung. Die Tiere gelten juristisch als Sache und Hausrat. Der Sachschutz ersetzt jedoch keinen Gesundheitsvollschutz für Haustiere. (gg)
Fazit
Die Tierversicherung prägt Emotionen, denn Tiere gehören mit zur Familie oder sind für Singles eventuell ein Lebensmittelpunkt. Das erfordert viel Feingefühl auch in der Schutzauswahl, damit nicht eine Billiglösung zum Bumerang im Bestandsgeschäft wird. Die Wahl aus einer Vielzahl unterschiedlichster Absicherungen fordern den Versicherungsmakler und dessen Kunden heraus. Tierkrankenversicherungen decken Risiken ab, deren finanzielle Folgen gewöhnlich existenzneutral verlaufen. Vor einem Krankenschutz des Familientieres stehen bedrohlichere Gefahren wie das Ableben eines Versorgers, Arbeitskraftverlust der Eltern und Kinder sowie Krankheit oder Pflege. Gut abgesicherte Haushalte ohne weitere Verpflichtungen betrachten das vermutlich anders.
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Schutz der eigenen Immobilie ist einfach wichtig
Seit der schrecklichen Flut 2021 in Teilen Nordrhein-Westfalens und Rheinland-Pfalz wurde vielen wieder die immense Bedeutung der richtigen Wohngebäudevericherung vor Augen geführt. Katharina Apostolidis ist Key Account Managerin für Makler- und Kooperationsvertrieb bei der Barmenia und weiß, worauf es ankommt und wohin sich der Markt entwickeln wird.
finanzwelt: Frau Apostolidis, Wohngebäude richtig abzusichern ist nicht trivial, aber auch keine Raketenwissenschaft. Wie unterstützen Sie die Makler, damit der Kunde nachher optimal abgesichert ist?
Katharina Apostolidis» Tatsächlich ist das ein sehr wichtiges Thema, denn besonders im Bereich der Gebäudeabsicherung ist eine richtige Absicherung essenziell. Um die Angebotserstellung für den Makler möglichst einfach zu gestalten, haben wir hier verschiedene Abschlusstools geschaffen. Und das Schöne ist, dass das alles online geschieht. Für Ein- und Zweifamilienhäuser haben wir einen sogenannten QuadratmeterTarif. Da muss keine Wertermittlung extra erfolgen, sondern auf Grundlage der Wohnfläche wird ein Angebot erstellt. Bei Ein- und Zweifamilienhäusern gilt dabei bis zu 50 % der Fläche für die gewerbliche Nutzung als automatisch mitversichert. Also wirklich sehr einfach gestaltet. Für Ein- und Zweifamilienhäuser können wir zudem einen Onlineabschluss-Link mit der persönlichen Vermittlernummer des Maklers erstellen. Dieser Link kann z. B. auf der Homepage des Maklers hinterlegt werden.
Der Onlineabschluss ist sehr einfach und intuitiv gestaltet. Bei Mehrfamilienhäusern wird der Wert nach 1914 durch spezielle Fragen zu dem Objekt ermittelt. Insgesamt greift dann der gleitende Neuwert, so dass automatisch ein Unterversicherungsverzicht vereinbart ist. Bei Geschäftsgebäuden muss aufgrund der Komplexität der Wert nach 1914 selbst ermittelt werden.
finanzwelt: Digitalisierung und Automatisierung finden immer mehr auch im Gewerbeversicherungssegment statt. Wie wichtig ist das?
Apostolidis» Der Trend ist in allen Bereichen mittlerweile klar spürbar. Von vielen Geschäftsvorfällen wird erwartet, dass diese digital abgewickelt werden können. Eine spürbare Unterstützung im Antragstellungsprozess ist, dass über unseren Rechner bereits zu Beginn die Gewerbeanteile abgefragt werden, so dass automatisch ein passendes Angebot ermittelt wird. Es muss vorher keine Anfrage im Vertragsbereich erfolgen oder ähnliches.
finanzwelt: Wie hoch schätzen Sie das Potenzial in der Gebäudeversicherung im Neugeschäft (nicht Umdeckung) ein, wenn sich die Zinsen weiter nach oben bewegen und Bauvorschriften sowie -genehmigungen weiter den Neubau von Wohnungen erschweren? Apostolidis» Natürlich ist es so, dass, wenn weniger Neubauten entstehen, auch weniger Neubauten versichert werden können. Allerdings entsteht Neugeschäftspotenzial ja auch durch Gebäudeübertragungen, z. B. aus ei-
nem Verkauf oder sogar aus Zwangsversteigerungen, die durchaus auf den steigenden Zinsen basieren können. Ich denke, durch die steigenden Zinsen werden wir hier in der Zukunft vermehrt Gebäudeübertragungen haben. Das Absicherungspotenzial an sich ist sehr gut, besonders bei einem leistungsstarken Versicherer. Gerade durch die vielen Unwetter der letzten Jahre wird den Kunden immer mehr ins Bewusstsein gerufen, dass der Schutz der eigenen Immobilie einfach wichtig ist und dass die Entscheidung da immer nach Leistungen und nicht nach der Prämie gehen sollte. Daher spüren wir auch immer mehr die Bereitschaft, dann auch mehr Geld in die Hand zu nehmen und auf Leistungen zu setzen.
finanzwelt: Mit welchen Argumenten können Makler bei Kunden punkten, wenn sie umdecken wollen?
Apostolidis» Neben den starken Leistungen aus dem Tarif heraus, glänzt unser Produkt mit der umfangreichen Garantiewelt der Barmenia. In unserem Premiumschutz ist somit automatisch eine beitragsfreie Konditionsdifferenzdeckung für bis zu 15 Monate versichert, die für Schäden aufkommt, die sogar noch vor Versicherungsbeginn eintreten und bei denen der Vorversicherer wegen schlechterer Bedingungen nicht leistet. Ebenfalls enthalten ist eine Nicht-Schlechterstellungs-Garantie zum vorherigen Versicherer, sowie eine Leistungs-Garantie. Das heißt in der Praxis: Bietet ein anderer in Deutschland tätiger Versicherer Leistungen an, die über die-
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sen Vertrag nicht versichert sind, so leisten wir trotzdem. Abgerundet wird das Ganze durch eine Innovationsgarantie, so dass zukünftige beitragsneutrale Bedingungsverbesserungen automatisch auch für diese Verträge gelten. Diese Garantien sind besonders bei einem Wechsel der Versicherung für den Makler haftungstechnisch hochinteressant. Hier muss der Makler mit uns kein großes Risiko eingehen.
finanzwelt: Gibt es Größeneinheiten oder Regionen, die Sie aufgrund von Klumpenrisiken nicht mehr versichern?
Apostolidis» Wir beobachten natürlich kontinuierlich die Risikoverteilung. Da wir über alle Vertriebswege hinweg regional gut verteilt sind, spiegelt sich das auch in den versicherten Risiken wider. Da wir bundesweit sehr ausgewogen aufgestellt sind, haben wir keine Klumpenrisiken. Regionale Katastrophen treffen uns daher nicht so stark, wie Versicherer, die z. B. nur in bestimmten Regionen unterwegs sind.
finanzwelt: Seit der furchtbaren Flutkatastrophe im Ahrtal wissen wir, dass wir uns auch in Deutschland auf immer mehr Wetterextreme und Auswirkungen des Klimawandels vorzubereiten haben. Wie sehen Ihre Vorbereitungen diesbezüglich aus?
Apostolidis» Unsere Auffassung ist ganz klar, dass unsere Kunden vor solchen Risiken geschützt werden sollen. Ein Beispiel hierfür ist, dass in unserem Premiumschutz Sturmschäden auch ohne Mindestwindstärke mitversichert sind. Ein weiterer wichtiger Punkt ist, dass bei unseren Angebotstools automatisch der Elementarschutz vorbelegt ist. Das heißt, dass der Schutz aktiv abgewählt werden muss, wenn er nicht gewünscht wird. In der Praxis haben wir daher im Neugeschäft deutlich über 80 %, bei denen der Elementarschutz mit abgeschlossen wird. Das finde ich äußerst wichtig. Auch in puncto Nachhaltigkeit sind wir seit Jahren als Unternehmen sehr klar positioniert. Da legen wir großen Wert drauf. (lvs)
Firmen und Betriebe passgenau zu versichern, ist kein Hexenwerk
rhion.digital führt neuen Tarif ein, um das Gewerbegeschäft zum Erfolgsbringer zu machen.
Gewerbebetriebe zu versichern, ist eine Kunst für sich. „Davor zurückzuschrecken, wäre aber denkbar falsch. Denn es kommt immer darauf an, welchen Versicherungspartner man als Makler an seiner Seite hat“, betont Lars Fuchs, Bereichsleiter Maklervertrieb rhion.digital. „Neue Impulse fürs Gewerbegeschäft setzen wir ganz aktuell mit unserem neuen Gewerbetarif. Es gilt: So viel Individualität wie nie! Die Logik dahinter: Kein Betrieb ist wie der andere. Jedes Geschäft, jedes Unternehmen ist einzigartig, was sich natürlich im Versicherungsschutz widerspiegeln muss. Und genau das bringen wir unter dem Motto: ‚Unsere Gewerbe-DNA für Ihren Erfolg‘ auf den Punkt.“
Die runderneuerte Gewerbeproduktpalette steht Vertriebspartnern von rhion.digital seit Ende Juli auch über Thinksurance zur Verfügung. Highlights der neuen Inhalts-
und Mittleren Ertragsausfallversicherung sind der Verzicht auf den Einwand der Unterversicherung bis 1 Mio. Euro, die Versicherung des Diebstahls von Geschäftsfahrrädern bis 3.000 Euro und der digitale Abschluss bis 1 Mio. Euro. Die neue Betriebshaftpflichtversicherung überzeugt durch Neuwertentschädigung bis 5.000 Euro, Leistung bei Mietsachschäden an beweglichen Sachen bis 300.000 Euro und die neue Umweltrisikoversicherung u. a. mit Versicherungsschutz für Lageranlagen von gewässerschädlichen Stoffen bis 30.000 Liter.
Zur Auswahl stehen die Gewerbeprodukte von rhion.digital mit oder ohne Komfortdeckung. Die Vorteile der Komfortdeckung liegen auf der Hand. Für die Inhalts- und Mittlere Ertragsausfallversicherung sind in diesem Zusammenhang besonders hervorzuheben: Die Erhöhung des Verzichts auf den Einwand der groben Fahrlässigkeit bis 1 Mio.
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ADVERTORIAL
Euro sowie Rückwirkungsschäden bis zur Versicherungssumme, höchstens aber 500.000 Euro. Für die Betriebshaftpflichtversicherung gilt der Verzicht auf Einwand der groben Fahrlässigkeit einer vertraglichen Obliegenheit bis 50.000 Euro; zudem ist die Versicherungssumme vierfach maximiert. Abgerundet wird die Komfort-Deckung bei allen Produkten durch die Leistungsgarantie der Vorversicherung bis 500.000 Euro. Doch damit nicht genug. Bei Auswahl der Komfortdeckung gilt für das ausgewählte Produkt automatisch eine Best-Leistungsgarantie.
rhion.digital steht gleichwohl nicht nur für die Absicherung von standardisierten Risiken. Über die Ausschreibungsplattform können komplexere Risiken angefragt werden. Hierfür steht das Fachteam mit Rat und Tat zur Seite: „Liegen alle wichtigen Informationen vor, gibt es schon innerhalb von zwei Arbeitstagen das Angebot. Bei der Versicherung größerer Firmen spielen wir unsere Asse aus: Underwriter sind ohne Umwege zu erreichen und entscheidungskompetent! Sie helfen zudem bei der Begutachtung komplexer Risiken vor Ort und sorgen zügig für passgenaue Lösungen“, so Lars Fuchs. „Hinter rhion.digital stehen Menschen, die mit Know-how, Leidenschaft und Neugier den Kurs bestimmen und so ein ganz besonderes Markenerlebnis schaffen. Die Zusammenarbeit mit Vertriebspartnern folgt dem klar definierten Ziel, durch weitreichende Services, automatisierte Prozesse und ausgezeichnete Produkte für Versicherungsmakler der Erfolgsbeschleuniger zu sein.“
Was rhion.digital darüber hinaus zur ersten Wahl macht
Die Gefahr von Unwetterereignissen nimmt zu – und damit wächst automatisch die Sorge, einmal selbst betroffen zu sein. Dass im schlimmsten Fall sogar der Fortbestand des Betriebs auf dem Spiel steht, steckt vielen Gewerbetreibenden nicht zuletzt nach den dramatischen Hochwässern im Sommer 2021 noch in den Knochen. rhion.digital bietet in der gewerblichen Gebäude- und Inhaltsversicherung durch die hinzuwählbare Elementarschadenversicherung eine überzeugende Lösung an, um dem möglichen finanziellen Desaster bei solchen Wetterkapriolen vorzubeugen.
In Kombination mit der bekannten Elementarschaden-Versicherung bietet rhion.digital über die Ausschreibungsplattform oder das hauseigene Maklerportal die Zusatzkomponente „Starkregen Plus“ an. Mit „Starkregen Plus“ hat rhion.digital eine Möglichkeit geschaffen, dank der Starkregenschäden auch dann versichert sind, wenn das Grundstück nicht überschwemmt wurde. Entscheidend ist, dass Oberflächenwasser eingedrungen ist, das beispielsweise bei abschüssigem Terrain, Garageneinfahrten, Dachterrassen, Lichtschächten und Kellereingängen naturgemäß schnell passieren kann, sobald der Himmel seine Schleusen öffnet. Das Fatale ist, dass diese sintflutartigen, oft nur lokal auftretenden Regenfälle schwer vorhersehbar sind. Als Folge des Klimawandels wird die Anzahl und Intensität von Starkregenereignissen zunehmen. Darin sind sich die Experten einig. Darum liegt auf der Hand, mit Blick auf die mitunter verheerenden Auswirkungen von Starkregen beim Versicherungsschutz keinen Kompromiss einzugehen. Gut zu wissen: Auf diesem Wege kann auch die Mittlere Ertragsausfallversicherung abgeschlossen werden. Diese greift nicht nur bei einem versicherten Sachschaden, sondern sogar bei Ertragsausfällen durch Baustellen.
Lars Fuchs Bereichsleiter Maklervertrieb rhion.digital/Rhion Versicherung AG
Kontakt
rhion.digital/Rhion Versicherung AG
RheinLandplatz
41460 Neuss
Tel. 02131 / 6099 - 6630
Fax 02131 / 6099 - 13300
maklervertrieb@rhion.digital
www.rhion.digital
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ETF oder nicht ETF?
Nicht nur DAS ist hier die Frage!
Die Wahl passender Kapitalanlagen fordert Versicherungsmakler heraus. Im Neugeschäft sowie im Bestand sollen lukrative Anlagen möglichst hohe Renditen zur Altersversorgung und zu anderen Vorsorgemodellen der Kunden beisteuern. Lebensversicherer kehrten Klassiktarifen mit Ablauf- und Zinsgarantien den Rücken.
Die oftmals erheblichen Kapitalanlagerisiken delegierten die Versicherer mittels fondsgebundener Lebens- und Rentenversicherungen an die Kundschaft. Diese zählt auf Versicherungsmakler, welche als Sachwalter mit weitgehenden Pflichten die Risikoprofile der Kunden mit drohenden Kapitalanlagerisiken abgleichen. Die Insurance Distribution Di-
finanzwelt 04 | 2023 54 VERSICHERUNGEN | FONDSAUSWAHL ZUR LEBENSVERSICHERUNG Foto: © jroballostock.adobe.com
rective, oder kurz IDD, brachte diese Verpflichtungen deutlicher ans Licht. Demnach wird die Risikofreude und das Verständnis der Kunden in Geeignetheits- und Angemessenheitsprüfungen vor einer Empfehlung passender Anlagekonzepte eruiert. Die Häufigkeit solcher Risikochecks ist in Fachkreisen umstritten. Nachhaltigkeit sorgt für weitere Dynamik in den Angemessenheits- und Geeignetheitsprüfungen. ETF-Freunde und -Kritiker sollten da genauer hinschauen.
Kosten, Nutzen und Rendite
Die Abkehr der Lebensversicherer von klassischen Tarifen gilt als Fluch und Segen zugleich. Die Niedrigzinsen der letzten Jahre offenbarten hohe, vom Versicherungsnehmer zu übernehmende Vertragskosten. Geringe Kapitalanlagerisiken waren das aufsichtskonforme Mantra für Lebensversicherer. Die Sparanteile landeten auf Nummer sicher in gut gemischten, gestreuten und dabei sicheren, rentablen sowie liquiden Investments. Mit hohen Kapitalmarktzinsen und satten Immobilienrenditen fielen die in Klassiktarifen üppig kalkulierten Kostenanteile der Versicherer für Kapitalanlagen, PolicenVertrieb und Vertragsverwaltung selten auf. Als schwer kalkulierbare Risiken wie Aktienkursstürze, Niedrigzinsen und Immobilienwerteinbußen am Horizont erschienen, steuerten viele Anbieter die fondsgebundene Lebensversicherung an.
Dennoch führte die letzte Negativzinsphase etliche Versicherer an bilanzielle Grenzen. Selbst die rechnungsmäßigen bzw. garantierten Zinsen für Klassikverträge waren lediglich mit Klimmzügen erreichbar. Mittlerweile streben die klassischen Vertragsbestände bei den Lebensversicherern durch Umdeckung auf Fondslösungen, Run-off-Maßnahmen oder Versicherungsabläufe gen Null. Die Kunden tragen die Ansparrisiken via Fonds selbst. Somit spielen auch Kosten, Nutzen und Rendite der gewählten Fonds für Kunden eine zunehmende Rolle. Jeder Prozentpunkt an Kosten für Fondsanlagen, Provisionen und Verwaltung schmälert die Ablaufsumme. Dazu kommen das stetige Auf und Ab auf dem Börsenparkett sowie Sondereinflüsse wie zuletzt eine Pandemie mit Aktiencrash oder der Ukraine-Krieg mit volatilen Börsen, Energieengpässen und Inflation. Mit Blick auf neue Anlagerisiken gelten solche Ereignisse als wichtiger Beratungsanlass. Die Angemessenheits- und Geeignetheitsprüfungen wären auf den neuesten Stand zu bringen. Seit 2022 sollen die nachhaltigen Kapitalanlagen im Sinne von IDD einen Check-up zur Kundenrisikofreude bereichern. Die Identifikation nachhaltiger Investments in Reinform wird allerdings beispielsweise durch das verbreitete Greenwashing behindert.
Die Qual der Fondswahl
Das Fondsuniversum bringt Versicherungsmakler an die Grenzen des Umsetzbaren. Die große Fondsauswahl mit vielen Kostenvarianten und Kombinationsoptionen in der fonds-
gebundenen Personenversicherung wird für etliche Makler zunehmend unüberschaubar. Neben betrieblichen und privaten Vorsorgemöglichkeiten soll nach Gesetz und Richtlinien deren Expertise ebenfalls die gewerbliche und private Schadenversicherung voll umfassen. Maklerbüros mit knapper Personaldecke wirken dem u. a. mit Spezialisierung, Anbindung an eine Organisation oder eingeschränkter Angebotsauswahl für Interessierte und Kunden entgegen. Zeitweise galten ETFs, das Kürzel steht für exchange-traded funds bzw. börsengehandelte Fonds, mit günstigen Kosten und transparenter Nachbildung von Wertpapierindizes als ein Weg, um dem komplexen Fondsuniversum zu entrinnen. ETFSparer gingen dann mit der Börse auf Talfahrt wie etwa am Anfang der Corona-Pandemie oder des Ukraine-Konfliktes. Entweder suchten die Kunden ein Gespräch oder die Makler nahmen den Kontakt auf, um die Passgenauigkeiten der getroffenen Vorsorgeentscheidungen samt ETF-Wahl zu prüfen.
Gemäß IDD und anderen Normen sind solche Updates zur Angemessenheit und Geeignetheit zwingend nötig, um die Investments eventuell in neue Bahnen wie z. B. Fonds mit aktivem Management zu lenken. Haftungspuristen verorten sogar dynamische Summenerhöhungen oder Nachversicherungsgarantien zur fondsgebundenen Personenversicherung genauso wie Ratenänderungen zu Fondssparplänen als verpflichtenden Anlass zum Risiko-Update. Fondsanbieter, Pools, Softwareanbieter, Versicherer und andere spezialisierte Dienstleister bieten vielfältige Unterstützungen mittels Fachinformation und Vorlagen für Risikoerfassungen sowie deren Dokumentation an. Versicherungsmakler, die sich strikt an die IDD und andere Regeln halten, binden ihre Kundschaft automatisch dichter an. Es bedarf moderner Prozesse nebst IT, um den Zusatzaufwand möglichst schlank und zeitsparend zu bewältigen. Mehrerlöse und Weiterempfehlungen, eine höhere Bestandsdichte sowie ein anwachsender Unternehmenswert versüßen die IDD-Pille. (gg)
Fazit
An ETFs scheiden sich viele Geister. Fans sehen u. a. niedrige Kosten und nachvollziehbare Wertverläufe für die Kundschaft. Kritiker wähnen bei Börsencrash und negativem Konjunkturverlauf uneinholbare Verluste. Hinter der Entscheidung für oder gegen ETFs steckt mehr. ETFs sollten vorrangig zum Kunden passen. Dafür sind umfangreiche Beratungen, individuelle Empfehlungen und eine gut nachvollziehbare Dokumentation erforderlich. Für betriebliche und private Vorsorgekonzepte, die auf Fondsanlagen basieren, komplettieren die eigene oder externe fachliche und technische Expertise künftige Beratungsrunden nebst Risikoanalysen. Ob und welche ETFs dann passen, findet sich.
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Schadenmanager verfahren mit Sachverstand
In Deutschland gehört die gvp Gesellschaft für Versicherungsprüfung GmbH zum exklusiven Kreis der etablierten Anbieter von Schadenmanagement. Konrad Hahn, Geschäftsführer der gvp, schildert im Interview mit finanzwelt die entscheidende Bedeutung von Zeit in der Schadenabwicklung und einem dahingehenden Sachverständigenverfahren.
finanzwelt: Zu welchen Gelegenheiten empfiehlt sich für Versicherungsmakler sowie für die Kunden ein externes Schadenmanagement?
Konrad Hahn» Die wirtschaftlichen Herausforderungen für Versicherer nehmen zu und Schadenleistungen gehören zur Ausgabenseite. Nach entspanntem Schadenverlauf während Corona blicken etliche Versicherer auf rote Zahlen. Die Gebäudeversicherung ist mit Schadenkostenquoten oft über 100 % beispielsweise eine der Problemsparten. GDV-Auswertungen weisen zudem für 2022 über 10.000 zusätzliche Einbrüche gegenüber dem Vorjahr zu den Inhaltsversicherungen aus. Die 80.000 Fälle nahmen dabei ebenfalls im Umfang zu. Regelmäßig belasten Brände und Wasser sowie Stürme und andere Naturereignisse die Bilanzen. Die Versicherer reagieren und regulieren restriktiver. Für mittlere und große Schäden beobachten wir langwierigere Prüfungen, kritischere Rückfragen und geringere Spielräume in den strittigen Regulierungsfragen. Versicherungsmakler geraten schnell zwischen die Fronten. Sie sind als Sachwalter im Lager des Kunden. Andererseits sollen die Geschäftsbeziehungen zu dem Versicherer intakt bleiben. Deshalb bringen Makler die gvp für das Schadenmanagement zunehmend ins Spiel.
finanzwelt: Welche Vorteile bietet ein externes Schadenmanagement für Versicherungsmakler und für Kunden?
Hahn» Seitens der gvp wickeln wir den Schadenfall fair gegenüber allen Beteiligten nach den Buchstaben des geschlossenen Versicherungsvertrages und der Gesetze ab. Versicherungsnehmer erhalten, was ihnen zusteht, und Versicherer leisten im vertraglich vereinbarten Umfang. In konfliktbelasteten Situationen beschleunigen wir die Schadenabwicklung. Wir analysieren den Schadenfall samt Konfliktursachen und führen streitende Parteien wieder an den Verhandlungstisch. Auch wenn es mal in Verhandlungen mit den Versicherern heißer hergeht, verbleibt für den Versicherer die Gewissheit, dass Kunden keinen Ersatz-Euro zu viel erhalten. Kunden gelangen mit Hilfe der gvp zum vertragskonformen Schadenersatz und Makler nicht in das Schadenspannungsfeld zwischen Kunde und Versicherer. Versicherungsmakler verbleiben in der neutralen Position. Ein passender Ersatz stimmt den Kunden positiv und oft ergeben sich daraus für den Makler sogar weitere Geschäfte und Weiterempfehlungen.
finanzwelt: Wie wirken Konflikte auf die Schadenregulierung und wie grenzt man negative Folgen ein? Hahn» Am besten mit Gelassenheit. In Gelddingen sachlich bleiben, heißt es ja. Das wird jedoch schwierig, wenn sich eine Seite übervorteilt fühlt oder es für den Haushalt bzw. Unternehmer um die Existenz geht, weil große Zahlungen ausbleiben. Gerade Unternehmen stehen schnell vor einer Insolvenz, wenn umfangreiche Schadenbeträge vorzufinanzieren sind. Die
Regulierungszeit wird entscheidend. Zerstört ein Brand z. B. ein Betriebsgebäude, katapultieren Aufräumungen und Abbruch den Schaden in die Millionen-Euro-Sphäre. Mehrfamilienhäuser oder Villen stehen dem selten nach. Rechnungen für Schadenkosten liegen schnell auf dem Kundentisch. Ausufernde Bauauflagen, fehlende Fachkräfte sowie steigende Materialkosten bringen Geschädigte zusätzlich in existenzielle Bredouillen. gvp ist auf solche Schäden spezialisiert und kennt das zeitliche Dilemma der Kunden. Entspannung zwischen den Beteiligten, Klarheit in puncto Schadenersatz, enge Termine und fachgerechte Kommunikation sorgen für Regulierungstempo. Das kostet sonst den Geschädigten und deren Maklern zu viel Zeit und bindet qualifizierte Mitarbeiter. Schadenmanagement mit gvp zahlt sich mehrfach aus.
finanzwelt: Welche Alternativen haben die Beteiligten, wenn Differenzen im Schadenfall unüberwindbar sind?
Hahn» Der Faktor Zeit bleibt entscheidend. Gerichtsverfahren ziehen sich häufig über Monate und Jahre hin. Komplizierte Sachverhalte und unterschiedliche Sichtweisen bremsen die Schadenregulierung per se aus. Geschädigte erwägen dann den Gang zum Anwalt und vor Gericht. Die Sachversicherung bietet alternativ das Sachverständigenverfahren, damit Meinungsdifferenzen nicht im Rechtsstreit enden. Beide Vertragsparteien der Versicherung einigen sich auf das Verfahren, welches im VVG allgemein sowie in Bedingungen oft speziell beschrieben ist. Um die Regulierung auf Kurs zu bringen, kann das Verfahren
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vorteilhaft sein. gvp unterstützt Makler und Kunden mit Schadenexpertise, denn der Weg ins Sachverständigenverfahren ist gut zu überlegen. Gegen den Willen des Versicherungsnehmers findet dieses Verfahren nicht statt. Sind die Kosten für Sachverständigenverfahren abgesichert, wäre die erste Hürde bis zur vereinbarten Summe bereits genommen. Jede Seite beauftragt Sachverständige, die sich wiederum auf den Obmann einigen, der Strittiges entscheidet. Jeder trägt seine Kosten und zahlt hälftig den Obmann. Entscheidungen im Verfahren binden Versicherer und Geschädigten. Im Ausnahmefall, wenn beispielsweise ein Obmann vom wirklichen Sachverhalt erheblich abweicht, kann ein Gericht den Schiedsspruch nebst Bindungswirkung außer Kraft setzen. Das passiert selten oder gar nicht bei guter Sachverständigenwahl.
gvp begleitet Kunden vor, während und nach dem Verfahren. Vorbereitung und Zielsetzung im Verfahren sowie die Suche nach vorteilhafteren Verfahren wie z.B. einer selbstständigen Beweissicherung per Gericht erfordern hohe Fachexpertise. Jedes Verfahren birgt abzuwägende Chancen und Risiken. Mängel in der Vorbereitung oder Sachverständigenauswahl kosten wertvolle Regulierungszeit. Außerdem kann das Verfahren mit der Bindungswirkung überdies unvorteilhaft enden. Das Schadenmanagement der gvp minimiert solche Risiken. Die Auswahl geeigneter Sachverständige für den Geschädigten erfordert Erfahrung und Fingerspitzengefühl. Die notwendige Expertise und Marktkenntnis bringt gvp bei jedem Schaden neu mit ein –immer zum Vorteil des Geschädigten. Dafür stehen wir! (gg)
» Seitens der gvp wickeln wir den Schadenfall fair gegenüber allen Beteiligten nach den Buchstaben des geschlossenen Versicherungsvertrages und der Gesetze ab. Versicherungsnehmer erhalten, was ihnen zusteht, und Versicherer leisten im vertraglich vereinbarten Umfang. «
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Wenn es am Set brennt
Im ersten Teil unseres Blicks auf einen speziellen Sektor des Versicherungsgeschäfts stellten wir die enormen Risiken vor, denen eine Filmproduktion ausgesetzt ist. Sei es ein teures Hollywood-Projekt, eine Low-Budget-Arbeit für ein Filmfestival oder ein Beitrag für die Nachrichten eines TV-Senders: Was passiert, wenn die Technik plötzlich streikt, der Hauptdarsteller krankheitsbedingt ausfällt, oder wenn sich am Set Unfälle ereignen? Dreh-Verzögerungen oder gar -Abbrüche kosten Geld, viel Geld.
Für Produzenten, Studios, Sender, Festivals oder Dienstleister der Filmbranche stellt die Filmversicherung also ein „Must-have“ dar. In der Regel werden die unterschiedlichen Risiken einer Filmproduktion im Paket versichert. Als Risikominimierung bündeln sich mehrere Einzel-Produkte wie Filmausfallversicherung, Personenausfallversicherung, Sachausfallversicherung, Elektronik- und Technikversicherung,
Datenträgerversicherung, Requisiten- und Ausstattungsversicherung, Produktionshaftpflichtversicherung, Filmmaterialversicherung sowie Filmfertigstellungsversicherung, der sogenannte Completion Bond. In der Regel suchen sich Produktionsunternehmen einen Filmversicherungspartner, der als Makler zu großen Konzernen wie Allianz, Gothaer, Hiscox und Ergo fungiert und für die Filmwirtschaft perfekt abgestimmte Pakete schnürt. Die Policen werden entweder individuell für jede einzelne Filmproduktion abgeschlossen oder aber – gerade im Fall von TV-Sendern – als langjährige Versicherungsvereinbarungen.
Bereits berichten konnten wir über die Deutsche Filmversicherungsgemeinschaft (DFG) mit Sitz in Hamburg, die einer der ersten Ansprechpartner für deutsche und europäische Produzenten darstellt. Die DFG stellt als Assekuradeur nach eigenen Angaben rund 40 % aller deutschen Filmpoli-
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cen aus. Führender Risikoträger der DFG ist die AXA Versicherung AG, als Rückversicherer werden die Munich Re und Swiss Re gelistet.
Die Howden Caninenberg GmbH ist ein international tätiger Versicherungsmakler, zu dessen Portolio auch die Absicherung von Risiken in den Geschäftsbereichen Film, Medien, Sport, Events und Entertainment gehört. Mit bewährten Sicherheitskonzepten bietet man Schutz vor unvorhergesehenen Ereignissen, Ausfall von Personen, Beschädigung der Technik und Fehlern des Materials. Howden Caninenberg ist ebenfalls Mitglied im Freundeskreis der Deutschen Produzentenallianz, die besondere Versicherungslösungen für die Mitglieder anbietet. Durch die Partnerschaft mit MIN Media Insurance kann Howden Caninenberg zudem einen umfassenden Service vor Ort in vielen Ländern Europas und auch in Nord- und Südamerika anbieten.
Die Liste der seit dem Jahr 2005 versicherten Filmprojekte umfasst 138 Kurz-, Mittel-, Langfilme, Dokumentationen, Serien, Fernsehbeiträge, Werbefilme und sogar Videoinstallationen. Erst im Februar hatte Howden die Franz Goßler Versicherungsgruppe übernommen, einen traditionsreichen Versicherungsmakler mit Schwerpunkt auf Film- und Entertainmentversicherungen im deutschsprachigen Raum. Die Übernahme folgte auf die Akquisition des italienischen Maklers Assimovie Ende vergangenen Jahres, mit der Howden zum größten TV- und Filmproduktionsmakler in Italien avancierte. „Mit der Übernahme der Franz Goßler Versicherungsgruppe bauen wir unsere Position als einer der führenden Makler im deutschsprachigen Raum sowie international im Bereich Sport, Film und Entertainment aus. Kunden aus der Film- und Streaming-Branche haben einen zunehmenden Bedarf an internationalen Lösungen und einem globalen Netzwerk, das wir durch die Howden Global Sport & Entertainment Practice anbieten“, so das Unternehmen.
Mit mehr als 100 Jahren Erfahrung in der Filmversicherung war die Allianz Global Corporate & Specialty als Risikoträger bei Hollywood-Filmen, internationalen Filmproduktionen, TV- und Werbefilmen, Fernsehserien, Animations- und Dokumentarfilmen mit maßgeschneiderten Versicherungskonzepten beteiligt. Ihr Vorläufer, die Fireman‘s Fund Insurance Company, begann bereits in den 1890er Jahren der Stummfilmära Hollywoods mit der Filmversicherung. Von Charlie Chaplin über Harry Potter bis hin zu den jüngsten Marvel-Superhelden-Filmen hat die AGCS tausende von Filmproduktionen versichert. Dieses Know-how wird auch in Deutschland angeboten. Versicherungsexperten in Hamburg, Köln, München stellen die Anforderungen der Produktionsunternehmen in den Mittelpunkt. Michael Furtschegger, Head of Entertainment International, erklärt: „Als Mitglied im Freundeskreis der Produzentenallianz wollen wir mit den Produzenten in den Dialog treten, um gemeinschaftlich an individuellen Lösungen zu arbeiten und sie bei der er-
folgreichen Realisierung ihrer Produktionen in Deutschland und weltweit zu unterstützen. Man kann mit Fug und Recht behaupten, dass es ohne Versicherungsschutz keine Filmindustrie gäbe“, berichtet Furtschegger. „Ohne Versicherung existierten nur wenige finanzielle Unterstützer, die den enormen Kapitalbedarf decken könnten, der erforderlich ist, um der Leinwand ihre Magie zu verleihen.“
Die Special Risk Consortium GmbH bietet eine Palette besonderer Dienstleistungen im Ver-sicherungsbereich: Spezialisiert auf die Geschäftsfelder Film, TV, Medien, Sport, Events, Entertainment und Tourismus ist das SRC-Team kompetenter Ansprechpartner für die Zeichnung von Risiken und Sonderrisiken dieser Branchen. Studiobetriebe aus den Bereichen Film, Ton, Schnitt, Animation, Synchronisation suchen ebenso Versicherungslösungen wie Apparate- und Technikverleiher, Multimedia-Unternehmen, Werbeagenturen, Theater- und Kinobetriebe, Requisiten- und Kostümverleiher sowie Kopierwerke. „Die perfekte Lösung aus einer Hand“, so lautet die Philosophie der im Jahr 2000 gegründeten SRC mit Hauptsitz in Köln.
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Die Howden Caninenberg GmbH bei der Goßler-Übernahme
Michael Furtschegger, Allianz Global Corporate & Specialty
Das Kölner Team der Special Risk Consortium GmbH
Die Sektion Filmversicherung der Gothaer schützt das Firmen- bzw. Privatvermögen bei Produktionsausfällen. Gemeinsam mit den Kunden entwickelt ein Team für jede Produktion ein individuelles Deckungskonzept: Schutz vor Produktionsausfallkosten, Schutz von Bild-, Ton- und Daten¬trägern, Schutz vor ersatzpflichtigen Schäden Dritter. Die Filmversicherung ist also ausgelegt für Film- und Fernsehproduzenten, Werbeagenturen und Sender – „also für fast alle, die sich in der Medienwelt engagieren“, so ein Pressemitteilung.
In der Filmversicherung sind Vermögensschäden als Folge von Störungen oder Unterbrechungen der Film-, Fernsehoder Fotoproduktion im Rahmen des individuell vereinbarten Deckungskonzeptes versichert. Die Versicherungssumme wird aus den veranschlagten und nachgewiesenen Herstellungskosten der jeweiligen Produktion ermittelt.
Die HDI-Gerling Versicherungen sind durch den Zusammenschluss der HDI Versicherungen und des Gerling-Konzerns im Oktober 2006 entstanden. Vorausgegangen war der Kauf des Gerling-Konzerns durch die Talanx-Gruppe. Firmensitze des Unternehmens sind Köln und Hannover. HDI-Gerling ist einer der großen Filmversicherer in Deutschland und seit mehr als 40 Jahren Partner der nationalen und internationalen Film- und Fernsehbranche. Das Unternehmen wirbt mit der langjährigen Erfahrung, der kompetenten Beratung, der professionellen Projektbetreuung, der Branchenkenntnis sowie der individuellen Gestaltung der Versicherungsprodukte an den jeweiligen Bedarf. Der Film-Komplettschutz bietet Versicherungsschutz für alle Bereiche einer Filmproduktion: Personen- und Sachausfall, die Bild- und Tonaufzeichnungen, die Filmapparate, die Filmrequisiten, die Produktionskasse und die Filmfertigstellung. Die Personenausfallversicherung übernimmt die Mehrkosten, die durch den Ausfall von Hauptdarsteller, Regisseur oder Kameramann aufgrund eines Unfalls oder von Krankheit entstehen können. Mehrkosten entstehen z. B. durch die längere Miete des Drehortes. Muss die Produktion wegen Unmöglichkeit abgebrochen werden,
ersetzt die HDI-Gerling die bisher entstandenen Kosten. Übrigens: Eine spezielle Produktionskassen-Versicherung gewährt Schutz, wenn Bargeld, EC-Karten oder Schecks gestohlen werden.
„Unterhaltungsversicherung“ nennt sich die Spezial-Abteilung der global agierenden Marsh GmbH. Der Industrieversicherungsmakler und Risikoberater mit 26.000 Mitarbeitern in mehr als 100 Ländern arbeitet an der Beratung und Umsetzung von Risiko- und Versicherungslösungen. Die deutsche Marsh GmbH mit Standorten in Berlin, Düsseldorf, Frankfurt, Hamburg, Leipzig, München und Stuttgart bietet eine Zusammenarbeit für Eventveranstalter, Produktionsunternehmen und Medienorganisationen. Bei der Entwicklung von Versicherungs- und Risikominderungsplänen für die Unterhaltungsbranche liegt der Schwerpunkt der meisten Pakete auf den Bereichen Sach-, Unfall-, Arbeitsunfallversicherung und Haftpflichtversicherung, die die beteiligten Personen, das Eigentum und die Veranstaltungsstätten abdecken. Eine häufige Komponente der Unterhaltungsversicherung ist bei Marsh die Reiseversicherung, da Schauspieler, Musiker und andere Künstler um die ganze Welt fliegen müssen, um ihren jeweiligen Tätigkeiten nachzugehen.
Eine besondere Sektion auf dem Feld der Filmversicherung stellen Spezialversicherer wie der Medienstützpunkt Berlin dar. Geschäftsführer Dirk Kübler ist mit seiner Generalagentur Exklusivvertreter der Gothaer und fungiert damit erfolgreich als Schnittstelle zur Filmwelt. Ein kleines, erfahrenes Team von Versicherungsspezialisten arbeitet in den Bereichen Filmversicherung, Kino, Veranstaltungen, Kunstaustellungen und Galerien. „Mehrjährige spezialisierte Berufserfahrung als Versicherungskaufleute und teilweise eigene Tätigkeiten in den genannten Bereichen ermöglichen es uns, in Zusammenarbeit mit den Kunden fachgemäß den benötigten Versicherungsbedarf zu ermitteln“, erklärt das Unternehmen.
Schlicht Filmversicherung nennt sich der Service von Hanno Buerhop aus Bremen. Der Fachversicherungsmakler Medien hat sich zum Ziel gesetzt, „schnell, kompetent und vor allem unkompliziert den Versicherungsschutz zu vermitteln, der optimal gegen alle möglichen Risiken absichert.“ Buerhop ist nicht nur Versicherungsfachmann, sondern hat die Wurzeln seit 1975 im Filmgeschäft, speziell als Kameramann für Film- und Fernsehproduktionen. „Deshalb: Wir sprechen die Sprache unserer Kunden.“
Ob nun die Entscheidung für den großen Versicherungskonzern oder den Spezialanbieter fällt – für Produzenten, Studios, Filmhersteller, Sender oder Medienunternehmen ist der Abschluss einer Filmversicherung ein Muss. Und dies nicht nur für spektakuläre Stunts, sondern auch für Requisiten, Kostüme, Bühnenbilder, Komparsen, Kamera- und Filmequipment. (sg)
VERSICHERUNGEN | FILMVERSICHERUNGEN FÜR DIE MEDIENBRANCHE – TEIL 2 finanzwelt 04 | 2023 60
Dirk Kübler, Medienstützpunkt Berlin
Insurance Today and Tomorrow
– Die Assekuranz in unsicheren Zeiten: Quo Vadis? –
14. und 15. September 2023, Düsseldorf
Keynotes:
Moderation:
Dr. Norbert Rollinger Vorstandsvors., R+V Versicherung AG, Präsident GDV
Klaus-Jürgen Heitmann
Vorstandssprecher, HUK-Coburg-Gruppe
Jonathan Larsen
Chief Innovation Officer of Ping An Group/ Chairman&CEO of Ping An Global Voyager Fund
Prof. Dr. Jörg Puchan
Professor für Angewandte Informatik, Hochschule München
Mit freundlicher Unterstützung von:
Karsten Crede
Mgl. des Vorstands, ERGO Digital Ventures AG, Vors. des Vorstands, ERGO Direkt Versicherung AG
Claudia Tuchscherer
Vors. des Vorstands, ADAC Versicherung AG
Dr. Stefan Lemke
Vorstandsmgl. CIO, AXA Konzern AG
u.v.a.
Content Partner:
19. MCC - KONGRESS MCC • +49 (0)2421 12177-13 • kruse@mcc-seminare.de • www.insurancetodayandtomorrow.de
Prof. Dr. Heinrich R. Schradin
Direktor, Institut für Versicherungswissenschaft, Universität zu Köln
Liebhaberfahrzeuge sind nichts Rationales!
Zufällig einen 1954er Porsche Speedster, einen 1961er
Mercedes 190 SL und einen 1973er Chevrolet Monte Carlo in der Garage und Sie wissen nicht, wohin mit den schicken Karossen? In gute Hände natürlich! Marcel Neumann, Mitglied der Geschäftsleitung bei OCC Assekuradeur GmbH sowie Carsten Möller Geschäftsführer der „Herzenssache. Der Assekuradeur! GmbH“ wissen alles, wenn es um die beste Versicherung für richtige Schätze geht. Wir haben die beiden Experten getrennt voneinander befragt.
finanzwelt: Meine Herren, Sie versichern eine Bandbreite an Liebhaber-Autos: Oldtimer, Youngtimer, Premium Cars oder gar Sammlungen. Wo liegt für Sie als Versicherer das größte Potenzial und warum?
Marcel Neumann» Grundsätzlich bilden Oldtimer bei uns den größten Anteil und wir sind sehr dankbar über den anhaltenden, großen Zuspruch unserer Community. Aber auch Fahrer von Luxuskarossen sind bei OCC bestens aufgehoben. In dieser Zielgruppe und in großen Fahrzeug-Sammlungen sehen wir noch erhebliche Potenziale. Bei unseren Kooperationspartnern beobachten wir, dass immer noch viele Oldtimer über herkömmliche Kfz-Versicherungen ab-
gedeckt sind. Dies birgt einerseits ein hohes Risiko im Schadensfall, andererseits sehen wir auch die Möglichkeit, die Kundenbindung zu stärken, indem wir spezielle Angebote von OCC platzieren.
Carsten Möller» Jeder einzelne der Bereiche bietet großes Potenzial. Wir haben im Markt wohl um die eine Million Oldtimer, ca. zwei Millionen Youngtimer und ca. 600.000 Premiumfahrzeuge, die als Liebhaberfahrzeuge bezeichnet werden können. Der Markt ist ein echter Nischenmarkt und daher für die meisten Versicherer nicht interessant genug, um hierfür ein eigenes Produkt im Portfolio zu haben. Und das ist unser eigentliches Potenzial: Diese Versicherer gehen mit uns ins Gespräch bzgl. einer Zusammenarbeit in diesem Bereich. Warum? Weil wir komplett unabhängig sind und viele Themen anders lösen als üblich.
finanzwelt: Das 1. Halbjahr 2023 ist vorüber. Wie hat sich die Wirtschaftslage (Inflation, Zinserhöhung, Krieg in Europa) auf die Branche ausgewirkt?
Neumann» Unsere Hypothese zu Beginn des Jahres, dass durch Inflation und Krieg das Geschäft mit günstigeren Klassikern leiden wird, hat sich teilweise bewahrheitet. Dadurch war eine Verschiebung der Saison zu beobachten, im
VERSICHERUNGEN | INTERVIEW
Marcel Neumann
Juni konnten wir dagegen einen scheinbar hohen Nachholbedarf feststellen. Deswegen bleiben wir bei unseren ambitionierten Wachstumszielen für 2023 in einem immer stärker umkämpften Marktumfeld.
Möller» Alles wird teurer. Und das leider auch in unserem speziellen Marktsegment. Die Stundenverrechnungssätze der Werkstätten steigen, Ersatzteile sind teurer geworden usw. Das geht auch an unserem Bereich leider nicht spurlos vorbei.
finanzwelt: Welche Pläne haben Sie für das 2. Halbjahr für das Unternehmen, was das Portfolio anbetrifft?
Möller» Unser Portfolio besteht aus den Absicherungsvarianten Teilkasko, Vollkasko und MultiRisk für die Segmente Oldtimer, Youngtimer, Newtimer und Premiumfahrzeuge. Mit intelligenten und passenden Bausteinen kann der Kunde seinen Versicherungsschutz flexibel erweitern. An diesem Portfolio werden wir im 2. Halbjahr 2023 grundsätzlich nichts verändern, nehmen aber innerhalb der Bestandteile regelmäßig Optimierungen und Anpassungen vor.
Neumann» Wir sehen Potenzial außerhalb unserer Kernzielgruppen und darüber hinaus. Durch die Weiterentwicklungen unserer Technologien und Services erfahren wir zudem einen immensen Zuspruch. Darüber sind wir dankbar und wollen diesen Schwung mit ins Jahreswechselgeschäft nehmen.
finanzwelt: Sind Klassiker ein kostspieliges Hobby und daher eher für eine gehobene Kundschaft oder handelt es sich bei den Objekten auch um Familienbesitz?
Neumann» Teilweise sind es mobile Klassiker aus Erbschaften, andere Fahrzeuge sind erfüllte Kindheitsträume, Anschaffungen von Hobbyschraubern oder Investitionsobjekte. Die Bedürfnisse unserer Community sind so individuell wie die schönen Formen der Automobile aus vergangenen
Jahrzehnten. Konkret aber muss das Hobby nicht teuer sein. Möller» Das kommt ganz darauf an! Es gibt Klassiker, die sehr wertvoll und selten sind. Diese findet man eher im Besitz von Sammlern und wohlhabender Klientel. Mittlerweile sind aber auch einstige ‚Alltagsfahrzeuge‘ alt genug, um als Oldtimer zu gelten. Kürzlich begegnete mir auf einer Rallye sogar ein VW Polo aus dem Jahr 1992! Oldtimerei muss nicht teuer sein, kann aber! Es kommt immer darauf an, um was für ein Schmuckstück es sich handelt, wie dessen Zustand ist und welche Möglichkeiten man hat.
finanzwelt: Worauf muss der Makler bei einem Verkaufsgespräch besonders achten, wenn es um solche „Herzstücke“ geht?
Möller» Liebhaberfahrzeuge sind nichts Rationales! Der Kunde hängt mit seinem Herz an diesem Fahrzeug, verbindet Erinnerungen mit ihm. Und daher sollten Vermittler auch mit dem entsprechenden Fingerspitzengefühl an das Thema herangehen und es nicht wie eine ‚klassische Sachversicherung‘ behandeln. Und ebenfalls aus diesem Grund ist die Absicherung eines Klassikers oder Premiumfahrzeugs ein super Türöffner, den Kunden auch in anderen Versicherungsbelangen zu vertreten.
Neumann» Ich würde niemals empfehlen, Sammler-Fahrzeuge mit Wertsteigerungspotenzial in einer Standard-KfzVersicherung abzusichern. Im Schadenfall wird zuerst der Kunde und dann der Makler das Nachsehen haben. OCC versichert den Markt-, Wiederbeschaffungs- und Wiederherstellungswert. Reguliert wird am Tag des Schadens der maximal vereinbarte Versicherungswert – gemäß eines erstellten Wertgutachtens oder der von uns geforderten Selbsteinschätzung durch ein digitales Wertgutachten. Bei der Standard-Kfz-Versicherung wird nur der Wiederbeschaffungswert bezahlt, der – abzüglich eines etwaigen Restwerts – einen hohen Unterschied zum eigentlichen Wert des Fahrzeugs ausmachen kann. (ml)
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Carsten Möller
Für eine Handvoll Vertriebskosten weniger
Abschlussvergütung vom Lebensversicherer oder Beratungshonorar vom Versicherungsnehmer: Die jüngste Diskussion über Provisionsverbote rückte die Lebensversicherungen ohne einkalkulierte Abschlussvergütung für Beratung und Verkauf erneut ins Blickfeld. Besonders Versicherungsmakler stehen vor der Frage, ob aus Kostengründen sogenannte Nettotarife ohne Vermittlerprovision oder weiterhin Bruttotarife die bessere Wahl für die Kunden sind.
Während in Diskussionsrunden diese Entscheidung zur Kardinalsfrage hochstilisiert wird, bleiben Branchenprofis mit Expertise in beiden Tarifmodellen gelassen: Es ist nicht die Frage eines „Entweder/Oder“. Beratungen in der Lebens- und Rentenversicherung benötigen ein „Sowohl/Als auch“. Die Kunden sollten entscheiden, ob sie Absicherung nach einem Bruttotarif oder einem Nettotarif bevorzugen.
Geldwerte Beratungen
Die Gestaltung passgenauer Versorgungen des Kunden verursacht Kosten. Die Vorbereitung, Durchführung, Dokumentation und Nachbereitung dahingehender Beratungen benötigen manchmal Tage. Hinzu kommt die Identifikation solventer Anbieter mit leistungskräftigen Tarifen für genügend Auswahl. Gerade zur betrieblichen Altersversorgung sind die Beratungsprozesse komplex. Vor den individuellen Beratungen für die Arbeitnehmer liegen häufig intensive Verhandlungen mit Entscheidern auf der Arbeitgeberseite nebst deren Rechts- und Steuerberatern. Die Zeiten des provisionsträchtigen Policen-Verkaufs nach Wochenendseminaren sind endgültig Geschichte. Für Kunden sowie für Politiker ist klar, dass kompetente Beratungen zur Absicherung aller Lebensphasen der Versicherten spezielle Ausbildung und Expertise erfordern. Allerdings stecken die Provisionsexzesse zulasten
finanzwelt 04 | 2023 64 VERSICHERUNGEN | BRUTTO- ODER NETTOTARIF Foto: © BullRunstock.adobe.com
der Kundschaft bei vielen noch in den Knochen. Aufsichtsamt und Gerichte ziehen rote Linien, ab denen die Provisionshöhe inakzeptabel ist, mit mehr oder minder Erfolg in der Praxis. Der Ruf nach transparenten und frei verhandelbaren Honoraren wird deutlicher. Statt Bruttotarife mit einkalkulierten Vergütungen, deren Umfänge als deklarierte Geschäftsgeheimnisse selten nachvollziehbar sind, sollen Nettotarife die Alternative bieten. Für Beratung und Vermittlung vereinbaren Versicherungsberater oder -makler mit dem Kunden ein zusätzliches Honorar.
Auswahl mit Haken und Ösen
Kritiker sehen in der Nettotarif-Honorar-Lösung kaum Vorteile. Den Kunden fehlen oftmals die Geldmittel für meist vierstellige Honorarzahlungen sowie weiterhin die genauen Vergleichswerte, um zwischen den Brutto- oder Nettotariflösungen vorbehaltlos zu entscheiden. Während für Versicherungsberater Honorare das Tagesgeschäft sind, fühlen sich Makler bei Honoraren in eine Rechtfertigungsecke für ihre Leistungen gedrängt. Mit Mindestlohnempfängern über Honorare in Zeiten von Krisen und Inflation zu verhandeln, erscheint zudem schwer. Deshalb setzen einige Experten sowohl auf Brutto- als auch auf Nettotarife. Für Geringverdiener sind ggf. Riester-Angebote als Bruttotarif oder ein Gang in die betriebliche Altersversorgung sinnvoller. Für Arbeitgeber können unter Steueraspekten die Honorare attraktiver sein und die Belegschaft wird zum Nettotarif abgesichert. Zahlen Ver-
sicherte die Beratung selbst, gleichen Provisionen im Bruttotarif die anfallenden Vergütungen aus oder private Finanzpolster lassen die Honorar- bzw. Nettotarifalternativen zu.
Zwei Seiten der Medaille
Im Vergleich von Brutto- und Nettotarifen bleiben manche Abschlusskosten außer Acht. Neben Vergütungen für Vermittler gehören z. B. ebenso die Vertriebskosten des Anbieters, Marketing- und Produktaufwendungen sowie der Aufwand für die Risikoprüfung und Antragsannahme mit zu den Abschlusskosten. Bei Nettotarifen entfallen die originären Vermittlervergütungen, andere Vertriebskosten wie beispielsweise für Maklerbetreuer bleiben eingerechnet. Die Abschlusskosten finanzieren Personenversicherer vor und kalkulieren dafür Zinssätze, die sich gewöhnlich an Gewinnerwartungen orientieren. Reduzieren sich Abschlusskosten um Vergütungsteile, entfallen die anteiligen Vorfinanzierungszinsen. Die Effekte lassen Nettotarife in Ablaufsummenvergleichen gegenüber Bruttotarifen gut dastehen. Die Honorarhöhe sollte die Zinseffekte ebenso berücksichtigen, damit die Nettotarifbeiträge plus Honorar nicht den Bruttotarif inklusive Abschlussprovision überflügeln. Gerichte brandmarkten Vermittler für solche Versuche mit Privatkunden bereits.
In der betrieblichen Altersversorgung weht der Wind für Makler besonders bei Großkundenverbindungen ein wenig rauer. Wird die Versorgung der Belegschaft ausgeschrieben, benötigen die anbietenden Makler für Bruttotarife mit niedrigerer Ablaufsumme gute Argumente, wenn anderweitig Nettotarife im Angebot sind. Zudem reduziert ein möglicher Anbieterwettstreit das erzielbare Honorar. Diese neue Welt kommt ebenfalls auf die Bestandsverträge zu, wenn Wettbewerber mit Nettovorsorgekonzepten auf dem Parkett erscheinen und höhere Abläufe in den Raum stellen. Ob und inwieweit Versicherungsmakler auf gewerbliche und private Bestandskunden mit Bruttotariflösungen proaktiv zugehen sollten, ist final nicht geklärt. Eine konsequente Umsetzung der IDD im Maklerbüro, um u. a. den regelmäßigen Prüfungen zur Angemessenheit, Geeignetheit und Nachhaltigkeit nachzukommen, könnte zumindest im Einzelfall ebenso Brutto- und Nettotarifvergleiche erfordern. (gg)
Fazit
Es gibt keinen goldenen Mittelweg. Kunden sollen nach eingehender Beratung selbst zwischen individuell zugeschnittenen Empfehlungen wählen. Lösungen aus der Brutto- und Nettotarifwelt erscheinen mit einem erschöpfenden Vergleich als der nächste logische Schritt im Neugeschäft. Für den Bestand, der konform zur IDD betreut wird, dürfte die Berücksichtigung beider Tarifwelten ebenfalls folgerichtig sein.
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Freunde der finanzwelt,
warum sorgen wir für das Alter vor? Die Antwort scheint banal: Um nicht den Lebensstandard im Alter aufgeben zu müssen. Das greift mir aber zu kurz. Wir sorgen für unser Alter vor, weil unsere Regierungen nach dem Wirtschaftswunder der 50er Jahre und den Boom-Jahren der 80er es versäumt haben, parallel zum nach dem Zweiten Weltkrieg alternativlosen Generationenvertrag langsam und peu à peu einen Pensionsfonds aufzubauen. Jetzt haben wir die demografischen Effekte (weniger Einzahler, längeres Leben) und damit den Salat. Wir sorgen aber auch für unser Alter vor, weil viele Kinder kein Garant mehr für Reichtum im Alter sind. Wir sorgen vor, weil die Mehrgenerationsfamilie ausgedient hat und das Altersheim, in das uns unsere Kinder lieber heute als morgen abschieben wollen, nun mal auch nicht billig ist. Wir sorgen vor, weil Rente oder Pensionen eben nicht so sicher (und vor allem nicht so hoch) sind, wie wir es gerne hätten.
Das wirkt deprimierend. Und irgendwie klingt das Wort Altersvorsorge auch nicht wirklich sexy. Wahrscheinlich wegen dem Wort „Alter“. Vermögensaufbau klingt schon besser, denn da steckt das Wort „Vermögen“ drin. Wir bauen Vermögen auf, damit wir uns etwas leisten können. Für den Ruhestand und für den Notfall ist gesorgt. Und man kann sich etwas gönnen. Das war übrigens schon immer so. Wenn wir anlegen, dann sparen wir, wir legen Geld zurück, so wie früher die Leute es mit ihrem Sparstrumpf auch schon immer gemacht haben. Heute tun wir das aber mit System, mit Renditen und mit Steuervorteilen. Gut, letztere gibt es nicht mehr so viele. Der Staat verschenkt
nicht gerne. Und wenn er es tut, holt er sich das Geschenk hinten herum wieder zurück. Also sind viele Steuervorteile gar keine Geschenke, sondern eher Leihgaben. Aber nichtsdestotrotz: Irgendwie macht Altersvorsorge doch auch Spaß. Man investiert in Unternehmen, Immobilien, Infrastruktur, vielleicht sogar in Nachhaltigkeit. Man lässt das Geld arbeiten, das Vermögen wächst. Bestenfalls diversifiziert man sein Geld in verschiedene Assetklassen und Anlageformen. Und wenn man ein ausgewogenes und stabiles Portfolio sein Eigen nennen kann und es unbedingt sein muss ... herrje, dann kann man auch mit einer kleinen Summe mal spielen und mit Futures, Trading oder Kryptos zocken.
Die Produkte, die Sie mit einer Zulassung nach §34 d oder §34 f GewO empfehlen können, sind Gott sei Dank etwas konservativer und regulierter. Insofern bin ich mir sicher, dass Ihre Kunden einen guten Start in den Ruhestand haben werden. Egal ob betrieblich, privat und am besten sogar beides. Die Altersvorsorge Ihrer Kunden ist bei Ihnen in den besten Händen, da bin ich mir sicher. Auf den folgenden Seiten geht es auch um Altersvorsorge, um private wie auch betriebliche. In Zeiten von Fachkräftemangel kann bAV gar nicht oft genug bei Arbeitgebern angesprochen werden. Denn abgestimmt wird auch im Berufsleben mittlerweile mit den Füßen. Also, ran an die Buletten!
Viel Spaß beim Lesen.
Ihr Lenard von Stockhausen
finanzwelt 04 | 2023 67 EDITORIAL
ID-Nr 22129017 Titelblatt Sonderstrecke: © mikebausestock.adobe.com
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Viele Firmen kennen die Förderung nicht
Die bAV ist die Königsdisziplin der Altersvorsorge. Ein Markt, der gerade in Zeiten von Fachkräftemangel immer mehr an Bedeutung gewinnt. Altersvorsorge für Frauen ist ein genauso interessantes und weites Feld für Makler. Auch hier kann man sich gut positionieren. Echte Experten in diesen Bereichen sind Dr. Henriette Meissner, Geschäftsführerin der Stuttgarter VorsorgeManagement GmbH und Generalbevollmächtigte für die bAV bei der Stuttgarter Lebensversicherung a. G. und Per Protoschill, Leitung Vertriebsunterstützung bAV und Prokurist der Stuttgarter Vorsorge-Management GmbH. Warum und wie man am besten bAV macht, fragte Chefredakteur Lenard von Stockhausen die beiden Topmanager im finanzwelt-Interview.
finanzwelt: Frau Dr. Meissner, warum ist es so wichtig, gerade jetzt in Zeiten der Unsicherheit und Krisen, uns mit dem Thema Altersvorsorge mehr zu beschäftigen?
Dr. Henriette Meissner» Altersvorsorge muss man langfristig über Jahrzehnte denken – unabhängig von kurzfristigen Entwicklungen. Für die, die heute im Berufsleben stehen, geben die Demografie und die Inflation den Takt vor. Für alle gilt: Die gesetzliche Rente muss durch Eigenvorsorge ergänzt werden, damit der Lebensstandard gehalten werden kann. Je früher die Altersvorsorge begonnen wird, umso mehr kann der Zinseszins-Effekt unterstützen. Auch mit kleinen Beiträgen können über Jahrzehnte dann gute Ergebnisse erzielt werden. Das Risiko Inflation, die an der Rendite ‚knabbert‘, kann am besten durch Sachwertanlagen aufgefangen werden. Über lange Anlagehorizonte sind Sachwerte wie Aktien renditestark. Daher ist frühe Vorsorge, die langfristig durchgehalten wird, optimal. Also nicht kurzfristig aufgeben oder unterbrechen.
finanzwelt: Eine wichtige Säule der Altersvorsorge ist und bleibt die bAV. Herr Protoschill, warum bleibt sie so unverzichtbar und welche Vorteile bietet sie gegenüber der privaten Vorsorge?
Per Protoschill» Die bAV ist für beide Seiten der Beteiligten, Arbeitgeber und Beschäftigte, besonders vorteilhaft und deshalb unverzichtbar. Beschäftigte wissen längst, wie wichtig die Vorsorge ist. Sie schätzen Arbeitgeber, die sie
dabei durch Zuschüsse oder eine eigenständige Arbeitgeber-Rente unterstützen. Für Arbeitgeber ist damit eine gut ausgestattete Betriebsrente ein sehr wichtiges Personalinstrument, um Beschäftigte zu gewinnen und zu binden. Der Schlüssel dabei ist die Kommunikation der Vorteile – und da ist der kompetente Berater gefragt. Übrigens: Dank sehr guter staatlicher Förderung rechnet sich die Betriebsrente für Beschäftigte und Arbeitgeber. Dabei ist wieder der Berater gefragt. Denn viele Firmen kennen die Förderung nicht.
finanzwelt: Ist dieses Thema bei Frauen unterrepräsentiert? Und wenn ja, warum?
Dr. Meissner» Ja! Deswegen wird zum Glück das Gender Pension Gap auch von der Stuttgarter thematisiert. Nur zwei Beispiele für die Ursache: Oft wird die eigene Altersvorsorge auf die Zeit nach der Familiengründung verschoben. Damit werden zwischen Berufseintritt und dem ersten Kind wertvolle Jahre verschenkt, in denen die Kraft des Zinseszinses nicht genutzt wird. Und wenn das erste Kind da ist, kommt die Unterbrechung: Elternzeit gefolgt von Teilzeit, oft bis das letzte Kind ‚aus dem Haus‘ ist. Neben der Zeit, die nicht für Vorsorge genutzt wird, kommt hinzu, dass Teilzeitarbeit auch nur eine Teilzeitrente in der GRV bedeutet. Und dann ist er halt da, der Pension Gap. Hier sind Berater gefragt: Erstes Geld, erster Schritt zur Vorsorge! Familienplanung heißt, gleichberechtigte Fortführung der Altersvorsorge der Frau. Bei Beitragsfreistellung Beratung zur Familienplanung. Es gibt sehr viel zu tun. Daher hat die Stuttgarter auch am ersten Equal-Pension-Symposium am 30.06.2023 teilgenommen, das Cordula Vis-Paulus initiiert hat. Viele Anregungen zum Thema gibt es auf der Webseite: www.germanequalpensionsymposium.de.
finanzwelt: Entweder der Betrieb hat eine oder nicht. Arbeitnehmer wie Arbeitgeber sind hier kaum eigeninitiativ. Deswegen findet die bAV vielerorts nicht oder nicht richtig statt. Wie können Makler gerade bei KMU hier auch als Nicht-bAV-Profis helfen und sich als Partner der Arbeitgeber und -nehmer positionieren?
Protoschill» Da sage ich: ‚nur Mut‘. Denn Makler sind gerade bei KMU der Ansprechpartner des Vertrauens. Die Betriebsrente bei seinem Firmenkunden anzusprechen, ist deshalb
finanzwelt 04 | 2023 68 SONDERSTRECKE PRIVATE & BERUFLICHE ALTERSVORSORGE | INTERVIEW
Pflicht und ist auch nicht schwer: Alle Unternehmen suchen händeringend nach neuen Beschäftigten und dafür gibt es einen Lösungsansatz. Gerade für die Nicht-ganz-so-Profis hat die Stuttgarter Schritt für Schritt die Vorgehensweise in der Stuttgarter bAV-Lösung (https://www.bavheute.de/bavloesung/) zusammengestellt. Gerne unterstützen wir auch vor Ort bei der Umsetzung. Übrigens: Auch Profis schauen da gerne rein und holen sich Anregungen.
finanzwelt: Der Fachkräftemangel ist vielerorts ein echtes Problem geworden. Wie kann eine gute bAV-Beratung den Betrieben helfen, neue Kräfte zu finden und langfristig zu binden?
Dr. Meissner» Einspruch: Wir haben keinen Fachkräftemangel, wir haben auf allen Ebenen Arbeitskräftemangel. Und das heißt: Arbeitskräfte können sich den Arbeitgeber aussuchen und schauen immer genauer hin, was ihnen geboten wird. Eine großzügige Betriebsrente, ohne Wenn und Aber und gute Zuschüsse sind da Trumpf. Der Berater kann zusätzlich Mehrwert schaffen. Denn der Arbeitgeber muss den Wert seines Engagements für die Altersversorgung der Belegschaft auch kommunizieren. Von Beginn an und dann am besten jedes Jahr, wenn die Standmitteilung kommt.
finanzwelt: Die großen Firmen sind versorgt, aber wie sieht die Nachfragesituation in kleinen und mittleren Betrieben aus?
Protoschill» Gerade kleine und mittlere Unternehmen stehen bei der Suche nach Arbeitskräften im Wettbewerb – und im Bereich der Benefits müssen sie sich an den Großen messen
lassen. Das merken wir auch an der Nachfrage. KMU können mit einer gut durchdachten bAV mit den Großen mithalten, wenn sie aus einem System mit Arbeitgeber-Rente, Entgeltumwandlung plus großzügigem Arbeitgeberzuschuss ein attraktives Angebot machen. Wir zeigen gerne, wie das am besten geht und wie sich das rechnet. Das Sahnehäubchen ist natürlich die Nachhaltigkeit, wenn ein Produkt wie die GrüneRente der Stuttgarter eingesetzt wird. Das überzeugt nicht nur jüngere Beschäftigte.
finanzwelt: Sind Start-ups eigentlich eine Zielgruppe, auf die sich Makler fokussieren könnten und wenn ja, wie?
Dr. Meissner» Start-ups können eine Zielgruppe für Makler sein. Entscheidend ist, dass sich der Makler mit seiner wertvollen Dienstleistung, nämlich der umfassenden, unabhängigen Beratung und dem Marktüberblick sowie laufende und kompetente Betreuung bei der Firma positioniert. Damit schafft er Mehrwert. Häufig arbeiten dort jüngere Beschäftigte, für die frühzeitige Vorsorge, sachwertorientierte Vorsorge und Nachhaltigkeit eine Rolle spielen. Also fondsgebundene Rentenprodukte, wie die GrüneRente comfort+ und performance+ der Stuttgarter.
finanzwelt: Frau Dr. Meissner, Herr Protoschill, bitte vervollständigen Sie diesen Satz: Die betriebliche Altersvorsorge ist …
Dr. Meissner» … das Rezept, damit Demografie und Inflation erfolgreich geschlagen werden.
Protoschill» … der Mitarbeitermagnet und Kostenoptimierer. (lvs)
Micha Hildebrandt (vigo KV)
Dr. Henriette Meissner
Per Protoschill
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Anziehungskraft von Firmenkunden erhöhen
Der Mangel an Mitarbeitern fordert branchenweit die Unternehmen. Ein starkes und ganzheitliches bAV-Konzept wirkt dabei anziehend auf begehrte Kräfte und baut eine echte Arbeitgebermarke auf.
werden? Oder wie wird man gerade für junge Bewerber aus der Region zu einem interessanten Arbeitgeber? Fast jedes Unternehmen sieht sich dem Mangel an Arbeitskräften gegenüber und bezeichnet ihn als eines der
größten Geschäftsrisiken. Die Konkurrenz um die Ressource „Mensch“ wird in Zukunft noch größer und Bewerber werden sich stärker für Arbeitgeber entscheiden, in denen sie das attraktivste Gesamtpaket für sich erkennen.
Arbeitgebermarke aufbauen
Vermittler können genau hier ansetzen und über den Aufbau einer Arbeitgebermarke (Employer Branding), die Anziehungskraft ihrer Firmenkunden für potenzielle Mitarbeiter erhöhen. Eine gut durchdachte und gemachte betriebliche Altersversorgung mit entsprechendem Engagement des Arbeitgebers ist dafür eines der leistungsstärksten Instrumente. Um dieses möglichst erfolgreich einsetzen zu können, unterstützt die Stuttgarter ihre Geschäftspartner jetzt mit dem neuen Maßnahmenpaket „bAV? Einfach ge-
Quelle: StepStone Job-Studie 2020, eigene, vereinfachte Berechnung
finanzwelt 04 | 2023 70
Quelle: Institut der deutschen Wirtschaft (iW), 2023
Eine der dringendsten Herausforderungen, gerade für kleine und mittlere Unternehmen in Deutschland, ist der zunehmende Arbeitskräftemangel. Das belegen nicht nur offizielle Zahlen – durchschnittlich stehen jährlich rund 800.000 Stellen offen und der Anteil, der davon gar nicht besetzbar ist, steigt stetig. Auch in Gesprächen mit Personalverantwortlichen drängen strategische Fragen in den Mittelpunkt: Wie können Stellen schneller mit Fachkräften besetzt werden? Kann eine bAV zum Wettbewerbsvorteil ADVERTORIAL
macht!“. Damit eröffnen sich jedem Vermittler – egal, ob er die ersten Schritte in der bAV macht oder bereits Spezialist ist – ganz neue Vertriebsperspektiven.
bAV als Mitarbeitermagnet
Das erste Paket verfolgt das Ziel, die bAV so zu gestalten, dass sie ein richtiger Mitarbeitermagnet und echter Baustein der Arbeitgebermarke wird. Einerseits, um neue Fachkräfte anzuziehen. Andererseits, um die Zufriedenheit der Belegschaft zu erhöhen und sie noch enger ans Unternehmen zu binden. Dafür liefert die Impulspräsentation „bAV als Mitarbeitermagnet“ Argumente, Hintergrundinfos sowie weiterführende Informationen, um an den Bedürfnissen der Arbeitgeber direkt anzusetzen.
Logisch aufeinander aufbauende und ineinander greifende Vertriebsmaterialien erleichtern die bAV-Beratung und führen Vermittler und Kunden durch den Prozess. Über eine Checkliste kann der Status quo der vorhandenen Betriebsrente erfasst werden und legt zugleich das Optimierungspotenzial dar. Social-Media-Posts, Schaubilder und Mailingvorlagen erleichtern die Argu-
mentation und bespielen sämtliche Kommunikationskanäle der Vermittler.
bAV als Kostenoptimierer
Das zweite Maßnahmenpaket „Kostenoptimierer bAV“ greift eine weitere Herausforderung der Arbeitgeber auf. Deren Personalkosten haben nicht nur einen großen Anteil an den Gesamtkosten des Unternehmens. Der Mangel an Fachkräften erhöht auch ihren Druck, mit höheren Gehältern zu locken. Angesichts der zusätzlichen Belastung durch die Rekordinflation eine Zwickmühle. Auch hier ist eine gut gemachte Betriebsrente ein wirkungsvolles Instrument, um diesen scheinbar Gordischen Knoten zu lösen. Denn richtig konzipiert und umgesetzt, stellt sie eine kostenoptimierte Alternative zur „klassischen“ Lohnerhöhung dar.
Vermittler liefern, zum Beispiel mit dem „Ticketmodell“, eine Lösung für zwei aktuelle Probleme: die Optimierung von Lohnkosten bei zeitgleichem Aufbau einer Arbeitgebermarke durch den Benefit einer attraktiven Betriebsrente. Damit die Firmenkunden diese Effekte nachvollziehen können, stehen im Maßnahmenpaket Beispielrechnungen und Schaubilder zur Verfügung, die die
Vorteile einer bAV gegenüber einer Lohnerhöhung in Euro und Cent darstellen. Der Arbeitgeber kann so seine eigenen Vorteile – beispielsweise durch Sozialabgabenersparnis und steuerlicher Förderung – leicht erkennen, was sein Interesse erhöht.
Vertriebsunterstützung für eine einfache(re) bAV-Beratung
Die Stuttgarter steht als starker bAVPartner allen Vermittlern zur Seite. Mit einem leistungsstarken Produkt-Portfolio, auch als GrüneRente. Ebenso mit vollständigen Vertriebslösungen, umfangreichen Fachinformationen und innovativen Beratungstools. Bei Bedarf auch mit persönlicher Vertriebsunterstützung über die Stuttgarter VorsorgeManagement GmbH. Hier stehen den Geschäftspartnern zusätzlich bAV-Experten in allen Fragen und Vertriebsaktivitäten zur Seite. Das gibt Vermittlern jederzeit die Sicherheit, bAV „einfach machen“ zu können.
Mit der Stuttgarter machen Sie bAV einfach: www.bav-einfach-machen.stuttgarter.de
Info
Quelle: Statistisches Bundesamt/destatis; DZ Bank (VR-Gruppe)
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Der Aktien-Booster für die Altersvorsorge
Mediolanum Life Plan verknüpft einzigartige Investment-Expertise mit zukunftsfähigem Vermögensaufbau.
Andrea Boggio, Senior Business Advisor – Germany bei Mediolanum, und Dirk Fischer, Geschäftsführer der Patriarch Multi-Manager GmbH, erläutern im Gespräch mit finanzwelt, welche Vorteile das Produkt Beratern und Endkunden bietet.
finanzwelt: Welchen Ansatz verfolgt der Mediolanum Life Plan?
Andrea Boggio» Der Mediolanum Life Plan ist eine von Mediolanum International Life dac (MIL) entwickelte fondsgebundene Lebensversicherung. Er beinhaltet sowohl eine
Versicherungskomponente mit geschütztem Kapital als auch ein Engagement an den Finanzmärkten durch eine Auswahl interner Fonds, mit denen zusätzliche Erträge erzielt werden können. Das Produkt investiert in drei interne Fonds von Mediolanum: einen traditionellen globalen Aktienfonds, einen thematisch ausgerichteten Fonds sowie einen opportunistischen Fonds. Bei allen Fonds handelt es sich um Multi-Manager-Fonds, für die Mediolanum seine über 25-jährige Erfahrung bei der Auswahl von Managern nutzt, um weltweit die besten Spezialisten für die jeweilige Investment-Strategie zu finden.
finanzwelt: Wie unterscheidet sich das Produkt von seinen Mitbewerbern?
Boggio» Was dieses Produkt von anderen Angeboten unterscheidet, ist die sogenannte Intelligent Investment Strategy (IIS), mit der sowohl Marktschwankungen ausgenutzt werden als auch maßgeschneiderte und diversifizierte Anlagelösungen für den Endkunden geschaffen werden können. Die IIS kombiniert quantitative Modelle, um das Risiko-Rendite-Profil basierend auf Finanzmarkttrends zu optimieren. Sie besteht hauptsächlich aus zwei verschiedenen Phasen: der ‚Seeding‘- und der ‚Harvest‘-Phase. In der ersten Phase, wenn die Zielfondspreise unter dem Marktdurchschnitt liegen, ermöglicht IIS den Kunden, diesen Einstiegszeitpunkt zu nutzen und Anteile zu kaufen. Im Laufe der Zeit, wenn die Marktpreise wieder steigen, werden in der ‚Harvest‘-Phase Anteile zu höheren Kursen als dem Marktdurchschnitt verkauft. So werden Gewinne erzielt, die reinvestiert werden können. Der größte Vorteil für den Endkunden besteht darin, dass er systematisch unterstützt wird, sein vorab festgelegtes langfristiges finanzielles Ziel zu erreichen – und das, ohne Angst vor Marktschwankungen haben zu müssen, da diese ja der maßgebliche Erfolgsfaktor für die Strategie sind. Und in puncto Diversifizierung ermöglicht der Mediolanum Life Plan den Kunden, bei einem Investment in die IIS die von ihnen bevorzugten Fonds nach eigenen Präferenzen zu kombinieren. Eine weitere Diversifikationsebene bietet der Multi-Manager-Ansatz. Dank ihm erhalten die Kunden Zugang zur Investmentexpertise sowohl von kleineren, hoch-spezialisierten Managern als auch von international bekannten Investmenthäusern, von der Privatkunden normalerweise nicht profitieren können. Da verschiedene Manager aufgrund verschiedener Anlageprozesse und Alphazyklen eine unterschiedliche Performance aufweisen
Andrea Boggio
finanzwelt 04 | 2023 72 SONDERSTRECKE PRIVATE & BERUFLICHE ALTERSVORSORGE | INTERVIEW
ANLAGEBERATER: SIE SELBST.
Truevest, das vollautomatisierte Selbstberatungstool, das Geldanlegen einfach macht.
Bereits 100 Millionen Euro von Kunden sprechen für sich: 3,36% - 4,03% p.a. nach Kosten über die letzten 11 Jahre (Stichtag 31.12.2022)
IHR
BESTER
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können, bietet dieser Ansatz langfristig ein ausgeglicheneres Risiko-Ertrags-Verhältnis.
finanzwelt: Und wo liegen die Risiken?
Dirk Fischer» Wie alle Lebensversicherungen, die eine Anlagekomponente enthalten, investiert das Produkt einen Teil der Prämien in Finanzinstrumente, deren Wertentwicklung Marktschwankungen unterliegen kann. Allerdings nutzt die IIS diese Schwankungen gezielt aus, indem sie für die Kunden das Investment in Abhängigkeit von den durchschnittlichen Kaufpreisänderungen in die Geld- bzw. Finanzmärkte umschichtet. Je nach individuellem Risiko-Ertrags-Profil können hierbei die Schwellenwerte für den IIS-Mechanismus festgelegt werden. Darüber hinaus ist die Unterstützung durch einen erfahrenen Finanzberater ein wichtiger Erfolgsfaktor, um die eigenen finanziellen Ziele bestmöglich mit einer effektiven und langfristigen Strategie zu verbinden.
finanzwelt: Für welche Kundengruppe ist denn der Mediolanum Life Plan geeignet?
Fischer» Der Mediolanum Life Plan ist ein kapitalbildendes Produkt, deshalb ist er nicht für Personen geeignet, die bereits im Ruhestand sind und ein regelmäßiges Einkommen erzielen wollen. Er ermöglicht stattdessen einen langfristigen Kapitalzuwachs durch Diversifizierung innerhalb verschiedener Anlageprodukte. Der Kunde kann je nach seinen Vorstellungen einen oder mehrere Fonds auswählen und wird dabei von einem erfahrenen Finanzberater unterstützt. Da es sich bei Mediolanum Life Plan um ein Versicherungsprodukt handelt, kommen die Anleger außerdem in den Genuss der für Lebensversicherungen typischen Steuervorteile: Kunden, die nach erfolgreichem Vermögensaufbau mit über 65 Jahren in den Ruhestand gehen, können in vollem Umfang davon profitieren.
finanzwelt: Welche Vorteile bietet das Produkt Beratern?
Fischer» Die Planung und Umsetzung der finanziellen Ziele ihrer Kunden ist eine komplexe Angelegenheit, insbesondere wenn ein einziger Finanzberater ein Portfolio von Hunderten von Anlegern verwalten muss. Emotionale Unterstützung und Zeitmanagement sind dabei von entscheidender Bedeutung, insbesondere während der Auszahlungsphasen, wenn der Beratungsbedarf am höchsten ist. Dank des modularen Aufbaus des Produkts – basierend auf drei internen Strategien – ist der Mediolanum Life Plan eine flexible Lösung für unterschiedliche Kundenbedürfnisse. Die Intelligent Investment Strategy ermöglicht zudem ein hohes Maß an Automatisierung bei der Produktverwaltung und -pflege, da die Umschichtungen in Geld- bzw. Finanzmärkte, automatisiert durchgeführt werden.
finanzwelt: Wie hat sich die Intelligent Investment Strategy in den letzten Krisen wie beispielsweise Corona-Pandemie und Ukraine-Krieg geschlagen?
Boggio» Ich bin seit mehr als 25 Jahren in der Asset-Management-Branche tätig und die aktuelle Situation unterscheidet sich nicht wesentlich von anderen herausfordernden Zeiten in der Vergangenheit. Einzigartig ist allerdings die Anzahl unterschiedlichster Ereignisse, die die Branche zur gleichen Zeit meistern muss. Die geopolitischen Spannungen in Europa haben ein Ausmaß erreicht, wie wir es seit Jahrzehnten nicht mehr erlebt haben. Das führte zu Unsicherheit auf den Finanzmärkten und Störungen in den globalen Lieferketten. Nicht zu vergessen sind auch die daraus resultierenden höheren Produktionskosten, die hauptsächlich an die Endkunden weitergegeben wurden. Der Anstieg der Inflation führte auch zu einer besonders restriktiven Haltung der Zentralbanken. Für viele Anleger war die Volatilität an den Märkten ein Grund zum Verkaufen. Doch auf jeden wirtschaftlichen Abschwung folgt eine Erholung. Die letzten drei Jahre waren ein hervorragendes Beispiel dafür, wie die Intelligent Investment Strategie Endkunden dabei hilft, rationale und nicht emotionale Entscheidungen zu treffen und trotz schlechter Nachrichten investiert zu bleiben und die niedrigeren Einstiegspreise zu nutzen, um ihre langfristigen Ziele zu erreichen. (fw)
Dirk Fischer
finanzwelt 04 | 2023 74 SONDERSTRECKE PRIVATE & BERUFLICHE ALTERSVORSORGE | INTERVIEW
Mediolanum Life Plan
Es handelt sich um eine fondsgebundene Lebensversicherung von Mediolanum International Life dac, die die persönlichen Ersparnisse an den Finanzmärkten anlegt und gleichzeitig einen Versicherungsschutz im Todesfall des Versicherten bietet.
Die wichtigsten Vorteile
Unsere Police bietet in folgender Weise Zugang zu den globalen Finanzmärkten:
•Dynamisch, dank fortschrittlicher Investitionsdienstleistungen • Durch Diversifi zierung mithilfe der Finanzinstrumente, die den internen Fonds zugrunde liegen
Intelligent Investment Strategy, ein zusätzlicher Antrieb für Sie
Mediolanum Life Plan Investment bietet die Möglichkeit, Intelligent Investment Strategy (IIS) zu aktivieren. Diese intelligente Anlagestrategie nutzt die Cost-Averaging-Methode und ist so konzipiert, dass sie von Marktabschwüngen profitiert und diese in Kaufoptionen umwandelt. Bei regelmäßigen Ratenzahlungen erhöht sich bei jedem Rückgang des Aktienmarktes die Zahl der gekauften Quoten, wodurch der Durchschnittspreis der Vermögenswerte sinkt und die Renditechancen bei Markterholungen steigen.
Automatisches “Step-In”
Ermöglicht eine bis zu fün ache Erhöhung des Ratenbetrags, wenn der Anteilswert des Ziel-Aktienfonds gegenüber dem Referenzwert desselben Fonds einen Rückgang zwischen -5 % und -20 % verzeichnet.
Drei diversifizierte interne Fonds
Mediolanum Life Plan ermöglicht den Aufbau eines maßgeschneiderten Anlageportfolios durch freie Wahl zwischen den verfügbaren internen Fonds. Mit dem Ziel, die vom Markt gebotenen Chancen zu nutzen, investieren die internen Fonds in verschiedene Arten von Finanzinstrumenten. Die Mediolanum Group verfügt über umfangreiche Erfahrungen im Bereich Multi-Management und kann auf eine lange Erfolgsbilanz beim Scoping, der Suche und Auswahl der besten auf dem Markt verfügbaren Kapazitäten verweisen.
Geldmarkt -/ Anleihefonds
Aktien-/ Multi-Asset-Fonds
Beispielhafte Vorgehensweise der Intelligent Investment Strategy
Annahme eines Rückgangs um 5% gegenüber dem Referenzwert
Automatisches “Step-Out”
Erhöht sich hingegen der Wert des Aktienfonds (nach Wahl des Kunden um mindestens 10 % oder 20 %), überträgt der Mechanismus Beträge in den Währungsfonds, die dann wieder dem Aktienfonds zugeführt werden können.
Geldmarkt-/ Anleihefonds
x2 Verdoppelung der Einzahlung in den Fonds x10
Aktien-/ Multi-Asset-Fonds
Global Perspective
Ein interner Fonds, der in die weltweiten Aktienmärkte investiert und dabei Finanzinstrumente auswählt, die sich durch unterschiedliche Managementstile unterscheiden. Ein gemischtes Aktienport-folio, das auf die Erzielung langfristiger Renditen abzielt und eine Auswahl von Boutique-Managern enthält, um zusätzliche Alpha-Quellen zu schaffen.
Global Thematic
Ein interner Aktienfonds, der sich bei seinen Investitionen auf globale Chancen in bestimmten Gebieten und Sektoren konzentriert. Ein zukunftsorientiertes Portfolio, das in innovative, schnell wachsende Chancen investiert. Der interne Fonds stützt sich auf das spezialisierte Anlagewissen von regional hoch spezialisierten Nischenmanagern.
Global Discovery
Ein interner globaler Aktienfonds, der sich bei seinen Investitionen auf Markttrendthemen konzentriert. Ein gut diversifiziertes Portfolio mit einem thematischen Ansatz, um die vielversprechendsten langfristigen Trends wie erneuerbare Energien, Cloud-Computing und Nachhaltigkeit zu nutzen.
Beispielhafte Vorgehensweise der Intelligent Investment Strategy
Annahme eines Anstiegs um 10% gegenüber dem Referenzwert
Haftungsausschluss Mediolanum International Life dac („MIL“) unterliegt der Aufsicht der Central Bank of Ireland als Einrichtung, die gemäß den Verordnungen der Europäischen Union (Versicherung und Rückversicherung) von 2015 zugelassen wurde, Geschäfte im Bereich Lebensversicherungen zu tätigen. Der hierin enthaltene Kommentar gibt die Meinung von MIL wieder und kann im Laufe der Zeit Änderungen unterliegen. Diese Verö entlichung wurde von MIL zu Informationszwecken herausgegeben und richtet sich ausschließlich an professionelle Anleger. Es wird empfohlen, dass Sie sich hinsichtlich Ihrer individuellen fi nanziellen Situation an einen professionellen Berater wenden und sich nicht auf Material aus dieser Publikation oder den Medien verlassen. Der Inhalt dieser Publikation stellt keine Empfehlung zum Kauf oder Verkauf eines bestimmten Wertpapiers oder zur Verfolgung einer bestimmten Anlagestrategie dar. Eine Zusammenfassung der mit einer Anlage in den Fonds verbundenen Anlegerrechte ist auf Englisch, Italienisch, Deutsch, Spanisch und Katalanisch unter https://www.mifl .ie/ir erhältlich.
Gleicher Lohn für gleiche Arbeit, gleiche bAV für gleichen Beschäftigungsgrad?
Immer wieder scheint der Gleichheitsgrundsatz für Teilzeitbeschäftigte in Unternehmen nicht vollständig durchdacht und umgesetzt zu sein. Und immer wieder beschäftigen sich folglich auch die Gerichte mit Klagen gegen geringere Vergütung oder geringere Versorgungsleistungen. Erst Anfang des Jahres hat das Bundesarbeitsgericht (BAG) wieder bestätigt, dass Teilzeitkräfte gemäß § 4 Abs. 1 des Teilzeit- und Befristungsgesetzes (TzBfG) einen Anspruch auf gleichen Lohn für gleiche Arbeit haben (Urteil vom 18. Januar 2023; 5 AZR 108/22).
Das jüngste Verfahren zur Höhe einer betrieblichen Altersversorgung (bAV) wurde beim BAG am 20. Juni 2023 ent-
schieden. Die Klägerin wehrte sich gegen eine überproportionale Leistungskürzung in der Versorgungsordnung für Teilzeitbeschäftigte, da durch die angewandte Berechnungsweise des Arbeitgebers nur ihr Beschäftigungsgrad der letzten zehn anrechnungsfähigen Dienstjahre berücksichtigt wurde. In diesen zehn Jahren hat die Klägerin nur in Teilzeit gearbeitet. 21 Jahre ihrer Betriebszugehörigkeit jedoch in Vollzeit, was bei der Festlegung des Festrentenbetrages, der in der Berechnung der monatlichen Betriebsrente zugrunde gelegt wird, nicht einbezogen wurde. Hier zeigt sich einmal mehr die Bedeutung einer klar formulierten und fairen Versorgungsordnung, welche die Gleichbehandlung von Vollzeit- und Teilzeitbeschäftigten berücksichtigt und einige grundlegende Richtlinien befolgt.
finanzwelt 04 | 2023 76 SONDERSTRECKE PRIVATE & BERUFLICHE ALTERSVORSORGE | TEILZEITBESCHÄFTIGTE
Außenansicht des Bundesarbeitsgerichts, Eingang - © BAG
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Zeitanteiliges Prinzip als Grundsatz
Das TzBfG garantiert Teilzeitbeschäftigten grundsätzlich auch für die betriebliche Altersversorgung gleiche Ansprüche. Mögliche Benachteiligungen werden durch das sogenannte zeitanteilige oder zeitratierliche Prinzip vermieden: Arbeitnehmer in Teilzeit müssen grundsätzlich Leistungen wie die bAV in dem Umfang erhalten, der anteilig der Arbeitszeit eines Vollzeitbeschäftigten entspricht.
Unterschied zwischen Arbeitsentgelt und bAV
Während das Gehalt in unmittelbarer Relation zur Arbeitsleistung eines Arbeitsnehmers steht, handelt es sich bei der bAV um eine Leistung, die zwar auch zum Arbeitsentgelt zählt, die aber grundsätzlich ab der Betriebszugehörigkeit zu berücksichtigen ist und erst im Versorgungsfall die konkrete Leistung widerspiegelt. Im Hinblick auf die Gleichbehandlung ist es also geboten, die Versorgungsleistungen basierend auf den Verhältnissen während der Gesamtdauer des Arbeitsverhältnisses zu berechnen.
Grundlage für bAV: Gesamtbeschäftigungsgrad
Für Arbeitnehmer in Teilzeit muss die Bemessung der Betriebsrente grundsätzlich nach dem zeitanteiligen Prinzip erfolgen. Ausgehend von einer Vollzeitbeschäftigung wird für jeden Monat der Betriebszugehörigkeit der genaue Beschäftigungsanteil ermittelt. Die Summe aller Beschäftigungsgrade wird dann durch die Anzahl der Monate geteilt. Das Ergebnis ist der Gesamtbeschäftigungsgrad. Dieser wird dann der Berechnung der monatlichen Betriebsrente zugrunde gelegt.
Laut BAG (Urteil vom 23. März 2021; 3 AZR 24/20) muss dazu zunächst der Höchstrentenanspruch eines Vollzeitbeschäftigten ermittelt werden. Im nächsten Schritt wird dann der individuelle Gesamtbeschäftigungsgrad des Teilzeitbeschäftigten darauf angerechnet.
Beispielhafte Versorgungsordnung
Angesichts der zahlreichen Regelungen und vielfältigen Gestaltungsmöglichkeiten einer Versorgungsordnung sind eindeutige und leicht verständliche Informationen über die Vereinbarungen zur bAV für die Mitarbeiter von besonderer Bedeutung. Dies betrifft auch und vor allem konkrete Angaben zur Umsetzung des zeitanteiligen Prinzips. Hilfreich sind in diesem Zusammenhang auch konkrete Berechnungsbeispiele zur Höhe der künftigen Betriebsrente, die gleichbleibende und wechselnde Teilzeitgrade umfassen sollten. Diese schaffen nicht nur Klarheit für Arbeitnehmer, sondern schützen Arbeitgeber letztlich auch vor künftigen Rechtsstreitigkeiten.
Unter Berücksichtigung einer Begrenzung der versorgungsfähigen Dienstzeit ergibt sich folgende Beispielrechnung:
Ein Mitarbeiter hat während seiner 31-jährigen Betriebszugehörigkeit zeitweise in Vollbeschäftigung und in wechselnden Teilzeitgraden gearbeitet. Aus der monatsgenauen Ermittlung ergibt sich ein Gesamtbeschäftigungsgrad von 87,84 % (im Vergleich zu einem Vollzeitbeschäftigten). Sieht die Versorgungszusage beispielweise 10 Euro Betriebsrente pro Dienstjahr vor, dann sind es im obigen Beispiel für den Teilzeitbeschäftigen 8,78 Euro pro Dienstjahr. Bei einer Begrenzung der versorgungsfähigen Dienstzeit auf 25 Jahre ergibt sich daraus eine künftige Betriebsrente in Höhe von 219,16 Euro (10 Euro x 25 Jahre x 87,842 Prozent = 219,61 Euro).
Beim oben genannten BAG-Verfahren ist dieser Gesamtbeschäftigungsgrad – zum Nachteil der Klägerin – in den Vorinstanzen nicht vollständig zur Anwendung gekommen, weil nur die letzten zehn Jahre für die Berechnung des Festrentenbetrages herangezogen wurden. Das BAG hat am 20. Juni 2023 nun entschieden, dass keine Diskriminierung zugrunde liegt und ein Betrachtungszeitraum von 10 Jahren vor dem Ausscheiden zur Bestimmung des maßgeblichen Beschäftigungsumfangs auch bei Teilzeitkräften nicht zu beanstanden ist. Dies sei der Lebensstandard, auf den sich ein angehender Betriebsrentner eingerichtet habe und ein ausreichend repräsentativer Zeitraum. Aus Sicht der Versorgungsberechtigten, die in dem entschiedenen Fall 21 Jahre in Vollzeit und nur die letzten 15 Jahre in Teilzeit gearbeitet hatte, ist das sicherlich ein unbefriedigendes Ergebnis. Falls Arbeitgeber die Versorgungszusage fairer gestalten wollen, sollten sie den Beschäftigungsgrad über die gesamte Beschäftigungszeit berücksichtigen.
BAG lässt Teilzeitquotient nur für die letzten zehn Erwerbsjahre zu
finanzwelt 04 | 2023 78 SONDERSTRECKE PRIVATE & BERUFLICHE ALTERSVORSORGE | TEILZEITBESCHÄFTIGTE
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Betriebliche Altersversorgung
Einfach genau richtig für Unternehmen und Mitarbeiter.
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Vertriebsaktion: bAV? Einfach gemacht! Holen Sie sich Vertriebsunterstützung zum Download: bAV-einfach-machen.stuttgarter.de
Fondspolicen:
Passende Lösungen für den Ruhestand
Bei der Finanzplanung müssen unterschiedliche Lebensphasen und -situationen der Kundinnen und Kunden berücksichtigt werden. Versicherungslösungen bieten dabei nicht nur beim Vermögensaufbau, sondern gerade auch für die Entwicklung einer Einkommensstrategie im Alter sehr attraktive Möglichkeiten.
Kundinnen und Kunden der Generation 60plus stehen vor der wichtigen Frage, wie im Ruhestand ein Alterseinkommen in Höhe des bisherigen Nettoeinkommens generiert werden kann, um den bisherigen Lebensstandard halten zu können. Eine professionelle Finanz- und Ruhestandsplanung ist in dieser Phase absolut notwendig, weil zunächst genau ermittelt werden muss, was der Ruheständler an Ausgaben haben wird, welche laufenden Einnahmen dafür benötigt werden und welcher Anteil noch investiert bleiben kann. Kern der Planung ist also die Entwicklung einer Einkommensstrategie für das Alter. Dabei gilt es, vor allem die individuell
passende Kombination verschiedener Lösungen zu finden. Hier können Versicherungsprodukte ganz hervorragend eingesetzt werden. Insbesondere die Kombination von sofort beginnender Rente und fondsgebundenen Lebensversicherungen erfreut sich immer größerer Beliebtheit, weil sie sich besonders flexibel handhaben lässt und sehr
gut zum Bedarf der Ruheständler passt. Wie kann aber eine Kombination der beiden Lösungen aussehen?
Die Rente muss sicher sein Die sofort beginnende Rente sollte genutzt werden, um die laufenden, relativ fixen Ausgaben – wie beispielsweise für Miete, Mobilität oder Lebenshaltung
Vorteile der Sofortrente von Standard Life
Mit der FREELAXSOFORT bekommen Sie zusätzlich zur gesetzlichen Rente Versorgungssicherheit und Planbarkeit fürs Alter.
Die Sofortrente bietet gegenüber der gesetzlichen Rente Steuervorteile bei der Ertragsanteilsbesteuerung.
Wir bieten einen attraktiven Rentenzins: Ab 01.08.2023 gewährten wir 2,75 % (freibleibend).
Sie schützen Ihr Vermögen vor dem Auf und Ab der Märkte: Sie erhalten die zu Rentenbeginn vereinbarte Summe regelmäßig und garantiert ein Leben lang.
finanzwelt 04 | 2023 80 ADVERTORIAL Foto: © Salsabila Ariadinastock.adobe.com
– mit entsprechenden laufenden Einnahmen zu decken. Dabei stehen nicht die Erträge oder die Rendite, sondern die Risikoabsicherung gegen die Langlebigkeit im Vordergrund. Hierfür bietet sich besonders eine Rente an, die vollgarantiert ist. Standard Life bietet seit der letzten Rentenzinserhöhung auf 2,75 % eine der höchsten vollgarantierten Renten im deutschen Markt an. Vollgarantiert bedeutet nicht nur in voller Höhe, sondern auch lebenslang garantiert. Es sollte aber nicht mehr verrentet werden, als für die vollumfängliche Deckung der fixen Ausgaben notwendig ist. Das übrige Kapital sollte auch im Alter weiter renditeorientiert investiert bleiben. Denn Statistiken belegen, dass es vielen älteren Kundinnen und Kunden wichtig ist, dass das über lange Zeit angesparte Geld nicht durch die Inflation an Wert verliert und dass sie Vermögen bewahren und weitergeben möchten. Um dies zu erreichen, bietet sich eine fondsgebundene Lebensversicherung an.
Flexibilität und Renditechancen bis ans Lebensende Fondsgebundene Lebensversicherungen werden meist bis zur üblichen Lebenserwartung oder darüber hinaus abgeschlossen. Bei Standard Life kann die Lebensversicherung „WeitBlick“ beispielsweise bis zum Endalter 100 abgeschlossen werden. Dadurch können Kundinnen und Kunden lebensbegleitend und bis ins hohe Alter von den Anlagemöglichkeiten einer qualitativ hochwertigen Fondsauswahl profitieren und das angesparte Vermögen weiter vermehren. Ein großer Vorteil von Fondspolicen ist, dass die gewählte Anlagestrategie jederzeit veränderbar ist und die notwendigen Umschichtungen kosten- und steuerfrei möglich sind.
Ein weiterer Pluspunkt ist die hohe Flexibilität von fondsgebundenen Lebensversicherungen. Kundinnen und Kunden haben jederzeit Zugriff auf ihr Geld und können es innerhalb weniger Tage aus dem Vertrag entnehmen. Dadurch ist es problemlos möglich, spontane,
WeitBlick macht mehr für die Zukunft
Renditechancen
Finanzielle Planbarkeit
Flexibilität
Fondsauswahl management ko, den einer und schützt chen, tienmärkten.
Risikoadjustierte liostrategien
Steuervorteile
Komfort bei Vermögensübertragung
Die Aktienmärkte sind auf einem Rekordniveau, die Zinsen bleiben historisch niedrig und gleichzeitig sind Milliarden zu vererben. Gerade vermögende Kunden fragen sich, wie sie ihr Geld anlegen können beziehungsweise wie sie das angesparte Vermögen auf die kommende Generation übertragen können. Mit WeitBlick bietet Standard Life hier die passende Antwort.
Die fondsgebundene Lebensversicherung richtet sich an Kunden mit einem frei verfügbaren Vermögen ab 25.000 EUR bis fünf Millionen EUR, das sie in Form eines Einmalbeitrages anlegen möchten. Mithilfe der „Family Option“ können Versicherungsnehmer frühzeitig ihr Vermögen zwischen den Generationen übertragen, indem sie ihren Vertrag auch mit zwei Versicherungsnehmern und/oder zwei versicherten Personen ausgestalten
über die laufenden Fixkosten hinausgehende Ausgaben zu tätigen oder sich auch einmal einen lang gehegten Traum im Alter zu erfüllen. Sollten sich die fixen Ausgaben einmal verändern, kann die Einkommensstrategie mit einem automatisierten Auszahlplan und monatlichen, viertel- oder halbjährlichen Auszahlungen angepasst werden. Auf der anderen Seite ist es aber auch möglich, den Vertrag durch Zuzahlungen wieder aufzustocken. Eine fondsgebundene Lebensversicherung wie WeitBlick kann also als eine Art „Ruhestandskonto“ für die Vermögensorganisation im Alter fungieren.
Hinterbliebenenabsicherung
können. Dabei können sie selbst entscheiden, ob sie ihren Ehepartner, ihr Kind oder eine andere ihnen nahestehende Person als zweiten Versicherungsnehmer einbinden möchten. Für diese Vermögensübertragung zu Lebzeiten sind weder notarielle Beurkundungen noch spätere testamentarische Aktualisierungen notwendig. Zudem können Versicherungsnehmer Freibeträge bei der Erbschaft- und Schenkungsteuer nutzen.
mit FREELAXSOFORT nicht nur eine der höchstverzinsten, sofort beginnenden Renten, sondern mit WeitBlick auch eine sehr attraktive und äußerst flexible fondsgebundene Lebensversicherung. Die passenden Produkte sind aber natürlich nicht alles. Standard Life liefert Beraterinnen und Beratern konkrete Vertriebs- und Verkaufsideen und Online-Seminare. Unsere Maklerbetreuer sind zu zertifizierten Ruhestandsplanern ausgebildet worden und stehen Ihnen als kompetente Ansprechpartner gerne zur Seite.
Ihren zuständigen Sales Consultant finden Sie unter:
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Zusätzlich können Kundinnen und Kunden frühzeitig ihr Vermögen an die nachfolgenden Generationen übertragen, indem sie ihren Vertrag auch mit zwei Versicherungsnehmern und/oder zwei versicherten Personen ausgestalten. Für diese Vermögensübertragung zu Lebzeiten sind weder notarielle Beurkundungen noch spätere testamentarische Aktualisierungen notwendig. Zudem nutzen Versicherungsnehmer Freibeträge bei der Erbschafts- und Schenkungssteuer.
Eine gute Kombination: Ruhestandsplanung und Standard Life Für eine erfolgreiche Einkommensstrategie im Alter bietet Standard Life
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WeitBlick bietet darüber hinaus einen flexiblen Auszahlungsplan mit verschiedenen Varianten. Der Plan mit automatischen monatlichen, viertel-, halb- oder jährlichen Auszahlungen kann als Ergänzung zu bereits vorhandenen Rentenzahlungen aus der gesetzlichen Rente, der privaten oder betrieblichen Altersvorsorge genutzt werden. Er kann flexibel in Höhe und Laufzeit geändert werden.
Ein weiterer interessanter Baustein ist das Startmanagement. Der Einmalbeitrag wird zunächst in sicherheitsorientierte Startfonds investiert und in einem Zeitraum von ein bis drei Jahren sukzessive in die gewünschte
Das Thema angebotenen de Rolle. se modernen sind in stufungen dem zuständigen team decken fensiv“ Der Berater seinem koeinstufung. genau, reich und dass Risikoprofil wirtschaften verschiedenen ander pro Monat los umschichten.
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Zusätzlich lio-Fonds Lösung, ihre Kundenbeziehungen ren können. wichtig regulatorischen im Rahmen künftig
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Quelle: Standard Life
SACHWERTE & IMMOBILIEN | EUROPEAN LONG-TERM INVESTMENT FUND finanzwelt 04 | 2023 82
Kann ELTIF 2.0 den
Sachwertemarkt beleben?
Anbieter von Beteiligungen für Privatanleger schätzen Möglichkeiten unterschiedlich ein
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Denken Anleger an strukturierte Sachwertebeteiligungen mit Immobilien, Erneuerbaren Energien und Infrastruktur, fallen ihnen offene und geschlossene Fonds ein. Es gibt eine Alternative, die sich am Markt aus einer Vielzahl von Gründen jedoch noch nicht durchgesetzt hat: Der European Long-Term Investment Fund, kurz ELTIF. Die Europäische Union hat ihn 2015 geschaffen, um langfristige Investitionen in illiquide Privatmarktanlagen zu ermöglichen, gemeint sind nicht-börsennotierte Anlageobjekte. Ab Anfang 2024 gelten neue Regeln, die nicht nur die Konzeption des ELTIF, sondern außerdem eine Zeichnung für alle Beteiligten erheblich erleichtern. Manche Anbieter von Kapitalanlagen für private Investoren warten sehnlichst darauf und haben bereits konkrete Pläne. Andere wollen erst einmal abwarten.
Bislang eignen sich ELTIF ausschließlich für vermögende Anleger. Sie müssen ein Vermögen von mindestens 100.000 Euro nachweisen und dürfen höchsten 10 % davon in einen ELTIF investieren, also 10.000 Euro. Das schreckte offenbar die meisten Emissionshäuser ab. Einzig die Commerzbank-Tochter Commerz Real hat für ihre privaten Kunden einen ELTIF am Standort Luxemburg aufgelegt, der in Erneuerbare Energien investiert. Offenbar die richtige Entscheidung, denn der „klimaVest“ ist eine Erfolgsgeschichte. Seit seiner Auflage Ende Oktober 2020 haben rund 10.000 Anleger das Fondsvolumen auf 1,2 Mrd. Euro erhöht. Das ist ungefähr der gesamte aktuelle Eigenkapitalumsatz aller geschlossenen Publikums-AIF in einem durchschnittlichen Jahr.
Kein Wunder, dass nun auch andere Anbieter ihre Chancen bei dem ELTIF wittern. Sie wollen den AIF allerdings nicht komplett gegen den ELTIF austauschen, sondern ihre Angebotspalette ergänzen. „Wir sehen den AIF weiterhin als Hauptlösung zur Investition in Sachwerte. Aber er wird den Markt erweitern und bereichern: AIF und ELTIF gemeinsam werden mehr Investitionskraft und damit noch mehr Momentum für unsere Investments mit Klimaschutzwirkung bieten“, sagt Tjark Goldenstein, geschäftsführender Gesellschafter der ÖKORENTA Invest GmbH. ÖKORENTA platziert seit vielen Jahren geschlossene Fonds mit Investitionen in Windrädern und Solaranlagen, arbeitet aber „mit Hochdruck an einer ELTIF-Realisierung im kommenden Jahr.“ „Wir sehen ganz neue Anlegerkreise, die wir mit diesem Instrument erschließen können – Anleger, für die unsere AIF nicht in Frage kommen“, so Goldenstein. „Beim AIF sind die Investments enger umrissen, klarer beschrieben. Beim ELTIF investieren Anleger globaler in eine Assetklasse, wobei die Investmentziele nicht so eindeutig sind wie in einem AIF. Durch die Fungibilität sind an das Fondsmanagement zudem ganz andere Ansprüche an die Assetverwaltung gestellt. Wir se-
hen beim ELTIF nicht das Buy-and-hold eines AIF-Portfolios, sondern eine deutlich höhere Volatilität in Zulauf und Verkauf von Assets.“
Die hep-Gruppe dagegen, ebenfalls ein Anbieter von Fonds mit Investitionen in Erneuerbare Energien, sieht keine Priorität, an einem ELTIF zu arbeiten. Das mag verwundern, da hep seit März 2023 Heiko Szczodrowski als CEO der hauseigenen HEP Kapitalverwaltung AG verpflichtet hat. Er kommt von der Commerz Real und verantwortete dort die Produktentwicklung und -einführung des „klimaVest“. Doch unter anderen Voraussetzungen. „Startkapital für ein diversifiziertes Startportfolio mit 150 Mio. Euro und bereits vorhandene Strukturen zum Liquiditätsmanagement eines Fonds, der Rückgaben bedient, waren vorhanden“, sagt Szczodrowski.
Europaweit ist der Markt der ELTIF 2022 im Vergleich zum Vorjahr um rund 50 % gewachsen. Scope kommt in einer aktuellen Studie auf ein Volumen von 11,3 Mrd. Euro. Es verteilt sich gleichmäßig auf die Assetklassen Private Equity, Private Debt und Infrastruktur. Produkte für Privatanleger kommen auf ein platziertes Kapital von 2,5 Mrd. Euro. Im Retailgeschäft bleibt Italien der größte Markt. Rund 95 % des italienischen ELTIF-Volumens von 2,6 Mrd. Euro stecken in Produkten, die hauptsächlich an Privatkunden vertrieben werden. Auf den Vertrieb von ELTIF dort wirken sich Steuererleichterungen weiterhin positiv aus. „Die Erfahrungen zeigen, dass steuerliche Anreize für Investitionen in ELTIF sehr förderlich sind“, meinen die Scope-Experten: „Es wäre daher sinnvoll, wenn weitere Nationen wie Deutschland steuerliche Anreize für ELTIF einführen würden, um so signifikante Investitionen aus Privatvermögen in den Transformationsprozess der europäischen Wirtschaft in Richtung CO2-Neutralität zu initiieren.“
Die Europäische Union hat den ELTIF hauptsächlich für Investitionen in Infrastruktur und Erneuerbare Energien vorgesehen. Er eignet sich unter Umständen aber auch zum Beispiel für die Beteiligung an Immobilien. Verifort Capital vertreibt derzeit einen Publikums-AIF mit Investitionen in Sozialimmobilien und bereitet einen Value-Add-GewerbeFonds vor. „Zeit für die Strukturierung eines ELTIFs haben wir in diesem Jahr also nicht mehr. Wir werden uns jedoch intensiv mit diesem Thema beschäftigen und auch prüfen, ob wir für unsere Anleger und Investoren im Jahr 2024 einen wirtschaftlich attraktiven ELTIF initiieren werden“, sagt Frank Huber, CEO der Verifort Capital Group. Er berichtet aus Gesprächen mit Vertriebspartnern, dass sich die Vermittler noch keine gefestigte Meinung zum ELTIF gebildet haben, rechnet aber damit, dass er ein erhebliches Potenzial besitzt – und durchaus eine Chance hat, dem AIF in den
finanzwelt 04 | 2023 84 SACHWERTE & IMMOBILIEN | EUROPEAN LONG-TERM INVESTMENT FUND Foto: © Alexander Limbachstock.adobe.com
kommenden Jahren den Rang abzulaufen. „Vielleicht ist der ELTIF sogar das Instrument, mit dem wieder mehr Schwung und vor allem Investitionskapital in den Markt kommt“, so Huber.
Für PATRIZIA GrundInvest kommentiert Geschäftsführer Andreas Heibrock die kommenden Bedingungen ebenfalls positiv: „Mit der Überarbeitung der ELTIF-Verordnung hat der ELTIF stark an Attraktivität gewonnen. Die Grundidee, einen Fonds zu haben, der ohne Zusatzaufwand in der EU –auch an Privatinvestoren – vertrieben werden kann, war eine gute. Leider wurde sie durch Investitionsrestriktionen und ein starres Korsett an Vorgaben insbesondere im Vertrieb ausgebremst. Daher gehen wir davon aus, dass der Markt spätestens Anfang 2024, wenn das neue Regelwerk anwendbar ist, einen Aufschwung erleben wird.“ Er betrachtet den ELTIF im Bereich der Infrastruktur als ideal. Auch wenn Immobilien als Assetklassen künftig denkbar sind. „Für Real Estate sind wir aufgrund der Leverage-Beschränkungen ein wenig skeptisch“, so Heibrock. Immerhin wird der ELTIF 2.0 seine Fremdkapitalquote von 30 % auf 50 % erhöhen.
Dennoch stellt der im Vergleich zum AIF geringe Darlehensanteil auch für Volker Arndt, Geschäftsführer des auf USA-Fonds spezialisierten Anbieters US TREUHAND, einen Minuspunkt dar: „Der ELTIF unterliegt strengeren Anforderungen an den Leverage, so dass der Anleger nur in geringerem Maß von der Aufnahme von Fremdkapital profitieren kann.“ Seiner Ansicht nach wird sich das überarbeitete Produkt bei Initiatoren durchsetzen, die Sachwerte wie Infrastruktur und Private EquityAIF grenzüberschreitend im Europäischen Wirtschaftsraum an Kleinanleger vertreiben möchten. Denn das ist ein Vorteil des ELTIF: Er kann an Investoren im gesamten europäischen Wirtschaftsraum platziert werden.
Doch das trifft offenbar nicht so ganz den Nerv der deutschen Finanzberater. „Zum jetzigen Zeitpunkt reagieren unsere Vertriebspartner trotz der Erleichterungen im Vertriebsprozess noch sehr verhalten beim Thema ELTIF. Das ist für uns wenig überraschend, da der ELTIF bisher wenig Beachtung fand und die neuen Regeln sich erst noch in der Praxis bewähren müssen“, sagt Fabian Spindler, Geschäftsführer beim US-Fonds-Marktführer Jamestown US-Immobilien GmbH. Ein ELTIF sei daher aktuell nicht geplant.
Andere Anbieter möchten erst einmal abwarten, zum Beispiel der Marktführer aus den vergangenen Jahren im Eigenkapital-Umsatz bei Publikums-AIF, die DEUTSCHE FINANCE GROUP. Ähnlich äußert sich die auf Fach- und Baumärkte spezialisierte Hahn-Gruppe auf Nachfrage dazu. Auch die BVT Unternehmensgruppe aus München will die
Entwicklung rund um das Thema ELTIF insbesondere unter dem Aspekt einer ergänzenden Anlagealternative für Privatanleger erst einmal beobachten. „Durch die Änderung der Regelungen für den ELTIF, die ab Januar 2024 gelten, insbesondere durch die Erweiterung des Anlagespektrums und des Wegfalls vieler Hürden für den Vertrieb an Privatanleger kann sich der ELTIF durchaus zu einer attraktiven Anlageform entwickeln. Allerdings sehen wir die Bedeutung von AIF, die sich über die vergangenen zehn Jahre seit Einführen des Kapitalanlagegesetzbuches gut am Markt etabliert haben, durch ELTIF nicht in Frage gestellt“, so Martin Krause, Geschäftsführer der BVT Beratungs-, Verwaltungsund Treuhandgesellschaft für internationale Vermögensanlagen mbH.
Uneinheitlich sind die Antworten der befragten Anbieter in der Frage, ob die Banken ihren privaten Kunden verstärkt wieder Sachwerte anbieten werden. Eine Vielzahl der vor einigen Jahren vertriebsstarken Banken und Sparkassen hat sich als Reaktion auf Pannen und Pleiten vergangener Jahre vor der Regulierung komplett aus dem Geschäft mit geschlossenen Publikumsfonds verabschiedet. „Definitiv! Die Abwicklung eines ELTIF über digitale Plattformen und schlanke Verwaltungsstrukturen ist viel leichter. Durch Fungibilität und niedrige Mindestzeichnungssummen ist zudem eine deutlich größere Zielgruppe erreichbar. Mit dem ELTIF als Produkt mit Wertpapierkennnummer, das in Depots gebucht werden kann, werden sich ganz neue Kundenkreise erschließen lassen“, ist ÖKORENTA-Chef Goldenstein euphorisch.
Andere sind zurückhaltender. Andreas Heibrock zum Beispiel: „Die aktuelle Zurückhaltung der Investoren bei Sachwerten ist aus unserer Sicht eher auf die Rahmenbedingungen und die Unsicherheiten am Markt zurückzuführen. Der ELTIF kann sicherlich hilfreich sein; den einen oder anderen Vertriebspartner zu gewinnen, aber das Sentiment am Markt wird sich dadurch nicht grundsätzlich ändern.“
Markus Gotzi Chefredakteur
„Der Fondsbrief“
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DEUTSCHE FINANCE
Logistikimmobilien profitieren seit Jahren sehr stark von den strukturellen Veränderungen im Logistikbereich. Geopolitische Ereignisse und verändertes Verbraucherverhalten treiben dabei die Nachfrage nach Logistikflächen weiter an. Die DEUTSCHE FINANCE GROUP positioniert sich in diesem Marktumfeld als strategischer Investor und gründet dafür eine eigene Investmentplattform für Logistikinvestments in Großbritannien. finanzwelt im Interview mit den beiden Co-Founding-Partnern der Deutsche Finance International, Frank Roccogrande und Gavin Neilan.
finanzwelt: Der Logistikmarkt bietet derzeit ein attraktives Umfeld für Investoren. Erläutern Sie uns bitte die Besonderheiten dieser Assetklasse.
Gavin Neilan» Logistik ist die Basis moderner Volkswirtschaft und essenziell für die Versorgung globaler Wirtschaftszweige. Der Wohlstand Europas, einer der am dichtesten be-
sich
siedelten Wirtschaftsregionen der Welt, basiert auf einem komplexen Liefer- und Logistiknetz zwischen einer Vielzahl von Regionen und Metropolen. Logistikimmobilien dienen dabei der Versorgung der Bevölkerung mit lebensnotwendigen Gütern, Industrie und Handel sind von funktionierenden Lieferketten abhängig. Neue Handels- und Produktionskonzepte führen zu innovativen Logistiklösungen, wie beispielsweise in der Just-in-Time-Produktion. Mit der attraktiven Assetklasse der Logistikimmobilien erhalten Investoren Zugang in den Logistiksektor und profitieren von einer renditestarken Investmentstrategie in Hinblick auf Risiko, Sicherheit und Rendite. Denn Logistikimmobilien sind flexibel nutzbar, leicht drittverwendungsfähig und können zukünftige Anforderungen an Ausstattung und Funktion leichter adaptieren als andere Immobilienarten. Leerstände bei Logistikimmobilien in den Kernländern des europäischen Logistiknetzes sind gering, bei überschaubarer Neubautätigkeit. Logistikimmobilien haben sich in den
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ADVERTORIAL
GROUP positioniert
als strategischer Investor mit eigener Logistik-Plattform in Großbritannien
letzten Jahren erheblich resilienter gezeigt als andere Anlageklassen und erwirtschaften attraktive Renditen. Sie gelten bei institutionellen Investoren als Immobilieninvestment der Zukunft, und Assets, die zusätzliche Anforderungen an Nachhaltigkeit und Umweltschutz erfüllen können, performen zudem überdurchschnittlich.
finanzwelt: Welche Nutzung sind neben der klassischen Lagerhalle gefragt?
Frank Roccogrande» Es gibt heute verschiedene Arten von Logistikimmobilien, die je nach ihrer Funktion und Nutzung unterschieden werden können. Einige Beispiele dafür sind die klassischen Lagerhäuser, die lediglich zur Lagerung von Waren und Gütern verwendet werden. Distributionszentren wiederum dienen als Hauptumschlagplatz für den Warenfluss von einem zentralen Standort zu verschiedenen Zielorten. Sie sind strategisch günstig gelegen, um den Versand an Einzelhandelsstandorte, Kunden oder andere Vertriebszentren zu erleichtern. Logistikparks beispielsweise bestehen aus mehreren Gebäuden und bieten eine Kombination von Logistikdienstleistungen an einem Standort. Moderne Logistikimmobilien, die sich schwerpunktmäßig über die letzten Jahre entwickelt haben, sind beispielsweise E-Commerce-Logistikzentren. Diese Art von Logistikimmobilien ist auf die spezifischen Anforderungen des Online-Handels ausgerichtet. Sie umfassen oft automatisierte Sortier- und Verpackungssysteme, um den schnellen Versand von Online-Bestellungen zu ermöglichen. Fulfillment-Zentren sind auf die Abwicklung von Bestellungen und die Bereitstellung von Produkten für den Endkunden spezialisiert. Sie verfügen über effiziente Kommissionierungs- und Verpackungsprozesse, um eine schnelle Lieferung der Bestellungen sicherzustellen. Die genaue Art der Logistikimmobilie hängt von Faktoren wie dem Verwendungszweck, der Größe, der geografischen Lage und den logistischen Anforderungen des nutzenden Unternehmens ab.
finanzwelt: Welche Veränderungen sehen Sie derzeit im Markt, die für die Entwicklung von Logistikimmobilien vorteilhaft sein können?
Neilan» Wesentlicher Treiber der Nachfrage nach Logistikimmobilien ist der Bereich E-Commerce. So stimuliert der expansive Online-Handel die Nachfrage nach Logistikkonzepten. Ein verändertes Verbraucherverhalten sorgt zudem für weiteren Nachfrageschub, wie Same-Day-Delivery-Konzepte, die ein enges Netz an lokalen Logistik-Hubs erfordern. Ein begrenztes Angebot an Flächen steht zudem aktuell einer stark wachsenden Nachfrage gegenüber. Logistikimmobilien profitieren derzeit sehr stark von strukturellen Veränderungen im Logistikbereich. Geopolitische Ereignisse führen dabei zu neuen Strukturen, um gestörte Lieferketten und Produktionsausfälle zu vermeiden. Das Reshoring von Produktionsprozessen führt ebenso zu neuen lokalen Lieferketten, höheren Lagerbeständen und damit höherem Bedarf an Flächen. Politische Entscheidungen wie der Brexit erfor-
dern Veränderungen im Logistikhandling, wie das Vorhalten zusätzlicher Zoll-Lager.
finanzwelt: Die Investmentplattform der DFG fokussiert sich auf Logistikimmobilien in Großbritannien. Können Sie uns erläutern, warum dieser Markt Vorteile bringt?
Roccogrande» Großbritannien verfügt über eine innovative und sehr wettbewerbsfähige Logistikbranche. Die britische Regierung hat zudem in den letzten Jahren diverse Maßnahmen ergriffen, um den Logistikmarkt zu fördern, wie zum Beispiel Investitionen in die Infrastruktur und die Schaffung von Anreizen für Unternehmen, in die Branche zu investieren. Die ansteigenden Zinsen über die letzten Quartale wie auch die aktuell hohe Inflationsrate haben in Großbritannien im Bereich der Logistikimmobilien zudem zu einer Preiskorrektur von mehr als 20 % geführt. Die aktuell rückläufigen Inflationszahlen, stabile bzw. weiter anziehende Logistikmieten sowie geringe Neubautätigkeit bei Logistikimmobilien bei rekordverdächtig niedrigem Leerstand von nur 2 % bieten deshalb ein ideales Investmentumfeld, insbesondere im Bereich von Wertsteigerungsstrategien. Die DEUTSCHE FINANCE GROUP hat sich im Frühjahr dafür entschieden, für ihre institutionellen Investoren eine eigene Investmentplattform für Logistikinvestments zu gründen, um über die nächsten Jahre strategisch ein Portfolio im Logistikbereich aufzubauen. Im Rahmen eines Joint-Venture mit dem lokalen Partner Argo Real Estate wurde ein Portfolio, bestehend aus Logistikimmobilien in erstklassigen städtischen oder stadtnahen Lagen im Raum London und Manchester sowie in weiteren nachfragestarken Regionen, erworben. Die lokale Präsenz des europäischen Asset-Management-Teams der DEUTSCHE FINANCE GROUP in London, einem der wichtigsten, transparentesten und liquidesten Immobilienmärkte in Europa, ist dabei essenziell.
finanzwelt: Welche Möglichkeiten hat ein Privatanleger, von der aktuellen Entwicklung im Logistikbereich zu profitieren?
Neilan» Derzeit platziert die DEUTSCHE FINANCE GROUP einen Publikums-AIF, der Investitionen in ein diversifiziertes und vermietetes Logistikportfolio an attraktiven Standorten in Großbritannien zum Ziel hat. Der ‚DF Deutsche Finance Investment Fund 23 – Club Deal UK Logistik‘ ermöglicht Privatanlegern, gemeinsam mit finanzstarken institutionellen Investoren in ein attraktives Portfolio von Logistikimmobilien zu investieren. Der ‚DF Deutsche Finance Investment Fund 23 –Club Deal UK Logistik‘ verfügt über ein prospektiertes Eigenkapital von 100 Mio. GBP, eine geplante Laufzeit von rund vier Jahren und einen prognostizierten Gesamtmittelrückfluss von 145 %. Die Beitrittsphase für den neuen Investmentfonds der DEUTSCHE FINANCE GROUP ist bis zum 30.06.2024 geplant. Die ersten sechs Logistikstandorte sind für den Investmentfonds bereits definiert. Der institutionelle Club Deal ist mittlerweile der sechste Club Deal der DEUTSCHE FINANCE GROUP.
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Transparentere, vereinfachte Genehmigungsverfahren sind notwendig
Die hep global GmbH (hep) ist ein sehr erfahrender Player im Bereich der Erneuerbaren Energien. Das Unternehmen entwickelt, baut, betreibt und finanziert Solarparks rund um den Globus. Christian Hamann, Mitbegründer und CEO, stand der finanzwelt-Redaktion für ein Gespräch zum Schwerpunkt Solarenergie zur Verfügung. Natürlich gingen wir auch auf den aktuellen Fonds und die Zukunftspläne ein.
finanzwelt: Erneuerbare Energien sind weltweit im Aufwind. Befinden wir uns hierzulande auf einem guten Pfad, Herr Hamann?
Christian Hamann» Im Jahr 2022 machten Erneuerbare Energien 46 % des Bruttostromverbrauchs in Deutschland aus. Zum Vergleich: 2010 waren es lediglich 16 %. Der Trend ist stetig steigend, aber um das Ziel eines Anteils von 80 % am deutschen Bruttostromverbrauch im Jahr 2030 zu erreichen und damit vorrangig nicht nur kostengünstigen, sondern auch klimaneutralen Strom zu produzieren, muss der Ausbau deutlich beschleunigt werden.
finanzwelt: Jüngst wurde ein Konzept für einen kräftigen Ausbau der Solarenergie in den kommenden Jahren vorgelegt. Was muss sich nach Ihrer Ansicht in diesem Bereich (dringend) tun?
Hamann» Bis 2030 soll der jährliche Ausbau von Photovoltaik in Deutschland von heute rund sieben Gigawatt auf 22 Gigawatt verdreifacht werden. Dazu braucht es eine Reihe an Maßnahmen und vor allem auch die großen Freiflächenanlagen. Das Maßnahmenpaket der Bundesregierung sieht ab 2026 einen Zubau von elf Gigawatt pro Jahr im Bereich der Freiflächenanlagen vor. Dafür müssen ausreichend Flächen zur Verfügung stehen, beziehungsweise bestehende Flächen nutzbar gemacht und Genehmigungsverfahren sowie Netzanschlüsse vereinfacht und beschleunigt werden.
finanzwelt: Wo erkennen Sie für die Solarbranche in Deutschland aktuell die größten Herausforderungen (z. B. Planungsverfahren)?
Hamann» hep investiert wieder in den Standort Deutschland und blickt zuversichtlich in die Zukunft. Aber aktuell brauchen wir hierzulande zwischen drei bis fünf Jahre, um eine Anla-
ge mit 20 Megawatt genehmigen zu lassen. Solaranlagen in dem Umfang, der für die Zielerreichung notwendig ist, haben einen Flächenbedarf, der dringend durch transparentere, vereinfachte Genehmigungsverfahren ermöglicht werden muss. Gleichzeitig gilt es, in die Technologie zu investieren, um Module effizienter, flexibler und dünner zu machen und damit den Flächenbedarf zu minimieren. Deutschland setzt da auch auf den europäischen Green Deal Industrial Plan, der Investitionen in Höhe eines dreistelligen Milliardenbetrags in klimafreundliche Technologien auslösen soll.
finanzwelt: Mit dem Blick ins Ausland – ließe sich diesbezüglich von anderen Staaten etwas „lernen“?
Hamann» Die USA ist weltweit der zweitgrößte Solarmarkt und ein Pionier im Bereich der ‚Power Purchase Agreements‘, sogenannte Stromabnahmeverträge. Der Ausbau von Solarenergie profitiert dort von Steuervorteilen, die Investitionen in Photovoltaik attraktiv machen. Hinzu kommt, dass die Planung einer 20-Megawatt-Anlage, die uns in Deutschland Jahre kostet, in den USA in einem halben Jahr zu verwirklichen ist.
finanzwelt: Sie weisen eine lange Expertise bei Investitionen in Solarenergie auf. Ende 2022 haben Sie den „HEP – Solar Green Energy Impact Fund 1“ aufgelegt. Welche Charakteristika weist der Fonds auf?
Hamann» Anleger investieren über den Fonds in Solarprojekte in den Zielländern USA, Japan, die EU (insbesondere Deutschland) und Kanada. Die Mindestbeteiligungssumme beträgt 5.000 Euro. Das Zielvolumen liegt bei 80 Mio. Euro Eigenkapital. Die Laufzeit der Beteiligung beträgt circa sechs Jahre. Ausschüttungen ergeben sich aus den Erträgen der Solarparks und dem Erlös nach dem Verkauf.
finanzwelt: Wie wichtig ist Ihnen dabei der „Impact-Faktor“ gemäß Artikel 9 der EU-Offenlegungsverordnung?
Hamann» Die Bandbreite an nachhaltigen Finanzprodukten ist groß. Gleichzeitig bietet sich hierdurch für jeden Anlegertyp die Möglichkeit, ein Produkt zu finden, das den jeweiligen Wünschen und Zielen entspricht. Bei der Wahl des passenden Finanzproduktes ist es hilfreich, auf standardisierte und vergleichbare Informationen zurückzugreifen, um die
finanzwelt 04 | 2023 88 SACHWERTE & IMMOBILIEN | INTERVIEW
Eigenschaften der Anlagestrategien verstehen und mit der eigenen Zielsetzung abgleichen zu können. Mit Erfüllung des Art. 9 der EU-Verordnung über nachhaltigkeitsbezogene Offenlegungspflichten im Finanzdienstleistungssektor erfüllen wir die höchsten Nachhaltigkeitsanforderungen an Finanzprodukte, die es derzeit auf dem Markt gibt – ein wertvolles Gütesiegel.
finanzwelt: Wie schaut es mit der erwarteten Rendite aus? Bleiben Sie Ihrem regionalen Schwerpunkt Nordamerika treu?
Hamann» Diversifizierung ist das A und O jeder ausgewogenen Anlagestrategie. Vor allem die Photovoltaikmärkte in Nordamerika – also die USA und Kanada – sind bestens geeignet, um ein entsprechendes Portfolio in Deutschland oder Europa unter Diversifikationsgesichtspunkten sinnvoll zu ergänzen. Die USA ist gekennzeichnet durch regional sehr unterschiedliche Erzeugungsprofile sowie durch regulatorisch unterschiedliche Strommärkte. Eine staatliche Einspeisevergütung wie in Deutschland hat es nie gegeben, stattdessen setzen die USA auf Steuergutschriften. Das hat zur Folge, dass der amerikanische Markt für private Stromabnahmeverträge (Power Purchase Agreements, PPAs) in einzelnen Strom-Teilmärkten bereits deutlich größer und professionel-
ler ist als in Europa. Es gibt mehr potenzielle Stromabnehmer und eine größere Transparenz des PPA-Marktes. hep ist mit mehreren Standorten in den USA stark aufgestellt und die Voraussetzungen für Investments in Photovoltaik könnten dort kaum besser sein.
finanzwelt: Kürzlich haben Sie Ihre Aktivitäten auf dem europäischen Kontinent mit dem Eintritt in den polnischen Markt erweitert. Gibt es weitere Länder, die Sie aktuell auf dem Radar haben?
Hamann» hep hat sich in der Vergangenheit in verschiedenen Bereichen als ‚First Mover‘ hervorgetan, zum Beispiel waren wir 2010 die ersten deutschen Solarprojektentwickler in England. Das liegt uns im Blut, so verfahren wir auch in der Zukunft. Wir haben die weltweiten Entwicklungen im Blick und bauen bei Bedarf spezifisches regionales Know-how auf.
finanzwelt: Mit Blick nach vorne – welche Pläne wollen Sie forcieren?
Hamann» In Bezug auf den erwähnten großen Flächenbedarf haben wir die sogenannte Agriphotovoltaik im Blick. Wir sind interessiert an Kooperationen zur Doppelnutzung einer Fläche, um die Photovoltaik auszubauen bei gleichzeitigem Erhalt fruchtbarer Ackerflächen für die Landwirtschaft. (ah)
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Glanz und Gloria?
Verkehrte Welt. Bereits im vergangenen Jahr hat Gold seine Funktion als Inflationsdämpfer wenig bis gar nicht erfüllt. Das, obwohl die Voraussetzungen eigentlich nicht ganz so schlecht waren. Auch aktuell stehen Edelmetallfonds auf der Verkaufsliste weit oben. Noch. Denn der Wind könnte sich drehen und Gold wieder glänzen. Konstruktiv positiv lautet dann die Einstufung.
2022 stand ganz im Zeichen der Inflationshochs und Verunsicherung der Märkte. Eigentlich ein gutes Szenario für die Anlage in Gold. Doch die Performance des Edelmetalls machte Investoren einen dicken Strich durch die Rechnung. Zurückzuführen war das auch und in entscheidendem Maße auf den starken US-Dollar und die Leitzinserhöhungen vieler Zentralbanken, um der Inflation Herr zu werden. Laut Statista lag der Goldpreis im vergangenen Jahr bei durchschnittlich etwa 1.800 US-Dollar je Feinunze. Damit war der Preis gegenüber dem Vorjahr nahezu unverändert geblieben. Gegenüber dem Jahr 2019 ist der Preis allerdings deutlich gestiegen, was auch auf die CoronaPandemie und den Ukraine-Krieg und die damit einhergehende zunehmende wirtschaftliche Unsicherheit zurückzuführen ist. 2022 fiel somit für viele Gold-Enthusiasten eher mau aus. Im laufenden Jahr hat das gelbe Edelmetall sich etwas erholt; ein Anstieg um ca. 6 % (in US-Dollar) bzw. mehr als 3 % (in Euro). Zeitweise wurde sogar die Marke von 2.000 US-Dollar getestet und kurzfristig überwunden. Doch was bringt die Zukunft in den verbleibenden Monaten?
Im Spannungsfeld von Inflation und Märkten
„Die Performance des gelben Metalls in diesem Jahr ist wahrscheinlich zu einem erheblichen Teil auf die positive Reaktion auf die US-Preise zurückzuführen. Die langfristige Beziehung bleibt bestehen, aber wenn man die jüngsten Goldwerte gegen die langfristige Beziehung zur US-Inflation aufträgt, steht Gold über dieser Beziehung. Mit anderen Worten, Gold lag zu Beginn des Inflationsschocks im Jahr 2022 bereits weit über seinem fairen Wert: Seine mangelnde Reaktion auf die ‚Inflationswand‘, mit der die
USA und die Welt konfrontiert waren, ist wahrscheinlich auf diese anfängliche Überbewertung zurückzuführen“, sagt Florian Ielpo, Head of Makro, Multi Asset bei Lombard Odier Investment Managers (LOIM) und ergänzt, dass die Differenz zwischen den Nominalzinsen und dem Inflationsausgleich eine wesentliche Rolle für die Performance von Gold spiele. Gold ist folglich eine Währung, die eben keine Zinsen abwirft und es wird gegen den Dollar gehandelt, der seinen Inhabern Zinsen zahlt. Der reale Goldpreis muss daher sinken, wenn die realen US-Zinsen steigen.
Bodenbildung lässt Ausblick positiv erscheinen
Vergegenwärtig man sich die Wertentwicklung des Edelmetalls in den vergangenen sechs Monaten (Stichtag: 11.07.), so fällt auf, dass einem Preisverfall bis Anfang/ Mitte März eine Aufwärtsbewegung folgte, die Anfang Mai mit einem Stand von 2.050 US-Dollar ihren Höhepunkt fand. Seitdem hat sich der Goldpreis leicht negativ bis seitwärts bewegt. Gold könnte nun einen neuen Boden um die Marke von 1.900 US-Dollar gefunden haben. Eine relative Stärke. Das betont auch Imaru Casanova, Portfoliomanagerin Gold und Edelmetalle bei VanEck. „Gold zeigt sich trotz eines starken Aktienmarktes und der jüngsten Stärke des US-Dollars widerstandsfähig. Die Abflüsse bei den börsengehandelten Goldbarren haben in diesem Jahr nachgelassen und die Nettozuflüsse waren zwar gering, führten aber zu einem Anstieg der Bestände um 0,38 % im bisherigen Jahresverlauf.“ Zu den weiteren Aussichten äußert sich die Expertin tendenziell positiv. Ein (mögliches) Ende der Zinsanhebungen wäre Rückenwind für das gelbe Edelmetall. „Das Allzeithoch von 2.075 US-Dollar
finanzwelt 04 | 2023 90 SACHWERTE & IMMOBILIEN | GOLD
Gold Performance in US-Dollar
Gold Performance in Euro
pro Unze scheint unseres Erachtens in greifbarer Nähe. Wir sehen ein makroökonomisches Umfeld, das Gold auf längere Sicht weiterhin begünstigt“, so Casanova.
Eine Schlüsselfrage in diesem Zusammenhang lautet, wie sich die US-Wirtschaft in der nahen Zukunft entwickelt. Der dortige Arbeitsmarkt zeigt sich bis dato robust, Lohnerhöhungen stehen weiter im Raum, die ihrerseits die Inflation befeuern könnten. Und dieses Szenario brächte dann die US-Notenbank auf den Plan. Entgegen Äußerungen vom
Frühsommer könnten nun wieder Zinsanstiege anstehen. Wasser in den Wein derjenigen, die auf anziehende Goldnotierungen hoffen. Fest steht, Gold kann (muss aber nicht) ein Diversifikator in einem breit gestreuten Portfolio sein. Werden charttechnische Hürden nachhaltig übersprungen, liegt ein dauerhafter Anstieg im Bereich des Möglichen. Auch die Tatsache, dass die meisten Zentralbanken der Welt als Goldkäufer in Erscheinung treten, lässt Raum für Kursfantasie. Jetzt das Heil einzig und allein in Edelmetallen zu suchen, greift hingegen zu kurz. (ah)
91 Foto: © Vladimir Prusakovstock.adobe.com
Florian Ielpo Head of Makro, Multi Asset Lombard Odier Investment Managers (LOIM)
Zeitraum damals aktuell ± ±% 1 Woche 1.927,34 1.922,40 -4,94 -0,26 % 2 Wochen 1.925,86 1.922,40 -3,46 -0,18 % 1 Monat 1.963,48 1.922,40 -41,08 -2,09 % 6 Monate 1.875,29 1.922,40 47,11 2,51 % Year-to-Date 1.823,95 1.922,40 98,45 5,40 % Zeitraum damals aktuell ± ±% 1 Woche 1.755,45 1.762,21 6,76 0,39 % 2 Wochen 1.768,30 1.762,21 -6,09 -0,34 % 1 Monat 1.835,45 1.762,21 -73,24 -3,99 % 6 Monate 1.746,08 1.762,21 16,13 0,92 % Year-to-Date 1.699,08 1.762,21 63,13 3,72 %
Imaru Casanova Portfoliomanagerin Gold und Edelmetalle VanEck Asset Management
Brennglas Krankenhausreform
Das Gesundheitssystem ist krank. Das Personal ist unterbesetzt, überarbeitet, unterbezahlt und überlastet. Was seit Jahren ein offenes Geheimnis ist, soll mit der Krankenhausreform nun ordentlich umgekrempelt werden. Am 10. Juli wurde im Eckpunktepapier von Bund und Ländern das Ziel für 2024 festgelegt: Wohnortnahe
Versorgung und Spezialisierung. Es stellt sich die Frage, welche Auswirkungen die geplante Reform auf die Assetklasse der Gesundheits- und Pflegeimmobilien haben wird.
In einem Jahrzehnt wird es 20 % der rund 1.700 deutschen Krankenhäuser nicht mehr geben. Jedes fünfte Kran-
kenhaus wird schließen. Aufgrund des Fachkräftemangels, fehlender Finanzierung und Versorgungsengpässen häufen die Kliniken nämlich Schulden in Millionenhöhe an, um ihre Patienten überhaupt noch versorgen zu können. Dr. Gerald Gaß, Chef der Deutschen Krankenhausgesellschaft e. V., erklärt, es gäbe in Deutschland zu wenige Kli-
finanzwelt 04 | 2022 92
SACHWERTE & IMMOBILIEN | HEALTHCARE
niken, um einer angemessenen Versorgung gerecht zu werden (Stand: Juni 2023). Dass die Bevölkerung trotzdem angemessen versorgt werden muss, ist klar. Hier gilt es anzusetzen.
Da kommt die Resilienz der Ärzte- und Gesundheitszentren gelegen: Als systemrelevante Immobilie zur Sicherung der medizinischen, ambulanten Versorgung – in der Regel in eher ländlichen Gegenden, wo es kaum Alternativen oder einen umstandsfreien Zugang gibt – zeigt diese Assetklasse, dass Gesundheit kein Exportgut ist. Die Praxen werden an einem Ort und unter einem Dach konzentriert. Angesichts der kommenden Erfordernisse hat die IWG im 1. Halbjahr 2023 das Beratungsgeschäft für Kommunen und Krankenhäuser neu, aber weiterhin zukunftssicher aufgestellt. Im 2. Halbjahr stehen die Eröffnungen von vier Gesundheitszentren bevor, wie etwa eines in Rodgau mit 3.200 m² Mietfläche. Zudem laufen 15 weitere Projekte. „Die Assetklasse der Healthcare-Immobilien ist im angespannten Immobilienmarkt auch keine ‚Insel der Glückseligen‘, aber besonders Ärzte- und Gesundheitszentren zeichnen sich durch eine besondere Resilienz aus. Gesellschaftlich erforderlich, politisch gefördert, lokal erwünscht“, so IWG-Vorstand Dr. Christian Höftberger. „Zudem sichern eine stabile Mieterstruktur, inflationsgeschützte Mieteinnahmen und hohe Wechselbarrieren langfristig die Werthaltigkeit des Investments.“ Auch Rechtsanwalt Alexander Bechtler ist
sich des Umbruchs bewusst, den das marode Gesundheitssystem erwartet. Nicht zuletzt sei es der demografische Wandel, der diese tiefgreifenden Maßnahmen erfordere.
Altersentwicklung der Gesellschaft ist und bleibt Motor
Der demografische Wandel ist ein Prozess, der weder verlangsamt, noch beschleunigt werden kann. Er wird eintreten, denn Menschen werden älter. Darauf vorbereitet zu sein, ist klug und unablässig. Neben Ärztehäusern stellen Pflegeimmobilien eine solche, logische, krisensichere Investition in die Zukunft dar. Angesichts der geopolitischen Lage (Inflation, Leitzinserhöhung, UkraineKrieg) ist es allerdings nicht überraschend, dass Investoren aktuell ein wenig Zurückhaltung walten lassen. CarestoneCSO Sandro Pawils erklärt: „Unser Vertrieb wird allerdings maßgeblich von Finanz- und Versicherungsberatern getragen. Gemeinsam mit ihren Kunden nehmen sie unsere Immobilien als sehr gute Vorsorgealternative in Inflationszeiten wahr, was dem Vertrieb entsprechende Dynamik verleiht.“ Für das laufende Halbjahr habe auch die CarestoneGruppe sich der Marktsituation angepasst und optimiere fortlaufend. „Die Mischung aus KfW-förderfähigen Neubauten und smarten Bestandssanierungen, die aufgrund der Sofortmiete attraktiv sind, treffen den Kundennerv“, ergänzt Pawils. Trotz ökonomischer Herausforderungen erweise sich die Asset-
klasse gerade jetzt als sehr robust, so der CSO weiter. Aufgrund der alternden Gesellschaft würden Experten allein bis 2040 mit Investitionsbedarfen zwischen 80 und 125 Mrd. Euro rechnen. „Pflegeimmobilien erschließen diese riesigen Marktpotenziale für jene, die ihr Vermögen schützen oder für ihr Alter vorsorgen wollen.“
Vive la révolution!?
Gesundheitsminister Karl Lauterbach verspricht eine Revolution durch die Krankenhausreform. „Die Menschen können sich darauf verlassen, dass die Krankenhäuser, die wirklich gebraucht werden, zum Beispiel auch in ländlichen Gebieten und in den Stadtteilen, wo es wenig Versorgung gibt, auch überleben können, ohne dass sie immer mehr Fälle behandeln müssen“, wird Lauterbach am Nikolaustag 2022 auf der „Tagesschau“-Website zitiert. Trotzdem stehen nicht alle dieser Revolution positiv gegenüber. Besonders die Level-Struktur: Level 1: Grundversorgung, Level 2: Schwerpunktversorgung mit Spezialisierung, Level 3: Spitzenversorgung, etwa an Unikliniken – gefällt den Ländern nicht. Es könne ein wirtschaftlicher Nachteil bei niedriger Einstufung entstehen. Diese revolutionäre Reform soll zum 01.01.2024 in Kraft treten. Wie sich diese auf das Gesundheitssystem in der Realität auswirken wird, kann noch nicht gesagt werden. Allerdings bleibt eines unverändert: Die Krisensicherheit der Investition in Gesundheits- und Pflegeimmobilien. (ml)
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Alexander Bechtler Fachanwalt für Medizinrecht/ Sprecher MEDZENTRUM-Netzwerk
Dr. Christian Höftberger Vorstand IWG Holding AG
Sandro Pawils Chief Sales Officer Carestone Group GmbH
Im Osten geht die Sonne (zaghaft) auf
Die Zinswende hat die Laune am Immobilienmarkt verdorben. Laut CBRE summierte sich das Transaktionsvolumen am deutschen Wohnimmobilienmarkt im 1. Halbjahr auf 3,1 Mrd. Euro. Ein deutlicher Rückgang im Vorjahresvergleich. Insbesondere das 2. Quartal zeigte die Schwäche an den Märkten. Mit Blick nach vorne dürfte sich die Lage wieder etwas beruhigen. Regional könnte sich auch der Blick auf ausgewählte Städte Ostdeutschlands lohnen. Industrieansiedlungen sollten Ballungszentren weiter beleben.
Es ist ein Dreiklang, der die Lage an den Immobilienmärkten eingetrübt hat: Zinsen hoch, Materialkosten gestiegen und teilweise rar sowie letztlich ein Investitionsstau. Laut einer Studie der DZ BANK werden die Preise für Wohnimmobilien in diesem Jahr angesichts schwieriger Rahmenbedingungen zwischen 4 und 6 % sinken. 2022 hatten
sie noch um 7 % zugelegt. „Gemessen an den erheblich schlechteren Finanzierungskonditionen, der Unsicherheit über zukünftige Investitionen in eine energetische Sanierung und neue Heiztechnik erscheint der Preisrückgang im einstelligen Prozentbereich moderat“, bemerken die Experten. „Möglicherweise halten sich Verkäufer mit Preiszugeständnisse noch zurück, weil sie etwa auf sinkende Zinsen spekulieren“, mutmaßen die Autoren der Studie. Klar scheint, dass insbesondere die Lage und der energetische Zustand bei Bestandsimmobilien bzw. die entsprechende Eingruppierung in die Energieklasse ausschlaggebende Faktoren für die Attraktivität von Wohnimmobilien sind und sein werden. Natürlich konzentriert sich der hiesige Wohnimmobilienmarkt zu großen Teilen auf die westdeutschen Bundesländer. Doch auch der Osten ist zunehmend beliebt. Auch, weil sich Industriezweige teilweise ansiedeln.
Bodenpreise und gute Anbindung
Tesla, CATL oder Intel – drei Konzerne, die im Osten der Republik investieren. Es tut sich etwas in den ostdeutschen Bundesländern, insbesondere in Sachsen, Thüringen und Sachsen-Anhalt. Für diese Standorte sprechen die relativ kurzen Transportwege innerhalb Europas. Der Flughafen Leipzig-Halle ist ein beachtliches Luftfrachtdrehkreuz. Universitäten und Forschungseinrichtungen genießen teilweise großes Ansehen weit über die Bundesgrenzen hinweg. Es gibt viele gute Gründe für diese Ansiedlungen. „Die vergleichsweise günstigen Bodenpreise und Gewerbemieten, ein unterstützendes politisches Umfeld, die Nähe zu Universität- und Forschungseinrichtungen sowie die sehr gute Anbindung an den deutschen und europäischen Binnenmarkt“, sagt George Salden, CEO der Capital Bay
finanzwelt 04 | 2023 94 SACHWERTE & IMMOBILIEN | OSTDEUTSCHLAND
Andreas Schrobback CEO AS Unternehmensgruppe
George Salden CEO Capital Bay Group
Petra Müller Co-Head of Development DLE Land Development GmbH
Foto: © Julius Eifrigstock.adobe.com
Group, und fügt hinzu, dass mit neuen Arbeitsplätzen in Ostdeutschland auch die Wohnraumnachfrage steige. Vor allem internationale Fachkräfte suchten nach modernen Wohnungen mit Services wie einem Concierge und Raumklimatisierung. Keine Einzelmeinung. Andreas Schrobback, CEO der AS Unternehmensgruppe Holding, pflichtet dem bei: „In Wachstumsstandorten wie Leipzig, Magdeburg, Halle, Erfurt, Dessau, aber zum Beispiel auch in Merseburg und Markkleeberg können unsere Käufer noch Renditen von 3,5 bis 4 % erwarten. Wir sind in Ost- und Mitteldeutschland sehr gut vernetzt. Ich halte diese Regionen langfristig für sehr attraktiv. Leipzig ist weiterhin die am stärksten wachsende Metropolregion in Deutschland.“ Landflucht und der Trend zur Urbanisierung sind in Ostdeutschland ausgeprägter als im Westen. Entsprechend zieht es auch weiterhin die jungen und gut ausgebildeten Menschen vor allem in einige wenige Städte bzw. deren Umland.
Bezahlbarkeit ein treibender Faktor
„Kennzeichnend für die ostdeutschen Städte ist die geringe Eigentumsquote. Der hohe Mietanteil macht die ostdeutschen Großstädte – sofern sie über ein entsprechendes Wachstumspotenzial verfügen – für (institutionelle) Investitionen interessant. Angesichts der vergleichsweisen geringen Ein-
kommen ist der Faktor der Bezahlbarkeit äußerst wichtig. Wer nicht von blühenden Landschaften träumt, sondern die Situation richtig einschätzt, wird in Ostdeutschland gute Einstiegsmöglichkeiten finden“, sagt Petra Müller, Head of Conceptual Development und Communication bei der DLE Land Development. Natürlich kann sich der ostdeutsche Wohnimmobilienmarkt nicht dem allgemeinen Abwärtstrend der vergangenen Monate entziehen. Nach Recherchen von Wüest Partner ist die Zahl der inserierten Eigentumswohnungen und Einfamilienhäuser stark gestiegen, weil viele Objekte deutlich länger auf dem Markt bleiben. Unterdessen, so die Autoren, haben
die regionalen Unterschiede auf dem ostdeutschen Wohnimmobilienmarkt weiter zugenommen. So stieg der Median der Angebotsmieten in der Bundeshauptstadt Berlin vom Durchschnittswert des Jahres 2022 bis zum 1. Quartal 2023 um satte 21,2 %. Der Median der Angebotskaufpreise für Eigentumswohnungen ging leicht um 0,5 % zurück. Demgegenüber sanken die Kaufpreise in Cottbus um 8,2 % und in Jena sogar um 9,6 %. Als Beimischung oder bei zu teuren Lagen in den westdeutschen Bundesländern ist der Osten durchaus lohnenswert. Entsprechendes Know-how vorausgesetzt und zentriert auf prosperierende Städte.
(ah)
Einwohnerentwicklung in Leipzig
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https://www.leipzig.de/wirtschaft-und-wissenschaft/investieren-in-leipzig/wirtschaftsstandort/daten-und-fakten
Quelle:
Die richtige Strategie gesucht
Immobilieninvestments sind eine stabile Geldanlage. Inflationssicher, langfristig und (steuer-)vorteilhaft. Die Direktanlage ist nur eine Option, denn es gibt – auch nichts Neues –die indirekte Anlage in Form von Immobilienfonds und REITs. Bei welcher Strategie überwiegen die Vorteile?
Der EZB hat den Leitzins auf 4 % erhöht (Stand: 21.06.23). Für Käufer von Immobilien bedeutet das vorrangig wenig, allerdings können Kreditinstitute diesen erhöhten Leitzins an die Kreditnehmer weitergeben. Für eine erfolgreiche Investition (auch in Immobilien) braucht es den richtigen Moment, um einzusteigen, nur gibt es den leider selten. Ein Risiko muss stets einkalkuliert werden, aber die Auswirkungen eines solchen können bei Privatanlegern anders aussehen als bei erfahrenen Investoren mit Anzug und Krawatte. Für beide Parteien lautet der Sargnagel allerdings „Totalverlust“.
Direktinvestment
Einfacher geht es nicht: Eine direkte Investition in eine Immobilie ist der Kauf zur Eigennutzung oder zur Vermietung. Solide, langfristig und auch eine wunderbare Möglichkeit der Altersabsicherung. Die eigenen vier Wände – wer träumt nicht davon? Hat man als Käufer jedoch nicht das nötige Eigenkapital und braucht am Ende ein bisschen mehr als man zusammengespart hat, klopft der Kredit an die Tür. Ein Direktinvestment bietet viel Spielraum für Zukunftspläne ungeahnter Vorstellungskraft, vor allem bei den derzeit erhöhten Zinsen, die allerdings auf niedrigere Kaufpreise treffen. Für Makler bedeutet das, mit ihren Kunden abzuwägen, wie weit sie bereit sind, für ihren Traum zu gehen. Eine Immobilie wird schließlich nicht einfach so gekauft und entsprechende finanzielle Rücklagen müssen bestehen, wobei auch die Makler wissen müssen, welche Option die sicherste und stabilste für den Kunden ist. Immerhin geht es hier um die Altersvorsorge. Der aktuelle Dr. Klein Trendindikator Baufinanzierung (Juni
finanzwelt 04 | 2023 96 SACHWERTE & IMMOBILIEN | DIREKTANLAGE VERSUS FONDS Foto: © AvokadoStudiostock.adobe.com
2023) zeigt, dass KfW-Förderkredite 7,54 % des Baufinanzierungsvolumens ausmachten. Ein neues Rekordhoch, wenn man zum Vergleich an Frühjahr 2021 zurückdenkt.
Offene und geschlossene Immobilienfonds
Wer in Immobilien investieren möchte, ohne sich um Vermietung, Verwaltung und Pflege kümmern zu müssen, während sich das Tor in die Welt der größeren institutionellen Investments öffnet, geht mit Immobilienfonds in die richtige Richtung eines diversifizierten Portfolios. Genau dieses Stichwort ist es, womit Berater auf Nummer sicher gehen. Ein diversifiziertes Portfolio ist schließlich wichtig, um möglichst viele verschiedene Einkommensquellen zur Hand zu haben. Welcher professionelle Makler wünscht sich das nicht für seinen Kunden? Laut Scope zeigt der Ukraine-Krieg kaum Auswirkungen auf die Portfolios, allerdings ist das steigende Zinsniveau eine andere Geschichte und wird von den Asset-Managern als größtes Risiko wahrgenommen. Dabei verschlechtert sich die Vermietungssituation nur leicht, obwohl besonders die Segmente Hotel und Einkaufszentrum vor anhaltenden Herausforderungen stehen, die von der Pandemie noch nachhallen. Entsprechend bleiben Wohn- und Büroimmobilien weiter im Fokus der Investitionen. Offene Immobilienfonds sind anfällig für Kursschwankungen, aber Verluste müssen so oder so einkalkuliert werden – egal, um welche Investitionsform es sich handelt. Der deutlich risikofreudigere Bruder dieses Fonds ist der geschlossene Immobilienfonds, der in Lederjacke und Motorrad in Gestalt eines Alternativen Investmentfonds (AIF) oder einer Kapitalanlage nach §34f III GewO daherkommt. Wenn das Zeitfenster für Platzierungen (meist ab 5.000 Euro) geschlossen ist, läuft der Fonds über mehrere Jahre hinweg und schüttet die Gewinne erst nach Ende der Laufzeit aus. Geduld ist eine Tugend, wie es so schön heißt. Hier ganz besonders. Ist der AIF mit über 60 % zu hoch gehebelt, kann der Totalverlust durchaus auftreten. Ist
es jedoch beispielsweise eine niedrig gehebelte Bestandsimmobilie, bleiben Investoren vom Sargnagel verschont.
REITs: Der Real Estate Investment Trust
US-Amerika-Fans aufgepasst: Diese Form der Investition fand nämlich in den Staaten der 1960er Jahre ihren Anfang und ist in Deutschland nicht gerade weit verbreitet. Mit REITs wird ausschließlich in Immobilien investiert, wobei kein Handel, aber Zu- und Abverkauf der Immobilien möglich ist. Was den REIT für die eine Seite attraktiv macht, nämlich die Befreiung von Körperschafts- und Gewerbesteuern, da 90 % des Gewinns an die Anteilseigener ausgeschüttet werden, die diesen dann versteuern müssen, ist den deutschen Verbraucherzentralen ein Dorn im Auge. In REITs kann man bereits ab 10 Euro investieren. Auch hier besteht zwar das Risiko eines Totalverlustes, der ist allerdings sehr gering. Viel kritischer zu beäugen ist die Anfälligkeit des REITs für Zinsschwankungen. Da es sich bei REITs um eine börsenorientierte Kapitalanlage handelt, die (Gewerbe-)Immobilien besitzt, verkauft und verwaltet, dürfen die Mieter dieser Immobilie nicht vergessen werden, die die hohen Mieten werden stemmen müssen. Deshalb fordert etwa die „Bürgerbewegung Finanzwende“ (Stand: 2020), die Steuerbefreiung abzuschaffen. Wie bei jeder Anlageform gibt es natürlich Vor- und Nachteile. Bei REITs ist jedoch zusätzlich zu beachten, dass diese in Deutschland nicht zwingend fester Bestandteil der verfügbaren Optionen sind. Es gibt gerade mal eine Handvoll REITs, die für eine Investition in Betracht gezogen werden könnten.
Unterm Strich zähl‘ ich?
Die Qual der (Aus-)Wahl ist Realität. Angesichts der dargestellten Investitionsmöglichkeiten muss jedoch klar sein, dass Investor nicht gleich Investor ist. Letztendlich sind Menschen schließlich verschieden, mit immer wieder neuen Hintergründen. Und was sind Investoren? Genau – Menschen. (ml)
Werte für Generationen
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Darüber hinaus bieten wir unseren Investoren und Anlegern nicht nur das klassische Asset- und Property-Management mit renditestarker und nachhaltiger Vermietung, sondern auch profitable Exitstrategien. Im Segment Mietwohnungsbau für private wie auch institutionelle Investoren und Kapitalanleger zählt die AS UNTERNEHMENSGRUPPE zu den führenden Unternehmen der Branche.
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Auch wenn unsere mediale und technisierte Geschäftswelt die Kommunikation stark vereinfacht und beschleunigt hat, treffen wir doch wichtige Entscheidungen immer noch vorrangig von Mensch zu Mensch. Deshalb legen wir neben unserem umfassenden Onlineangebot großen Wert auf persönliche Beratung und Betreuung. Nur so können wir alle Details und Informationen direkt mit Ihnen erörtern und bereits im Gespräch individuelle Lösungen anbieten. Jeder Anleger oder Eigennutzer, ob privat oder institutionell, hat seine eigenen Ziele und Ansprüche und benötigt daher eine darauf abgestimmte individuelle Finanzierungslösung. Diese sollte auch bei Veränderung der persönlichen oder unternehmerischen Umstände genügend Flexibilität bieten.
Damit das Investment die gewünschte Rendite erzielt, ist der Aufbau der Finanzierung fast so wichtig wie die Wahl der Immobilie selbst. Neben der Wahl der Tilgung, des Tilgungsinstruments und der Darlehensabsicherung, sind
finanzwelt 04 | 2023 98
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auch die Wahl des finanzierenden Kreditinstitutes und die Zinskondition eine wichtige Entscheidung. Da die meisten Kapitalanleger eine Vollfinanzierung des Kaufpreises und eventuell der Nebenkosten (Notar- und Grundbuchkosten, Grunderwerbssteuer) wünschen, scheidet in den meisten Fällen die eigene Hausbank aus, denn hier werden in der Regel nur bis max. 80 % des Kaufpreises finanziert.
Ein anderes Entscheidungskriterium ist das sogenannte Regionalprinzip, dass bei vielen Banken eine Hürde darstellt. Wir empfehlen daher nur überregional arbeitende Banken, die auch die Möglichkeit einer Vollfinanzierung des Kaufpreises inklusive Nebenkosten bieten können. Da wir mit mehreren unabhängigen Kreditinstituten und unterschiedlichen Banken zusammenarbeiten, sind wir in der Lage, für unsere Kunden unterschiedliche Angebote und Finanzierungslösungen, die auf die individuellen Kundenwünsche abgestimmt sind, anzubieten.
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AUCH 2023 SETZEN WIR UNSER DYNAMISCHES WACHSTUM ALS PROJEKTENTWICKLER, BESTANDSHALTER UND AUFTEILER FORT
Keine Zeit zu verlieren
Für eine nachhaltigere Welt sprechen sich viele aus. Doch ist es bereits Schlag zwölf oder haben wir noch genügend Zeit für den tiefgreifenden Wandel? Mathias Pianowski leitet seit Jahresbeginn gemeinsam mit Verena Kienel die Abteilung Nachhaltigkeits-Research der ÖKOWORLD. Er ist ein Mann klarer Worte, wie sich auch in diesem Interview herausstellt.
finanzwelt: Herr Pianowski, die Transformation der Wirtschaft in Richtung einer nachhaltigen, klimaneutralen Welt kostet. Haben wir denn genügend finanzielle Mittel, um ‚das Klima zu retten‘?
Mathias Pianowski» Wir müssen unverzüglich transformieren – da geht kein Weg dran vorbei. Die Kosten des Klimawandels sowie der Verlust von Artenvielfalt und Ökosystemen sind ungleich höher als die der Transformation. Es ist weltweit genug Kapital da, und die gesamtgesellschaftlichen Amortisationszeiten der Investments sind sogar vergleichsweise kurz. Das Problem ist die Fossillobby, die erfolgreich die Öffentlichkeit täuscht. Die wollen nicht auf ihren Stranded Assets in Billionenhöhe sitzen bleiben, sondern weiterhin viel Geld verdienen.
finanzwelt: Der Trend zur Nachhaltigkeit hat sich verfestigt. Insbesondere die Generation Z ist offen für nachhaltige Geldanlage. Gleichzeitig ist die Suche nach objektiven Kriterien, was unter entsprechenden Finanzprodukten zu verstehen ist, schwierig. Diese Beliebigkeit stört und lässt doch (bewusst) Grenzen verschwimmen. Pianowski» Anlegerinnen und Anleger können wirklich nur sehr bedingt erkennen, welche Anlagen ethisch-ökologisch überzeugen. Es ist für Assetmanager zwar schwieriger geworden, sich das Label „Grün“ anzuheften, aber die Entwicklungen führen trotzdem am Thema vorbei. Selbst wenn Regulierer heute Fonds für grün oder nachhaltig halten, sind sie es zwangsläufig noch lange nicht. Es macht große Arbeit, alle indirekten Effekte von Anlagen genau zu betrachten. Es gibt keine Label, die das anzeigen. Wir
als ÖKOWORLD werden auch für Dinge angezählt, die veraltet im Internet stehen oder schlichtweg Ausdruck einer Bewertung sind, die wir für falsch halten.
finanzwelt: Wie trennscharf ist Ihre Definition von Nachhaltigkeit?
Pianowski» Mir würde schon reichen, wenn niemand mehr von Nachhaltigkeit spräche, nur weil er ein paar ESG-Faktoren integriert. Entscheidend sind doch die Auswirkungen einer Geschäftstätigkeit auf Umwelt und Gesellschaft, also die Betrachtung von innen nach außen. Nachhaltigkeit muss die planetaren Grenzen beachten, deren ökologisch sichere Entwicklungspfade wir schon alle gerissen haben. Zudem sind die Menschenrechte durchzusetzen. Mittlerweile muss man einen Schritt weiter gehen und Natur- und Sozialkapital wieder aufbauen und zurückgewinnen. Es gibt Regulierungen bzw. Entwicklungen, die all das verkennen und die mir deshalb große Sorgen machen. Neben der Verwässerung der Global Reporting Initiative sind die jüngsten internationalen Rechnungslegungsstandards IFRS S1 und S2 ein aktuelles Beispiel. Sie propagieren, das Beste für Nachhaltigkeit zu sein, und viele große Unternehmen werden sie anwenden. Aber mit Nachhaltigkeit haben sie nichts zu tun. Das ist sogar noch gefährlicher, als wenn es gar nichts gegeben hätte. Ein Bärendienst und die letzte internationale Chance verspielt, echte Nachhaltigkeitsberichterstattung aufzusetzen.
finanzwelt: Oftmals hört man den Einwand der fehlenden Messbarkeit. Zu wenige Daten, mitunter falsche Vergleichbarkeit. Wie stehen Sie dazu? Wie läuft das bei ÖKOWORLD?
Pianowski» Sie müssen nicht alles perfekt messen können, um zielführende Entscheidungen zu treffen, sondern lediglich hinreichend. Bei den meisten Unternehmen braucht man gar nichts zu messen, sondern es reicht ein Blick auf das Geschäftsmodell und auf die Produkte und Dienstleistungen, um sie auszuschließen. Bei der ÖKOWORLD
finanzwelt 04 | 2023 100 INVESTMENTFONDS | INTERVIEW
» Mir würde schon reichen, wenn niemand mehr von Nachhaltigkeit spräche, nur weil er ein paar ESG-Faktoren integriert.
«
machen wir das Nachhaltigkeits-Research selbst und bei Unternehmen, die auf den ersten Blick in Frage kommen, natürlich sehr elaboriert. Wir prüfen, ob Produkte aus Bedürfnissicht überhaupt gebraucht werden und wie diese Produkte gestaltet sind. Wir gehen schließlich in die komplexen Wertschöpfungsketten und schauen uns betriebliche Prozesse mit der ökologischen und sozialen Brille an. Mit den Informationen kann man arbeiten. Ich würde mir allerdings deutliche Verbesserungen der Informationslage beim Thema Menschenrechte und Umweltschutz in Wertschöpfungsketten wünschen.
finanzwelt: Stringent in Ihrem Prozess, streng in Ihrem Urteil. Auch mit der hiesigen Landwirtschaft gehen Sie hart ins Gericht, oder?
Pianowski» Die aktuelle Form unserer Landwirtschaft zerstört die Böden und ist damit durch die externen Kosten weit teurer als Ökolandbau. Mehr als 80 % der landwirtschaftlichen Fläche in Europa sind mit Pestizidrückständen belastet. Industrielle synthetische Mineraldünger beeinträchtigen wichtige Organismen im Boden, was u. a. zu einer Verdichtung des Bodens und damit zu weniger Durchlüftung, trockenen Böden und zu mehr Überschwemmungen führt. Öko-Flächen können nämlich doppelt so viel Wasser im Boden speichern wie konventionelle Flächen und die Versickerung läuft um 40 % schneller. Agroforst- und Permakultursysteme stabilisieren den gesamten Landschaftswasserhaushalt. Entgegen von Mythen ist damit Ernährungssicherheit für alle Menschen der Erde kostengünstiger möglich.
finanzwelt: Nun ist ÖKOWORLD zwar ein etablierter Player im Nachhaltigkeitsuniversum, aber verglichen mit den großen internationalen Fondshäusern klein. Müssen nicht die „Großen“ mit Kraft und Nachdruck vorpreschen, um Wirkung zu erzielen?
Pianowski» Große Assetmanager wollen das entweder nicht, weil sie mit fossilen Geschäften gerade auch in den letzten zwei Jahren Rekordgewinne erzielen, oder sie haben Schwierigkeiten, die großen Summen renditestark unterzubringen. Trotz allem nimmt das Engagement der „Großen“ Fahrt auf, und das ist gut so.
finanzwelt: Abschließend (und um nicht zu verzagen) –haben Sie den Eindruck, dass Sie bei den Portfoliounternehmen etwas bewegen?
Pianowski» Ja. Ich erfahre auf Reisen immer wieder, dass der persönliche Kontakt zielführend ist und dass wir auch nach unserer Expertise gefragt werden. Unser Engagement stärkt Menschen, die in Nachhaltigkeitsbereichen von Unternehmen arbeiten. Es ist wichtig, dass Unternehmenslenker und Finanz- bzw. Investor-Relations-Abteilungen sehen, dass Investoren auch nach nicht-finanziellen Strategien und Kenngrößen fragen. Wir haben im Engagement in den letzten Jahren stark zugelegt und noch viel vor. (ah)
Es wird ungemütlich(er)
Der Blick in den Rückspiegel, sei er auch noch so schön, ist bei weitem keine Garantie für eine geräuschlose Fahrt in der Zukunft. Mit Blick auf die kommenden Monate dürfte es insbesondere an den Aktienmärkten holpriger und volatiler zugehen. Der Leitindex DAX hat sich Anfang Juli schon gen Süden bewegt. Hinzu kommt die wirtschaftliche Schwäche. „Selters statt Sekt“ dürfte jetzt das Motto sein. Doch bitte Nerven behalten.
Mitte Juni, passend zum strahlenden Sonnenschein, stieg der DAX auf 16.358 Zähler. Ein neuer Höchststand. Regelrechte Champagnerlaune. Viele fragten sich zu diesem Zeitpunkt bereits, wie lange die Rallye (der jüngste Aufwärtstrend an den Börsen hält seit Oktober 2022 an) mit dieser Geschwindigkeit weitergehen kann. Zumal die Wolken am Horizont in Form eines wirtschaftlichen Abschwungs immer näher rücken. Korrekterweise muss man sagen, wir befinden uns mitten in einer, wenn auch leichten, Rezession. Wenige Wochen später, Anfang Juli, rauschten die Indizes abwärts und mussten ordentlich Federn lassen. Unerwartet starke Beschäftigungsdaten aus den USA haben den Abwärtstrend am deutschen Aktienmarkt beschleunigt. Der DAX notiert am 07.07. um die 15.500 Punk-
te. Auch für den MDAX ging es bergab. Für den Hinterkopf: Die deutschen Indizes stehen, gemessen zu den Niveaus am Jahresanfang, immer noch deutlich im Plus. Allerdings geistert nun wieder das Zinsgespenst (in den USA) umher. Höhere Zinsen könnten den Börsianern die Laune kräftig vermiesen. Zudem dürfte es in den kommenden Wochen und Monaten ungemütlicher werden. Der VDAX als Gradmesser für die Volatilität könnte dann wieder steigen und die Nervosität befeuern. Zu den größten Verlierern am deutschen Aktienmarkt zählen die besonders zinssensiblen Immobilienwerte. Die Vonovia-Aktie ist das Schlusslicht bei den DAX-40-Werten. Auf Sicht der vergangenen sechs Monate dominieren hingegen noch die positiven Vorzeichen. Eine anhaltende Eintrübung der wirtschaftlichen Lage, Gewinnrevisionen und weitere Negativmeldungen dürften das Bild ins Gegenteil verkehren. Sozusagen von Dur in Moll.
Gegenwind nimmt zu
Und wie sind die Perspektiven für Deutschland? Der Internationale Währungsfonds attestiert Deutschland nur geringes Wachstumspotenzial. So sieht der IWF Deutschlands Wirt-
finanzwelt 04 | 2023 102 Foto: © vlntnstock.adobe.com INVESTMENTSFONDS | BÖRSENAUSSICHT
schaft im laufenden Jahr zwar nicht schrumpfen, doch ein spürbares Wachstum ist aus Sicht der Experten nicht zu erwarten. Und das scheint nicht nur für das Jahr 2023/2024 zu gelten. Der IWF geht davon aus, dass die deutsche Wirtschaft im laufenden Jahr im besten Fall stagniert. Ein moderates Wachstum wird für die folgenden Jahre erwartet. Mit jeweils 1 bis 2 % Plus rechnen sie laut der aktuellen IWFAnalyse. Aber auch langfristig wird die Konjunktur der größten Volkswirtschaft Europas nicht nennenswert wachsen. Die Gründe liegen auf der Hand.
Zum einen die nach wie vor bestehende Energieabhängigkeit. Zwar haben wir die Wintermonate gut überstanden, aber das grundlegende Energieproblem ist nicht gelöst. Weiterhin sind wir in bedeutendem Maße vom Ausland abhängig. Aber auch andere Argumente sprechen für leichten Pessimismus. Zum einen der demografische Faktor, andererseits auch fehlende Produktionszuwächse. Hinzu treten globale Gründe. Die einstige Wachstumslokomotive der Welt, China, ist trotz der Öffnung der heimischen Wirtschaft ins Stocken geraten. Das beeinträchtigt auch die Absatzchancen deutscher Unternehmen.
Investments haben langfristigen Charakter
Ist Trübsal blasen nun die Lösung? Nein, sicher nicht. Langfristig ist es an den Börsen (immer) bergauf gegangen. Seien wir realistisch und ehrlich. Hätten Sie und/oder Ihre Kunden im Januar 2023 gedacht, dass DAX & Co. im 1. Halbjahr diese Rallye hinlegen? Wohl kaum. Und auch in schwierigeren Marktphasen gibt es Stabilitätsanker. Unternehmen mit Geschäftsmodellen, die eine rezessive Phase vergleichsweise gut aushalten. Oder eben auch Finanzwerte, die ihrerseits wiederum von Zinsanstiegen profitieren. Den in den vergangenen Monaten wieder hochgepriesenen und mit deutlichen Kursanstiegen gefeierten Tech-Aktien dürften Zinsanhebungen nicht sonderlich gefallen. Doch die Mehrheit der USGiganten in dieser Branche wird das gut „aussitzen“ können – ihre Marktstellung ist einfach zu stark. Für den Beratungsalltag dürfte das 2. Halbjahr interessant bleiben. Ihren Kunden legen Sie dabei bitte ans Herz, die Nerven zu behalten, auf die vergangene Performance zu schauen und die Langfristigkeit der Anlage zu bedenken. Schließlich geht es um Vermögensaufbau mit kapitalmarktnahen Finanzprodukten, nicht um schnelles Geld. (ah)
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Mehr Licht oder mehr Schatten?
Ivan Domjanic, Kapitalmarktstratege für die DACH-Region, M&G Investments
Uwe Eilers, Vorstand der FV Frankfurter Vermögen AG
Peer Reichelt, Vorstand der Netfonds AG
Ombretta Signori, Leiterin der makroökonomischen Forschung bei Ofi Invest Asset Management
Nach einem Horrorjahr 2022 ist das zurückliegende 1. Halbjahr gut verlaufen. Erstaunlich positiv. Nun stellt sich die Frage, wohin die Reise geht. Setzen die Leitindizes dieser Welt ihre Aufwärtsbewegung fort? Woher könnten neue Impulse kommen? Welche Regionen und Sektoren stehen in den kommenden Monaten im Fokus? Fest steht, es bleibt hoffnungsvoll und abwechslungsreich. Investoren sollten sich dabei vor Augen führen, dass Rücksetzer auch Chancen für Zukäufe bieten. Und generell sollten Sie als
Berater sowieso den Langfristcharakter jedes Investments im Gespräch hervorheben. Eine finanzwelt-Expertenrunde befasste sich Mitte Juli 2023 mit den Fragen der Zeit.
finanzwelt: Die Börsen sind in diesem Jahr gut gelaufen. Angesichts der Krisen, schwächelnder Konjunktur und Inflation, welche Erwartungen haben Sie für die Entwicklung der internationalen Aktienmärkte in den kommenden Monaten?
INVESTMENTFONDS | AUSBLICK 2. HALBJAHR 2023
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(v. l. n. r. Ivan Domjanic, Uwe Eilers, Peer Reichelt und Ombretta Signori)
Ivan Domjanic» Die Aktienmärkte haben sich in der ersten Jahreshälfte überraschend stark entwickelt. Ein Treiber dürfte die sinkende Inflation gewesen sein, die wiederum ein baldiges Ende der Zinserhöhungen erwarten lässt. Hinzu kam dann die Aufregung rund um das Thema Künstliche Intelligenz, welche die Kurse einiger technologielastigen Titel regelrecht befeuert hat. Dem stehen andererseits die konjunkturellen Sorgen, die nach wie vor bestehen, entgegen. Es ist also nicht gerade einfach, derzeit eine eindeutige Einschätzung zu den Aktienmärkten abzugeben.
Uwe Eilers» Die Erwartungen der meisten Anleger sind aufgrund der diversen Krisen und Konjunktur- und Zinssteigerungsängsten von starker Vorsicht geprägt. Das spiegelt die unterdurchschnittlichen Aktienquoten der meisten Investoren wider. Somit scheinen die bekannten Befürchtungen und Ängste in den aktuellen Kursen enthalten zu sein. Sofern sich die Dinge besser entwickeln als allgemein erwartet, müssen die vorsichtigen Investoren ihre Aktienquoten entsprechend anpassen. Dies würde höchstwahrscheinlich steigende Nachfrage nach Aktien und damit steigende Kurse bedeuten.
finanzwelt: Lassen Sie uns mal einen Blick auf die einzelnen Regionen bzw. Segmente werfen. In den USA standen die Wachstumsaktien weit oben auf der Liste. Sind die Vereinigten Staaten „The Place to be?“
Ombretta Signori» Der US-amerikanische S&P 500 Index stieg im Laufe des Monats um mehr als 5 % und seit Oktober vergangenen Jahres um mehr als 25 %. Die Juni-Performance scheint im Vergleich zu den Vormonaten ausgewogener zu sein, mit einer geringeren Konzentration auf
die Technologiesektoren. Die jüngsten Indikatoren könnten auch zeigen, dass die Federal Reserve einen guten Mittelweg gefunden hat. Einerseits verlangsamen sich die Inflationsindikatoren allmählich, was beweist, dass die Politik der Fed funktioniert. Andererseits ist das Wirtschaftswachstum noch nicht unter das Potenzial gesunken. Mit einem KGV von 20 sind US-Aktien aus unserer Sicht teuer. Domjanic» Nüchtern betrachtet erscheinen US-Aktien und vor allem die Wachstumstitel gerade nach den jüngsten Kurszuwächsen insgesamt überteuert im Vergleich zu anderen Märkten. In den vergangenen Jahren wurde zwar ein gewisser Bewertungsaufschlag durch die höhere Qualität und das relativ stärkere Gewinnwachstum von US-Aktien begründet. Die jüngsten Verwerfungen bei den US-Regionalbanken und das relativ gedämpfte Gewinnwachstum machen einen so hohen Bewertungsaufschlag wie wir ihn aktuell sehen aber immer weniger nachvollziehbar, insbesondere im Vergleich zu Europa und Japan. Das heißt jedoch nicht, dass in den USA keine attraktiven Aktien zu finden wären. Schließlich haben sich sehr viele Titel in den USA deutlich schwächer entwickelt als der von den Mega-Caps dominierte S&P 500 Index. Gerade jetzt, wo die Bandbreite an unterschiedlichen Wertentwicklungen und Bewertungen so groß ist, lohnt sich eine gute Titelselektion.
finanzwelt: Wie bewerten Sie aktuell das Chance-RisikoProfil von europäischen Aktien?
Eilers» Viele europäische Aktien haben sich bereits deutlich nach oben entwickelt. Trotzdem ist die fundamentale Bewertung in vielen Fällen noch moderat, sofern die Konjunktur insgesamt recht stabil bleibt und nicht eine tiefe Rezes-
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sion kommt. Viel ist dabei allerdings auch abhängig davon, ob die insgesamt recht lahme Politik die unternehmerischen Rahmenbedingungen verbessert. Ob hohe Subventionen beispielsweise für neue Chip-Fabriken die Investitionstätigkeit insgesamt beflügelt, ist abzuwarten. Langfristig könnte es sich allerdings durchaus volkswirtschaftlich lohnen. Damit einhergehend könnten diverse Branchen mitgezogen werden und weitere Kursanstiege möglich sein.
finanzwelt: China als große globale Wachstumslokomotive stand lange im Zentrum. Nun ist auch dort Sand im Getriebe. Wie schätzen Sie die aktuelle Lage in China hinsichtlich Wachstumsperspektiven und Bewertung ein?
Signori» Der Aufschwung in China ist langsamer und weniger nachhaltig als erwartet. Die Wirtschaftsindikatoren deuten darauf hin, dass sich das Wachstum nach einem guten 1. Quartal im 2. Quartal auf etwa 1 % halbieren wird.
Alle Wachstumsmotoren sind ins Stocken geraten: Der Verbrauch bleibt deutlich unter dem Vorkrisenniveau. Die Investitionen verlangsamen sich und der Außenhandel leidet unter dem weltweiten Abschwung. Die chinesischen Aktien haben sich seit Jahresbeginn trotz der wirtschaftlichen Erholung stabil entwickelt. Angesichts der angespannten geopolitischen Lage mit den USA ist es unwahrscheinlich, dass China in den kommenden Monaten eine überdurchschnittliche Performance erzielt. Die einzige gute Nachricht ist: Diese Realität spiegelt sich in den Aktienkursen wider. Die Bewertungen sind insgesamt sehr vernünftig, und es wird erwartet, dass die Unternehmensgewinne weiter steigen werden. Internationale Anleger sind aktuell sehr vorsichtig und der Markt wäre sehr empfänglich für die kleinste gute Nachricht.
finanzwelt: Jenseits der regionalen Schwerpunkte, welche Branchen/Sektoren haben Sie vermehrt im Blick?
Domjanic» Sektoren, die derzeit attraktiv erscheinen sind beispielsweise der Energie- und Gesundheitssektor. Innerhalb des Technologiesektors sehen wir bei einigen Halbleiterunternehmen langfristig Chancen. Man kann das Ganze auch thematisch betrachten. In dem Fall könnten Infrastrukturunternehmen wieder interessant werden, nachdem diese im laufenden Jahr bislang hinter dem Gesamtmarkt zurückgeblieben sind. Hierzu zählen beispielsweise Versorger, die für die grüne Energiewende unverzichtbar sein werden. Generell sind Unternehmen interessant, die an einer Verringerung des CO2-Ausstoßes arbeiten. Natürlich sind Themen wie Künstliche Intelligenz ebenfalls spannend für uns. Aber man sollte hier die Bewertungen nicht außer Acht lassen. Peer Reichelt» Wichtig wird zukünftig weiterhin der Technologiebereich sein und hier insbesondere das Thema KI. Allerdings gibt es aktuell ‚abgestrafte‘ Branchen wie die Bereiche Pharma oder auch Healthcare, die ebenso einen langfristigen Wachstumstrend aufweisen, aber im Moment nicht im Fokus der Investoren stehen.
finanzwelt: Kaum zu glauben, aber Anleihen sind durch die Zinswende wieder attraktiv geworden. Bonds 2.0. Welche Anleihesegmente erachten Sie als chancenreich? Signori» Besonders positiv sehen wir die Anlageklasse der Euro-Anleihen insgesamt: die Geldmarktpapiere und Investment-Grade-Unternehmensanleihen sowie Hochzinsanleihen, die unserer Meinung nach immer noch besonders attraktiv sind und eine Übergewichtung in einer Allokation verdienen. Die Kategorie der Investment-Grade-Anleihen mit ihren längeren Laufzeiten kann von einem Ausgleichsmechanismus zwischen Zinssätzen und Kreditspreads profitieren. Die unsystematischen Risiken einer Einzelanlage im Portfolio müssen jedoch überwacht werden, ebenso wie der Immobiliensektor, der im Allgemeinen als erster von den Auswirkungen steigender Zinsen betroffen ist.
Domjanic» Wir präferieren derzeit tendenziell InvestmentGrade-Unternehmensanleihen, da diese Unternehmen weniger Probleme haben dürften, sich bei höheren Zinsen zu refinanzieren als High-Yield-Emittenten. Auch eine Rezession sollten sie gut überstehen. Zwar sehen wir auch Chancen bei bestimmten Hochzinsanleihen, allerdings eher bei den solideren Titeln, die sich nahe an der Grenze zum Investment-Grade-Bereich befinden. Innerhalb der Unternehmensanleihen finden wir Finanztitel in Europa aussichtsreich, da diese nicht von der EZB aufgekauft und somit nicht verzerrt wurden. Damit haben diese Anleihen zum einen attraktivere Ablaufrenditen als Industrieanleihen und sind außerdem weniger betroffen von der Rückführung des Aufkaufprogramms der EZB.
finanzwelt: Herr Eilers, Herr Reichelt, welche Investmentlösungen sind derzeit sehr nachgefragt?
Eilers» Multi-Asset-Fonds mit guten Performancedaten und moderaten Schwankungen werden weiterhin nachgefragt. Neuerdings kommen aufgrund des Zinsanstiegs auch Anleihen, bzw. Anleihefonds verstärkt in den Fokus.
Reichelt» Bedingt durch die wieder existierenden Zinsen erleben Rentenfonds ein starkes Revival. Auch Geldmarktfonds sind wieder immer stärker nachgefragt. Bei der Aktienfonds-Anlage sind es insbesondere Fonds, die in Hochtechnologie und KI investieren.
finanzwelt: Anleger waren in der Vergangenheit oft von Dividenden und entsprechenden Fonds angetan. Mit „Ausschüttungen“ kann man eben punkten. Wie sehen Sie hier die Perspektiven, Herr Reichelt?
Reichelt» Dividendenorientierte Investoren sollten überwiegend darauf achten, nicht auf die Aktien mit der höchsten Dividendenrendite zu investieren, sondern ganz klar die langfristige Wachstumsprognose der Unternehmen im Auge zu behalten. Die wichtigste Kennzahl ist eher das langfristige Wachstum der Dividenden bei einer gleichbleibenden Ausschüttungsquote. Am besten sollte man in die Qualitätsfonds aus diesem Bereich investieren. (ah)
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Die Wendigkeit überzeugt
Adidas, BASF, Daimler und VW. Diese vier Aktienwerte sind neben 36 weiteren im DAX enthalten. Die großen Dickschiffe genießen Ansehen. Doch das Investmentuniversum ist weiter. Gemessen an der Marktkapitalisierung sind Mid-/Small-Caps zwar kleiner, aber oftmals nicht weniger schlagkräftig. Diese Unternehmen sind auch international unterwegs, mitunter Platzhirsche in ihrer Nische und erfolgreich.
Groß gegen Klein. Der ewige Wettstreit. Ist die Größe allein schon ein aussagekräftiger Gradmesser für die Performance? Wohl kaum. Vielmehr ist die Größe ein Faktor unter vielen. In anderen Worten: Auch kleinere börsennotierte Unternehmen haben ihre Daseinsberechtigung. Mehr noch: Kleinere Unternehmen können nicht nur eine sinnvolle Bereicherung im breitgefächerten Portfolio sein. Sie überzeugen oftmals mit einem Mehr an Rendite gegenüber den Large-Caps, ihren „Widersachern“. Mit Blick auf die Historie der vergangenen Jahre sind Small-Caps oftmals erfolgreicher gewesen. Viele der in diesen Indizes enthalte-
Wussten Sie...?
nen Unternehmen sind in der Lage, sich schneller auf die sich wandelnden Marktgegebenheiten einzurichten und ihr Produktportfolio anzupassen. Bildlich gesprochen haben wir es mit Schnellbooten zu tun, im Gegensatz zu den ggf. behäbigen Dickschiffen. Fondsmanager, die sich speziell auf diese Nebenwerte fokussiert haben, müssen oftmals ein tieferes Know-how mitbringen. Damit nicht genug. Die Kehrseite der Medaille ist, dass diese vergleichsweise kleineren Unternehmen in ihrer Wertentwicklung tendenziell volatiler sind. Das bedeutet, Abschwünge in den Kursverläufen fallen gelegentlich heftiger aus. Trotzdem lohnt der Blick auf die Hidden Champions der zweiten und dritten Reihe. Speziell hierzulande ist die Zahl der Unternehmen groß, die in dieses Raster fallen. Mittelständische Firmen, die seit Jahren/Jahrzehnten oftmals sehr erfolgreich in ihrer Nische agieren. Kein Wunder, dass in den vergangenen zehn Jahren der europäische Small-Cap-Sektor den europäischen Large-Cap-Sektor stets übertroffen hat. Schauen Sie doch einfach auch mal in die zweite/dritte Börsenreihe und finden vielversprechende Perlen. (ah)
• Small-Caps steht für „Nebenwerte“, wobei es sich um Aktien mit geringem Handelsvolumen bzw. einer geringen Marktkapitalisierung handelt.
• Small-Caps weisen im Vergleich zu Standardwerten eine geringe Marktliquidität auf.
• Der SDAX wurde am 21. Juni 1999 von der Deutschen Börse AG eingeführt. Er ist der Auswahlindex für 70 kleinere Unternehmen, sogenannte Small-Caps.
• Der MDAX wurde im Januar 1996 eingeführt und umfasst 50 Werte, die den im DAX gelisteten Werten hinsichtlich Marktkapitalisierung und Börsenumsatz nachgeordnet sind.
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Entscheidend sind Höhe und Planbarkeit von zukünftigen Cashflows
Das Börsenklima im bisherigen Jahresverlauf war vielversprechend. Vielleicht sogar zu gut, um wahr zu sein. Die kommenden Monate könnten holpriger und volatiler verlaufen. Marcel Maschmeyer, Vorstand und Gesellschafter der Paladin Asset Management InvAG, ging im finanzwelt-Interview Anfang Juli auf die zentralen Fragen der Zeit und die Investmentstrategie des Flaggschifffonds ein.
finanzwelt: Halbzeit im Jahr 2023. Der DAX notiert über der 16.000er Marke; andere Indizes stehen ebenfalls im Plus. Man könnte meinen, alles sei in bester Ordnung. Täuscht der Eindruck?
Marcel Maschmeyer» Mit Blick auf die allgemeine Gemengelage ist die Multi-Krise weiterhin in vollem Gange. Der Ukraine-Krieg tobt weiter, die Zinsen steigen und die Inflation ist noch nicht in dem Maße zurückgekommen, wie viele sich das angesichts der gestiegenen Zinsen erhofft hatten. Aber es gibt auch Lichtblicke – gerade bei den Energiepreisen. Auch die Annahme einer harten Rezession hat sich bisher nicht erfüllt. Dennoch darf nicht außer Acht gelassen werden, dass monetäre Bremsmaßnahmen erst mit einer zeitlichen Verzögerung konjunkturell wirken. Wir erleben eine Wirtschaftsflaute, wenn auch nicht mit jener extremen Intensität.
finanzwelt: Sie sind mit Ihrem Flaggschiff Paladin ONE bereits seit knapp zehn Jahren auf dem Markt. Bitte erläutern Sie uns die Investmentphilosophie des Fonds.
Maschmeyer» Gerne. Der Paladin ONE fußt auf drei fundamentalen Säulen: Value-Aktien, Sondersituationen und Liquidität. Damit bleibt der Fonds in turbulenten Phasen dementsprechend robust. Er ist ein Baustein für konservativere Anleger, mit vergleichsweise hohen Renditen bei angemessenem Risiko. Diese drei Bausteine speisen den Fonds und seine Zusammensetzung aus im Schnitt rund 25 Aktien mit Fokus auf Unternehmen im deutschsprachigen Raum. Ein sehr konzentriertes Portfolio aus unseren besten Ideen.
finanzwelt: Wie wichtig ist die Liquidität-Position?
Maschmeyer» Sie ist zentral. Wir halten bewusst eine hohe Cash-Quote von im Schnitt 20 % vor. Diese Einkaufsreserve gibt uns Raum, Opportunitäten wahrzunehmen, wenn sie sich bieten.
finanzwelt: Sie legen im Fonds den Schwerpunkt auf die kleineren Werte. Dickschiffe findet man nicht.
Maschmeyer» Absolut. Small-/Mid-Caps können historisch mehr Performance aufweisen. Doch unterwegs schwanken sie mitunter stärker. Kleinere Unternehmen passen sich dem Wandel der Zeit schneller an, agieren zügiger und haben meist spitzere Geschäftsmodelle. Die Vielzahl der möglichen Investments erlaubt eine kluge Diversifikation der Risiken, ohne dabei die Chancen zu verwässern. Was letztlich zählt, sind Höhe und Planbarkeit von zukünftigen Cashflows. Diese müssen in einem günstigen Verhältnis zum heutigen Preis stehen.
finanzwelt: Wo werden Sie besonders fündig?
Maschmeyer» Regional setzen wir mit zwei Dritteln auf deutsche Aktien, nehmen aber auch Werte aus dem benachbarten Ausland in unser Portfolio auf. Sektoral werden wir vor allem in den Bereichen Medizin, erneuerbare Energien und Technologie fündig. Hier finden wir so manche Hidden Champions, also Unternehmen, die in lukrativen Nischen unterwegs sind und über das Potenzial verfügen, sich aus eigener Kraft weiterzuentwickeln.
finanzwelt: Neben dem Paladin ONE sind Sie seit knapp einem Jahr auch mit dem Paladin ORIGINS auf dem Markt. Wo liegt das Unterscheidungsmerkmal?
Maschmeyer» Während der Paladin ONE vor allem auf Smallund Mid-Cap-Titel setzt, umfasst das Anlageuniversum des 2022 gestarteten Paladin ORIGINS in erster Linie europäische Micro-Caps. (ah)
INTERVIEW
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WEICHE STATT HARTE LANDUNG
Die US-amerikanische Volkswirtschaft ist der Dreh- und Angelpunkt der Welt. Gerade in diesen Zeiten der hohen Inflationsstände schauen Börsianer und Berater mit Argusaugen auf die Signale der US-Notenbank Fed. Mitte Juli zeigt sich an der Inflationsfront Entspannung. Mittlerweile gehen die Marktteilnehmer von einem „Soft Landing“ der dortigen Volkswirtschaft aus. Keine harte Rezession. Die jüngste Rallye an den Märkten wurde dabei in erster Linie durch die Tech-Aktien befeuert.
„It’s the economy, stupid“, war einst das Erfolgsmotto des damaligen US-Präsidenten Bill Clinton Anfang der 90er Jahre. Und recht hatte er. Was damals galt, ist auch heute noch richtig. Läuft die Wirtschaft wie am Schnürchen bzw. in die richtige Richtung, sind Wähler als auch Investoren zufrieden. Ruckelt es oder gleitet die Ökonomie ins Negative ab, hat es der Amtsinhaber schwer. Das gilt auch mit Blick auf die Präsidentschaftswahlen 2024. Joe Biden versucht nun, mit dem Slogan „Bidenomics“ seiner Wiederwahl Rückenwind zu verleihen. Ansinnen ist, wegzukommen von Vorwürfen des hohen Alters und den Blick eben einzig und allein auf die wirtschaftlichen Errungenschaften der vergangenen Jahre zu legen. Stichwort Arbeitslosigkeit: Die Beschäftigung in der
US-Privatwirtschaft ist zuletzt im Juni viel stärker gestiegen als erwartet. Gegenüber dem Vormonat entstanden 497.000 Stellen. Ökonomen hatten weniger neue Jobs vorausgesagt. Die Arbeitslosenquote in den USA ist im Juni 2023 nur marginal auf rund 3,6 % gestiegen. Seit Bidens Amtsantritt Anfang 2021 hat sich die Arbeitslosenzahl deutlich verringert. Die Kehrseite der Medaille ist, dass ein robuster Arbeitsmarkt die Inflation weiter ansteigen lassen könnte. Eine Sache, die die US-Notenbank vermeiden möchte.
Inflationsrate sinkt deutlich
Erfreulicherweise ist die Inflation jüngst (stark) gefallen. Die Kerninflation lag bei 4,8 % (Mai: 5,3 %). Rückläufig waren die Preise vor allem bei dauerhaften Gütern. Aber auch die Wohnkosten sind weniger stark gestiegen. „Die US-Inflation ist im Juni wie erwartet deutlich gesunken und der Preisauftrieb hat auch in der Breite nachgelassen. Bis auf Weiteres dürfte die Fed zwar noch hawkishe Signale senden und könnte die Leitzinsen im Juli nochmals anheben. […] Darüber hinaus stützen die Juni-Inflationsdaten das Soft Landing-Szenario für die US-Wirtschaft. Aus Investorensicht ist vor allem die Aussicht auf ein Abflachen der Inflations- und Zinswelle
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positiv und verbessert den Ausblick für Geschäftsmodelle in säkularen Wachstumstrends, kommentiert Dr. Johannes Mayr, Chefvolkswirt bei Eyb & Wallwitz. Ähnlich argumentiert Tiffany Wilding, US-Ökonomin beim Vermögensverwalter PIMCO: „Die Inflation liegt zwar immer noch deutlich über den Zielvorgaben der Fed, doch scheint sich unser Maß für die Inflation der hartnäckigen Preise bei 3,5 % zu stabilisieren, während es im letzten Jahr noch über 8 % waren“, so Wilding. Das bedeutet für den Kapitalmarkt, dass sich die Phase der Zinsanstiege dem Ende nähert. Doch daraus zu folgern, dass die Fed sofort den Hebel an Zinssenkungen ansetzt, um die Wirtschaft weiter anzukurbeln, bleibt illusorisch. Nach Marktansicht wird das Zinsniveau erstmal auf diesem höheren Niveau verharren, bis die Inflation sich auch langfristig wieder auf „vertretbaren“ Niveaus. Was heißt das nun für die Investoren?
Tech gibt die Geschwindigkeit vor
Der US-Markt ist groß und in diesem Jahr gut gelaufen. Wobei wir in diesem Zusammenhang differenzieren sollten. Zwar ist auch der große Dow Jones Index gut im Plus, doch die Pace gaben die Technologieaktien vor. Sozusagen ein Revival der Wachstums-/Technologiewerte, die im vergangenen Jahr
Johannes Mayr Chefvolkswirt
Eyb & Wallwitz Vermögensmanagement GmbH
abgestraft wurden. Doch aktuell spielt hier die Musik. Hier spricht man insbesondere von den „Magnificent 7“; Apple, Microsoft, Alphabet (Google), Amazon, Nvidia, Tesla und Meta (Facebook). Diese sieben Aktien legten seit Jahresanfang mehr als 50 % zu, damit auch stärker als die FAANG-Aktien. Wichtig: Rechnet man die Performance dieser sieben Aktientitel seit Jahresanfang heraus, dann stieg der S&P 500 Index kaum. Das bedeutet, der Anstieg des Index ist im Wesentlichen auf sieben von 500 Aktien zurückzuführen.
Welche Konsequenzen daraus ziehen?
Der US-Aktienmarkt ist Ihren Kunden ein Begriff und die Stories um die gigantischen Wachstumswerte sind einfach erzählt und nachvollziehbar. Insofern ist die Grundlage für ein Gespräch gelegt. Natürlich sind einzelne Titel bereits gut gelaufen und haben immer neue Höchststände erklommen. Diejenigen, deren Geschäftsmodell auf mehr als einem soliden Fundament beruht und die neuartigen Entwicklungen (Stichwort: Künstliche Intelligenz) stetig vorantreiben, werden auch künftig noch Kurspotenzial haben. Hinzu kommt, dass die meisten Marktteilnehmer vom Szenario eines „Soft Landing“ ausgehen, das heißt keine tiefe Rezession bei unseren US-amerikanischen Freunden. (ah)
Die acht größten börsenorientierten Unternehmen der Welt (nach Marktkapitalisierung, in Euro)
111 Quelle: https://www.finanzen100.de/top100/die-grossten-borsennotierten-unternehmen-der-welt/, Abruf am: 13.07.2023
Tiffany Wilding US-Ökonomin PIMCO
Dr.
Name Land Umsatz Gewinn Marktkapitalisierung #1 Apple USA 361,3 Mrd. 91,4 Mrd. 2,7 Bio. #2 Microsoft USA 194,2 Mrd. 71,2 Mrd. 2,3 Bio. #3 Alphabet Inc. (A) (ehemals Google) USA 260,2 Mrd. 55,6 Mrd. 1,3 Bio. #4 Amazon USA 476,2 Mrd. -2,5 Mrd. 1,2 Bio. #5 Nvidia USA 25,3 Mrd. 9,2 Mrd. 957,5 Mrd. #6 Tesla USA 74,3 Mrd. 11,5 Mrd. 793,3 Mrd. #7 Tencent China 75,7 Mrd. 25,7 Mrd. 727,9 Mrd. #8 Meta Platforms (ehem. Facebook) USA 110,0 Mrd. 21,9 Mrd. 586,2 Mrd.
In Zeiten der Disruption
Steuern wir auf ein „Jahrzehnt der etablierten Unternehmen“ zu? Der Wandel mag zwar konstant sein, das Tempo und die Schnelligkeit des Wandels sind es jedoch nicht. In den letzten Jahren hat die rasante technologische Entwicklung, die durch das außerordentliche Wachstum der Computerleistung, die Verfügbarkeit von Daten und die zunehmende Vernetzung vorangetrieben wurde, in der gesamten Wirtschaft weitreichende Innovationen (und Veränderungen) ausgelöst. Mehrere Unternehmen haben ihre Innovationen genutzt, um neue Märkte zu schaffen und dabei überdurchschnittliche Aktionärsrenditen zu erzielen.
Die Innovation wird sich fortsetzen, aber in Zukunft wird die Innovation in einem Markt stattfinden, der sie jetzt erwartet. Infolgedessen hat die Fähigkeit der Innovation, die Anleger zu überraschen, erheblich abgenommen. Daher ist es schwieriger zu behaupten, dass DisruptorFirmen derzeit unterschätzt werden – wenn überhaupt, könnte ihr Potenzial überschätzt werden. Gleichzeitig werden disruptive Unternehmen möglicherweise vom Markt unterschätzt, da viele von ihnen auf die Disruption mit eigenen Innovationen reagieren.
Netflix bekommt von Disney starke Konkurrenz
Während das vergangene Jahrzehnt als das „Jahrzehnt der Disruptoren“ bezeichnet werden kann, halten wir es für möglich, dass das nächste Jahrzehnt das „Jahrzehnt der etablierten Unternehmen“ sein könnte. In bestimmten Branchen, darunter die Medien, die Automobilindustrie und der Einzelhandel, scheinen die Erwartungen an Unternehmen, die von Disruption betroffen wurden, zu niedrig.
Im Medienbereich sehen wir die Stärke der Marke Netflix und den bemerkenswerten Erfolg, den das Unternehmen als Vorreiter im Bereich Video-Streaming erzielt hat. Neue Konkurrenten im Streaming-Bereich haben die Grundlagen von Netflix in den letzten Jahren beeinträchtigt, und wir werden wahrscheinlich einen anhaltenden Wettbewerb um Streaming-Abonnements erleben. Ein weiterer Neueinsteiger im Bereich Video-Streaming ist Disney. Aufgrund der Stärke seiner Marken und seines geistigen Eigentums wird Disney im Streaming-Geschäft wahrscheinlich überleben und florieren. Das Unternehmen hat auch Vorteile gegenüber anderen Medienunternehmen, die vielleicht unterschätzt werden. Wenn Disney beispielsweise über seine Plattform Disney+
einen Serienhit produziert, hat das Unternehmen zusätzliche Möglichkeiten, diesen Hit über seine Themenparks, Spielzeuglizenzen und andere Wege zu monetarisieren. Daher sind wir der Meinung, dass das volle Potenzial von Disneys Geschäftsmodell vom Markt nicht vollständig verstanden wird.
VW könnte Tesla Marktanteile abjagen
Im Automobilsektor ist Tesla technologisch führend bei batteriebetriebenen Elektrofahrzeugen (BEVs) und hat eine Produktionsgröße erreicht, die es für Konkurrenten schwierig macht, mit der Rentabilität des Unternehmens Schritt zu halten und über den Preis zu konkurrieren. Wir sind jedoch der Meinung, dass ein Großteil dieses Vorteils in der Bewer-
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Foto: © Mikhail Piatroustock.adobe.com
tung des Unternehmens zum Ausdruck kommt. Andererseits werden die Milliarden, die Volkswagen im Laufe der Jahre in die Entwicklung einer BEV-Plattform investiert hat, die weltweit um Marktanteile konkurrieren kann, kaum anerkannt. Infolgedessen sehen wir angesichts der geringen Erwartungen der Anleger ein Aufwärtspotenzial für die Volkswagen-Aktie.
Wal-Mart und Best Buy bei Omnichannel erfolgreicher als Amazon
Wir glauben, dass die Zukunft des Einzelhandels wahrscheinlich ein Omnichannel-Geschäft sein wird, bei dem Einzelhändler Produkte in virtuellen und physischen Geschäften anbieten. Amazon ist im Internet-Einzelhandel sehr erfolgreich, hat aber trotz jahrelanger Bemühungen noch keinen Erfolg im physischen Einzelhandel erzielt. Im Gegensatz dazu weisen Unternehmen wie Wal-Mart und Best Buy interessante Merkmale auf, die ihnen das Potenzial verleihen, in einer Omnichannel-Welt erfolgreich zu sein. Wal-Mart, das im physischen Einzelhandel bereits eine große Rolle spielt, investiert stark in seine E-Commerce-Fähigkeiten. Die große geografische Ausdehnung des Unternehmens bedeutet, dass es bereits in der Nähe seiner Kunden ist und einen Vor-
teil bei der Zustellung auf der letzten Meile haben könnte. Best Buy hingegen war bereit, die Preise im E-Commerce zu übernehmen und ein überzeugendes Wertangebot zu schaffen, da das Unternehmen über Servicekapazitäten und eigene Vertriebserfahrung verfügt. Daher glauben wir, dass beide Unternehmen gut positioniert sind, um in den kommenden Jahren mit Amazon zu konkurrieren. Rückblickend könnten wir feststellen, dass es einfacher war, im OmnichannelGeschäft durch eine Präsenz im stationären Handel eine Größenordnung zu erreichen, als mit einer E-Commerce-Präsenz zu beginnen.
Die Erwartungen an Disruptoren können die Realität übersteigen
Wenn die Erwartungen an ein Disruptor-Unternehmen nicht erfüllt werden, kann der Abstieg schmerzhaft sein – es gibt keine weiche Landung, wenn die Fundamentaldaten enttäuschen und die Bewertungen voll sind. Auf der anderen Seite können Unternehmen, von denen kein Erfolg erwartet wird, deren Fundamentaldaten aber darauf hindeuten, dass sie ein großes Potenzial haben, vom technologischen Wandel zu profitieren, hohe Anlagerenditen erzielen.
Das bedeutet natürlich nicht, dass alle etablierten Unternehmen unterbewertet sind oder dass alle Disruptoren fair bewertet oder überbewertet sind. Vielmehr bedeutet es, dass Value-Investoren das Disruptionsrisiko rigoroser und differenzierter handhaben müssen. Insbesondere sollten Value-Investoren bereit sein, in Unternehmen zu investieren, die mit säkularen Herausforderungen konfrontiert sind, vor allem, wenn die Probleme vollständig in die Aktie eingepreist sind. Ein besonders interessanter Bereich für Investitionen sind Unternehmen, bei denen der Markt die Herausforderungen nicht richtig versteht und die in den aktuellen Aktienkursen nicht richtig eingepreist sind.
Die säkulare Bedrohung durch disruptive Technologien ist nicht verschwunden – sie wird sich in Zukunft nur anders darstellen. Als Value-Investoren ist es wichtig, dass wir weiterhin sowohl disruptive Unternehmen als auch Disruptoren in Betracht ziehen und genau darauf achten, wo die eingebetteten Erwartungen entweder zu hoch oder zu optimistisch sind. Das ist schwieriger, als blind der Masse zu folgen oder reflexartig kontraproduktiv zu sein, aber es wird langfristig wahrscheinlich bessere Ergebnisse liefern.
John Linehan Chief Investment Officer U.S. Equities T. Rowe Price
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Themen:
KI in der Immobilienbranche
Künstliche Intelligenz (KI) findet sich in vielen Bereichen, und die Immobilienbranche bildet hierbei keine Ausnahme. Zahlreiche Möglichkeiten beim Verkauf, Betrieb und der Wartung von Gebäuden sind denkbar. Insofern gilt es, die unterschiedlichen Anwendungsfelder für KI in der Immobilienbranche unter die Lupe zu nehmen. Wir liefern Ihnen einen Überblick.
China-Fonds
China überstrahlte lange Zeit die anderen Weltmärkte um Längen. Exorbitante Wachstumszahlen, von denen Europa und auch die USA nur träumen konnten. Doch mittlerweile verstetigt sich der Trend, dass die große globale Wachstumslokomotive etwas ins Straucheln geraten ist. Es ist Sand im Getriebe. Chinesische Aktien hinken hinterher. Was bringt die Zukunft? Einen Abriss geben wir in der nächsten Ausgabe.
Kunstversicherung
Kunst inspiriert und regt den Geist an. Doch wie schützt und sichert man ein Meisterwerk ab? Fest steht, es gilt die Leidenschaft und Liebe zur Kunst nicht nur zu teilen, sondern auch für den Fall der Fälle vorzusorgen. Welche Unterscheidungsmerkmale gibt es bei den Kunstversicherungen? Welche Kunstversicherungslösungen sind einen näheren Blick wert? Die Highlights präsentieren wir im kommenden Heft.
IMPRESSUM
CHEFREDAKTION
Lenard von Stockhausen (lvs) stockhausen@finanzwelt.de
ART DIRECTOR
wirkungswerk GmbH & Co. KG kontakt@wirkungswerk.com
PROJEKTLEITUNG
LEKTORAT/LESERSERVICE
Angela Schnell schnell@finanzwelt.de
BILDREDAKTION
Sabrina Henkel s.henkel@finanzwelt.de
REDAKTION
Stefan Gehrke (sg) gehrke@finanzwelt.de
Günter Giese (gg) giese@finanzwelt.de
Alexander Heftrich (ah) a.heftrich@finanzwelt.de
Maria Leladze (ml) leladze@finanzwelt.de
AUTOREN DIESER AUSGABE
Thomas Gassenbauer
Markus Gotzi
John Linehan
Christian Palme
Roger Rankel
Wladimir Simonov
Anja Sprick
VERKAUFSPREIS
Einzelheft 4,50 Euro Jahresabonnement: 25,– Euro inkl. Versandkosten, inkl. MwSt. (Inland). Die finanzwelt kann nur direkt beim Verlag abonniert werden und ist nicht im Handel erhältlich.
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EXPERTENBEIRAT
Peter Schneider
Prof. Dr. Hans-Peter Schwintowski
Matthias Wiegel
Prof. Dr. Hans-Wilhelm Zeidler (Vorsitzender)
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ISSN-Nr.: 2701-7478
GESCHÄFTSFÜHRUNG
Dorothee J. Schöneich (V. i. S. d. P.)
finanzwelt 04 | 2023 114 VORSCHAU
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