BA S S E N G E
Autographen Auktion 114 | 16. Oktober 2019
Bassenge Buchauktionen GbR . Erdener StraĂ&#x;e 5a . 14193 Berlin-Grunewald Telefon +49 30 893 80 29-0 . Fax +49 30 891 80 25 . E-mail: books@bassenge.com . www.bassenge.com
e xp erten | SPECIAL IST S Geschäftsführung | Management David Bassenge +49 (0)30-893 80 29-17 david@bassenge.com Kunstabteilung | Art Department Leitung 15. bis 19. Jahrhundert Dr. Ruth Baljöhr +49 (0)30-893 80 29-22 Head of Department 15th to 19th Century r.baljoehr@bassenge.com Graphik und Handzeichnungen des David Bassenge +49 (0)30-893 80 29-17 15.–19. Jahrhunderts, Gemälde david@bassenge.com Prints and Drawings 15th to 19th Century, Paintings Lea Kellhuber +49 (0)30-893 80 29-20 l.kellhuber@bassenge.com Nadine Keul +49 (0)30-893 80 29-21 n.keul@bassenge.com Harald Weinhold +49 (0)30-893 80 29-13 h.weinhold@bassenge.com Leitung Moderne und Zeitgenössische Kunst Klaus Spermann +49 (0)30-88 91 07 91 Head of Department 20th Century and Contemporary Art k.spermann@bassenge.com Simone Herrmann +49 (0)30-88 91 07 93 s.herrmann@bassenge.com Katharina Fünfgeld +49 (0)30-88 91 07 94 k.fuenfgeld@bassenge.com Sandra Espig +49 (0)30-88 91 07 90 s.espig@bassenge.com Gabriella Rochberg +49 (0)30-88 91 07 92 g.rochberg@bassenge.com Berater | Consultant Jörg Maaß +49 (0)170 - 486 90 64 j.maass@bassenge.com Photographie | Photography Leitung | Head of Department Jennifer Augustyniak +49 (0)30-21 99 72 77 jennifer@bassenge.com Elmar F. Heddergott +49 (0)30-21 99 72 77 e.heddergott@bassenge.com Buchabteilung, Autographen | Books, Autographs Leitung | Head of Department Dr. Markus Brandis +49 (0)30-893 80 29-27 m.brandis@bassenge.com Harald Damaschke +49 (0)30-893 80 29-24 h.damaschke@bassenge.com Dr. Cosima Kristahn +49 (0)30-893 80 29-48 c.kristahn@bassenge.com Stephan Schurr +49 (0)30-893 80 29-15 s.schurr@bassenge.com Autographen | Autographs Dr. Rainer Theobald +49 (0)30-4 06 17 42 r.theobald@bassenge.com Logistik Management | Logistics Ralph Schulz +49 (0)30-893 80 29-16 r.schulz@bassenge.com Sekretariat | Office Anja Breitenbach +49 (0)30-893 80 29-12 a.breitenbach@bassenge.com Ellen Rusczyk +49 (0)30-893 80 29-33 e.rusczyk@bassenge.com Repräsentanzen | Representatives Rheinland Dr. Mayme Francis Neher +49 (0)175 - 204 63 23 info@mayme-neher.de Dänemark Peter Titelbech + 45 (0)2383 - 2448 p.titelbech@bassenge.com Italien Dr. Chiara Erika Marzi + 39 333 9924 868 c.marzi@bassenge.com
T ermin ü bersicht
Au ktion 114
dienstag, 15. OKTOBER 2019
W ertvolle Bücher u nd Liter atur
Vormittag
Geschichte, Geographie und Reisen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Nr.
1-304
Nachmittag 14.00 Uhr Varia Medizin . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Nr. Naturwissenschaften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Nr. Pflanzen- und Tierbücher . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Nr. Haus- und Landwirtschaft, Jagd, Pferde . . . . . . . . . . . . . . . . . Nr. Technik und Verkehr . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Nr. Asiatica . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Nr. Gastrosophie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Nr. Numismatik, Heraldik, Genealogie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Nr. Judaica . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Nr. Kultur- und Sittengeschichte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Nr. Masonica . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Nr. Studentica . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Nr. Moden und Kostüme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Nr. Militaria . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Nr. Musik, Theater, Tanz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Nr. Okkulta . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Nr. Politik 20. Jahrhundert . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Nr. Recht, Staat und Wirtschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Nr. Sport, Spiel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Nr. Buchwesen und Lexika . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Nr. Kunstliteratur, Kunsthandwerk . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Nr.
401-423 424-443 444-473 474-487 488-502 503-543 544-549 550-555 556-565 566-567 568-569 570 571-577 578-593 594-614 615-618 619-628 629-654 655-659 660-686 687-705
10.00 Uhr
Abend 17.00 Uhr Handschriften, Alte Drucke, Theologie Handschriften und Einzelblätter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Nr. 1001-1044 Inkunabeln . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Nr. 1045-1052 Alte Drucke vor 1600 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Nr. 1053-1160 Bibeln . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Nr. 1161-1177 Theologie, Gebet- und Gesangbücher . . . . . . . . . . . . . . . . . . Nr. 1178-1228 Architektur, Kunstaltertümer und Archäologie . . . . . . . . . . . . Nr. 1228-1288 Faksimiles . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Nr. 1289-1294 Mittwoch, 16. Oktober 2019 Vormittag 10.00 Uhr Literatur und Buchillustration 17.-19. Jh. Almanache, Taschenbücher und Kalender . . . . . . . . . . . . . . . Nr. 2001-2007 Literatur und Buchillustration . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Nr. 2008-2257 Philosophie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Nr. 2258-2271 Pädagogik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Nr. 2272-2280 Kinder- und Jugendbücher . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Nr. 2281-2300 Papierantiquitäten des 18. und 19. Jahrhunderts . . . . . . . . . . . . Nr. 2301-2310 Nachmittag
14.00 Uhr
Autogr aphen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Nr. 2501-2948
Donnerstag, 17. OKTOBER 2019 Vormittag 10.00 Uhr Moder ne Liter atur & Ku nstdoku mentation Moderne Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Nr. 3001-3425 Exlibris . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Nr. 3426 Architektur, Design . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Nr. 3427-3451 Plakate . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Nr. 3452-3542 Russische Avantgarde . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Nr. 3543-3587 Foto, Film . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Nr. 3588-3606 VORBESICHTIGUNG Dienstag, 8. Oktober bis Freitag, 11. Oktober 2019, jeweils 10.00-18.00 Uhr, Samstag, 12. Oktober, 10.00-14.00 Uhr, Montag, 14. Oktober 10.00-16.00 Uhr, Sonntag geschlossen
______________________________________________________________________________________________________________________________________
2519
4
_______________________________________________________________________________________________________________________________________________________________________
Autographen Literatur – Wissenschaft und Technik – Geschichte – Bildende Kunst – Musik,Theater und Film
Literatur 2501 Alexis, Willibald (d. i. Wilhelm Häring), Berliner Schriftsteller und Publizist, erfolgreicher früher Vertreter des realistischen Romans (1798-1871). Eigh. Brief m. U. „W. Häring, Referendar. Jägerstr. N 18“. 1 S. 4to. Berlin 10.XII.1820. 200 € Als 22jähriger, dichtender Jura-Referendar an den (nicht genannten) Leipziger Philosophie-Professor, Musikschriftsteller, Publizisten und Almanach-Herausgeber Amadeus Wendt (1783-1836). „... Ew Wohlgeboren, als Herausgeber des Gleditsch Taschenbuchs zum geselligen Ver gnügen, wagt der Unterzeichnete, der nicht die Ehre hat, Sie persönlich zu kennen, mit einer schriftlichen Anfrage zu belästigen. Dürften die beifolgenden Gedichte Ihrem Inhalte und den Bestimmungen des redigirten Taschenbuches nach, als Beiträge für das nächstfolgende Jahr (22) in demselben aufgenommen werden? Hinsichts früherer, bis jetzt von mir bekannter, Gedichte kann ich mich nur auf einige Romanzen und Balladen im Frauen Tasch B. (21) u auf ein idyllisch Epos, die Treibjagd, wenn es dessen bedürfte, berufen ...“. - So früh selten.
2502 Annunzio, Gabriele d‘, ital. Schriftsteller (18631938). Eigh. Widmung m. U. „Gabriele d‘Annunzio“ auf dem Vorsatzblatt eines Buches. 1 S. Kl. 4to. Rom, Juli 1915. 250 € “A S. E. il generale Guidotti questi canti di annunziazione offre devotamente Gabriele d’Annunzio. Roma: Iuglio 1915“. - Auf einem Vorsatzblatt seines Buches „Laudi del cielo del mare della terra e degli eroi“, Band IV: „Merope“. (11. Tsd. 3 Bl., 212 S., 2 Bl. Mit Jugendstil-Buchschmuck. Kl. 4to. Pergamentband d. Z. [1 Rückenkante geplatzt] mit Rückenvergoldung, goldgepr. Deckelbordüren und Resten von Verschluß-Schnüren. Mailand, Fratelli Treves, 1914). - Carlo Guidotti (1871-1949) wurde, nachdem er sich schon im ersten Weltkrieg ausgezeichnet hatte, ein hochdekorierter General und Politiker unter Benito Mussolini. - Etwas gebräuntes Papier. - Beiliegend je 1 eigh. Brief eines Ernesto Guidotti (31/2 S., gr. 4to. 22.VII.1915) und eines Kavallerie-Offiziers Alessandro Secreti (4 S. gr. 8vo. Rom 16.VII.1917. - An allen Knickfalten durchgetrennt). Dieser zweite Brief ebenfalls an General Guidotti, mit Erwähnung Gabriele d‘Annunzios.
2503 Arndt, Ernst Moritz, Dichter, demokratisch-patriotischer Schriftsteller und Politiker, Professor in Greifswald und Bonn (1769-1860). Eigh. Brief m. U. „E M Arndt“. 4 S. 4to. Bonn 27. „Windmonat“ (XI.) 1856. 450 €
An einen „theuren Getreuen“, einen ehemaligen Greifswalder Kollegen, der ihm sein neuestes Buch übersandt hatte. Entschuldigt sich für die Verspätung seines Dankes. „... aber nun nehmen Sie diesen Dank aus vollem Herzen auch freundlich hin. Aus Ihren Büchern lernt man immer viel und öffnen sich einem manche neue Ansichten und Gesinnungen für unsre deutsche Zukunft. - Wir beide haben doppelte und dreifache Gemeinsamkeit, zuerst unsere weiland Stellung in Greifswald, dann unser gemeinsames Streben für das Wohl der kleinen Ackerbauern, am meisten unsre größere heiligere Stellung zu unserm Gesammtvaterland. Wir beide werden schon an unserm Glauben tapfer und ehrlich festhalten. - Was Greifswald angeht, so ist mir dort eine zufällige Ehre geworden. Das Einzige bleibt doch nur fest: das Bewußtsein eines redlichen Willens, alles Übrige schwindet doch einmal im Fluge mit allen andern wechselnden Atomen dieses unsres Erdenbällchens dahin und vorüber ... Was mich nun persönlich betrifft, so trage ich durch Gottes Gnade die Last meiner 86 Jahre noch mit leidlicher Rüstigkeit ...“. - Schöner Altersbrief des unermüdlichen Kämpfers für Freiheit und Einigung, der neuerdings in jämmerlicher Weise wegen seiner patriotischen Gesinnung Diffamierungen durch die Greifswalder Universität erfuhr, die ihn nach dem bedenklichen Vorbild von 1933 aus aktuell-ideologischen Gründen aus ihrem Namen tilgte. Abbildung Seite 6
2504 Arnim, Bettine von, geb. Brentano, Ludwig Achim von Arnims Gemahlin, Schriftstellerin, auch Komponistin (1785-1859). 3 Lied-Kompositionen, aufgezeichnet von ihrer Nichte Maximiliane Brentano. - In: Maximiliane Brentano, Bettinens Nichte, Tochter der Beethoven-Mäzenin Antonie Brentano, geb. Birkenstock, und des Kaufmanns Franz Brentano, Adressatin mehrerer BeethovenKompositionen (1802-1861). Musikalisches Lieder-Album. 65 Bl., davon 122 S. fast ausschließlich von Maximilianes Hand mit Noten und Text beschrieben. Auf dem Vorsatzblatt der eigh. Besitzvermerk: „Maximilienne Brentano. Paris le 1e Janvier 1822“. Quer-gr. 4to. (21 x 27 cm). Marmor. Halblederband d. Z. (stärker beschabt) mit LederEcken. (1822 ff.). 2.000 € Das in Paris begonnene musikalische Album der Maximiliane Brentano enthält die Niederschriften von 60 Kompositionen, meist für Gesang von 1-2 Stimmen und (meistens) Klavier, aber auch Tanzmelodien, von in- und ausländischen Autoren und Komponisten, darunter Rossini, Sarti, Himmel, Rousseau, Boieldieu, Pixis, J. C. Bach („God save the King“), F. Gruber, Weber und Beethoven („An die Geliebte“). Von drei aufeinander folgenden Kompositionen sind zwei bezeichnet: „Von Bettine v. Arnim“ bzw. „B. v. A.“. Aber auch die dazwischen liegende Melodie
5
Literatur ________________________________________________________________________________________________________________________________________ 2505 - Berendsohn, Walter Arthur, Literaturwissenschaftler und Exilforscher (1884-1984). Eigh. Brief mit U. 2 S. Folio. Bromma (Schweden) 30.XII.1951. 90 € An einen Herrn, mit Rücksendung von Bettine von Arnims „Tagebuch“ (1835) und dessen bibliographischer Bestimmung: „... Ich vermute, dass Bettina zuerst dies ‚Tagebuch‘ schrieb und drucken ließ, dann die ersten beiden Teile von Goethes Briefwechsel mit einem Kinde, denen sie das Tagebuch als dritten hinzufügen ließ. Als die erste Auflage verkauft war, wurde das ‚Tagebuch‘ neu gedruckt und die Stiche anders auf die drei Bände verteilt. Vergleicht man die beiden Exemplare miteinander, so ergibt sich folgendes Bild ... Goethe war 1832 gestorben. Es lag nahe, dem ‚Tagebuch‘ die Totenmaske beizugeben. In der 2. Auflage wird das Tagebuch durch neue Anordnung der Bilder dem Werk fester eingefügt ...“.
2506 Artmann, H. C., vielfach ausgezeichneter österr. Lyriker, Schriftsteller und Übersetzer, Büchner-Preis träger (1921-2000). Typoskript eines Theaterstücks. 6 Bl., einseitig beschrieben. 8vo. Klammerheftung, ohne Umschlag. Wien, Oktober 1954. 1.200 €
2503
„hans carl Artmann: die fahrt zur insel nantucket:“ Bühnentext für 3 „Herren“, 2 Chöre und eine „Stimme der Meerfrau“. Mit hs. Vermerk auf dem Titelblatt: „1. Fassung“ sowie mit 3 eigenhändigen BleistiftKorrekturen im Text. - Das Stück wurde erst 1969 mit wesentlichen Änderungen in Artmanns Sammlung „theater“ einem größeren Publikum vorgestellt.
„die sache mit der kleinschreibung ...“
geht auf Bettine zurück. Maximiliane zeichnete diese drei Kompositionen in ihrem Album auf, als Bettine 1824 ihre Verwandten in Frankfurt und Winkel besuchte. Es handelt sich erstens um eine der späteren Veröffentlichung ähnelnde Fassung des Liedes „O schaudre nicht ...“ (19 Takte) aus Bettines geplanter Musik zu Goethes „Faust“. - Zweitens um eine unfertige Vertonung des Gedichtes „Laß los von der Welt“ von Achim von Arnim (ca. 27 Takte). - Drittens „Die dunkle Nacht“, ein mystisches Liebeslied (24 Takte) des spanischen Johannes vom Kreuz, 6 Strophen, beginnend „Entflammt von Liebesqualen ...“ und möglicherweise von Maximiliane übersetzt. - Die diversen Kompositionen Bettines, von denen einige später gedruckt wurden (z. B. in Bettines dem Komponisten Spontini gewidmeter Liedersammlung von 1842), litten alle zunächst unter einem Mangel an Kenntnissen der Kompositionslehre; sie wurden gewöhnlich von Musikern aus ihrem Umkreis bearbeitet oder ergänzt. Dennoch war sie stolz auf ihre Gedicht-Vertonungen und hat sich immer wieder damit beschäftigt. - Drei Notenseiten in dem Album zeigen nicht allein Maximilianes charakteristische Handschrift, sondern eine zarte Bleistift-Notation von anderer, noch nicht identifizierter Hand. - Die drei frühen Niederschriften von Kompositionen der Bettine von Arnim in einem Album mit vielen anonymen Vertonungen ungenannter Autoren bilden einen wertvollen Beitrag zum Gesamtschaffen der vielseitigen Schriftstellerin in der Hochblüte der Romantik und - nicht zuletzt - des Beethoven-Umkreises. - Vorderes Innengelenk des Bandes schwach; Heftung gelockert. Abbildung
6
2507 - Brief m. U. “H. C. Artmann”. 11/2 S. Gr. 4to. Malmö 30.X.1964. 450 € An den ihm befreundeten Verleger Otto F. Walter in Olten (Schweiz). Gehaltvoller Brief über seine literarischen Arbeiten anläßlich der Planung einer Artmann-Werksammlung. „... 17 uhr abends, soeben war der expressbote, vier stockwerke, armer teufel, an meiner türe. Vielen dank ... Nun, ich sehe, aus mir wird nie ein richtiger briefeschreiber. Und da bemühe ich mich um einen roman aus briefen (sic!). Ich fürchte, ich hatte mein letztes schreiben so wirr abgefasst, das sie es nicht verstehen konnten. Als ich schrieb, ich würde gerne nach den Kanarischen Inseln fahren, so geschah das aus zwei gründen: Ich hatte doch schon immer vor, die letzte fassung in Lissabon oder sonst irgendwo am südwestlichen Atlantik (is) fertig zu stellen, zweitens geht es mir darum, dem hiesigen winter auszuweichen (teuer und kalt; wo nehme ich die inspi rationen her?) ... Inzwischen habe ich mir auch schon kopfzerbrechen über die gestaltung des stückebandes gemacht. Auch das wollte ich ihnen in meinem ungeborenen brief mitteilen. Ich bin nämlich gar nicht der meinung (war es nie), dass man alles in einen topf (excusez, in einen band) werfen darf. Die stücke sind ja so verschieden. Auf keinen fall, glaube ich, dass Kein Pfeffer für Czermak hineinpasst. Das ist doch ein ‚volksstück‘ etwa im stil von Horvath ... Die sachen waren ja so gut wie verloren, und ich habe es nur dem armen Conrad zu verdanken, dass sie überhaupt noch existieren. Ich möchte ihm gerne, sollte der wirklich erscheinen, den band widmen. Die manuskripte werde ich selbstverständlich neu schreiben, verbesserungen mit handschrift sind nicht sonderlich geeignet, nicht wahr? Die
________________________________________________________________________________________________________________________ Literatur
2504
„ausserdem tut der hunger wehe“ sache mit der kleinschreibung liegt mir persönlich noch genau so am herzen wie vor 20 jahren. Ich bin der ansicht, dass man sie endlich auch obligatorisch einführen wird. Mir ist es ganz gleich, ob man mich für einen der ganz vorne sein will hält oder nicht. Ich war nach 1945 übrigens der erste, der aus germanistischen, wie ästhetischen erwegungen [!] heraus zur kleinschreibung überging ... Wenn es sich um gedichte handelt, bleibe ich hart wie ein hufnagel, aber bei prosasachen .. meinetwegen ... Der band SUCHEN &c. gefällt mir ungemein. Ich schaue ihn mir immer vor dem schlafengehen an. Nur einen schönheitsfehler hat er: Ich bat und flehte, schimpfte und knurrte bei der buchmesse, da im motto das wort Saskatchewan, Sascatchewan geschrieben war. Und man versprach mir, es auszumerzen. Dass geschah aber leider nicht. Und dabei ist an dem ganzen wort das schönste das K. Um das ging es mir ...“. - Das genannte Buch erschien als Walter-Druck 1 und hieß: „das suchen nach dem gestrigen tag oder schnee auf einem heißen brotwecken. eintragun gen eines bizarren liebhabers“ (Olten und Freiburg 1964). Die geplante Werksammlung ist nicht erschienen. - Schöner Brief, ganz H. C. Artmann, in dem der Dichter auch auf seine formalen Stilprinzipien eingeht. - Gelocht.
2508 - Brief m. U. “H. C. Artmann”. 1 S. Gr. 4to. BerlinSchöneberg 20.II.1965. 300 € An den Verleger Otto F. Walter in Olten. Nach seinem Umzug nach Berlin habe er jetzt seine ganze „Malmö-Post“ nachgesandt erhalten. Er habe ein schlechtes Gewissen, weil er so lange nichts habe von sich hören lassen. „... Aber es ist so, dass sich die einen umbringen, die anderen irgendwie verkriechen und vergraben, ich gehör zu den letzteren. Nun, über meine gründe will ich mich nicht verbreiten, alles familienzores, ich tu ja mein bestes, aber vielleicht mach ich doch alles falsch, was weiss man schon? - Ich bin jetzt seit einem monat fast in berlin und habe hier eine kleine, aber gemütliche bude, schlag mich recht und schlecht durch, schreibe sogar schon wieder (seit einigen tagen), was mich sehr befreit, da ich schon dachte, aus mir kommt überhaupt nichts mehr raus. Ich bin neugierig, was sie zu den neuen sachen sagen werden. Die briefe habe ich vorerst ad acta legen müssen, ich kann im norden nicht vom lusitanischen Südwest schreiben, unmöglich ... Wie ich auch aus einem ihrer briefe erfahre, so liegt etwas radiohonorar für mich vor. Ich würde es ihnen nie vergessen, wenn sie mir das telegrafisch zugehen lassen könnten
7
Literatur ________________________________________________________________________________________________________________________________________ ... Ich habe jetzt zwei mieten zu bezahlen, Malmö und Berlin, und ausserdem tut der hunger wehe und der durst ist die schreckliche erfindung der wüsten der welt .. Im augenblick habe ich grade noch das porto für diesen brief. Dass unser lieber [Peter] Bichsel das vorwort für mich geschrieben hat werde ich ihm ewig danken. Mir fiel und fiel nichts ein, und ich fürchte, dass Herr Ratti sehr böse auf mich sein wird, etwas also, was ich ihm bei[m] besten willen nicht sein kann. Ich habe vor einigen tagen gesprächsweise gehört, dass im DU ein aufsatz über mein buch sein soll ... Und gestern las ich die recension in der Süddeutschen. Die ist doch fein, nicht wahr? ...“. Bittet um Abschriften von Pressestimmen: „... ich habe nämlich kaum was nennenswertes bis jetzt zu gesicht bekommen, habe keine ahnung, wie sich alles macht ...“. - Bei dem Buch handelt es sich um Artmanns Übersetzung „Junge Gäste oder Mr. Salteenas Plan“, „ein Liebes- und Gesellschaftsroman um 1900 von Daisy Ashford geschrieben im Alter von 9 Jahren“, mit einem Vorwort von Peter Bichsel. - Mit kleinen Randnotizen des Empfängers; gelocht.
Auerbach und die Emigranten 2509 Auerbach, Berthold, Schriftsteller des Realismus, erfolgreicher Schöpfer der Gattung „Dorfgeschichte“ (18121882). Eigh. Brief m. U. „Berthold Auerbach“ und blindgepr. Monogramm „AB“. 31/2 S. Gr. 8vo. Berlin 26.X.1864. 300 € Wichtiger Brief an seinen Freund Friedrich Kapp (1824-1884), den bedeutenden deutsch-amerikanischen Juristen, Schriftsteller und Politiker, der 1848 in die USA emigrierte, 1870 nach Deutschland zurückkehrte und sich als preußischer Landtagsabgeordneter wieder politisch betätigte. „... Das ist doch das Beste auf der Welt, daß man treu zugehörige Menschen darin hat, die man von Herzen lieben kann. Ich verstehe nicht, wie die Anderen leben mögen ohne dieses Bewußtsein. Mir hat sich‘s erneuert durch Ihre stets bereite thätige Beihülfe. Gestern hatten wir hier das Stiftungsfest des Vereins der Presse, und wenn das Meer nicht ein Isolator für den Herzton ist, muß es Ihnen in den Ohren geklungen haben. Wir gedachten Ihrer. Sie können zufrieden sein. - Ich schicke Ihnen hier die Abschrift des Briefes von [Bayard] Taylor u. meine Antwort darauf, die Sie nach dem Lesen schließen und expediren wollen. Der Artikel von Ludwig Bamberger in den Deutschen Jahrbüchern über Ihr Buch (das ich bis jetzt noch nicht bekommen habe) hat mir nicht gefallen. Er sagt zu viel u. vielerlei Apropos. Auch ist es jetzt ganz anders als zu Börne‘s Zeiten. Die Flüchtlingsstimmung trifft kein Echo in uns mehr. Es ist wunderbar, wie eine so freie u. tiefe Natur wie Bamberger bei so viel Gutem was er sagt, sich im Tone so vergreifen konnte. - Unser Freund Löwe-Calbe bewährt sich immer unermüdlich als der Tapferste von Allen. Es ist eine Freude, dem herzwarmen Menschen nahe zu sein, der Alles u. Jegliches unter dem höchsten Gesichtspunkt zu fassen vermag. - Solche Menschen zu schildern u. für Zeit u. Ewigkeit festzuhalten, das wäre die schönste Aufgabe für den modernen Poeten, aber wenn man dran geht, fühlt man (wenigstens ich) die Unzulänglichkeit. Die Erkenntniß aber, daß man nur Gegenwärtiges voll ... empfinden kann, diese zieht mich immer wieder vom historischen Roman ab. Ich habe den Roman, der den Raub Straßburgs behandeln sollte, u. zu dem ich schon so viel Studien gemacht, wieder zurückgelegt, u. so geht‘s mir auch mit den Deutschen im amerikanischen Befreiungskrieg. Komme ich noch dazu, werde ich Ihre freundlich erbotene Beihülfe gern annehmen ...“. - Das von Bamberger rezensierte Buch Kapps war in diesem Jahr unter dem Titel „Der Soldatenhandel deut scher Fürsten nach Amerika“ erschienen. - Mit Löwe-Calbe ist der linksliberale Arzt und Politiker Wilhelm Löwe (1814-1886) gemeint, der 1848 Vizepräsident der Frankfurter Nationalversammlung, 1849
8
Präsident des Rumpfparlaments war und wie Friedrich Kapp in die USA emigrieren mußte. Nach Deutschland zurückgekehrt, wurde er wieder politisch aktiv und war zuletzt Alterspräsident des Deutschen Reichstags. - Beiliegend eine eigh. Visitenkarte mit gedrucktem Monogramm „BA“ und Unterschrift „Be A.“ (2 S. Berlin 30.VI.1878). - Wohl an eine Druckerei wegen einer „Druckverwirrung“.
2510 Barbey d‘Aurevilly, Jules, französ. Schriftsteller, Dandy und Exzentriker, berühmt für seine bizarr-dämonischen Erzählungen, insbesondere „Les Diaboliques“, die viele moderne Übersetzer und Illustratoren zu neuen Editionen reizten (1808-1889). Eigh. Manuskript. 1 S. (Grüne Tinte). Kl. 4to. O. O. (ca. 1860). 450 € „Le plus profond interêt et la plus grande gloire de l’histoire, c’est d’ètre écrite par ceux qui la font … la simplicité seule du récit de l’action historique par qui l’a commise l’emporte sur le talent et même sur le génie des historiens qui la rapportent et qui la jugent et qui y ajoutent toujours, plus ou moins leur prestige, en la racontant ... C’est ainsi, par exemple, que les lettres inédites de la Reine d’Angleterre, Henriette Marie de France, publiées récemment par M. le Comte de Baillon, la montrent maintenant plus grande que ne l’avait montré l’histoire.“ - Mit mehreren Streichungen und Verbesserungen. - Die Ecken beschnitten; leicht stockfleckig; rückseitig Montagespuren. - Der Autor, selbst Literaturund Kulturkritiker, wurde von anderen Kritikern wegen seines Dandytums (er verehrte Lord Brummell) und Snobismus kritisiert, der ihnen als übertriebene Nachahmung Lord Byrons erschien. - Beiliegend eine Ausfuhrgenehmigung des französischen Kulturministeriums.
Über „Beau” Brummell 2511 - Eigh. Brief m. U. “Jules Barbey d’Aurevilly”. 21/2 S. Gr. 8vo. Paris (1845). 1.200 € An William Jesse, den ersten Biographen des berühmten Dandys George („Beau“) Brummell. Jesse hatte Barbey d‘Aurevilly das 1844 erschienene zweibändige „Life of George Brummell, esq., commonly called Beau Brummell“ übersandt. Barbey bedankt sich ausführlich, lobt das Werk und bekennt dessen Einfluß auf seine eigene, 1845 erschienene Monographie „Du Dandysme et de George Brummell“. „... Vous m‘avez envoyé votre ouvrage sur Brummel, je l‘ai lu avec le plaisir que j‘attendais d‘une telle lecture, et je ne voulais vous remercier qu‘en vous envoyant aussi mon Brummell. Or, mon Brummell a mis à paraitre une lenteur que je ne prevoyais pas. Excusez moi donc Monsieur et ne croyez pas à un oubli impossible. On dit que l’ingratitude est le vice des gens d’esprit mais moi, je suis reconnaissant comme une bête, et je me preoccupe beaucoup de la manière ouverte et charmante avec laquelle vous étes en relation avec moi. Permettez moi de vous remercier encore. Sans vous, je n‘aurais eu sur Brummell que des renseignements hasardés. Mon livre ou plutôt mon livret n’est qu’une goutte d’extrait de liqueur des Iles que vous nous avez versée en flacon. Avec moi les ivrognes de details seront bien attrapés, mais avec vous, ils en auront plein leurs verres. Vous n’avez pas oublié, Monsieur, une seule épingle de la cravatte du Dandy; vous l’avez fait voir dans tous les actes de sa vie, heure par heure. Vous avez été le Dangeau de ce Louis XIV de la fashion, mais Dangeau n’a pas votre plume, cette plume élegante et rare qui relève le detail par l’expression. S‘il l‘avait, je lui en ferais bien mon compliment et je le lirais davantage.
________________________________________________________________________________________________________________________ Literatur J’espère, Monsieur, que désormais vous me ferez connaitre tout ce que vous aurez la bonté d’écrire. Je dis écrire et je dis bien, car le plus beau trait de bienfaisance, de genérosité, de dévoument social c’est d’écrire et de publier sa pensée quand on est aussi spirituel que vous, on ne vit pas seulement de pain, dit l’écriture, et les plaisirs de l’esprit sont les friandises que l’écriture entendait. Comptez moi, je vous prie, au nombre de vos amis inconnus, qui trouvent l‘adjectif de trop ...“. - Beiliegend eine Ausfuhrgenehmigung des französischen Kulturministeriums. Abbildung
2512 - Eigh. Brief m. U. “Jules Barbey d’Aurevilly”. 1 S. Kl. 4to. (Paris, um 1855). 450 € An den Bühnenautor Charles Narrey (1825-1892), zu dieser Zeit auch Mitdirektor des „Théâtre de l‘Odéon“ in Paris. “Mon cher Narrey, Je suis d’une hardiesse de page avec Vous, mais Vous ètes, Vous, d’une bonté de Souverain. Je viens encore Vous demander une loge pour demain Vendredi si vous jouez Mauprat. J’ai une famille de province à qui je dois de la reconnaissance et qui pour le moment est à Paris. Lui faire voir Mauprat est une galanterie que je veux lui faire, grace à Vous. Vous m‘avez tellement comblé que je suis presque timide, mais Vous me rassurerez ...“. - „Mauprat“ ist ein fünfaktiges Theaterstück von George Sand. - Von Narrey stammt auch ein Stück über George Brummell, das Barbey d‘Aurevilly sicherlich interessiert hat.
2513 Benecke, Georg Friedrich, Philologe, Mediävist, Professor und Oberbibliothekar in Göttingen (1762-1844). Eigh. Albumblatt mit Gedicht (5 Zeilen) und U. 1 S. Quer8vo. Göttingen, Oktober 1782. 180 € „Theodikee: || Mag seyn, daß Leibniz unumstößlich feste | Bewieß, es seye von allen möglichen Welten | Die würkliche die allerbeste: | Mag seyn; ich glaub‘ es auch: sie ist die beste Welt. - | Weil sie mein Mädchen in sich hält.“ - Benecke bezog 1780 die Universität Göttingen, wurde dort 1814 ordentlicher Professor und später Oberbibliothekar. Er erforschte vor allem die deutsche Literatur des Mittelalters. Seit 1828 redigierte er gemeinsam mit Heeren die „Göttinger gelehrten Anzeigen“. - Auf ein Untersatzblatt montiert.
2514 Bernhard, Thomas, österr. Dichter (1931-1989). Hektographiertes Typoskript (Matritzendruck) eines Bühnenstücks. 9 Bl., einseitig bedruckt. Gr. 4to. Klammerheftung, ohne Umschlag. (Maria Saal, Selbstverlag Gerhard Lampersberg, wohl 1959). 180 € „Frühling“. Theaterstück für 6 Personen. Bei 4 Figuren sind die Darsteller mit Kugelschreiber hinzugefügt. - Ein späterer Separatdruck des Einakters ist zu Lebzeiten des Autors nicht erschienen.
2515 Björnson, Björnstjerne, norweg. Dramatiker und Erzähler, Nobelpreisträger (1832-1910). Diktiertes Manuskript mit eigh. Unterschrift „Björnstjerne Björnson“. In deutscher Sprache. 11/3 S. Gr. 8vo. O. O. (wohl um 1904). 200 €
2511
Wohl die Antwort auf eine deutsche Zeitungsumfrage nach der Verteidigungsfähigkeit Norwegens und Schwedens im Fall eines europäi schen Krieges. „Die skandinavischen Reiche können sich nur einen Feind denken, und das ist Russland. Aber Norwegen kann nur in Finmarken angegrifffen werden, und dahin führt kein Weg von Schweden, das demnach keine Hilfe leisten kann. Norwegen wäre ebentuell ganz auf seine eigene Hilfe angewiesen (und es kann sich allein helfen, denn die Eisverhältnisse in dem weissen Meere würden den Feind acht Monate des Jahres isoliren!). Schweden dagegen und seine ganze Front liegt offen für russische Angriffe, und seine beste Vertheidigung ist die Lage und Natur Norwegens in seinem Rücken ... Indessen ist das Verhältniss so: Schweden kann nicht Norwegen vertheidigen, sondern Norwegen kann Schweden vertheidigen. Um so billiger und nothwendiger ist es (und gerade in diesem Augenblicke), dass Norwegen seine eigene Verantworung, seine getrennte Oberaufsicht hat; denn bei hocharistokratischen Abenteuern wollen wir nicht mitsein.“ - Die Jahre ab 1902 waren geprägt von Verhandlungen über die von Norwegen geforderte Unabhängigkeit von Schweden, die schließlich 1905 auch erreicht wurde. - 1 Rand mit kleinen Papierresten von ehemaliger Montage.
9
Literatur ________________________________________________________________________________________________________________________________________ schon muss ich wieder fort, zur Uraufführung meiner ‚Komödie der Eitelkeit‘ nach Braunschweig. So sende ich Ihnen jetzt in aller Eile die unterschriebenen Verträge zurück; das signierte Exemplar der ‚Blen dung‘ ... und ein Manuskript-Blatt aus den Aufzeichnungen des Jahres 1943. (Eine Auswahl aus den ‚Aufzeichnungen‘ 1942-1948 erscheint nächsten Monat bei Hanser.) Um dieses Blatt muss ich Sie allerdings, wenn Ihre Ausstellung vorüber ist, zurück bitten, da es in ein ganzes Manuskript gehört. - Ich freue mich, dass es zu einer guten holländischen Ausgabe der ‚Blendung‘ kommt und hoffe, dass es bald auch zu einem Abschluss für ‚Masse und Macht‘ kommt, das ich für mein wichtigstes Werk halte. Gallimard bringt es im Juni in der berühmten Serie ‚Bibliothèque des Idées‘ heraus, unter dem Titel ‚Masse et Puissance‘, in einer wirklich grossartigen Übersetzung. Später soll es dann in grosser Auflage zweibändig in der Taschenausgabe ‚Idées‘ erscheinen. Ich schreibe Ihnen das, weil diese Tatsachen vielleicht auch das Interesse in Holland beleben könnten ...“. Erbittet den „holländischen Vorschuss“ auf sein Londoner Bankkonto.
2523
2516 Bockholt, Erich, Schriftsteller in Rostock, vor allem Dramatiker (geb. 1904). Briefwechsel mit Johannes von Guenther. 52 Briefe und Postkarten sowie 4 signierte Gedichttyposkripte Bockholts und die masch. Durchschriften der Gegenbriefe J. von Guenthers. Verschied. Formate, meist gr. 4to. Rostock 18.II.1957 bis 10.VI.1960. 450 € Intensiv geführte Korrespondenz zwischen dem Rostocker Schriftsteller und dem zwischen Ost und West pendelnden Übersetzer (vor allem aus dem Russischen) Johannes von Guenther. Von Bockholt sind vorhanden: 9 eigh. Briefe, 30 masch. Briefe, 13 masch. Postkarten und 4 signierte Gedichttyposkripte (zus. ca. 76 Seiten). - Sehr umfangreicher Schriftwechsel über beiderseitige Werke, vor allem Bockholts Theaterproduktion, und die deutsche Literatur der Gegenwart. - Beiliegen: 32 Typoskript-Durchschläge der Gegenbriefe Johannes von Guenthers sowie 2 weitere Beilagen.
2517 Brod, Max, österr. Schriftsteller, Kafkas Freund und Förderer (1884-1968). Eigh. Brief m. U. “Max Brod”. 1 S. Gr. 8vo. Tel Aviv 19.IX.1947. 500 € An Dr. Mayer (den Literaturwissenschaftler Hans Mayer?). „... Sie haben auf der Buchseite der ‚Palestine Post‘ vom 12.IX. zwei Artikel über Kafka und Kafka-Interpretation gebracht. Ich glaube, daß es Ihre Leser interessieren wird, nun einmal auch meine Ansicht über diese Frage, die so sehr mit meinem Namen verknüpft wird, zu vernehmen. Und deshalb habe ich beiliegenden Artikel geschrieben, den ich Ihnen hiermit vorlege ...“. - Gelocht.
„mein wichtigstes Werk“ 2518 Canetti, Elias, Schriftsteller, Nobelpreisträger (1905-1994). Eigh. Brief m. U. “Elias Canetti”. 12/3 S. (Kugelschreiber). 4to. London 1.II.1965. 750 € An den deutsch-niederländischen Verleger Hein Kohn, dessen Sendung er bei einem kurzen London-Besuch vorgefunden habe. „... Morgen
10
„Geduld für alle Tröstungen verloren“ 2519 - Eigh. Brief m. U. “Elias Canetti”. 1 S. (Kugelschreiber). Mit eigh. Umschlag. Gr. 8vo. Zürich 23.XI.1988. 600 € An die Psychologin Therese Wagner-Simon in Riehen. „... Die Bücher von Ernst Buschor haben wir alle, schon weil Hera sie hatte. Aber ich bekam auch die meisten von ihnen von ihrer Mutter geschenkt. - Über Klage haben Sie mich zu wörtlich verstanden. Ich bin davon erfüllt wie kein Mensch, den ich kenne, aber ich leugne es immer ab, aus Stolz. Dass ich darüber, gerade darüber etwas von irgendeiner Psychologin lesen wollte, scheint mir grotesk. - Nichts für ungut. Aber seit Heras Tod habe ich die Geduld für alle Tröstungen, nicht nur die der Religion, verloren ...“. - Canettis zweite Frau Hera war am 29. April verstorben. Abbildung Seite 4
2520 Carmen Sylva (d. i. Königin Elisabeth von Rumänien, geb. Prinzessin zu Wied), Dichterin, sozial und künstlerisch vielseitig engagierte Fürstin (1843-1916). Eigh. Albumblatt m. U. „Elisabeth“ und faksim. Namenszug „Carmen Sylva“. 1 S. Quer-schmal-8vo. O. O. (ca. 1914). 120 € „Die Welt soll häßlich sein. Ich aber sehe Bäume darin u. höre Lieder mir ist sie schön. - Elisabeth“. - Beiliegend die zeitgenöss. Abschrift eines Gedichtes von Carmen Sylva (datiert: „Carmen Silva, den 3. Jan. 1888“) mit dem Titel „Deutschlands Gebet“ (6 Strophen zu je 4 Zeilen), das im „Dreikaiserjahr“ um Genesung des todkranken Thronfolgers (Friedrich III.) bittet.
2521 Claudel, Paul, französischer Dramatiker, Dichter und Diplomat, herausragendster Vertreter des „renouveau catholique“ im 20. Jahrhundert (1868-1955). 3 eigh. Briefe m. U. und 1 eigh. Karte m. U. Zus. 5 S. Unterschiedliche 8°-Formate. Mit Briefköpfen des „Consulat de France à Foutcheou“, der „Légation de France à Copenhague“ und der „Ambassade de France en Belgique“. Kopenhagen, Paris, Brüssel und o. O. (1905) und 15.X.1919. 400 €
________________________________________________________________________________________________________________________ Literatur Ein Brief an den Staatsmann Arthur Fontaine (1860-1931), mit der Entschuldigung, einer Einladung zum Dîner aus Gesundheitsrücksichten nicht Folge leisten zu können: „Je suis toujours très souffrant et hors d‘état d‘aller dîner en ville. A mon très grand regret je suis donc forcé de vous prier de m‘excuser pour demain...“. - Die übrigen Schriftstücke an dessen Sohn Philippe, mit Glückwünschen zu dessen Heirat im Jahre 1919, über die Herausgabe seines Briefwechsels mit Arthur Fontaine von 1935 und mit Berichtigung eines gravierenden Druckfehlers.
2522 Czechowski, Heinz, DDR-Schriftsteller, Lyriker, Erzähler, auch Nachdichter (1935-2009). Eigh. Gedichtmanuskript m. U. “Heinz Czechowski”. 1 S. Gr. 4to. O. O. (ca. 2007). 120 € “Credo”. 18 Zeilen: „Nichts ist eingelöst / Von allen Versprechen: / Wie Herbstlaub raschelnd / Treiben die Worte. / Allzu sicher der Zukunft / Glaubten wir / Unsern Propheten ...“. - Schöne Dichterhandschrift. Dabei: Derselbe. Eigh. Signatur mit Datum „Czechowski Ffm 2007“ auf dem Titelblatt seines Buches: Ich, beispielsweise. Gedichte. 138 S., 2 Bl. Orig.-Kartonage. Leipzig, Reclam, 1982.
2523 Dahn, Felix, Rechtshistoriker, leidenschaftlicher Erforscher der germanischen Frühgeschichte, Erzähler und Dramatiker, Professor in Würzburg, Königsberg und Breslau (1834-1912). 1 eigh. Brief m. U. „Felix Dahn“ und 1 eigh. Porträtfoto-Postkarte m. U. „F. Dahn“. Zus. 4 S. 8vo und quer-8vo. (Königsberg) 13.VII.1884 und (Breslau 9.III.1903). 180 € An den ihm befreundeten österr. Philologen und Anglisten Jakob Schipper (1842-1915) in Wien. Im Brief von 1884 dankt er Schipper für dessen „schönes Buch“, wohl die in diesem Jahr erschienene Monographie über den altschottischen Dichter William Dunbar, an der Dahn „schon mit feinem Behagen genascht habe. Gern will ich es Deinem Wunsche gemäß besprechen, obzwar ich nicht eben viel davon verstehe und nur sehr selten Kritiken schreibe. Aber mit der ‚Deutschen Rundschau‘ habe ich keine Beziehungen mehr, seit sie den Kampf um Rom niederträchtig heruntergerissen hat und mich systematisch verunglimpft: ich werde die Besprechung in die Münchener ‚Allgemeine Z.‘, potentiell in das ‚Magazin für Lit.‘ schicken ...“. Gern möchte er Schippers Familie einmal wiedersehen. „... das steht Euch aber unentrinnbar bevor, falls Ihr c. am 15. October, wann ich einen Vortrag in Wien halten werde, dort seid ...“. - Das erste Blatt mit Braunfleck. - Auf der Postkarte von 1903, die ein Porträtfoto Dahns im Visit-Format enthält, bedankt er sich für Schippers „abermals bewährte, seit 30 Jahren immer gleich gebliebene Freundschaft“ und zitiert: „Du bist treu, Friesa!“. Eine Theateraufführung bietet ihm Anlass zur Freude: „... Innig erfreut mich der schöne Erfolg: von Allen hör ich Inscenierung und Darstellung rühmen. Leider verstattet mir mein Alter - bald 70 - nicht die Anstrengungen und Aufregungen eines Besuches der Vorstellungen. Dietlind hab ich mein Bild geschickt ...“. - Dahn starb nicht in Wroclaw, wie es bei Wikipedia heißt, sondern in Breslau. Von den zahllosen Werken des unglaublich fleißigen Gelehrten gehören seine rund 3000 Seiten umfassenden Memoiren zu den lesenswertesten. Abbildung
2524 Dehmel, Richard, Dichter, von großem Einfluß auf die Lyrik seiner Zeit (1863-1920). Eigh. Brief m. U. „Dehmel“. 2 S. Gr. 8vo. Blankenese bei Hamburg 2.V.1910. 150 € An einen „Herrn Doktor“. „... Von dem Aufsatz ‚Kulturpolitik‘ schicke ich Ihnen hier noch 2 Duplikate; von der Novelle ‚Blinde Liebe‘ habe ich leider keine mehr. Auch sonst kann ich Ihnen nichts mehr zum Zweitdruck-Vertrieb schicken. Einzelne Gedichte möchte ich nicht durch die Provinzpresse hetzen, und was ich an älteren Essays etc. Brauch bares hatte, habe ich in die letzten Bände meiner ‚Gesammelten Werke‘ aufgenommen; den Abfall aber möchte ich nicht des Mammons halber unter die Leute bringen ...“. - Beiliegend die eigh. Adress-Seite eines nicht zugehörigen Umschlags.
2525 Doderer, Heimito von, österr. Dichter (1896-1966). Eigh. Briefkarte m. U. „Heimito“. 1 S. Zweifarbige Schrift. Mit eigh. Umschlag. Quer-8vo. (Landshut) 27.XII.1960. 200 € An Fanny Thoma in Fürstenfeldbruck, eine Verwandte seiner zweiten Ehefrau Maria („Mienzi“). „... innig danken wir Dir, Maria und ich, für Deine lieben Worte des Beileids; und sind uns, bei aller Betroffenheit, doch sehr klar darüber, wie recht zu hast, ja, dass Rosl mit ihrem kampflosen Ende fast vom Glück begünstigt worden ist. Das Begräbnis ... war würdig, nachher Messe, mit Libera, die Beteiligung - auch die offizielle, von Regensburg - überaus stattlich ...“.
2526 Dörfler, Anton, Würzburger Schriftsteller (18901981). Eigh. Brief mit U. 2 S. Doppelblatt. Quer-gr. 8vo. Würzburg 19.X.1913. 150 € An den Berliner Publizisten Maximilian Harden, Herausgeber der „Zukunft“, den er zum Geburtstag seiner unverbrüchlich treuen Anhänglichkeit und Verehrung versichert: „... Es ist mir in den letzten sechs Jahren stets gewesen, als hätte ich Ihren künstlerischen idealen [sic] Hoffnungen zu erfüllen die Pflicht und die Verantwortung. Ich darf getrost sagen, daß mein Arbeiten an mir selbst dieser vielleicht seltsamen Suggestion das Meiste und Beste danken muß ...“. - Dörfler zog 1899 mit seinen Eltern nach Würzburg, wo er eine sorglose Jugend verbrachte. Bereits im Alter von 16 Jahren begann er erste schriftstellerische Versuche mit Märchen, Romanen und Theaterstücken, ver öffentlichte seinen Erstling aber erst 5 Jahre nach unserem Brief. - So früh selten..
2527 Ehlers, Walter, Schriftsteller (1897-1977). Briefwechsel mit Johannes von Guenther. 61 Briefe und Karten von Ehlers sowie die masch. Durchschriften der Gegenbriefe von Guenther. Meist Gr. 4to. Hamburg 13.I.1957 - 20.IX.1960. 450 € Sehr intensiv geführte Korrespondenz zwischen dem Hamburger Lyriker und Essayisten Ehlers und dem zwischen Ost und West pendelnden Übersetzer (vor allem aus dem Russischen) Johannes von
11
Literatur ________________________________________________________________________________________________________________________________________ Guenther. Von Ehlers liegen vor: 52 masch. Briefe, 1 eigh. Brief, 7 masch. Postkarten, 1 eigh. Postkarte sowie 1 Gedicht-Typoskript (zus. ca. 150 Seiten, sehr eng beschrieben). - Äußerst umfang- und inhaltsreicher Briefwechsel, u. a. über Felix Braun und Walter Janka, über aktuelle Literatur und Verleger in Ost und West sowie vieles andere. Die Fülle der Themen kann hier nicht annähernd wiedergegeben werden. Die enorm umfangreichen Briefe von Ehlers lassen vermuten, dass er nicht viel zu tun hatte; immerhin war er aber Verfasser einer Albrecht-SchaefferBibliographie. Seine Albrecht-Schaeffer-Sammlung wird ebenso wie sein Nachlaß im DLA Marbach aufbewahrt. - Beiliegen: 46 TyposkriptDurchschläge der Gegenbriefe J. von Guenthers.
2528 Fallada, Hans (d. i. Rudolf Ditzen), Schriftsteller (1893-1947). Brief m. U. „Hans Fallada“ (Bleistift). 2/3 S. Gr. 4to. Berkenbrück (Spree) 31.I.1933. 450 € An Friedrich Kroner, Chefredakteur der Zeitschrift „Uhu“ aus dem Ullstein-Verlag. „... Ich kann Ihnen diesmal Ihre Siedlungsgeschichte, so sehr sie mich lockt, und so sehr sie mir liegen würde, nicht schreiben. Ich sitze nämlich bis über die Ohren in der Verfilmung vom ‚Kleinen Mann‘, und muss dazu in jeder freien Minute an meinem neuen grossen Roman weiterarbeiten, der ja vertraglich abgeliefert werden muss. Ich habe mir geschworen, bis ich da über den Berg bin, keinerlei kleine Arbeit mehr anzunehmen, und es bleibt mir ja gar nichts anderes übrig, sonst wird der Roman nicht zur Zeit fertig, und ich habe mich völlig zersplittert ... ich weiss ganz gut, was der ‚Uhu‘ alles für mich getan hat, und es wird mir nicht leicht, Ihnen so zu schreiben ...“. - Mit „meinem neuen grossen Roman“ ist der 1934 bei Rowohlt erschienene Roman „Wer einmal aus dem Blechnapf frißt“ gemeint. - 2 kleine Einrisse.
2529 Feuchtersleben, Ernst Frhr von, österr. Arzt, Lyriker und Essayist, gilt als Mitbegründer der Psychosomatischen Medizin, prägte den Begriff „Psychose“ (1806-1849). Eigh. Gedichtmanuskript m. U. „Ernst Frhr v Feuchtersleben“. 1 S. Auf braunem Papier. Quer-gr. 8vo. Wien, Mai 1842. 250 € Fünf Zweizeiler ohne Titel: „Tiefster Schmerz und höchste Lust - / Wird im Wort sich erst bewußt. / Und das Wort verfliegt, verhallt - / Gibt ihm Rhythmus nicht Gestalt. / Doch der Rhythmus ist nur Klang - / Leben schafft ihm der Gesang. / Ihm verleiht‘s den höchsten Werth - / Wenn ihn Meisterschaft verklärt. / Vierfach ist der Kranz vereint - / Und du frägst noch, wen er meint?“ - Rückseitig Papierreste von ehemaliger Montage.
„Quitt“ veröffentlicht. - Beiliegend eine Abschrift des hierauf bezüglichen Dankesbriefes von Fontane an Baer vom 7. April 1890. Entsprechend einem Vermerk wurde die Abschrift am 5. Sept. 1905 von Bertha Fischer „während eines argen Sturmwindes“ (vermutlich in Hirschberg) angefertigt. Darin heißt es u. a.: „... Empfangen Sie meinen ergebensten Dank für die freundlichen Worte, die Sie für meinen Krummhübler Roman gehabt haben. Wie liebevoll haben Sie gelesen, wie sind Sie dem Kleinsten gefolgt. Was ich Ihnen am dankbarsten anrechnen muß, das ist Ihr freundlich nachsichtiges Hingehen über Angreifbarkeiten, oder doch zum Mindesten über sehr disputable Punkte. Dahin gehört das Hineinziehn von ächten Namen mit unächten Thaten. Wenn ich Loesche nenne, so darf ich ihm vielleicht nicht Dinge, wenn auch gute, auf den Leib dichten, an denen er unbetheiligt war ... Andrerseits würde ich sehr wahrscheinlich immer wieder in diesen Fehler verfallen, auch wenn es feststünde daß es ein Fehler sei, weil man sich dadurch beim Schreiben in die thatsächlichen Zustände mehr einlebt; es verlebendigt sich einem selber alles mehr. Und dies bleibt doch die Hauptsache ...“. - Beide Briefe nicht im Brief-Verzeichnis von Jolles/Müller-Seidel und somit wohl bisher unbekannt.
Fontane, Theodor siehe auch Los 2709 „Lazarus“ im Kapitel Wissenschaft. 2531 France, Anatole, franz. Schriftsteller, Nobelpreisträger (1844-1924). Eigh. Brief m. U. “Anatole France”. 4 S. 8vo. (Lion sur Mer, August 1893). 200 € An seine „Muse“, (die nicht genannte) Madame Arman de Caillavet (geb. Léontine Lippmann), Inhaberin eines berühmten Salons in Paris. „... Êtes vous encore au Havre? Moi je suis à Lion, et je n‘y suis pas très gai. Mais mon travail va plus vite que ne voulaient vos présages chagrins. J’envoie ce matin même à C. Levy les opinions de Coignard corrigées et augmentées des 40 pages qui faisaient défaut. Cela fait en moins de 15 jours 1°) un chapitre de J. d’Arc refait et un autre nouveau (70 pp.) 2° une nouvelle Lucifer 3° une préface (Cléopatre) 4° deux chapitres de Coig nard (40 pp.). Après cela vous jugerez, peut être, que je ne fais rien. Car il y a une grande diversité dans les opinions humaines. J’avais oublié de vous dire, chère madame, que M. Genest a perdu son cousin Picart, avoué. Nous ne savons si c’est un accident ou un suicide. Vous avez peutêtre lu dans le Figaro que M. Picart s’est tué en déchargeant son révolver. Je n’en sais pas davantage. Madame de Martel est vraiment une excellente et très agréable femme, mais elle a très souvent à diner des petits hoberaux normands qui m’ennuient ... Je ne sais plus que faire pour l‘Echo. Je suis laborieux mais stérile ...“. - Das genannte Buch „Les Opini ons de Jérôme Coignard“ erschien 1893. - Beiliegend eine Ausfuhrgenehmigung des franz. Kulturministeriums aus dem Jahr 2001.
Abbildung Seite 164
2530 Fontane, Theodor, Schriftsteller (1819-1898). Eigh. Brief m. U. „Th. Fontane“. 1 S. Doppelblatt. Mit eigh. Umschlag. Gr. 8vo. Berlin 1.I.1892. 1.200 € An den Arzt und Schriftsteller Dr. Oswald Baer (eigentl. Baar) in Hirschberg (Schlesien), der ihm zum Geburtstag gratuliert hatte. „Herzlichen Dank ... für die 3 kleinen Gratulanten im Schnee und den reizenden Vers der das Bild begleitet. Ihnen schöne Wintertage im Gebirge, schöner als wir sie derzeit haben ...“. - Oswald Baer hatte 1890 in der Zeitschrift „Der Wanderer im Riesengebirge“ eine Rezension zu Fontanes Roman
12
2532 - Eigh. Brief m. U. „Anatole France“. 1 S. Doppelblatt. Kl. 4to. O. O. u. J. 150 € Etwas sarkastischer Brief an Madame Arman de Caillavet. „... je vous écris de l‘avenue Hoche à 5 heures, avant d‘être allé au faubourg où je vais voir tout de suite si la dame anglaise est encore dans le magasin. J’ai travaillé depuis une heure avec un peu de stupidité. Je n‘ai vu personne excepté Eugenie, Louis et Marie des Chiens (?). Horace disait que Virgile avait emporté la moitié de son âme. Il ne m‘en reste pas tant ...“. - Beiliegend eine Ausfuhrgenehmigung des franz. Kulturministeriums vom Jahr 2001.
________________________________________________________________________________________________________________________ Literatur 2533 - Eigh. Brief m. U. „Anatole France“. 21/2 S. Mit Umschlag. Kl. 4to. St. Cloud 31.V. (1916). 200 € An Jean Guillemand in St. Cyr sur Loire. Zunächst über beiderseitige Krankheitsnachrichten, dann interessante Mitteilungen über Stimmung und Gerüchte in Frankreich im dritten Kriegsjahr. „... Mademoiselle Emma [seine Lebensgefährtin Emma Laprévotte] reprend peu à peu des forces mais le médecin ne veut pas lui donner son congé avant la fin d‘un traitement qui durera encore quinze jours à moins qu‘il en soit de ce traitement comme de la guerre et qu‘il ne finisse jamais. Emma supporte mal ce retard: Il lui tarde de revoir ces amis de la Gaudinière. J’ai vu des ministres et les ai trouvés fort divers d’opinion à l’endroit de la guerre. J’ai vu aussi des généraux qui m’ont dit qu’il fallait renoncer à la grande offensive tant annoncée et exercer une poussée successive et méthodique qui nous donnerait en quelques mois la victoire. Peut être, cher ami, plus heureux que moi vous entendrez ce qu‘ils veulent dire. Paris est tranquille et constant. Les femmes du peuple, qui forment la plus grande partie de la population, ne souffrent pas beaucoup et chacun montre du courage. le ministère a subi un rude assaut qu’il a, dit-on, repoussé victorieusement. Mais on m’assure que Barthou a été très près du pouvoir. Au ministère des affaires étrangères on compte aller à Vienne par la Serbie ...“. - 1 Faltenriss vom Öffnen des Umschlags.
2534 Freytag, Gustav, Dramatiker, Kulturhistoriker, Erzähler und Publizist (1816-1895). Eigh. Brief mit U. „Gustav Freytag“. 12/3 S. Mit Trauerrand. Gr. 8vo. Siebleben 22.X. 1891. 90 € An eine „liebe verehrte Freundin“ (möglicherweise Geheimrätin Molinari in Wiesbaden), der er zum Tod ihrer Mutter kondoliert. „... Ein langes Leben hindurch habe ich das Bild der Geschiedenen in treuem Herzen bewahrt, ich habe seit meiner Jugendzeit mit herzlicher Hochachtung und Verehrung in ihr das Muster u Vorbild einer guten Gattin, Hausfrau und Mutter geschaut. Sagen Sie Ihren Schwestern, wie innig die Theilnahme ist, mit welcher auch ich den unersetzlichen Verlust beklage ...“. - Beiliegend eine zeitgenöss. Abschrift von Gustav Freytags Gedicht „Unser Land“ (6 Strophen zu je 9 Zeilen, zus. 3 S.), geschrieben von unbekannter Hand, fehlerhaft unterzeichnet „Gustav Freitag“ und datiert 10.V.1862.
2535 Fried, Erich, Lyriker und Erzähler (1921-1988). Eigh. Gedichtmanuskript (Vierzeiler) m. U. „Erich Fried“. 1 /2 S. (Kugelschreiber). Gr. 4to. O. O. 1986. 200 € „Ich bin der Sieg / Mein Vater war der Krieg / Der Friede ist mein lieber Sohn / der gleicht meinem Vater schon.“ Handschriftlich unter einer typographischen Niederschrift des Vierzeilers, der 1945 entstanden ist und von Fried als Neujahrskarte 1945/46 verschickt wurde. Im Buch wurde er zuerst in „Ein Soldat und ein Mädchen“, Hamburg 1960, veröffentlicht. - Hier wohl als „Albumblatt“ für einen Verehrer geschrieben.
Franz Fühmann als Büchersammler 2536 Fühmann, Franz, DDR-Schriftsteller, Träger des Nationalpreises und div. Literaturpreise (1922-1984). Brief m. U. „Franz Fühmann“. 1 S. Gr. 8vo. Berlin (Ost) 1.VI.1977. 150 €
2537
Interessanter Brief an den Buchhändler Rhein, der ihm antiquarische Bücher angeboten hatte. Fühmann verweist auf seine finanzielle Situation. „... Ihr Angebot stößt in eine klaffende Wunde. Meine Tochter ist geschieden, das Kind beim Vater, Wohnung futsch, lieber Pappi tritt natürlich in seiner maßlosen Eselei dem armen Kindlein [gemeint ist seine Tochter] Wohnraum ab und verkloppt seine halbe Bibliothek. Ich kann mir nur noch Spitzenwerke kaufen, d. h. von ETAH[offmann] und Tieck und Eichendorff alles noch Fehlende: Sek.lit. oder Erstausgabe; dann: Spitzen Lit.wissenschaft & Philosophie, insbes. Romantik und Mythos; Erotica (hab ich aber viel); Lit. zum Thema: Zensur, Ästhetik des Häßlichen etc. insbes. verbotene Lit., Porno, Untergrund etc. - Sollte bei der Goethe Literatur etwas Außergewöhnliches an moder nen Autoren sein (etwa ab Ernst Cassirer), dann gern. - Raabe: Blutenden Herzens: nein. - Ich glaube auch nicht, daß ich mich noch einmal mit ihm befassen werde, wiewohl ich es wollte und sein gesammeltes Werk noch besitze ...“.
13
Literatur ________________________________________________________________________________________________________________________________________
2539
2537 Geibel, Emanuel, Lyriker, Dramatiker und Übersetzer, Mittelpunkt des Münchener Dichterkreises „Die Krokodile“ (1815-1884). Eigh. Gedichtmanuskript. 1 S. Blaue Tinte auf Büttenpapier. Gr. 8vo. O. O. (ca. 1868). 150 € Drei Strophen zu je vier Zeilen; ohne Titel: „Schon reift es Nachts im Thalesgrunde | Und dennoch gehn, vom Sonnenhauch | Gelöst, in warmer Mittagstunde, | Noch Knospen auf am Rosenstrauch ... Doch nimmer bringt die späte Blüte | Den längst entschwund‘nen Mai zurück.“ - Erstdruck im Süddeutschen Familienblatt (Regensburg 1868), S. 7, mit der Variante „Wiesengrunde“ in Zeile 1 und weiteren Abweichungen zur späteren Druckfassung in „Spätherbstblätter. Lieder aus alter und neuer Zeit“ (1877), Nr. 21. - Alter Sammlervermerk mit Bleistift am Oberrand. - Wie fast immer bei Geibel sehr dekorativ geschrieben. Abbildung Seite 13
2538 Glassbrenner, Adolf, Berliner politischer Schriftsteller, Satiriker und Publizist, Herausgeber der „Berliner Montags-Zeitung“ (1810-1876). Eigh. Brief m. U. „Ad. Glassbrenner“. 1 S. Quer-schmal-4to. (Berlin) 17.I.1861. 150 € 14
An den Geheimsekretär Kunstmann. „Schönen Dank werther alter Freund für die Bücher, die hierbei zurückerfolgen. Sein Sie so gut, mir die 2 Hefte Conv. Lex. zurückzustellen, sie sind ohne Zusammenhang für Sie u. zerreißen mir ein Ganzes. Ich übersende Ihnen dagegen einen vollen Suppl. Band: 6 Lieferungen ...“. - Am oberen Rand mit Rotstift von anderer Hand mit Glassbrenners Namen versehen; leicht fleckig. - Dabei: Stettenheim, Julius, Berliner satirischer Schriftsteller und Publizist, Herausgeber der „Berliner Wespen“, Erfinder der populären Figur des Berichterstatters „Wippchen“ aus Bernau (1831-1916). Eigh. Brief m. U. „Jul Stettenheim“. 1 S. Gr. 8vo. O. O. 29.XII.1896. - An die Redaktion des „Berliner Börsen-Couriers“, wegen des Bezugs von FreiExemplaren. „... So habe ich für Ihre No vom 3.5. Ms. einen Artikel ‚Des Künstlers Wurst‘ geliefert, für den ich als Empfänger eines Freiexemplars kein Honorar gefordert habe ...“.
2539 Goethe, Johann Wolfgang von, Dichter, Natur forscher und Staatsmann (1749-1832). Weinbestellung m. U. „Goethe“. 1/2 S. Quer-4to (17 x 21,5 cm). Jena 11.VI. 1798. 4.800 € „Vier Flaschen guten Burgunder / Vier [Flaschen] Rheinwein 80 ger [von anderer Hand ergänzt: „zu 1.83 rh“] / Zwey Nösel Malaga No. 1. / erbittet sich / Goethe“. - Unter dem Datum von anderer Hand ergänzt:
________________________________________________________________________________________________________________________ Literatur
2540
„u. 12. [Juni 1798] erhalten“. - Etwas gebräuntes Papier. - Beiliegend eine mit Stempel versehene Bestätigung von Dr. Hans Wahl, Leiter des Weimarer Goethe-Nationalmuseums: „Die Echtheit der Unterschrift auf der Weinbestellung von Goethe am 11. Juni 1798 geschrieben, bestätigt, Weimar 3. Juli 1928, Dr. Wahl“.
Goethes Sendung wird für die von Meyer gegründete „Westphälische Gesellschaft zur Beförderung vaterländischer Cultur“ bestimmt gewesen sein, die eine Sammlung von historischen Objekten und Kunstwerken, ein Naturalienkabinett und eine Bibliothek aufbaute. Abbildung
Abbildung
2540 - Eigh. Signatur „JW. Goethe“ auf der ausgeschnittenen Adresse eines Umschlags. Mit rotem Lacksiegel beim Namenszug. 20,2 x 15,5 cm. (Weimar, wohl um 1825). 2.000 € „Des Herrn Regierungs- und Obermedizinalrath Dr: Meyer Wohlgeb. nach Preuss. Minden ... Mit einem Paket unter gleicher Addresse enthaltend Drucksachen und Bronze Medaillen an Werth 5 rh. Sächs.“ - Der aus Bremen stammende, vielseitig gebildete Nikolaus Meyer (17751855) hatte in Weimar Goethes Bekanntschaft gemacht, war im Jahr 1800 in Jena zum Dr. med. promoviert worden und hatte um diese Zeit vorübergehend in Goethes Haus gewohnt. Es entwickelte sich eine Freundschaft mit Goethes Familie und später ein reger Briefwechsel mit Goethe, Christiane und August von Goethe. Zuerst in Bremen praktizierend, siedelte Meyer - trotz Einladung nach Weimar - nach Minden über, wo er 1816 „Stadt- und Landphysikus“ wurde und zudem ab 1817 als Herausgeber des „Mindener Sonntagsblattes“ fungierte.
2541 - Bertuch, Friedrich Justin, Dramatiker, Übersetzer, Verleger, Publizist und Großkaufmann in Weimar, mit Goethe befreundet (1747-1822). Eigh. Quittung m. U. „FJ Bertuch“. 3 Zeilen. Quer-kl. 4to. Weimar 3.VI.1813. 120 € „Eine Mandel 7 al. 5/4 Zoll Bretter, zum Bedürfniß des Milit. Hospitals sind dato von den Herrschaftl. Bauvorräthen abgegeben worden ...“. 1 Eck-Abriss; leicht stockfleckig.
2542 - Lavater, Johann Caspar, Schweizer Dichter und Physiognom, befreundet mit Goethe und anderen Autoren der dt. Klassik (1741-1801). Eigh. Billet m. U. „Johann Caspar Lavater“. 1 S. Auf festem, kartonartigen Papier. Quer-kl. 8vo. Zürich 31.VIII.1784. 300 € 15
Literatur ________________________________________________________________________________________________________________________________________ „Herr Prediger Leibel in Mannheim herzlich gegrüßt durch H. v. Meyer und Nathe von Johann Caspar Lavater.“ - Mit „Nathe“ ist der Maler Johann Christoph Nathe (1753-1806) gemeint, der 1783-1784 die Schweiz bereiste.
2543 - (Lavater). Eigh. Brief m. U. “Lavater”. 2 S. Auf einem der häufig von ihm verwendeten kleinen Blättchen mit gestochenem Rand (8,5 x 5,8 cm). O. O. 14.V. 1797. 750 € Ohne Anrede an einen Kunsthändler, der Stücke zur Ansicht geschickt und schließlich gemahnt hatte. „Ihr hättet nur melden sollen, genau was ich Euch schuldig bin; Ich kann so was nicht in dem Kopfe behalten. allemal müßt Ihr die Preise ansetzen, sonst giebt es Confusion und vergebliche Mühe ...“. Ein Bekannter in Frankfurt a. M. werde ihm 31 Louisd‘or auf Rechnung vorstrecken. „... Architektur ist nicht mein Fach. Heiliges, Geistliches etc. Ich wüßte hier niemand, der sowas kauft. Ein Porträt von dem Gesendeten ist mitten entzwey gebrochen. Alles Gesendete hat keinen Werth. Das Kruzifix mit d. Rahm, das aber sehr wenig sagen will, will ich behalten - aber zu allem fehlt allemal der Preis. Lebt wohl. Wisset Ihr keinen brodlosen Dekorationsmahler? ...“. - Auf S. 1 zwei kleine Überklebungen mit sehr geringem Buchstabenverlust.
2544 - (Lavater). Eigh. Sinnspruch m. U. “J. L.“. Auf einem Zettelchen mit Holzschnitt-Schmuckbordüre. 5,6 x 8 cm. (Zürich) 22.VI.1800. 300 € „An einen Freünd nach meinem Tode. - Unaufhörlich lehrt der Herr lerngierige Dehmuth. - J. L.“ - Einer der zierlichen Zettel mit moralischen Sprüchen, die Lavater gern an Freunde und Bekannte verteilte und verschickte.
2545 - (Lavater). Eigh. Albumblatt m. U. “L”. Mit typograph. Schmuckbordüre. 5,6 x 8 cm. O. O. 25.VII.1800. 180 € „An einen Freünd nach meinem Tode. - Auch dem Verläumder entziehe / Den Stoff zur Verläumdung durch Tugend. 25.VII.1800 L.“ Eines der zierlichen Blättchen mit moralischen Motti oder Betrachtungen, die Lavater zu den verschiedensten Anlässen an Freunde verschenkte oder verschickte.
2546 - Maria Ludowika, Kaiserin von Österreich, geb. Erzherzogin von Österreich, dritte Gemahlin des Kaisers Franz I. (1787-1816). Eigh. Brief m. U. 1 S. Doppelblatt. Gr. 8vo. O. O. 20.VIII.1813. 600 € Eigenhändig an den Leibarzt des Kaisers, A. J. Freiherrn von Stifft, der den Kaiser auch auf den Feldzügen der Befreiungskriege begleitete. 8 Tage zuvor war Österreich dem Bündnis Englands, Preußens und Russlands beigetreten. „Ich bin Ihnen sehr verbunden für die gewährte Beruhigung betreff der Gesundheit S. M. des Kaisers[.] ich rechne daß Sie mir erzählen werden was Bezug darauf hat, und hoffe, daß die
16
vorübergehende Unpäßlichkeit ... ein Wohlbefinden nicht stören wird, was so sehnlichst erfleht wird, und zu meiner persönliche Ruhe so unentbehrlich ist ...“. - In Karlsbad gehörte Goethe zum engeren Kreis um die von ihm - in einem Brief an Knebel - als „liebliche, wohlunterrichtete, heiter im Geiste“ charakterisierte Monarchin. - Das 2. (leere) Blatt mit Eckabrissen vom Öffnen der Versiegelung. - Eigenhändige Brief der bereits im Alter von 29 Jahren verstorbenen Fürstin sind selten. Abbildung
2547 - Parthey, Gustav, Berliner Buchhändler, Archäologe und Kunsthistoriker, Enkel Friedrich Nicolais und ab 1822 Inhaber der Nicolaischen Buchhandlung (17981872). Eigh. Brief m. U. „G. Parthey“. 1 S., in sehr kleiner Schrift. Doppelblatt mit Adresse und Siegel. Gr. 4to. Berlin 10.I.1828. 300 € An Goethes „Urfreund“ Carl Ludwig von Knebel (1744-1834), Offizier, Lyriker und Übersetzer, Hofmeister des Prinzen Constantin von Sachsen-Weimar; hier als Major in Jena, der sich lebhaft für die Seeschlacht von Navarino interessierte. „... Schon längst wäre es meine Pflicht gewesen, Ihnen für die glücklichen in Ihrem Hause verlebten Stunden meinen besten Dank auch schriftlich abzustatten, und mich zu gleicher Zeit meiner Schuld für das vortrefliche Portrait meines Freundes Mehmet-Ali durch Übersendung der versprochenen Steindrukke zu entledigen. Ich habe aber nur auf die Schlacht von Navarin gewartet, um Ihnen mit meinen besten Wünschen für das neue Jahr, einen Plan jenes Seetreffens, und eine von mir beim Vorbeifahren aufgenommene Ansicht des Hafens und der Festung zu schikken. Freilich ahnete ich damals (im Jan. 1824) nicht, dass nach wenigen Jahren dieser Plaz eine so hohe historische Wichtigkeit erhalten sollte; ich wurde nur angezogen durch die schönen charakteristischen Bergformen, welche nach abscheulichen 13tägigen Sturm und Regen in der hellen Morgensonne vor mir lagen. Der Plan des Hafens und der Schlacht gehört nicht mir, sondern kommt von einem englischen Kourier, der sich einige Stunden in Berlin aufhalten durfte, und den Originalplan Codrington‘s in dieser Zeit abzuzeichnen gestattete. Von den schwarzen Milizen auf Tab. I sollen 5000 an der Seeschlacht Theil genommen haben; den guten Abdinkaschef auf Tab. II habe ich theils aus dankbarer Erinnerung an die gute Aufnahme, die er mir in Dongola angedeihen lies, in meine Bücher eingetragen, theils auch, um das mir neue, völlig fremdartige Aussehen eines galloppirenden Kameeles festzuhalten ...“. - In der Seeschlacht bei Navarino am 27. Oktober 1827 wurde die osmanische Flotte von einer Schiffs-Allianz europäischer Staaten unter dem britischen Oberbefehlshaber Sir Edward Codrington vernichtend geschlagen, so dass die Befreiung Griechenlands von der osmanischen Herrschaft entscheidend voranschreiten konnte. - Parthey hatte 1823/1824 Italien, Griechenland und den Orient bereist. - Am unteren Rand des Briefbogens (mit Bleistift) der Provenienz-Hinweis: „Auction Biedermann (1905)“.
An Herder 2548 - Paulsen, Christian Heinrich, fürstlich Sächsischer Rat und Amtmann. Brief m. U. 11/4 S. Doppelblatt mit Adresse und geteiltem Amtssiegel. Folio. Weimar 11.V.1790. 250 €
________________________________________________________________________________________________________________________ Literatur An Johann Gottfried Herder als Vizepräsident des Weimarer Oberkonsistorialrates. „... Es ist die allhiesige arme Buchbinder-Wittbe Anna Margretha Grosin heute früh in der Ilm ertrunken gefunden und aufgehoben worden. So wie nun deren Geschwister, der Hof-Schuhmacher Zeuner und die Wittbe Dorothea Sophia Axtin allhier sich solcher ganz und gar nicht angenommen, sondern selbige der Obrigkeit überlaßen haben, derhalben denn die Ertrunkene denen fürstl. Befehlen gemäs an das theatrum anatomicum abzugeben stehet; Alß habe Ew. Hochwürd. Magnificenz solches zu Befolgung ebenfallsigen gnädigsten Befehls bekant zu machen nicht Anstand nehmen wollen ...“. - Eine gleichnamige Vorfahrin der genannten Dorothea Sophia Axt wurde 1774 der Brandstiftung beim Brand des Weimarer Schlosses beschuldigt.
2549 - Retzsch, Moritz, Dresdener Zeichner, Radierer und Maler (1779-1857). Eigh. Brief m. U. „M Retzsch“. 3 S. gr. 8vo. Oberlößnitz 17.X.1848. 200 € Ausführlicher Brief an einen Verleger, dem er ein Kommissionsgeschäft mit seinen künstlerischen Werken anbietet. „... Daß die jetzigen Zeitereigniße neuen Unternehmungen nicht günstig sein können u es daher nicht zu verdenken ist vor der Hand derlei von sich abzulehnen, ist sehr ersichtlich u bitte ich daher sehr um Entschuldigung, meine Frage hinsichtlich der 10 Platten, welche den dritten Heft der Fantasien von mir bilden sollten, beiläufig auch an Sie gestellt zu haben. - Da in Ihrem werthen Schreiben jedoch hinsichtlich der Hauptanfrage, welche ich so frei war vorzüglich an Sie zu stellen u die keine Dépense veranlaßt, keine Stelle bemerklich ist, so bitte ich mir gelegentlich in Bezug auf dieselbe auch gefälligst einige Worte zu kommen zu laßen. Diese Hauptanfrage bestand nehmlich darin ... ob Sie nicht die Werke von mir, deren Herausgeber und Verleger ich selbst bin und welche Hr: Mainoni in Leipzig von mir nur in Commission hat, wie andere und ich selbst sehr wünschen, von mir unter den, wie sich von selbst versteht, für Sie hierbei übligen Bedingungen auch in Commission nehmen wollten? Zu welcher Anfrage mich vorzüglich die mir nur erst kürzlich von mehreren gewordene mir noch unbekannt gewesene Mittheilung daß Mainoni kein Verkaufslocal im Erdgeschoß habe u. daher ... diese Werke nicht anders zur Anschauung kommen können als wenn bereits ... davon Wissende darnach fragen, aber Nichtwissende nichts davon zu Gesicht bekommen können, dringlich veranlaßte ... Da man mich aufgefordert hat, selbst in Dresden diese Dinge mehr bemerklich zu machen, zur Kenntniß u Anschauung zu bringen, so entschloß ich mich endlich mit Ihnen darüber zu sprechen ...“. - Retzsch lieferte bekanntlich 1816 eine Reihe von sehr erfolgreichen Umriss-Radierungen zu Goethes „Faust“, deren Entwürfe bereits 1810 bei einem Besuch Goethes in Dresden den Beifall des Dichters gefunden hatten.
2550 - Schwerdgeburth, Carl August, Hof-Kupferstecher und Professor an der Weimarer Akademie, schuf das letzte nach dem Leben gezeichnete Porträt Goethes (1785-1878). Eigh. Brief m. U. „C. A. Schwerdgeburth“. 2/3 S. Gr. 8vo. Weimar 18.III.1844. 200 € An einen Freund. „... Eben erhielt ich einen Brief von Humboldt, welchen ich Ihnen hier beilege mit der Bitte, mir den Inhalt deutlich zu machen, indem ich selbigen nicht zusammenhängend lesen kan - und möchte doch auch nicht einen Fehler in der verlangten Zusendung
2546
machen, welche ich heute noch wolte abgeben, Wenn es Ihre Zeit erlaubt so bitte ich Ihnen darum, werden Sie aber nicht böse ...“. - Hübsches Beispiel dafür, dass schon seine Zeitgenossen Humboldts Briefe nicht entziffern konnten.
Über frühe Karten Japans 2551 - Voigt, Christian Gottlob von, langjähriger Kollege Goethes in der Weimarer Regierung, Geheimer Rat, Staatsminister und Präsident des Staatsministeriums, außerdem Dichter und Bibliotheksleiter (1743-1819). Eigh. Brief m. U. „C G Voigt“. 4 S. Folio. (Weimar) 28.III.1791. 300 € Interessanter, umfangreicher Brief an einen Gelehrten, der ihm eine Anzahl von „japonischen Originalcharten“ zur Ansicht übersandt hatte. Voigt kommentiert diese Karten ausführlich und vergleicht sie jeweils mit den Angaben des bedeutenden Forschungsreisenden Engelbert Kaempfer, der im Rahmen einer zehnjährigen Ostasienreise (1683-1693) auch Japan besucht hatte. Die erste deutsche Ausgabe seiner JapanBeschreibung nach den Handschriften war erst 1777-1779 in Lemgo erschienen. Voigt beschreibt nun jeweils die kartographischen Abwei-
17
Literatur ________________________________________________________________________________________________________________________________________ 2552 - Wolff, Pius Alexander, Schauspieler und Bühnen autor, Goethes Lieblingsschüler in Weimar, später Hofschauspieler und Regisseur in Berlin unter dem Intendanten Karl Graf von Brühl, auch erfolgreicher Dramatiker (1782-1828). Eigh. Brief m. U. „P A Wff“. 11/2 S. Doppelblatt. Gr. 8vo. Berlin 29.I.1828. 300 €
2553
chungen von Kaempfers Werk und zieht auch neuere Literatur heran. „... Folgendes ist ein Theil meiner darüber gemachten Bemerkungen. 1) Die Charte von Japan ist eine ganz andere, als die Kämpfer, der sonst zuverlässigste Schriftsteller über Japon, gebraucht und geliefert hat ... Ob man nun wohl auch glauben könte, jene Charten wären nur noch im grössern Maasstab bearbeitet gewesen, so ist doch ... hauptsächlich zu bemerken, daß die bey Kämpfers Werk gelieferte Charte mit der Projection des hiesigen Original nicht übereinstimmt. Letzteres hat die kinnbackische Form, (wie sie Köhler in den Münzbelustigungen einmal nennt,) welche Danville auf seiner Charte von Asien besser beobachtet hat, und die auch in Relands Charte von China und Japan, die in Thevenot recueil de voyages T. III. steht, beobachtet worden. Eine andere Charte von Japan, die vom Pater Martinius ist, finde ich nicht in dem bibliothekar. Exemplar von Thevenot. (denn überhaupt wird dieses seltene Werk nur wenig complet in Ansehung der nicht numerirten Kupfer angetroffen.) Martinius hatte aber seine Charte nicht einmal nach Japonischen Originalien entworfen ... 2) Der Plan von Jedo [d. i. Edo, englisch Jeddo oder Yeddo] ist ebenfalls ein andrer, als den Kämpfer gebraucht und geliefert hat. a) Das Kämpfrische Exemplar, was im Museo Brittannico ist, mißt 41/2 lang und breit. Das hiesige ist 3 f. 1 Zoll lang und 1 f. 4 Z. breit ...“. Folgen diverse weitere Literatur-Zitate und -Vergleiche. Voigt schließt mit der Feststellung: „... in der That verdienen diese Originalien nicht weggelassen zu werden, da sie, wenigstens in Europa, eine merkwürdige Seltenheit sind. Es sind in diesem Monath gerade 100 Jahr daß Kämpfer in Jedo mit einzog. Solche Treffer geben immer eine ... schlimme Wendung, dem Publicum etwas vorzulügen ...“. - Beiligend ein gestochenes Porträt Voigts mit faksimilierter Unterschrift. Abbildung
18
Schon von schwerer Krankheit gezeichnet an den Regisseur Johann Gottlieb Christian Weiß, mit Anweisungen zur Inszenierung von Wolffs Lustspiel „Der Mann von 50 Jahren“ (nach Goethes Novelle in den „Wan derjahren“) auf dem Berliner Hoftheater. „... ich erkenne die Freundschaft, die Sie mir durch Übernahme der kleinen Rolle im Mann von 50 Jahren erzeigen, und danke Ihnen herzlich dafür. Sie werden gefälligst ihn bestens einstudiren lassen, u. haben vielleicht die Güte, wenn Sie eine Viertelstunde Zeit haben, noch deßhalb Rücksprache mit mir zu nehmen. - Auf den Zettel lassen Sie gar keinen Autor setzen, sondern bloß: Lustspiel in 2 Akten. Ich habe den Hrn. Grafen [d. h. den Intendanten Graf Brühl] bereits darum ersucht, obgleich ich mich zum Verfasser bekenne, will ich nur nicht es bey dem jetzigen Ton der Kritik affichiren. - Meine Frau bringt Ihnen eine kleine Aenderung, die ich im Buche einzutragen bitte. - Das Portrait [hier ein Requisit für die Aufführung] bitte ich gleich bestellen zu lassen, es muß ein hübsches Oelgemälde in goldenem Rahmen seyn, worauf Devrient so abgebildet ist, wie er im 2ten Akte aussieht, im schwarzen Frack mit dem Orden. Das Bild muß ein paar Fuß hoch seyn, damit ihn das Publikum deutlich erkennt, & die Möglichkeit sich gleich ausspricht, daß Ottilie sich in ihn verlieben konnte, auch der Spaß motivirt wird, wenn er in der ländlichen grünen Kuttke und dem herunterhängenden wilden Haar sein zierliches Abbild in der Hand hält. - Mir ist es einige Tage so recht schlecht ergangen, und auch jetzt noch ...“. - Der Schauspieler starb, allgemein betrauert, am 28. August desselben Jahres. - Wolffs Bühnenstück „Der Mann von 50 Jahren“ wurde an den Königl. Schauspielen in Berlin, Potsdam und Charlottenburg vom 3. Februar 1828 bis zum 4. Juni 1831 insgesamt 9 mal gespielt und erlebte auch in Wien, Dresden, Weimar, Leipzig etc. eine Reihe von Aufführungen. - Gleichmäßig etwas gebräunt.
2553 - Zelter, Carl Friedrich, Berliner Komponist und Baumeister, Leiter der Singakademie, langjähriger DuzFreund Goethes (1758-1832). Eigh. Quittung mit U. „Zelter“. 2/3 S. 4to. Berlin 17.VI.1814. 600 € Für Daniel Friedrich Parthey von der Nicolaischen Buchhandlung: „Zwey Hundert Thaler Pr. courant am heutigen dato ferner abschläglich von Hrn. Hofrath Parthey ... erhalten zu haben, quitiere ...“. - Möglicher weise handelt es sich um das Honorar für das vierte Heft von „Zelter‘s sämmtliche Lieder, Balladen und Romanzen für das Piano-Forte“, das vermutlich 1814 erschien. - Rückseitig ein kleineres Blatt angeheftet. Abbildung
2554 Gotter, Friedrich Wilhelm, Schriftsteller, vor allem Dramatiker, Herausgeber des Göttinger Musenalmanachs, Förderer des Gothaer Hoftheaters, verkehrte mit Goethe in Wetzlar und mit L. F. Huber (1746-1797). Eigh. Albumblatt m. U. „Gotter“. 1 S. Quer-schmal-8vo. Gotha 5.III.1783. 450 € Sechs Zeilen, vielleicht aus einem seiner Theaterstücke: „Der treusten Mutter liebster Sohn / Komm blühend, tugendhaft und weise / In ihren
________________________________________________________________________________________________________________________ Literatur Arm zurück! Der Lohn / Werd‘ ihrer Zärtlichkeit zu Theile! / Und regnets dann nicht gleich ein Bataillon - / Kömmt Zeit, kömmt Rath. Gut Ding will Weile.“
2555 Gries, Johann Diederich, Übersetzer romanischer Texte, einer der führenden Übersetzer der Goethezeit, verkehrte mit Größen der dt. Klassik u. Romantik (1775-1842). Eigh. Brief m. U. „J D Gries“. 13/4 S. 8vo. Jena 25.IV.1823. 220 € Wohl an einen Mitarbeiter Gustav Partheys, Inhaber der Nicolaischen Buchhandlung in Berlin, der sich anscheinend gerade in Leipzig aufhält. „Ich darf Sie doch nicht aus meiner Nachbarschaft fortziehen lassen, ohne Ihnen meinen herzlichen Dank zu sagen für Ihre gütige Bemühung in Ansehung der Preuß. Promessen. Beides, sowohl die Loose als die Zeichnungslisten, habe ich zu seiner Zeit richtig erhalten; und sind gleich diese Promessen bis jetzt für mich unerfüllte Versprechungen geblieben, so denke ich doch die Sache nicht aufzugeben. Vielmehr ersuche ich Sie, mir auch zur bevorstehenden fünften Ziehung abermals zwei Promessen gütigst zu besorgen und einzusenden, deren Betrag Sie mir wohl (wie den der Letzten) bis zur nächsten Calderon-Lieferung creditiren ... Was nun den 6ten Calderonband betrifft, so wird es freilich wohl nicht mehr möglich seyn, denselben auf Michaelis zu liefern. Um so gewisser darf ich ihn zur Ostermesse 1824 versprechen, und dies soll hoffentlich keine bloße Promesse bleiben ... Ich denke noch immer mit großer Freude an meinen Aufenthalt in Berlin, und werde nie aufhören, an dieser liebenswürdigen Familie den herzlichsten Antheil zu nehmen. Haben Sie gute Nachrichten von Herrn D. Parthey? Ich wünsche Ihnen gute Geschäfte in Leipzig und fröhliche Heimkehr ...“. - Gries‘ Übertragung von Calderons Schauspielen erschien von 1815 bis 1842 in 8 Bänden in der Nicolaischen Verlagsbuchhandlung. - Leicht gebräunt.
2556 Grisebach, Eduard, Diplomat, Schriftsteller, Literaturwissenschaftler und Bibliophiler (1845-1906). Eigh. Brief m. U. „Dr Grisebach“. 3 S. Mit farbigem Monogramm im Briefkopf. St. Petersburg 29.VIII.1883. 120 € An die Offizin Drugulin in Leipzig. „... Ich setze voraus, daß nunmehr die 1000 Exemplare der Chines. Novellen (exclusive des 1/4 Bogens Titel nebst Schmutzblatt) fertig gedruckt sind und ersuche ergebenst, mir gefälligst umgehend 1 Exemplar davon zusammen mit dem von mir korrigirten Probeexemplar, unter Kreuzband, unversichert, hierher zu senden. Ich werde dann unverzüglich Bestimmung über den Umschlag und über den 1/4 Bogen treffen. Auch bitte ich mir ... zu sagen, wie viel Ebartsches Papier noch übrig bleibt nach dem Druck der 1000 Exemplare à 73/4 Bogen? Endlich sehe ich auch den Korrekturbogen der 3ten Auflage der ‚Deutschen Literatur - Gesammelte Studien“ entgegen ...“. Grisebachs Übertragung der chinesischen Novellen erschien 1884 bei Thiel in Leipzig. In demselben Jahr kam bei Friedrich in Leipzig auch die dritte Auflage des Buches „Die deutsche Literatur seit 1770. Gesam melte Studien“ heraus, das zuerst 1876 in Wien erschienen war.
2557 Gumppenberg, Hanns von, Münchener Dichter, Theaterkritiker, Publizist, glänzender Parodist und Kabarettist, langjähriger Mitarbeiter der „Jugend“ (18661928). Eigh. Brief m. U. „Hanns von Gumppenberg“. 11/2 S. Gr. 8vo. München, Kaulbachstr. 8, 27.VII.1924. 180 €
2551
An Heinz Raschert in Darmstadt, der für einen Literaturabend nach einer Lebensbeschreibung und einem Bildnis Gumppenbergs gefragt hatte. Der Dichter gibt Auskunft. „... Eine eigentliche Lebensbeschreibung von mir ist noch nirgends erschienen, nur da und dort in Sammelwerken, die auch etwas von mir enthalten, ganz kurze biographische Daten, die aber wohl für die genannten Zwecke wohl ebensowenig in Betracht kommen dürften wie ausführliche Würdigungen meiner Dichtungen in Literaturgeschichten (z. B. der von Prof. Eduard Engel), Zeitschriften (z. B. im Liter. Echo von Rudolf Lothar) oder Tageszeitungen (z. B. in den ‚Bremer Nachrichten‘ über meine Dramen von J. Wiegand, oder in den ‚Münch. Neuesten Nachr.‘ über meine Lyrik von Fritz von Ostini.) - Eine sehr ausführliche Selbstbiographie von mir ist noch nicht veröffentlicht. - Was Ihre Anfrage wegen eines Lichtbildes betrifft, so enthielt nur ein Bändchen meiner nun längst vergriffenen und verschollenen ‚Überdramen‘ ein solches (aber ein herzlich schlechtes und saloppes.) Ein besseres stellte anläßlich meines 50ten Geburtstages das Atelier Elvira, München, Von der Tann-Straße, her ...“. Gumppenbergs Nachlaß bewahrt heute die Münchener Monacensia-Sammlung.
19
Literatur ________________________________________________________________________________________________________________________________________ 2558 Gutzkow, Karl, bedeutender liberaler Schrift steller, Dramatiker, Kritiker und Publizist, dem Jungen Deutschland nahestehend, Förderer Georg Büchners (1811-1878). Eigh. Brief m. U. „Dr K Gutzkow“. 1 S. Gr. 8vo. (Berlin), Hôtel de Rome, 23.XI.1846. 250 € An eine Zeitungsredaktion, die ihn „sehr zu Dank verbinden“ würde, „wenn sie unter der Rubrik der wissenschaftlichen und Kunstnachrichten die umstehende Notiz aufnehmen möchte. Als geborner Berliner, der hier eine Menge Verwandte ... hat, liegt mir sehr daran, daß grade Ihre verbreitete Zeitung diese, an sich vielleicht sehr unwichtige Thatsache zur Kenntniß eines Theiles Ihrer Leser brächte ...“. - Diese „Notiz“ ist hier nicht mehr vorhanden, stattdessen rückseitig Papierreste von ehemaliger Montage.
Eine Inkunabel für die Staatsbibliothek 2559 Hagen, Friedrich Heinrich von der, Berliner Germanist, der erste Professor für altdeutsche Literatur an der Berliner Universität (1780-1856). Eigh. Brief m. U. „vd Hagen“. 1 S. Doppelblatt mit Adresse. 8vo. (Berlin) 18.XI. 1831. 300 € An den Historiker und Geheimrat Friedrich Wilken (1777-1840), Oberbibliothekar an der Königl. Bibliothek in Berlin und seit 1831 Direktor der neugegründeten Universitätsbibliothek. Bietet ihm - mit eingehender Beschreibung - eine Inkunabel zum Kauf an. „... Ich sende Ihnen hier den besprochenen cod. impr., welchen ich auf meiner letzten Reise, dabei an die Bibl. denkend, erworben habe: Bonaventurae doctoris Seraphici sermon. de temp. et sanctis. Zwoll 1479. Fol. 340 Bl. einschließl. des Register; wohlerhalten, noch im ursprüngl. Holz u. Lederkleide, u wie man oben sieht, lange an einer Kette gehangen, u dadurch oben bewehrt. Das Merkwürdigste ist der typus, worauf Ebert seine selbständige Niederländ. Erfindung gründet, obwohl ihm dies Buch schwerlich bekannt gewesen. Auf der einen Seite nähern sich die Buchstaben doch sehr der Guttenberg. Bibel (nur viel kleiner, dergleichen auch wohl in alten Missalen mitunter vorkommen); auf der andern Seite entsprechen ihnen allerdings noch die jetzigen Niederl. Volksdrucke, u. block-letters. - Mir war noch kein solches altes Druckwerk, das sicher dorther ist, vorgekommen, u. ich habe es für etwa 24 rh ... erhandelt, u. möchte jetzt wenigstens gern 20 rh dafür wiederhaben, u. biete es dafür der Bibl., der ich es gern gönne. Sonst möchte es nach Dresden wandern ...“. - In einen Umschlag des 19. Jhdts montiert, der Hagens Lebensdaten und eine französische Übersetzung des Briefes enthält. - Über Hagens skurrile Persönlichkeit und Vorlesungen siehe Nr. 2739.
An Immermann 2560 Halm, Friedrich (d. i. Elegius Frhr von MünchBellinghausen), österr. Dramatiker, Lyriker und Novellist, Geheimrat mit dem Titel Exzellenz, Kustos und Präfekt der Wiener Hofbibliothek, schließlich Generalintendant der Hoftheater, mit der Burgschauspielerin Julie Rettich verheiratet (1806-1871). Eigh. Brief m. U. „Münch“. 12/3 S., eng beschrieben. Gr. 4to. Wien 15.II.1837. 300 € Bedeutender Brief an den Dichter und Theaterleiter Karl Leberecht Immermann (1796-1840) in Düsseldorf, der für seine „Musterbühne“
20
das Manuskript von Halms erfolgreichem Trauerspiel „Griseldis“ erbeten hatte. Halm antwortet ausführlich, gut informiert und folglich mit höchstem Respekt vor dem berühmten Dichter. „... Wenn ich auf das Verlangen, das Sie nach meinem dramatischen Erstling Griseldis zu äußern so gütig waren, nicht sowohl dem gefeyerten Dichter des Trau erspiels von Tyrol, Cardenio und Celinde, Friedrich II., Die Epigonen, als vielmehr dem Theaterdirektor zuschreiben zu dürfen glaube, so stehen Sie doch auch in dieser Beziehung so ausgezeichnet oder besser gesagt, so einzig da, daß ein Anfänger wie ich in Ihrem Wunsche nur die höchste und ehrenvollste Auszeichnung dankbar erkennen, und in die Freude, sein Stück unter Ihrer Leitung in die Scene gesetzt zu wissen, eine Belohnung seines Strebens finden muß, die weit über alle Armseligkeiten eines Bühnenhonorars hinausgeht ...“. Äußert dann die Besorgnis, dass man in seinem Stück „zu wenig oder gar keine Spuren eines ächten, schöpferischen, eingebornen Talentes finden dürfte, und nur ein solches darf es bey den jetzigen Zeitumständen, bey der Verschrobenheit des Geschmackes, bey der Gährung in allen Gemüthern, bey dem Untergehen des geistigen Lebens seiner Nation in ihrer rein commerciellen und industriellen Richtung, nur ein wahrhaft berufenes Talent darf wagen, jetzt für die Bühne zu arbeiten, und sich den tausend Mißbräuchen, dem kunsttödtenden Unfuge seiner Zeit entgegen zu stemmen ...“. Beklagt dann das drohende Scheitern von Immermanns idealistischem Projekt einer deutschen Musterbühne in Düsseldorf, „das Deutschland eine Wiedergeburt tragischer und mimischer Kunst versprach, wenn ein solches Unternehmen an Mangel an Theilnahme und aller Begeisterung, an der Thorheit einer sich selbst mißverstehenden Zeit scheiterte, was können wir erwarten, die einer noch schlimmern Zukunft entgegen gehen ... sollte es gegen Ihre Erwartung, aber nach dem Wunsche aller Gutgesinnten bey dem Fortgange Ihres Unternehmens verbleiben, so steht auch mein Trauerspiel Der Adept, den ich für besser halte als die Griseldis, obwohl es nicht in gleichem Maße gefiel, der Düsseldorfer Bühne zu Diensten ...“. - Dazu kam es nicht mehr. Mit der Aufführung der „Griseldis“ am 31. März 1837 endete die Ära der Direktion Immermanns am Düsseldorfer Stadttheater.
2561 Handke, Peter, Schriftsteller (geb. 1942). Porträtfoto (Orig.-Abzug) mit eigh. Signatur „P. Handke“ unter dem Bild. 14 x 9 cm. O. O. (10.X.1979). 150 € Die Aufnahme (Brustbild) zeigt den Schriftsteller, wie er mit beiden Händen seine Katze hochhält (wie man sie aber nicht halten sollte). Rückseitig von anderer Hand mit Bleistift datiert.
2562 Harden, Maximilian, Schriftsteller und einflußreicher Publizist, Herausgeber der „Zukunft“ (1861-1927). 1 eigh. Brief und 3 eigh. Postkarten m. U. „Harden“. Zus. 4 S. Mit Briefkopf „Die Zukunft“ und 1 Umschlag. Berlin 1893-1897. 150 € Der Brief an den Schriftsteller und Bühnenreformer Georg Fuchs in Darmstadt. „... Ich brauche Ihnen kaum zu sagen, daß ich Ihre Ansichten, die politischen und die aesthetischen, über die Berlinerei vollkommen theile und daß ich mich freuen würde zur besseren Erkenntniß der jungen Münchner Kunst etwas beitragen zu können. Ein Herr, der Ihren Namen trägt, Friedrich Fuchs, hat es übernommen, die Ausstellung zu besprechen. Doch kann mich das nach keiner Richtung hin-
________________________________________________________________________________________________________________________ Literatur
2576
dern, auch andere Anschauungen, namentlich wenn sie allgemeiner Natur, gern aufzunehmen. Wollen Sie also einen Versuch machen, so sollen Sie besonders willkommen sein. - Ihr Märchen werde ich, wenn Sie die Güte haben, es mir zu schicken, mit großem Interesse lesen ...“. - Die 3 Postkarten sind alle an den Bibliophilen und Verleger Hans von Weber in Leipzig gerichtet. Harden, der eine Sammlung für den stets in wirtschaftlicher Not befindlichen Schriftsteller Arno Holz veranstaltet hatte, bedankt sich jeweils bei Hans von Weber und seinem Künstlerverein „Auguren-Gremium“ für Geldspenden.
einige Wochen Spielraum ausbitten ... Ich bin augenblicklich sehr concentrirt auf gewisse Lectüre. - An Conrad habe ich niemals irgendeinen Roman ‚Christus‘ betitelt gesandt. Alles worauf C. Irrthum zurückgeführt werden kann, ist, daß ich angefragt habe, ob er einen so betitelten Roman drucken würde? Er schrieb mir, glaub ich, damals, daß er ihn stückweise gern bringen würde. Aber ich habe das Project bald wieder fallen lassen ...“. - Conrad: der Schriftsteller und Publizist Michael Georg Conrad (1846-1927), Vorkämpfer des Naturalismus und seit 1885 Herausgeber der Zeitschrift „Die Gesellschaft“.
2563 Hauptmann, Gerhart, Dramatiker und Erzähler, Nobelpreisträger (1862-1946). Diktierter Brief mit eigh. Unterschrift „Gerhart Hauptmann“. 11/2 S. 8vo. Schreiberhau (Riesengebirge) 17.VII.1892. 150 €
2564 - Eigh. Brief m. U. „Gerhart Hauptmann“. 1 S. Auf Büttenpapier. Mit eigh. Umschlag. 4to. Berlin 18.X.1905. 200 €
An einen angehenden Schriftsteller, der ihm ein Manuskript zur Beurteilung übersandt hatte. „... Ihre Arbeit durchzulesen müßte ich mir
An den Theaterkritiker und Feuilletonisten Hermann Kienzl (18651928) in Berlin. „... Ihre Gedichtsammlung, die vieles Schöne enthält, habe ich selbst zu Fischer gebracht und ich hoffe, dass Sie in wenigen Tagen Bescheid haben werden. Freilich hatte ich nicht den Eindruck,
21
Literatur ________________________________________________________________________________________________________________________________________ bald nochmals nach Baden gehen, wo Arzt, Bäder, Fango, Masseur zu haben sind ...“. - Die aus festem Papier zurechtgeschnittene Karte ist am 10. März 1942 in Katscher (Oberschlesien) abgestempelt. Die Korrespondenz mit der Schweiz lief offenbar über deutsche Mittelsleute. Korradi versorgte Hesse nach dessen Wünschen mit deutschen Büchern.
2567 - Masch. Postkarte m. U. „H. Hesse“ (Bleistift). 1 S. (Montagnola, Nov. 1943). 180 €
2577
als ob Fischer besonders geneigt wäre, Lyrisches zu verlegen. Ich würde sehr bedauern, wenn ich recht vermuthet haben sollte. Für das Buch von Frau Kremnitz vielen Dank. Ich freue mich sehr, es zu lesen ...“. - Offenbar durch Gerhart Hauptmanns „Versunkene Glocke“ angeregt, hatte Kienzl „Rautendelein. Die Geschichte einer Leidenschaft in Gedich ten“ geschrieben. Hauptmanns Vermutung war richtig: Sein Verleger Samuel Fischer lehnte die Übernahme des Gedichtbandes ab. Aber die angesehene Verlagsbuchhandlung Schottlaender in Breslau zeigte Interesse, so dass Kienzls Werk bereits im folgenden Jahr in der Schlesischen Verlagsanstalt erschien. - Die Schriftstellerin Mite Kremnitz (1852-1916), Tochter des berühmten Chirurgen Karl von Bardeleben, hatte mehr als dreißig Jahre in Rumänien gelebt, wo sie als Freundin und Mitarbeiterin der Königin Elisabeth („Carmen Sylva“) tätig war. Der linke Rand ungleichmäßig gerissen.
2565 Heine, Heinrich. - Hoepli, Ulrico, ital. Antiquar und Verleger (1847-1935). Eigh. Brief mit U. 2 S. Doppelblatt. 8vo. Mailand 5.III.1895. 150 € An den Komponisten Benedetto Junck (1852-1903) in Mailand wegen der Kompositionserlaubnis von zwei Liedern Heinrich Heines („Du bist wie eine Blume“ und „Leise zieht durch mein Gemüth“) in der Übersetzung von Bernardino Zendrini (1839-1879) unter der Bedingung, daß bei jeder Komposition der Titel, der Übersetzer und der Originalverleger genannt werde, nicht aber der Verlagsort. Hoepli erbittet sich Belegexemplare der Kompositionen. Diese erschienen dann unter dem Titel „Sei poesie di Heine. 1. Flebil traversa l‘anima mia ... 3. Tu sei bella, o mia dolcezza ...“ bei Ricordi in Mailand.
2566 Hesse, Hermann, Schriftsteller, Nobelpreisträger (1877-1962). Masch. Postkarte m. U. „H. Hesse“ (Bleistift). 1 S. (Montagnola, März 1942). 180 € Otto Korradi in München, dessen Brief ihm „Freude gemacht“ habe. „... da ist also jemand die damals ganz unverstanden gebliebnen Wege meiner Jugend liebevoll nachgegangen. - Ein Buch wünsche ich mir, ganz gelegentlich: ‚Essays um Goethe‘ von E. Beutler ... Das Befinden hat sich wieder verschlechtert, der gefürchtete Vorfrühling steht bevor, namentlich versagen mir die Füße jetzt fast ganz. So werde ich schon
22
Gleichfalls an Otto Korradi in München, diesmal mit vier Bücherwünschen: „... Wir müssen in dieser so unsichern Zeit so tun, als ginge das Leben trotz allem weiter, und so nenne ich Ihnen für gegelegentlich noch einige Büchertitel: Schnack, Leben der Schmetterlinge ... Schneider, Höl derlins Schicksalsweg ... Hoinkes, Christian und die Kataloge ... Heuschele, Geisteserbe aus Schwaben ...“. - Die wieder aus festem Papier zurecht geschnittene Karte trägt auf der Adressenseite den Absenderstempel „Dr. Kretzschmar, Dresden A 24“ und ist auch am 4.X.1943 in Dresden abgestempelt. - Die Schriftseite des Blattes enthält wiederum Hesses Absender-Stempel aus Montagnola.
2568 - Masch. Brief-Karte m. U. „H. Hesse“ (Bleistift). 11/2 S. Mit halbseitigem Holzschnitt nach einem Aquarell von Hermann Hesse. (Montagnola ca. 1950). 200 € Ebenfalls an Otto Korradi in München, der ihn wieder mit einer Sendung erfreut hatte. „... Ihre Gabe hat mich erreicht, erfreut und gerührt, und ich schriebe Ihnen gern einen langen Brief, aber wir sind alle krank u. ich schrecklich überbürdet. Ich kann Ihnen nur sagen, daß wir Ihre schöne liebevolle Arbeit mit Teilnahme und in bestem Gedenken an jene winterliche Begegnung gelesen haben. Ich ... bin froh, daß ich wenigstens eine kleine Gegengabe habe, eine im Jahr 48 nach jahrelanger Pause entstandne und kürzlich in einer Monatsschrift erschienene Erzählung ...“. Verspricht, einen erbetenen Aufsatz zu senden, wenn er noch ein Exemplar finden sollte: „Ich habe bisher vergeblich gesucht.“
2569 - Masch. Brief m. U. „H Hesse“ (Bleistift). 1 S. Gr. 8vo. [Montagnola] o. J. 180 € An Herrn Schaffner: „... Der Privatdruck kommt hier mit. Aquarelle könnte ich zur Zeit nicht heraussuchen, meine Kräfte reichen nicht mehr aus, das täglich Nötige zu tun. Dagegen habe ich da noch ein kleines Manuskript mit zwei farbigen Bildchen liegen, das sende ich Ihnen mit. Falls sie es verwenden können, so geben Sie mir dafür was Ihnen richtig scheint. Andernfalls bitte ich um Rückgabe ...“.
2570 Heyse, Paul, Schriftsteller, Nobelpreisträger, Haupt des Münchener Dichterkreises (1830-1914). Eigh. Postkarte m. U. „P. H.“. 1 S., eng beschrieben. S. Margherita Ligure 18.IV.1908. 90 € An den Philosophen Johannes Volkelt (1848-1930) auf Schloß Labers bei Meran. Er habe sich am Meer, wohin ihn seine Ärzte zur Kräftigung gesandt hatten, eine heftige Influenza geholt, so daß er sich nun in der Villa Armena zu erholen hoffe. „... Ihnen dort einmal zu begegnen und
________________________________________________________________________________________________________________________ Literatur so recht con amore mit Ihnen Alles zu besprechen, was an Lebensfragen der Kunst uns beiden am Herzen liegt, ist eine Hoffnung, die doch einmal sich erfüllen muß. Wie unzulänglich ist das geschriebene Wort! ... In einigen Wochen sende ich Ihnen ein Buch, ‚Charakterbilder‘, von denen ein und das andere Sie hoffentlich interessiert. Es ist eine sehr gemischte Gesellschaft, keine voll ausgewachsenen Novellen, da in ihnen nicht die Handlung, sondern die Figuren, um die es mir zu thun war, die Hauptsache sind ...“.
2571 Hillebrand, Heinrich Joseph, hessischer Philosoph und Schriftsteller (1788-1871). Eigh. Brief mit U. 4 S. Doppelblatt. 4to. Würzburg 16.VI.1817. 180 € An den Verlag Brockhaus in Leipzig über seine „Allgemeine Bildungs lehre“ und seinen „Germanicus“. Hillebrand bietet seine Werke „Huß, oder Tod für Wahrheit und Überzeugung“, „Deutschlands Nationalität und National-Bildung“ sowie „Theatralische Schriften“ zum Verlag an und macht Vorschläge zur Ausstattung und zum Honorar. Unterschrift: „Joseph Hillebrand, vormals Professor in Hildesheim, jetzt Privatisirender dahier.“ - Hillebrand war nach seinem Studium 1812 bis 1815 Lehrer am Josephinum Hildesheim, 1822 badischer Hofrat, später Direktor eines Gymnasiums in Gießen und schließlich ordentlicher Professor sowie Dekan an der dortigen Universität; doch als liberaler Politiker verlor er 1850 seine Professur. Er publizierte neben historischen Romanen und Erzählungen vor allem philosophische und literaturhistorische Schriften. 1847 wurde er für den Wahlbezirk Stadt Gießen in die zweite Kammer der Landstände des Großherzogtums Hessen gewählt und war in der Kammer ab 1847 Präsident. - Leichter Tintendurchschlag.
2572 Holm, Korfiz (eigentl. D. H. Corfitz), Münchener Schriftsteller, Übersetzer und Verleger, Mitarbeiter beim „Simplicissimus“, Mitinhaber und Geschäftsführer des Verlags Albert Langen (1872-1942). Eigh. Brief m. U. „Korfiz Holm“. 2 S. Gr. 8vo. Pasing bei München 15.XII.1922. 150 €
2578
An den Münchener Schriftsteller und Publizisten Georg Schaumberg, Gründungsmitglied der „Gesellschaft für modernes Leben“ (1855-1931). Bedankt sich für dessen Brief „... Was den neuen Roman des Herrn W. v. Rummel betrifft, so würde er zu anderen Zeiten den Langenschen Verlag sicher interessiert haben. Heute kann ich mir zu meinem Bedauern von einer Einreichung keinen Erfolg versprechen. Der Grund liegt in den natürlich auch Ihnen bekannten derzeitigen Verhältnissen, die auch den Verlag Langen nötigen, seine Tätigkeit tunlichst einzuschränken, da die allgemeine Teurung die Mittel naturgemäss sehr anspannnen [sic!]. Hand in Hand damit geht eine Überhäufung mit Publikationsverpflichtungen ... nach Lage der Dinge wird eine Prüfung des Romans, zu der der Verlag im übrigen gern bereit ist, fast mit Sicherheit zu einem negativen Resultat führen ...“.
ein umfangreiches Manuskript zur Prüfung übersandt hatte. Holtei zeigt sich, trotz „alter Anhänglichkeit“, ablehnend: „... Weder ich, noch diejenigen meiner hiesigen Freunde, denen ich ein gediegeneres Urtheil zutraue als mir selbst, konnten zu einer Anschauung Ihres Werkes gelangen, welche mich berechtiget hätte, dasselbe Herrn Kober für seine buchändlerischen Zwecke entschieden zu empfehlen. Ich habe ihm deshalb vorsichtig geschrieben, und meine Anfrage dahin gestellt: ob ich das Manuskript eines gelehrten Freundes zuschicken solle ...“. Zitiert dann die Absage des mit Material überhäuften Verlegers, fragt, ob er das Manuskript nach Leipzig zurücksenden solle, und fährt fort: „... Nach meiner individuellen Ansicht - (mit welcher ich von Herzen gern Unrecht haben möchte!) - werden Sie keinen Verleger dafür finden ... ich bin sonst ein dankbarer Leser - und als solcher muß ich eingestehen: das Buch fesselt nicht! Da nun nicht für die Köche, sondern für die Esser gekocht wird, wo es sich um Unterhaltungslektüre handet, so fürchte ich, die Buchhändler werden sprechen wie ich ...“. - Tatsächlich ist als einziges Buch Hagens nach 1860 nur noch eine Biographie Max von Schenkendorfs (1863) bekannt. - Etwas gebräunt.
2573 Holtei, Carl von, aus Breslau stammender Dichter, Erzähler, Schauspieler, Regisseur, Rezitator und Theaterleiter (1798-1880). Eigh. Brief m. U. „Holtei“. 4 S. Gr. 8vo. Graz (Steiermark) 1.III.1860. 120 €
2574 Holz, Arno, Lyriker, Dramatiker und Satiriker, Vorkämpfer des literarischen Naturalismus (1863-1929). Eigh. Brief m. U. „Arno Holz“. 1 S. Gr. 8vo. Wilmersdorf bei Berlin 23.XII.1896. 120 €
An Ernst August Hagen, Literatur- und Kunsthistoriker sowie Publizist in Königsberg (Pr.), der ihm über den Leipziger Buchhändler Weigel
An den Verleger und Bibliophilen Hans von Weber in Leipzig, „Obermeister des Leipziger Auguren-Kollegs“, das sich offenbar für eine
23
Literatur ________________________________________________________________________________________________________________________________________ die in 250 Exemplaren auf Bütten gedruckte und in Halbpergament gebundene Ausgabe des zuerst 1902 erschienenen Werkes, um, wie er an einen anderen Subskribenten schrieb, „nicht zu verhungern“. - Den zweiten Brief verursachte, 10 Jahre später, ein gleicher Anlaß: „... Unter ergebener Bezugnahme auf die Anlage, durch meine wirtschaftliche Lage leider bedrängter denn je, wende ich mich an Ihre Güte. Sollte es Ihnen nicht möglich sein, durch freundliche Fürsprache innerhalb Ihres ganz gewiß nicht machtlosen Kreises mir den einen oder anderen Subskribenten zu verschaffen? Erst nach dem rund Hundertsten, der die Kosten deckt, beginnt mein Anteil! ...“. - Kleine Faltenrisse.
2576 Hugo, Victor. - Drouet, Juliette, französ. Schauspielerin, Geliebte, Muse und Lektorin Victor Hugos (1806-1883). Eigh. Brief m. U. „Juliette“. 4 S. Gr. 4to. O. O. 16.IV. „dimanche après midi 3 h 3/4“ o. J. 1.200 €
2581
finanzielle Zuwendung an den immer in wirtschaftlichen Schwierigkeiten befindlichen Autor eingesetzt hatte. „... Durch Herrn Maximi lian Harden erfuhr ich eben, in welch opferwilliger Weise das Leipziger Auguren-Kolleg für mich eingetreten ist. Indem ich Sie bitte, allen Herren meinen herzlichsten Dank auszusprechen, werde ich bemüht sein, durch eine Arbeit, die, wie ich hoffe, besser werden wird, als meine bisherigen, das Vertrauen dieses Kollegs zu rechtfertigen ...“. - Der 1895 in Leipzig gegründeten, nicht nur dem Ulk verschriebenen kurzlebigen „Künstlerzunft“, die sich im „Café Hannes“ traf, gehörten außer dem „Obermeister“ Hans von Weber u. a. Franz Adam Beyerlein, Kurt Martens, Walter Harlan und Otto Erich Hartleben an. Auch Gerhart Hauptmann und Otto Julius Bierbaum nahmen – etwas zurückhaltend – die ihnen angetragene Mitgliedschaft an.
Temperamentvoller Liebesbrief an Victor Hugo, dem sie vorwirft, ihr nicht genügend Liebesbeweise zu erbringen, ja nicht einmal Zeit für einen Abschiedskuss zu haben. Sie droht mit deftigen Strafen. „Je suis très fachée contre vous, mon Toto, parce que vous vous êtes enfin comme un voleur ou comme un homme qui n‘aime pas ce qui est [unleserlich] sans me donner le temps de vous baiser et de dire adieu. je ne suis pas contente du tout. Si j‘avais su cela je vous aurais forcé à vous empiffrer d‘hartichauts à la barigoule, une autrefois je ne serai pas si bête et je vous en ferai avaler de l‘ail plein en votre g[u]eule ... je vais en voyer tout à l‘heure chercher la presse que vous prétendez avoir été mis en pièces par vos satellites. Nous verrons bien si vous mentez scélérat. baisez moi en attendant gros monstres et dépèchez-vous de m‘apporter votre paletot à arranger ... je n‘ai déjà pas tant d‘occasion de bonheur pour me rogner de moitié ma pauvre petite joie annuelle ...“. Zum Schluss: „Mais je vous aime. je vous aime. je vous aime. Juliette“. - Die Briefe Juliette Drouets an Victor Hugo gelten heute als literarisches Werk. Juliette hielt dem Dichter trotz mancher für sie entwürdigenden Situation und Hugos wechselnden Liebesaffairen mehr als 50 Jahre die Treue. - Schönes Zeugnis einer großen Liebe und eines idealen Stoffes für Romane und Drehbücher. Abbildung Seite 21
2577 Ibsen, Henrik, norweg. Dramatiker von epochaler Wirkung und Bedeutung (1828-1906). Visitenkarte mit eigh. Signatur „Dr: Henrik Ibsen“. 6,2 x 10,2 cm. Auf schwarzen Untersatzkarton montiert. O. O. (ca. 1899). 200 € Seltene kleine unbedruckte Respektkarte, die wohl bei einem Besuch des Dramatikers überreicht wurde, und auf die er seinen Namen, ungewöhnlicherweise hier in Kombination mit dem Doktortitel, in braunschwarzer Tinte und in dem charakteristischen, nach links kippenden Duktus notierte. Abbildung Seite 22
2575 - 2 eigh. Briefe m. U. „Arno Holz“. Zus. ca. 1 /2 S. (Tinte und Bleistift). Mit 1 Umschlag. 4to und gr. 4to. Berlin 17.III.1917 und 22.III.1927. 150 € 1
Der erste Brief an den Juristen Dr. Elias in Dortmund, dem er die „Subskriptionsbedingung“ für eine Luxus-Ausgabe seiner Literatursatire „Die Blechschmiede“ übersendet. - Holz veranstaltete die Subskription auf
24
2578 Jandl, Ernst, österr. experimenteller Lyriker, Büchner-Preisträger (1925-2000). 8 eigh. Federzeichnungen mit Signatur „Ernst Jandl 74“. Auf Blättern eines Zeichenblocks. Je 24,5 x 18 cm. O. O. 1974. 1.800 €
________________________________________________________________________________________________________________________ Literatur Illustrationen zu dem 1975 in Düsseldorf erschienenen Buch „der versteckte hirte“: Ganzseitige, mit sicherer Feder ausgeführte skurrile Karikaturen menschlicher Wesen bei verschiedenen Verrichtungen, alle signiert und datiert. - Selten. Abbildung Seite 23
2579 Kerr, Alfred, Theaterkritiker, Schriftsteller und Feuilletonist (1867-1948). Eigh. Postkarte m. U. „Alfred Kerr“. 1 S. Quer-8vo. Berlin 22.XI.1895. 180 € An Dr. Weber in Leipzig. „... verzeihen Sie, daß ich im Drang des ‚Lebens‘ und der Geschäfte erst heute dazu komme, Ihnen für die Sendung der Kritiken bestens zu danken. Die beigefügte Nachricht über den charaktervollen Kritiker der L. Z. hat mich sehr belustigt. Erlauben Sie mir Ihnen nachträglich ein Kompliment an den Kopf zu werfen. Beim Rückblick auf die körperlich beschwersame, aber amüsante Expedition nach Sachsen ist mir die Erinnerung an Ihre Person (Merkmale: ein gewisser ästhetischer Eindruck, frische Liebenswürdigkeit, nichts von professional-‘Schriftsteller‘) herzlich sympathisch, und Sie würden mir eine Freude machen, - ohne Redensarten-, wenn Sie mich bei gelegentlichem Aufenthalt in Berlin aufsuchten ...“. - Gelocht und gering stockfleckig. - So früh selten.
2580 Keyserling, Hermann Graf, deutsch-baltischer, einflußreicher Philosoph und Schriftsteller, Gründer der „Schule der Weisheit“ in Darmstadt (1880-1946). Konvolut von 5 eigh. Briefen, 1 diktierten Brief und 2 eigh. Postkarten m. U „Hermann Graf Keyserling“ oder „Hermann Gf Keyserling“. Teils auf der Rückseite von Typoskripten. Zus. ca. 91/2 S. Gr. 4to und quer-8vo (die Postkarten). Schloß Schönhausen a. d. Elbe und Kitzbühel 1942-1945. 280 € An Albert Rundspaden ausführlich über Keyserlings vergriffene Bücher, seine Buchprojekte und seine Korrespondenz mit dem Verlag Deuticke. Ein Brief von 1945 stammt wahrscheinlich von der Hand seiner Frau Goedela, ist aber eigenhändig unterschrieben. Inhaltsreiche, wenn auch schwer leserliche Briefe, die Handschrift von Krankheit gezeichnet. Keyserling starb am 26. April 1946. - Beiliegend die Todesanzeige, 3 eigh. Briefe und 17 Postkarten von Keyserlings Ehefrau Maria Goedela geb. von Bismarck-Schönhausen, ein Foto-Negativ mit Bildnis des Ehepaars, ein hektographiertes Typoskript „Der Weg zur Vollendung“ (18 S., datiert Anfang April 1946), ein gedruckter Aufruf zur Gründung einer „Internationalen Keyserling-Gesellschaft“(1946) etc. - Teils mit Stempel „Military Censorship“. - Kleine Randschäden.
2581 Klabund (d. i. Alfred Henschke), Schriftsteller (1890-1928). Eigh. Brief m. U. „Klabund“. 2 S. Kl. 4to. München 26.III.1915. 300 € An den Münchener Statistiker, Publizisten und Verleger Dr. Georg Hirth, Mitinhaber der „Münchner Neuesten Nachrichten“ und Mitbegründer der Zeitschrift „Jugend“. Der 25jährige Klabund bewirbt sich um die Stelle des zum Kriegsdienst befohlenen Schriftstellers Karl
Ettlinger. „... ich bin seit einiger Zeit wieder in München und würde mich freuen, wenn ich bei Ihnen vorsprechen dürfte. Gestern hatte ich einen Vortragsabend. Sie haben vielleicht in den Münchner Neue sten Nachrichten gelesen: meine Lyrik ‚läßt noch keinen Schluß auf dichterische Reife zu‘. Der Herr Referent scheint ‚dichterische Reife‘ und ‚fünfzig Jahre‘ für Synonyme zu halten. Früher las mans in demselben Blatt einmal anders. - Ich höre eben zufällig, daß Karl Ettlinger von der ‚Jugend‘redaktion nächsten Montag eingezogen wird. Wissen Sie, ob die Redaktion schon einen Ersatz hat - und ob es einen Zweck hätte, wenn ich mich um den Posten bewürbe? (Ich kann mir nicht denken, daß man mir bei der ‚Jugend‘ ... meine Jugend vorwerfen wird. Ich stand ja vor etwa einem Jahr einmal in sehr enger Mitarbeiterschaft zu ihr. Außerdem: ist ja ein Anwalt und Verfechter der jungen Generation in ihrem Redaktionsstab bisher - leider - noch nicht vertreten.) ...“. Abbildung
2582 Kneip, Jakob, rheinischer Erzähler und Lyriker, Mitbegründer des „Rheinischen Dichterbundes“ und des „Rheinischen Kulturinstituts“ (1881-1958). Eigh. Brief m. U. „Euer Jakob“. 11/2 S. Quer-gr. 8vo. Pesch bei Mechernich (Eifel) 10.XII.1949. 150 € An ein befreundetes Paar. „... die Arbeit an meinem neuen Buch (u. der Neuausgabe von ‚Bergweihnacht‘ u. ‚Hampit‘ bei List) hatte mich den Freunden gegenüber schweigsam gemacht. Aber über manchen Kapiteln dieses Buches gingen die Gedanken immer wieder zu Euch beiden ... Ich weiß wohl: dies neue Buch ist ein Wagnis. Aber auch Ihr beide habt viel gewagt in dieser Zeit; (u. Dante hat in der ‚Hölle‘ ein noch größeres Wagnis vollbracht!) - So darf ich wohl hoffen, daß Ihr mich recht verstehen werdet ...“. - Gemeint ist wohl der Roman „Licht in der Finster nis“, der 1949 bei Pick in Köln erschien. Im List Verlag erschien in noch in demselben Jahr die erweiterte Ausgabe der Anthologie „Bergweih nacht“ und 1950 die Neuauflage von „Hampit der Jäger“. - Gebräuntes Nachkriegspapier. - Dabei: Werner Bergengruen, dt.-baltischer Schriftsteller (1892-1964). Eigh. Brief m. U. „Werner Bergengruen“. 11/2 S. 8vo. Achenkirch (Tirol) 22.III.1943. - An einen Verlagslektor. „... Die Korrekturen sende ich Ihnen in den Anlagen wieder zu. Herzlich danke ich Ihnen für Ihren persönlichen Brief - ein spontaner Widerhall dieser Art, wie er aus Ihren Äußerungen und denen Ihres Herrn Onkels spricht, ist in der heutigen Zeit besonders wohltuend ...“. Erwidert dessen Gruß „in gleicher Gesinnung“.
2583 Kotzebue, August von, Schriftsteller und Publizist, der führende Bühnenautor seiner Zeit, in Rußland in hohen Staatsämtern (1761-1819). Eigh. Brief m. U. „Kotzebue“. 2/3 S. Doppelblatt mit Adresse und Lacksiegel. 4to. (Wohl Berlin um 1800). 400 € An den Berliner Bankier Jakob Herz Beer (1769-1825): „P. P. Der mir ertheilten gütigen Erlaubniß zufolge, übersende ich Ihnen das Erste Manuscript für London, um es gefälligst weiter zu befördern. Da ich mich schlecht auf das Einpacken verstehe, und das Paquet über die See gehen muß, so würde es vielleicht gut seyn, wenn Ihr Hamburger Correspondent es noch besser, etwa in Wachstuch, verwahrte ...“. - Die Stücke des damals berühmtesten deutschen Dramatikers wurden eifrig ins Englische übersetzt und ab 1798 häufig in London aufgeführt. Kleine Randschäden und Quetschfalten.
25
Literatur ________________________________________________________________________________________________________________________________________ cher“), eine schwierige Lage („un embarras, embarras que ni vous ni moi nous ne connoissons encore“), dankt für finanzielle Hilfe und Bücher, nennt Pläne für eine Englandreise im Mai, begleitet von vielerlei Klagen. Denkt über beiderseitiges Leben, Krankheit, Kummer und Trost nach: „... Travaillez mon cher ami pendant que vos nerfs ne sont pas encore usés brisés froissés comme les miens ... Vous m‘avez ouvert la porte d‘une petite reputation qui m‘a valu un peu d‘argent qui m‘a valu un délicieux mariage qui me vaudra et je voudrois vous rendre tout cela. Les grands médecins de Naples me promettent de longues soufrances, je veux tacher de m‘arranger ... je n‘ai donc plus qu‘à attendre que le ciel me le laisse écrire. Si je le fais jamais je dirai avec confiance, Exegi: et ce que j‘ai fait est bon! ...“. - Schöner, früher, gehaltvoller Brief mit vielen Bekenntnissen zum seelischen Zustand des Dichters. - Gering fleckig. - II. Der zweite Brief ist fast vollständig politischen Inhalts. Lamartine diskutiert ausführlich die politischen Verhältnisse in Europa, widerspricht Ansichten Genoudes und bemerkt am Schluß: „... Votre Journal des Débats me fait pitié avec son opposition quoti dienne à propos et non à propos et son dictionnaire des diatribes empruntées ...“. - Leicht angestaubt. - III. Der dritte Brief mit vielfältigem Inhalt, u. a. ein Schloss seiner Familie bei Macon: „... C‘est un fort joli petit chateau avec une terre dans la proportion de 200.000 f ... il vient de ma propre famille qui était alliée avec la famille de Genou ou Genoud par une grand mère, les propriétaires actuels sont encore nos cousins ...“. Ferner über einen Zeitungsartikel und politische Angelegenheiten wie Wahlen. - Dieser Brief mit Randschäden und anderen Defekten durch Mäusefraß; etwas Textverlust. - Drei interessante, inhaltsreiche Briefe aus den ersten vierzig Jahren Lamartines. Abbildung
2585
2584 Kraus, Karl, österr. kritischer Publizist und Dichter, Herausgeber der „Fackel“ (1874-1936). Eigh. Signatur „Karl Kraus“ unter einer gedruckten Prozess-Vollmacht. 1 S. Quer-schmal-gr. 8vo. Dortmund o. J. 200 € „Den Rechtsanwälten Frank I, Dr. Elias und Gierlich in Dortmund wird in Sachen ... Prozeßvollmacht erteilt.“ Weder der Anlass des Prozesses, noch der Gegner, noch ein Datum wird genannt. - Büroklammer-Rostspur.
2585 Lamartine, Alphonse de, franz. Schriftsteller und Politiker, führender Lyriker der franz. Romantik (17901869). 3 eigh. Briefe, der erste ohne Unterschrift, der zweite unterzeichnet „L“, der dritte „Lamartine“. Zus. 11 S., eng beschrieben. 4to. Rom 1.II.1821, Florenz 7.VI.1827 und Macon 30.VI.1830. 1.200 € Umfang- und inhaltsreiche Briefe als Botschaftssekretär an seinen Freund, den Theologen und Politiker Eugène de Genoude (1792-1849). Spricht viele Themen an: I. Sein Leben in Rom („la vie tolérable est
26
2586 Lang, Siegfried, bedeutender Basler Lyriker des 20. Jahrhunderts (1887-1970). Eigh. Brief m. U. und eigh. Karte m. U. „Siegfried Lang“. Zus. 4 S. Folio und quer8vo. Basel 10.XII.1946 - 8.V.1948. 120 € An den Wiener Schriftsteller Alexander Lernet-Holenia (1897-1976), mit dem er sich in St. Wolfgang am 8. Mai 1948 verabredet hatte: „Zugleich mit ihrer Anfrage vom 4. erhielt ich aus Zürich die Einladung, im Laufe der kommenden Woche dort einen Besuch zu machen, doch konnte man mir den dafür passenden Tag noch nicht nennen. So muss ich Sie nur fragen: Hätten Sie in Basel noch andere Personen, ausser mir, sehen wollen, und wären auf jeden Fall nach Basel gefahren? Dann würde ich es einrichten am Mittwoch in Basel zu sein. Sonst aber könnte unser Zusammentreffen nun auch in Zürich stattfinden...“. - Beiliegt ein eigh. Brief m. U. von Frank Thieß (1890-1977), ebenfalls an LernetHolenia. 4 S. auf 1 Doppelblatt. 4to. Bad Aussee 27.IX.1948. Abbildung
2587 Laube, Heinrich, freisinniger Schriftsteller, dem Jungen Deutschland verbunden, sowie Dramatiker und hervorragender, legendärer Theaterleiter in Wien und Leipzig (1806-1884). Eigh. Manuskript seiner Autobiographie. 2 S. auf 2 Bl. Gr. 8vo. (Wien 1873). 240 € Kurze Selbstbiographie, wohl bestimmt für das von August von Conraths herausgegebene „Souvenir-Album der Wiener Weltausstellung“ (1873). „Dr. Heinrich Laube, Direktor des neuen Wiener Stadttheaters ist zu Sprottau in Schlesien am 18. September 1806 geboren, hat auf
________________________________________________________________________________________________________________________ Literatur den Gymnasien zu Groß-Glogau u. zu Schweidnitz, und an den Universitäten zu Halle u. zu Breslau seine Studien erledigt, und ist 1832 als Schriftsteller aufgetreten. 1840 wendete er seine schriftstellerische Thätigkeit der Bühne zu ...“.
2588 Le Fort, Gertrud von, Lyrikerin, Essayistin (18761971). Eigh. Brief m. U. „Gertrud le Fort“. 2 S. Gr. 4to. Baierbrunn bei München 30.IV.1939. 150 € An Franz Wegwitz in Leipzig, der wohl eines ihrer Gedichte vertont hatte. „... Ich habe das Notenblatt, das Sie die große Güte hatten, mir zu widmen, ein wenig studiert - so gut es mir allein möglich war. Einen ganz vollen Eindruck Ihres Werkes wird mir erst eine liebe Freundin vermitteln, die im Gesang ausgebildet ist ... Ich habe ihr das Notenblatt gesandt; wenn wir uns ... im Laufe des Sommers wiedersehen, will sie mir das Lied vorsingen ... Ich bin gewiß, daß es durch Ihre Vertonung viel schöner und wesentlicher herauskommt als auf das Wort allein gestellt ...“. - Gelocht. - Dabei: Dieselbe. Gedruckte Dankeskarte mit Porträtfoto und eigh. Unterschrift „Gertrud v. le Fort“. 1 Doppelblatt, mit Umschlag. 8vo. (Oberstdorf 8.II.1956). - An denselben. Dank für Glückwünsche zu ihrem 80. Geburtstag. Unter dem Bild, das die Dichterin schreibend zeigt, das gedruckte Motto: „Bald erlischt was unsre Feder schreibt - Nur die Chiffre unrer Seele bleibt.“
2589 Lenau, Nicolaus (d. i. Nic. Niembsch von Strehlenau), österr. Dichter (1802-1850). Eigh. Gedichtmanuskript. 1 S. 4to. (Wien 1833/1834). 2.800 € „Schwärmer“. Zwei Strophen in Sonettform: „Diese Blumen ohne Duft und Farben, / Und von ihr, an deren Brust sie starben, / In den Staub geworfen und vergessen, / Magst du sie noch an die Lippen pressen? / Soll die Blüthe ihnen wiederkehren, / Daß du sie bethaust mit Liebeszähren? / Schwärmer, den ein welkes Blatt entzückt, / Das im Spiel ein schönes Kind zerknickt! ...“. 14 Zeilen; in der vorletzten Zeile das Wort „theuren“ durchgestrichen und durch „schönen“ ersetzt. - Man vermutet, dass die Verse der Gräfin Marie von Württemberg (1815-1866), Schwester des Dichtergrafen Alexander und späterer Gräfin Taubenheim, gegolten haben. - Auf der Rückseite (nach der Paginierung eigentlich Vorderseite) die vier letzten Zeilen von Lenaus Gedicht „An Fräu lein Charlotte von Bauer“. Bei unserem Blatt handelt es sich um die Druckvorlagen für die 2. vermehrte Auflage der „Gedichte“ (1834), von Lenau „273“ und 274“ paginiert. - Schöne Dichterhandschrift.
2586
digung (3 S. Folio) des Philosophen Hermann Graf Keyserling zum 50. Geburtstag, nebst einem Porträtfoto. Ferner beiliegend eine Postkarte des Schauspielers, Rezitators und lippischen Heimatdichters Joseph Plaut. - Einige Stücke gelocht oder mit kleinen Randläsuren.
2590 Literatur und Wissenschaft. 16 Autographen. Verschiedene Formate. 1891-1933. 180 €
2591 MacCarthy, Mary Josefa, britische Schriftstellerin, die der Bloomsbury-Group angehörte (1882-1953). 2 eigh. Briefe m. U. 2 Bl., je 12/3 S. 4° und 8°. Mit 1 gedrucktem Briefkopf sowie 1 eigenh. beschrifteten Kuvert. (London) 27.IX.1937 und 31.VIII.1942. 150 €
Überwiegend eigenhändige Briefe oder Postkarten, teilweise an die Schriftleitung des Magazins „Uhu“ aus dem Ullstein Verlag. Vorhanden: Rudolf Brockhaus (1891), Alfred Döblin (sign. Visitenkarte), Eduard Engel, Otto Ernst (Porträtfoto-Karte), Ludwig Finck, Manfred Hausmann (Postkarte über die Verfilmung von „Abel mit der Mundharmonika“), Ricarda Huch (Postkarte; gelocht), Hans Land (Porträtfoto-Postkarte), Arthur Landsberger, Ernst Lissauer (Postkarte und 10seitiges Manuskript), Julius Meier-Graefe, Rudolf Presber, Wilhelm Schäfer, Ewald Gerhard Seeliger und Julius Stinde. - Beiliegend eine masch. Wür-
Umfangreiche, interessante Briefe an den Verleger Roger Senhouse (1899-1970) im Verlag von Secker & Warburg in London. Der Brief vom 27. September 1937 mit der Bitte, ihre Bücher noch nicht zu „verramschen“: „Thank you so much for your letter, written to me in August I am glad you have not yet remaindered me. - Do keep the books on your shelves, say just till next spring or so? Then oblivion, & my contract ended I suggest. In my book Longmans is bringing out, inside the cover, they put - By the same author - Fighting F. / Pier & Band / 19th Cent Childhood - Martin Secker & Warburg“. - Der zweite Brief ist anlässlich
Abbildung Seite 28
27
Literatur ________________________________________________________________________________________________________________________________________
2589
28
________________________________________________________________________________________________________________________ Literatur eines Besuchs von Senhouse bei ihr geschrieben: „I thought it most delightful of you to take such kind trouble for me, & I shall always remember your visit with gratitude - as something really very kind. For it is rather a bother to get out here and I felt sorry I had not managed to give you a restful sight of Hampton Court. But of course I forgot how early they barricade & ban everything up now; & the earlier time was so packed with ice cream lickers, I thought it best to put off that late hour. I shall have to become a more efficient sort for Cook‘s man - than I have archived being as yet! ...“. - Molly MacCarthy war mit Desmond MacCarthy verheiratet, dem literarischen Herausgeber des „New Statesman“. Beide gehörten mit Vanessa and Clive Bell, Virginia Woolf, Lytton Strachey und Maynard Keynes der „Bloomsbury Group“ an.
2592 Maltitz, Gotthilf August von, Forstbeamter und vielseitiger liberaler Schriftsteller, Satiriker und Bühnenautor, gehörte zum Bekanntenkreis von Heine und Börne (1794-1837). Eigh. Gedichtmanuskript m. U. „G. A. Freihr. v Maltitz“ und eigh. Begleitbrief m. U. „Baron v. Maltitz“. Zus. 22/3 S.; der Brief mit Adresse und Siegel. 4to. Berlin 15.II.1827. 180 € Für den Abdruck im „Hamburgischen Correspondenten“ bestimmtes, am Schluß signiertes Gedichtmanuskript mit dem Titel: „An Preußens König. (nach Lesung seiner Schreiben an den Herzog von Anhalt-Koethen und Fürsten von Salm-Salm.)“. 16 Zeilen in Hexametern: „Sänger für Freiheit und Licht! Hört mich, und stimmt in die Saiten! / Sing‘ mit der Masse nicht gern ruhm- schallendes Lob den Hochmächtigen; / Aber wo Wahrheit und Recht gebiet‘risch zur Harfe mich reißen, / Wo hoch-heiliges Wort scholl von der Zinne des Thrones, / Muß ich singen sein Lob, sing‘s gern aus der Tiefe des Herzens ...“. - Im Begleitbrief an die Redaktion der Zeitung ersucht der Dichter „um eine gütige unveränderte Aufnahme beikommenden Gedichts in das nächste Stück ... Sollte übrigens sein geringer Ruf als Autor keine unentgeltliche Aufnahme gestatten, so ist er gerne bereit, die Einsetzgebühren zu entrichten, und bittet in diesem Fall ergebenst nur die Kosten zu senden ...“. - Im folgenden Jahr verbuchte Maltitz mit seinem in Berlin entstandenen Theaterstück „Der alte Student“ einen großen, anhaltenden Erfolg, doch eine Aufführung am Königsstädtischen Theater ohne die vorgeschriebenen Zensurstriche bei den polenfreundlichen Textstellen verursachten die Ausweisung des Autors, der daraufhin zeitlebens nicht nach Preußen zurückkehrte.
2593 Mann, Heinrich, Bruder Thomas Manns, Schriftsteller (1871-1950). Eigh. Albumblatt m. U. „Heinrich Mann“ auf einer Karte. Quer-8vo. O. O. u. J. 150 € „- indeß die zartrothen, genau umzeichnten Lippen sich kunstvoll bewegten, als wohne auf ihnen die vielfältige Seele der Frauen.“ - Laut Bleistiftvermerk auf der Rückseite für ein Hamburger Wohltätigkeitsfest geschrieben. - Beiliegend ein Brief der Deutschen Verlagsanstalt in Stuttgart an den Hamburger Juristen, Bühnenautor, Schriftsteller, Publizisten und Kommunalpolitiker Carl Mönckeberg: „... Herr Dr. Thomas Mann in München bittet uns Ihnen seinen Dank für das ihm übersandte Werk auszusprechen. Wir gestatten uns Ihnen die Zuschrift von Herrn Dr. Mann anbei zu übersenden ...“ (Stuttgart 6.XII.1922). - Ferner 2 von dänischen Autoren an Mathilde Mann in Kampen (Sylt) adressierte Briefumschläge. Abbildung Seite 157
2598
2594 Mann, Thomas, Schriftsteller, Nobelpreisträger (1875-1955). Eigh. Briefkarte m. U. „Thomas Mann“. 1 S. Mit eigh. Umschlag. Quer-kl. 8vo. (München) 11.IV.1904. 400 € An den Justizrat Bernstein in München. „... Herzlichen Dank für Ihre Mittheilung über die deutsche Montaigne-Ausgabe! Ich werde mir das Buch in nächster Zeit bestellen ...“. - Nicht bei Bürgin-Mayer; bisher nicht bekannt.
2595 - Eigh. Brief m. U. „Thomas Mann“. 1 S. Doppelblatt. Kl. 4to. Zürich, Dolder Grand Hotel, 4.VII.1950. 600 € An Helmut Castagne, später Leiter der Theaterabteilung des S. Fischer Verlags. „... Ich finde das Zögern Dr. Bermanns sehr begreiflich und die Honorierungsvorschläge des Verlages Langewiesche ganz unmöglich. Bei einem so neuen Buch ist ohnedies die Freigabe so vieler Seiten zum Nachdruck nicht leicht zu nehmen. Aber wenigstens müsste ich statt der angebotenen 300 D. Mark (wenn ich recht gerechnet habe) 500 zur Bedingung machen ...“. - Nicht bei Bürgin-Mayer. - Gelocht.
2596 - Frank, Bruno, Schriftsteller, mit Thomas Mann befreundet, emigrierte 1933 (1887-1945). Eigh. Manuskript m. U. „Bruno Frank“. 31/2 S. auf 4 Bl. (Bleistift). Gr. 4to. O. O. 18.XI.1929. 300 € „Glückwunsch an Thomas Mann“. Vollständiger Aufsatz anläßlich der Verleihung des Nobelpreises für Literatur an Thomas Mann. „... Er ist nun vor aller Augen eingereiht in die kleiner Schar seiner [d. h. Deutschlands] Peers. Es ist der Zug, in dem Carducci neben Theodor Mommsen geht, Anatole France neben Hauptmann, Rudyard Kipling neben Knut Hamsun. Es sind ... jene Einzelnen, die einst Kleist mit den Worten angeredet hat: ‚Ihr, deren nächtliche Lampe den ganzen Erdball erhellt!‘ ...“. Mit einigen Verbesserungen im Text. Offenbar für den Abdruck in einer Zeitschrift bestimmt. - Dabei: Derselbe. Eigh. Brief m. U. „Bruno Frank“. 3/4 S. 4to. Feldafing 26.II.1926. - Wohl an die Redaktion des „Uhu“. „... Das Bild von Gias ist ausserordentlich, aber ich bin zur Zeit so abgemüdet und wenig produktiv, dass mir in der kurzen Zeit kaum etwas Gutes einfallen würde ...“.
29
Literatur ________________________________________________________________________________________________________________________________________ Wohl für Elisa von der Recke geschriebenes hübsches Albumblatt: „Schoen waren die Stunden, da die Blüten von Elisas edlem Geiste mich entzückten; schöner der Augenblick, da ich zum erstenmale den reinen Ausdruck ihres edlen Herzens von ihren Lippen hoerte und in ihren Blicken las.“ Abbildung Seite 29
2599 Merkel, Garlieb, deutsch-baltischer Schriftsteller, Kritiker und Publizist, Herausgeber des „Freimüthigen“ in Berlin (1769-1850). Eigh. Brief m. U. „G. Merkel“. 2 S. Doppelblatt mit Adresse und Siegelrest. Berlin 23.I.1805. 600 €
2600
2597 Martens, Kurt, Schriftsteller, Duzfreund Thomas Manns, starb 1945 in Dresden durch Selbstmord (18701945). Eigh. Gedichtmanuskript auf einem Kärtchen m. U. (in Druckbuchstaben:) „Dein Kurt Martens“. Schmal8vo. (14 x 5,5 cm). O. O. u. J. 120 € „Der Chiromant“. 13 Zeilen: „Also spricht der Chiromant: / Kleines Fräulein, woll‘n wir wetten? / Des Kupido Rosenketten / Lese ich aus Ihrer Hand. - ‚Nur vor‘m heil‘gen Ehestand / Wird ein guter Geist Sie retten‘, / Also sprach der Chiromant. / ‚Kleines Fräulein, woll‘n wir wetten?‘ - Ach, in jenem Wunderland / wird man Sie auf Daunen betten! / Viel Bonbons und Cigaretten / Und ein teures Unterpfand / Prophezeit der Chiromant.“
2598 Matthisson, Friedrich von, Dichter, Pädagoge, Vorleser, Privatsekretär der Fürstin Luise von Anhalt-Dessau in Wörlitz, später Geh. Legationsrat, Theaterintendant und Oberbibliothekar in Stuttgart (1761-1831). Eigh. Albumblatt m. U. „Matthisson“. 1 S. Quer-schmal-8vo. Altona 4.III.1794 („auf der Reise“). 350 € 30
An den Musikschriftsteller, Komponisten, Erzähler und Dramatiker Friedrich Rochlitz (1769-1842), Herausgeber der „Allgemeinen musika lischen Zeitung“ in Leipzig. Teilt mit, dass er Rochlitz‘ Wunsch erfüllt habe, einen Artikel über eine „treffliche Zeitschrift“ zu schreiben, und kommentiert seinen Konflikt mit dem Schriftsteller und Satiriker Siegfried August Mahlmann (1771-1826) . „... Ich hoffe, Sie und Göschen sind mit der vollen Gerechtigkeit zufrieden, die ich der trefflichen Zeitschrift widerfahren ließ; kurz mußte ich aber seyn, um Ihrer Äußerung gemäß, desto öfter zu diesem Gegenstande zurückkehren zu können. - Ihre Äußerung über Mahlmann hat mich sonderbar überrascht. Ich habe ihn nicht zuerst angefeindet, - er müßte denn meine durchaus parteilose Rezensionen in meinen Briefen, für Angriffe angesehen haben; - er hingegen hat in seinem Herodes, in der Maske und wo sich eine Gelegenheit fand, gegen mich gesagt, was ihm nur einfiel. Diejenigen seiner Unternehmungen, die in diesem Jahre im Freim.[üthigen] getadelt wurden, schienen mir wirklich nicht lobenswerth, sonst hätte ich nichts Nachtheiliges über sie drucken laßen. - Ich habe keine, nicht die geringste, Feindseligkeit gegen ihn. Hat er Ihre Äußerung veranlaßt, so sagen Sie ihm das, und fügen Sie hinzu, daß es mir angenehm, sehr angenehm seyn würde, unser altes freundschaftliches Verhältniß hergestellt zu sehn. Nur muß er nicht von mir den ersten Schritt dazu erwarten, da ich nicht die Händel angefangen habe. - Spaziers Tod thut mir leid. Die Lit. büßt zwar nichts bey ihm ein, aber seine Familie! Melden Sie mir doch gelegentlich, ob sie auf irgend eine Unterstützung hoffen darf, und glauben Sie, daß ich auf irgend eine - es versteht sich, geheime Weise, zu einem solchen Zweck mitwirken kann, so laßen Sie mich das wissen ...“. - Mahlmanns höchst erfolgreiche Kotzebue-Parodie „Herodes vor Bethlehem“ und die Novelle „Die Maske“ waren beide 1803 in Leipzig erschienen. - Karl Spazier, der Schriftsteller, Komponist, Pädagoge und Redakteur der „Zeitung für die elegante Welt“ war am 19. Januar 1805 in Leipzig verstorben und hatte seine Frau mit vier kleinen Kindern hinterlassen. - Mit Provenienzvermerk (Bleistift) eines früheren Besitzers: „Auction Biedermann (1905)“. - Sehr selten.
2600 Mombert, Alfred, frühexpression. Lyriker und Dramatiker, starb an den Folgen eines KZ-Aufenthalts (1872-1942). Eigh. Gedichtmanuskript m. U. „Alfred Mombert“. 3 S. auf 3 Bl. Gr. 4to. O. O. (ca. 1919). 300 € „Aus Alfred Mombert: Der Held der Erde.“ 21 Zeilen: „Meine Helden-Jugend liegt auf dir, / du in den Himmeln. / Erheb‘ ich: wach: die Hand zum Früh-Gruß: / so lächelst du aus deiner Morgenröte. / Und das Meer schwärmt in der Tiefe auf, / hoch hebt sich die Woge: / zu schauen mich & dich ...“. - Das „Gedicht-Werk“ „Der Held der Erde“ erschien 1919 im Insel-Verlag. Abbildung
________________________________________________________________________________________________________________________ Literatur 2601 Mühsam, Erich, Schriftsteller, revolutionärer Pazifist, im KZ gestorben (1878-1934). Brief m. U. „Erich Müsam“ und eigh. Nachschrift. 1 S. Quer-gr. 8vo. BerlinCharlottenburg 30.V.1926. 300 € An eine Dame in Freiburg i. Br., die nach Büchern und einem Bild von ihm gefragt hatte. „... Mein Gedichtbuch ‚Wüste - Krater - Wolken‘ wird kaum mehr anders als durch ein Antiquariat zu beschaffen sein. Der Kurt Wolff-Verlag in München hat die ganze Auflage leider während der Inflationszeit verschleudert. Mit meinem Bilde erschien 1912 der erste Kain-Kalender; da 1919 die Noske-Truppen die ganzen Vorräte meiner Bücher, soweit sie ihrer habhaft wurden, vernichtet haben, wird dieses Buch wohl noch schwerer zu erlangen sein als das Gedichtbuch. Im vorigen Jahre erschien jedoch im Verlag ‚Der Syndikalist‘ ... eine Auswahl aus meinen Arbeiten: ‚Alarm. Manifeste aus 20 Jahren‘, das auf dem Umschlag der gehefteten Ausgabe mein Kopfporträt trägt. Da ich Ihnen leider keine bessere Auskunft geben kann, erlaube ich mir ein Kartenbild beizulegen ...“. - Das auch hier beiliegende „Kartenbild“, eine Porträtfoto-Postkarte mit eigh. Signatur „Erich Müsam“ und Datum 1926 auf der Bildseite, stammt aus dem Atelier Deyerl in Kassel und zeigt den Schriftsteller in ziemlich dunklem Kopfbild und Halbprofil, den mißtrauischen Blick zum Betrachter gewendet. Abbildung
2602 Müllner, Adolf, Schriftsteller, Publizist und Jurist, neben Z. Werner Hauptvertreter der Gattung des „Schicksalsdramas“, leitete ein berühmtes Liebhaber-Theater in Weißenfels (1774-1829). Eigh. Manuskript mit integriertem Gedicht u. U. „Dr. Müllner“. 1 S. Gr. 4to. Weißenfels 6.IV.1812. 350 € Offenbar an eine Zeitschrift gesandtes Manuskript, das auch gedruckt wurde, aber im einleitenden Text mit erheblichen Eingriffen und Änderungen eines Redakteurs. Müllners ursprünglicher Text der Einleitung lautete: „Wenn mein kleines metrisches Lustspiel: Die Vertrauten, welches am 19. März in Wien zum erstenmal aufgeführt worden ist, einen ungewöhnlichen Beyfall davon getragen hat, wie ich in so großer Entfernung dem Sammler vom 26. März Nr. 37 glauben muß, so bin ich diesen Erfolg unfehlbar weniger meinem als dem Talente der dramatischen Künstler schuldig, welche das Stück dargestellt haben.“ Diesem von einem Redakteur in eine objektivere Form in der dritten Person umgestalteten Vorwort folgt ein 13zeiliges, am Schluß signiertes Gedicht: „Zwar ist die Kunst ihr eigner Dank, / Und was dem Irrdischen entschwungen, / Dem Stoff der Bildner abgerungen, / Und hingezaubert, leicht und schlank, / Als wär es aus dem Nichts gesprungen, / das lohnt, statt aller Huldigungen, / den Künstler tief, in eigner Brust ...“. Und zum Schluß ruft Müllner aus: „... Wie wenig kann der Dichter geben! / Das Wort ist todt; das Spiel gibt Leben.“ - Rückseitig gering fleckig. Abbildung Seite 32
„um 12 noch nicht recht bei Troste“ 2603 Mynona (Pseud. für Salomo Friedlaender), Philosoph, avantgardistischer Schriftsteller und Satiriker, starb im Exil in Frankreich (1871-1946). Brief m. U. „S. Fried laender“. 1 S. Auf bräunlichem Konzeptpapier. Folio. Berlin-Halensee 28.X.1919. 300 €
2601
An einen Herrn Koch, wahrscheinlich den Berliner Medailleur, Bildhauer und Keramiker Leopold Koch (geb. 1890), der an der Unterrichtsanstalt des Staatl. Kunstgewerbemuseums tätig war. „... Sie erweisen mir mit Ihrer liebenswürdigen Aufforderung einen Vorzug, welchen ich intensiv empfinde, und ich danke Ihnen gleichfalls bestens für den vergönnten Katalog. Ich bin grundsätzlich der Ihrige und werde mich freuen, wenn Ihnen meine Verewigung, deren eigenes Zustandebringen mir beträchtlich problematisch ist, nicht nur vermittelst Eisen betons, sondern vor allem durch Ihre Schöpferkraft gelingen sollte. Schwierigkeiten macht mir aber die Anberaumung des Termins: ich ... bitte Sie, mir, wenn es irgend angeht, eine andere, am liebsten nächtliche Tageszeit zu bestimmen. Sie rühmen ja selber in Ihrem Kataloge ‚die grelle Nachtbeleuchtung‘, welche, wie ich urteile, auch charakteristischer für mich ist ... Bedenken Sie, dass ich meistens erst morgens um 4 oder 5 zu Bett gehe und um 12 noch nicht recht bei Troste bin. Meine Toilette nebst Frühstück dauert mindestens zwei Stunden. Ich könnte, falls die Tageszeit unerlässlich ist (was Gott verhüte!) frühestens um 1/2 4 bei Ihnen sein und bringe das Opfer einer früheren Stunde nur, wenn es Ihnen zu Liebe geschehen muss ... Viele Köche, hat man
31
Literatur ________________________________________________________________________________________________________________________________________ ist, daß Sie meine bisherigen Äußerungen der Sympathie für Ihr Beginnen jener literarischen Gattung zuzählen könnten, will ich zunächst mal damit beginnen, daß ich ‚Das Recht der Feder‘ auf ein Jahr bestelle ... Die Art, wie der Verbands-Vorstand mit Ihnen umgesprungen ist, hat mich mit höchstem Befremden erfüllt. Es geht doch nicht an, ein Mitglied wegen bloßen Rückstandes im Entrichten des Beitrages so mir nichts dir nichts auszuschließen! Die 5 oder 600 Verb.-Mitglieder, welche ‚Das Recht der Feder‘ nicht lesen, wissen vielleicht noch heute nicht, wie die Dinge liegen, und können vermuthen, daß Ihrer ohne jede Erklärung trocken angezeigten ‚Ausschließung‘ irgend ein Vergehen gegen die Ehre zu Grunde liegt. Wenn ein Berliner Verb.-Mitgl. die Sache weiter verfolgen will (und das scheint mir geboten), so bin ich bereit, ihm Vollmacht zu geben, daß es auch in meinem Namen spreche ... Zu Ihrer gerichtlichen Verfolgung beglückwünsche ich Sie. Sie kann Ihnen und den flotten ‚Ketzerbriefen‘ nur nutzen. Sie wissen wohl schon, daß die letzte Nummer der hiesigen (sehr angesehenen) Revue bleue sie sehr freundlich und ausführlich bespricht ...“. - Martin Hildebrandts „Ketzer-Briefe“ erschienen 1891 im Berliner Winser-Verlag. Der Autor war nicht nur Herausgeber und Redakteur vom „Recht der Feder“, sondern auch Geschäftsführer der „Deutschen Schriftsteller-Genossenschaft“. Der genannte „Verband“, der ihn so kurzerhand ausgeschlossen hatte, war der konkurrierende 1887 gegründete „Deutsche Schriftstellerverband“ in Berlin. - Kleine Spuren ehemaliger Montage.
2605 Olden, Balder, Journalist, Schriftsteller und Literaturkritiker, ging 1933 ins Exil (1882-1949, starb durch Selbstmord). Brief m. U. „Balder Olden“. 1 S. Gr. 4to. Davos 3.I.1927. 180 € 2602
mir gesagt, verderben den Brei: der Eine aber nicht einmal den eisernsten Stein, zumal er mich in den Besitz einer eisernen Stirn setzt, welche ich schon antizipieren musste, um Ihnen, statt mich Ihnen bedingungslos begeistert zu überlassen, so eklige Bedingungen zu stellen ...“. - Faltenrisse unauffällig unterlegt. - Die durchaus originelle Persönlichkeit dieses Philosophen und Satirikers macht sich seltsamerweise bisher auf dem Autographenmarkt kaum durch besonderes Interesse und höhere Preise bemerkbar. Die Berliner Akademie der Künste bewahrt Fried laenders Nachlass.
An Friedrich Kroner, den Chefredakteur der Zeitschrift „Uhu“ aus dem Ullstein-Verlag. „... Ich schicke dieser Tage einen grossen Teil Romanmanuskript an Krell [d. i. Max Krell, Lektor bei Ullstein] und komme ein paar Tage später wieder nach Berlin, denn es hat sich leider herausgestellt, dass ich für den Rest noch ein paar alte Zeitungen der Bibliothek lesen muss. - In Sachen Rutra gegen Thormann ist es Rutra leider gelungen, Sie zu blüffen. Was ich an Balzac-Material verarbeitet habe, steht u. a. in den Memoiren der Herzogin von Abrantes und ist keineswegs Rutras geistiges Eigentum. - [Paul] Wiegler, der eine prachtvolle Skizze über die selbe Episode geschrieben hat, kannte dies Material gleichfalls. Neu waren nur die Juwelier-etc. Rechnungen, die aber Marcel Buderon gehören, und für die Dr. Rutra geistiges Eigentumsrecht nicht besitzen kann. - Spielen Sie mit diesem Herrn nie Poker! ...“.
2604 Nordau, Max (eigentl. M. Südfeld), Schriftsteller, Publizist, Mitbegründer des politischen Zionismus (18491923). Eigh. Brief m. U. „M. Nordau“. 4 S. 8vo. Paris 20.XI. 1891. 300 €
2606 Panizza, Oskar, Schriftsteller und Arzt, Satiriker, Lyriker, Dramatiker und Polemiker, nach Zunahme provozierender Schriften ins Gefängnis und schließlich in eine Irrenanstalt verbracht (1853-1921). Eigh. Postkarte m. U. „Oskar Panizza“. 1 S. Paris 12.V.1904. 400 €
An den (nicht genannten) politischen Schriftsteller Martin Hildebrandt (1854-1925) in Berlin, der ihn für den Beitritt zur neu gegründeten (16. Okt. 1891) „Deutschen Schriftsteller-Genossenschaft“ gewinnen will, unter deren Ägide die Zeitschrift „Das Recht der Feder“ erschien. „... Es sind in der letzten Zeit einige Umstände eingetreten, die es mir in der That noch nicht möglich machen, in Betreff meines Beitritts zur Genossenschaft einen Entschluß zu fassen. Da ich aber nichts so hasse wie glatte Höflichkeitsfloskeln und der Gedanke mir unausstehlich
An die Druckerei Drugulin in Leipzig. „... Ich sende Ihnen mit gleicher Post MS. zu einer leider etwas umfangreich gewordenen Disk. ‚Wechsel von Sonne und Mond‘. Ich eilte mit der Arbeit s. Z. zu Ende, weil ich hier eine gewaltsame Unterbrechung fürchtete. Als diese nicht eintrat, machte ich mich neuerdings an Ergänzungen und beßere Quellendurchsicht; daher die ... Klebereien und Zetteleien, wegen deren Beachtung ich Ihre Setzer und ... Hauskorektoren um Entschuldigung bitten muß. Eine Korektur grade dieser rein mitologischen Arbeit wäre mir sehr er-
32
________________________________________________________________________________________________________________________ Literatur wünscht, weil ich mich in meinen späteren Studjen auf sie zu beziehen gedachte. Klischees erhalten Sie aus München ...“. - Nach Entlassung aus seinem zweiten Gefängnisaufenthalt war Panizza wieder nach Paris geflohen; doch kehrte er im Jahr dieser Postkarte nach München zurück, wo er in psychiatrische Behandlung kam, die 1905 zu seiner endgültigen Verbringung in die Irrenanstalt „Herzogshöhe“ bei Bayreuth führte. - Das Manuskript, das offenbar die Reihe der „Zürcher Diskußjonen“ fortsetzen sollte, ist zu Panizzas Lebzeiten nicht erschienen. - Die Schriftseite mit Poststempel-Spuren.
„Meine Armuth ...“ 2607 Pfeffel, Gottlieb Konrad, elsässisch-dt. Dichter und Schriftsteller, mit 22 Jahre nahezu erblindet, Militärwissenschaftler, Gründer einer Militär-Akademie in Colmar, Ehrenmitglied der Bayerischen Akademie der Wissenschaften (1736-1809). Diktierter Brief mit eigh. Unterschrift „Pfeffel“. 2 S. 8vo. Colmar 12.II.1797. 300 € In der Handschrift der Ehefrau des 1758 erblindeten Dichters an den Herausgeber eines Taschenbuchs, das er „mit dankbarem Vergnügen“ gelesen habe. „... Ich erhielt es erst vor wenig Tagen, da der Herr Serafim, an den das Päkchen von einer fremden Hand adressiert war, sich unter dem Monde nicht wollte finden lassen. Endlich öffnete es der Buchhändler ... und fand auf Ihrem Briefe die wahre Aufschrift: an Jacob Sarasin, worauf er es meinem Sohne, der bey unsrer Gesandschaft in Basel steht, mit vielen Entschuldigungen zustellte. - Meine Armuth und meine Verbindungen mit der Cottaischen Buchhandlung erlauben mir nicht, für Ihren künftigen Almanach mehr als beykommende Kleinigkeiten anzubieten. Die neue vermehrte Außgabe meiner Gedichte muß ich biß auf den Frieden verschieben, der hoffentlich nicht mehr fern seyn wird. Indeßen danke ich Ihnen herzlich für Ihr gütiges Anerbieten, sich der Subscription anzunehmen und werde es zu seiner Zeit mit dem Zutrauen der Freundschaft benutzen. Die Revolution hat mich um die Hälfte meiner Capitalien gebracht, die treulose Schuldner mir in Papier zurück bezahlten als es 9/10 seines Werthes verlohren hatte, und es wäre ein kleiner Ersatz für meine Kinder wenn meine litterarischen Arbeiten mir etwas -“. Hier bricht der Satz ab, und es folgen nur noch die Grußformel („Ich umarme Sie mit der innigsten Werthschätzung“) und der eigenhändige Namenszug. - Der erwähnte Baseler Seidenhändler Jacob Sarasin (1742-1802) pflegte Kontakte und Freundschaften zu zahlreichen Vertretern der Aufklärung und des Sturm und Drang, und sein „Weißes Haus“ in Basel bildete einen vielbesuchten kulturellen Mittelpunkt für deutschsprachige Schriftsteller. - Leicht fleckig; geringfügige Randläsuren. - Beiliegend ein zeitgenöss. Manuskript mit dem ersten Drittel einer längeren Ballade von Pfeffel: „Alarich und Stella. Ein Mährchen von Pfeffel. Erster Gesang“. 2 S., enthaltend 16 Strophen zu je 8 Zeilen. Folio. O. O. u. J. - Der erste von drei Gesängen, erschienen u. a. in: „Poetische Versuche“. 10. Teil, Tübingen 1810; vorher auch schon in „Triumph des Witzes und der Laune“, Wien 1809.- Ferner 2 gestoch. Bildnisse Pfeffels. - Selten. Abbildung
2608 Pückler-Muskau, Herrmann Fürst von, Landschafts architekt, Gartenkünstler, Generalleutnant, Weltreisender und Schriftsteller (1785-1871). Eigh. Brief ohne Unterschrift, jedoch mit Adresse. 1 S. 4to. (Dresden, Mai 1818). 400 €
2607
An die Arnoldische Buchhandlung in Dresden. „Nicht schriftlich, sondern mündlich u. sehr ausführlich habe ich Ihnen vor mehreren Monaten hier in Dresden gesagt, daß ich die französischen Bücher abbestellte, da sie zu lange ausblieben. Darauf habe ich dennoch einen bedeutenden Transport derselben, die biographie universelle erhalten und angenommen, weil ich voraussezte daß Sie nicht Zeit gehabt hätten meinen Auftrag zu erfüllen. Ein anderes ist es aber mit diesem jüngsten Transport, den ich nicht annehmen kann ...“. Da er aus Dresden abreise, bittet er die für ihn ankommenden Journale nach Muskau an den Intendanten Wolff zu schicken. - Die „Biographie universelle, ancienne et moder ne“, herausgegeben von Louis Gabriel Michaud, erschien in 85 Bänden von 1811 bis 1862. - Dem seit dessen Kindheit mit Pückler befreundeten Intendanten L. T. H. Wolff unterstand die gesamte Schloßverwaltung in Muskau. - Etwas tintenfleckig und mit kleinem Rand-Ausriss vom Öffnen der Versiegelung. - Dabei: Seine (hier bereits geschiedene) Ehefrau, Lucie Fürstin von Pückler-Muskau, geb. von Hardenberg, geschiedene von Pappenheim (1776-1854). Eigh. Brief m. U. „Fürstin von Pückler Mußkau“. 1 S. Doppelblatt mit Adresse und Siegel. 4to. Berlin
33
Literatur ________________________________________________________________________________________________________________________________________ „trotz allem Blech und Kohl in der Welt“ 2610 Raabe, Wilhelm, bedeutender Erzähler (18311910). Eigh. Brief m. U. „ Wilh Raabe“. 1 S. Gr. 8vo. Braunschweig 22.X.1888. 450 € An (den nicht genannten) Adolf Glaser, Herausgeber von „Westermann‘s Monatsheften“ in Braunschweig. „... Nach beendigter letzter Durchsicht des Manuscripts übersende ich hiemit die Erzählung: Der Lar; eine OsterPfingst- Weihnachts- und Neujahrs-Geschichte, - indem ich hoffe, daß das Publikum der Monatshefte dießmal nicht ungern aus ihr die Überzeugung gewinnen werde, daß trotz allem Blech und Kohl in der Welt, die Menschheit sich stets in gewohnter Weise gemüthlich von Neuem herstellt. - Mit dem Wunsche, daß auch Ihnen das Werk Freude mache, bitte ich um gelegentliche Übermittelung der Verlagscontracte zur Unterschrift ...“. - Leichte Knickspuren.
2611
2611 - Eigh. Albumblatt m. U. „Wilh Raabe“. 1 S. Quer8vo. Braunschweig 16.V.1882. 200 € Für eine Autographen-Sammlerin geschrieben: „Liebes Fräulein! Wie der Rabe, so seine Feder. - Mit freundlichem Gruß, Wilh Raabe“. - Kl. Einrisse am unteren Rand unauffällig unterlegt. Abbildung
19.V.1840. - An den Justizrat Bennewitz in Berlin. Bittet um seinen Besuch, um eine juristische Angelegenheit „einige Augenblicke“ zu besprechen. „... darf ich Sie bitten, mir die Ehre Ihres Besuchs zu gönnen, und mir die Stunde gefälligst zu bestimmen, wo ich Sie erwarten könnte: indem ich bemerke, daß von 1 Uhr ab ich ganz zu Ihrer Disposition, mit meiner Zeit stehe ...“. - Mit blindgeprägtem Wappen im Briefkopf.
2609 - Schefer, Leopold, Schriftsteller und Komponist, Generalverwalter der Güter des Fürsten Pückler (17841862). Eigh. Brief m. U. „Leopold Schefer“ und Adresse. 1 S. 4to. Muskau 15.VIII.1838. 180 € An den 24jährigen Schriftsteller und Publizisten Robert Heller (18141871) in Leipzig, der Schefer seinen Entschluß mitgeteilt hatte, eine literarische Zeitschrift „Rosen“ herauszugeben. Schefer rät ab: „... Ich habe jetzt vor 2 Jahren Ihr Manuscript der Eroberung von Jerusalem ... besprochen - und nach solchen Erwartungen und seit der Zeit noch gelungneren Leistungen werden Sie Redacteur? Lieber, geehrter junger Deutscher Lebensgenosse - thun Sie nicht Sünde damit? Denn das kostet das Leben und Leben ist die junge Kraft, die Schöpferlust, ja die Heiterkeit und den fernern guten Muth. Der Entschlossene aber muß nichts. Wie gern gönnte ich oder verschaffte Ihnen Musse. Ich bitte Sie, erhalte[n] Sie Ihr inneres Leben, die Kraft zu eignen, mit ganzem Wollen vollbrachten Werken ...“. - Das Periodicum „Rosen. Eine Zeitschrift für die gebildete Welt“ erreichte, später von George Hesekiel redigiert, immerhin 11 Jahrgänge. Hellers Novelle „Die Eroberung von Jerusalem“ war 1837 bei Arnold in Dresden erschienen. Der dem Jungen Deutschland nahestehende Autor wurde durchaus ein erfolgreicher Journalist: zuletzt war er zwanzig Jahre lang Feuilleton-Redakteur der „Hambur ger Nachrichten“. - Kleine Randschäden, teils durch Öffnen der Versiegelung.
34
2612 - Brandes, Wilhelm, Schriftsteller, enger Freund und Biograph Wilhelm Raabes (1854-1928). 2 eigh. Biefe mit U. Zus. ca. 4 Seiten. Doppelblätter. Mit 1 Umschlag. 8vo. Wolfenbüttel 10.III.1915 und 16.IV.1927. 200 € An den Schriftsteller Wilhelm Kolbe. - I. „... Es ist schön, daß Sie den Brief Wilhelm Raabes an den Pegnesischen Blumenorden in den Mo natsheften veröffentlichen wollen, ich erinnere mich noch, daß ihm die Aufnahme als Ehrenmitglied des Ordens Freude gemacht hat, und bin von vornherein überzeugt, daß der Dankbrief, den er darauf an die Gesellschaft gerichtet hat, manches Hübsche und nichts enthält, was er nicht auch der Welt hätte mitteilen können. Man kann eigentlich alle seine Briefe, auch die persönlichsten, unbedenklich drucken ...“. - Ferner sehr ausführlich über Gustav Frenssens „Bismarck“: „Was kann erstens ein Homer dafür, daß einer, der alles andere eher ist als ein Homeride, sich einbildet, er könnte dem deutschen Volke ein Heldengedicht in Hexametern schenken, das sowas wie eine deutsche Ilias wäre? ...“. - Sehr interessantes Schreiben über Heldenepen. - II. „... Ihrer freundlichen Einladung zur Mitarbeit an Ihrem Nordhäuser Jubiläumsunternehmen ... würde ich gern nachkommen ... Aber Beziehungen zu Nordhausen habe ich nie gehabt ...“.
2613 Ramler, Karl Wilhelm, Schriftsteller, Anakreon tiker, Mitdirektor des Berliner Nationaltheaters (17251798). Eigh. Brief m. U. „Ramler“. 4 S. 4to. Berlin 4.IV. 1756. 750 € An einen befreundeten Schriftsteller (G. A. Breitenbauch?), der ihm den Tod eines Bruders mitgeteilt hatte. Ramler sucht zu trösten und rät: „... Wir wollen uns auf den Tod unsrer Freunde eben so gefaßt
________________________________________________________________________________________________________________________ Literatur halten, als wir es auf unsern eigenen Tod thun. Der Todte fühlt keinen Kummer mehr, soll der lebende unglücklicher seyn, als der Todte? - Wollen Sie sich ein wenig zerstreuen, so habe ich Ihnen hier ein Mittel dazu vorzuschlagen. Herr Voß will Xenophons Cyropedie übersetzen laßen. Er weiß es, daß keine Feder in beyden Sprachen geschickter dazu ist, als die Ihrige. Er läßt Sie also fragen, ob Sie diese Arbeit wol übernehmen wolten. Er muß Ihnen das griechische Original mit der lat. Übersetzung, und will Ihnen auch die Frantzösische dazu schicken. Ich selbst kan Ihnen die Italienische Verschaffen und wenn eine englische heraus ist, so wird sie unser lieber Gleim auftreiben, er, der alles auftreiben kan. Sie kennen die Cyropedie, dieses Magazin von Moral und Kinderzucht, von Kriegeskunst und Politick, beßer als ich: also wißen Sie schon daß Ihnen eine Übersetzung davon in allerley Verstande Ehre machen muß. Die Frantzösische von Charpentier hält 320 Seten in Octav, aber ungedruckt. Wenn Sie das Original dort selber haben, so belieben Sie doch den Preis zu überschlagen, den Sie dem Verleger setzen wollen und schreiben ihn mir, damit ich bey ihm ins Haus horchen kan. Mei Rath wäre, nicht bogenweise zu fodern, damit man Ihnen nicht anderthalb griechische Bogen auf Einen deutschen druckt, sondern für das ganze Werck etwas festzusetzen, welches er hernach drucken mag, wie er will. Wenn Autor und Verleger eins sind, so können Sie einen schriftlichen Contract mit ihm machen. Man muß mit Handelsleuten umgehen wie ein Handelsmann ... Seitdem Sie nicht mehr hier sind, kan keine fröliche Gesellschaft zusammen gebracht werden. Jetzt vermißen Sie alle, auch die allerverstocktesten ...“. - Mit „Herrn Voß“ ist der Berliner Verleger Christian Friedrich Voß gemeint. - Stellenweise leicht braunfleckig; Bezifferung mit blass roter Tinte aus einer alten Autographensammlung. - So früh selten.
2614 Recke, Elisa von der, geb. Charlotte Reichsgräfin von Medem, Schriftstellerin, Mittelpunkt literarischer Salons in Berlin, Dresden etc. (1754-1833). Quittung mit eigh. Unterschrift „Elisa von der Recke geborne Gräfin von Medem“. 1 S. Schmal-quer-4to. Dresden 3.X.1810. 150 € „Fünf Hundert Thaler ... von den Herren Heinrich Wilhelm Bassenge & Co für Rechnung und nach Auftrag des Herrn Hofrath Parthey in Berlin richtig empfangen zu haben bescheinige hiermit doppelt nur für einfach gültig ...“. - Der mit Elisa lebenslang befreundete Musiker und Hofrat Daniel Friedrich Parthey, Schwiegersohn Friedrich Nicolais, übernahm ab 1811 die Leitung der Nicolaischen Buchhandlung in Berlin.
2615 Reicher, Otto, steirischer Historiker, Professor für Museumskunde an der Universität Graz (1887-1963). Briefwechsel mit dem ihm befreundeten Übersetzer und Schriftsteller Johannes von Guenther. 32 Briefe und Postkarten von Reicher sowie 35 typograph. Durchschriften der Gegenbriefe J. von Guenthers. Verschiedene Formate. Eggenberg und Graz 5.IV.1956 bis 23.VII.1960. 600 € Inhaltsreiche, freundschaftliche Korrespondenz über Literatur, beiderseitige Aktivitäten und kulturelle Ereignisse. Von Reicher liegen vor: 28 eigh. Briefe, 3 eigh. Postkarten und 1 masch. Brief, in merkwürdig veränderlicher, aber stets sehr dekorativer Handschrift, oft nur mit „OR“ oder „O“ unterzeichnet (zus. ca 59 Seiten). Reicher hatte den jungen v. Guenther bei der Entführung seiner Braut Elsie Wood aus England nach Graz unterstützt und so eine Lebensfreundschaft begründet.
1954-1963 war er Honorarprofessor für Museumskunde an der Universität Graz (vgl. J. von Guenther, „Leben im Ostwind“ S. 183, 460-64, 475 u. ö). - Beiliegen: 35 Typoskript-Durchschläge der Gegenbriefe J. von Guenthers sowie 2 weitere Beilagen.
2616 Reimann, Hans, Satiriker, Parodist, Erzähler und Feuilletonist, teils in sächs. Mundart (1889-1969). Eigh. Brief m. U. „Hans Reimann“. 1 S. Mit gedrucktem Briefkopf. 4to. Leipzig 21.VII. (ca 1920). 90 € Scherzhafter Brief an den Verleger und Bibliophilen Hans von Weber, Herausgeber der Zeitschrift „Der Zwiebelfisch“. „Lieber Herr Genosse von Weber! Auf Grund des Pressgesetzes vom 28. April 1742 § Z 74B / C III [etc] ersuche ich Sie höflichst, die beiliegende Erklärung in Ihrer Zeitschrift ‚Der Fiebelzwisch“ [!] aufzunehmen. (Übrigens: Können Sie mir die Vermählungs-Anzeige besorgen? Ich finde sie nich.) ...“. - Auf etwas vergilbtem Nachkriegspapier.
2617 - 2 eigh. Karten (1 Post-, 1 Brief-Karte) m. U. „Hans Reimann“. Zus. 21/2 S. Mit einer aquarellierten Federzeichnung. Quer-8vo. 1928 und (1924?). 120 € Ohne Adressat. Die Postkarte zeigt auf der Textseite eine Karikatur in aquarellierter Original-Federzeichnung, die Hans Reimann in roter Badehose im Wasser stehend zeigt, im Dialog mit einem großen Hai. Die Zeichnung ist undeutlich signiert („Sändör“ ?). Die Adressenseite enthält nur einen „herzlichen Gruss“ von Hans Reimann und das Datum „Altwarp 16.VIII.1928“. - Die zweite Karte mit Bleistift: „Haben Sie Sonne im Herzen! Der Herbst ist da. Auch Hildach musste dahin ...“. Der Münchener Sänger und Komponist volkstümlicher Lieder Eugen Hildach starb 1924. - Die Postkarte gelocht. Abbildung Seite 36
2618 Reisiger, Hans, Schriftsteller und Übersetzer (18841968). 4 eigh. Briefe mit U. „Hans Reisiger“ bzw. „H. R.“. Zus. 5 S. Gr. 4to und quer-gr. 8vo. (München und Garmisch-Partenkirchen) 3.II. - 25.XI.1959. 180 € An den Übersetzer und Schriftsteller Johannes von Guenther. Über Literatur, eine Gedichtanthologie Guenthers und dessen Übersetzungen sowie Reisigers 75. Geburtstag. Erwähnt Katia und Erika Mann. - Beiliegen: 2 Typoskript-Durchschläge der Gegenbriefe J. von Guenthers.
2619 Rolland, Romain, französ. Schriftsteller, Nobelpreisträger, Musikhistoriker, Biograph und deutschfreundlicher Pazifist (1866-1944). Eigh. Brief (Fragment) ohne Unterschrift. 4 S. Gr. 8vo. Villeneuve (Vaud), Villa Olga, 22.V.1923. 300 € Umfangreicher, wichtiger Brief an Lucas-Thomas Gibbes vom Verlag Librairie Ollendorff. Ausführlich über mehrere seiner Publikationen und deren Illustratoren: Colas Breugnon, Jean Christophe, Les Pré
35
Literatur ________________________________________________________________________________________________________________________________________ traductions d‘une façon décisoire. Il faut pouvoir offrir des traductions vraiment exactes et artistiques, ou ce n‘est pas la peine de s‘en occuper; et l‘on doit savoir quel paiement peut être offert. - D‘autre part, aucun grand auteur étranger ne traitera, pour une traduction, sans un à-valoir payable d‘avance, et dont l‘importance varie avec la notoriété de l‘auteur. Soyez sur qu‘un Wells, par exemple, sait admirablement veiller à ses affaires! - A ce propos, nous serions bien aises, ma soeur et moi, de savoir la question du Nouveau Machiavell enfin tranchée. Car si cela ne s‘arrangeait pas avec la librairie Oldendorff, une autre maison s‘y intéressait certainement ...“. - Es fehlt der Schluß des Briefes mit der Unterschrift.
2617
courseurs und Berisson ardent. Ferner über Projekte seiner Schwester Madeleine Rolland, die plane, H. G. Wells‘ „The new Machiavelli“ zu übersetzen und eine Verlagsreihe mit Übersetzungen zu starten. Er, Rolland, sei nach Villeneuve an seinen Arbeitsplatz zurückgekehrt, nachdem er wegen einer verschleppten Bronchitis einige Tage das Bett hatte hüten müssen. Er kündigt den Besuch des Illustrators Gabriel Belot in Clamécy an mit der Bitte, diesen bei seinem Aufenthalt drei bis vier Tage zu unterstützen. Das sei von Nutzen, um den Illustrationen zu Rollands Roman Colas Breugnon [er erschien 1924] den notwendigen lebendigen umd malerischen Charakter zu verleihen: „... C‘est tout à fait utile, pour donner à l‘illustration de Colas Breugnon un caractère vivant et pittoresque. (et ces croquis, pris sur place intéressant le public français, particulièrement de ces provinces du centre où il faut que Colas devienne populaire). J‘ai envoyé à Belot quelques indications pour son logement et ses promenades à Clamécy; et il trouvera, à Clamécy, un guide dans le libraire Lahaussois (dont vous ferez bien de prendre l‘adresse, pour le lancement de Colas dans les pays nivernais.) - En second lieu, je désire beaucoup que l‘édition Jean Christophe [Frans] Masereel soit une affaire conclue au plus tôt, et que Masereel se mette aussitôt au travail. De tous le projets qui me concernent, c‘est celui qui me tient le plus à coeur. Et je sais avec certitude que nul me fera plus honneur à la librairie Ollendorff. - Vous m‘avez parlé de diverses réimpressions de l‘édition en 10 vol. de Jean Christophe. Je n‘ai plus entendu parler de rien. Ont-elles été faites? - Je n‘ai pu encore classer le morceau d‘imprimés, que j‘ai trouvés en rentrant ici. Je pense qu‘un exemplaire des Précourseurs s‘y trouve, ainsi que les épreuves du Berisson ardent. Je vais m‘occuper de l‘un et de l‘autre. Pour les Précurseurs, je supprimerai certains articles et j‘en voudrais d‘autres. Au reste, cette réimpression est moins pressée que le reste. - Il est regrettable qu‘il n‘y ait rien à faire pour la revue Europe, qui satisfait pleinement ses éditeurs actuels. Mais il n‘est pas dit qu‘on ne puisse, un peu plus tard, envisager un autre projet. Soit en elargissant la revue, de compte à demi avec les éditeurs. Soit de quelque autre façon. (Au cours de mon entretien avec Wells, à Londres, il avait jeté, en passant, l‘idée d‘une revue internationale en deux langues, l‘anglais et le français ... Simple idée, mais chez Wells, la réalisation suit de près la pensée). - Ma soeur vous répondra, au sujet du projet de la collection de traductions étrangères. Je ne crois pas que le projet la satisfasse. Il y a notamment la question des traductions, et de leur rémuneration, qui demande plus de précisions. On ne peut plus, comme autrefois, rétribuer les
36
2620 Rosegger, Peter, österr. Schriftsteller und Publizist, Hrsg. der Zeitschrift „Heimgarten“ (1843-1918). Eigh. Brief m. U. „Rosegger“. 1 S. Mit Briefkopf „Heimgarten, Graz“. Gr. 8vo. Graz 15.XII.1904. 120 € An einen befreundeten Redakteur und Schriftsteller. „... Es ist nichts ganz Unbedeutendes, was ich Dir für Eure Weihnachts-, oder auch Neujahrsnummer zu schicken habe. Wenn es auch nicht gerade Deiner vorgefaßten Absicht entsprechen sollte, so wird Dir das Artikelchen hoffentlich doch recht sein. Da mir alle Festlichkeiten mit hohlem Pathos herzlich zuwider sind, andrerseits die Feststimmung guter Humus für gemeinnützige Thaten ist, so möchte ich das Schillerjahr gerne unserem Deutschen Schulverein zu Nutze machen. Darauf bezieht sich Beifolgendes ... Für eine nächste Mußestunde habe ich mir Dein neues Büchel vorbereitet“. - Der genannte Aufsatz liegt hier nicht mehr bei, stattdessen ein eigh. Umschlag mit der Aufschrift „Liebe. Gedichte von Peter Rosegger“. - Der Brief an den Rändern stärker geknittert und mit kleinen Einrissen versehen, so dass diese rückseitig mit Transparentpapier alt unterlegt sind.
2621 Roth, Joseph, österr. Schriftsteller (1894-1939). Eigh. Manuskript mit Namenszug „Joseph Roth“ beim Titel. 11/2 S. auf 2 Bl., in Roths bekannt mikroskopisch kleiner Schrift (Tinte und Bleistift auf liniiertem Papier). 4to. O. O. (wohl 1930). 6.000 € „Kritisches Tagebuch“. Vollständige, umfang- und gedankenreiche, wortmächtige Rezension von Annette Kolbs Buch „Kleine Fanfare“, das 1930 bei Rowohlt erschienen war: „In ihrem jüngsten Buch erzählt Annette Kolb von Menschen, Städten, Begegnungen. Während ich ihre Zeilen las, erschienen sie mir eher geschmiedet als geschrieben, geschmeidig und immer noch warm von der Glut, in der sie Guß und Formung erfahren hatten. An Waffen erinnerten sie mich, diese Sätze. Und es war mir, als berichte [er] von seinen Turnieren, deren er so viele mitgemacht hat, der einzige weibliche Ritter unserer Litteratur. Frau Annette Kolb ficht, wenn sie schreibt. Sie macht einen Ausfall, sie pariert einen Angriff. Sie hat viel zu verteidigen und Vieles anzugreifen. Denn sie liebt Vieles: Mit jener ritterlichen Liebe, die den Degen zieht, wenn das Herz es befiehlt; und sie verachtet Vieles: mit jener ritterlichen Verachtung, die das Verächtliche umbringt, noch ehe es den Gnadenstoß erhalten hat. Kleine Fanfare, die von wichtigen Turnieren kündet, kleine große Fanfare ...“. Anläßlich eines Kapitels über Isabella die Katholische und eines Ausspruchs von ihr: „Ich komme mit solchen Leuten nie zusammen“, schreibt Roth: „... Mit solchen Leuten kommen wir leider täglich zusammen, seitdem der Fortschritt den Schlagriemen schwingt und der Radikalis-
________________________________________________________________________________________________________________________ Literatur
2621
37
Literatur ________________________________________________________________________________________________________________________________________ mus der Barbaren, bei denen Rechts und Links das Gleiche ist, das gottlose Reich errichtet und der Menschlichkeit spottet. Dennoch ist all den Gasmasken unverzüglich der Garaus gemacht, wenn ein Mensch, wie Annette Kolb, von ihnen als von ‚solchen Leuten‘ spricht. Einer der Augenblicke, in dem die Noblesse des Privatmenschen identisch wird mit der stilistischen Schlagkraft des Schriftstellers. Im Nu, und sozusagen in weniger als einem Nu, im Bruchteil eines Nu, sind die muskelstrotzenden Box-Gespenster der Schlagriemen-Zivilisation zurückgejagt in die heimischen Urgründe ihres barbarischen Heidentums ... Jeder, mit dem diese Frau zusammenkommt, erwirbt zu dem Adel, den er besitzt und der die Voraussetzung seiner Begegnung mit der Schriftstellerin ist, noch die adelnde Auszeichnung, mit distanzierender Liebe beschrieben zu werden: Adolf Hildebrand, Alexander Hohenlohe, Romain Rolland, Gerhart Hauptmann, Kurt Eisner, Monseigneur Duchesne, Busoni, Toscanini, der Maler Habermann und manche andere aus dem engen Kreis, innerhalb dessen die paar Edlen verschanzt sind, die letzten lebendigen und verstorbenen Helden einer mächtigen und bedrängten Festung ...“. - Zum Schluß die Bemerkung: „Ich wünschte, ich besäße die kreuzbrave Gradheit jener Rezensenten, die schreiben können: ich nahm das Buch in die Hand und konnte es nicht wieder weglegen. Man gestatte mir dieses Zitat. Es entspricht vollkommen den Tatsachen und ist wirksam, wie man sagt. Für dieses Buch riskiere ich gern eine etwas blamable Anleihe.“ - Mit zahlreichen Streichungen, Verbesserungen und Einschüben. - Einrisse in der Querfalte unauffällig unterlegt. - Solche vollständigen Manuskripte von Joseph Roth sind im Autographenhandel sehr selten geworden. Abbildung Seite 37
2622 Ruederer, Josef, Münchener Dramatiker, Erzähler und und Mitbegründer des dortigen Intimen Theaters (1861-1915). Eigh. Brief m. U. „Josef Ruederer“. 3 S. Kl. 4to. Oberammergau 21.VI.1905. 120 € An eine „gnädige Frau“. „... Am 29. also findet hier die feierliche Einweihung meiner Hütte statt. Ich erlaube mir, nachdem Ihrem Herrn Gemahl die offizielle Einladung bereits zugegangen ist, Ihnen hiemit noch eine ganz spezielle zu senden und der Hoffnung Ausdruck zu geben, es moege mir vergoennt sein, Sie hier sicher begrüssen zu dürfen ...“.
2623 Saar, Ferdinand von, österr. Schriftsteller, bedeutender Erzähler (1833-1906, starb durch Selbstmord). Eigh. Manuskript eines Dramenfragments, mit nachträglicher Widmung u. U. „Ferdinand von Saar“. 12/3 S., halbspaltig eng beschrieben. Gr. folio. Döbling 31.X.1869. 450 € Erste Niederschrift vom Anfang des erst 1875 veröffentlichten Trauerspiels „Die Beiden de Witt“. Mit mehreren Streichungen und Verbesserungen. „Erster Akt. Ein Platz im Haag. Es ist Nacht. Rechts mit einigen angrenzenden Häusern und erleuchteten Fenstern die Taverne zum Delphin, aus deren Innerem beim Aufziehen des Vorhanges wüster Lärm erschallt und mehr und minder gedämpft, die ganze erste Scene hindurch fortdauert. - Erste Scene. Johann Bareel und Junker van der Mögel treten im Dunkeln auf ...“. Der Text umfaßt die gesamte dialogreiche erste Szene. Darunter die Widmung: „Hasi (?) Max zur freund lichen Erinnerung. Döbling 31 Oktober 1869. Ferdinand von Saar“. Faltenrisse; mehrere Wasserflecken. Abbildung
2623
38
________________________________________________________________________________________________________________________ Literatur
2624
2624 Sand, George, (d. i. Amantine Lucile Aurore Dupin, Baronin Dudevant), französ. Schriftstellerin, befreundet mit vielen großen Musikern und Schriftstellern (18041876). Eigh. Brief ohne Unterschrift. 3 S., eng beschrieben. Mit Adresse. Gr. 8vo. Schloß Mohant 17.IX. (1821). 900 € Umfangreicher Brief der 17jährigen an ihre Internatsfreundin Émilie de Wismes (1804-1862) in Angers. Erklärt die Verspätung ihres Schreibens und bedankt sich: „... Tu es bien-gentille Chère amie de m‘avoir envoyé l‘adresse de mon Isabelle. Je lui ai écrit et j‘ai reçu d‘elle la lettre la plus aimable: tu sais que c‘est une de mes anciennes amies, juge quel plaisir tu m‘as fait! ... Tes lettres sont si gentilles! J‘aime à te suivre dans tes récits. je te vois d‘ici, comme au Convent faisant de l‘esprit avec un grand sange froid et disant des choses charmantes avec ton petit air tranquille et posé. Je donnerais bien ... mais je ne sais pas quoi, comme on dit au Convent, pour te voir. Il me prend quelques fois des envies quand je suis à cheval de tourner la bride de Colette [ihres Pferdes] vers la route d‘Angers et je ne sais à quoi il tient que je n‘arrive en Bradamante et que tu ne me voies apparaître comme un revenant ... dans les ruines du Convent. - j‘ai si trois heures de la figure de ton cheval avec ton voile
et ton chapeau. Toute la journée je croyais voir devant moi cette bonne physiognomie ...“. Erzählt dann von ihrem jungen Pferd und resümiert: „... Tu vas dire que je suis bien bête de te conter de pareille nonsense. Mais je n‘ai pas comme toi de jolies histoires à raconter. Je vis au fond de ma tanière d‘une manière fort monotone et rarement; quelque évenement vient faire diversion à mon petit train de vie accoutumé. Je m‘occupe tant que je peux et je philosophe dans mon petit coin. Eh bien je suis assez bête pour préférer ma solitude à tous les plaisirs mondains. et cela ne crois pas que ce soit par scrupule (c‘est une maladie dont je suis revenue), c‘est par goût. Quelle conversation vaut celle de mes livres, quelle sociétés quels plaisirs me sont amis doux pour moi qu‘une belle campagne? ...“. Zitiert dann fünf entsprechende Zeilen eines Gedichtes von Jacques Delille und stellt fest: „Non. Je ne pourrais plus vivre à la ville. J‘y mourais d‘ennui. j‘aime ma solitude passionément. Comme dit Isabella de la danse. Mais tu vas me prendre pour une sauvage. Sans ta politesse, tu me qualifierais presque d‘ours melliché ...“. - Reizender Jungmädchenbrief der später so berühmten Schriftstellerin; so früh und zugleich inhaltsreich sehr selten. - Beiliegend eine Ausfuhrgenehmigung des französischen Kulturministeriums vom Jahre 2000. Abbildung
39
Literatur ________________________________________________________________________________________________________________________________________ George Sand als Revolutionärin 2625 - Eigh. Brief m. U. „George Sand“. 4 S. Gr. 8vo. Paris 22.IV.1848. 4.000 € Inmitten der Revolution an eine „amie et soeur“. Sehr gehaltvoller Brief, der die Schriftstellerin ganz in den Reihen der Revolution zeigt. Sie benötige dringend Geld, um eine von ihr geplante Zeitschrift „La cause du peuple“ herauszubringen. „... Je suis heureuse amie d‘avoir des nouvelles de notre héros italien ... Voici maintenant ce que Je vous réponds pour la cause du peuple. La crise politique et financière est arrivée à ce point ici, que ma situation personnelle est devenue très pauvre. Cela m‘est absolument égal quant à moi, et Je n‘intends pas, en faisant la cause du peuple y trouver le moindre moyen d‘existence. Je regrette seulement de n‘avoir pas quelques millions de francs pour le lancer dans le public. Un ami m‘a avancé 3000 f qui me servent à faire les frais. 1000 f de plus me serviraient à faire les annonces ou à user de quelque autre moyen plus populaire de publicité, et [Giuseppe] Mazzini m‘a dit que vous me les offriez. Mais, avant des les accepter, je veux vous dire la situation de l‘affaire. Ce journal ne peut plaire à la bourgeoisie ennemie de la république, et n‘aura aucun succès, aucun produit de ce côté-là. Avant qu‘il aille au peuple, qui est plongé dans la misère, il faut se résigner à servir le Journal à peu près gratis pendant trois mois. Au bout de ce tems, si les clubs l‘abonnent l‘affaire pourra marcher d‘elle-même, faire encore ses frais, ou arriver à des profits. Mais il m‘est impossible de prévoir si la suituation matérielle de la France me permettra de continuer cette publication, et si les petits sacrifices de mes amis ne seront pas perdus. Je n‘ai pas besoin de vous dire que ma volonté est de les rembourser. Mais je ne peux pas garantir que cela me fera possible avant un certain tems, car nul de nous en France, parmi ceux qui ont cru de leur devoir de ne rien mettre en réserve pour les mauvais jours, ne peut dire s‘il aura de quoi diner le moins prochain. Donc, pour conclure, si vous êtes riche, ou si vous êtes, pour m‘offrir votre aide -, plusieurs personnes pouvant risquer un sacrifice sans porter atteinte à leur existence, envoyez moi 1000 f. Ils serviront du moins à répandre quelques idées que Je crois utiles pour le peuple. Si vous êtes pauvre et si le sacrifice est onéreux pour plusieurs personnes, ne le faites pas, car il pourrait être matériellement perdu. Vous devez être étonnée d‘apprendre combien la France est pauvre en ce moment-ci. Ne vous en affectez pas, elle est riche d‘idées et de sentimens, et cette misère où je me trouve jetée avec le peuple est le tems le plus doux de ma vie ... Le peuple est gai comme moi. Dans ses fêtes patriotiques, il est à jeun et il chante. Quel peuple! ... C‘est le plus beau spectacle que l‘histoire ait jamais offert ... Si Je ne puis continuer d‘écrire, J‘irai causer dans les ateliers et dans les cabarets, car ici il y a autant à-apprendre du peuple qu‘à lui enseigner ...“. - Das Revolutionsblatt „La Cause du Peuple“ erschien tatsächlich, auch mit George Sands Namen als Herausgeberin auf dem Titelblatt, aber nach drei Nummern war, wie die Autorin befürchtet hatte, bereits sein Ende erreicht. - Die letzte Seite des Briefes angeschmutzt; am Falz ein schmaler Papierstreifen von ehemaliger Montage; inhaltlich jedoch besonders schöner Brief der Kämpferin für Freiheit, Gerechtigkeit und Emanzipation.
2626 - Eigh. Brief m. U. „G Sand“. 12/3 S. Doppelblatt. Gr. 8vo. (Schloß Nohant 15.VII.1868). 350 € „Bravo, mon enfant. Je regrette bien de ne pas te voir, mais je suis bien enchantée des bonnes nouvelles que tu me donnes. 8000 F d‘appointements quand tu aspirais à en avoir 5000! - Je vois que tu t‘es bien gouverné, que tu as fait preuve de capacité et de courage, et que nos amis t‘ont bien secondé. - A quand le mariage, à présent? - Nos pauvres Boulet
40
sont dans le chagrin dans ce moment, le père Desplantes se meurt, est mort peut-être d‘une fluxion de poitrine. Nous, nous allons tous bien, les enfants sont superbes. Aurore est un enfant adorable d‘esprit et de bon caractère ...“. - Mit „Aurore“ ist wohl ihre Enkelin (1866-1961) gemeint.
2627 Scheerbart, Paul, Erzähler und Dramatiker, bedeutender Vertreter der Phantastischen Literatur (1863-1915). Eigh. Postkarte m. U. „Dein Paul Scheerbart !“. 1 S. (rote Tinte). (Schöneberg bei Berlin 7.IX.1896). 300 € An den Dichter Richard Dehmel mit der Adresse „Herrn Dr. Richard Dehmel. Schönes Wetter! Pankow b/ Berlin, Parkstrasse 25.“ „Lieber Richard! Da ich meinen chinesischen Königsmantel erst Mittwoch bekomme, so wär‘s mir angenehmer, wenn Du Mittwoch kämest, da ich Dich nicht gern ohne Königsmantel empfangen möchte. Sei aber möglichst früh hier, da das wichtig ist (so um 3 Uhr spätestens - früher bist Du selbstverständlich auch willkommen). Baluschek lad ich gleich ein ...“. Verabschiedet sich mit dem Hinweis, dass er „in starrer Seide harre“. - Auf der Adressenseite am rechten Rand ein Papierstreifen von ehemaliger Montage.
2628 Schickele, René, dt.-franz. Schriftsteller und Pazifist, Herausgeber der expressionistischen „Weißen Blätter“ (1883-1940). Eigh. Brief mit U. „René Schickele“. 2/3 S. Auf gelblichem Papier. Gr. 4to. Badenweiler 31.V.1927. 240 € An eine Dame, wahrscheinlich die Schriftstellerin Vicki Baum, Redakteurin der niveauvollen, bei Ullstein erscheinenden Zeitschrift „Uhu“. „... eine lustige Novelle, ‚Leopoldine und ihr Dichter‘, ist fertig, und der ‚Uhu‘ soll sie bekommen. - Nun ist meine Maschine ganz von der Abschrift meiner Romane in Anspruch genommen, und die Novelle käme erst am 9. oder 10. Juni. Ist es Ihnen recht so? Hätten Sie sie sehr gern früher, so würde ich die Abschrift ‚Leopoldines‘ einschieben ...“. - Gelocht; kleine Randläsur..
2629 Schmidtbonn, Wilhelm, rheinischer Schriftsteller, Dramatiker, Dramaturg in Düsseldorf (1876-1952). 3 Autographen m. U. „Wilhelm Schmidtbonn“. Zus. 21/2 S. Verschied. Formate. 1923-1930. 120 € I. Eigenhändiger Brief. 1 S. Gr. 4to. Rottach am Tegernsee 17.IV.1923. - An Heinz Raschert in Darmstadt, Mitglied einer literarischen Gesellschaft, die einen Schmidtbonn-Abend veranstalten will. Der Dichter informiert über Ausgaben und Verleger seiner Werke, von denen er nennt: „Raben. Uferleute. Heilsbringer. Hinter den sieben Bergen. Das Glücksschiff. Die Flucht zu den Hilflosen. Der Garten der Erde“. - II. Masch. Brief. 1/2 S. Gr. 4to. Rottach 5.III.1926. - An Friedrich Kroner, Redakteur des Magazins „Uhu“. „... Allerdings konnte ich mich natürlich auch nicht damit einverstanden erklären, dass ich eine Arbeit zu einem bestimmten Thema nur probeweise mache: Herr G.[rossmann] sprach von einem Aufsatz. Ich bin gern bereit, sowie es meine sehr besetzte Zeit zulässt, Ihnen eine ‚Liebesgeschichte‘ zu Ihrem sehr interessanten Thema zu senden ...“. - III. Eigenhändige Postkarte. 1 S. Ascona (Schweiz) 25.IX. 1930. - Gleichfalls an Friedrich Kroner. „... Gern werde ich Ihnen in einiger Zeit den gewünschten Beitrag senden können ...“. - Brief und Karte an Kroner gelocht.
________________________________________________________________________________________________________________________ Literatur
2631
41
Literatur ________________________________________________________________________________________________________________________________________ 2630 Schröder, Rudolf Alexander, Lyriker und Erzähler (1878-1962). Eigh. Brief mit U. „Schröder“. 1 S. Gr. 4to. O. O. 2.III. o. J. 150 € An einen Professor Maier in Wien, der einen Vortragsabend Schröders vorbereitet. „... Hier schicke ich Ihnen Brentano-Lieder. Ich habe die, die ich am liebsten hören würde, mit Bleistift angekreuzt. Herr [Raoul] Aslan wird sie wohl nicht alle lesen können u. selber seine Auswahl treffen. Ich will sehen, dass ich meinen Vortrag auf 1/2 - 3/4 Stunden höchstens einschränke ... Ich werde Samstag Nachmittag um 4 in Wien eintreffen. Samstag Abend, Sonntag nachmittag, Montag, Dienstag abends u. Donnerstag abends habe ich Lesungen u. Vorträge, dann Freitag bei Ihnen. Wegen der Einzelheiten erkundigen Sie sich am besten bei Pfarrer Traar Wien 1 Schellinggasse 12 ...“. - Georg Traar (1899-1980) war evangelisch-lutherischer Jugendpfarrer und Superintendent in Wien.
„aus meinem Grabe noch ein Bäumlein erwachsen“ 2631 Schubart, Christian Friedrich Daniel, Dichter, kritischer Publizist, Organist und Komponist, nach Kritik an den Zuständen in Württemberg vom Herzog Carl Eugen zehn Jahre lang ohne Prozeß in der Festung Hohenasperg eingekerkert (1739-1791). Eigh. Brief m. U. „Schubart“. 3 S. Doppelblatt mit Adresse und Siegelrest. 4to. Festung Hohenasperg, „am Ende des Jahres“ 1786. 2.500 € Wohl am Silvesterabend aus seiner Zelle, fünf Monate vor Schubarts Freilassung nach zehnjähriger Haft, an seine Frau und seine Kinder Ludwig und Julchen in Stuttgart geschriebener Trostbrief. „So wären denn, meine Beste, die Christferien vorüber und das alte Jahr neigt sich zum Grabe. Vergnügen und Freude blieb ferne von mir; ich konnte nicht einmal, wegen Magenschmerzen, einen Bissen genießen, ob ich gleich Alles vollauf hatte. Man brachte mir köstlichen Wein, eine gebratene Ganß vom Schulmeister im Dorfe, Huzelzelten und Lekereien in Menge - aber die Leute genoßen um mich herum ... Ich glaube Dich nicht ermuntern zu dürfen, am Schlusse des Jahrs, Gott ein ganz besondres Dankopfer abzustatten. Denn wie viel Großes hat er nicht in diesem Jahre an uns an Seel und Leib gethan. Ich lebe noch troz so vieler höchstgefährlichen Anfälle auf meine Gesundheit und Gott hat meine Arbeiten ausserordentlich geseegnet, so daß ich Dich und meine lieben Kinder, sonderlich meinen Sohn, da er noch unversorgt ist, nach Vaterpflicht unterstützen konnte. Und ob ich gleich ein großer Sünder bin; so ist doch mein Glaube an Jesum, den Sohn des lebendigen Gottes unerschüttert geblieben ... Laß uns mit diesen Gesinnungen des Dankes und der feurigsten Tugendentschlüsse hinübereilen ins neue Jahr; so werden neue Seegnungen unserer warten. Glaube, meine Beste, daß wenn das neue Jahr mein Sterbejahr seyn sollte, aus meinem Grabe selbst noch ein Bäumlein erwachsen würde, das Dir Schatten gäbe ...“. - Dann wendet er sich an seine Kinder: „Dir lieber Ludwig, zeichne Gott im künftigen Jahre selbst die Laufbahn vor, auf der Du mit Riesenschritten zum Ziel der Menschen und Christenwürde eilst! Dem Herrn Kaufmann danke für sein unerwartetes Knastergeschenk und bitt‘ ihn um Veranlassung der Wiedervergeltung ... Dir, lieb‘s Julchen, wünsch ich im Jahr 1787 einen herzigen, brafen, geschikten Mann u. danke Dir für den geschenkten Tobak. Ich will schon auf ein Gegengeschenk sinnen ... Die Neujahrswünsche rumoren noch immer, wie das wütige Heer, um mich herum. Aus Gefälligkeit thu ich alles mit Freuden ...“. Erwähnt den Verleger Himburg und den Dichter Gleim. - Der rühren-
42
de Brief des Gefangenen ist von größter Seltenheit: In den letzten 40 Jahren sind nur zwei Briefe Schubarts (jeweils an den Dichter J. M. Miller) auf deutschen Auktionen vorgekommen, beide erst nach seiner Entlassung aus der Haft geschrieben. Abbildung Seite 41
2632 Semjonow (Semenov), Juri(j) Nikolajewitsch, russ. Schriftsteller. Briefwechsel mit dem Übersetzer und Schriftsteller Johannes von Guenther. 42 Briefe und Postkarten, teils in deutscher, doch überwiegend in russ. Sprache und Schrift, sowie die Typoskript-Durchschläge der Briefe J. von Guenthers. Verschied. Formate. Huddinge und Uppsala 12.V.1948 bis 5.VIII.1960. 450 € Umfangreiche Korrespondenz Semjonows mit dem bewährten Übersetzer aus dem Russischen, naturgemäß über Literatur, gemeinsame Projekte und Übertragungen. Von Semjonow liegen vor: 2 eigh. Briefe, 26 masch. Briefe und 14 eigh. Postkarten (zus. ca. 55 Seiten). Semjonow ist Verfasser zahlreicher Sachbücher wie „Die Güter der Erde. Eine Wirt schaftsgeographie für jedermann“, „Die Eroberung Sibiriens“ und „Glanz und Elend des französischen Kolonialreiches“. Johannes von Guenther gab mit ihm „Heitere Geschichten aus Rußland“ heraus (vgl. J. von Guenther, „Leben im Ostwind“, S. 206). - Beiliegen: 71 Typoskript-Durchschläge der Gegenbriefe J. von Guenthers sowie 3 weitere Beilagen.
2633 Sengle, Friedrich, Germanist und Literaturhistoriker, berühmt für sein dreibändiges Hauptwerk „Bieder meierzeit“, Professor in Köln, Marburg, Heidelberg und München (1909-1994). Eigh. Brief m. U. „F. Sengle“. 1 S. (Kugelschreiber). Gr. 4to. Söcking (Starnberg) 31.VII.1971. 120 € An einen „Herrn Doktor“, der sich habilitieren möchte. „... Vielleicht wäre es besser, in aller Ruhe an etwas zu arbeiten; denn wir können ja nichts anderes tun, als Ihre Habilitationsschrift nach den geltenden Massstäben beurteilen. Wenn Sie aber meinen, daß ich in irgendeiner Weise helfen kann, stehe ich natürlich zu Ihrer Verfügung. Ich sehe zur Zeit - ohne Urlaub - den II. Band meiner ‚Biedermeierzeit‘ durch, bin also grundsätzlich immer zuhause in Söcking ... Nach München komme ich ganz selten, und dann zu Besprechungen, Sprechstunden usw. ... Ich stehe Ihnen also in der Zeit nach dem 8.VIII. nach vorherigner telefonischer Anmeldung ... in Söcking jederzeit zur Verfügung ...“. - Sengle füllt mit seiner Schrift, ganz ähnlich wie Alexander von Humboldt, nur die rechten unteren zwei Drittel der Seite aus. Die Weitsicht Humboldts fehlt ihm allerdings, wie die vollkommen subjektive PauschalKritik an den Autoren des „Jungen Deutschland“ in seinem als „Standardwerk“ gerühmten Buch „Biedermeierzeit“ erkennen läßt. - Dabei: Walter Hinck, hervorragender Germanist und Literaturhistoriker, Professor in Köln (1922-2015). Eigh. Brief m. U. „Walter Hinck“ unter einem masch. Gedicht. 2/3 S. Mit Umschlag. Gr. 4to. (Wohl Landau i. d. Pfalz 2012). - Unter dem masch. Gedicht „Hoch auf dem Lykabettos“ handschriftlich an einen Redakteur, der ihm zum 90. Geburtstag gratuliert hatte. „... dieses Gedicht, der letzte meiner lyrischen Versuche, kam mir kürzlich wieder unter die Augen. Vor Jahrzehnten entstanden, zeigt es ein so ganz anderes Griechenland als das, das zur Zeit durch die Zeitungen geistert ... Die Reihe, in die Sie das Büchlein ‚Jahrgang 1922‘ stellen wollen, ist so imposant, dass es sich vor den großen Namen kaum behaupten kann. Aber wie könnte ich die Aufnahme verweigern! ...“.
________________________________________________________________________________________________________________________ Literatur
2634
- Hincks Buch „Jahrgang 1922. Biographische Skizzen“ war 2011 bei Bouvier in Bonn erschienen. Sein unübertroffenes Standardwerk, „Das deutsche Lustspiel des 17. und 18. Jahrhunderts und die italienische Komödie“ (Stuttgart 1965) fehlt in dem unzureichenden Artikel bei Wikipedia.
2634 Stammbuch des Theologen Georg Tobias Walch in Jena. 147 Bl., davon 199 S. beschrieben oder illustriert. Mit 6 Kupferstichen (davon 3 in Rotdruck), 18 Gouachen, Aquarellen oder kolor. Federzeichnungen, 4 Grisaillen und 1 Rötelzeichnung. Brauner Lederband (restauriert unter Benutzung alten Materials) mit erneuerten Vorsätzen und Goldschnitt. 1723-1736. 2.500 € Spätbarockes, reich illustriertes Stammbuch eines Akademikers in Jena. Der „Georgius T. Walch“, der das Stammbuch auf dem Titel seinen Patronen und Gönnern widmet, ist nicht identisch mit dem bedeutenden lutherischen Theologen Johann Georg Walch (1693-1775), der seit 1717 in Jena wirkte, Professuren in den verschiedensten Fächern innehatte (Philosophie, Altertumskunde, Rhetorik, Dichtkunst und schließlich Theologie) und zehn Mal Rektor der Universität war. Er ist aber in diesem Stammbuch vertreten. Fast alle Eintragungen in Jena, gelegentlich auch Eisenach, Salzungen, Schmalkalden, Meiningen und Gotha. Die Beiträger setzen sich naturgemäß vornehmlich aus Professoren, Theologen und Studenten zusammen. So sind vertreten: Jesaias Friedrich Weißenborn (Superintendent und Pastor Primarius an der Universität), Johann Christian Walch, Johann Georg Walch, Friedrich Wilhelm Walch, H. C. Walch, Johann Hadrian Slevogt (1653-1726), Johann Adolph Wezelius, Johann Michael Weinrich, Hermann Friedrich Teichmeyer, Samuel Beer, Georg Philipp Rhoenius, Ludwig Bassy,
Friedrich Hermann Reusch, Christian Wirb, Johann Christian Jacobi, Johann Christoph Schmidt, Christian Gottlieb Rhenius, Johannes August Gellert, Johann Arnold Krupp aus Essen und viele andere „Cultores“ der Rechte, der Theologie und anderer Fächer. - Faszinierend sind die Illustrationen des Stammbuchs: zu Beginn 3 Kupferstiche in Rotdruck von Caspar Junghans, die eine Gesamtansicht von Jena, den Marktplatz und die Universität zeigen. Es folgen vielerlei teils schwer verständliche Tuschzeichnungen, teils allegorisch oder emblematisch, teils mit Anspielungen auf aktuelle Ereignisse: 3 tote Personen auf einem Acker liegend; eine reich verzierte Kanone aus der Vogelschau; ein Mönch, der eine Nonne auf dem Rücken trägt, die in einem Garbenbündel versteckt ist; eine von Gottes Hand gehaltene Waage, in der einen Schale ein evangelischer Geistlicher, in der anderen ein Ablaßkrämer, ein Fürst und ein wohlhabender Bürger; diese Schale versucht der Teufel herabzuziehen, aber der evangelische Geistliche wiegt schwerer; dazu der Spruch „Das wahre Gottes Wort / u. Luthers reine Lehr / Wiegt mehr als Cardinal, / Pabst, Satan und sein Heer.“ Ferner verschiedene teils satirische oder kritische Szenen mit Frauen; z. B. eine Frau in einem Zimmer voller Mäuse, die ihr Baby dem zur Tür hereinkommenden Liebhaber zurückgeben will. - Erhebliche Erhaltungsmängel: gemäß der Paginierung fehlen ca. 32 Bl.; das nach vorn gebundene Register unvollständig; 1 Bl. mit Ausschnitt; 2 Bl. mit Wurmlöchern; einige Bl. beschabt oder durch das Ablösen von Siegeln beschädigt; durchgehend etwas gebräunt. - Dennoch ein hoch interessantes und illustriertes Gesamtbild der Universität Jena um 1725. - Beigegeben: Stammbuch des Friedrich Wilhelm Suhr aus Prenzlau. 71 Bl., davon 76 S. beschrieben oder illustriert. Mit 2 Aquarellen. Roter Halblederband d. Z. (gering fleckig) mit reicher Rückenvergoldung und Aufdruck „Gewidmet für Freunde der Wahrheit“, goldgepr. Bordüre auf beiden Deckeln, goldger. Aufdruck „F. W. S. den 19. July 1816.“ auf dem Vorderdeckel sowie mit marmorierten Vorsätzen und Goldschnitt. Quer-
43
Literatur ________________________________________________________________________________________________________________________________________
2634
2634
44
________________________________________________________________________________________________________________________ Literatur
2635
8vo. 1816-1856. - Stammbuch aus einer sehr christlich orientierten Familie. Die Eintragungen von 1816 bis 1818 meist in Berlin, ab 1817 dann auch Prenzlau, von Verwandten und „Brüdern“. Alle Beiträge sind entweder Bibel-Zitate oder christliche Abhandlungen, Erbauungsund Moralpredigten. Auf dem ersten der beiden Bilder schreitet der Tod mit Sense über am Flußufer liegende Gebeine, in seiner Hand ein Schild „Evang. Johanis 5 v 29“. - Das zweite (farbenprächtige) Bild zeigt eine auf Wolken sitzende Frau (der „rechte“ Glaube) mit ausgebreiteten Armen, von kleinen Engeln umgeben. Dazu der Spruch: „Der rechte Glaube Schwinget sich durch die Luft“. Abbildungen, auch Seite 43
2636 - des Jura-Studenten C. Neumann in Göttingen. Ca. 180 Bl., davon ca. 142 S. beschrieben oder illustriert. Mit 1 kolor. Aquatinta, 2 Aquarellen und 8 Kupfertafeln von Wiederhold in Göttingen mit Ansichten aus Deutschland und der Schweiz. Quer-8vo. Brauner Lederband d. Z. (etwas berieben) mit goldgepr. Monogramm „C. N.“ auf dem Vorderdeckel, goldgepr. Rankenbordüren auf beiden Deckeln, Rückenvergoldung und Rückenschild „Denkmaal [!] Wahrer Freunde“ sowie Goldschnitt. 17991803. 450 €
Das sehr schön gebundene, aber wenig gefüllte Stammbuch war zunächst nur von 1755 bis 1757 im Gebrauch, und zwar ausschließlich in Schwerin von Freunden, die moralische Sprüche und einige Zeichnungen lieferten. Erst mehr als 50 Jahre später, ab 1810, fanden sich noch einmal Beiträger in Wismar und Rostock, zuletzt auf 2 Seiten als Nutzer für Hauswirtschafts-Notizen. Von den frühen Illustrationen sind 2 sehr feine Federzeichnungen und interessante Aquarelle (u. a. eine orientalische Stadt) bemerkenswert. Die um 1810 hinzugefügten kolorierten Kupfer zeigen idyllische Szenen ländlichen Familienlebens. - Prächtiger Rokoko-Einband und mehr als 100 Blatt leeres, frisches, 260 Jahre altes Bütten-Papier.
Die Beiträge von Kommilitonen und Freunden, teils mit studentischen Emblemen wie gekreuzten Degen, sowie vereinzelt auch Lehrern. Die vielen Eintragungen beginnen mit den interessantesten Beiträgern 1799 in Kloster Berge und beschränken sich dann ab 1800 fast ausschließlich auf Göttingen. Die Kommilitonen gehören großenteils dem Adel an; so sind vertreten die Familien v. Wittgenstein, zur Mühlen, v. Döring, v. Cornberg, Graf Neußel, v. d. Osten, v. d. Pahlen, v. Maien, v. Münster, v. Hymmen, C. Matthisson (Kloster Berge 30.IX.1799), v. Crailsheim, v. Blomberg, F. v. Maltzahn, Graf Kielmannsegge, Bernhard Joachim v. Kamptz u. a., ferner A. J. F. Dahlmann aus Wismar. - Von Neumanns Lehrern ist Johann Gottfried Gurlitt (1754-1827), Direktor des Pädagogiums Kloster Berge, im Oktober 1799 mit einem Zitat nach Seneca vertreten. Der Professor und Konrektor Johann Friedrich Lorenz (1737-1807) zitiert Horaz. Am 2. September 1799 verabschiedet sich der bedeutende Pädagoge Karl Christoph Gottlieb Zerrenner (17801851), um sein Theologiestudium in Halle zu beginnen. - Die Wiederholdschen Kupfer sind beschriftet und zeigen: Hamburg von der Außen alster, Bürgers Denckmahl, Der Sonnenstern mit Pirna (2 x), Wilhelm Tells ländliche Wohnung, Der Hardenberg, Der Königstein von der Elbseite, Die Bibliothek zu Göttingen. - Vorderes Innengelenk geplatzt; sonst attrak tives Stammbuch.
Abbildung
Abbildung Seite 46
2635 - eines Schweriner Bürgers. C. 140 Bl., davon 25 S. beschrieben oder illustriert. Mit 4 Aquarellen, 2 Federzeichnungen und 2 kolor. Kupferstichen. Quer-gr. 8vo. Brauner Lederband d. Z. (etwas berieben und beschabt) mit sehr reicher Vergoldung auf dem Rücken und auf beiden Deckeln sowie mit intarsierten Lederstücken, Goldschnitt und marmorierten Vorsätzen. 1755-1825. 450 €
45
Literatur ________________________________________________________________________________________________________________________________________
2636
2637
2638
46
________________________________________________________________________________________________________________________ Literatur 2637 - der Julie Baßler in Dresden. 71 Bl., davon 69 S. beschrieben oder illustriert. Mit 7 Aquarellen bzw. Goua chen, 2 Bleistiftzeichnungen, 8 kolor. Kupferstichen, 1 kolor. Lithographie, 2 Textil-Arbeiten und 2 Haarlocken. Quer-gr. 8vo. Rotbrauner HLederband d. Z. (Ecken und Kanten etwas bestoßen) mit Rückenvergoldung und Rückentitel „Denkmal der Freundschaft“, Perlmutt-ähnlichem Belag mit Goldpapier-Bordüren auf beiden Deckeln, Steh- und Innenkantenvergoldung sowie Goldschnitt. In marmor. Papp-Schuber d. Z. 1818-1833. 450 € Fast alle Eintragungen in Dresden, erst nach 1830 einige wenige in Chemnitz. Die Beiträger sind Verwandte, Mitschülerinnen, Freundinnen und Freunde der Inhaberin, darunter eine Marie Bassenge. Hervorzuheben sind die schönen Illustrationen: 7 sehr fein kolorierte Kupfer, gestochen von J. C. A. Richter, zeigen romantische Ansichten von Dresden und seinen Umgebungen, von Moritzburg bis zu Bad Schandau und Schloß Altenburg. Die farbige Lithographie zeigt Herrniskretzschen, mit dem „Bahnhof“ von Schöna und einer sehr frühen Eisenbahn im Vordergrund. Die Aquarelle zeigen zwei Freundschaftstempel und diverse hübsche Blumen-Arrangements. - Die Ecken meist etwas fingerfleckig; ansonsten attraktiv illustriertes Dresdener Stammbuch mit ungewöhnlichem Einband. Abbildung
2638 - eines jungen Mannes aus Frankfurt a. M. Ca. 87 Bl., davon ca. 68 S. beschrieben oder illustriert. Mit 5 kolor. Kupfertafeln und 2 Aquarellen. Quer-8vo. Grüner Halblederband d. Z. (etwas berieben und fleckig) mit reicher Rückenvergoldung, Rückenschild „Der Freundschaft geweiht“, goldgepr. floralen Deckelbordüren, Steh- und Innenkantenvergoldung, marmor. Vorsätzen und Goldschnitt. Im Pappschuber d. Z. 1822-1829. 250 € Die Eintragungen von Freunden und Freundinnen 1822-1825 in Frank -furt a. M., dann Stuttgart und ab 1826 in Regensburg. Ferner Offenburg und Annaberg. Unter den hübschen kolorierten Kupfern je eine Ansicht von Schloß Biebrich sowie vom Friedberger Tor in Frankfurt. Die Aquarelle zeigen ein erntendes Bauernmädchen mit Sichel in der Hand sowie einen Blumenkranz. - Das vordere Innengelenk geplatzt; durchgehend mäßige Fingerspuren. - Dabei: Stammbuch-Kassette eines Fräulein Richter in Dresden. 18 Bl., alle beschrieben oder illustriert. Mit einer Biskuitpapier-Arbeit mit aufklappbarem „Brief“ aus Perlmutt, 1 Blumen-Aquarell und 1 kolor. Stahlstich. Lose Blatt in roter HalblederKassette mit grünem Deckelbezug d. Z. in Form eines Stammbuchs mit reicher Rückenvergoldung und Rückenschild „Für Freunde geweih‘t“, Deckel mit ornamentaler Blindprägung und goldgepr. Bordüre. 18371846. - Die Eintragungen von Verwandten und Freunden in Geringswalde, Chemnitz, Penig, Oederan, Seifen, Dresden, Rochlitz, Zettlitz und Gießmannsdorf. Abbildung
2639 - Stammbuchblätter-Sammlung eines Herrn Kleinschmidt aus Mühlhausen (Elsass). Ca. 82 Bl., fast alle beschriftet, 52 zugleich auch illustriert. Mit 1 kolor. Kupfer tafel, 23 gestochenen Ansichten, 10 gestoch. Porträts, 6
2639
gestoch. Theaterszenen, 3 weiteren gestoch. Tafeln, 1 Aquarell, 5 Bleistiftzeichnungen, 2 Kalligraphien und 1 gepress ten Blume. In 2 kartonierten (defekten) Einbanddeckeln mit jeweils gestochener Illustration. Quer-8vo. 1823-1842. 300 € Die meisten Eintragungen von Kollegen und Freunden in Mühlhausen, ferner Magdeburg (1831-1832), Bernburg (1832), Berlin (1833-1835), Elberfeld, Barmen (1836), Dresden (1838), Köln (1839) und Frankfurt a. M. (1841-1842). Bemerkenswert die vielen romantischen Ansichten, teils aus dem Göttinger Wiederhold-Verlag, teils ohne Herkunftsbezeichnung. Darunter: die Hirschgass bei Heidelberg, Gernrode am Harz (Gesamtansicht), Kassel (Gesamtansicht), Herkules mit Kaskaden bei Kassel, die Löwenburg bei Kassel, Bamberg (Gesamtansicht), Blauenstein im Kanton Solothurn, Heidelberg (Gesamtansicht), Braunschweig (Gesamtansicht), Gießen (Gesamtansicht), das Schlachtfeld mit Gasthaus bei Belle-Alliance, das Dorf Quatre Bras, Bingen (Gesamtansicht), Rüdesheim (Gesamtansicht), Burgruine bei Rüdesheim, Schloß Falkenstein am Harz, Jena, Burg und Dorf Hammerstein am Rhein, das Kurhaus in Wies baden, der Ortsteil Sonnenberg bei Wiesbaden. - Unter den übrigen Kupfern ein Blatt mit einem großen - wohl studentischen - Trinkgelage. Auch bei den Bleistiftskizzen ein Studentenpaar, sonst Ansichten. Eine Kalligraphie bildet die Symbole für Glaube, Liebe, Hoffnung in phänomenal kleiner, selbst mit Lupe kaum erkennbarer Schrift ab. Abbildung
2640 - Poesie- und Klebe-Album (Scrapbook) der Emilie D‘Avis. Ca 79 Bl., fast alle beschrieben oder illustriert, teils beidseitig. Mit 4 Gouachen, 2 Aquarellen, 1 Sepia-Tuschzeichnung, 17 teils farbigen oder mit Deckweiß gehöhten Bleistift-Zeichnungen, 3 Lithographien, 4 Stahlstichen und 1 Öldruck; meistens einmontiert. Quer-4to. Dunkelgrüner Lederband d. Z. (stärker berieben; Ecken und Kapitale bestoßen) mit Resten von Romantiker-Vergoldung auf beiden Deckeln sowie den goldgepr. Aufdrucken „Album“ und „Emilie D‘Avis“. Goldschnitt. 1846-1860. 120 € 47
Literatur ________________________________________________________________________________________________________________________________________ An eine Schriftstellerin wegen ihrer Mitgliedschaft in einem „Künstlerinnen-Verein“. „... Seit allem Anfang war ich der Idee im Prinzip abhold, daß die Schriftstellerinnen als solche einen Extra-Verein bilden; dieselben gehören dem allgemeinen Schriftstellerstande zu ... In diesem Sinn gehöre ich auch zu den Mitgliedern des deutschen Schriftstellerverbandes, werde auch der association littéraire internationale mich anschließen, und würde nicht zögern, Mitglied der Concordia zu werden, von dem Tage an, als diese auch Frauen aufnähme; aber ich wünschte nicht, daß mein Name auf der Liste eines Vereins stünde dessen Constituirung gegen meine Ansichten über die künstlerische Gleichberechtigung der Frau verstößt ...“. - Leichte Lichtränder. Abbildung
2640
Die fast ausschließlich weiblichen Beiträger sind teils MädchenpensionsSchülerinnen in Genf, teils Freundinnen in Kreuznach, Mannheim, Krefeld und Aachen und beweisen teilweise sehr beachtliche Mal- und Zeichenkünste. Die oft professionell wirkenden Zeichnungen und Aquarelle zeigen Ansichten (etliche von Genf und Umgebung) und Personen; auch bei den Druckgraphiken überwiegen Ansichten, darunter zwei aus Mannheim. - Gelenke dilettantisch geklebt; einige Bl. lose oder defekt, einige wenige scheinen zu fehlen. Abbildung
2641 Stieler, Karl, bayerischer Dichter, vielseitiger Schriftsteller und Publizist, Sohn des Hofmalers Joseph Stieler, Mitglied der Künstlervereinigung „Krokodile“ (1842-1885). Eigh. Brief m. U. „Dr. Stieler“. 1 S. Doppelblatt. 8vo. München 5.VI.1875. 150 € An einen Publizisten. „... Mit Erstaunen las ich die in der ‚Dtsch. Ztg.‘ beabsichtigte Personalveränderung, aber ich hoffe, daß Sie, wenn Sie auch als Herausgeber zurück treten, doch in Beziehungen überhaupt zum Blatte bleiben. Jedenfalls fühle ich mich gedrungen, Ihnen für soviele Freundlichkeit, die ich unter Ihrer Leitung von Seite der ‚Dtsch. Ztg.‘ erfuhr, meinen herzlichsten Dank zu sagen, die einzige kleine Störung war ja nur durch schlimme Zeiten, nicht durch persönliche Motive veranlaßt & ist längst von mir vergeßen ...“.
„die künstlerische Gleichberechtigung der Frau“ 2642 Suttner, Bertha von (geb. Gräfin Kinsky), Schriftstellerin, Friedens-Nobelpreisträgerin (1843-1914). Eigh. Brief m. U. 2 S. Doppelblatt. Gr. 8vo. Schloß Harmannsdorf 4.V.1887. 450 € 48
2643 Thümmel, Moriz August von, Schriftsteller und Sachsen-Coburgischer Minister, befreundet mit Gellert, Weiße, Rabener, Verfasser der „Wilhelmine“ (1738-1817). Eigh. Albumblatt m. U. „Moriz August von Thümmel“. 1 S. Goldschnitt. Auf Karton alt montiert. Quer-gr. 8vo. Gotha 1.III.1812. 600 € Moralisch-pädagogisches Gedicht von 12 Zeilen. „Der Weg zu Ruhm und Glück ist minder steil - als breit / Der Landmann und der Held, der Dichter und der Weise / Hat Raum genug auf seiner Lebensreise / Zum nützlichen Gebrauch der Zeit ... Uns diene Cäsar‘s Muth zur Lehre / Er glaubte - auf der Bahn der Ehre / Die ihn zum Ziele hoher Thaten trieb, - / Sey Nichts gethan, wenn Etwas wäre / Das ihm zu thun noch übrig blieb.“ - Zur Bekräftigung dieser Pointe zitiert Thümmel noch anschließend Lucan: „Nil actum reputans, si quid superesset agendum.“
An Gleim 2644 Tiedge, Christoph August, Dichter und Erzieher, mit Elisa von der Recke und der Fürstin Louise von Anhalt-Dessau in engem Freundschaftsverhältnis (1752-1841). Eigh. Brief m. U. „Ihr Tiedge“. 4 S. 8vo. Berlin 15.II.1803. 400 € An den todkranken Dichter Johann Wilhelm Ludwig Gleim, dem er sein bekanntestes Werk, das Lehrgedicht „Urania“, übersandt hatte. Gleims klagender Brief habe „die trübe Stimmung“ seines Gemütes „unendlich vermehrt. Ein düsteres und doch sanftes Wort spricht aus jeder Zeile in das Innerste meines Herzens hinein. Mußte das heiterste, harmoniereichste Leben dahin kommen, in solche Töne aus zu brechen; und mitten unter diesen trauernden Tönen, welche Geistesruhe! ... Schon seit länger als einem Jahre tragen Sie das Loos eines sonneleeren Lebens. Wahrlich keine härtere Prüfung konnte über den heiligen Sänger der fröhlichsten Lebensfreude kommen ... Möchten die schönen reichen Erinnerungen wie tröstende Geister aus der Vergangenheit hervor treten, um die dürftige Gegenwart auszustatten! ...“. Zu diesen zähle er sich auch selbst: „Wie viel danke auch ich Ihnen! wie viel! Edler Mann! Wenn meine Urania mit einem glücklichen Tone zu Ihrem Herzen spricht: o dann fühlen Sie darin eine unsterbliche Vergangenheit, die von Ihrem Geiste, von Ihrem Herzen beseelt war. Ihr Brief sagt mir, daß Sie mit diesem Werke meines Herzens zufrieden sind ... haben Sie es gefühlt, welche hohe Belohnung Sie mir dadurch zuerkannten? Haben Sie Dank dafür! Dank für jedes holde Wort der Liebe. - Jetzt höre ich - erst jetzt, da ich fast gar nicht ausgehe - daß Sie krank - sehr krank sind - diese Nachricht erschüttert mich bis in das Innerste meines Gemüths ...“. - Gleim starb 3 Tage später.
________________________________________________________________________________________________________________________ Literatur „eine ansehnliche Buchdruckerei, Schriftgießerei und Notendruckerei“ 2645 Unger, Friederike, Schriftstellerin, verwitwete Ehefrau des bedeutenden Berliner Druckers, Typographen („Unger-Fraktur“), Holzschneiders und Verlegers J. Fr. Unger, Verfasserin des „Julchen Grünthal“, befreundet mit Chodowiecki, K. Ph. Moritz und J. F. Reichardt (17411813). Eigh. Brief m. U. „Friderike Unger“. 4 S. 4to. (Berlin, Februar 1808). 1.200 € Umfangreicher Brief der Unternehmerswitwe an den BuchhändlerKollegen Georg Joachim Göschen, dessen Rat sie erbittet, weil sie sich angesichts des Wirtschaftseinbruchs unter der napoleonischen Herrschaft vor die Wahl gestellt sieht, das Werk ihres Mannes als Ganzes oder in Teilen zu verkaufen oder es mit einem tüchtigen Kompagnon („associé“) weiterzuführen. Dankt Göschen zunächst für dessen „redliches durchdachtes Schreiben“, aus dem ihr klar geworden sei, „daß es wo nicht gar unthunlich, doch sehr schwer ist, Rath in einer Angelegenheit zu geben, die man entweder gar nicht, oder doch nur oberflächlich kennt. Sie mein verehrter Freund, müsten ein Gott sein, verhielte es sich bei Sie [!] anders ... Ich habe wie Sie wissen eine ansehnliche Buchdruckerei, Schriftgießerei und Notendruckerei, beiher den Buchhandel mit eignem Verlage. Dies zusammen, greift so in einander, daß ich nach dem Ertrage dieser Rubricken eines in das andre gerechnet, ernstlich glaube, Unger hatte recht, wenn er in einer Verordnung über seinen Nachlaß, die ich unter seinen Papieren fand, er hielte es für sehr unzwekmäßig wenn man diese Erwerbzweige vereinzelte; ich finde die Achtung, die ich für seinen Willen habe, beiseite - daß eines das andre trägt: jedes für sich unbedeutend werden müßte, und nur mit meinem Schaden, einzeln verkauft werden könne. übernimmt eine kräftige Hand das ganze, kann leicht eine der ersten Anstalten unsrer Gegenden daraus werden. Also Verkauf des Ganzen, oder ein associé! Ueber den Lezten, sagte mir Archenh.[oltz?] eben, was Sie mir sagen, mein geehrter Freund. indeß antworte ich: daß fände sich ein solcher, der kräftig mit anfassen kann; und die Sache ist fest und gerichtlich gemacht, so daß nur die Gesezze in gewisser Hinsicht zwischen uns entscheiden könnten, ich es für das Thunlichste hielte; den ich an meinem Theile bin leichten fröhlichen Sinnes, sehe so manches nicht für ein Unglük an, was wohl andre dafür halten: bin vom Herzen verträglich auch nachgiebig wo es hingehört - auch zuweilen wo ich es nicht sein sollte, so kommt es mir vor - bin genügsam, habe der Bedürfnisse wenige, und meine Ansprüche am Leben, sind höchst mäßig. Ich glaube, daß bei solchen Dispositionen ein associé mir weniger fürchterlich sei als einem Manne, der sich einem andren gegenüber stellt. Ich habe, weil der König mir zum Soulagement als Wittwe, mir 12000 rh vorschoß, zum Behuf des Commerz Departements eine möglichst genaue inventur meiner ganzen liegenden u. fahrenden Habe aufnehmen lassen, den ich muß jährlich meine Bilanz einreichen, woraus hervorgeth, nach möglichst herabgesezten Preisen, daß mein statum [!] bonorum sehr gering angegeben, 59600 rh u so etwas drüber beträgt: es ist durch Geschworne u. Sachkundige genau nach kaufmänischen Grundsätzen abgefaßt, so daß die sehr pünktlichen Herren des Commerz Kollegii vollkommen damit zufrieden sind. Das ist ungefähr, was ich darüber sagen kann. Ich habe einen geschikten Faktor, den [!] Unger seine Kenntnisse u. Erfahrungen mittheilte. Ich habe einen Neveu, der nebst einem fachkundigen Nebenmann die Geschäfte des Buchhandels und des Rechnungswesens betreibt: so daß ein associé alles in bester Ordnung und im schönsten Gange fände: wenn er nur durch sein mit eingelegtes Capital die momentane Stockungen zu heben vermöchte, welche diese unseelige Zeit herbei führte. Hr. Aug.
2642
Fr. Kuhn scheint mir der Mann nicht zu sein, so hoch er daher schreitet: ich denke sein jugendlicher Muth verleitete ihn, etwas laut aufzuschreien und etwas keck seines Geldmuthes zu erwähnen; er hat den Nießbrauch eines ansehnlichen Capitals das ... auf Landgüter setzt, und wenn der Onkel als Hagestolz stirbt, noch ein gutes Vermögen zu erben, das ist alle[s]. Sonst ist er ein guter junger Mann, der wie es mir scheint, unter dem Einfluße eines suffisanten Buchhalters steht, der einst Kotzebues Schreiber war und sich von da an, mit unter die Schöngeister zählt. - Nehmen Sie mein langes Geschwäz nicht übel; Sie müssen es doch an etwas fühlen, daß Sie mit einer Schriftstellerin zu thun haben, die izt wenig zu Papiere bringt, und jede Gelegenheit ergreift loß zu brechen. Doch mein Freund, bin ich wie ich hoffe keine Schwätzerin, für die Gesellschaft ...“. - Der erwähnte, umtriebige August Kuhn (1784-1829) war Schriftsteller und Buchhändler und gründete im Jahr dieses Briefes ein „Kunst- und Industrie-Comptoir“ in Berlin. Auch kaufte er Kotzebue die Rechte für die Zeitschrift „Der Freimüthige“ ab und übernahm deren Redaktion. - In der „charaktervollen“, einige Ansprüche an den Leser stellenden Handschrift Friederikes geschriebener, dennoch sehr schöner Brief, der gleichermaßen die Situation und die Persönlichkeit einer Berliner Schriftstellerin und Unternehmerin in Berlin um 1800 beleuchtet. - Aus der Sammlung Künzel. - Sehr selten. Abbildung Seite 50
49
Literatur ________________________________________________________________________________________________________________________________________
2645
2646 Unruh, Fritz von, pazifistischer Schriftsteller, vor allem Dramatiker, zeitweilig dem Expressionismus nahestehend, Träger zahlreicher Literaturpreise, emigrierte 1932 über Italien und Frankreich in die USA (1885-1970). Eigh. Brief-Karte m. U. „Fritz v. Unruh“. 2 S. Mit Umschlag. Quer-8vo. Florenz 10.III.1923. 120 € Im Krisenjahr 1923 an den preußischen Staatsminister Hendorff. „... Ich habe mich entschlossen, in Ostpreussen zu sprechen und habe es bereits nach Elbing mitgeteilt. Im Augenblick ist es mir vom Arzt untersagt öffentlich mich zu betätigen, da ich an schwerer Herzneurose in Folge Überanstrengung krank bin. Auch wollte ich in einer Zeit, da mir der pr. Kultusminister den Schillerpreis versagt hat, ihn nicht durch mein Wirken provozieren. - Aber seien Sie überzeugt, ich bin mir der hohen Verantwortung bewusst, gerade in Ostpreussen einmal die Flamme der Zukunft leuchten zu lassen - und das ‚neue Volk‘ zu wecken, das zu bilden wir Deutsche berufen sind. Es wäre schön, wenn ich Sie im Juni gelegentlich meiner Rede in Marienburg persönlich kennenlernen könnte ...“.
50
2647 Vacano, Emile Mario, Kunstreiter, Seiltänzer, Abenteurer und höchst produktiver, vielseitiger Schriftsteller (1840-1892). 5 eigh. Briefe m. U. „Emile Mario Vacano“. Zus. 61/2 S. Mit 3 Umschlägen, davon 2 angeheftet. Gr. 8vo. St. Pölten, Wien und Salzburg 1872. 220 € An August von Conrath, Herausgeber eines „Souvenir-Albums der Wiener Weltausstellung“ (1873). Über literarische Beiträge Vacanos, die Conrath erbeten hatte. „ ... Natürlich macht es mir Vergnügen, Ihren liebenswürdigen Antrag anzunehmen, da eben das Genre welches ich nach Ihrer Bestimmung für das Album zu übernehmen hätte, mein Lieblingsgenre ist. Ich erbitte mir nur von Ihnen ... einen gütigen bal digen Bescheid, bis wann die Arbeit zu vollenden wäre, und ob dieselbe einen einzigen Aufsatz ausmachen, oder in mehrere kleine Kapitel eingetheilt sein soll [Salzburg 4.VIII.1872] ... Da sind 2 Aufsätze. Es ist sehr heikel, so einen kritisch-beschreibenden Aufsatz zu schreiben. Nur die größte Unpartheilichkeit kann ihm Werth verleihen. Und diese Unpartheilichkeit habe ich festzuhalten gesucht bis zur Selbstverläug-
________________________________________________________________________________________________________________________ Literatur nung, indem ich jede persönliche Antipathie oder Sympathie zum Schweigen brachte. Von Wiener Typen lassen sich noch einige finden. Ein Artikel über das gelehrte Wien wäre sehr passend als Pendant zum künstlerischen [St. Pölten 8.IX.1872] ... sende ich hier die besprochenen Bögen. - Der liebe Gott lasse das schöne, große Unternehmen herrlich gedeihen! - Was die ‚schöne Welt‘ anbetrifft, so habe ich schon ein hübsches Bildchen davon im Kopfe. À propos: wird der Name der Verfasser der Artikel à la tête dastehen, oder als Unterschrift genannt? Bitte, beantworten Sie mir die Frage: Was ist‘s denn mit dem Stadtthea ter? [Wien, o. D.] ... Soeben auf der Durchreise durch Wien nach Pressburg begriffen, finde ich Ihre lieben Zeilen von heute - Sobald ... ich zurückkehre, fliege ich zu Ihnen - dießmal kann ich mich nur 3 Stunden aufhalten. Was die Veränderungen meines Aufsatzes betrifft, so überlasse ich dieselben ganz und gar Ihnen, und bitte Sie à mains jointes, dieselben gnädigst zu übernehmen ... „ [Wien, o. D.].
2648 Wagner, Christian, aus Warmbronn (Württ.), Dichter (und Bauer) von kraftvoller Eigenart, u. a. von Karl Kraus, Kurt Tucholsky und Hermann Hesse hoch geschätzt (1835-1918). Eigh. Porträtfoto-Postkarte (im Umschlag verschickt) mit Gruß auf der Bildseite und integriertem Gedicht auf der Textseite. Warmbronn 9.VI.1914. 600 €
2648
Unter dem eindrucksvollen Porträt mit faksimilierter Unterschrift hat der Dichter eigenhändig angefügt: „Mit Gruß u. Glückwunsch der Obige“. Die Schriftseite der Karte enthält ein eigenhändiges Gedichtmanuskript von 3 Strophen zu je 5 Zeilen, betitelt „1914. Auch ein nasser Jahrgang wie der Zwölfer. - Stimme bei wers mitgemacht / Regen über Regen, / Daß das Jahr uns hat gebracht / Reichen Baumessegen. / Fehlt der Tenne reiches Korn, quillt dafür des Kellers Born. - Trieb das Jahr auch schlecht sich um, / Blieb der Wein auch sauer, / So versenken wir uns drum / Nicht in Landestrauer; / Unsrer Seelen frommer Trost bleibt ein guter Apfelmost. - Und wenns draußen stürmst und weht, / Niemand auf der Gasse / Man hinab zum Keller geht, / Klopft am ersten Fasse, / Und ein vollgefüllter Krug macht uns fromm und macht uns klug.“ - Dazu noch eine „Nachschrift“ über die Gesundheit des Dichters und seiner Familie: „Vor ein paar Jahren noch ein rüstiger Fußwanderer, leide ich jetzt in Folge eines schweren Bronchialkatarrhs an Schmerzen auf der Brust ... Sonst bin ich noch frisch. Das Beste ist, daß all die Meinen, Kinder u. Enkel, soviel ich weiß, gesund u. wohl sind ... Luise, die jüngste, die mir den Haushalt führte, ist an einen Sekundarlehrer in Winterthur verheirathet. Es geht ihr gut ...“. Abbildung
2649
51
Literatur ________________________________________________________________________________________________________________________________________ 2649 Walden, Herwarth (eigentl. Georg Lewin), Schriftsteller, Verleger, Galerist und Komponist, Gründer der Zeitschrift „Der Sturm“, starb im russ. Exil (1878-1941). Eigh. Künstler-Postkarte m. U. „Herwarth Walden“. 1/2 S. Berlin 6.IX.1918. 200 € An die verwitwete Schriftstellerin Ida Dehmel in Blankenese bei Hamburg. „... Mit gleicher Post lasse ich Ihnen die Neuauflagen von vier Gesängen zugehen ...“. - Die Bildseite der Karte zeigt die Plastik „Schlittschuhläu fer“ von William Wauer aus der „Sammlung Walden“. - Auf der Textseite am rechten Rand Spuren ehemaliger Montage; leicht angestaubt. - Selten. Abbildung Seite 51
„feine Leute leben im deutschen Blätterwald“ 2650 Weinheber, Josef, österr. Lyriker und Erzähler (1892-1945). 2 eigh. Briefe m. U. „Josef Weinheber“. Zus. 3 S. Mit 1 Umschlag. Gr. 8vo und kl. 8vo. Wien 29.VI. 1935 bzw. Kirchstetten 14.IV.1944. 220 € Der erste Brief an den österr. Schriftsteller und Politiker Guido Zernatto (1903-1943), dem Weinheber, einen Tag vor der Abfahrt in den Urlaub, die Adresse eines Arztes für Ischias-Probleme nennt: „... Zu einer völligen Heilung (für 3 Jahre) bedarf es zumeist 5-6 Impfungen. Eine Impfung kostet 25 Schilling, aber der Erfolg ist so gut wie sicher ...“. - Der zweite Brief aus Kirchstetten an eine Freundin in Dresden, die er - im sechsten Kriegsjahr - mit allerlei Bedarfsartikeln versorgt. „... Die Sache hat sich verzögert, weil wir erst zusammenkratzen mußten, was Du brauchst. Der Ortsgruppenleiter entschuldigt sich, weil der Leinsamen, sehr schwer überhaupt zu bekommen, nur in dieser gestoßenen Form zu Dir kommt ... Charlotterln kannst Du noch haben, so viel Du willst. Ich habe Dir, weil ich kein anderes Schachterl hatte, derweil die geringste Menge geschickt ...“. - Der erste Brief gelocht, der zweite stark geknittert. - Dabei: Karl Heinrich Waggerl, österr. Schriftsteller (1897-1973). Eigh. Brief m. U. „H.“. 1 S., in sehr kleiner Schrift. Gr. 8vo. O. O. (ca. 1935). - Ebenfalls an den Schriftsteller und Politiker Guido Zernatto, der sich krank gemeldet hatte. „... Stadtleben ist ein Leben auf kurze Sicht und das ‚Ausspannen‘ und Erholen ist leichter geraten als getan. Aber vielleicht bist Du doch Deiner Natur und Bestimmung nach nicht für den Verschleiß in der Großstadt gebaut, ich meine im Grunde bist Du ja ein Außenseiter geblieben, der spaßhalber einmal das Rennen macht. Das alles verstehe ich sehr gut, bloß darfst Du nicht dabei zugrund gehen ... in der letzten Zeit hab ich allerhand Ärger gehabt. Kai erzählte Dir ja, daß mir wieder einmal jemand auf die Zehen gestiegen ist, und ich höre, Du denkst an denselben Namen, der auch mir gleich eingefallen ist. Dieser Herr war mir gar zu freundlich in der Sezession. Möglich wäre aber auch, daß ein gewisser Jakob Haringer der Täter ist, er hat mich einmal auf einer offenen Karte beschimpft und ist auch sonst ein Charakter, dem man so etwas zutrauen kann. Überhaupt, feine Leute leben da im deutschen Blätterwald! ...“.
2651 Wildenbruch, Ernst von, Enkel des Prinzen Louis Ferdinand von Preußen, vielgespielter Dramatiker sowie Erzähler der wilhelminischen Ära, von Theodor Fontane bekämpft (1845-1909). 2 Autographen. Zus. 5 S. Verschied. Formate. Berlin 1885. 200 € I. Eigh. Gedichtmanuskript m. U. „Ernst v. Wildenbruch“. 3 S. Gr. 4to. (Berlin) o. J. - „An Deutschlands Dramatiker“. 8 Strophen zu je 5 Zeilen.
52
„Auf! Die Zeit ist neu geworden, / Neue Zeit will neuen Rath; / Laßt das Grübeln und das Sorgen, / An die Thore klopft der Morgen, / Auferstanden ist die That ... Trag‘ ein Deutsches Herz im Busen / Was in Deutschland sagt und singt; / Deutsches Volk will lieben können, / Den nur wird‘s den seinen nennen, / Der sein Herz zur Liebe zwingt.“ - Mit 2 Streichungen. - Einrisse in der Querfalte. - II. Eigh. Brief m. U. „E. v. Wildenbruch“. 2 S. 8vo. Berlin 4.V.1885. - An Herrn Börsch. „... ich will, wie ich Ihnen versprach, mein Neuestes, ‚ein Opfer des Berufs‘, Humoreske, dem Verein gern vorlesen. Nun beabsichtige ich aber, dasselbe am nächsten Freitag ... öffentlich zum Besten der im Schachte Camphausen verschütteten Bergleute, bezw. deren Familien vorzulesen, wie Sie aus den Zeitungen vielleicht schon ersehen haben ...“. Bittet, die Lesung um acht Tage verschieben zu dürfen.
2652 Wollschläger, Hans, Schriftsteller, Übersetzer und Literaturkritiker, Träger zahlreicher Literaturpreise, geistig mit Arno Schmidt verwandt, u. a. gerühmt für seine James-Joyce-Übertragung und seine Karl-May-Editionen (1935-2007). Brief m. U. „Hans Wollschläger“. 1 S. (in sehr kleinem Schriftgrad). Mit Umschlag. Gr. 8vo. Bamberg 5.II.1988. 150 € Schöner, freundschaftlicher Bekenntnisbrief an einen literarisch versierten Archivar, Musikhistoriker und Arno-Schmidt-Kenner. „... verzeihen Sie mir, daß Ihr so hinreißender Brief bis heute ohne Antwort blieb -: die Aktualitäten-Post überbrandet in meinem Schreiber-Haushalt mittlerweile alle Ufer; die Zwischen-Feier-Tage waren durch das widerlichste Geschäft des Jahres besetzt, nämlich die Steuererklärung; dann Tagungs-Sitzungs-Reisereien, die Schmidt-Preis-Verleihung in Celle darunter -: man kann hinter das alles nur das bekannte C‘est-la-vie setzen ... ja, und sehn Sie, so betrachte ich - und durchaus ernsthaft eben - auch die übrigen Lebensumstände, die mir von den Geschickes-Mächten zugeteilt worden sind, also auch die ‚üblichen Brotarbeiten‘ -: sie gehören zu jenem Leben, auch dem Ihren, dessen ‚eigentliche‘ Bestimmung immer auch anders denkbar wäre ... ich kann arbeiten; mein Haushalt ist schuldenfrei, wie er‘s immer war, und meine Familie zufrieden; meine Bedürfnisse halten sich mühelos in Grenzen ... Was ich in den geistfer nen Zeiten lamentoso vorgetragen habe, war ja ein bißchen doch über meine Person hinaus gedacht - und gab pro toto meine persönliche Kontonummer nur im Zuge der Satura mit an -: es lag mir dabei ganz fern, für mich selber etwas schnorren zu wollen, und so haben es meine Leser - soll ich in doppelter Brechung nun sagen: bezeichnenderweise? - denn ausnahmslos auch verstanden ... daß es eine Gesinnung wie die Ihre gibt, wird mir tiefer im Gedächtnis bleiben, als es jede materielle Zuwendung erreichen könnte. Ich bin mit dem Leben, das ich zu führen habe, zufrieden und will es auch weiter so führen; was dabei herauskommt, wird - so oder so - das Richtige sein ...“. - Das erwähnte Buch „In diesen geistfernen Zeiten. Konzertante Noten zur Lage der Dichter und Denker für deren Volk“ war 1986 erschienen und hatte den Adressaten veranlasst, sich Gedanken über Wollschlägers materielle Situation zu machen und die Frage nach der Notwendigkeit von Unterstützung aufzuwerfen.
Über Goethe, Zelter, Pückler und Kunst 2653 Woltmann, Karoline von, Berliner Schriftstellerin, Übersetzerin und Publizistin der Romantik, befreundet mit Therese Huber und Wolfgang Gerle (1782-1847). Eigh. Brief m. U. „K. v. Woltmann“. 32/3 S. Gr. 4to. Berlin 11.III.1834. 300 €
________________________________________________________________________________________________________________________ Literatur Umfangreicher Brief, wohl an Theodor Hell (d. i. K. G. Th. Winkler) gerichtet, den Herausgeber der Dresdner Abendzeitung, von dem sie die Zusendung von Abdrucken ihrer „Reiseblätter“ erwartet. „... Herrn Arnolds, allerdings unverhoffte abschlägige Antwort, ist mir nur dann unangenehm, wenn sie Ihnen, in Bezug auf Ihren freundschaftlichen Antheil gegen mich, einige unbehägliche Augenblicke hätte veranlassen können. Ich ersuche Sie mein Manuscript noch einige Wochen an sich behalten zu wollen ... Wollten Sie mir wißen lassen, wann Sie die Beiträge zur Penelope wünschen? - Eine Recension von Zelters Briefen, bleibt wohl am besten hinausgeschoben, bis Mitte Sommers, nach Erscheinung des 5ten und 6ten Bandes. Was Zelter war, und durch das Verhältniß zu Göthe ward, läßt sich erst nachdem beide Bände, und mit ihnen der Schluß jenes Verhältnisses vorliegen, entscheiden. Der vierte Band, erscheint einigen Freunden, auf deren Urtheil ich traue, matter als die drei vorhergehenden; ich laß nur Stellen, die mich auch wenig befriedigten. Von Tutti Frutti haben wir nur die ersten Bände. Der Eindruck hier, ist allgemein ungünstig; man räth dem Verstorbenen, sich begraben zu lassen. Ich laß nur den zweiten Band - bei manchen Stellen schämte ich mich im Namen der deutschen gebildeten Nation, daß ein deutscher Schriftsteller, aus den ersten Ständen, ihr Dinge zur Unterhaltung sagt, die in die Wachtstuben, unter den untersten Pöbel gehören. Engländer, Franzosen, Italiener ließen sich dergleichen nicht gefallen. Ich möchte Ihnen ein paar Blätter über das Buch senden; aber ich möchte wissen, ob Sie sie aufnehmen würden, wie sie da sind? Sobald ... Sie es wünschen, erscheine ich gern unter einer Categorie, in die ich mich mit Freuden rechnen mögte, vor dem Publikum. Ohne alles Honorar zu arbeiten, wenigstens ohne eine bestimmte, wenn auch etwas späte Gewißheit desselben, erlauben mir meine Verhältnisse nur ausnahmweise; daß meine Reisebilder zur Penelope und zur Abendzeitung zu diesen Ausnahmen gehören, versteht sich von selbst; Ehre und Vergnügen nehme ich als Zahlung ...“. Zum Schluß behandelt sie noch eine Ausstellung des Vereins Berliner Künstler: „... Unsre kleine Gemähldeausstellung des Künstlervereins hat einige schöne Bilder. Stirner, der Sohn, hat unvergleichliche Stellen. Das Fleisch blonder weiblicher Körper hat Titian nicht so gemahlt; aber von diesem soll er lernen, wie die Figuren sich vom Hintergrund lösen und von einander. Darin kommt mir das Bild ungemein schwach vor. Der kranke Rathsherr mit seiner Tochter ist ein Genrebild im größten Styl. Der Kopf der Tochter ist hübsch, und hübsch gedacht; die übrige Figur verdirbt das Bild, meinem Gefühl nach. Ein Bachus [sic], der einem Tiger, aus einer Schaale in träumerischer, schalkhafter Lustigkeit, halb trunken, Wein in den aufgerissenen Rachen gießt oder fließen läßt; gefällt mir, unter den Arbeiten aus Bronze, vorzüglich. Die thierische, colossale Begier und Schleckerei, das Träumende, Willenlose und Muthwillige in der Figur des Gottes, sind köstlich im Contrast gedacht. Ich sah die Arbeit in Gips, Marmor, Bronze. Ziselirt in letzterer, gefällt sie mir am besten ...“. - Mit „Zelters Briefen“ ist der Briefwechsel GoetheZelter gemeint; „Tutti Frutti“ von dem „Verstorbenen“ ist Fürst Pücklers bekanntes Buch. Die „Penelope“ ist der von Theodor Hell jahrzehntelang herausgegebene Almanach. - Kleine Einrisse; ein Siegel-Ausriss als restauriert.
2654 Zola, Emile, franz. Schriftsteller, führende Persönlichkeit des franz. Naturalismus (1840-1902). Eigh. Brief m. U. „Emile Zola“. 1 S. Doppelblatt. Gr. 8vo. Médan 28.IX.1879. 600 € An den Literaturkritiker Albert Wolff, später Herausgeber des „Figa ro“, der ihn um ein Interview gebeten hatte. „... Je suis tout à votre disposition, mais si la chose presse, vous devriez m‘ecrire et je répon-
2657
drais, car je n‘irai à Paris que vers le 10 oct. Le pis est que je ne puis vous inviter à venir ici, car la maison est pleine de peintres et de tapissiers, au point qu‘on me chasse moi-même de toutes les pièces. Pouvez vous attendre jusqu‘au 10? Je vous préviendrai et j‘irai chez vous ...“. - Der Abdruck von Zolas Roman „Nana“ begann am 16. Oktober 1879 in der Zeitschrift „Le Voltaire“ und lief bis zum 5. Februar 1880. Am 12. Oktober erschien im „Figaro“ ein Artikel von Albert Wolff über „Nana“, offenbar ein Ergebnis des hier behandelten Interviews.
2655 - Eigh. Brief m. U. „Emile Zola“. 1 S. Gr. 8vo. Médan 5.VII.1880.
450 €
An den ihm befreundeten Maler und Journalisten Numa Coste. „... Répondez, et tout à votre aise. Vous savez bien que plus rien au monde ne peut me gêner. Pourra-t-on vous avoir ici quelques jours en août? Réservez-nous au moins une semaine ...“. - Beiliegend eine Ausfuhrgenehmigung des franz. Kulturministeriums aus dem Jahr 1999.
53
Literatur ________________________________________________________________________________________________________________________________________ plus tôt que je ne le voulais. Il n‘y a pas de supplice pareil, à entendre un feuilleton galoper derrière vous et toujours menacer de vous rattraper. Je ne perds plus une heure ...“. Abbildung Seite 53
2658 - Eigh. Billet auf seiner Visitenkarte. 1 S. Auf ein größeres Blatt montiert. (Paris 1898). 400 € „J‘ai bien reçu ce que vous m‘avez envoyé. Merci mille fois, et bien cordia lement à vous. Emile Zola“. - Hierzu auf der Rückseite eine englische Notiz: „Refers to communication sent to Zola by Vizetelly Ze Dreyfus case. March, 1898.“ - Ernest Alfred Vizetelly (1853-1922) war Zolas Verleger und Übersetzer; er hielt mit Zola Kontakt während dessen Exil in England.
2659 Zürn, Unica, aus Berlin stammende Dichterin und Zeichnerin, mit Hans Bellmer liiert, Teilnehmerin an der Documenta II (1916-1970, starb durch Selbstmord). Eigh. Gedichtmanuskript. Mit kleiner Federzeichnung. 1 S. Gr. 4to. O. O. u. J. 450 € „Am Fenster“. 9 Zeilen: „Heute zwischen den Steinen / sah ich die Sonnenblumen welken / Astern und Zinnien / und Welschhornblätter / hörte im nahen Gehölz / die Falläpfel platzen. / Am Fenster stehend, dachte ich / mein Hemd zu färben / ehe ich reise.“ - Weiter unten die Worte „das Dunkel“ und eine kleine Zeichnung mit Sonne (?), Stern und Mond, zusammenhängend. - Als die Dichterin sich das Leben nahm, sprang sie aus einem Fenster von Hans Bellmers Wohnung. - Sehr selten. Abbildung
2659
„wie ein unterirdischer Fluss“ Arbeit an „Germinal“? 2656 - Eigh. Brief m. U. „Emile Zola“. 1 S. Doppelblatt. Gr. 8vo. Médan 15.IV.1884. 600 € An den Maler Alfred Roll mit Dank für eine Sendung. „Merci mille fois, cher monsieur Roll, du renseignement que vous m‘envoyez. Il me fait grand plaisir, car j‘avais à coeur de n‘être pas trop dans le faux; et, s‘il y a eu des femmes travaillant au fond des mines dans le Pas-de-Calais jusqu‘en 76, je puis bien en mettre jusqu‘en 68 dans le Nord, un département varié [?] ...“. - Papier leicht gebräunt; das zweite (leere) Blatt mit Eck-Abrissen von ehemaliger Montage.
2657 - Eigh. Brief m. U. „Emile Zola“. 2 S. Doppelblatt. Gr. 8vo. Médan 1.I.1886. 900 € Aufschlußreicher Brief an einen Freund, dem er für dessen „bon souvenir“ dankt. „... et croyez que nous pensons souvent aussi à vous. Mais quels chemins, si vous vous risquez jusqu‘à Médan! Le pis est que la grosse fortune dont les journeaux m‘accusent, ne me permet pas encore d‘envoyer une voiture à mes invités. En tout cas, si le temps vous effrayait, rappelez vous que nous vous attendons en mars pour déjeuner à Paris. Un mot simplement qui nous prévienne, et nous seront très heureux. Moi aussi j‘ai trop travaillé, je travaille encore trop, cloitré ici pour deux mois, par le fin de ce roman dont on vient de commencer la publication
54
2660 Zweig, Stefan, österr. Schriftsteller (1881-1942). Brief m. U. „Stefan Zweig“. 3/4 S. Mit dem Monogramm „SZ“ im Briefkopf. Gr. 4to. Salzburg 20.V.1927. 450 € An die Schriftstellerin Vicki Baum (1888-1960), Redakteurin des bei UIllstein erscheinenden, qualitätvollen Magazins „Uhu“. „... Ich halte also mein Versprechen getreulich ein und lege Ihnen heute jene kürzere Novelle vor, von der ich hoffe, dass sie sich für den Uhu gut eignet ich glaube sogar, dass sie der Illustration sehr entgegenzukommen vermöchte. - Als Wunsch dazu den folgenden: da diese Novelle doch kurz und wie ich hoffe ganz in sich geschlossen ist, so möchte ich sehr darum bitten, eigentlich darauf bestehen, dass sie nicht zerteilt werde und wie meist im ‚Uhu‘ nicht plötzlich abspringe um, wie ein unterirdischer Fluss in einem Dickicht von Inseraten neu aufzutauchen ... Und hoffentlich auch machen Sie durch ein fürstliches Honorar dringende Lust zu weiterer Mitarbeit ...“. - Verbesserungen von Zweigs Hand; einige Gebrauchsspuren. Abbildung
„eine Art Staatsstreich“ 2661 - 1 masch. Brief und 1 masch. Postkarte m. U. „Stefan Zweig“, der Brief auch mit eigh. Zusätzen. Zus. 3 S. Gr. 4to und quer-8vo. Salzburg 28.VI.1936 bzw. Ostende 19.VII.1936. 1.200 €
________________________________________________________________________________________________________________________ Literatur An den Musikwissenschaftler und Feuilletonisten Viktor Zuckerkandl in Österreich, der ihm zwei Probe-Exemplare seines Buches „Die Welt gemeinschaft der Juden“ gesandt hatte, das angesichts der wachsenden Judenverfolgung eine übernationale Repräsentanz aller Juden anregte. Zweig antwortet, wie er mit Bleistift anmerkt, „eiligst auf der Durchreise“, geht aber dennoch näher auf Zuckerkandls Vorschläge ein und entwickelt seinen Gedanken einer Weltvertretung für alle Juden. „... Auf der Reise von Wien her habe ich Ihr Buch gelesen und finde es hervorragend mit seiner klaren und geistigen Form. Insbesondere ist der genetische Teil des Problems mit ungewöhnlicher Klarheit und Intensität erfasst - im andern, im positiven Teil ist bloss die geistige Lösung und nicht die tausendmal schwierigere materielle zur praktischen Form erhoben. Im Wesentlichen gehen wir aber ganz konform. Was Sie da vorschlagen, eine Weltrepräsentation, hat in London ein engerer Kreis immer und immer wieder durchgesprochen. Nur sind wir schon wieder weiter gegangen, indem wir die Einsetzung dieser Repräsentation nicht durch Wahl wünschen, denn damit wären alle Formen der Zwietracht erweckt und es würden Politiker und Streber als Repräsentanten gewählt. Wir dachten sogar kühnerweise an eine Art Staatsstreich, an eine Einsetzung eines obersten Rates von vierzig oder fünfzig Menschen als fait accompli, der sich dann nur bestätigen liesse und aus seiner Mitte die wirklichen Repräsentanten oder den wirklichen Repräsentanten wählte, ohne auf die einzelnen Gruppen der Orthodoxen, der Revisionisten und Gegen-Revisionisten Rücksicht zu nehmen. Es müssten nur einfach für die Weltrepräsentation diejenigen gewählt werden, die durch irgend eine Art der Leistung heute schon Weltgeltung haben (nicht solche, die sie durch die Machtstellung erst bekommen) ... Das eine Exemplar lasse ich Herrn Joseph Leftwich senden, [der] der beste Übersetzer wäre und durch den Einfluss, den er besitzt, auch eine Uebersetzung wahrschenlich durchsetzen kann ... Das andere Exemplar leihe ich zunächst einem Freunde in London, der in dem Kreise um eine zu schaffende Repräsentation tätig ist. Was ich dafür vor meiner Abreise nach Südamerika tun kann, wird freudigst geschehen ...“. - Der Brief ist mit Bleistift unterzeichnet, wie auch etliche Text-Korrekturen und eine Nachschrift mit Bleistift ausgeführt sind: „Verzeigen Sie die confuse Hast, ich dictiere zwischen zwei Zügen, wollte Ihnen aber doch ... sagen, wie stark Ihr Buch auf mich gewirkt hat.“ - Auf der Postkarte aus Ostende nennt Zweig die Adresse seines erwähnten Londoner Freundes und fügt an: „... Entschuldigen, dass ich so knapp schreibe, aber ich reise bald und muss noch vorher eine grössere Arbeit fertigstellen ...“. - Auf der Rückseite eine Aufzählung von 8 Namen (darunter Klemperer und Warburg) in einer Handschrift, die stark an die charakteristischen Schriftzüge Wassily Kandinskys erinnert. - Wertvolle Zeugnisse der noch immer idealistischen Vorstellung Zweigs von einer machtvollen und würdigen Gesamt-Repräsentation des jüdischen Volkes angesichts einer überall gewachsenen Bedrohung.
2662 - Brief m. U. „Stefan Zweig“. 11/2 S. Gr. 4to. London 31.X.1936. 600 € Ebenfalls an Viktor Zuckerkandl. „... Zunächst: wenn Sie über Ihren Verleger klagen, so klage ich mit. Denn ich hatte das Korrekturexem-
2660
plar Ihres Buches seitdem weitergegeben und das eigentliche Exemplar ist bis heute noch nicht eingelangt ... Ich kann Ihnen nur sagen, dass wir uns über den Weg alle klar sind. Der Gedanke einer einheitlichen Repräsentation und zwar ganz in dem Sinne, wie Einstein es vorschlägt, Autorität von geistiger Seite, ohne zunächst auf die Gruppen zu achten, ist der einzig gangbare. Was fehlt, ist heute ein Mensch, der das organisiert, der die paar Leute zusammenbringt, auf die es ankommt. Das kann zum Beispiel Warburg nicht tun, der ein vielbeschäftigter Bankmann ist und viel auf Reisen. Aber er kann zum Beispiel, wenn jemand mit diesem Plane herkommt, die zwanzig wesentlichen Leute in London in sein Haus zu einer Besprechung rufen. Ebenso müsste es in Paris, in Prag in New York geschehen. Aber wie gesagt, dieser Mann ist noch vonnöten, der es als seine Sache nimmt und nicht als ein Geschäft ...“. Zu Zuckerkandls Buch: „... Der Brief von Einstein wird vielleicht eine amerikanisch-englische Ausgabe leichter machen. Ich spreche dieser Tage mit Warburg und andern Freunden darüber ...“.
55
______________________________________________________________________________________________________________________________________
2664
Wissenschaft und Technik 2663 Alchimie. - Manuskript über den „Stein der Weisen“. 46 S., 1 leeres Bl. 4to. Lose Bogen, ohne Umschlag. (Deutschland, wohl Ende des 18. Jhdts). 450 € „De Lapide Philosophorum zu tractiren, stehet nicht allein im Lesen sondern wohlgegründeter Erfahrung; als die Cörper wieder zurück in ihre 1te Matr: bringet, der erlanget was er suchet. - Die Vorrede dieser Kunst, erstlich kann ich Dir, ehe ich die Kunst anfahe zu schreiben, unvermeldet nicht laßen, daß diese Nachfolgende und herrlich überschwengliche Kunst und große Fruchtbarkeit, hoher Weißheit und Verstand, nach Philosoph: Art, mit Caracteren und heimlichen Worten, Himmels-Zeichen, Figuren oder Gemählden und mit anderer Heimlichkeit P: Metaphoram, wie denn solche den Nahmen haben mögten, welches zur Dunkelheit gehöret, dazu man dann ein gros Verständnis solche zu verstehen, gebrauchen mus, hätte wohl beschreiben können; aber weil ich‘s Dir von Herzen gönne, habe ich aus Lieb und Gunst die
56
ich zu Dir trage, solches klärlich geschrieben, dann ich nicht gerne wollte, daß Du in diesem hohen Werk irren solltest ...“. - Nach der Diktion vermutlich Abschrift eines älteren Textes, wie z. B. der 1704 erschienenen „Collecti processus de lapide philosophorum praeparando, aliisque secretis non vulgaribus oder von d. Zubereitung d. Steins d. Weißen“. - Titel gebräunt; innen stellenweise fleckig, meist im breiten Rand.
2664 - Manuskript über Behandlung von Metallen. 6 Bl., alle 12 S. beschrieben. Kl. 4to. Lose Bogen, ohne Umschlag. (Deutschland, wohl um 1600). 300 € „Ain [Zeichen für: Mittel] alle Metalle darinnen weich zu machen.“ Wohl unvollständiges Kapitel eines umfangreicheren Werkes. Nach dem „FINIS“ auf (S.) 9 folgen 3 Seiten Register der Stoffe und Begriffe mit ihren alchimistischen Zeichen und Symbolen; vorhanden jedoch nur die
_______________________________________________________________________________________________________ Wissenschaft und Technik Buchstaben A-F. Die mehrheitlich deutschsprachigen, teils auch lateinischen Rezepte sind dicht mit diesen Symbolen gefüllt, so dass der leider ohnehin fragmentarische Text nur für Experten verständlich wird. Abbildung
2665 - Konvolut von mindestens 10 Fragmenten von alchimistischen Manuskripten in deutscher Sprache. Unterschiedliche Schreiber. Zus. ca. 68 überwiegend lose Bl. Meist kl. 4to. (Ca. 1600-1800). 600 € Meist relativ kurze, nicht mehr als 20 S. umfassende, jeweils unvollständige Texte, mit Titeln wie: „Eine schöne bewerthe Kunst, von einem Waßer, das genennet wird Lac Virginis“ oder „De Oleis“. Ein datiertes Manuskript ist betitelt: „Versuch kurtzen Begrifs eines Lehr Gebäudes der Reinen Chemie D: Georgi C. Ph: Carlscrona 1760“. Auf dem Titelblatt zusätzlich der Vermerk: „14 Bogen“, doch sind hier nur die ersten 22 Bl. vorhanden. Da z. T. in sehr kleiner, enger Schrift hergestellt, enthalten die Blätter doch erhebliche Textmengen. - Stellenweise fleckig oder mit Randschäden.
„Im Kino schläft es sich besser“ 2666 Automobil-Technik. - Ledwinka, Hans, österr. Kfz-Konstrukteur, neben Ferd. Porsche und Siegfried Marcus einer der bedeutendsten Automobil-Konstrukteure seiner Zeit, entwickelte im Sudetenland den „Tatra“ zu einem erfolgreichen Volks- und Luxuswagen (18781967). 1 eigh. Brief und 6 eigh. Ansichts-Postkarten m. U. „Onkel Hans“. 1928-1935. 200 € Ein Brief sowie Kartengrüße von Geschäftsreisen nach Berlin, Dresden, Nürnberg und Augsburg, gerichtet an seine Nichte Hilde Ledwinka in Wien. In einem mit 5 Fotos illustrierten Faltbrief des Hotels „Alhambra“ am Kurfürstendamm in Berlin („Haus ersten Ranges“) schreibt er am 18. Februar 1933 nach dem Besuch der „Internationalen Automobilund Motorrad-Ausstellung“: „... Gott sei Dank geht es morgen früh heimwärts. So ein Ausstellungsbesuch ist sehr anstrengend. Von früh bis abends das Gequatsch von so vielen Leuten anhören ist sehr ermüdend. Es war sehr viel zu sehen. Abends ist man so müde, daß ich ins Teater [!] gar nicht gehen kann, da ich dort einschlaf. Im Kino schläft es sich besser. Ich freue mich bald nach Wien zu kommen ...“. Fünf Postkarten zeigen photographische Ansichten der bereisten Städte, die sechste (16. II.1935) zeigt eine Rückansicht des Tatra, Type 77, laut Karten-Aufdruck „ein Stromlinienwagen mit Heckmotor, die Sensation im internationalen Automobilbau“. - Der Brief am rechten Rand etwas tintenfleckig. Abbildung
Münzsammlers Freud und Leid 2667 Beireis, Gottfried Christoph, Arzt, Physiker und Chemiker, großer Münz-Sammler, Professor in Helmstedt, Hofrat und Leibarzt des Herzogs von Braunschweig-Wolfenbüttel (1730-1809). Eigh. Brief mit U. „Beireis“ sowie eigenh. Schriftstück mit U. „G. C. Beireis“. Zus. 4 S. Doppelblatt (Brief) und etwas größeres Einzelblatt. 4to. Helmstedt 17.IX.1778. 900 €
2666
An einen Sammler in Jena, dem er Aufträge für eine Versteigerung gibt. Der erwähnte Auktionskatalog ist: „Verzeichniß eines Münz Vorraths alter, mittler und neuerer Zeiten, welcher von 31. August 1778. an ... zu Jena, in des ... Justitz Rath [Joachim Erdmann] Schmidts ... den Meistbiethenden überlassen werden soll“ (Jena 1778): „Euer HochEdelgeb. bin ich für die gütige Übersendung des Schmidtischen Münzverzeichnißes recht sehr verbunden. Ich nehme das geneigte Anerbieten, für mich Münzen daraus zuerstehen mit verbindlichstem Dank an, und sende daher hierbei ein Verzeichnis nebst den äußersten Preisen. Euer HochEdelgeb. werden ersehen, daß ich meistentheils nur geringe Preise gesezt habe, weil in dem ganzen Verzeichniße keine einzige Münze vorhanden ist, die ich vorzüglich zubesizen wünschen könnte. Ich sehe jezt hauptsächlich auf alte griechische und auf römische goldene Münzen. Die vom Gallieno ist ofenbar falsch, ich habe sie vor 3 Jahren in Potsdam bei dem seel. Obersten Quintus Icilius gesehen, der erst sie für ächt hielt, aber durch meine Gründe vollkommen des Gegentheils überzeugt wurde. Die nummi consulares oder Familiarum sind alle zusammen verdächtig und scheinen aus der Fabrique zu seyn, woraus ich vor 2 Jahren sehr viele aus einer Hamburgischen Auction bekam, die ich aus Aerger zusammen aus dem Fenster warf. Denn der Betrug war zu grob, sie waren fast alle gegoßen. Der Otto aeneus ist ebenfalls seines aeruginis nobilis ungeachtet falsch, ich habe drei solcher falscher nummorum, darum wollte ich den 4ten gern dazu haben, und da kam es auf eine halbe Charle d‘or nicht an. Vielleicht findet sich aber einer, der einfältig genung ist, sie für ächt zu halten, und giebt wohl 1 Paar Louis d‘or dafür. - Ich habe zwar eine Thaler-Sammlung, allein ich würde sie gern gegen einige recht sehr alte griechische Silbermünzen, die so alt, wie mein nummus Delphiorum und Aorni ist, die ich aus der Wizlebischen Sammlung aus Leipzig erhalten habe, vertauschen. Darum habe ich auch keine starken Commißionen auf die Thaler gegeben. Ich hatte zwar in Jena Bekanntschaft genug, und es würde sowohl der Herr Kirchenrat [Ernst Jakob] Danovius, als auch der Herr Hofrat Gruner meine Commißion besorgt haben, allein Euer HochEdelgeb. gütiges Anerbieten war mir, da sie Selbst ein Kenner sind desto lieber ...“. - Die erwähnte unterschriebene Liste mit ca. 70 Auktionsgeboten (Angaben der Katalogseite, Nummern, Kurzbeschreibungen und Gebote) liegt bei. - Der erwähnte Potsdamer Oberst Quintus Icilius hieß eigentlich Karl Theophil Guichard, war Gesellschafter Friedrichs des Großen, der ihn mit dem erfundenen Namen nobilitierte. Er verwaltete die Biblio-
57
Wissenschaft und Technik ________________________________________________________________________________________________________ 2669 Berlin. - Königliche Eisengießerei zu Berlin. Rechnung mit illustriertem Briefkopf in Stahlstich. 21/2 S. Doppelblatt mit Adresse. Folio. Berlin 10.VII.1840. 180 € Rechnung über nach Monbijou gelieferte Ofeneinsätze, gerichtet an den Bauinspektor Kreye. „Ew. Wohlgeboren beehren wir uns eine Kostenliquidation über die nach Monbijou gelieferten 6 Ofeneinsätze und 8 Röhren zu überreichen und ersuchen Sie ergebenst, den Betrag dieser Rechnung von 227 rh 25 gr 5 d zur Zahlung an uns gefälligst anweisen zu wollen. - Königl. preuß. Eisengießereiamt“. Mit Unterschriften von drei Personen. Rückseitig die detaillierte Aufschlüsselung der Rechnung, teils mit roter Tinte vom Rechnungsprüfer verändert. Bemerkenswert die etwa ein Drittel der Seite einnehmende hübsche Ansicht der Eisengießerei in der Invalidenstraße, gestochen von Linsen nach einer Zeichnung von Lütke. - Bekanntlich gelangte der Berliner Eisenkunstguß unter Karl Friedrich Schinkels Ägide weit über Preußens Grenzen hinaus zu hohem Ansehen. - Mehrere Braunflecken und ein Rand-Einriss.
2670 Bernoulli d. J., Johann, Schweizer Mathematiker, Physiker und Jurist, Professor in Basel, eng befreundet mit Maupertuis, gewann viermal den Preis der Académie des Sciences und war u. a. auswärtiges Mitglied der Preußischen Akademie der Wissenschaften (1710-1790). Eigh. Brief m. U. „Jean Bernoulli“. In franz. Sprache. 11/2 S., eng beschrieben. 4to. Basel 18.III.1782. 1.200 €
2667
thek des Königs und besaß selbst eine wertvolle Bibliothek, die Friedrich nach dem Tod des Obersten erwarb. - Der Arzt und Universalgelehrte Beireis besaß eine beachtliche Münzsammlung: „Alte römische Münzen besaß er 161 in Gold und 437 in Silber. Die Goldmünzen römischer Kaiser und ihrer Familien hatte er vollständig und zwar in vorzüglicher Prägung, die Sammlung neuerer Münzen war sehr umfangreich“, wie der Numismatiker Johann Jakob Leitzmann (1798-1879) im Sammlungskatalog Beireis (Erfurt 1827) schrieb: „Verzeichniss einer ansehnlichen Sammlung goldener, silberner, kupferner und anderer Münzen alter, mittlerer und neuerer Zeit, aus dem Nachlasse des verstorbenen G. Ch. Beireis“. - Gering stockfleckig. Abbildung
2668 Bergmann, Ernst von, berühmter Chirurg, Professor in Dorpat, Würzburg und Berlin (1836-1907). Eigh. Brief mit U. 1 S. Mit gedrucktem Briefkopf. Gr. 8vo. Berlin, 5.VI.1902. 120 € An einen Pastor wegen eines Besuches: „... Heute zieht nun meine Frau nach Potsdam, da kann ich schon am Sonnabend zu ihr kommen und Sonntag nach dem Gottesdienst Sie sprechen. Mit dem Fest bin ich ganz einverstanden ...“. - Bergmann, einer der größten Chirurgen seiner Zeit, engagierte sich neben seiner ärztlichen Tätigkeit auch im kulturellen Leben der Metropole Berlin. - Einriß alt hinterlegt.
58
An einen Gelehrten (Leonhard Euler? den Marquis d‘Argens?), dem er zunächst voll Trauer den Tod seines Bruders Daniel mitteilt, der am Vortag in Basel verstorben war. Dann kommt er auf seinen Sohn Johann III Bernoulli (1744-1807) zu sprechen, der als Mathematiker und königl. Astronom in Berlin lebte und seit 1764 Mitglied der Berliner Akademie war. „... Je croirois vous manquer essentiellement et ne me manquerois pas moins à moi même, si je me laissois prévenir par qui ce fut à vous faire part d‘un événement aussi triste et aussi douloureux pour moi que c‘est celui de la mort de mon frère arrivé hier à 6 heures du matin. Quoique je dûsse être préparé à cette perte depuis bien des années je ne l‘en ressens pas moins vivement; ce frère qui vient de m‘être arraché, plutôt qu‘enlevé, quelque chargé qu‘il fut d‘années, n‘en étoit pas moins mon frère et nous n‘en étions que plus accoutumés à vivre ensemble ...“. Er glaube dem Adressaten das mitteilen zu müssen, da dieser immer ein mitfühlendes Herz gezeigt und an den Schicksalen der Familie Bernoulli Anteil genommen habe. „... Avec quel empressement vous m‘avez sollicité à consentir que mon fils le berlinois, qui, pour ainsi dire, étoit encore enfant, fut aggrégé, malgré sa jeunesse, à l‘Académie à la quelle vous faisiez encore l‘honneur d‘en être le Président, jusqu‘à employer une autorité à laquelle il n‘y avoit plus moyen de resister, celle du Protecteur de l‘Académie, de ce Roi, qui de son vivant êtoit vôtre ami et pour qui je ne trouve point d‘épithète qui ne soit audessous de Lui! Avec quelle générosité vous m‘avez dès lors fait espérer qu‘un jour vous honoreriez ce jeune homme de vôtre suffrage pour le faire recevoir à la première des Académies des Sciences! Ce seroit bien aujourd‘hui, Monsieur, le véritable moment d‘effectuer vôtre bonne volonté; Il est à présumer, que le poids de vôtre suffrage en entraineroit plusieurs autres et serviroit efficacement à prolonger cette chaine non interrompue jusqu‘ici et dont nôtre famille a tant de droit de se glorifier à laquelle on voit attaché nôtre nom dans les fastes de vôtre Academie ...“. - Der Tod des bedeutenden Mathematikers Daniel Bernoulli hatte zur Folge, dass sein Bruder Johann noch im selben Jahr an seiner Stelle als Auswärtiges Mitglied in die Pariser Académie des Sciences aufgenommen wurde. - Etwas braunfleckig.
_______________________________________________________________________________________________________ Wissenschaft und Technik 2671 Berthelot, Marcelin-Pierre-Eugène, französischer Chemiker und Staatsmann, Mitbegründer der synthetischen organischen Chemie, 1901 in die Academie Française aufgenommen (1827-1907). Eigh. Postkarte m. U. „M Berthelot“. (Fouesnant, Bretagne) 27.IX.1903. 150 € An Felix Marie Hemon (1848-1916), den Vater des Romanciers Louis Hemon (1880-1913), in Quimper, der ihn um einen Beitrag über Ernest Renan gebeten hatte. Er habe nur wenig mehr zu sagen, als was bereits in dessen Erinne-rungen bzw. der Korrespondenz enthalten sei: „... C‘est seulement le 26 que je trouve, à mon retour à Paris, votre lettre datée du 12: j‘étais parti le 10. Je vous prie de m‘excuser de ne pas vous avoir repondu. J‘aurais (?) d‘ailleurs peu de chose à vous dire, qui ne soit dejà dans les Souvenirs de jeunesse de R. et dans notre correspondance ... „.
2672 Billroth, Theodor, berühmter Wiener Mediziner, einer der bedeutendsten Chirurgen des 19. Jhdts, gilt als Begründer der modernen Bauchchirurgie und Pionier der Kehlkopfchirurgie; zugleich als Musikliebhaber mit Johannes Brahms und Eduard Hanslick eng befreundet (1829-1894). Eigh. Brief m. U. „Dr. Th. Billroth“. 21/2 S. Mit mehrfarbigem Emblem des „Rudolfiner-Vereins“ in Wien. Gr. 8vo. Wien 23.VI.1884. 650 € An einen Herrn mit der Bitte, ihn bei „einem humanitären Unternehmen zu unterstützen, welchem ich meine ganze Kraft zuwende, so weit mein Amt mir davon übrig läßt. Es handelt sich um den Bau eines Krankenhauses mit einer Pflegerinnenschule von interconfessionellem nicht geistlichen Charakter nach deutschem Muster. Ich sende zugleich hiemit den letzten Jahresbericht des ‚Rudolfinervereines‘, welcher das ‚provisorische Rudolfinerhaus‘ in Unterdöbling begründet hat, aus welchem nun durch mustergültige Neubauten eine definitives werden soll. Sie finden die Statuten am Schluß des Jahresberichtes angefügt ...“. - Das Rudolfinerhaus, ein modernes Spital mit Krankenpflegeschule, war durch Billroths Initiative 1882 in Unterdöbling gegründet worden.
2672
Abbildung
2673 Bloch, Ernst, Philosoph, Professor in Leipzig und Thüringen (1885-1977). Eigh. Briefkarte m. U. „Ernst Bloch“. 2 S. Mit Umschlag. Quer-8vo. Leipzig 23.IV.1958. 300 € An den Verleger Günther Neske in Pfullingen. Bedankt sich für dessen „sehr erwünschte Zusendungen“ und fährt fort: „... Herr [Walter] Jens hat mir von Ihnen erzählt und mir auch, seinerseits, eine gewisse Intention ausgesprochen, die mich rebus sic fluentibus interessiert hat. Gerade lese ich in der sprachlichen Kostbarkeit des Odysseus-Testaments. Und eine alte Hassliebe, mit der es natürlich eine eigene Bewandtnis hat, freut sich mit den drei Heideggers ...“. - Beiliegend eine Weihnachts- Glückwunschkarte, geschrieben von Karola Bloch (wohl 1959).
„nicht ohne geistesgeschichtliche Bedeutung“ 2674 - Eigh. Brief m. U. „Ernst Bloch“. 2 S. Mit Umschlag. Gr. 4to. Leipzig 20.IX.1958. 400 €
An den Verleger Günther Neske, der den Wunsch geäußert hatte, Blochs noch nicht vollständig erschienenes Hauptwerk „Das Prinzip Hoffnung“ im Westen herausbringen zu dürfen. „... hatte mich gefreut über Ihr Gedenken, das sich in Buchsendungen ausdrückte. Hatte mich etwas verwundert über eine Korrespondenz, die trotz Prof. Jens nicht in Gang kam. Jetzt hat mir Hans Meyer [recte: Mayer] das erklärt. Gleichzeitig erhielt ich Briefe von Ruth Eva Schulz und Hellmuth Plessner. Obwohl nicht eben persona grata, steht einer Korrespondenz zwischen einem so angesehenen Verlag wie dem Ihren und mir gar nichts im Wege. - Im Brief von R. E. Schulz steht das Missverständnis, als ob Sie nur am 3. Bd. des ‚Prinzip Hoffnung‘ vorerst interessiert wären. Ich konnte das überhaupt nicht begreifen; nun ist die Sache ja klar. Allerdings bis auf das Eine: dass Sie wirklich ‚Das Prinzip Hoffnung‘ im Westen herausbringen wollen. Hierüber bitte ich Sie um eine Mitteilung. Klar sind wir wohl darüber, dass das Erscheinen (gleichsam die Entdeckung) meines Philosophierens im deutschen Westen nicht ohne geistesgeschichtliche Bedeutung wäre. - Die Lizenz für das dreibändige Werk hat der Aufbau-Verlag Berlin. Doch zögert dieser Verlag immer noch, den fertig gesetzten 3. Bd. auszuliefern. Besitze ich Ihre Zustimmung, so werde ich - wegen offenkundigen Vertragsbruchs - den Kon-
59
Wissenschaft und Technik ________________________________________________________________________________________________________ men. - Ein anderes dürfte sogleich vorliegen, wenn einmal das Eis unbedenklicher gebrochen ist. Gegen Suhrkamp, als Verlag Brechts, scheint man sich nicht sperren zu können. Also bin ich verdonnert, das Hoffnungsbuch, nur dieses vorerst, Suhrkamp zu geben. Das Ihnen zu schreiben, fällt mir schwer, es bereitet mir persönlichen Kummer ... Wie selten jemandem, bei so kurzer Bekanntschaft, brachte ich Ihnen lebhafte Sympathie entgegen. Ihre so ganz persönliche, von der besonderen Sache betroffene verlegerische Intensität bewegte mich; wie gern hätte ich dies Buchkind in Ihrem Haus untergebracht, Ihrer Treue gegeben. Doch es wäre ohne grosse Unbequemlichkeit nicht möglich gewesen, und vielleicht auch mit ihr nicht. - Das Weitere jedoch habe ich mir so zu denken. Sobald einmal ein Werk von mir beim BrechtVerlag herausgebracht ist, mit einer dem Sozialismus erfreulichen Wirkung, wird die heideggersche Sperre nicht mehr so negativ wirken. Ich denke aber an andere Bücher bei Ihnen (meine Schubladen sind ja tief). Ohnehin dürfte ein einziger Verlag, selbst wenn er wollte, (was mit Suhrkamp noch keineswegs ausgemacht ist), nicht imstande sein, Neudrucke und Erstausgaben meiner nicht wenigen Bücher in der gedrängten Zeit auszuführen, wie ich sie mir, um allzuviel Nachlass tunlichst zu vermeiden, dringend wünsche. Ich bitte Sie herzlich, auch aus diesem sachlichen Grund, unsere Verbindung nicht abreissen zu lassen ...“. Spielt dann auf seinen Besuch in Frankfurt a. M. an: „... In den ‚Drei Hasen‘ und im Goethehaus (ich weiss nicht, von einem nichtkontemplativen Standort aus, wo ich mich wohler fühlte) schien das Hoffnungsbuch, obwohl ich die angegebenen Schwierigkeiten nie verhehlte, bei Ihnen unter die westdeutsche Haube zu kommen. Doch fiel auch dieser Reif in der Frühlingsnacht, so möge doch unsere Frühlingsnacht sachlich wie freundschaftlich weiterbestehen ...“. - Beiliegend ein Weihnachts-Kärtchen, geschrieben von Karola Bloch. Abbildung
2676 - Eigh. Briefkarte m. U. „Ernst Bloch“. 2 S. Mit Umschlag. Quer-8vo. Leipzig 15.IV.1959. 300 €
2675
trakt mit dem Aufbau-Verlag auflösen, aber allein die Lizenz besitzen. Da eine französische, italienische und jugoslawische Übersetzung in Aussicht steht, wird auch dieserhalb nichts anderes übrig bleiben ... PS. Ich bemühe mich durchaus, Ihnen die Aushängebogen von Bd III. (leider una cosa rara) zugänglich zu machen.“
„meine Schubladen sind ja tief“ 2675 - Eigh. Brief m. U. „Ernst Bloch“. 2 S. Mit Umschlag. Gr. 4to. Leipzig 9.XII.1958. 600 € An den Verleger Günther Neske. Sehr interessanter Brief, der das Tauziehen und die Konkurrenzsituation um den gefragten Autor und seine Werke zwischen Ost und West beleuchtet. Zugleich wird deutlich, dass die Vorliebe Blochs für den Verleger Neske und dessen vertrauenerweckende Persönlichkeit so groß war, dass er es in Kauf genommen hätte, mit den eher „rechtsgerichteten“ Autoren Heidegger und Jünger in einer Reihe bei demselben Verleger zu erscheinen. „... Die Sachlage ist nun die: Der Aufbau-Verlag würde, wie ich erfahren habe, in unserem Fall keine Lizenz geben oder bestenfalls eine auf langen Umwegen, also sehr verzögerte, von der Lage abhängige. Das Schwierige hängt mit dem Erscheinen von Heidegger, Jünger zusam-
60
An den Verleger Günther Neske in Pfullingen, mit Dank für eine neue Büchersendung. „... Sie war mir ein Zeichen, dass wir in ungestörter freundlicher Beziehung stehen. Durch Hans Meyer [recte: Mayer] bin ich über die Herstellung bei Ihnen etwas auf dem Laufenden. Was aber die ‚Hoffnung‘ [sein Hauptwerk „Das Prinzip Hoffnung“] angeht, so hätte ich, wie sich nachher völlig deutlich zeigte, nie die Lizenz erhalten, wenn Pfullingen statt Frankfurt ins Haus gestanden hätte. Das ist wichtig und Ihnen gewiss versöhnlich, sozusagen, zu wissen. Übrigens haben Sie mir schon manch Nettes getan: würden Sie das weiter tun, indem Sie mir das letzte Buch des Kollegen [Walter] Jens, worin er am Schluss über unser hiesigens Symposion sprechen soll (wie ich höre), freundlich zugehen lassen? Es ist mir hier nicht erhältlich ...“. - Mit „Frankfurt“ ist der Suhrkamp Verlag gemeint.
2677 Bossut, Charles, berühmter französischer Mathematiker, Mitarbeiter d‘ Alemberts an der Encyclopédie, königlicher Hydrodynamiker am Louvre, (1730-1814). Eigh. Brief m. U. „Bossut“. 1 S. und Adresse auf Doppelblatt. 4to. Paris „20. Nivôse an 4“ (d. i. 10.I.1796). 150 € An die „Citoyens composant le comité central des fortifications“ in Paris, die Aspiranten für die Ingenieurschule in Metz be-treffend: „Vous savez que l‘examen des aspirants à l‘école de Metz a dû être fermé le 15 de ce mois. Le dernier des candidats, qui se sont fait inscrire avant cette
_______________________________________________________________________________________________________ Wissenschaft und Technik epoque, a été examiné le 17, faute de tems pour l‘examiner plustot. Depuis le 15 il ne s‘est pre-sente aucun aspirant; et s‘il s‘en presentoit, je ne crois pas qu‘on peut l‘admettre à l‘examen, sans un ordre formel du ministre...“. - Mit Siegelrest und kleinem Ausriß bei der Siegelstelle; etwas stockfleckig. - Beiliegend eine Quittung mit Unterschrift „Bossut“, 2 Floréal an 6 (d. i. 21.IV. 1797), für den Pariser Verleger Henri Agasse für die Liefe-rungen 62 bis 64 der „Encyclopédie Méthodique“.
2678 Broglie, Louis de, franz. Physiker, Nobelpreisträger, ab 1933 Mitglied der Académie des Sciences sowie 1944 der Académie Française, Begründer der Theorie der „Materialwellen“ (1892-1987). 1 eigh. Brief m. U., 2 Briefe m. U. und 1 eigh. beschriftete Visitenkarte. Zus. 4 S. Verschiedene 8vo-Formate und Kärtchen. Die beiden Briefe mit Briefkopf des „Institut de France Academie des Sciences“. Paris 1.VII.1942 bis 10.XI.1948. 600 € An den Pathologen Maurice Chevassu (1877-1957) in Paris. Am 21. März 1948 schreibt Broglie anlässlich des Todes des Mineralogen Alfred Lacroix und seiner Promotion zum Offizier der Lé-gion d‘Honneur „Je suis touché des félicitations que vous m‘adressez à l‘occasion de ma promotion dans la Légion d‘honneur et je vous exprime bien vifs remerciements. La mort de M. Lacroix est un grand deuil pour l‘Académie des Sciences. C‘était un grand savant et un homme très droit qui a rendu à l‘Academie pendant de longues années des services éminents. Sa disparition laisse un grand vide parmi nous ...“. Und am 10. November 1948: „Je m‘empresse de vous exprimer les remerciements de la Société de secours des amis des Sciences pour le don de cinq mille francs que vous avez eu la générosité de nous adresser et dont vous trouverez, ci-joint, la quittance ...“. - Rückseitig Papierreste von ehemaliger Montage.
2678
Abbildung
2679 Bultmann, Rudolf, ev. Theologe und Religionsphilosoph, Mitglied der Bekennden Kirche, Professor in Breslau, Gießen und Marburg (1884-1976). 2 gedruckte Weihnachtskarten mit eigh. U. „Rudolf u. Helene Bultmann“. Zus. 2 S. 10 x 16 cm. Marburg o. J. 120 € Auf Büttenpapier, jeweils mit einer montierten Originalfotografie mit Marburger Motiven.
2680 Campan, Jeanne Louise Henriette, geb. Genet, berühmte französische Erzieherin (1752-1822) 1 eigh. Brief m. U. „Genet Campan“ und 1 Brief m. U. Zus. 8 S. auf 3 Doppelblättern. Mit gedrucktem Briefkopf „Légion d‘Honneur Maison Impériale Napoléon“. 4to. Ecouen 26.I.1808 bis 15.VII.1813. 350 € Herzliche Briefe an Louise Cochelet, die Vorleserin der Königin Hortense, eine ehemalige Schülerin ihres Instituts in St. Germain. Auf Grund der Fürsprache von Hortense erhielt Madame Campan 1807 die Stelle der Leiterin der von Napoleon gegründeten Akademie von Ecouen, die den Töchtern von Mitgliedern der „Legion d‘honneur“ vorbehalten war. Am 28. April 1810 erbittet sie dringlich Nachrichten von der Königin: „... voici ma seconde lettre, restera t‘elle sans réponse? Cela 2680
61
Wissenschaft und Technik ________________________________________________________________________________________________________ 2681 Chemiker, Physiker, Mineralogen des 19. Jhdts. 18 Briefe. Verschied. Formate. 1832-1863. 600 € Meist eigh. Briefe m. U., gerichtet an den Grafen Schaffgotsch in Berlin, der sich mit chemischen und physikalischen Experimenten beschäftigte. Vorhanden: Alexander Dallas Bache (amerikan. Physiker, 1806-1867; 1 Brief, 1 Beilage). - Rudolph von Boettger (Chemiker und bedeutender Erfinder, 1806-1881; 5 Briefe, 2 Umschläge). - Paul Heinrich Groth (Mineraloge, Dozent an der Bergakademie Freiberg, 18431927; 1 Brief). - Joseph Henry (führender Physiker in den USA, 17971878; 2 Briefe u. Beilagen über die Smithsonian Institution). - Carl Friedrich Noellner (Hamburger Chemiker, 1808-1877; 1 Brief). - Franz Wilhelm von Schweigger-Seidel (Mediziner und Chemiker in Halle, 1795-1838; 1 Brief). - William Sharswood (amerikan. Chemiker, 18361905; 2 Briefe, 1 Umschlag). - Christian Andreas Zipser (dt.-ungar. Naturforscher, Geologe und Mineraloge, 1783-1864; 5 Briefe). - Teils inhaltsreiche Briefe, meist über naturwissenschaftlich Fachfragen.
2682 Clausen, Henrik Nicolai, dän. Theologe, Lehrer Kierkegaards (1793-1877). Eigh. Brief mit U. 1 S. Doppelblatt mit Adresse und Siegel. Gr. 4to. (Kopenhagen) 26.VI. 1829. 180 € An den Numismatiker Benoni Friedländer in Berlin: „... Nach dem mündlich erwähnten Processe der Zerstückelung des ... Convoluts hat die Restitutio ad integrum nicht recht gelingen wollen, wie ich am Morgen früh zusammenraffte was bey der Hand war um Sie nicht durch den verspäteten Besuch etwa zu verfehlen. So kommt es eben auch, daß ich wegen des beygeschlossenen Verzeichnisses der ... Goldmünzen ungewiß bin, wohin es gehören mag; ob zu Ihrem Briefe oder zu einem der beiden andern; ich hoffe, Sie werden mich auf die rechte Spur führen ...“. - Clausen wirkte von 1822 bis 1874 als Professor für neutestamentliche Exegese und Dogmatik an der theologischen Fakultät der Universität Kopenhagen. - Leicht knittrig. 2684
2683 Cohn, Ludwig Adolf, Historiker, Professor in Göttingen (1834-1871). Eigh. Brief mit U. 5 S. Doppel- und Einzelblatt. Gr. 8vo. Göttingen 12.XI.1861. 120 € n‘est pas bien, vous devez me savoir très occupée de Sa Majeste, songez à St. Germain à ma tendresse pour cette chère Reine lors-qu‘elle était l‘aimable Hortense, songez à celle que J‘avois pour toutes mes élèves, a cette maison dont Elle est protectrice, où tout le monde me demande de ses nouvelles, c‘est la séparer de tous ces Jeunes âmes qui lui sont dévoués de ne pas leur donner de Ses nouvelles, Elles prient Dieu tout les jours pour Elle ... Mandez moi si le buste est près. Je desire le placer dans le Sallon Impérial, ne me croyez pas fachée mais seulement affligée, et croyez toujours à ma bien sincère et tendre amitié...“. - Der Brief vom 15. Juli1813 mit der Empfehlung einer Kammerfrau; mit prächtigem Wasserzeichen: in einem Blatt das Portrait des Kaisers im Rund, auf dem anderen der kaiserliche Adler. Madame Campan hatte als erste Kammerfrau von Marie Antoinette gewirkt; wegen ihrer späteren Beziehungen zu Na-poleons Familie verlor sie ihre Stellung während der Restauration. Sie hinterließ interessante „Mémoires sur la vie privée de Marie-Antoinette“. - Mit Siegelresten und Ausriß bei der Siegelstelle. Abbildung Seite 61
62
An den Herausgeber der „Mittheilungen der K.K. Central-Commission zur Erforschung und Erhaltung der Baudenkmale“ (möglicherweise Karl Czoernig) über das Ableben seines Freundes und Kollegen Wilhelm Weingärtner in Mailand 1861. Mit dem Wunsch, einen Nachruf auf Grund des von ihm in Breslau gesichteten Nachlasses Weingärtners zu verfassen. Dem Brief liegt ein Blatt „Verzeichnis von W. Weingärtners Aufsätzen“ (Bibliographie von 36 Arbeiten) bei. - Cohn lehrte ab 1857 in Göttingen, „wohin ihn Verehrung für Waitz und der Ruf der Göttinger Bibliothek zog“ (ADB).
2684 Coubertin, Pierre Baron de, franz. Sportfunktionär, Pädagoge und Historiker, Begründer der modernen Olympischen Spiele und Gründer des Internationalen Olympischen Komitees (1863-1937). Eigh. Brief m. U. „Pierre de Coubertin“. 3 S. 8vo. Münster bei Colmar (Elsass) 28.IX.1898. 450 €
_______________________________________________________________________________________________________ Wissenschaft und Technik
2685
63
Wissenschaft und Technik ________________________________________________________________________________________________________ An den bedeutenden Wiener Physiker Ludwig Boltzmann (1844-1906, starb durch Selbstmord), dem er wunschgemäß radioaktives Material sendet. „... Je vous envoie par le même courrier un échantillon de 2 grammes baryum radifère purifié moyennement activ. - Ce carbonate qui vient d‘être préparé a une activité initiale environ 1400 fois plus grande que celle de l‘uranium. - L‘activité augmentera encore avec le temps jusqu‘à une certaine limite. - Nous suivons, Mme Curie et moi, avec beaucoup d‘intéret les recherches importantes qui se font dans votre laboratoire et nous vous prions de transmettre nos remerciments à MMrs Meyer et von Schweidler pour l‘envoi des publications sur leurs travaux ...“. - Stefan Meyer: der prominente Wiener Physiker und Erforscher der Radioaktivität; Egon Ritter von Schweidler: der ebenso hervorragende österr. Physiker, Präsident der Deutschen Physikalischen Gesellschaft. - Am Falz mit Spuren früherer Montage. Abbildung Seite 63
2686 Deville, Henri Etienne Sainte Claire, franz. Chemiker, stellte erstmals technisch Alu-minium her (18181881). 3 eigh. Briefe m. U. Zus. 3 S. auf 3 Doppelblättern. Alle mit Briefkopf „Laboratoire de Chimie Ecole Normale Supérieure“. Paris 19.III.1868 bis 13.VIII.1874. 150 €
2687
An Richard Fleischer, Herausgeber der „Deutschen Revue“, in Dresden. Ausführlich über die Probleme einer geplanten Übersetzung eines französischen Werkes, die zuerst in der „Deutschen Revue“ erscheinen soll. Die Deutsche Verlagsanstalt in Stuttgart und der Brockhaus Verlag hätten die Übersetzung abgelehnt. „... Je ne crois pas que nous arriverons de cette façon. Ce qu‘il faudrait trouver c‘est une personne succeptible de faire traduire le volume et alors cette personne pourrait se mettre directement en relations avec les éditeurs. C‘est toujours mieux que l‘un procède par les traducteurs ... Le préface ... paraîtrait bien entendu dans la Revue, avant la publication du volume...“. Er hoffe, dass die Übersetzung zu einer Verständigung der Völker beitrage, „qu‘il est bien utile que les deux peuples si voisins apprennent à se mieux connaître et à mieux se juger que les conflits passés ne leur permettent de le faire jusqu‘à présent ...“. - Selten. Abbildung Seite 62
2685 Curie, Pierre, franz. Physiker, Nobelpreisträger, verheiratet mit der gleichrangigen poln. Physikerin Maria Sklodowska (Marie Curie), Entdecker des Radiums und des Poloniums (1859-1906). Eigh. Brief m. U. „P. Curie“. 11/2 S. Doppelblatt mit Briefkopf „École Municipale de Physique & de Chimie“ sowie mit Umschlag. Gr. 8vo. Paris 30.XII.1899. 4.000 € 64
Der Brief vom 28. Mai 1868 ist an einen Hofbeamten gerichtet. Deville entschuldigt sich bei diesem, wegen eines Todesfalles einer kaiserlichen Einla-dung nicht Folge leisten zu können: „J‘ai le regret de ne pouvoir me rendre à l‘invitation que vous me transmettez par ordre de l‘Empereur. Je viens, il y a quelques jours à peine, de perdre une nièce de 22 ans, charmante enfant enlevé en quelques heures par le cholera sporadique - Ma famille est dans la consternation. Si vous trouvez occasion de manifester à S. M. l‘Impératrice toute ma reconnaissance pour les paroles bienveillantes quelle a dites à mon sujet & à cette occasion au général Favé, je vous en serai bien reconnaissant. Si je me croyais permis de lui adresser directement l‘expression de mes sentiments de profonde gra titude, je le ferais bien volontiers. Dans le cas un petit mot de réponse de vous me méritait au courant des usages qu‘un pauvre... „. Die beiden andern Briefe mit ähnlichem Bezug. Deville war seit 1851 Professor für Chemie an der Ecole Normale Supérieure.
„liebevolle Grobheit“ 2687 Dresden. - Lahmann, Heinrich, berühmter Dresdener Arzt, Naturheiler und Lebensreformer, Gründer und Leiter des Sanatoriums auf dem „Weißen Hirsch“, Kurort auch für zahllose Prominente (1860-1905). Eigh. Brief m. U. „Dr. Lahmann“. 4 S. Mit eigh. Umschlag. 4to. Weißer Hirsch bei Dresden 20.I.1897. 300 € Krankenbericht an Wilhelm Pless in Wien, dessen Frau sich bei Lahmann in Behandlung befindet, deren schwere Depression aber offenbar über dessen medizinischen Horizont hinausgeht. „... soeben in der Frühe war Ihre Frau bei mir um sich zu verabschieden. Sie hat diesen Plan nach unserer Besprechung aber fallen lassen. - Die Hauptsache ist eine hypochondrische Selbstquälerei. Sie sieht sich bei lebendigem Leibe zerfallen u. fürchtete nicht mehr nach Hause kommen zu können. Dabei macht sie körperlich einen guten Eindruck ... Wir finden nichts Sicheres von der alten Krankheit; denn der Ausschlag könnte sehr wohl auch aus einer gichtischen Säftemischung sich herschreiben. An den Mandeln ist garnichts. Die Armlähmung war zweifelsohne
_______________________________________________________________________________________________________ Wissenschaft und Technik eine hysterische. Kurzum: Alles deutet auf ein krankhaftes Empfindungsleben hin. Solchen Naturen thut es nicht gut allzu zärtlich genommen, bemitleidet u. getröstet zu werden. Liebevolle Grobheit, die das Gefühl der Sicherheit verleiht, ist weit angebrachter. Ich würde rathen, daß Sie ganz einfach categorisch sagen: Ich wünsche Dich nicht eher wieder daheim als bis Du mit vergnügter Miene zurückkehrst. Du glaubst garnicht wie Dein Kopfhängen auf uns alle zurückwirkt ... Also ich bitte in Zukunft in dieser Tonart, dann werden wir die flügellahme Seele schon aufmuntern ...“. - Der Umschlag fleckig. - Sehr selten, zumal Lahmann nur 45 Jahre alt wurde.
Anerbieten von mehreren tausend Freiexemplaren meines N. T. u. auf ein Gesuch um Approbation mich keiner Antwort gewürdiget hat.Haben Ew. Hochwürden Bekanntschaft mit Geistlichen, die für die Verbreitung meines Test. sind; so offeriren Sie ihnen Freiexemplare an, und weisen Sie dieselben nur gütigst mir zu ...“. - Nach diversen Text änderungen erklärten 1822 die katholisch-theologische Fakultät der Universität Tübingen und 1826 das bischöfliche General-Vikariat Bruchsal die Van-Eß-Bibel für übereinstimmend mit den Lehren der katho lischen Kirche und empfahlen die Freigabe der Neuauflagen. - Gleichmäßig etwas gebräunt; 1 kleiner Eck-Abriss.
Abbildung
„Meine Lieblinge sind Bach, Vivaldi und Mozart“ 2688 Einstein, Albert, Physiker, Nobelpreisträger, Schöpfer der Relativitätstheorie (1879-1955). Brief m. U. „A. Einstein“. In deutscher Sprache. 1 S. Mit Einsteins Adresse in Princeton als Briefkopf in Blindprägung. Gr. 4to. Knollwood, Saranac Lake N. Y., 13.VII.1945 6.000 € An Miss Vera Halleman. „... Ich bekomme sehr viele Briefe aber selten einen, der so hübsch und natürlich ist wie der Ihrige. Sie haben ganz recht, dass es am besten ist, das einzelne Geschöpf zu sehen und zu nehmen wie es ist, und nicht erst in Schubladen einzureihen mit nichtssagenden Etiketten. Es freut mich auch, dass Sie am Geigen Vergnügen haben; mit meiner Geigerei ist nicht mehr viel los. Dem Saint Saens kann ich allerdings nicht viel Geschmack abgewinnen, überhaupt nicht der Musik des 19. Jahrhunderts. Meine Lieblinge sind Bach, Vivaldi und Mozart ...“. - 1 Faltenriss verso mit Tesafilm repariert, mit entsprechend durchschlagender Verfärbung.
2690 Field, Henry, amerikan. Anthropologe und Archä ologe (1902-1986). Masch. Brief mit eigh. U. 1 S. Mit gedrucktem Briefkopf. Gr. 4to. Coconut Grove, Florida, 6.V. 1954. 120 € An den Schriftsteller Paul Elbogen in Hollywood: „... Thank you very much indeed for your most interesting comments on ‚The Track of Man‘. You are certainly the first person to tell me that this was the most engrossing book you ever read in a decade ... It is indeed strange to think that you were in a French ‚detention camp‘ near Toulouse and saw that sign in the snow ... I also was in Vienna in 1938 and arrived by train from Prague on a very wet night to find every lamp post disfigured by Hitler‘s blackguards. ... Your hypothesis on the explanation of the sadism of the Nazis may well be true. It is still hard for me to conceive of such brutality of man to man in western Europe during the twentieth century ...“. - Mit Eintragung von Elbogen.
2689 Eß, Leander van, kath. Theologe aus dem Benediktiner-Orden, Bibel-Übersetzer, Pfarrer und Professor in Marburg (1772-1847). Eigh. Brief m. U. „van Eß, Prof. u. Pfarrer“. 11/2 S. Doppelblatt. Gr. 4to. Marburg 16.VIII.1818. 180 €
2691 Foerster, Wilhelm, Berliner Astronom und Phy siker, langjähriger Leiter der Berliner Sternwarte, u. a. Mitbegründer des Astrophysischen Observatoriums in Potsdam und der Physikalisch-Technischen Reichsanstalt (1832-1921). Eigh. Brief m. U. „Prof. W. Foerster“. 1 S. Kl. 4to. Bornim bei Potsdam 14.IV.1916. 250 €
An einen Mainzer Kirchenmann und Pädagogen. Seltener Brief des interessanten Theologen, der gemeinsam mit seinem Vetter Karl van Eß eine deutsche, kommentierte Übersetzung der Vulgata nach Luthers Vorbild „für das Volk“ erarbeitete, von der zunächst das Neue Testament 1807 in Braunschweig erschien. Von verschiedenen Bistümern und Fakultäten approbiert, wurde die Ausgabe dennoch von der katholischen Kirche mit Mißtrauen betrachtet und schließlich 1821 auf den Index gesetzt. Im vorliegenden Brief bemüht sich van Eß um die größtmögliche, notfalls kostenlose Verbreitung seiner „Volksbibel“. „... Im Vertrauen auf Ew. Hochwürden edle und erleuchtete Denkart, mit der Sie gewiß nach allen Ihren Kräften das Gute zu verbreiten streben, ... wage ich es, Ew. Hochwürden von meinen Neuen Testamenten soviele gebundene u. rohe gratis anzubieten, als Sie unter die Ihnen anvertraute Jugend, oder andere Schrifthungernde zu vertheilen Gelegenheit haben sollten. Armen reichen Sie das Buch der Bücher gratis; Schülern bemittelter Eltern gegen Vergütung der Einbandkosten à 18 Kreuzer für das Exempl. in 12mo, 24 Kreuzer für Exempl. in 8vo grober Schrift, die ich Ihnen frachtfrei Mainz übersenden würde. - Unbewußt wird es Ihnen nicht seyn, daß der dortige Bischof, als gehorsamer Knecht der Curia, meinem N. T. u. der Verbreitung der Heil. Schrift überhaupt nicht gewogen ist, und auf mein wiederholtes
An einen Redakteur. Bedankt sich „für die Uebersendung des Beitrages von Prof. Helmert zu Ihrer sehr verdienstlichen Sammlung von kompetenten Äußerungen über die derzeitige Lage der internationalen wissenschaftlichen Organisationen. Beiliegend mein Beitrag betreffend Astronomie und Maaß- und Gewichtswesen. Ich darf also eine Zusendung der übrigen bis jetzt an Sie gelangten und der noch eingehenden Äußerungen erwarten und gebe Ihnen dann eine Zusammenfassung des Gesammt-Eindruckes und der Zukunfts-Erwartungen ... Haben Sie auch an eine Berichterstattung über die in Rom errichtete internationale Zentralstelle für die Organisation der agrarischen Weltwirtschaft gedacht?“ - Foerster war maßgeblich an der Einführung international genormter physikalischer Maßeinheiten wie dem metrischen System, der geographischen Gradeinteilung und den Normaluhren beteiligt. - Dabei: Johan Ludvig Emil Dreyer, dän. Astronom, tätig in England und Irland, Direktor des Armagh Observatory und zeitweilig Präsident der Royal Astronomical Society (1852-1926). Eigh. Brief m. U. „J. L. E. Dreyer“. In engl. Sprache. 11/3 S. Mit Briefkopf „Copernicus. An International Journal of Astronomy“. Gr. 8vo. Armagh (Nordirland) 11.I.1883. - An den Astronomen Karl Wilhelm Valentiner (1845-1931) in Karlsruhe mit Dank für die Überweisung von 16 shillings für Band III des „Copernicus“. Erkundigt sich, ob er Teile II und III der „Astron.
65
Wissenschaft und Technik ________________________________________________________________________________________________________
2694
66
_______________________________________________________________________________________________________ Wissenschaft und Technik Beobachtungen zu Mannheim“ beschaffen könne und ob eine Fortsetzung von Valentiners Veröffentlichung „Barry‘s Beobachtungen am Passagen instrument 1805“ erschienen sei. - Kleiner Defekt im oberen Drittel.
2692 Freud, Sigmund, Wiener Arzt und Psychologe, Begründer der Psychoanalyse (1856-1938). Eigh. Briefkarte m. U. „Freud“. 1 S. Mit einem eigh. Umschlag. Quer8vo. Wien 14.IV.1931. 2.500 € An einen Herrn (Dr. Heinrich Meng in Basel?). „... das mir zugeschickte Buch von R. Hughes ist dasselbe, das ich unter dem Titel ‚The Innocent Voyage’ gelesen habe ...“. - Der Umschlag, adressiert an Dr. Heinrich Meng in Basel, trägt den Poststempel vom 18.V.1936, so dass es fraglich erscheint, ob er zu dieser Briefkarte gehört. - 2 Lochungen unterlegt.
2693 Frobenius, Leo, Ethnologe und Forschungsreisender (1873-1938). 2 eigh. Briefe mit U. Zus. 2 S. Mit gedr. Briefkopf. 4to. Berlin-Grunewald 29.X. und 9.XI.1915. 150 € An den Journalisten Harald von Hoerschelmann (1878-1941), den Herausgeber einer „Kultur-Korrespondenz“ mit Übersendung von zwei versprochenen Artikeln und mit Dank für Honorar und Belegstücke.
2694 Fröbel, Friedrich, der große Pädagoge, Schüler Pestalozzis, Begründer des „Kindergartens“ mit pädagogischem Konzept und Gründer der „Allgemeinen deutschen Erziehungsanstalt“ für frühkindliche Erziehung in Keilhau bei Rudolstadt (1782-1852). 1 eigh. Brief m. U. und 1 eigh. Manuskript m. U. „Friedrich Fröbel“. Zus. 7 S. Gr. 4to und gr. 8vo. Keilhau bei Rudolstadt 18.II.1845. 2.400 € Der wichtige, sehr umfangreiche Brief (3 Seiten in Groß-Quarto) ist an den berühmten Nationalökonomen und Agrarwissenschaftler Friedrich Gottlob Schulze, Professor und Hofrat in Jena (1795-1860), gerichtet und erzählt ausführlich von Fröbels ausgedehnter Reise im Rhein-Main-Gebiet, wo er Gelegenheit hatte, die Kinderbewahranstalt in Niederingelheim mit einzurichten und verschiedene andere Institutionen zu besichtigen. Geht dann auf die Kleinkinderschule in Darmstadt und die Bewahranstalt in Gaisburg bei Stuttgart ein. Berichtet ferner über Erfolge seiner Bestrebungen in verschiedenen Städten und seinen zur Veröffentlichung in Zeitschriften bestimmten „Aufruf an die deutschen Männer, besonders Väter, zur Bildung von Vereinen für Erziehung“. „... Offen gestehe ich, daß ich sehr viel von der organischen Ausführung dieser Vereine für unser liebes Deutschland erwarte und ganz namentlich auch zur Lösung der Lebensfrage der Civilisation ... der Gedanke wird, in seiner ernstlichsten und allseitigsten Erwägung, keine Forderung in der Anwendung unerfüllt und keine Frage unbeantwortet lassen ... Da nun meine Überzeugung, daß ein Gedanke, je wichtiger er ist, umsomehr erst in unmittelbarer Nähe und im Kleinen auszuführen versucht werden muß; so habe ich auch nach meiner Rückkehr nach Keilhau in Übereinstimmung mit meinen Freunden, unter Mitwirkung des Herren Middendorff und ganz namentlich unseres wackeren Herrn Pfarrers in Eichfeld, mit den einsichtigsten und wackersten Männern des Thales und Pfarrspieles einen solchen Verein zu begründen und auszuführen gesucht ... Auch schon einige wackere Geistliche in Rudolstadt und anderen benachbarten Orten
haben mir ihre Mitwirkung zur Ausführung solcher Vereine zugesichert; sie wünschen sich nur durch einen öffentlichen Aufruf dazu aufgefordert zu sehen; zu welchem Zwecke Anfangs nächster Woche der beiliegende Aufruf in unserm hiesigen Intelligenzblatte genannt ‚Thüringischer Volksfreund’ erscheinen wird. Auch in der Frankfurter ‚Didaskalia’ ist er, wie mir heute ein Freund aus Frankfurt schrieb, bereits abgedruckt und somit der öffentlichen Prüfung des großen Publikums übergeben. Vor allem aber wünschte ich - unumwunden spreche ich es aus, daß, hochgeehrtester Herr Hofrath, wir uns bei diesem Gedanken und dessen Ausführung verständen, er würde dann den wahren Boden finden, welchen ich ihm wünsche, den Landbebauer. Verlassen einst, so muß ich mir sagen, die jungen Landwirthe ihre Bildungsstätte und gehen von der Wichtigkeit des Gedankens der Erziehungsvereine durchdrungen zu ihrem Berufe oder in ihre Heimat zurück, und führen sie dort dieselben in stetig bleibenden Lebensverbande - eben als Leben pflegend, organisch aus, welche gesunde Saat für Menschen-, und Vaterlandswohl werden sie da ausstreuen, wie reich wie gesegnet wird ihre Erndte seyn! - In diesen Tagen ist mir auch ein Urtheil über mein Kinderführendes und Kinderbethätigendes Wirken in dem Allgem: Anz. d. Deutschen zu Gesicht gekommen, Ihre Theilnahme an demselben wird es mir nicht falsch deuten, wenn ich es Ihnen hier beilege ...“. Tatsächlich liegt in Fröbels Handschrift dieser zweiseitige „Auszug aus No 41 u. 42 des Allgem: Anzeigers d. Deutschen. Febr: 1845“ bei. - Ferner beiliegend der 32/3 Großoktav-Seiten umfassende, von Fröbel eigenhändig geschriebene und am Schluß signierte „Aufruf an die deutschen Männer, besonders Väter, zur Bildung von Vereinen für Erzie hung“ bei. - Außerdem beiliegend 2 zeitgenössische Drucke, „Die Fröbel’ schen Klein-Kinder-Spiele, als Bildungs- und Erziehungsmittel“ (4 S.) und „Die Kleinkinderschule zu Niederingelheim“. - Reichhaltiges, wertvolles historisches Material über den großen Reformer der frühkindlichen Erziehung und Bildung in Deutschland. - Der große Brief mit Randschäden und leichtem Buchstabenverlust. Abbildung
2695 Gegenbaur, Carl, Mediziner, Anatom, Zoologe und Physiologe, einer der bedeutendsten Wirbeltier-Morphologen des 19. Jhdts, Ordinarius in Jena und Heidelberg (1826-1903). Sammlung von ca. 103 eigh. Briefen und 3 eigh. Postkarten m. U. „Carl“ oder „C. G.“ an Familienmitglieder; dazu ca. 109 Gegenbriefe an ihn oder andere Briefe innerhalb der Familie. Insges. ca. 212 Briefe und 3 Postkarten. Zus. mehr als 500 S., eng beschrieben. 18471909. 750 € Dieser großen Familienkorrespondenz liegt ein Doppelblatt mit folgender Beschriftung bei: „Briefwechsel des Geheimrats Carl Gegenbaur in Jena und Heidelberg. Gesammelt von seinem Neffen Dr. Hermann Schmitt, Staatsrat a. D. in München. - Diese Brief-Sammlung enthält Briefe 1) der Brüder Carl und Jakob Gegenbaur, 2) der Frauen des Carl Gegenbaur: Emma, geb. Strung u. Ida, geb. Arnold, 3) der Eleonore Schmitt, geb. Gegenbaur, 4) des Ehegatten der letzteren, Hermann Schmitt ... Die Briefe des Carl Gegenbaur geben ein zuverlässiges und genaues Bild seines schönen Familienlebens in Jena und Heidelberg. Alle Briefe geben Zeugnis von den schönen und intimen und herzlichen Beziehungen zwischen den Familien Gegenbaur und Schmitt.“ - Im einzelnen sind vorhanden: 102 Briefe und 3 Postkarten von Carl Gegenbaur an seine Eltern Josef und Elisabeth, an seine Schwester Eleonore („Lorchen“) Schmitt und deren Mann Hermann sowie deren gleichnamigen Sohn Hermann. - 3 Briefe von Jacob Gegenbaur (2 an
67
Wissenschaft und Technik ________________________________________________________________________________________________________ (1875-1944). 4 eigh. Briefe m. U. Zus. 10 S. auf 3 Doppelblättern und 1 Einzelblatt, 2 Briefe mit Umschlägen. 8°. Alle mit Briefkopf des „Senato del Regno“. Forte dei Marmi 2.VIII.1936 bis 13.IX.1937. 600 € Alle Briefe in Sachen des Verlags der „Enciclopedia Italiana Sansoni“, die Gentile seit 1925 herausgab. Dieser ver-sucht die restlichen im Besitz des Advokaten Guido Zaccherelli befindlichen Anteile aufzukaufen. Drei Briefe sind an Zacherellis Anwalt Enrico Finzi, einer an Zaccherelli selbst gerichtet. - Aus dem Brief an Zaccherelli vom 18. Juli 1837, über die Zahlungsmodalitäten: „Mi obbligo pertanto ad acquistare dentro il 31 dicembre di quest‘anno dette azioni per lire duecentomila ... La pregherei di consentire che di tale somma lire ventimila siano versate da me all‘atto della firma del fissato bollato, e il resto in tre rate annali di sessanta mila ciascuna, a cominciare dal dicembre 1938, oltre gl‘interessi del cinque per cento. - A garanzia del Suo credito le azioni resterebbero presso di Lei fino all‘estinzione del debito, essendo inteso che nelle assemblee Ella le metterebbe a mia disposizione...“. Abbildung
2697 Haushofer, Karl, bayerischer Offizier, Geograph und Geopolitiker, Professor in München, Japan-Experte, mit Rudolf Heß befreundet, (1869-1946, starb mit seiner Frau durch Selbstmord). Eigh. Brief m. U. „Karl und Martha Haushofer“. 3 S. 4to. (München) 2.IX.1928. 180 €
2696
seine Schwester Eleonore, 1 an ihre Mutter Elisabeth). - 20 Briefe von Eleonore Gegenbaur an ihren Bruder Carl. - 14 Briefe von Carls erster Ehefrau Emma an ihre Schwiegereltern und die Schwägerin Eleonore. - 47 Briefe von Carls zweiter Ehefrau Ida an ihre Schwägerin Eleonore bzw. an deren Sohn Hermann Schmitt (später berühmter Jurist, Staatsrat in München, 1863-1943). - 15 Briefe an Carl Gegenbaur von seinem Schwager Hermann Schmitt in Bergheim. Die umfangreiche Korrespondenz behandelt vor allem familiäre Ereignisse und Befindlichkeiten, während von Carls wissenschaftlicher Tätigkeit kaum die Rede ist. Carl Gegenbaurs mehr als 100 Briefe geben also insbesondere Auskunft über seine Persönlichkeit, seinen Charakter, sein Umfeld und große Teile seines Lebenslaufs. - Beiliegend 2 fotografische Porträts des Gelehrten und seiner beiden Ehefrauen.
2696 Gentile, Giovanni, ital. Philosoph und faschistischer Politiker, Mitglied der Regierung von Salò, eine Schlüsselfigur der modernen italienischen Philosophie 68
Ausführlicher Kondolenzbrief an die Witwe des Physikers und Nobelpreisträgers Wilhelm Wien, der am 30. August 1928 in München verstorben war. „... als einen starken Kämpfer des Lichts gegen Dunkel jeder Art hatten wir den berühmten Nachbarn ja immer gekannt, hatten ihn mehr und mehr achten, bewundern und lieben gelernt, je mehr wir ihn kannten: in seiner guten und starken Art, seiner tiefen und stolzen Vaterlandsliebe, seinem reichen Wirken! In wildem Zorn würde sich mit Ihrem Schmerz und Ihrer grollenden, zweifelnden Frage an das Schicksal, warum gerade dieses reiche Leben so jäh verwehen musste, mit den Nachbarn alle Welt, die ihn kannte, vereinen, wenn nicht eine schwache, schüchterne Stimme zu uns spräche: Blieb ihm nicht vielleicht unheilbares, langwieriges Leiden erspart? ... Inzwischen komme ich von der Beisetzung Ihres Herrn Gemahls im WaldFriedhof zurück: einem imposanten Zeugnis des Fortwirkens seiner starken und herzenswarmen Persönlichkeit über die dunkle Schwelle hinaus! Kirche, Wissenschaft, Freunde, Arbeitsgefährten: das Alles zeugte warm und tief ...“. - Die NS-Zeit, in der sein Sohn Albrecht Haushofer bekanntlich als Mitverschwörer des 20. Juli ermordet wurde, eine zeitweilige Haft in Dachau und der Untergang des Reiches verstärkten Haushofers Neigung zu Depressionen, so dass er sich im März 1946 gemeinsam mit seiner Frau durch Gift das Leben nahm.
2698 Helmholtz, Hermann von, Physiker und Physiologe, Präsident der Physikal.-Technischen Reichsanstalt in Berlin (1821-1894). Eigh. Vorlesungs-Ankündigung m. U. „Dr. H. v. Helmholtz“. 3/4 S, Folio. Berlin 15.IV.1883. 300 € „Im bevorstehenden Sommersemester werde ich 1) Den zweiten Theil der Experimentalphysik täglich, außer Donners-
_______________________________________________________________________________________________________ Wissenschaft und Technik tags, von 12-1 Uhr im großen Auditorium des Physikalischen Instituts vortragen, und darin die Lehre vom Magnetismus, der Elektricität und vom Lichte behandeln; privatim. 2) Mathematische Akustik Montags von 1 bis 2, Mittwochs und Sonnabends von 9-10 Uhr im kleinen Auditorium des Physikalischen Instituts vortragen unter Anwendung der Differential- und Integralrechnung; privatim ...“. - Es folgen Angaben über die Termine für praktische Arbeiten im Physikalischen Laboratorium sowie über Zeit und Ort seiner Sprechstunde. - Leicht vergilbtes Papier. Abbildung
An Anton Graff 2699 Heyne, Christian Gottlob, Philologe, fast 50 Jahre Professor der Beredsamkeit und Dichtkunst in Göttingen, dort auch Direktor der Universitätsbibliothek, korrespondierte mit vielen Schriftstellern und Gelehrten der dt. Aufklärung und Klassik (1729-1812). Eigh. Brief m. U. „Heyne“. 21/2 S. Gr. 4to. Göttingen 1.III.1775. 350 € An den großen Bildnismaler Anton Graff (1736-1813). „... Ich habe von meinem Freunde, dem Herrn Reich, sein Portrait erhalten, ein Geschenk, das für mich von unschätzbarem Werthe ist, auch in so fern es von der Hand eines Meisters ist, welchen ich lange verehrt und bewundert habe. Ich kan nicht unterlassen, bey dem Zuwachs, den diese meine Bewunderung und Hochachtung bey Erblickung dieses vortrefflichen Stückes erhalten hat, Ew. Hochedelgebohren schriftlich zu bezeugen, und zu versichern, wie ich mich zu der größten Dankerkenntlichkeit verpflichtet halte, da Sie mir einen würdigen Freund nicht blos in der größten Aehnlichkeit, sondern auch mit dem vollkommensten Ausdruck seines Geistes und mit aller Zauberkraft des Pinsels dargestellt haben. Ich werde nie satt werden, dieß Bild anzusehen; so oft aber dieß geschieht, wird allemal ein Theil meines Vergnügens, und allerdings ein sehr großer Theil, ein Geschenk von Ew. Hochwohlgebohren seyn ...“. - Der Leipziger Buchhändler Philipp Erasmus Reich (1717-1787), Mitinhaber der Weidmannschen Buchhandlung und laut Wieland „der erste Buchhändler der Nation“, baute sich seit 1769 eine Porträtgalerie berühmter Zeitgenossen auf, darunter 26 von Graff gemalte Bildnisse. Reichs eigenes Porträt schuf Graff im Jahr 1774 (abgebildet bei Berckenhagen Nr 1136). - Etwas gebräunt und stockfleckig.
2700 Historiker, Literatur- und Kunsthistoriker des 19.-20. Jahrhunderts. Konvolut von über 20 eigh. (2 masch.) Briefen, Manuskripten, Zeugnissen und Gutachten. Berlin, München, Leipzig, Erfurt, Wien, Kopenhagen, London u.a. Zus. ca. 41 S. Teils gefaltet, teils Doppelblätter. Verschiedene Formate. 1839-1930. 180 € Historisch interessante Schriftzeugnisse von Tancred Borenius (2, 1945), Wilhelm von Giesebrecht (München 1863), Friedrich Christian August Hasse (Leipzig 1840), Ludwig Friedrich Hesse (Erfurt 1858), Wilhelm Ludwig Krafft (Bonn 1851), Stanislaus von Leszczynski (Berlin 1894), Karl von Lützow (Wien 1872), Hans von Müller (Berlin 1910), Ernst H. J. Münch (Gedicht, Stuttgart 1839), Carl Christian Rafn (Kopenhagen 1855), Johann Daniel Ferd. Sotzmann (Berlin 1840), Alwin Schultz (eigh. Manuskript), Fritz Strich (Bern 1930) und Emil Waldmann (7 eigh. Manuskripte).
2698
2701 Holtzendorff, Franz von, Jurist, der große Strafund Völkerrechtler, Professor in Berlin und München (1829-1889). Eigh. Brief m. U. „Dr. F. v. Holtzendorff“. 1 S. Gr. 8vo. Berlin 15.III.1871. 120 € An einen „Herrn Doctor“, dem er den Entwurf für eine Adresse an den Kaiser übersendet, mit der Bitte, prominente Unterzeichner zu werben. „... Es ist höchst wesentlich, dass mehr conservative Namen darunterstehen, sonst gewinnt die Sache den Anschein einer einseitig liberalen Parteibestrebung. Zwar fehlt es nicht an einigen Conser vativen; doch ist es deren nicht genug. - Aus ganz Deutschland sind bereits Hunderte der angesehensten Namen eingesendet ... Das kleinliche Bedenken, dass zunächst vorzugsweise Männer der freikirchlichen Richtung dabei betheiligt sind, wird hoffentlich nicht schwer ins Gewicht fallen ...“.
69
Wissenschaft und Technik ________________________________________________________________________________________________________ „ein Wilder aus den Wäldern des Orinoco“ 2702 Humboldt, Alexander von, Naturforscher, Weltreisender (1769-1859). Eigh. Brief m. U. „Al Ht“. 1/2 S. Doppelblatt. Gr. 8vo. (Paris, wohl 1804). 600 € Nach der Rückkehr von seiner großen Südamerika-Expedition wohl an seine Schwägerin Caroline von Humboldt, die sich 1804 in Paris aufhielt, während ihr Mann als preußischer Gesandter in Rom weilte. „Ein Wilder aus den Wäldern des Orinoco wagt es, in der Abwesenheit des Barons ... der gewiss bei den erschrokkenen (milden?) Vätern thront, diese Zeilen an die liebenswürdige und geistreiche Baronin zu richten, mit der heimlichen Anfrage, ob er heute Mittwochs an ihrem Familientische erscheinen darf? oder ob Sie Sonnabend oder Sonntag vorzieht ...“.
2703 - Eigh. Brief m. U. „Al Humboldt“. 1 S. Doppelblatt. Mit eigenhändigem, gesiegeltem Umschlag. Gr. 8vo. Potsdam (1859?). 500 € An den Historien- und Bildnismaler Heinrich Lengerich (1790-1865) in Berlin, dem er den Verkauf eines Bildes an die Kaiserin von Russland vermitteln will. „Ich habe ... von dem Staatssecretair der Kaiserin Herrn von Storch, heute früh ... erlangt, daß die Kaiserin Ihre schöne Copie der Madonna della Scala (40-50 Fr d‘or) sehen wird. Sie muß aber leider sehr eiligst bis morgen Sonnabend früh um 10 Uhr schon in Sanssouci in der Bibliothek Friedrichs des Großen aufgestellt sein. Machen Sie es also möglich entweder heute Abend noch oder morgen sehr früh! Der beiliegende Zettel wird alle Schwierigkeiten heben. M. v. Storch hat mir seine beste Empfehlung verheißen, aber da mehrere Kunstwerke aufgestellt werden, kann er und ich nicht für den Erfolg sicher sein. Sie und Ihre liebenswürdige Familie wissen, wie innigen Antheil ich an Ihnen allen nehme! ... Sie können, mein Lieber, das Bild nicht selbst zeigen.“ Lengerich, Lehrer an der akademischen Zeichenschule in Berlin, hatte bereits in den 1820er Jahren im Auftrag Friedrich Wilhelms III. in Rom Kopien nach Raffael angefertigt. Das Vorbild der hier genannten Kopie, die „Madonna della Scala“ stammt allerdings von Correggio. - Nikolai Andrejewitsch von Storch (1816-1877) war Staatssekretär und Wirklicher Geheimrat unter dem Zaren Alexander II. - Die Zarin Alexandra Fjodorowna, geb. Prizessin Charlotte von Preußen und Witwe des Zaren Nikolaus I., besuchte Potsdam-Sanssouci im Jahre 1859. Sollte sich der Brief auf diesen Besuch beziehen, wäre er kurz vor Humboldts Tod geschrieben. Abbildung
2704 Justi, Ferdinand, Orientalist und Erforscher hessischer Kulturgeschichte, langjähriger Professor in Marburg (1837-1907). Eigh. Postkarte m. U. „Ferd. Justi“. 1 S. Marburg 4.I.1887. 120 € An den Orientalisten Erdmann Eugen Wilhelm (1842-1923) in Jena. „... Ihre Iranica habe ich mit Interesse gelesen und ihre Resultate eingetragen“. Geht auf eine linguistische Worterklärung ein und fährt dann fort: „... Ihnen und den Ihrigen wünsche ich ein glückliches Jahr 1887. Von Ihrem Herrn Schwiegervater habe ich lange nichts gesehen und gehört; hoffentlich befindet er sich sehr wohl. Vor kurzem sprach ich unsern neuen Kirchenhistoriker Harnack, der mir von Ihnen erzählte ...“. - Wilhelm erhielt in Jena erst 1897 eine ordentliche Professur für iranische Sprachen.
70
2705 Kerschensteiner, Georg, bayerischer Reformpäda goge, Professor in München, Begründer der Arbeitsschule, förderte das Volks- und Berufsschulwesen (1854-1932). Eigh. Brief mit U. „Kerschensteiner“. 1 S. Auf Karton gezogen. Gr. 4to. München 6.II.1894. 250 € In seiner Eigenschaft als Lehrer am Ludwigsgymnasium in München an einen Kollegen, wegen des Todes eines Schülers aus der Familie von Perfall auf Schloss Greifenberg am nördlichen Ammersee: „... Herr Baron Erhard von Perfall [1844-1909] theilt mir so eben mit, daß sein Sohn Max nach Ablauf einer Schlunddiphtherie an Entkräftung gestorben sei. Die Richtigkeit dieser Mittheilung, über welche sich die behandelnden Aerzte aussprechen werden, vorausgesetzt, dürfte der Verbringung der Leiche von Augsburg nach Schloss Greifenberg unter den vorschriftsmäßigen Cautelen ein Bedenken nicht im Wege stehen ...“. - Bevor Kerschensteiner 1895 zum Stadtschulrat in München gewählt wurde, war er 1890 Gymnasiallehrer für Mathematik und Physik in Schweinfurt und seit 1893 am Ludwigsgymnasium München. - Eigenhändige Briefe Kerschensteiners sind selten.
2706 Köster, Albert, Literaturhistoriker, Professor in Leipzig, Gegner Max Herrmanns im Gelehrtenstreit um die Hans-Sachs-Bühne (1862-1924). Eigh. Brief mit U. 4 S. Doppelblatt. Gr. 8vo. Leipzig 21.I.1921. 120 € An den Literaturhistoriker Conrad Höfer über die von Georg Mollat betreuten und aus dem Nachlass herausgegebenen Werke Hegels „Kritik der Verfassung Deutschlands“ (1893) und „System der Sittlichkeit“ (1893): „... Eine unerhörte Pfuscherei ... Wie jemand aus der Sudelausgabe Mollats irgend etwas Zuverlässiges über Hegel ableiten will, ist mir unerfindlich ... Lassens Ausgabe hat die Sünde gut gemacht ...“. Erwähnt ferner die „Bibliographia Kösteriana“ (1922), die Höfer herausbrachte.
2707 Küchenmeister, Gottlieb Friedrich Heinrich, Dresdener Arzt und bedeutender Parasitologe (18211890). Eigh. Brief mit U. 11/2 S. Doppelblatt. Gr. 8vo. Dresden, 21.II.1867. 150 € An einen Kollegen, seinen ehemaligen Lehrer, den er für eine „Untersuchung der Semilunarklappen der Aorta“ um die Übersendung von Sektionsmaterial in Spiritus bittet: „... Um nicht zu viel Porto ... auszugeben, würde ich Sie bitten, 1 Zoll der Aorta und 1/2 Zoll Fleisch vom l. Ventrikel daran zu lassen, alles Andere aber abzutragen, mit einziger Ausnahme des an der Aorta anhängenden Stückes Pulmonararterie ...“. - Ferner mit der Bitte, ein für den Dermatologen Ferdinand von Hebra bestimmtes Präparat weiterzuleiten. - Küchenmeister ging 1859 nach Dresden und wurde dort Medizinalrat. Als Praktiker vor allem Gynäkologe und Geburtshelfer, befaßte er sich in seinen Studien bevorzugt mit Parasiten des Menschen, lieferte erstmals den experimentellen Nachweis der Entwicklung des Bandwurms aus der Finne des Schweinefleisches und der Finnen aus der Bandwurmbrut und führte Forschungen zur Bekämpfung der Krätzmilbe und zu Trichinen durch.
_______________________________________________________________________________________________________ Wissenschaft und Technik
2703
2708 Langethal, Christian Eduard, Botaniker, Pflanzen bauwissenschaftler und Agrarhistoriker, Professor in Jena (1806-1878). Eigh. Brief m. U. „Langethal“. 8 S., eng beschrieben. Gr. 8vo. Jena 19.XII.1865. 200 € Außerordentlich umfangreicher Brief an seinen Freund, den bedeutenden Staatsrechtler Hermann von Schulze-Gävernitz (1824-1888). Nach Gratulation zur Geburt einer Tochter ist der größte Teil des Briefes dem Andenken von Schulze-Gävernitz‘ Vater, dem berühmten Agrarwissenschaftler und Nationalökonomen Friedrich Gottlob Schulze (1795-1860) gewidmet: der Herstellung, ausführlichen Beschreibung, ästhetischen Beurteilung und Aufstellung seiner Büste in Jena sowie die Pläne für die Biographie Schulzes, der in Jena und Greifswald Großes auf den Gebieten der Nationalökonomie und der Landwirtschaft geleistet hat. Auch auf seine eigenen unveröffentlichten Memoiren, z. B. als Assistent Schulzes, und auf manches andere geht Langethal ein, so dass ein immens inhaltsreicher Brief entstand. - Das von Friedrich Drake geschaffene, 1867 enthüllte Denkmal mit der Büste Friedrich Gottlob Schulzes am Fürstengraben in Jena hat sich erhalten. - Beiliegend eine frühe Porträt-Photographie Langethals (wohl um 1855). Abbildung Seite 72
2709 Lazarus, Moritz, Psychologe, Mitbegründer der Völkerpsychologie auf Herbartscher Grundlage, Professor in Bern und Berlin, mit Clara Schumann und - über die Berliner Künstlervereine „Tunnel über der Spree“ und „Rütli“ - auch mit Theodor Fontane befreundet (18241903). Eigh. Manuskript m. U. „Lazarus“. 12 S. auf 6 Bl., eng beschrieben. 4to. Nizza, Nov. 1881. 600 €
„An den Herausgeber. - Gut! mein verehrter Freund! ich will Ihrer Meinung durch die That zustimmen; ich will glauben, daß der Durst nach pädagogischer Belehrung so verbreitet ist, dass es geboten erscheint, meine Briefe, die ich an Mütter oder Väter, an Lehrer oder Staatsmänner über Erziehungsfragen geschrieben habe - oder noch schreiben werde - auch der Oeffentlichkeit in einem Blatte zu übergeben, welches einen großen Leserkreis um sich versammelt ...“. Weitgehend wissenschaftliche Abhandlung, in der Erkenntnisse der Völkerpsychologie mit Erfahrungen und Theorien von Pestalozzi, Fröbel, Basedow und anderen Pädagogen in Zusammenhang gebracht werden. Mit zahlreichen Verbesserungen und Einschüben sowie einigen Blau- und Bleistift-Streichungen, die auf Druckvorbereitung des Textes durch Redakteur und Drucker hindeuten. - Zusammengesetzte Papierstreifen alt durch Transparentpapier verbunden. - Beiliegend eine Visitenkarte mit der teils handschriftlichen Aufschrift: „Von [gedruckt:] Professor Dr. M. Lazarus [handschriftlich:] Herausgeber der ‚Christl. Zeugn.‘ mit freundlichen Grüßen 25/12 82“. - Im Jahr 1882 erschien in Berlin eine anonyme Broschüre mit dem Titel „Christliche Zeugnisse gegen die Blutbeschuldi gung der Juden“, deren Verfasserschaft im Karlsruher Virtuellen Katalog mal mit Leopold Lipschitz, mal mit Alois Müller oder überhaupt nicht angegeben wird. Sollte auf der Visitenkarte aus demselben Jahr diese Schrift gemeint sein, so wäre Moritz Lazarus der Herausgeber und ein bibliographisches Rätsel gelöst. - Lazarus war seit 1847 unter dem „Tunnel-Namen“ „Leibniz“ Mitglied des Berliner „Tunnels über der Spree“ und später auch des „Rytli (Rütli)“ und gehörte zum engeren Freundeskreis Theodor Fontanes.
2710 - Eigh. Brief m. U. „M Lazarus Dr. phil. (Europäi sche Börsenhalle)“. 1 S. Doppelblatt. Gr. 8vo. Leipzig 25. IV.1852. 120 € 71
Wissenschaft und Technik ________________________________________________________________________________________________________ surpris‘d that the Bishop of London has not as yet publish‘d his Dissertation; at least I have heard something about it. If you have any particular news, either Litterary or Political, pray favour me with it ...“. - LeMoine war von 1729 an Kaplan des Herzogs von Portland; 1738 erhielt er von diesem die Pfarrei Everley in Wiltshire. LeMoine übersetzte Edmund Gibbon und Thomas Sherlock ins Französische. - Etwas gebräunt, kleines Loch in der Mitte der Seite, im zweiten Blatt Ein- und Ausrisse, eine Siegelspur. Abbildung
Der Arzt des 99-Tage-Kaisers 2712 Mackenzie, Sir Morell, berühmter engl. Laryngologe, behandelte Kaiser Friedrich III. und wurde nach dessen Tod in Deutschland angefeindet (1837-1892). Eigh. Brief m. U. „Morell Mackenzie“. 3 S. Kl. 8vo. (London) 30.XII.1881. 120 €
2708
An einen Redakteur. „... Soeben erhalte ich Nachricht von Berlin mit der Antwort vom Buchhändler Springer dass er Nichts erhalten habe & dem bemerken, dass er Alles durchgesucht & Nichts gefunden habe. Vermuthlich hat doch die Verlagshandlung mit dem qu. Briefe noch Anderes geschickt, die Erinnerung daran dürfte dienlich sein, von dem H. Springer eine präcise Antwort zu bekommen ...“. Erbittet weitere Nachfragen und Maßnahmen.
2711 LeMoine, Abraham, franz. Theologe, lebte als hugenottischer Refugié in England (gestorben 1757). Eigh. Brief m. U. „A LeMoine“. In engl. Sprache. 1 S. und Adresse auf Doppelblatt. Everley 12.VI.1749. 150 € An den Buchhändler Nousse in London, zuerst in finanziellen Ange legenheiten, dann über Montesquieus „Esprit des Lois“, das 1748 bei Barillot in Genf erschienen war, und mit einer Buchbestellung: „... I see you have advertised your Edi-tion of L‘Esprit des Lois, as printed at Geneva, or perhaps it is the Geneva new Edition. However it be. I whish you good Succeß. Pray, what do people say of Dodwells Answer to Middleton? If it be anything good & to the purpose, be so good as to send it me - together with the next Vol. of the Bibliothèque Raisonneé. I am
72
An den Laryngologen Dr. Michel in Deutschland. „... In forwarding you my photograph as a souvenir of the Congress of 1881 allow me to wish you a happy New Year. I should be delighted if you would favour me with one of your portraits in return to add to my collection of distiguished laryngologists throughout the world ...“. - Auf Wunsch der englischstämmigen Kaiserin Viktoria wurde Sir Morell Mackenzie nach Deutschland geholt, um den schwerkranken Kronprinzen bzw. Kaiser zu behandeln. Da Mackenzie letztlich erfolglos blieb, sahen er und die Kaiserin sich erheblichen Anfeindungen von Seiten der deutschen Ärzte ausgesetzt, so daß Mackenzie sich mit einer Verteidigungsschrift zur Wehr setzte: „The fatal illness of Frederic the Noble“ (1888).
2713 Magalhaens, Jean Hyacinthe de, portugiesischer Naturwissenschafter, Nachfahre des Weltumseglers (1772-1790). Eigh. Brief m. U. 2 S. 4°. Erhaltvermerk des Empfängers am Kopf. London 29.X.1773 400 € An den Astronomen Joseph-Jérôme Lefrangais de Lalande (1732-1807), seit 1768 Direktor der Pariser Sternwarte, u.a. über dessen Fernrohr, mit dem er den Jupiter beobachtet hatte: „Voici mon Cher ami une des gazetes, où votre Comète fut annoncée. J‘ai vû hier Jupiter avec votre lunète. Vous savez que l‘objet n‘est pas favorable. Cependant, je vous assure d‘en être bien content. L‘oculaire le plus grossissant, & Celui qui le suit furent ceux que nous essayames. L‘autre n‘étoit pas encore arrangé ... Monsr. le Marquiz de Rosignan, ou par autre nom le Marquis Griselli, va partir d‘ici pour Paris, & il vous apporte un petit présent, avec la geographie latine de Varennius, que Mr. le Presidt.“, der Präsident der Academie des Sciences J.-Ch.- Ph. Trudaine de Montigny (1733-1777), „m‘avoit ordonné, je crois pour Mr. Bailli“, der Astronom Jean-Sylvain Bailly (1736-1793), 1789 der erste Bürgermeister von Paris, „Si vous avez occasion de savoir cela au juste de Mr. de Saron“, der Mathematiker und Astronom Jean-Baptiste Gaspard Bochart de Saron (1730-1794), „vous n‘aurez à le rendre à celui à qui il appartient. Je le payai d‘hazard, car on nen trouve autrement...“. - Magalhaens lebte seit 1764 in London; er wurde v. a. bekannt dafür, sich von den besten Handwerkern ausgezeich-nete Beobachtungsinstrumente für seine Forschungen herstellen zu lassen; so realisierte er u.a. eine entscheidende Verbesserung der Sextanten. Bailly und Bochart de Saron wurden beide Opfer des „terreur“ während der Revoluti-on. - Am Kopf unter dem Datum von Lalandes Hand: „reçue le 3. 9bre“. - Kleine Randeinrisse.
_______________________________________________________________________________________________________ Wissenschaft und Technik 2714 Malte Brun, Conrad, franz. Geograph dänischer Abstammung (1775-1826). 2 S. und Adresse auf Doppelblatt. 4to. O. O. u. J. (um 1810). 140 € An den Chefredaktor des „Journal de l‘Empire“, den er seiner Loyalität versichert und den er bittet, seine Beiträge offen zu kritisieren: „Quoique l‘augmentation du traitement me soit très avantageuse dans ma position actuelle, ce qui m‘interesse d‘aventage c‘est la stabilité que ces sortes de places acquièrent par le nouveau reglement. D‘après les preuves que j‘ai déjà reçus de Votre bienveillance pour moi & de l‘amabilité de Votre caractère, j‘espère que mon zèle pour les interêts du journal m‘accquerera & me conservera Votre amitié. Je Vous prie instamment de me dire sans ménagement Votre avis de mes articles & je Vous assure que Vous me trouverez toujours docile à des conseils qui ne peuvent qu‘être très utile“. - Beilagen: Eigh. 1 Billet (ohne Signatur) an den Botaniker Cuvier; 1 signierte Quittung und 1 eigh. Buchbestellung sowie eine gedruckte Einladung der „Société de Géographie“ mit eigh. Unterschrift.
2715 Meiners, Christoph, Philosoph und Ethnograph, Professor der „Weltweisheit“ in Göttingen (1747-1810). 2 eigh. Briefe m. U. „C Meiners“. Zus. 4 S. auf 2 Doppelblättern, das eine mit Adresse. 8vo. Göttingen 31.XII. 1785 und 2.VI.1793. 300 € An den Theologen Karl Friedrich Stäudlin (1761-1826) in Stuttgart (später der Nachfolger Eichhorns in Göttingen), der ihn nach Humes Philosophie und nach Meiners´ eigenen Philosophie-Projekten gefragt hatte. „... Hume‘s Treatise of human mind enthält nichts wichtiges, was nicht in den Ihnen bekannten spätern u. sorgfältiger ausgearbeiteten Versuchen stünde. - Außer Hume‘s Aufsatz über sein eigenes Leben gibt es noch ein anderes von dem berühmten Smith, dem Verfaßer des herrlichen Werks über National Reichthümer, einem vertrauten Freunde von Hume. - Der Hauptgrund, warum ich de la Motte für den einzigen ernstlichen ... Skeptiker halte, liegt in dem Ton seiner Gespräche. Boyle, Hume u. s. w. waren gewiß keine allgemein ernstliche Skeptiker, wie ihre eifrigen Vertheidigungen vieler Wahrheiten oder Widerlegungen gefährlicher Irrthümer beweisen. An eine Forsetzung meiner Gesch. der Wiß. kann ich in einigen Jahren nicht denken. Jezt ist mein Compendium der Gesch. der Menschheit fertig geworden. An meinem andern über die Geschichte der Philosophie wird gedruckt, und diesem werden Grundriße der Psychologie u. Aesthetik folgen. Wenn diese fertig sind, so werde ich den wichtigsten Abschnitt der Geschichte der Menschheit ausführlich bearbeiten, ein Werk, das, wenn ich es vollende, meinem Urtheil nach alle meine bisherigen Bemühungen an Intereße, u. Neuheit des Inhalts weit hinter sich laßen wird ... „ [1785]. - Im Brief von 1793 behandelt er hauptsächlich die Nachrichten aus dem Koalitionskrieg gegen Frankreich. „... Unsere Truppen haben bey der Bestürmung des französischen Lagers sehr tapfer gefochten. Der Printz Coburg bewunderte die Kaltblütigkeit, womit unsere Garde auf eine Batterie 24 Kanonen mit dem Bajonet losmarschirte. Das Garderegiment allein hat 60 Mann verlohren. - Von den Preußen spricht man hier ebenso, wie in Würzburg. Es ist eine Schande, daß sie nicht mehr thun. - Sie haben mir nichts von Dümouriez geschrieben. Ich war sehr begierig auf eine Beschreibung seiner Person, und seines Betragens in Würzburg. Ist es denn wahr, daß er sich erboten hat, dem Fürsten alle Jacobiner in seinem Lande anzugeben, wenn man ihm erlauben wolle, sich in Würzburg aufzuhalten? ...“. - Der erfolgreiche französische Revolutionsgeneral Charles-François Dumouriez hatte nach Konflikten mit den Jakobinern am 5. April die Seiten gewechselt und sich unter Begehung von Hochverrat den Koalitionstruppen angeschlossen.
2711
2716 Mitscherlich, Eilhard, hochberühmter Berliner Chemiker, Professor an der Universität, vielfach geehrt für seine wiss. Entdeckungen (1794-1863). Eigh. Brief m. U. „Mitscherlich“. 1 S. Doppelblatt. Gr. 8vo. (Berlin) o. J. 200 € An einen Herrn, dessen Einladung ihn „hoch erfreut und tief betrübt“ habe. „... sehr dankbar bin ich Ihnen, daß Sie meiner so freundlich gedacht haben, aber sehr leid thut es mir, daß ich nicht zu Ihnen kommen kann; ein Arzt und Bruder untersagt mir meiner Gesundheit wegen jede Theilnahme“ an Veranstaltungen dieser Art. - Mitscherlich war Ritter des Ordens pour le mérite, Mitglied der Preußischen Akademie der Wissenschaften, der Göttinger Akademie, der Royal Society und der Leopoldina sowie der American Academy of Arts and Sciences. Sein auf dem Berliner St. Matthäus-Kirchhof befindliches Mausoleum wurde von Christian Daniel Rauch und seiner Schülerin Elisabet Ney gestaltet. - Dabei: Friedrich Ludwig Hünefeld, Mediziner und Chemiker, Professor in Greifswald (1799-1882). Eigh. Brief m. U. „Hünefeld“. 4 S. Mit Umschlag. Gr. 8vo. Greifswald 8.X.1862. - An den Grafen Schaffgotsch in Berlin, der sich mit chemischen und physikalischen Experimenten beschäftigte. Bedankt sich ausführlich für einen Aufsatz Schaffgotschs, der sich mit der Untersuchung von Getreide und dessen Schädlingen befaßt. Berichtet auch über geplante Reisen durch Preußen und von seinen eigenen Forschungen.
73
Wissenschaft und Technik ________________________________________________________________________________________________________ 2717 Oncken, Hermann, Historiker, Politiker und Publizist, Professor in München, Heidelberg und Berlin, Mitglied der Preuß. Akademie der Wissenschaften, 1935 von den Nazis entlassen (1869-1935). Eigh. Brief m. U. „H. Oncken“. Mit gedrucktem Briefkopf „Professor Hermann Oncken, Heidelberg“. 21/3 S. Gr. 8vo. Heidelberg 10.VII. 1915. 150 € An eine Dame, die ihm eine Porträtbüste seines Kindes geschenkt hatte. „... Sie haben mir damit, und zugleich auch meiner Frau, eine ganz besondere Freude gemacht. Das Werk von dem Bildhauer Stephany ist außerordentlich anmutend und lebenswahr ausgefallen, und wir sind sehr glücklich, daß wir das Bild unseres Kindes in dem vielleicht reizvollsten Alter nun für immer in künstlerischer Gestaltung und unvergänglichem Stoffe durch Ihre Güte besitzen. - Zugleich aber ... möchte ich Ihnen sagen, daß ich Ihnen eigentlich meinerseits sehr verbunden bin für die Treue und Ausdauer, mit der Sie meine Vorlesung beehrt haben. Das ist mir jederzeit eine große Ehre und Befriedigung gewesen: so habe ich manchmal im Laufe der letzten Jahre empfunden, und möchte es nun, da ich in meinem Turnus zum zweiten Male mich der jüngsten Gegenwart nähere, auch Ihnen persönlich aussprechen ...“.
2718 Pestalozzi, Johann Heinrich, Schweizer Pädagoge und Sozialreformer (1746-1827). Eigh. Brief m. U. „Pestalozzi“. 1 S. Gr. 8vo. O. O. u. D. (Empfangsvermerk: 7.II. 1795). 2.200 € An den Schweizer Staatsmann Hans Konrad Escher von der Linth (17671823). „Lieber Herr Escher - Es war mir unmöglich Sie noch Einmahl zu besuchen - über bewußte Sach schreibe ich Ihnen - nach einem formlichen Plane[.] verzeihen Sie meine Freiheit wegen des nastuchs - hiermit folgt selbiges mit Dank wieder zurük ...“. - Mit dem frühzeitig für die Revolution begeisterten Escher war Pestalozzi seit seinem Aufenthalt in Richterswil im Winter 1793/94 in schriftstellerischem und politischem Gedankenaustausch.
2719 Peters, Christian Joh. Friedrich, mecklenburg. Geograph und Lokalhistoriker, Lehrer an der Großherzogl. Mecklenburg. Navigationsschule in Wustrow, lieferte die erste zuverlässige Monographie über das „Fischland“ (1822-1889). Eigh. Brief m. U. C J F Peters“. Doppelblatt mit Adresse. 1 S. gr. 4to. Wustrow 27.VI.1854. 180 € An den Hinstorff Verlag in Wismar, dem er das Manuskript seines Buches „Mathematische, physische und politische Geographie, für Naviga tionsschulen bearbeitet“ nebst „den dazu gehörigen Zeichnungen“ übersendet. „... und verpflichte mich auf Ihren Wunsch, dieses Buch sowenig, wie ein ähnliches in irgend einer andern Buchhandlung erscheinen zu lassen. Die Summe von 100 rh, für welche Sie das Manuscript von mir angekauft haben, belieben Sie mir so zu zahlen, wie Sie in Ihrem Schreiben mir vorschlagen. Daß Sie das Buch in schöner Ausstattung u. in groß 8vo erscheinen lassen werden, darf ich wohl schon lediglich in Ihrem Interesse erwarten. Ich zweifle nicht, daß der Absatz ansehnlich wird ...“. Da es für den Absatz sicher auch sehr vorteilhaft sei, wenn das Buch in den preußischen Schulen eingeführt werde, habe sich ein ihm bekannter angesehener Fachmann erboten, Exemplare mit
74
ausdrücklicher Empfehlung in Preußen zu verteilen. Zählt dazu eine Reihe von Personen in Pommern und Westpreußen auf, die Exemplare erhalten sollen. - Das Buch war tatsächlich ein Erfolg: Bereits im nächsten Jahr kam die zweite und 1867 die dritte Auflage heraus. - Heute noch bekannt ist Peters allerdings durch seine erste zuverlässige histrorisch-geographische Beschreibung des Fischlandes, die er 1862 im Selbstverlag in Wustrow erscheinen ließ. - Stärkere Defekte am rechten Rand, mit etwas Textverlust.
2720 Piehl, Karl, schwed. Ägyptologe, Professor in Upsala (1853-1904). 2 eigh. Briefe m. U. „Karl Piehl“. In französ. Sprache. Zus. 2 S. Gr. 8vo. Upsala 28.XI.1888 und 16.I.1889. 150 € An den deutschen Ägyptologen Heinrich Brugsch Pascha. Er möchte fester Mitarbeiter der 1863 von Brugsch begründeten und 1884 wieder übernommenen „Zeitschrift für ägyptische Sprache und Alterthums kunde“ werden. Er habe von Mr Stern erfahren, daß Brugsch die Redaktion der Zeitschrift wieder übernommen habe. „... La circonstance que, depuis assez longtemps, j‘ai donné des articles à votre Journal, m‘autorise peut-être à vous demander, si je puis être aggrée comme collaborateur fixe de la Zeitschrift. Il me faut un organe, où je puis imprimer mes observations et en réalité j‘ai beaucoup pensé à former und espèce de Journal, car le patron des Mélanges de Chabas, quoique évidemment je préfère écrire dans la Zeitschrift, si l‘on m‘en donne l‘autorisation formelle [28. XI.1888] ... Ci-enclus, j‘ai l‘honneur de vous remettre le manuscrit, intitulé Varia, que, lors de l‘envoi de mon mémoire sur le règne simultane d‘Apriès et d‘Amasis, j‘ai pris l‘engagement de vous expédier ...“ [16.I.1889]. Bittet Brugsch um möglichst baldige Zusendung der Druckfahnen, zusammen mit dem Manuskript. - Etwas vergilbtes Papier.
2721 Planck, Max, Quantenphysiker, Nobelpreisträger (1858-1947). Eigh. Briefkarte m. U. „M. Planck“. 2 S. Quer8vo. (Berlin-Grunewald) 19.XI.1932. 450 € An den Philosophen Max Apel (1869-1945), der ihm sein bei Reclam erschienenes Buch „Einführung in die Philosophie“ (1932) gesandt hatte. Planck dankt ihm für die Schrift, „die jedenfalls Vielen sehr willkommen sein wird, da doch das Bedürfnis nach Orientierung in diesem unermeßlichen Gedankenreich gerade gegenwärtig in stetem Zunehmen begriffen ist. Und gerade auch für den, der sonst auf einem speziellen Wissenschaftsgebiet arbeitet, ist es ein großer Gewinn, wenn ihm ein solcher Führer die Richtung weist, in welcher er die Antwort auf allgemeine Fragen sich suchen kann. In dieser Beziehung verspreche auch ich mir manche Belehrung aus der Lektüre ...“. - Vertikale Knickfalte. - Beiliegend ein eigenhändiger Umschlag, der aber den Poststempel 16.V.1933 zeigt und somit vermutlich nicht zu der Briefkarte gehört.
2722 - Eigh. Brief m. U. „Dr. Max Planck“. 2/3 S. Gr. 8vo. Göttingen 16.V.1947. 450 € An den evangelischen Pfarrer Robert Janik, der sich viel mit Atomphysik beschäftigt hatte und den Nobelpreisträger wohl nach der Vereinbarkeit der physikalischen Erkenntnisse und militärischen Möglichkeiten mit dem christlichen Menschenbild gefragt hatte. Max Planck,
_______________________________________________________________________________________________________ Wissenschaft und Technik durch Krankheit, wenige Monate vor seinem Tod, schon sehr angegriffen, antwortet eigenhändig, aber kurz und ausweichend: „... Die Beantwortung Ihrer in Ihrem werten Schreiben ... an mich gerichteten Frage ist eine Sache des Glaubens, also eine rein persönliche Angelegenheit, die ein jeder mit seinem Gewissen abzumachen hat ...“. Entschuldigt sich, dass er wegen seiner schweren Krankheit nicht eher antworten konnte. - Gelocht.
2723 Robert, François, französischer Geograph, 17371819. 2 eigh. Briefe m. U. „Robert“. Zus. 5 S. 2 Doppelblätter, 1 mit Adresse. 4to. Paris 24.III. und 1.IV.1815. 200 € Beide Briefe an den Verleger Dentu, dem er ein neues „Dictionnaire geographique“ anbietet, das er auf Grund lan-ger, mehrere Jahre dauernder Reisen verfasst hat. Am 24. März 1815 schreibt Robert: „Ce sera ... un ouvrage absolument neuf, puisqu‘il est vrai qu‘en ce genre et jusqu‘ici, tout n’a été que Compilation; que tous ceux qui se sont mêlés de faire des Géographies, les ont écrites sous le manteau de leur cheminée, et non vû les objets dont ils parlent que par des télescopes: Tous aussi n‘ont-ils fait qu‘ajouter leurs méprises aux erreurs de ceux qui les ont précèdes, sans que j‘en excepte le Géographe Danois, habile frippier, dont le métier se réduit à revêtir de phrases à prétention le travail de ses devanciers, toujours fidèle à son Système de sacrifier la vérité, à la rondeur de la période, à la beauté. Maintenant, si comme on le sait, il a été successivement tire au-delà de Cinq-Cents mille exemplaires du Vosgien; Si, comme on le sait encore, ces 500,000 exempl. sont hors de cours par suite des évènements qui depuis 25 ans tourmentent le Monde, et ont en particulier change la face de l‘Europe; si ce Vosgien tant de fois rapsode et par toutes sortes de main, est hors de mesure pour soutenir la concurrence avec le nouvel ouvrage, quel vide ne s‘offre-t-il pas à remplir quant à cet article de Librairie, surtout si on considère que par l’épanchement des françois sur tous les coins de l’Europe, notre langue en est devenu la langue générale ...“. - Am 1. April 1815: Dentu zögert, in Kriegszeiten ein solches Werk herauszubringen: „Je suis bien de Votre avis, qu’avant la pa-cification on ne peut traiter d‘ouvrages concernant la Géographie. Mais Vous serez aussi du mien, que dans la lassitude de la guerre ou sont toutes les puissances du Continent, et le défaut de moyens de la continuer ches presque toutes, il y aura un terme aux hostilités peut-être plus rapproche qu‘on ne s‘y attendroit, et que le spectateur doit se trouver en mesure pour saisir le moment et en profiter...“. Das „Diction naire géographique“ erschien in der Tat im Jahre 1818.
Roentgen, Wilhelm Conrad siehe Los 2833
2724 Saltykoff, Prinz Alexis (auch Alexej Saltykov), russ. Diplomat, Forschungsreisender und Zeichner, unternahm zwei große Indienreisen, von denen er zahlreiche Zeichnungen mitbrachte, lebte dann in Paris (18061859). Eigh. Brief m. U. „P.ce Alexis Soltykoff“. In franz. Sprache. 1 S. 8vo. (Paris ca. 1850). 180 € An Monsieur Feydeau, der ihn besuchen wollte, ihn aber nicht antraf, weil Saltykoff bei Hofe zur Audienz war. „... Vous avez eu la bonté de passer chez moi hier. Vous ne pouviez mieux choisir le jour, parce-que Dimanche on a généralement beaucoup de tems. Mais voici l‘exeption
2731
qu‘il y a eu. J‘ai été présenté hier à la Cour entre 1 & 2 heures. L‘Impératrice m‘a fait aussi beaucoup de complimens sur mes ouvrages ...“. - Saltykoffs mit seinen Zeichnungen illustrierte „Lettres sur l‘Inde“ waren 1848 erschienen und hatten viel Aufsehen erregt. Eine russische Übersetzung wurde in seiner Heimat mit Begeisterung aufgenommen. - Kleine Randläsuren.
2725 Sauerbruch, Ferdinand, legendärer Mediziner, gilt als einer der bedeutendsten und einflußreichsten Chirurgen des 20. Jhdts (1875-1951). Masch. Brief m. U. „Sauerbruch“. 1/2 S. Mit Briefkopf der Charité. Gr. 4to. Berlin 16.III.1936. 150 € An einen Pfarrer, dem er leider eine Absage erteilen müsse. „... Aber diese Anfrage bekam ich zu hunderten und tausenden und wir haben
75
Wissenschaft und Technik ________________________________________________________________________________________________________ allen Grund, diese Dinge, die durch eine Indiskretion in die Presse kamen, zu unterbinden. Auf jeden Fall danke ich Ihnen für die Freundlichkeit, vor der Veröffentlichung bei mir anzufragen ...“. - Mit Briefkopf „Chirurgische Universitätsklinik der Charité“. - Beiliegend ein masch. Brief des Adressaten (1970), in dem er einem Autographensammler Sauerbruchs damalige Absage erklärt: „... Ich schrieb damals einen Beitrag für das von Künneth und Schreiner herausgegebene Buch ‚Die Nation vor Gott‘. Nun war in der kirchlichen Presse eine Äußerung Hindenburgs auf dem Sterbebett gegenüber Prof. Sauerbruch über seinen Glauben vielfach veröffentlicht. Wenn diese Äußerung echt war, konnte ich sie gut in meinem Beitrag verwenden. Aber ich wollte sicher gehen und habe bei Prof. Sauerbruch angefragt. Der beiliegende Brief war die Antwort. Ich unterließ infolgedessen die Veröffentlichung der Äußerung Hindenburgs in meinem Beitrag ...“.
2726 Scarpa, Antonio, ital. Anatom, Professor in Modena und Pavia, „Erster Wundarzt“ Napoleons als König von Italien (1752-1832). Eigh. Brief mit U. „Ant. Scarpa“. 1 S. 4to. Pavia 11.II.1810. 800 € Dankt Marchese Ghillini für 120 italienische Lire. Scarpa ist außerordentlich dankbar, weil ihm das hilft, den Druck seiner Publikationen weiter zu betreiben und zu finanzieren: „... Il Terzo [fascicolo] è già stampato e verso la fine di questo mese le sarrà indirizato il pacheto da Milano nel modo consueto. Non mancherò d‘ordinare che vi sia unita una copia del Primo, e del s[econ]do ... Il Sigr. direttore della Biblioteca di Torino scrisse al Sigr. Lanfranchi inspettore di questa ... che gli aveva tre associati in Saluzzo; cioè Sigri. D[ottor]e Datta, Deperassi e Martino, ma che non fosse fatta la spedizi[o]ne dei Fascicoli ...“. - Scarpa war seit 1784 Professor für Anatomie in Pavia, wo er auch eine chirurgische Klinik betrieb. Seine Hauptverdienste liegen in der Entwicklung der chirurgischen Anatomie. Er machte sich verdient um die Anatomie des Ohres, entdeckte u. a. den Nervus naso-palatinus und beschrieb das Scarpasche Dreieck am Oberschenkel. Überdies war er Leibchirurg Napoleons. - Ungedruckt. - Sehr selten.
2728 Schmitt, Carl, so bedeutender wie umstrittener Staatsrechtler und Philosoph (1888-1985). 3 eigh. Briefe m. U. „Carl Schmitt“. In franz. Sprache. Zus. 8 S. Gr. 8vo und (1 Postscriptum:) kl. 8vo. Plettenberg 30.V. - 6.IX. 1975. 450 € An Julien Freund. Eigenhändige Briefe mit vielfältigen Themen: ihre beiderseitigen Veröffentlichungen, politische Tagesnachrichten, Linksterroristen, Geschichte des 20. Jahrhunderts, Angriffe in den Medien gegen seine Person etc. - Mit keinem anderen Briefpartner führte Carl Schmitt einen derart langen und intensiven Briefwechsel wie mit Julien Freund (1921-1993). Er sah in dem französischen Politikwissenschaftler seinen genialen Fortsetzer, beide verband eine enge Freundschaft. Zum Verhältnis Carl Schmitt - Julien Freund vgl. Tommissen in: Kraus, Souveränitätsprobleme der Neuzeit. Berlin 2010, S. 9ff.
2729 Sicard, Roch-Amboise Cucurron, gen. l‘Abbé Sicard, führender franz. Taubstummenlehrer, Leiter der Pariser Anstalt, Mitglied der Académie, gab mehrere Lehrbücher der Taubstummensprache heraus (1742-1822). Eigh. Brief m. U. „L‘Abbé Sicard“. 11/2 S. Mit gedrucktem Briefkopf „Le Directeur de l‘Ecole Royale des SourdsMuets“. 8vo. Paris 24.XI.1819. 150 € An einen Herrn, dem er ein Buch empfiehlt, das einer seiner Mitarbeiter herausgegeben habe: eine Sammlung geistreicher Aussprüche von diversen Gelehrten, u. a. Chateaubriand. „... L‘auteur qui voudroit garder l‘anonyme mérite par ses anciens malheurs et son assassinat, pendant les 100 jours qu‘on le prête à faciliter le débit de son intéressant ouvrage. il a employé auprès de moi - un excellent Ecrivain pour vous engager à le recommander. faites-moi l‘amitié de me donner cette preuve de Consideration et de Crédit et agréer d‘avance mes tendres et bien vifs remerciments ...“. - Etwas gebräunt.
2727 Schelling, Friedrich Wilhelm Joseph von, Philosoph (1775-1854). Eigh. Manuskript-Fragment. 2 S. 10,5 x 15,6 cm. O. O. u. J. 450 €
2730 Silvestre de Sacy, Antoine Isaac Baron de, einer der bedeutendsten französischen Orientalis-ten (17581838). Eigh. Brief m. U. „Le B°n Silvestre de Sacy“. 2 S. auf Doppelblatt. 4to. Paris 8.VI.1816. 450 €
Größerer Ausschnitt aus einem flüchtig geschriebenen Konzept zu einer philosophischen Abhandlung. „... das erste Seyn ist, daß dieses zum Theil - denn wo immer Widerstreit ist Theilung unvermeidlich - daß diese zum Theil in der Abweisung gegen das höhere beharre, zum Theil sich ihm willig füge und zur Überwindung hingebe. Theilung aber ist nicht möglich ohne Verschiedenheit von Subjecten. Demnach wäre eine Stufenfolge anzunehmen, an deren einem Ende noch die am wenigsten der Materialisierung unterworfenen Subjecte stünden, selbst gleichsam als Princip und relativ immaterielle Wesen, mit mehr oder weniger Unterordnung. allerdings und in so fern mit verschiedner Herrlichkeit [?], aber im Ganzen doch mit dem ... Feuer des innerlich noch ungebrochenen Willens leuchtend; am andern Ende wären diejenigen Subjecte, die der ... Materialisierung sich hingegeben, in denen das erst ausschließliche Princip ...“. - Auf der anderen Seite astronomische Erörterungen, wobei Herschel erwähnt wird.
An einen „Monsieur le Comte“, bei dem er sich für den Sinologen Abel Remusat (1788-1882) einsetzt, damit dieser und nicht der Deutsche Julius Klaproth (1783-1835) den Auftrag zur Katalogisierung der China-Bestände der königlichen Bibliothek erhalte: „II doit être présente au Ministre une demande pour M. Rémusat, Prof, de Chinois au Collège Royal de France, et Membre de l‘Acadie Rle des Inscriptions et BellesLettres, dont l‘objet est d‘être Charge de faire le Catalogue des livres Chinois de la Bibliothèque du Roi. Cette demande est faite sans aucune vue d‘intérêt, et le travail sera tout à fait gratuit. Elle n’a pour objet que de prévenir une sorte d‘intrigue de M. L™ qui voudroit enlever ce travail à M. Rémusat, pour le confier à M. Klaproth, allemand, dont le caractère et les principes n‘offrent aucune garantie, et qui retournant ici de l’Isle d‘Elbe en 1815, est devenu, on ne sait comment, intime ami de Mr. Langles, après avoir imprime contre lui des injures grossières. Cette association inspire de l‘inquiétude, et après tout, quoique M. Klaproth
76
_______________________________________________________________________________________________________ Wissenschaft und Technik soit réellement instruit, M. Rémusat le vaut bien, je pense, de ce côté-là, et il est français : c‘est un motif, tout autre inquiétude à part, pour lui donner la préférence ... Je vous prie de garder ma lettre pour vous seul, et même de la détruire. Je n‘ai aucun autre intérêt là-dedans, que le bien de la chose, et la convenance de favoriser un bon françois, préférablement à un allemand très hargneux ; mais Je ne voudrais pas m‘attirer des querelles, et cela arriverait, si ma lettre courroit dans vos Bureaux...“ Mit Rémusat gründete Silvestre de Sacy 1822 die „Société asiatique“ und das „Journal asiatique“, zu dessen eif-rigsten Mitarbeitern Klaproth wurde. 1814 war er zu Napoleon nach Elba gefahren, in der Hoffnung, eine Anstellung in Frankreich zu erhalten; nach Napoleons endgültigem Sturz erst kam Klaproth nach Paris, wo er zu allererst mit zwei Streitschriften gegen den englischen Philologen Stephen Weston („Grande execution d‘automne No. 1“) und den königlichen Bibliothekar LouisMathieu Langles („Lettres sur la litterature mandchou“) Aufsehen erregte. - Stempelchen, wenige Knicke, Bleistiftnotizen. - Beilage: ein weiterer eigenh. Brief m. U. vom 24.IV.1827 an einen Baron, die Lieferung von Sitzbänken für die Versammlung der „Société Asiatique“ betreffend.
Ägyptologie im 18. Jahrhundert 2731 Vaugondy, Didier Robert de, berühmter französischer Kartograph, offizieller Kartograph Ludwigs XV. (1723-1786). Eigh. Manuskript, von fremder Hand betitelt. 2 Bl., 1 Titelblatt, 10 1/4 S., 4 Bl., sehr eng beschrieben. Mit einer ausfaltbaren grenzkolor. Karte in Federzeichnung (18 x 21 cm). Folio. Roter Halblederband d. Z. in rotem Pappschuber d. Z. (dieser an den Ecken und Kanten bestoßen). (Nancy 1756?). 1.400 € „Dissertation sur la Situation et sur l’Étendue du Lac Mœris par Robert de Vaugondy lue par lui à l’Académie de Nancy, le Jour de sa Réception. Manuscrit autographe“. Vollständiges eigenhändiges Manuskript eines wissenschaftlichen Vortrags, den Vaugondy bei seinem Eintritt in die Akademie der Wissenschaften und Schönen Künste zu Nancy vortrug. Stanislas Leszcynski hatte Vaugondy den Titel „Kartograph des Herzogs von Lothringen“ verschafft und für seine Aufnahme in die Akademie gesorgt; Vaugondy ist entsprechend stolz: „... De quels sentimens ne se sentent pas frappés mon cœur et mon esprit en presence d’un si grand Prince. … Le nom de ce grand Prince est le Bien faisant, comme le Bien aimé est celui de Louis. Heureuse ressemblance entre deux princes si étroitement unis ...“. Voll Dankbarkeit könne er nur anbieten: „un essai sur la Situation et l’etendue du Lac de Mœris dont l’entreprise etoit digne d’un monarque qui paroissoit n’avoir pour objet que les moyens de procurer à ses peuples l’abondance et la fertilité …“. Der künstlich angelegte große Moeris-See (heute: Qarun-See) am Fayyum-Becken in Ägypten sei ein für die Zivilisation des alten Ägypten ebenso bedeutendes Werk wie die Pyramiden, Labyrinthe und Kanäle, wie aus den Aussagen der alten Geschichtsschreiber zu erkennen sei. „... C’est un fait attesté que l’existence de ce lac fait de main d’hommes, il faut en constater l’etendue, et discuter le nombre d’hommes et d’années que son execution demandoit …“. Er zitiert ausführlich Herodot, für den der See „ein Geschenk des Nil“ gewesen sei, ferner Aristoteles und Dr. Shaw. Er mißt die Ausdehnung des Gewässers an vergleichbaren Seen in Spanien, Holland, Flandern, Holstein etc. und stellt fest: „... les Egyptiens eurent besoin de l’assistance d’Osiris, le premier auteur de l’agriculture qui en faisant des levées de terres et resserrant l’eau du Nil dans des caneaux, dessecha le païs et le rendit propre a la culture. C’est dans ce dernier état que le docteur Shaw suppose qu’etoit l’Egypte
lorsque la ville de Thebes fut bâtie …“. Nach Sichtung der Aussagen der schon genannten Autoritäten sowie der Beschreibungen von Strabo, Bossuet und Rollin führt er Beobachtungen des Diodorus von Sizilien sowie des Danville und des Lucas an, um die Fläche des Sees mit 3800 Stadien zu berechnen. „... Mais dira-t-on comment a-t-on pu non seulement concevoir l’idée d’une pareille entreprise, mais encore oser l’executer ? Que de terres à fouiller, et quel nombre d’hommes a-t-on du y employer? …“. Anhand der Karte von P. Sicard rechnet er aus, dass 3,365,691,735 Klafter Erde bewegt worden sein müssen, um das Becken des Sees zu graben. Dann, sich auf die hoch entwickelte Wissenschaft der Ingenieure von Belidor berufend, auf die besonderen klimatischen Verhältnisse, ein stark bevölkertes Land und einen Herrscher, der dem Volk anhaltenden Wohlstand versprach, vermutet Vaugondy, dass 400.000 Menschen 31-32 Jahre oder 200.000 Menschen 42 Jahre an dem Projekt beschäftigt waren. Das Unternehmen könnte zur Zeit der Regierung des Moeris fertiggestellt worden sein. „... il ne s’est agi que de mettre plus d’hommes pour jouir plutôt de la satisfaction de procurer à ses sujets un moyen de fertiliser leurs terres. Il n’est point d’obstacle qu’on ne surmonte lorsque l’avantage se trouve de concert avec l’autorité du prince. Nous en avons tous les jours des exemples frappans. Labor omnia vincit improbus“. - Aus der alten Sammlung von MathieuGuillaume Villenave, der auch die Titelseite (siehe oben) beschriftet hat. - Etwas stockfleckig; sonst gut erhalten. - Die zahlreichen von Didier Robert und seinem Vater Gilles Robert de Vaugondy hergestellten Karten zählen zu den besten ihrer Zeit und sind auch heute noch hoch geschätzt. Abbildung Seite 75
2732 Weber, Alfred, Bruder des Soziologen Max Weber, Nationalökonom und Soziologe, Professor in Berlin, Prag (Prüfer Franz Kafkas bei dessen Rigorosum) und Heidelberg, wo er u. a. Lehrer von Erich Fromm und Norbert Elias war (1868-1958). Eigh. Brief m. U. „Alfred Weber“. 2 S. Gr. 4to. Heidelberg 14.VII.1925. 200 € An Werner Mahrholz, Redakteur der Vossischen Zeitung in Berlin, der ihn eingeladen hatte, an der Gründungsversammlung zu einer „Freiheitlichen Akademiker-Vereinigung“ teilzunehmen. „... Ich halte die Idee von Studentenheimen - richtiger wohl: Club-Räumen - für die nicht incorporierten freiheitlichen Studenten für durchaus glücklich, deren Stützung für sehr nötig und auch in dieser Form durchaus nötig. Ich glaube aber nicht, dass es richtig ist, Mitglieder des Lehrkörpers der Universitäten zu ‚Alten Herren‘ solcher Studentenheime zu machen. Jeder akademische Lehrer ist grundsätzlich für die Studenten aller Richtungen da. Er kann seine gesinnungsmäßige Zusammengehörigkeit mit einem Teil der Studentenschaft jederzeit zum Ausdruck bringen, und soll das auch durchaus tun. Er darf sich aber nicht generell, gewissermassen ‚korporationsmässig‘, an irgend einen Teil der Studentenschaft binden ... Das würde die Sprengung des Lehrkörpers der Universitäten bedeuten, und damit diese selbst als Einheit. Die ‚Alten Herren‘ der ‚Freiheitlichen Studenten‘ müssen ausserhalb des Lehrkörpers der Universität gesucht werden, genau so wie dies dem Prinzip nach bei den Corporationsstudenten, d. h. den im ganzen nicht freiheitlichen der Fall ist ...“.
2733 Wien, Karl (Karlo), Sohn des Physik-Nobelpreisträgers Wilhelm Wien, berühmter Bergsteiger und kolonialpolitisch im Sinne der NS-Ideologie interessierter 77
Wissenschaft und Technik ________________________________________________________________________________________________________ seine Kultur zu lieben und berichtete, daß jedes gute deutsche Buch ins Arabische übersetzt würde um die Araber mit deutscher Kultur in Verbindung zu bringen. Auf genaues Befragen stellte sich heraus, daß es nur die Bücher von E. L. waren. Es wäre das direkt eine Aufgabe des Propagandaministeriums, hier Ordnung zu schaffen ...“. - Der Jude Emil Ludwig war also nach Karl Wiens Meinung nicht geeignet, deutsche Kultur zu repräsentieren. - 3 Rotstift-Anstreichungen. - Selten.
2734 - Eigh. Brief m. U. „Karlo“. 2 S. 4to. Darjeeling (Himalaya), „The Club“, 24.X.1936. 300 €
2734
An seine Schwester Waltraud Dwinger, geschrieben auf seiner SikkimExpedition, bei der ihm die Erstbesteigung des 6888 m hohen Siniol_ chu gelang. Auf ihre Geburtstagsglückwünsche antwortet er: „... auch ich kann nicht finden, daß es irgendwie zu bedauern wäre, wenn man älter wird, solange man die Jahre mit Taten ausfüllt, die einem wert erscheinen, Mühe und Energie, Aufmerksamkeit und Sorge darauf zu verwenden, und das haben wir beide, jeder auf seine Weise in den letzten Jahren getan ... Edwin [Erich Dwinger] ist wohl jetzt in Spanien, wo es ja so schön langsam zu Ende zu gehen scheint, mit einem Sieg der Faschisten ... Wir sind glücklich zurück aus den Bergen. Daß ich nicht immer Glück hatte wirst Du gehört haben, aber man muß zufrieden sein mit den Dingen, die das Glück einem beschert, wenn man in solch einem außergewöhnlichen Land schwere Aufgaben erfüllen will. Ende November kommen wir heim ...“. - Im folgenden Jahr brach Karlo Wien zur zweiten deutschen Nanga-Parbat-Expedition auf, nachdem die erste 1934 katastrophal gescheitert war. Auch jetzt kam es zur Katastrophe: Unter einer Eis- und Schneelawine fand Karlo Wien mit 15 anderen Expeditionsteilnehmern den Tod. - 3 Rotstift-Anstreichungen. Abbildung
Forschungsreisender, führte mehrere spektakuläre Erstbesteigungen durch, starb auf der zweiten deutschen Nanga-Parbat-Expedition (1906-1937). Eigh. Brief m. U. „Karlo“. 2 S. 4to. Massaua (Eritrea) 28.II.1934. 450 € Aus Afrika an seine Schwester Waltraud und ihren Mann, den nationalistisch-politischen Schriftsteller Edwin Erich Dwinger (1898-1981), die seit 1931 verheiratet waren. „... Die ganze letzte Zeit waren wir entweder irgendwo auf der Landstraße, bestrebt unsere Wagen durch Regen und Dreck weiterzubringen oder mit irgendwelchen Messungen beschäftigt. Die Zeit hier ist ungemein interessant, weil zu den rein naturwissenschaftlichen noch die ganzen Probleme der Siedlung durch Weiße, der Kolonialpolitik überhaupt dazukommen. Es wird mich sehr freuen mit Euch einmal über diese Dinge am Hedwigshof [Wohnsitz Edwin Erich Dwingers bei Seeg im Allgäu] zu diskutieren, nachdem ja Euer Freund Hans Grimm als bester Vertreter des deutschen Kolonialgedankens Euch sicher schon veranlaßt hat, über diese Dinge nachzudenken. Es freut mich auch, daß der Standpunkt unserer letzten Debatten, nach Euren Angaben durch die Ereignisse nunmehr überholt ist. - Die Werke von E. E. D. [d. i. Edwin Erich Dwinger] sind übrigens nicht nur auf jedem deutschen Dampfer zu kaufen sondern ich fand sie auch z. B. bei sehr netten Deutschen, die hoch oben im Uluguru Glimmer buddeln. Ich hoffe sehr, daß das so weiter geht. Der meist verbreitete ‚deutsche‘ Schriftsteller bei allen Italienern in Eritrea und Engländern hier ist ‚Emil Ludwig‘. Ich hatte im Süden ein Gespräch mit einem schwarzen Dr. der Medizin, der behauptete Deutschland und
78
2735 - Bauer, Paul, Jurist, Bergsteiger und Schriftsteller, Major der Gebirgsjäger, Spitzenfunktionär des NS-Sportwesens, leitete vier große Himalaya-Expeditionen und war seit 1936 Leiter der Deutschen Himalaya-Stiftung (1896-1990). Eigenhändiger Brief m. U. „Paul Bauer“. 11/2 S. Mit Briefkopf „Paul Bauer. Notar“. Gr. 4to. München 9.II.1938. 300 € An die Witwe des Nobelpreisträgers Wilhelm Wien und Mutter des 1937 am Nanga Parbat im Himalaya verunglückten Bergsteigers Karl („Karlo“) Wien, der mit dem Schriftsteller Edwin Erich Dwinger verschwägert war. Über die Neuausgabe von Bauers erfolgreichem Expeditionsbericht „Im Kampf um den Himalaja. Der erste deutsche Angriff auf den Kangchendzönga 1929“, der zuerst 1931 erschienen war. „... Ich las soeben das Vorwort Dwingers in der Neuausgabe des Kantschtagebuchs. Der Gedanke, das Vorwort von Dwinger schreiben zu lassen, war doch richtig. Es ist um so vieles besser, als ich es hätte schreiben können, dass ich mich sehr ernstlich frage, ob ich jemals wieder die Feder in die Hand nehmen darf ... Ich freue mich über die Worte Dwingers, sie sind für uns, die wieder hinaus ziehen, eine Stärkung. Ich weiss auch nicht, ob ich irgendwo Schöneres über Karlo und Hatschi gelesen habe. - Bei dieser Gelegenheit möchte ich Sie bitten, mitteilen zu lassen, welche Auslagen für die Anfertigung der Büste Karlos entstanden sind. Die Büste steht so lebendig in meinem Zimmer, dass es mir oft ist, als könnten wir uns über gemeinsame Erlebnisse unterhalten ...“. – 1 Tintenwischer auf der ersten Seite.
__________________________________________________________________________________________________________________________________
2740
Geschichte 2736 Baden. - Karl Friedrich, Markgraf von Baden, Großherzog und Kurfürst (1728-1811). Urkunde m. U. „CF Kurfürst“ und papiergedecktem Siegel. 1 S. Doppelblatt. Folio. Karlsruhe 3.VIII.1804. 150 € Der erst 1803 zum Kurfürsten erhobene Markgraf habe sich bewogen gefunden, „dem Freyherrlich von Helmstädtischen Amtmann zu Bischoffsheim, Johann Martin Picot, gebürtig aus Langenbandel, das Indigenat in Unseren Landen zu bewilligen, auch demselben den Character eines kurfürstlichen Raths beyzulegen ...“. - Mit einer Amtszeit von 73 Jahren gehört Karl Friedrich zu den am längsten regierenden Fürsten der Geschichte. - Das große Siegel angebrochen; sonst ordentlich erhalten.
riale et Royale a daigné me donner des marques si flatteuses, toutes les fois que j‘ai eu l‘honneur de Lui faire ma cour, m‘est un bien si précieux, que j‘en nourrissois le souvenir en moi-même par le sentiment de ma vive gratitude. Mais aujourd‘hui profondément touché de l‘intérêt avec lequel Elle a bien voulu parler de moi à Mr de Geusau, j‘ose prendre la lieberté [!] d‘en mettre à Ses pieds l‘hommage de toute ma reconnoissance. Votre Majesté Impériale et Royale est si bonne et si juste, qu‘Elle me fera la grace d‘accueillir ce tribut de mes sentimens les plus respectueux avec Sa clémence accoutumée. Elle voudra bien se persuader qu‘ils ne s‘effaceront jamais de mon coeur, non plus que ceux que j‘ai voues à Sa Majesté L‘Empereur et Roi, dont la marque d‘estime, qu‘il ma fait la grace de me donner, en me décorant du Grand-Cordon de Sa Légion d‘honneur, m‘a pénétré de la plus profonde gratitude ...“. - Ludwig trat erst 1818 als Großherzog die Regierung in Baden an.
Eigenhändig an Kaiserin Joséphine 2737 - Ludwig I., Großherzog von Baden, hier noch als Markgraf und Kronprinz (1763-1830). Eigh. Brief m. U. „le très humble, très obéissant et très soumis serviteur Louis Margrave de Baden“. 2 S. Doppelblatt. Folio. Karlsruhe 15.VII.1806. 300 € Eigenhändig an die Kaiserin Joséphine, Gemahlin Napoleons, anläßlich der Errichtung des Rheinbundes durch Napoleon unter Badens Beteiligung und Verleihung des „Grand-Cordon de la Légion d‘Honneur“ an den Prinzen. „... La gracieuse bienveillance, dont Votre Majesté Impe
2738 - Friedrich I., Großherzog von Baden (1826-1907). Brief m. U. „Friedrich Großherzog v Baden“. 2/3 S. 4to. Karlsruhe 6.II.1857. 90 € An den bedeutenden Staatsrechtler Hermann von Schulze-Gävernitz (1824-1888). „... Mit Ihrem Schreiben ... habe ich die von Ihnen auf Veranlassung der Königlich Preussischen Regierung verfaßte Beleuchtung der Schweizerischen Denkschrift in der Neuenburger Frage, sowie Ihr Buch über die national-ökonomischen Zustände Englands erhalten. Von dem Inhalt dieser Werke habe ich mit Interesse Kenntniß genom-
79
Geschichte _____________________________________________________________________________________________________________________
2739
80
________________________________________________________________________________________________________________________ Geschichte men und sage Ihnen für deren Einsendung Meinen freundlichen Dank ...“. - Schulzes Schrift „Neuenburg: Eine geschichtlich-staatsrechtliche Skizze nebst einer Beleuchtung der neuesten schweizerischen Denkschrift vom 7. December 1856“ war Anfang 1857 in Berlin erschienen.
„hierher nach dem schönen Berlin“ 2739 Berlin. - Siegfried, C., zunächst Student in Berlin. Eigh. Manuskript seiner Lebenserinnerungen. 4 Bände. 1 Bl., 174 S.; 1 Bl., 202 S., 1 Bl.; 233 S.; 164 S., in winziger Schrift sehr eng beschrieben. Mit einigen (1 lose eingelegten) Federzeichnungen. 4to. Marmor. Halblederbände d. Z. (etwas berieben) mit Rückenvergoldung und Rückenschildern. (Berlin) 1832-1841. 2.000 € Bände 3-5 eines enorm umfangreichen Manuskripts von ursprünglich 5 Bänden, das in Bd III betitelt ist: „Erinnerungen aus meinem Leben. 3ter Theil“. 2 Titelblätter sind mit dem Namen „C. Siegfried“ versehen. Der offenbar aus dem thüringischen Zollbrück bei Schleusingen stammende Verfasser war im April 1832, aus Halle kommend, in Berlin eingetroffen, um hier sein Studium fortzusetzen (welches, ist nicht ganz klar und wohl nur bei vollständiger Lektüre der Bände zu ermitteln). Die Ein leitung zu Band III ist datiert „Berlin den 25ten Mai 1832“. Einen großen Teil der flüssig und fast ohne Verbesserungen niedergeschriebenen Memoiren Siegfrieds nehmen Betrachtungen über die Welt, die Menschen und sich selbst ein, doch die Passagen, in denen er seine Berliner Erlebnisse und Erfahrungen berichtet, zeichnen sich durch überaus genaue Beobachtung und lebendige, wertvolle Beschreibung aus. Als Beispiel für Stil und penible Detaildarstellung in seinen Texten seien Auszüge aus den Schilderungen seiner Universitätslehrer zitiert, nachdem Siegfried erstmals an den Vorlesungen von Carl Wilhelm Heyse, Leopold von Henning und Friedrich Heinrich von der Hagen teilgenommen hat: „Donnerstag den 10ten Mai fingen meine Collegien an, aber nur zum Theil, nämlich die Einleitung zu Horaz bei Heyse und Logik bei Henning. Die Geschichte der Litteratur der Griechen begann erst am Montag als den 14ten Mai und deutsche Grammatik bei von der Hagen erst am Mittwoch ... Mit dem Letztern und dem geringsten unter ihnen, dem Professor und Dr. der Philosophie v. d. Hagen beginne ich; um so mehr, da er der einzige ist, in dem ich mich in der ersten Stunde einigermaßen täuschte, aus dem einfachen Grunde vielleicht, weil er sich da präparirt hatte. In bezug aufs Äußere hat er wenig oder nichts Imposantes, es ist eine ziemlich lange hagere Figur mit braunem ordinärem Gesicht und einem glänzend schwarzen, lockigen Haar. Er geht einher wie ein Stiefelwichser; ein weißes Halstuch, von dem die beiden Zipfel schuhlange vorne heraushängen, ähnlich den Dorfschulmeistern von 1780, gelbe Weste, braunen altmodischen Rock, schwarze nicht weit über die Knöchel gehende Hosen und größtentheils Schuh und weiße Strümpfe ... Kommt er auf den Katheter [!], so thut er gewaltig geschäftig, legt seinen Schlüssel - zu was, weiß ich nicht - auf die rechte Ecke, blättert emsig in seinen halben Schock Papieren und Zetteln, räuspert sich 4mal und beginnt nun ‚Meine Herren (geräuspert) wir sind stehen geblieben (geräuspert) bei Telphilas u. s. w., so daß zwischen jeden größern oder kleinern Satz ein Räuspern fällt. Wie lieblich das klingt, kann man sich denken, vorzüglich wenn beides Sprache und Räuspern gerade lautet als wie aus einer leeren Bierkanne. Dabei geht Alles in kurzen, polternden Sätzen, die oft in keinem Zusammenhang stehen, und mit einer Aussprache, die einem zum Eckel bald wird, bald wieder durch die tollen Faxen, die er dabei schnitzt, zum Todtlachen ist [usw.] ... [August] Böckh, Prof. und Dr. der Philosophie, ist schon ein ganz anderer Mann. Schon sein würdevolles Äußere, wenn er auf den Katheter
tritt, imponirt mehr; er ist mittelmäßiger, kraftvoller Statur, hat ein ausdrucksvolles, sehr bockennarbiges [!] Gesicht, ein feuriges Auge und blonde schon ins Graue spielende Haare, die er vorne gescheitelt trägt. Außer dem Katheter geht er etwas gebückt, und außer dem Band des Rothen-Adler-Ordens (3. Classe) erscheint er mit nichten wie der weltberühmte Böckh, sondern wie ein ganz schlichter anspruchsloser und freundlicher Mann. Letztes ist er auf dem Katheter auch, aber nicht so als Ersterer, denn er tritt da mehr als der Gelehrte, sich fühlende Mann auf, der gegen alles irgend Verkehrte mit einem lächelnden Spott loszieht, wozu seine lispelnde Sprache trefflich paßt. Seine Gelehrsamkeit ist hinlänglich bekannt und daher füge ich nichts darüber hinzu. Wohl aber über den Charakter derselben, ich vermisse nämlich auch bei ihr, im Vergleich mit meinem guten Hallenser [Friedrich] Ritschl und mit Heyse, die Gründlichkeit und die Tiefe, wenigstens in seiner jetzigen Vorlesung, der daher das ächt Wissenschaftliche, das Systematische oft mangelt. Er geht mit zu viel Autorität zu Werke, und man soll ihm aufs Wort oft glauben, was aber die Wissenschaft mit nichten dulden noch weniger verlangen kann ...“. (Dieses Urteil revidiert Siegfried allerdings später in einer Anmerkung). Es folgen ebenso ausführliche Charakteristiken der Professoren Heyse und v. Henning, mit dem Fazit: „... Fasse ich also Alles zusammen, so habe ich hier gefunden, was ich suchte, ein ächt wissenschaftliches Leben und schon tausendmal habe ich bereut, daß ich in dem todten Halle so manche kostbare Zeit verloren habe, verschwendet habe; daß ich nicht gleich von Anfang hierherzog nach dem schönen Berlin ...“. Mit gleicher Genauigkeit beschreibt Siegfried in den weiteren drei Bänden seine Berliner Jahre, kommentiert jedes Erlebnis, schildert jeden Eindruck, berichtet über Theaterbesuche (z. B. ausführlichst am 26. Juni 1834 über eine Aufführung von Webers „Euryanthe“), die Berliner Gesellschaft, seine Mädchen- und Studentenbekanntschaften, seinen Militärdienst, seine Ehe und vieles mehr, wobei eine Vielzahl prominenter Namen zur Sprache kommen. Werden die dichten Mitteilungen schon gelegentlich durch tabellarische Chroniken unterbrochen, so endet die fortlaufende Erzählung mit einer Art Schlußwort am 16. April 1837. Dennoch setzt er die Chronik in der zweiten Hälfte des dritten (hier: ersten) Bandes in knapperer, teils tabellarischer Form fort und berichtet unter der Überschrift „Adieu Berlin!“ auch über einen Besuch in seiner Heimat Zollbrück, aber dann wieder über Berliner Ereignisse bis zum „Schlußstein“ (Berlin 15.September 1841), wo er sechs Zeilen aus Friedrich Rückerts „Weisheit des Brahmanen“ zitiert: „Schon wieder hat der Baum der Hoffnung fehlgetragen / Und abermals das Reis des Wunsches fehlgeschlagen. / Was ist zu thun? Geschwind, bevor der Tag vergeht / Schlag auf das Tagebuch, worin so viel schon steht. / Trag ein den Fehlertrag, er fehle nicht darin / Und schlag dir dann das Fehlgeschlagne aus dem Sinn.“ - Die vorliegende Berliner Chronik des C. Siegfried ist in ihrer phänomenalen Gedankenfülle und Detailfreudigkeit nicht nur eine lohnende Lektüre, sondern ein Kulturdenkmal der Stadt von hohem Wert und sollte zumindest in Teilen durch eine Veröffentlichung bekannt gemacht werden. Abbildung
2740 - Revolution 1848 in Berlin. Schriftwechsel aus dem Nachlaß des schlesischen Fabrikanten und liberalen preuß. Politikers Carl August Milde, Präsident der preußischen Nationalversammlung und erster Handelsminister Preußens (1805-1861). 6 Briefe, 1 Brief-Konzept und 1 signiertes Manuskript. Zus. ca. 15 S. 4to und Folio. 8. VII. - 19. XI.1848. 1.800 € 81
Geschichte _____________________________________________________________________________________________________________________ Bedeutende Dokumente, mit diversen gedruckten Beilagen. Vorhanden: I. Wilhelm I., König von Preußen, hier noch als Kronprinz (17981888). Eigh. Manuskript m. U. „Prinz v Preußen“. 31/2 S. Goldschnitt. 4to. Zehlendorf bei Berlin 8.VI.1848. - Original-Manuskript der Ansprache des Prinzen von Preußen an die Nationalversammlung, hier offenbar für den Druck bestimmt: „Durch die auf mich gefallene Wahl bin ich berufen, in Ihrer Mitte zu erscheinen. Ich würde schon den gestrigen Tag als den meiner Rückkehr ins Vaterland benutzt haben, um hierher zu eilen, wenn es nicht der Jahrestag unauslöschlicher Trauer zugleich gewesen wäre, der mich im Schoß meiner Familie zurückhalten mußte ... Nicht nur die Blicke Preußens, die Blicke der Welt sind auf unsere Versammlung gerichtet, da durch sie eine Vereinbarung mit unserm König u. Herrn herbeigeführt werden soll, welche die Zukunft Preußens u. seiner Könige feststellen soll ... Die Constitutionelle Monarchie ist die Regierungs Form, welche unser König uns zu gehen vorgezeichnet hat. Ich werde ihr mit der Treue u. Gewissenhaftigkeit meine Kräfte weihen, wie das Vaterland sie von meinem, ihm offen vorliegenden Karakter zu erwarten berechtigt ist ... Uns alle leite aber der vielbewährte Wahlspruch der Preußen: Mit Gott für König u. Vaterland! - Wie vorstehend steht, wollte ich sprechen; ich habe aber, glaube ich, etwas gesprochen, ungefähr wie es die übergeschriebenen Zeilen zeigen. Dagegen würde die parenthesirte Stelle fortbleiben. Ich stelle anheim, dies als aide mémoire für die Stenographen.“ - 1 Faltenriss mit Transparentpapier repariert. - Beiliegend eine nicht ganz zuverlässige Abschrift aus späterer Zeit. - II. Friedrich Wilhelm IV., König von Preußen (1795-1861). Brief m. U. „Friedrich Wilhelm“. 1/2 S. Doppelblatt. 4to. Potsdam, Schloß Sanssouci, 25.VI.1848. - An den Abgeordneten Carl August Milde, Präsidenten der Nationalversammlung. „Nachdem Ich den Wirklichen Geheimen Legations-Rath Freiherrn von Patow auf seinen Wunsch von der Leitung des Ministeriums für Handel, Gewerbe und öffentliche Arbeiten entbunden und denselben zur Disposition gestellt habe, will Ich Sie, im Vertrauen auf Ihre Mir bekannte Vaterlandsliebe hierdurch zum Minister für Handel, Gewerbe und öffentliche Arbeiten ernennen ...“. - III. Derselbe. Brief m. U. „Friedrich Wilhelm“. 1/4 S. Doppelblatt. 4to. (Berlin), Schloß Bellevue 21.IX.1848. - An den Staatsminister Carl August Milde. „Indem Ich Sie, auf Ihren Antrag, von Ihrer bisherigen Stellung als Minister für Handel, Gewerbe und öffentliche Arbeiten entbinde, behalte Ich Mir vor, Ihren Rath über wichtigere Staats-Angelegenheiten auch ferner in geeigneten Fällen einzuholen und will Sie deshalb zur Disposition stellen.“ - Angeheftet ein Zeitungsausschnitt mit dem königlichen Bericht über die Entlassung des Ministerpräsidenten v. Auerswald und 6 weiterer Minister, darunter auch Milde. Es folgen 5 Schriftstücke, veranlaßt durch die Verhängung des Belagerungszustandes über Berlin und die selbstständige Einberufung der Nationalversammlung durch den Präsidenten v. Unruh: IV. Einladung zur Teilnahme an der Nationalversammlung im Schützenhaus. 1/2 S. Mit Lacksiegel der Nationalversammlung. Folio. Berlin 12.XI.1848. An den Abgeordneten Milde. „Die nächste Sitzung der National-Versammlung findet, laut gestrigem Beschluß, im Schützenhause, Linienstraße No 5 heut Nachmittag um 2 Uhr statt ...“. - V. Friedrich Wilhelm, Graf von Brandenburg, Sohn König Friedrich Wilhelms II. aus dessen morganatischer Ehe mit der Gräfin Dönhoff, General der Kavallerie und Unterstützer Friedrich Wilhelms IV. (1792-1850). Brief m. U. „Gr von Brandenburg“. 11/2 S. Gr. 4to. Berlin 16.XI.1848. - An den Abgeordneten und Staatsminister Carl August Milde („Excellenz“). Bedauert, dass Milde im Widerspruch zur Verordnung des Königs an der Nationalversammlung teilgenommen habe. „... In § 8 des Gesetzes zum Schutze der persönlichen Freiheit vom 24. September d. J. ist die sofortige Einberufung der Volksvertretung nur für den Fall vorgeschrieben, daß die §§ 1. und 6. dieses Gesetzes von dem Staats-Ministerium unter eigener Verantwortlichkeit provisorisch suspendirt werden. - Diese Suspension ist jedoch nicht erfolgt, wenn auch die Stadt Berlin von dem Staats-
82
Ministerium auf Grund der ihm nach der bestehenden Gesetzgebung unzweifelhaft zukommenden Befugniß in Belagerungszustand erklärt worden ist. - Ungeachtet dieser Maaßregel bleiben die erwähnten Bestimmungen ... in Kraft und werden auch von dem eingesetzten Kriegsgericht streng befolgt werden ...“. - VI. Hans Victor von Unruh, Bauingenieur, Gutsbesitzer und Präsident der preußischen Nationalversammlung (1806-1886). Brief m. U. „v Unruh“. 1 S. Folio. Berlin 18.XI.1848. - An den Minister und Abgeordneten Carl August Milde. Infolge der herrschenden Militärgewalt können Plenarsitzungen der Nationalversammlung zur Zeit nicht stattfinden, doch kommen die noch übrigen 241 Abgeordneten in bestimmten Fraktionslokalen (mehrere Hotels werden genannt) zum Meinungsaustausch zusammen. - VII. Carl August von Milde. Eigh. Konzepte zu zwei Antwort-Schreiben. 41/2 S. Folio und gr. 8vo. (Berlin) 16.-19.XI.1848. - An den Grafen Brandenburg und an den Präsidenten von Unruh. Erklärung, daß er zwar die Verlegung der Nationalversammlung nach Brandenburg und ihre Vertagung als als vollkommen rechtsbeständig verfügt anerkannt habe, dass aber nach der Verhängung des Belagerungszustandes nach gesetzlicher Vorschrift sofort die Versammlung vom Ministerium hätte einberufen werden sollen. Er werde übrigens an keiner Parteiversammlung, sondern nur an einer „in den gesetzlichen Formen zusammenberufenen Sitzung“ teilnehmen. - Angeheftet ein Zeitungsausschnitt mit diesen Texten. - VIII. Derselbe. Eigh. Konzept eines Briefes an den König. 5 S. Folio. (Berlin, ca. 20.XI.1848). - Umfangreiches Rechtfertigungsschreiben an König Friedrich Wilhelm IV., nachdem Milde nicht zu einer Audienz zugelassen worden war, mit der Begründung, er habe sich der am 16. November tagenden Fraktion Unruh angeschlossen. Milde schreibt u. a.: „... Ich bin mir aber bewußt, daß ich mehr wie vielleicht kein anderer dazu beigetragen habe, die von mir angedeuteten Gefahren von der Krone abzuwenden u. wenn Gottes Fügung zum Heile des Königs u. seines Hauses die Feinde mit Blindheit geschlagen, so war es doch immer an den Menschen, nicht die Hände in den Schooß zu legen, sondern zu handeln. Dieß habe ich gethan, werde es auch immer thun als ehrlicher Mann und werde, wenn mich auch der König verläßt, das Constitutionelle Königthum nun und nimmer verlaßen.“ - Beiliegend 7 Flugblätter, davon 6 in Breslau, 1 in Berlin gedruckt (März 1848 - Jan. 1849). - Ferner beiliegend eine maschinenschriftliche Abschrift (nach stenographischen Protokollen) eines Vortrags von Carl August Milde über Bankwesen, gehalten in der 66. Sitzung der II. Preußischen Kammer vom 7. Mai 1852 (7 S., gr. 4to). - Mit 8 politischen Original-Schreiben von maßgeblich Beteiligten am Berliner Revolutionsgeschehen eine Sammlung wertvoller Quellen für das Verständnis der Ereignisse. - Einige Büroklammer-Rostspuren und vereinzelte Rand läsuren; sonst ordentlich erhalten. Abbildung Seite 79
2741 Bismarck, Otto Fürst von, Reichskanzler, Schöpfer eines vereinigten Deutschen Reiches (1815-1898). Eigh. Billet m. U. „v. Bismarck“. ¾ S. Mit eigh., gesiegeltem Umschlag. Gr. 8vo. Berlin 22.I.1872, „Abends 111/2 Uhr“. 300 € An Max von Forckenbeck, Berliner Oberbürgermeister und Reichstagspräsident (1821-1892). „Soeben erhalte ich von Sr. Maj. vollzogen Ernennung des Geh. Rath Falk zum Cultusminister. Amtliche Mittheilung erfolgt morgen.“ - Der Schlesier Adalbert Falk (1827-1900) geriet mit seiner Ernennung in den „Kulturkampf“, den Bismarck gegen den römischen Einfluß auf die deutschen Katholiken führte. Von katholischer Seite heftig angefeindet, sah sich der liberale, verdienstvolle Minister schließlich 1879 genötigt, um seine Entlassung zu bitten. Abbildung
________________________________________________________________________________________________________________________ Geschichte 2742 - Poschinger, Heinrich von, Politiker und Historiker, enger Mitarbeiter und Biograph Bismarcks (18451911). Konvolut von 4 eigh. Briefen und 1 eigh. Postkarte m. U. „v. Poschinger“. Zus. 8 S. 8vo. Mit 3 Umschlägen. Berlin und Nizza 1888-1904. 200 € An Richard Fleischer, den Herausgeber der „Deutschen Revue“, in Dresden. Austausch von Informationen über Publikationen, meist im Zusammenhang mit Otto von Bismarck. Fleischer war vor allem an unveröffentlichten Manuskripten von und über Bismarck interessiert, mit denen Poschinger sich jedoch, im Bewußtsein der Attraktivität solcher Mitteilungen, zurückhält und im Gegenteil sich immer wieder nach den Quellen von Fleischers Bismarck-Artikeln erkundigt. „... Sie nehmen fest an, daß ich unveröffentlichten Bismarck-Text besitze. Das ist aber augenblicklich nicht der Fall, wenn auch manches Material, das ich publiciren möchte, dem Kanzler augenblicklich vorliegt ...“. Fragt nach der Quelle für den Abdruck eines angeblich fiktiven Gesprächs zwischen Bismarck und v. Gerlach, das offenbar einen realen Hintergrund habe, und weiteren Artikeln Fleischers: „... Ist das Datum des Abends, da Sie der parlamentarischen Soiree bei Bismarck beiwohnten, noch festzustellen ... Sind von Unruh‘s ‚Erinnerungen aus meinem Leben‘ keine Fortsetzungen Ihres interessanten Revue-Artikels erschienen. Er spricht doch z. Eingang, daß er jetzt nur einen Theil der Memoiren veröffentlichen wolle. Würde es sich nicht empfehlen, bei den Erben des Parlamentariers sich nach dem Reste des Manuscripts zu erkundigen ... Ich füge als Dank für zahlreiche Zusendungen Ihrer Revue ein kleines Büchlein bei, Lassalle‘s Leiden, das Sie vielleicht zu lesen würdigen, bitte aber, meine Anonymität strengstens wahren zu wollen [3. XII.1888] ... Einen Auszug aus dem II Bande von Bismarck als Volks wirth möchte ich Ihnen noch nicht übersenden; es ist zweifelhaft, ob ich das Manuscript zum Drucke geben werde. Es hängt das ganz von der Beurtheilung des ersten Bandes ab, der in 14 Tagen erscheint. Wenn dieser Band Anlaß zu gereizten Erörterungen gegen Bismarck Anlaß geben sollte ... dann schließe ich die Publikation. Ich hatte die Absicht, dem Werke die anliegende, bereits gesetzte Übersicht der volkswirthsch. Literatur über Bismarck beizufügen. Der erste Band ist aber so angeschwollen, daß ich die kleine Bücherstudie herausgenommen habe, u. dieselbe besonders erscheinen lassen will ... [25.III.1889]. - Die Schrift „Ferdinand Lassalle‘s Leiden“ erlebte 4 Auflagen, und Poschinger wurde bereits 1890 in Kürschners Literaturkalender als Verfasser genannt. Alle Schriftstücke vom Empfänger am oberen Rand handschriftlich nummeriert.
2743 Borodin, Mikhail von, russ. General in Diensten Ferdinands I., Königs beider Sizilien. Eigh. Brief m. U. „Michel de Borodin“. In franz. Sprache. 3 S. Doppelblatt mit gesiegeltem Umschlag. Folio. Neapel 24.V.1802. 200 € Untertänigstes, ausführliches Dankschreiben an Ferdinand I., König beider Sizilien, der ihm für seine militärischen Verdienste einen huldvollen Brief und ein Kästchen mit seinem Bildnis hatte übersenden lassen. Borodin ist fair genug, auch die Leistungen seiner Offiziere ins rechte Licht zu rücken. „... j‘ai reçu égallement par la voye de notre Ministre la boite ornée de Votre Auguste portrait que Votre Majesté a eu la bonté de m‘accordér. je n‘avois pas besoin de cette nouvelle grace pour sentir tout ce que je Vous dois Sire, Votre lettre seule me suffisoit, c‘est elle que je porterais toujours sur mon coeur, elle fera a jamais ma plus chère recompense. mais puisque Votre Auguste Majesté ne daigne me permettre de tomber a Ses pieds avant mon départ, qu‘il me soit du
2741
moins permis Sire d‘implorér Vos bontés pour les officiers Russes qui sous mes ordres ont eu la gloire de servir Votre Auguste Majesté. je veux parlér des deux chefs de mes battaillons de grenadiers, du Collonel Szepanoff qui pendant deux années a commendé de F.Elme, et de mon aide de camp Carpoff dont l‘exactitude et l‘intelligence m‘a infiniment servi a meritér Votre Auguste approbation. Ces officiers distingués devroient en tout partagér mon sort, et si Votre Majesté daignait leur accorder des marques de Sa bienveillance a l‘instar de Mrs. les officiers de notre marine, mon bonheur seroit parfait, et nos voix en corüs ne cesseroient de prôner les graces d‘un Souverain que nous avons eu l‘avantage de servir, et que nos coeurs ne cesseront d‘adorér ...“. Nennt dann noch mehrere Offiziere der königlichen Grenadier-Batallione, die sich unter seiner Ausbildung durch besondere Leistungen ausgezeichnet hätten.
2744 Bremen. - Deneken, Arnold Gerhard, Jurist und Bremer Senator (1759-1836). Eigh. Albumblatt mit U. 1 S. Quer-gr. 8vo. Göttingen 28.IX.1780. 150 € 83
Geschichte _____________________________________________________________________________________________________________________ Aus dem Album von Daniel Schütte mit einem weiteren Eintrag auf der Rückseite und einem Blatt mit Aquarell, das wohl ebenfalls von Deneken stammt. - Deneken veröffentlichte Bücher zur Bremischen Geschichte, etwa 1828 über den Bremer Roland und 1831 über das Bremer Rathaus.
2745 Carl Albrecht von Habsburg, Erzherzog, ab 1919 polnischer Staatsangehöriger und später Generalmajor der polnischen Armee (1888-1951). Sein Gästebuch 1910-1921. 87 Bl., davon 170 S. beschrieben. Mit dem eigh. Besitzvermerk „Erzherzog Carl Albrecht“ auf dem Vorsatz mehr als 1500 Namenseintragungen von Gästen. 30 x 24 cm. Grüner Halblederband d. Z. (etwas berieben und bestoßen) mit Rücken-Blindprägung und Leder-Ecken. (Wien und wahrscheinlich auch andere Orte) 1910-1921. 1.200 € Reich gefülltes Gästebuch des interessanten Offiziers aus dem österreichischen Hochadel. Bis auf wenige Ausnahmen setzen sich die Beiträger nur aus Aristokraten aus ganz Europa zusammen, ganz überwiegend hohe Militärs, aber auch Minister, Botschafter und andere Diplomaten, selten einmal begleitende Ehefrauen. Vertreten sind die Fürsten, Grafen, Freiherren, Barone und Ritter von Pálffy, Esterhazy, Nostitz, Windisch-Graetz, Liechtenstein, Pallavicini, Thun, Üxküll, Auersperg, Pappenheim, Hohenzollern, Stolberg, Salm, Wurmbrand, Hoyos, Hohenlohe, Lobkowitz, Hatzfeldt, Schönaich und sehr viele andere. Neben unzähligen Generälen aller Waffengattungen (auch Admirälen der österr. Marine) treten als Zivilpersonen vor allem Minister und Diplomaten aus wohl allen europäischen Ländern sowie der Türkei, Persien, Japan, China, Mexiko, Argentinien in Erscheinung, wobei der Kreis der Nationalitäten naturgemäß bei Beginn des Weltkriegs enger wird. Nicht alle der mehr als 1500 Signaturen sind eigenhändig, weil bei Eintreffen größerer Delegationen oft nur ein Schreiber die Namen auflistet, doch dürften mehr als 1000 Eintragungen eigenhändig sein. - Carl Albrecht, der 1919 die polnische Staatsbürgerschaft annahm und fortan in der polnischen Armee diente, galt lange, auch noch in den 1920er Jahren, als Thron-Aspirant für ein Königreich Polen, doch zerschlugen sich solche Pläne, und seit 1949 nannte sich der Familienzweig nur noch Prinzen und Prinzessinnen von Habsburg-Altenburg. - Einzigartige Versammlung des internationalen Adels und der hohen Militärs aus einer untergegangenen Welt.
2746 Diepenbrock, Melchior, Kardinal-Erzbischof von Breslau, einer der Begründer des politischen Katholizismus (1798-1853). Eigh. Brief m. U. „Votre affectionné serviteur Melchior C. et Pr. Ev.“. 1 S. auf Doppelblatt. Gr. 8vo. Breslau 27.XI.1850. 150 € An den Bischof von Vienne: „Je viens de recevoir une lettre du Comte Lubienski, evêque Suffragant de Kalisch, à Wloclawek en Pologne, qui contient quelques détails sur le Pseudo-Altieri, qu‘il Vous intéresse peut être de connaître. Je profite donc encore de l‘occasion de Mr. le Dr. Burkart pour Vous la faire passer. Vous aurez reçu, Monseigneur, la lettre, que je Vous ai envoyé par la poste avant-hier, avec les incluses de Berlin. Le paquet, qu‘y manquait, Vous sera remis avec ces ligne par Mr. Burkart...“. - Ein Vermerk von fremder Hand am Kopf.
84
2747 Dreißigjähriger Krieg. - Gallas, Matthias Graf von, kaiserlicher Feldherr im Dreißigjährigen Krieg, Generalleutnant und Feldzeugmeister, anfangs unter Wallenstein tätig, zuletzt den Verschwörern gegen Wallenstein zugehörig (1588-1647). Brief m. U. „Dienstwilligester Matthias Gallaß mpp“. 1 S. Doppelblatt. Folio. Hauptquartier ... 4.II.1647. 1.200 € Zweieinhalb Monate vor seinem Tod an „Wolgebohrne WolEdle und Gestrenge“, denen er mitteilt, „welcher gestaldt Ihr Churfürstl. Dhlt: gdgst: anbefohlen, wan die zum succurs in Tyrol destinierte zwey Regimenter zu Fueß marchierten, solches meinem Herrn voran auf München so wol wegen beyordtnung eines Commissari alß auch erfolglassung der Proviands zu berichten, und nachdeme nun der Herr Veldtmarschall Leütenandt Freüherr von Enthfurth auch ein befelch hat, daß derselbe so bald Er bey Ingolstatt vorbey passirn wirdt, seinen anzug meinem Herrn avisiern solle. Alß ersuche Ich meine Herrn hiemit dienstlich, Sie belieben demselben nicht allein vollenkhombenen glauben beyzumessen, ... auch zuverordten, damit Ihme nach Ihr Churfüstl: Dhrlt: bereits ergangenem gdsten befelch der Commissarius zuegeben, wie nicht weniger die nothwendige Proviandt erfolget werden möge ...“. - Dabei: Derselbe. Ausgeschnittene Signatur „Undtheniger Diener Gallaß“. Im 19. Jhdt mit mehreren Zierrahmen auf ein Untersatzblatt montiert und zweifarbig mit Tinte kommentiert („Hauptgegner Wallensteins“). 28,5 x 19 cm (Gesamtformat). O. O. u. J. - Zu einer Zeit montiertes Ensemble, als der Autographensammler sich noch mit der Unterschrift des Helden begnügte.
2748 Frankreich. - Aguesseau, Henri François d‘, französischer Staatsmann, Kanzler und Siegelbewahrer, Reorganisator des französischen Rechtssystems (1668-1751). Eigh. Brief m. U. „Daguesseau“. 1 S. auf Doppelblatt. Versailles 31.VII.1737. 250 € In seiner Rolle als Kanzler reklamiert d‘Aguesseau zwei Bücher: „Je n‘ay Monsieur, ny le livre de Mr Carré de Montgeron, ny un exemplaire imprimé des Remonstrance du parlement. Et comme il ne tient qu‘a vous que j‘en aye, si je n‘en reçois pas demain au soir je croiray que vous estes moitié avec l‘auteur du livre et l‘imprimeur des Remonstrances ...“. Der eher kleinlaute Erledigungsvermerk des Buchhändlers am Kopf lautet: „J‘ay envoyé l‘un et l‘autre le 3 aout 1737“. - D‘Aguesseau wurde 1737 zum dritten Male Kanzler und Siegelbewahrer. - Aus der Sammlung Künzel. - Gering gebräunt.
2749 - Brichanteau, Nicolas II. de, Marquis de Nangis, franz. Feldmarschall, Staatsrat, Admiral von Frankreich, Chevalier des Ordres du Roi, schrieb wertvolle Memoiren (1582-1654). Urkunde m. U. „Nicolas de Brichanteau“. Franz. Handschrift auf Pergament. 1 S. Quer-4to. (Nangis) 1611. 150 € Mit zahlreichen Abkürzungen versehene Quittung über den Empfang von 3600 Livres, die ihm am 27. Mai 1611 „sur le trésor de l‘épargne“ als Pension ausgesetzt worden waren. - Brichanteau hinterließ interessante Memoiren über die Zeit von König Heinrich II. bis König Ludwig XIII., die zuerst 1665 veröffentlicht, dann im 19. und 20. Jahrhundert mehrmals nachgedruckt wurden.
________________________________________________________________________________________________________________________ Geschichte 2750 - Clemenceau, Georges, franz. Staatsmann und Publizist der dritten Republik, antideutscher Politiker („der Tiger“), zweimaliger Ministerpräsident (1841-1929). Eigh. Manuskript. 5 S. auf 5 Bl. Folio. O. O. (ca. August 1914). 300 € „De la préparation à l‘action“. Vollständiges Rohmanuskript eines Artikels über den Charakter und die angebliche „Kriegslüsternheit“ Kaiser Wilhelms II. „Depuis la première heure de son règne, Guillaume II prépare ces journées. Elève de Bismarck, ardent de reprendre l‘opération manquée de 1879 qui devait pas porter le coup mortal, le jeune prince demeurait suspendu aux livres du Chancelier de fer qui ne lui enseignait pas une admiration sans réserves par un père philosophe et une mère anglaise, remarquablement cultivée ... La guerre, cependant si fait avec des hommes et si parfaite que soit la préparation matérielle, la moral de la créature combattante n‘est pas sans apporter un appoint capital dans la tumultuème rencontre des forces opposés. Guillaume II peut-être commence de s‘en apercevoir. L‘armée belge lui parut moquerie. Il suffit d‘un sursaut des consciences par démolir tout le plan de l‘attaque brusquée. La ‚faible‘ Belgique est debout - forte par le coeur et le volonté ...“. - Mit zahlreichen Verbesserungen, Streichungen und Umstellungen. Abbildung
2751 - (Clémenceau). Eigh. Manuskript. 41/2 S. auf 5 Bl., jeweils am linken Rand auf Karton montiert. Folio. O. O. (1914). 200 € „Les Prisonniers alsaciens“. Vollständiges Rohmanuskript eines Artikels, der kurz nach Beginn des Ersten Weltkriegs, am 30. September 1914 auf der Titelseite der Publikation „L‘Homme Enchainé“ erschien und sich mit inhaftierten frankophilen Elsässern befaßt. Mit vielen Streichungen, Verbesserungen und Umstellungen. Der Aufsatz beginnt: „Il y a une question des prisonniers alsaciens des lettres que j‘ai reçues, et les sollicitations de nos amis d‘Alsace m‘invitent à la poser. La plupart des enfants de l‘Alsace, demeurés Français de coeur, ont dû subir la contrainte du service militaire en Allemagne. La mobilisation les a pris. Ils se trouvent servir, en dépit d‘eux-mêmes, dans les rangs de nos arrachisseurs ...“. Am Schluß heißt es: „... Et nous, nous devons accueillir avec zêle l‘occasion que nous est donnée de refaire la France intégrale avant même que la victoire définitive ait prononcé. N‘attendons pas davantage pour reconstituer la patrie totale en plein combat.“ - Das letzte Blatt mit kleineren Defekten und Fingerspuren, die wohl z. T. in der Druckerei entstanden.
2752 - (Clémenceau). Eigh. Manuskript. 4 S. auf 4 Bl., eng beschrieben. Folio. O. O. (ca. 1917/18). 300 € „Revolution d‘Europe“. Ein Kapitel aus dem 1918 in Paris bei Payot erschienenen Buch „La France devant l‘Allemagne“ (dort S. 243-244). „La guerre actuelle apporte en soi une révolution européenne, comme la terre civilisée n‘en avait pas vu. Ce mot de révolution a toujours exercé une puissance de magie sur les esprits que les misères de l‘homme ont refoulé dans les vastes champs inconnus de l‘idéologie ...“. - Umfangreiche, weitsichtige geschichtsphilosophische Betrachtung zum traditionellen Verhältnis Frankreich-Deutschland und zur voraussichtlichen
2750
Entwicklung nach dem Weltkrieg. - Mit vielen Verbesserungen, Streichungen und Einschüben. - 1 Defekt im letzten Blatt mit kleiner Verfärbung infolge ehemaliger Klebstreifen-Reparatur (ohne Textverlust). - Beiliegend eine masch. Transkription.
2753 - (Clémenceau). Teils eigh. Manuskript (8 S. masch. mit vielen hs. Verbesserungen, 2 S. hs.). Zus. 10 S. auf 10 Bl. Gr. 4to. O. O. (um 1926). 250 € Frühe Manuskriptteile zu Clémenceaus Buch „Les Nympheas“, das u. a. durch ein Gemälde von Monet angeregt wurde und 1928 in Paris bei Plon erschien. Die von 1 bis 8 nummerierten maschinenschriftlichen Blätter mit zahlreichen eigenhändigen Verbesserungen sind z. T. gedruckt in Kapitel IV („Le Jardin de Monet“), S. 45. Einer der Sätze findet sich heute auf der Website der Fondation Monet. - Die beiden handschriftlichen Blätter mit der Überschrift „Conclusion“ gehören zu Kapitel VIII, S. 114. - Interessante Beispiele einer unpolitischen, aber nicht weniger geistvollen Abhandlung Clémenceaus. - Beiliegend ein gedruckter Kommentar zum Inhalt des Manuskripts.
85
Geschichte _____________________________________________________________________________________________________________________
2754
2754 - Gambetta, Léon, französischer Staatsmann, der 1870 nach der Niederlage bei Sedan die dritte Republik ausrief (1838-1882). 2 eigh. Billets m. U. „Gambetta“ und 2 unregelmäßige Ausschnitte aus größeren, rückseitig von fremder Hand bezeichneten Blättern, das erste rechteckig, das zweite achteckig beschnitten, je 1 S. (Paris) 30.VIII. und 19.IX.1871. 300 € An den Finanzminister Augustin Thomas Joseph Pouyer-Quertier (1820-1891), Begleitschreiben zu Eingaben an diesen; das zweite lautet: „Le Député soussigné prie son Collègue, M. Pouyer-Quertier, ministre des Finances, de vouloir bien faire examiner avec soin la présente demande, dont l‘auteur merite tout intérêt, comme s‘étant conduit en patriote durant la guerre et ayant été blessé comme officier, enfin comme ruiné par suite de l‘annexion“. 1870 hatte Gambetta das besetzte Paris in einem Luftballon von Nadar verlassen, um im Norden Frankreichs Truppen zu organisieren und gegen die Deutschen zu kämpfen; der Waffenstillstand vom 28. Januar 1871 machte Gambettas heroische Anstrengungen zunichte. Er war in der neugewählten Nationalversammlung die treibende demokratische Kraft gegen die royalistische Partei und die Bonapartisten. - Beiliegend ein eigenh. Billet von Gambettas Vater, ein eigenh. Brief seines Onkels in Marseille sowie eine in dritter Person an Gambetta gerichtete Einladung des amerikanischen Geschäftsträgers John Bibelow (1817-1911). Ferner ein eigenh. Brief des spanischen Staatsmannes Emilio Castelar (1832-1899) an Gambetta: „... je suis venu vous voir, et je tiens beaucoup à vous parler. Je renviendrais après demain. La situation de France m‘inspire des grands inquiétudes. J‘espère que votre optimisme, qui a toujours un grand motif dans votre raisson si claire et votre expérience si mure ma rassuraira un peu. Excussez mon horrible français“. - Insgesamt 6 Teile. Abbildung
2755 - Ludwig XIV., König von Frankreich, der „Sonnenkönig“ (1643-1715). 2 Schriftstücke in seinem Namen m. U. „Louis“ (von Sekretärshand), beide eigenhändig gegengezeichnet von dem Staatssekretär für das Kriegswesen, bedeutenden Heeresreformer, Minister und Kanzler Michel de Tellier, Marquis de Barbezieux (1603-1685). Zus. 2 S. Pergament bzw. Papier. Quer-gr. folio bzw. Folio. 1643-1645. 350 € 86
Im Auftrag der Mutter des 5jährigen Dauphins, der Regentin Anna Maria von Spanien, an den Marschall Brézé. Das erste Schreiben, auf Pergament, enthält eine Reihe militärischer Anweisungen (Vermehrung der Infanterie, Aufgaben und Verwendung der Truppen), unterzeichnet „Louis“ und darunter: „Par Le Roy / La Royne Régente sa mère prete. - De Tellier“. - Das zweiten Schreiben, auf Papier mit Adresse, behandelt die Entsendung des Sieur de la Primandaye, „conseiller et maître d‘Hôtel dans la généralité de Cour“, der für die bessere Bewachung der Kriegsgefangenen sorgen und deren Entweichen eindämmen soll. Brézé könne dem Abgesandten vollständig vertrauen: „... J‘ay bien voulu vous faire cette lettre pour vous dire par l‘advis de la Royne regente madame ma mere que vous ayez a prendre une entière creance a tout ce qu‘Il vous dira de ma part, et a pourvoir a la garde des prisonn. ...“. - Ebenfalls von Michel de Tellier gegengezeichnet. - Zeitgenöss. Regest auf der Adressenseite: „Lettre du Roy pour faire resserer et prendre sointres parer des prizoniers de guerre qui sont en enjou“. - Das Pergament-Schriftstück fleckig und mit größerem Einschnitt außerhalb der Schrift.
2756 - Ludwig XV., König von Frankreich (1710-1774). Urkunde m. U. „Louis“ (von Sekretärshand). - Eigh. gegengezeichnet vom französischen Außenminister Marquis d‘Argenson: „M de voyer d‘argenson“. Französ. Handschrift auf Pergament. 1 S. Quer-folio. Versailles 1.V.1745. 250 € Beförderung des Ingenieurs Du Four zum Brigadier der Infanterie. Er habe sich im Kriegsdienst in verschiedenen Funktionen bewährt. „... Il a donné des preuves signalées de sa Valeur, Courage, Expérience à la guerre activité, et sage conduite ainsy que de sa Fidelité et affection à son service ...“. - Der mit großer Signatur vertretene René-Louis de Voyer de Paulmy, Marquis d‘Argenson (1694-1757), ein persönlicher Freund Voltaires, war im Vorjahr mit dem Eintritt Frankreichs in den Österreichischen Erbfolgekrieg zum Außenminister ernannt worden. Frisch erhalten. Abbildung
2757 - Napoléon III. Bonaparte, Charles Louis, Staatspräsident und Kaiser der Franzosen (1808-1873). Eigh. Brief mit U. „Napoléon“. 1 S. Doppelblatt mit Adresse. Gr. 4to. Rom 9.I.1829. 400 €
________________________________________________________________________________________________________________________ Geschichte
2756
Frühes brandenburgisches Buchhändler-Privileg Eigenhändig an den Bildhauer Lorenzo Bartolini (1777-1850) in Florenz, wo Napoleons Familie lebte: „La course de huit jours seulement que nous devions faire à Rome si prolonge tellement, que je prends le parti de vous écrire, afin que vous ne nous preniez pas pour des extravagans qui vous pressent par un petit buste, et qui s‘en vont sans seulement le voir fini. La maladie de ma Cousine Juliette nous a retenu ici bien longtems, mais maintenant nous ne tarderons guère à retourner à Florence. - En attendant que faire le plaisir de vous voir ... Je vous souhaite une bonne année.“ - 1829 schloss sich Louis Napoléon mit seinem Bruder Napoléon Louis den italienischen Carbonari an. Dort führte er die Belagerung der Festung Civita Castellana an. - Leicht stockfleckig. - So früh selten. - Beiliegend ein Stahlstichporträt des Kaisers.
2758 - Philippe II. d‘Orléans, „le Régent“, Neffe Ludwigs XIV., Sohn der Liselotte von der Pfalz, ab 1715 Regent für den unmündigen Ludwig XV. (1674-1723). Eigh. Notiz „bon“ und Paraphe unter einer Abrechnung über die Kosten der Bewachung des Palais Royal für 3 Monate und die Festnahme und Entfernung von Kriminellen. 11/4 S. 4to. (Paris) 10.VIII.1722. 300 € Die Wachleute, ein Leutnant und zwei Schützen, waren befohlen „par ordre de S A R pour expulcer les maudians, vagabonds, et femmes de mauvaise vie qui s‘attroupent dans l‘Intérieur du Palais Royal“. Die Kosten von 653 Livres, die der Krontresor erstatten soll, beinhalten auch „le remboursement des Carosses qu‘il a employé pour conduire en prison ceux et celles qu‘il a arristez pend. les trois mois“. Der Regent genehmigt die Abrechnung mit „bon“ und seinem Unterschrifts-Schnörkel.
2759 Friedrich I., König in Preußen (hier noch als Kurprinz von Brandenburg) (1657-1713). Urkunde m. U. „Friderich Chur Printz“. Deutsche Handschrift auf Pergament. Mit angehängtem Siegel in verzierter Blechkapsel an zweifarbiger Kordel. 1 S. Mit kalligraphischer Kopfzeile. Quer-gr. folio. Potsdam 11.XII.1682. 1.200 € Im Namen seines Vaters, des Großen Kurfürsten (1620-1688), ausgestelltes Privileg für die Buchhändler Jeremias Schrey und Heinrich Johann Meyer in Frankfurt (Oder), die für zwei Werke ihres Verlags um ein Nachdruckverbot gebeten hatten. Der Kurfürst erteilt ihnen das Privileg für die Scripta (also gesammelten Werke) des Frankfurter Juristen Samuel Stryk[ius], „die Sie bereits an sich erhandelt und mit schweren Kosten verleget haben, oder ins künfftige noch an sich erhandeln werden und verlegen möchten, als auch Christian Müllers Deut sches Rechen-Buch drucken zu laßen und zu verlegen zwar gesonnen, dabey aber besorgen müsten, daß Sie durch das nachdrucken gar leicht ruiniret werden, und bey ihren vorhabenden kostbahren Verlegen anders nicht als vermittelst unsers gnädigsten Privilegjj gesichert sein ...“. Es wird ihnen ausführlich zugesichert, daß sie im Kurfürstentum „ihre Verlegs-Bücher frey öffentlich und ungehindert verlegen und drucken zu laßen befugt sein“. Dagegen sei jeder unbefugte Nachdruck streng verboten: Außerhalb der Landesgrenzen entstandene Nachdrucke dürfen nicht eingeführt werden, sondern alle Exemplare werden konfisziert und die Vertreiber zu einer Strafe von 1000 Talern herangezogen, die zur Hälfte dem brandenburg-preußischen Fiskus zugute komme. - Am Schluß wird ausdrücklich erwähnt, dass der - damals 25jährige - Kurprinz das Privileg unterzeichnet. - Christian Müllers Arithmetica Oeconomica Oder ausführlich- und vollständiges Rechen-
87
Geschichte _____________________________________________________________________________________________________________________ Buch zur Haushaltung auf den Linien und der Feder gerichtet/ : Darinnen der Algorithmus, beydes von gantzen und gebrochenen Zahlen/ sambt den gantzen Proceß der Regul De-Tri, von und mit Brüchen/ gründlich und ausführ lich erkläret wird/ ... corrigirt und augirt heraus gegeben ...“ erschien im folgenden Jahr bei Schrey in Berlin. - Mehrfach gefaltet, etwas wasserfleckig und (vor allem auf der Rückseite) angestaubt; 2 Löcher mit geringem Buchstabenverlust; die Siegel-Kapsel gut erhalten. - Sehr seltenes frühes Buchhändler-Privileg in Brandenburg; zugleich ein besonders frühes Schriftstück des späteren ersten preußischen Königs.
Gedicht an Voltaire 2760 Friedrich II., der Große, König von Preußen (17121786). Eigh. Gedichtmanuskript m. U. „Federic“. 22/3 S., eng beschrieben. 4to. (Rheinsberg) 26.XI.1737. 12.000 € Eigenhändiges, am Schluß signiertes Briefgedicht an Voltaire. 106 Zeilen, wovon 2 gestrichen und 2 andere am Rand eingefügt sind. Die umfangreiche Dichtung in subtil ironischem Ton erinnert an die zweite Satire von Boileau. Die folgenden Zitate sind in der mangelhaften Orthographie des Originals wiedergegeben, die später in der Werkausgabe von 1846 korrigiert wurde. „à Mons de Voltaire. - Dis nous Divin Voltaire ou ton esprit sublime / aprit à renfermer le bonsens dans la rime / quel tresort te fournit ces mots harmonieux / dont le concours heureux de sons Melodieux / enchantant les esprits et chatouillant l‘oreille / par un plaisir nouveau sans cesse nous reveille ... On me veroit bientôt prandre un rapide esor / et m‘élever aux Cieux, saisi d‘un doux transport / m‘asurant du soutiens de tes sublimes ailes / abandoner la terre aux faibles irondelles / tel traversant les airs et s‘élevant au cieux / L‘aigle pointe au soleil son vol audacieux / soutenant ses eglons, sous ses ailles agiles / qu‘il instruit à mouvoir leurs ailerons débilles / et tel, en m‘éllevant sur le mon des neuf sœurs / inspire à mes esprits tes Divines fureurs / et que l‘expretion s‘aliant à la rime / avec l‘invention m‘amènent au sublime / que les mots, à leur lieu tout prêts à se placer / sans se faire chercher soient prês à s‘arranger ...“. Am Schluß heißt es: „... assuré des bons vers don ton bras me repond / je mes tout mon espoir en ton savoir profond / en tentant avec toi les vents et les orages / j‘opose au flots émus Voltaire et ses ouvrages.“ - Schönes, charakteristisches Gedicht des 35jährigen Kronprinzen über Voltaires und eigene Poesie. - In bearbeiteter Form gedruckt in: Oeuvres (1846), Band 14, S. 38-42. Abbildung
„alle für einen und einer für alle verantwortlich“ 2761 - Urkunde m. U. „Fch“ und papiergedecktem Siegel. 4 Bl., davon 6 S. beschrieben. Folio. Berlin 12.I.1742. 600 € Bestallung des Kalkulators Ernst Friedrich Arend zu Königsberg als Kriegs- und Domänenrat bei der Pommerschen Kriegs- und Domänenkammer. Die Beförderung in die hohe Position geschieht „wegen desselben Uns gerühmter Capacität und Geschicklichkeit auch vor Unsern Dienst und Interesse hegenden Eifers und aus besondern deshalb in ihn setzenden allergnädigsten Vertrauen“. Bemerkenswert ist die nun folgende, 4 Folioseiten umfassende Stellenbeschreibung dieses Postens, d. h. die Aufgaben, Pflichten und Kompetenzen des Inhabers, welche die Leitung und Verantwortung für das gesamte Wirtschafts- und Justizleben einer preußischen Provinz bedeuten. Der Kriegs- und Domänenrat muß z. B. für die Vermehrung der Steuereinnahmen sorgen, indem er sich dafür einsetzt, „daß bey denselben gute und reelle Verbeßerung sonderlich durch Vermehrung der Zahl und Nahrung der
88
Bürger und Unterthanen, auch Beförderung der Manufacturen und Commercien, ingleichen durch Verbeßerung des Polizey und Brauwesens nicht allein in den Städten, sondern auch in den Aemtern gestiftet werden möge ...“. Er solle „unabläßig bedacht seyn, und alle seine consilia, actiones und gantzes Thun und Laßen auf die Errichtung dieses Endzwecks richten, daneben auch sorgfältig dahin sehen, damit von solchen Unsern Einkünften nichts zurückebleiben noch ausfallen, sondern alles zu rechter Zeit baar, richtig und ohne den geringsten Abzug einkommen möge, allermaßen wofern einiger Mangel daran erscheinen oder sonst etwas negligiret, versehen oder verabsäumt würde, er der Krieges- und Domainen-Rath Arend, weil alle vor einen und einer vor alle responsables seyn sollen, Uns mit davor haften muß ...“. - Es folgen Informationen über die Hierarchie in der Kammer und mancherlei Anweisungen, wie mit „Affairen“, Suppliken der Untertanen oder mit Gutachten zu verfahren sei. - Die vorliegende umfangreiche Allgemein-Instruktion für einen höheren Verwaltungsbeamten spiegelt den Eifer wieder, mit dem sich der junge König, obwohl er bereits in den ersten schlesischen Krieg verwickelt ist, um die energische Verbesserung von Wirtschaft und Verwaltung in den preußischen Provinzen bemüht. - Etwas gebräunt bzw. stockfleckig; Heftung gelöst; das Papiersiegel, das ursprünglich den sehr großen Schriftzug „Fch“ weitgehend bedeckte, liegt lose bei.
„Gott bewahre Dihr“ 2762 - Eigh. Brief m. U. „Fr.“ (Paraphe). In deutscher Sprache. 1 S. 4to. Ostritz (Sachsen) 27. (XI.1745). 7.500 € Aus dem Feldlager an seinen Kammerdiener Michael Gabriel Fredersdorf. Zwischen den siegreichen Schlachten bei Soor (30. Sept.) und Kesselsdorf (15. Dez.) berichtet der König an seinen engsten Vertrauten in Berlin in einem ungewöhnlich umfangreichen Brief über die Vertreibung des Prinzen Karl von Lothringen aus der Lausitz: „Hier Seindt wihr fertig und ist alles aus, überhaubt haben wihr drei Starke Magazine gekrigt 1600 gefangene über 40 officirs, den feindt Mit größerem Schrek und Confusion aus der Lausnitz nach Böhmen gejagt als wan er 2 Battaillen verlohren hätte ... d. 23. des Nachmitags umb 2 uhr seindt wihr hier ins Landt gekommen, und heütte Nachmittach vohr 2 uhr haben wihr Sie Schon aus Zittau vertrieben, alles ist in der größten flucht. unßere hußaren haben beßere equipage als kein officir von der armée. Sie schlepen Sich mit Magnifiquen pferde, und Kutschen herumb, und ist alles vohr Spotgeldt zu haben; wan es nuhr den fürsten in etwas gelücket So Seindt wihr oben darauf, die gantze kurtzweille kostet uns nicht 30 Tohten und 70 bleßirten, dießes Landt ist wohlfeiller erbeütet, als wie eine fourage auf einen Tag in Böhmen. Die östreicher haben keine bleibende Stähte und laufen ohne zu Rasten ... in drei Tagen So gehen unßere Patrolen bis Dressen [Dresden], denke welcher Schreken es ihnen Seindt wirdt; waren wihr unglüklich geweßen vieleicht wehre es nuhn ebenso zu Berlin. Gott seie Dank darvohr, es gehe uns nuhr weitter guht undt Sonderlich bei Halle. Sonsten helffen unßere anstalten und angewante Sorgen doch nichts ... Gott bewahre Dihr. Fr.“ - Bei dem „Fürsten“ handelt es sich um den „Alten Dessauer“, den Fürsten Leopold von Anhalt-Dessau, der dann am 15. Dezember den letzten entscheidenden Sieg dieses Krieges über die Sachsen davontrug und damit die Voraussetzung für den Friedensschluß von Dresden schuf. Mit der Erwähnung von Berlin spielt der König auf die Gefahr an, die vor kurzem der in Richtung Berlin vordringende österr. General Graf Grünne gebildet und die das Berliner Gouvernement veranlaßt hatte, die wichtigsten geheimen Archivalien nach Stettin und Spandau zu verlagern. - Der Brief ist zwar bei Joh. Richter (Die Briefe Friedrichs des Großen an seinen vormaligen Kammer
________________________________________________________________________________________________________________________ Geschichte
2760
89
Geschichte _____________________________________________________________________________________________________________________
2762
90
________________________________________________________________________________________________________________________ Geschichte diener Fredersdorf) unter Nr. 15 abgedruckt, aber nicht nach dem Original, weil es sich um einen von 8 Briefen handelt, die Richter nicht vor lagen, so dass er sie nach der Ausgabe der Oeuvres von 1846 drucken mußte, in der bekanntlich alle Texte orthographisch korrigiert und grammatikalisch geglättet wurden. - Das hier vorliegende Original haben wir in der charakteristischen, fehlerhaften Form der deutschen Briefe des Königs zitiert. - Die Briefe an Fredersdorf kommen im Handel nur noch äußerst selten vor. Abbildung
2763 - 2 Briefe m. U. „Frch“ bzw. „Fch“. Zus. 11/2 S. 4to. Potsdam 30.III. und 12.IV.1753. 750 € An seinen Stallmeister Titel wegen des Kaufs von 20 edlen und teuren Pferden in England. „Da Ich Euch bereits durch den Kauffmann Splittgerber zu Berlin, wegen des Euch befohlenen Ankaufs von 20 stück Pferden in Engelland, die Summa von 760 Pfund Sterling oder von 4560 rth, assigniren laßen, nunmehro auch resolviret habe, hierzu noch 5440 rth zu accordiren, um dadurch die Summa von 10 m rth complet zu machen, welche Ich zu der Euch aufgetragenen Commission in ankauffung 20. stück Pferde überhaupt und inclusive der Transport Kosten anzuwenden gewillet bin ...“ [30.III.]. Er habe den Kaufmann angewiesen, dem Stallmeister den zusätzlichen Betrag zukommen zu lassen, unter der Bedingung, dass Titel nicht nur den Pferdetransport, sondern auch seine eigene Rückreise davon finanziert. - Am 12. April schreibt der König, über einen Zwischenbescheid Titels erfreut: „Ich habe aus Eurem Schreiben ... sehr gerne erfahren, wie Ihr bereits 7 Stück Pferde vor meinem [!] Stall angekauffet, und die Hoffnung habet, die ubrigen nechstens auch auf Eurer tour zwischen Yorck und Neucastel [Newcastle] zusammen zu bringen um demnechst Eure Rückreise antreten zu können. Es wird mir sehr lieb seyn, wann Ihr darunter überall nach Meiner intention reussiren werdet, um darauf Eure Rückreise mit denen gesamten Pferden reguliren zu können“.
Bei Tabak-Schwarzhandel: Spießrutenlaufen und Festungshaft 2764 - Brief m. U. „Frch“. 2/3 S. 4to. Potsdam 2.II.1770. 450 € Scharfe Maßregelung des Generalleutnants [Friedrich Christoph] von Saldern, wegen des bei seinen Regimentern eingerissenen regen Schwarzhandels, insbesondere mit Tabak. „... Da ich misfällig erfahren habe, daß von denen Beuhrlaubten und Freywächtern derer Regimenter Eurer Inspection starke Defraudationes mit Einschleppung aller Arthen von Contrebande-Waaren besonders Tobacke verübet werden: Ich aber diesem Unwesen durchaus gesteuert wißen will; so müßet Ihr denen Regimentern hier unter die schärfste Ordnung zuhalten aufgeben, und daß diejenige Leuthe, welche auf Contrebande betreten werden, mit 36.mahligen Gaßenlauffen und dreyjähriger Festungs-Straffe beleget werden sollen, zur Bekanntmachung ... von Meinetwegen andeuten ...“. - Der mit mehreren Orden ausgezeichnete Generalleutnant und Generalinspekteur v. Saldern war u. a. Gouverneur von Magdeburg. - Kleine Läsuren am linken Rand; sonst gut erhalten.
2765 - Brief m. U. „Frch“. 1/2 S. Doppelblatt mit Adresse und Lacksiegel. Folio. Berlin 15.VI.1775. 350 €
An die westpreußische Provinzialregierung in Marienwerder. Teilt mit, dass er beschlossen habe, die erledigte katholische Probstei-Stelle zu Inowroclaw mit dem „Gnesenschen wohlmeritirten Canonico Xaverius Rydzynski“ zu besetzen. Der König befiehlt, dass „gedachter Rydzynski auf dieser Inowroclawschen Probstey-Stelle gehörig introduciret, und ihm die damit verknüpfte Einkünfte gereichet werden ...“. - Unten gegengezeichnet von dem verdienstvollen Staats- und Justizminister Karl Abraham von Zedlitz, der zugleich Chef des Geistlichen Departements mit Kirchen- und Schulsachen war. - Mit gut erhaltenem Siegel.
2766 Friedrich Wilhelm III., König von Preußen (17701840). Brief mit eigh. U. „Friedrich Wilh“. 1 S. 4to. Memel 15.X.1807. 150 € Aus dem Memeler Exil an Major von Froreich: „... Ihr seid zwar, nach der über Euch eingezogenen Erkundigung alsdann zu einer Versorgung im Postwesen notiert gewesen, da Ihr aber das Euch in Eurer Treue angetragene Postamt Graudenz ausgeschlagen habt, von der Postliste gestrichen worden ...“. - Von Froreich war Major im Preußischen III. Bataillon v. Borcke. - Gefaltet.
2767 Gentz, Friedrich von, dt.-österr. Politiker und Publizist, Staatstheoretiker, Berater Metternichs (1764-1832). Eigh. Billet m. U. „Gentz“. 3/4 S. Doppelblatt. Kl. 8vo. (Wohl Wien um 1820). 90 € „Ich bitte Sie, entweder heute Abend, oder, wenn sich ein Hinderniß finden sollte, Morgen früh zu mir zu kommen. - Gentz. - Dienstag 6 März“.
2768 Großbritannien. - Granville, George L.-G., brit. Staatsmann, mehrmals Außen- und Kolonialminister, einer der engsten polit. Freunde Gladstones (1815-1891). Brief m. U. „Granville“. 2 S. auf Doppelblatt. (London) 5.III.1872. 200 € An den Grafen Wolkenstein, den österreichischen Geschäftsträger in London, dem er die Zustimmung der britischen Regierung zu einem gemeinsamen Projekt anlässlich der Weltausstellung in Wien 1873 mitteilt: „I have the honor to acknowledge the Receipt of your Note of the 3rd ultimo, relative to the Participation of the Danubian Commission in the International Exhibition proposed to be held at Vienna, and I now beg, in reply to state to you, for the information of the Austro Hungarian Gouvernment, that Her Majesty‘s Government have had much pleasure in instruction Her Majesty‘s Commissioner to cooperate with the Baron de Schlechter with the above object, which, as Her Majesty‘s gouvernment understand, will be limited to matters in connection with navigation of the Danube“.
2769 Hoegh-Guldberg (bis 1777 Guldberg), Ove, dänischer Theologe und Historiker, Hauptbeteiligter der Struensee-Affäre (1731-1808). Eigh. Brief mit U. In dän. Sprache. 1 S. Doppelblatt mit beschriftetem Respektblatt. 4to. Aarhus 9.I.1798. 180 € 91
Geschichte _____________________________________________________________________________________________________________________ Dänischer Brief, auf Blatt 2 eine lateinische Gratulationsepistel. - Bei dem Staatsstreich, mit dem Struensee am 17. Januar 1772 festgenommen wurde, bei seiner Hinrichtung und der Verbannung der Königin Caroline Mathilde war Guldberg führend beteiligt. Am 11. Oktober 1774 wurde er zum Geheimen Kabinettssekretär des Königs ernannt, am 14. Mai 1776 wurde er Staats- und Gemeinkabinettssekretär und am 22. November 1780 erhielt er den Titel eines Geheimrats. In den letzten Jahren vor seinem Tod war er Stiftsamtmann von Aarhus. Wohlerhalten.
2770 Hessen-Kassel. - Friedrich Wilhelm I., der letzte Kurfürst von Hessen-Kassel, 1866 zur Freude der Untertanen von preußischen Truppen gefangengenommen und später abgesetzt (1802-1875). Urkunde m. U. „Friedrich Wilhelm“. 1/2 S. Folio. Kassel 30.V.1856. 100 € Das Jahresgehalt des Regierungsrates Mittler, „ordentlicher Referent im Ministerium des Innern“, soll von 1000 auf 1200 Taler erhöht werden.
„die DDR ein Rechtsstaat“ 2771 Honecker, Erich, kommunistischer Politiker, SED-Generalsekretär, Staatsratsvorsitzender der DDR (1912-1994). Eigh. Manuskript m. U. „E Honecker“. 5 1/4 S. Gr. 4to. (Moskau 1991). 6.500 € „Politische Handlungen gelten international als absolutes Auslieferungshindernis ...“. So beginnt das Manuskript, bei dem verräterischerweise zunächst das Wort „Delikte“ für „Handlungen“ stand und von Honecker mit neuer Tinte geändert wurde. Es handelt sich um den im Moskauer Exil niedergeschriebenen Entwurf einer Erklärung, mit welcher die Unrechtmäßigkeit des Auslieferungsersuchens der Bundesrepublik Deutschland dargestellt und somit Honeckers drohende Abschiebung international als völkerrechtswidrig gebrandmarkt und letztlich verhindert werden sollte. „... Dieses Recht nehme ich ohne Einschränkung in Anspruch. Es begründet hinreichend meinen An spruch, nach dem Beschluß der Regierung der Russischen Föderation vom 15. November 1991, in ein Land meiner Wahl aus dem Territorium der R. F. ausreisen zu können. Das Ansinnen, nur nach Deutschland ausreisen zu können, ist völkerrechtswidrig. Die Regierung der BRD hat offen erkennen lassen, daß sie mit ihrem Auslieferungsersuchen politische Ziele verfolgt, das Ziel die politische und militärische Führung der Ex-DDR vor Gericht zu zerren, um mit ‚dem Unrechtregime‘ abzurechnen ...“. Versucht dann in einem historischen Exkurs darzustellen, daß seit 1945 die Innen- und Grenzpolitik Mitteldeutschlands und der DDR „von Moskau“ diktiert, die Staatsgrenze auch von der Bundesrepublik anerkannt worden sei. „... Die jetzige Regierung der BRD hat keinerlei rechtliche Handhabe mit Hilfe ihrer Justiz Geschichte in ihrem Sinn umschreiben zu wollen. Die DDR konnte für sich ebenso wie die BRD für sich das Prädikat in Anspruch nehmen, ein ‚Rechtsstaat‘ zu sein. Ihre gleichzeitige und gleichberechtigte Teilnahme an der Konferenz von Helsinki über Sicherheit und Zusammenarbeit Europas und die Unterzeichnung der Schlußakte sind nur eine Bekräftigung dafür ...“. Im übrigen habe die DDR 1982 für ihre Grenztruppen die gleichen Waffengebrauchsbestimmungen eingeführt, „wie sie auch in der BRD Geltung haben ... Das Gesetz wurde nach verfassungsgerechter Prüfung durch mich, in meiner Eigenschaft als Staatsoberhaupt der DDR ... in Kraft gesetzt.“ - Nicht ohne Geschick, aber in der Argumentation letztlich inkonsequent und unglaubhaft, führt
92
Honecker immer abwechselnd die Oberhoheit der sowjetischen Besatzungsmacht oder die anerkannte Souveränität der DDR für die Zustände an der deutsch-deutschen Grenze ins Feld. - Mit diversen Streichungen, Verbesserungen und Einschüben. - Gelocht; stellenweise gering fleckig. - Denkwürdiges Dokument einer Zeitenwende, viel unmittelbarer und bedeutsamer als so manche der kostspieligen Bemühungen um Berliner Mauergedenkstätten. Abbildung
2772 Idstein (Taunus). - Geburtsbrief für einen Barbiergesellen. Deutsche Handschrift auf Pergament. 1 S. Mit kalligraphischer Kopfzeile und angehängtem Siegel in gedrechselter Holzkapsel. Quer-gr. folio. Idstein („Itzstein“) 8.VI.1681. 200 € Von „Oberschultheis, Schultheis, Bürgermeister und Schöppen der Statt Itzstein“ ausgestellter Geburtsbrief für den sich auf Wanderschaft begebenden Idsteiner Barbiergesellen Johann Balthasar Philgus, Sohn des gleichnamigen ehemaligen idsteinischen Gerichtsschreibers, jetzt aber hochgräflich Nassau-Saarbrückenschen Amtsschreibers und Organisten In Wiesbaden, und dessen Ehefrau Anna Elisabeth, geb. Kützel, aus Homberg. „... Nachgehents er dann von seinen Eltern (die er auch allen Christlichen Gehorsambs, wie einem frommen Kinde ansteht, verehrt) zur Forcht Gottes und allen Christlichen Tugenten, aufgefußet, und in der Schul, zu der Lateinischen Sprache, angehalten worden, biß er endlich die löbliche Barbierkunst zunftgemäs erlernet ...“. Er sei auch in keiner Leibeigenschaft verhaftet, sondern eine „freyzügige Person“, die von jedermann Respekt und Unterstützung verdiene. - Gefaltet; die Rückseite wie gewöhnlich angestaubt; sonst aber dekorative und einschließlich des Siegels gut erhaltene Pergament-Urkunde.
2773 Kursachsen. - Johann Georg II., Kurfürst von Sachsen (1613-1680). 3 Dekrete m. U. „Johann Georg Churfürst“. Zus. 21/2 S. auf 3 Bl. Folio. Dresden 31.VIII., 7.IX. und 17.X.1657. 600 € Jeweils Anweisungen an den Oberforstmeister Sebastian von Lützelburg, Holzlieferungen für Reparaturen an verschiedenen Bauten zu veranlassen. Über der Verfügung vom 17. Oktober hat z. B. der Zimmermeister Matthes Schuman am 18. september aufgeslistet, was er benötige: „Bauwholz zu reparirung des Silber Hammers vor dem Wülß dorffer Thore ist man bedürfftigk, alß: Eine starcke Wellen Eiche, Ein Kahn eiche zu zwey waßertrögen, ein Pfosten eiche zu Krümblingen vff die waßerrade, Drey Schwellen eichen zu Armen vnd Rigeln, Sieben brethbeume zu brettern ins Waßerbette p.“ Darunter verfügt der Kurfürst einen Monat später, dass die angeforderten Hölzer nach Anweisung des Oberforstmeisters v. Lützelburg „auf Dresdnischer Heyde“ geschlagen und ohne Bezahlung verabfolgt werden sollen. Die anderen Verfügungn mit ähnlichem Inhalt. - Jeweils leicht gebräunt. Abbildung Seite 94
2774 Leopold I., röm.-dt. Kaiser (1640-1705). Brief m. U. „Leopold“ (Tinte mit Goldstaub). 2 S. Doppelblatt mit Adresse und papiergedecktem Siegel. Folio. Laxenburg 2.VI.1677. 220 €
________________________________________________________________________________________________________________________ Geschichte
2771
93
Geschichte _____________________________________________________________________________________________________________________ Ladner von Ladenburg verstorben sei und daher künftig die jährliche „Statt-Steuer“ von 100 Goldgulden an seinen Nachfolger Christoph Gudenus zu entrichten sei. Gegengezeichnet vom Vizepräsidenten des Reichshofrates und Reichsvizekanzler Leopold Wilhelm Graf von Königsegg (1630-1694). - Ordentlich erhalten. - Beiliegend ein schönes zeitgenöss. Porträt des Kaisers, gestochen von Heinrich Cause (Blattgröße 27,2 x 19,2 cm). Abbildung
Eine vormärzliche „Deutsche Zeitung“ in Berlin 2776 Lohbauer, Rudolf, freisinniger, oppositioneller Publizist des Vormärz, Verleger, Maler und Militärtheoretiker, Vorkämpfer für Pressefreiheit- und Meinungsfreiheit, aktiver Burschenschaftler, Redner beim Hambacher Fest, ging zweimal ins Schweizer Exil (1802-1873). Eigh. Brief m. U. „Lohbauer, Professor, künftiger Redakteur der Deutschen Zeitung in Berlin in der Leipzigerstraße 113“. 11/2 S. im Anschluß an einen gedruckten Prospekt zur Gründung einer „Deutschen Zeitung“ in Berlin. Doppelblatt mit Adresse. Gr. 4to. Darmstadt 22.VII.1846. 250 €
2773
An die fränkische Reichsritterschaft, mit dem Ersuchen um Absendung der Truppen, die zu dem am Oberrhein formierten Heer stoßen sollen, das „wider die Cron Franckhreich“ aufgestellt werde. „... Alß begehren Wir ahn Euch hiemit gnädigst Ihr wollet Unserm zu Euch gestelten gnädigsten Vertrawen nach die behörige anstalt verfüegen, damit mehrgedachte Mannschafft zu dem am Obern Rhein formirten Corps mit dem fürderlichsten abgeschickht und mit dem respect ahn des Herzogen Johann Georgs zu Sachsen Ld: angewiesen werden möge ...“. - Gegengezeichnet vom Vizepräsidenten des Reichshofrates und Reichsvizekanzler Leopold Wilhelm Graf von Königsegg (1630-1694). - Am oberen Rand minimal beschnitten; sonst einschließlich des Siegels gut erhalten.
2775 - Brief m. U. „Leopold“ (Tinte mit Goldstaub). 2 S. Doppelblatt mit Adresse und papiergedecktem Siegel. Folio. Wien 20.VII.1686. 250 € An Bürgermeister und Rat der Stadt Wimpfen am Neckar. Teilt mit, dass sein bisheriger Schatzmeister und Steuereinnehmer Johann Georg
94
An den Juristen, politischen Publizisten und Schriftsteller Karl Buchner (1800-1872) in Darmstadt. „... Noch besonders ermuntert durch die Herren Dr. [Eduard] Duller u. Buchhändler Jonghans wende ich mich an Sie, um Ihre correspondirende Mitwirkung zur Deutschen Zeitung anzusprechen. - Lesen Sie im Programm zwischen den Zeilen. Die Aufgabe des ganzen Unternehmens, die innere u. wahre greift über dasselbe hinaus. Die Zeitung soll u. muß wahrhaft unabhängig, ein ruhiger aber treuer Reflex der öffentlichen Meinung Deutschlands in Berlin werden, wie überhaupt ein guter Erolg von ihr zu erwarten ist. Regelmässige Berichte über hessische Zustände aus Ihrer Feder werden höchst willkommen sein ...“. Im September sei er wieder in Berlin zu erreichen. - Das dem Brief vorangehende gedruckte Programm der neuen Zeitung, die ab 1. Oktober 1846 erscheinen sollte, ist (im Druck) von 10 durchaus seriösen prominenten Gelehrten und Verlegern unterzeichnet, darunter die Buchhändler Besser und Reimer, die Regierungsräte Kortüm, Brüggemann, Pertz, die Professoren Lachmann und Stahl sowie der Geh. Medizinalrat Lichtenstein und der Geh. Obertribunalrat Ulrich. Das Programm ist mit Bedacht vorsichtig und vage gehalten, läßt aber schon die politische Vormärz-Tendenz erkennen: „Es kann nichts geben in und außer Deutschland, das nicht zur Sprache gebracht werden sollte in den Spalten der Deutschen Zeitung. Wir wissen nichts zurück zu stellen, haben nichts zu verheimlichen. Recht gesagt läßt sich Alles sagen; aber Alles hat seine Zeit ...“. - Diese vom preußischen Innenministerium konzessionierte „Deutsche Zeitung“ in Berlin kam anscheinend nicht zustande; stattdessen wurde im folgenden Jahr von badischen Abgeordneten eine andere liberale Zeitung dieses Namens gegründet, die von Juli 1847 bis September 1850 erscheinen konnte.
2777 Louise Margarethe von Preußen, Tochter des Prinzen Friedrich Karl, durch ihre Ehe mit Prinz Arthur, Duke of Connaught and Strathearn, Mitglied der britischen Königsfamilie (1860-1917). 17 eigh. Briefe m. U. „Louise Margarethe“. Zus. ca. 73 S. 8vo und gr. 8vo. Poona, Farnborough, Surrey, Osborne House (Isle of Wight), Kildare und Dublin 1889-1900. 300 €
________________________________________________________________________________________________________________________ Geschichte
2775
2779
An ihre Schwägerin Louise Sophie von Preußen, geb. Prinzessin von Schleswig-Holstein-Sonderburg (1866-1952). Über Louise Sophies Verlobung und Hochzeit mit Margarethes Bruder sowie Berichte von verschiedenen Orten in England, Schottland und Irland über familiäre Neuigkeiten, Reisepläne und Bekanntschaften wie die Battenbergs. Ferner Glückwünsche zu Feiertagen, Dank für Geschenke, Empfehlung einer nach Berlin gehenden Klavierlehrerin etc. Mit einer Ausnahme alle Briefe mit gekröntem Monogramm. - Louise Margarethe hatte sich 1879 mit dem Duke of Connaught vermählt, einem Sohn der Königin Viktoria. - 2 Briefe wohl unvollständig.
Schlieffen: „Ou trouver les paroles pour Vous remercier cher Excellence, tant de la lettre gracieuse, que de la Permission, que ... mon fils adopté, si bien que le Major de Schlieffen peuvent rester ici. Mon coeur est penétré de vos bontés et jamais elles ne s‘effaceront de mon coeur...“.
2778 Möllendorff, Wichard Joachim Heinrich von, preußischer Feldmarschall (1724-1816). Eigh. Brief m. U. „Le Marechal Möllendorff“. In französischer Sprache. 1 S. auf Doppelblatt. 4to. Berlin 10.XI.1806. 120 € An einen nicht genannten französischen General, möglicherweise den Berliner Stadtkommandanten Pierre Auguste Hullin (1759-1841), kurz nach der Besetzung Berlins durch die Franzosen. Mit Dank für die Aufenthaltsgenehmigung für seinen Adoptivsohn und einen Major von
2779 Moltke, Helmuth Graf von, preuß. Generalfeldmarschall, Chef des Generalstabs, Träger beider Klassen des Ordens pour le Mérite sowie weiterer 43 internationaler Orden; auch Schriftsteller, als genialer Stratege maßgeblich am Erfolg der drei deutschen Einigungskriege beteiligt (1800-1891). Eigh. Billet m. U. „Gr Moltke“. 1/2 S. Gr. 8vo. Creisau 12.X.1881. 180 € An seinen Neffen, General von Moltke. „Ew Hochgeboren beehre ich mich zu einer Treibjagt [!] Montag d 24 d M ganz ergebenst einzuladen. Rendezvous 9 Uhr ...“. - Beiliegend ein auf Karton gewalztes Porträtphoto des Feldmarschalls (7 x 11,5 cm). Das von der Kunsthandlung Karl Schwalbe in Gotha vertriebene Photo zeigt den Grafen in Uniform, am Schreibtisch sitzend. - Ferner beiliegend ein eigh. Brief m. U. des Histo-
95
Geschichte _____________________________________________________________________________________________________________________ xikon mit einigen kleinen Aenderungen. Die Photographie, welche Sie mir zusenden wollen, werde ich gerne unterschreiben. Leider bin ich hier nicht mit einer solchen versehen ...“. - Die auf Karton gewalzte Photographie im Kabinettformat (Bildgröße 13,7 x 9,9 cm) ist 1886 nach dem Gemälde von E. Hader beim Photograph. Kunstverlag Sophus Williams in Berlin gefertigt worden. Sie ist auf dem Untersatzkarton eigenhändig signiert „Gr Moltke, Feldmarschall“. Abbildung
2781 Münchener Räterepublik. 5 Dokumente. Zus. 8 Bl. München 1919-1920. 1.200 €
2780
rikers Heinrich von Treitschke (1834-1896) an einen Herrn: „... Meine Vorlesungen über d. Gesch. d. pol. Theorien sind nicht gedruckt, und es wird jedenfalls noch Jahre währen bis ich dazu gelange, sie, wie ich wünsche, für den Druck auszuarbeiten ...“ (Berlin 23.XI.1879). Abbildung Seite 95
2780 - Eigenhändig korrigierte Biographie mit eigh. Begleitbrief und signiertem Photo. Zus. 22/3 S. Mit (defektem) Umschlag. 8vo, 4to und gr. folio. Bad Cudowa (Niederschlesien) 2.VI.1889. 600 € An den Schriftsteller Dr. Karl Siegen, Mitarbeiter von „Spamers illustrir tem Konversations-Lexikon“ in Leipzig. Die wohl in Siegens Handschrift abgefaßte, recht umfangreiche Biographie Moltkes für das Lexikon ist vom Feldmarschall mit diversen Streichungen und am Rand mit Änderungen und Korrekturen versehen worden. Oben am Rand, wohl von Siegens Hand, ein Vermerk: „Dieser Artikel ist in der Zeit vom 1. bis 2. Juni 1889 von Moltke eigenhändig corrigirt worden.“ - In Moltkes ebenfalls eigenhändigem Begleitschreiben heißt es: „... angeschloßen remittire ich den übersandten Artikel für das Spamersche Conversations Le-
96
I. Vom Gerichtsschreiber beglaubigte maschinenschriftliche Abschrift des Todesurteils des Volksgerichts am Landgericht München gegen den Grafen Anton Arco-Valley wegen Mordes an dem bayerischen Ministerpräsidenten Kurt Eisner. 4 S. auf 4 Bl. Mit dem Stempel des Bayerischen Landgerichts München. Gr. 4to. Geheftet. München 3.II.1920. - Text der Urteilsverkündung vom 16. Januar 1920 mit Begründung und genauer Schilderung des Tathergangs. „... Graf Anton Arco-Valley, geboren am 5. Februar 1897 in Sankt Martin bei Ried in Oberösterreich, katholisch, ledig, Leutnant und Student, in dieser Sache in Untersuchungshaft, wird wegen eines Verbrechens des Mordes zum Tode und in die Kosten verurteilt. - Gründe: Am 21. Februar 1919 vorm. um 10 Uhr wurde der damalige bayerische Ministerpräsident Kurt Eisner auf dem Wege vom Ministerium des Aeussern zur Eröffnung des neu gewählten Landtags unmittelbar nach dem Einbiegen in die Promenadestrasse hier von dem Angeklagten Grafen Arco Valley, der in der Person Eisners ein Unheil für Bayern und Deutschland erblickte, durch 2 von rückwärts und aus unmittelbarer Nähe in den Kopf abgegebene Revolverschüsse vorsätzlich getötet. Der Angeklagte führte die Tötung nach einem wohlbedachten Plane mit Ueberlegung aus ...“. Besonders interessant sind die Schlußbemerkungen der Begründung: „... Von einer Aberkennung der bürgerlichen Ehrenrechte konnte natürlich keine Rede sein, weil die Handlungsweise des jungen politisch unmündigen Mannes nicht niedriger Gesinnung, sondern der glühen[d]sten Liebe zu seinem Volke und Vaterlande entsprang und ein Ausfluss seines Draufgängertums und der in weiten Volkskreisen herrschenden Empörung gegen Eisner war, weil ferner der Angeklagte seine Tat in allen Einzelnheiten ohne jeden Versuch der Beschönigung oder Verschleierung mit offenem, edlem Mute in achtungsgebietender Weise als aufrechte Persönlichkeit eingestand.“ - Anders als etwa beim Kotzebue-Mord sahen sich die Richter zwar an das Gesetz gebunden, bezeigten aber offene Sympathie für die Tat und Hochachtung vor dem adligen Studenten. II. 4 gedruckte Steckbriefe, erschienen als „Sonderblatt“ Nr. 50 (13. Mai 1919), 53 (15. Mai), 69 (11. Juni) und 70 (12. Juni) des „Bayerischen Polizeiblattes“; jeweils mit Beschreibung und Porträt der mit Haftbefehl Gesuchten: Max Levien (20.000 Mark Belohnung), Ernst Toller („Wegen Hochverrats“, 10.000 Mark Belohnung), nochmals Max Levien (jetzt 30.000 Mark Belohnung) und Emil Männer („Wegen Hochverrats“). - Seltene, aufschlußreiche Original-Dokumente aus den gewalttätigen Anfangswirren der Weimarer Republik. Abbildung
2782 Niemöller, Martin, ev. Theologe, U-Boot-Kommandant und Pazifist, im 3. Reich führendes Mitglied der Bekennenden Kirche, im KZ interniert, später Präsident des Weltkirchenrates (1892-1984). Brief m. U. „D. Niemöller“. 1 S. Gr. 4to. Wiesbaden 8.IV.1952. 250 €
________________________________________________________________________________________________________________________ Geschichte
2781
An eine Dame in Frankfurt a. M., die ihn wohl wegen der öffentlichen Kontroverse um die Wiederbewaffnung der Bundesrepublik angeschrieben hatte. „... Dass das gegenwärtige politische Spiel Sie anwidert und Sie in grösste Sorge versetzt und in Ihnen den Wunsch entstehen lässt, auf jeden Fall irgendwo anzupacken, verstehe ich nur zu gut. Ich bin ja augenblicklich in ähnlicher Weise gebunden, viel mehr als mir lieb ist, und kann mich aus dieser Situation auch nicht befreien, weil ich nicht weiss, was ich dann tun soll und was aus meinen Pflichten wird, die ich mir ja nicht selbst gesucht habe, sondern die mir zugewachsen sind. So verfüge ich persönlich denn über keinerlei Organisation, in der ich Kräfte anstellen und in Bewegung halten könnte; ich fürchte auch, dass es mit der Notgemeinschaft von Dr. Heinemann und Frau [Helene] Wessel immer noch nicht weiter ist, weil einfach vom Amerikaner und vom Bund und auch von den Kreisen der Besitzenden, die um ihr Geld bangen, keine Mittel zu haben sind ...“. Empfiehlt ihr dennoch, „sich einmal vertrauensvoll an Dr. D. Heinemann zu wenden und die Frage, die Sie mir gestellt haben, ihm zu stellen ...“. - Dabei: Gerhard Littmann, langjähriger Polizeipräsident in Frankfurt, SPD-Mitglied, während der Studentenunruhen ab 1968 stark umstritten und 1970 in den Ruhestand versetzt (1910-1973). Brief m. U. „Dr. Littmann“. 1 S. Gr. 4to. Frank-
furt a. M. 3.VII.1952. - An dieselbe. „... Mir war der Zeitungsartikel bereits bekannt. Bei dieser Zeitung handelt sich um ein kommunistisches Blatt, das von Herrn August Kuper in Frankfurt a. M. herausgegeben wird. Ich habe leider Herrn Kuper schon in der Zeit, bevor ich Polizeipräsident in Frankfurt a. M. war, und auch seitdem wiederholt durch Verbote seiner Veranstaltungen ärgern müssen, so daß er nicht allzugut auf mich zu sprechen ist. Diesem Unmut versuchte er nun durch den Zeitungsartikel Luft zu machen. Selbstverständlich handelt es sich dabei um eine bewusste Irreführung, denn diese ‚Begrüssungsansprache‘ ist niemals gehalten worden ... Die Dienststellen der der Stadt Frankfurt a. M. und, ich glaube sagen zu dürfen, auch ein erheblicher Teil der Bevölkerung, wissen meinen Kampf gegen die kommunistischen Drahtzieher durchaus zu würdigen und wissen infolgedessen auch, was von solchen Artikeln zu halten ist. Jedenfalls habe ich nicht die Absicht, gegen Herrn Kuper vorzugehen ...“. - August Kuper, dem kommunistischen Flügel der SPD, der „Sozialistischen Aktion“ angehörig, gab eine Zeitschrift gleichen Titels heraus und agitierte gegen Wiederbewaffnung und Nato und verlangte die Zusammenarbeit von DDR und Bundesrepublik. Wegen Landfriedensbruch zu Gefängnisstrafe verurteilt, gelang ihm 1953 auf spektakuläre Weise die Flucht und die Übersiedlung in die DDR, wo er
97
Geschichte _____________________________________________________________________________________________________________________
2785
Leiter des „Zeitungswissenschaftlichen Instituts“ wurde. - Die im ersten Brief erwähnte „Notgemeinschaft für den Frieden Europas“ war 1951 vom späteren Bundespräsidenten Gustav Heinemann gegründet worden. Helene Wessel war die ehemalige Zentrums-Vorsitzende. - Zwei interessante Stimmungsbilder aus der Bundesrepublik im Jahre 1952.
2783 Päpste. - Nikolaus V. (vorher Tommaso Parentucelli), röm. Papst (1397-1447-1455). Bulle. Latein. Handschrift auf Pergament. 1 S. Mit kalligraphischer Kopfzeile. Quer-gr. folio. Rom, „apud Sanctumpetrum“ 7. Idus Martii (9.III.) 1449. 600 € Umfangreiche Bulle, betreffend die strikte Einhaltung der Ordensregeln des Dominikaner-Ordens (fratres praedicatores), die ausführlich im einzelnen behandelt werden. Der eigentliche Urkundentext beginnt: „Adiutam laudabilem ac diversarum presertim sacrarum litterarum scientiam admirabilem, necnon virtutes alias plurimas ac opera fructuosa quibus religiosi ordinis fratrum Predicatorum etiam ad laudem et gloriam divini nominis fideique catholice conservationem et augmentum ac plurimorum fidelium animarum salutem continuo pollere noscitur ...“. - Der diplomatisch geschickte und politisch erfolgreiche Papst brachte „bewußt die geistigen und künstlerischen Bestrebungen der Renaissance in die Kirche ein. Als Gelehrter und Literat pflegte er Umgang mit Wissenschaftlern und Humanisten und ließ zahllose griechische Autoren, Klassiker wie Kirchenväter, ins Lateinische übersetzen. Der lebenslang fast zwanghafte Bibliophile verwendete Unsummen auf die Sammlung und Abschrift von Manuskripten und war der eigentliche Begründer der vatikanischen Bibliothek ... Die Anregungen, die er der Renaissance gab, waren in Architektur und bildender Kunst gleich groß. Er unternahm nicht nur den Wiederaufbau zahlloser Kirchen, Paläste und Brücken in Rom, sondernd plante auch eine Verstärkung der römischen Befestigungsanlagen ... Zur Verschönerung seiner Bauwerke zog er herausragende Künstler heran“ (Kelly, Lexikon der Päpste). - Ausschnitt (5,5 x 6 cm) der Initiale an der linken oberen Ecke; mehrere kleine Löcher mit geringfügigem Text- oder Buchstabenverlust; ohne das Bleisiegel.
98
2784 - Benedikt XIV. (ursprünglich Prospero Lorenzo Lambertini), röm. Papst (1675-1740-1758). Bulle. Latein. Handschrift auf Pergament. Mit 7 großen Inititialen (Blattwerk) in Federzeichnung. Quer-kl. folio. (Rom, Jan. 1755). 280 € Recht umfangreicher Text: Päpstlicher Dispens, betreffend die Heirat von Charles Maurice de Bouret, Marquis des Poudenas, mit Jeanne Françoise de Gillet de Lacaze. Mit diversen Gegenzeichnungen päpstlicher Beamter. - Der im längsten Conclave der Neuzeit (6 Monate) gewählte Papst zeigte Reformgeist und großes politisches Talent; er schloß Konkordate mit mehreren Mittelmeerstaaten ab und stellte sogar ein gutes Verhältnis zu Preußen her, indem er als erster Papst dessen Königtum anerkannte. Entsprechend schlecht war lediglich sein Verhältnis zu Österreich. Benedikt war geistreich, ja gelehrt auf vielen Gebieten, so daß er sich die Achtung von Nichtkatholiken und Kirchenfeinden wie Voltaire zuzog, der ihm seine Tragödie „Mahomet“ widmete. - Ohne das Bleisiegel.
2785 Passau. - Lehrbrief der Passauer Metzger-Innung. Deutsche Handschrift auf Pergament. Mit 2 kalligraphischen Kopfzeilen in Schwarz und Gold, 10 mehrfarbigen Federzeichnungen und dreifarbiger Bordüre in Schwarz, Rot und Gold. Quer-gr. folio (34 x 52 cm). Passau, Mai 1782. 600 € Von Joseph Puchmayr und Melchior Sigl als Zechmeister des Fleischhacker-Handwerks für den Gesellen Jakob Rothamer ausgestellte Urkunde über die erfolgreich absolvierte Lehrzeit. Noch ohne Unterschriften der Meister und mit freigelassenen Spatien für die einzutragenden Daten. Auffallend sind die großen Illustrationen in Grisaille-Manier im unteren Drittel, die berufstypische Motive zeigen: in der Mitte einen von zwei Hunden angegriffenen Stier, links davon eine angebundene Kuh und zwei Metzger (einer mit Fleischerbeil), eine Melkerin und zwei Weidekühe; rechts davon einen Metzger mit aufgespanntem Tierbalg, einen Kuhhirten und ein Ziegenpaar. - Ohne das angehängte Siegel; gefaltet; ansonsten prächtige Pergament-Urkunde mit bemerkenswert realistischen Illustrationen. Abbildung
________________________________________________________________________________________________________________________ Geschichte
2786
Kapitalismuskritik aus dem Gefängnis 2786 Proudhon, Pierre-Joseph, franz. Ökonom und Soziologe, Hauptvertreter des solidarischen Anarchismus (1809-1865). Eigh. Brief m. U. „P. J. Proudhon“. 3 S. Mit Briefkopf der Zeitschrift „La Voix du Peuple“. Gr. 8vo. Paris, „Conciergerie“ 9.III.1850. 2.200 € Aus dem Gefängnis ausführlich an den sozialistischen Schriftsteller Arthur de Bonnard (1805-1875), der ein sozial-utopisches ökonomisches Projekt vorgeschlagen hatte und in die Praxis umsetzen wollte. Proudhon diskutiert das Vorhaben hier eingehend und kritisch. „... Je n‘ai pu lire que hièr au soir votre projet de Caisse du Travail. C‘est le Syndicat de
production et consommation que J. Lecherallier voulait introduire dans la Banque du Peuple ... Un pareil projet demanderait à être longuement étudié, discuté et muri, et je suis pour le moment hors d‘État de le faire ... . N‘attendez donc pas de moi une opinion bien précise et longuement motivée ... Votre préambule, présenté sous forme de considérants, me paraît en contradiction avec l’épilogue. Il est assez peu logique de déclarer la guerre aux parasites du commerce, pour finir par un appel aux marchands, boutiquiers et industriels. Il serait bien plus sûr, à mon avis, de ne point parler de la trop grande multiplication des établissements de commerce, et de laisser au temps à éclairer désormais sur ce point le public. Chacun se croira menacé par votre manifeste, tandis qu’il faudrait, aujourd’hui surtout que nous prêchons la conciliation, rassurer tout le
99
Geschichte _____________________________________________________________________________________________________________________ comprise, votre Société n’est plus qu’une société d’agence, bureau d’indication et renseignements, qui ne fait ombrage à personne, qui sert tout le monde, et dans les transactions qu’elle prépare ne fait que des satisfaits et jamais de mécontents. Les abus, qui dans ce moment vous choquent davantage, disparaîtraient ensuite d’eux-mêmes : vous auriez l’égal échange et le commerce véridique. En résumé, toute critique de l’ordre établi, si juste qu‘elle soit, est bonne pour le journalisme, la tribune, on les lises, mais ne doit jamais de montrer dans un projet de société commerciale et industrielle ...“. Wenn Bonnard seine Vorstellungen entsprechend modifizieren würde, dann wäre er, Proudhon, gern bereit, sich an dem Projekt zu beteiligen. - Schöner, gehaltvoller Brief, der einen wertvollen Einblick in die kursierenden sozial-ökonomischen Theorien und Ideen um die Mitte des 19. Jahrhunderts bietet. Abbildung Seite 99
2787 Russland. - Lunatscharski, Anatoli, sowjetischer Kulturpolitiker, Volkskommissar für das Bildungswesen (1875-1933). Eigh. Brief mit U. In deutscher Sprache. 1 S. (Bleistift). Quer-4to. O. O. 17.VIII. [ca. 1930]. 150 € „Mein junger Freund, Ich werde mit Vergnügen Sie begegnen, aber nur nachdem ich etwas Erhohlung haben werde. Ich werde Ihnen dann schreiben. Wahrscheinlich in eine Woche werde ich im Stande ein kleines Gespräch mit Ihnen zu haben ...“. - Anatoli Wassiljewitsch Lunatscharski war im nachrevolutionären Russland Volkskommissar für das Bildungswesen (Narkompros). 1917 von Lenin in diese Funktion berufen, hatte er das Amt bis 1929 inne. Er gilt als einer der bedeutendsten marxistischen Kulturpolitiker. Seine Urne wurde an der Kremlmauer beigesetzt. 2788
monde. Vous le pouvez sans faillir à vos principes, et avec bien plus d’avantages pour votre entreprise. En effet, tous les boutiquiers et marchands établis, peuvent et doivent même être considérés par vous comme les succursalistes responsables d’une immense société de Commerce, ayant pour objet la vente des produits ou matières premières, et conséquemment la mission de les mettre à portée de tous les consommateurs. C’est l’agglomération de population … qui multiplie les épiciers ; et c’est la stagnation des affaires et la misère des masses qui les ruine. Peut-être le nombre des magasins ne vous paraîtrait-il pas aussi excessif, si tout le monde gagnait de quoi vivre. … Si chacun en France pouvait s’acheter seulement une douzaine de chemises, cela ferait 36 millions de douzaines à fournir d’ici à deux ans : pensez-vous que le commerce des toiles, tel qu’il existe actuellement, ne peut pas être tout entier satisfait d’une pareille commande ? Raisonnez de même du vin, de la viande, de l’épicerie; et au lieu de vous tant préoccuper du soin de réduire le nombre des marchands, vous vous attacherez davantage à leur procurer de la clientèle. La réduction viendra plus tard : il faut commencer par la circulation. De ce point de vue, qui ne touche pas du reste à vos projets ultérieurs de simplification, vous pouvez, ce me semble, remanier votre plan, et y intéresser tous ceux qu’aujourd’hui vous avez l’air de vouloir combattre. Vous leur feriez entendre qu’il s’agit pour eux d’acheter, avec un léger prélèvement sur leurs bénéfices, une clientèle, un débit toujours plus considérable ; de telle sorte, par exemple, que si les bénéfices du commerce français sont, comme vous le dites de 2 milliards, le commerce, en se cotisant pour une subvention annuelle de 100 millions (un 20e des bénéfices nets), s’assurerait chaque année un accroissement de rentes qui lui laisserait un bénéfice bien supérieur. Cette idée maîtresse bien
100
2788 - Natalja, Schwester Peters des Großen, Großfürstin von Russland (1673-1716). Brief m. U. „Natalja“. In russ. Sprache. 1 S. Doppelblatt mit Adresse und Siegelresten. Kl. 4to. St. Petersburg 17.III.1713. 1.500 € An den Fürsten Romodanovsky. Über ein anonymes Schreiben, in dem einem leitenden Steuerbeamten Vergehen vorgeworfen werden. - Natalja gilt als Gründerin des russischen Theaters und schrieb selbst Bühnenstücke. Abbildung
2789 - Trotzki, Leo (eigentl. Lew Davidowitsch Bronstein), russ. Revolutionär, kommunistischer Politiker und marxistischer Theoretiker, 1940 im Auftrag Stalins ermordet (1879-1940). Portrait-Photographie mit eigh. Widmung u. U. „Leo Trotsky“ auf der Rückseite. 15 x 10 cm. Wensal (?) 12.VI.1938. 2.200 € „To my ‚General Editor‘ M. Schachtmann - Leo Trotsky. 12/VI 1938 Wensal“. Die Aufnahme (Halbfigur) zeigt den Politiker im Profil, auf einer Wiese stehend. - Max Schachtmann (amerikanisch: Shachtman), aus einer polnisch-jüdischen Einwandererfamilie stammend, war ein einflußreicher amerikanischer Marxist, seit 1937 Leiter der Socialist Workers Party. Er unterstützte Trotzki bei dessen Übersiedlung von Norwegen nach Mexiko, doch begann 1938, im Jahr der vorliegenden Widmung, eine Entfremdung zwischen den befreundeten Politikern. Abbildung
________________________________________________________________________________________________________________________ Geschichte 2790 Sachsen-Weimar. - Johann Ernst II., Herzog von Sachsen-Weimar (1627-1681). Zunftbrief m. U. „Johan Ernst Hzg mpp.“ 12 Bl., davon 20 S. beschrieben. Mit kalligraph. Anfangszeile sowie angehängtem großen Siegel in einer gedrechselten Holzkapsel an gestreifter Kordel. Folio. Geheftet. Weimar 24.II.1681. 600 € Als Vormund für seinen Vetter, den 14 jährigen Prinzen Johann Wilhelm von Sachsen-Eisenach (1666-1729), bestätigt der Herzog die reformierte Zunftordnung der Jenaer Seiler-Innung. In 18 Paragraphen werden die Zunft-Gesetze und die Geldstrafen bei ihrer Übertretung artikuliert, z. B. die Aufnahme-Bedingungen, die Aufgaben bei der Meisterprüfung, die Beschäftigung von Lehrlingen, Verbot von unlauterem Wettbewerb, Maßnahmen gegen die sog. „Stöhrer“ und manches andere. Ein Beispiel für die Strafe bei Zank und Handgreiflichkeiten: „Eß soll kein Meister noch Geselle, so die Zusammenkunfft haben, den andern lügen strafen, noch einigen auflauf anrichten, bey Pöen eines Gülden, halb ins fürstl. Amt, und halb dem Handwerk; welcher aber den andern mit gezukter Wehre übergebe, derselbe soll in der Obrigkeit Straf verfallen und hiernechst bezahlen, alles was die Meister und Gesellen deß Tages verzehren.“ - Die Umschlagblätter angestaubt; einige Gebrauchsspuren; sonst einschließlich des großen und schönen Siegels (Durchmesser der Kapsel: ca. 15,5 cm) gut erhalten.
2791 Saucken-Julienfelde, August von, ostpreußischer Politiker, Rektor der Universität Königsberg, leidenschaftlicher Gegner Bismarcks und des Ministeriums Manteuffel, in verschiedene Parteienkämpfe verwickelt (17981873). 4 eigh. Briefe m. U. „A v Saucken Julienfelde“. Zus. ca. 13 S., teils mit Goldschnitt. Gr. 8vo. Julienfelde 18571861. 150 € Recht umfangreiche private Briefe an eine „liebenswürdige Freundin“. Über vielfältige familiäre und andere persönliche Themen auf beiden Seiten. - 1 Brief mit Defekten am unteren Rand.
2792 Schacht, Hjalmar, Reichsbankpräsident und Politiker, unter Hitler Reichswirtschaftsminister (1877-1970). Brief m. U. „Dr Hjalmar Schacht“. 1 S. Gr. 4to. Berlin 19.XII.1934. 150 € An den Nationalökonomen und Politiker Gerhart von Schulze-Gaevernitz (1864-1943), Professor und Geheimrat, in Crainsdorf bei Neurode in Schlesien. „... für die freundliche Übersendung Ihrer neuen Schrift ‚Zur Wiederge burt des Abendlandes‘ danke ich Ihnen herzlich. Zunächst hat meine Frau nach Ihrem Bekenntnisbüchlein gegriffen, aus dem die Erfahrungen eines reichen Lebens sprechen. Ich selbst hoffe in den nächsten Tagen zum Lesen des Buches zu kommen, da ich die etwas arbeitsstillere Zeit nach dem Weihnachtsfest zu einer kurzen Ausspannung benutzen will ... Von einer Weitergabe des Buches an den Führer habe ich abgesehen, wenn ich auch glaube, daß Ihre Gedanken ihn stark zu interessieren vermöchten ...“. - Mit gedrucktem Briefkopf „Reichsbankpräsident Dr. Hjalmar Schacht“. - Büroklammer-Rostspuren; leichte Rot- und Blaustift-Anstreichungen vom Empfänger.
2789
2793 Schurz, Carl, rheinischer Revolutionär, dann in den USA General, Politiker und Innenminister (18291906). Eigh. Brief m. U. „C. Schurz“. 11/2 S. Doppelblatt. Gr. 8vo. New York 15.I.1884. 200 € An Herrn Tietjens, „betreffend die Glühlampen-Angelegenheit“. „... Ich setzte mich baldmöglichst mit den maßgebenden Kreisen in Verbindung und bedaure, sagen zu müßen, daß ich keine Aussicht für den proponirten Verkauf des Patentes entdecken kann. Wie Sie sich wahrscheinlich erinnern, schrieb Ihnen Herr C. Volbehr, daß das Müller‘sche Fabrikat allerdings gut, aber die alte Edison‘sche Lampe doch die beste sei. Edison hat eine große Lampenfabrik hier, welche den Markt beherrscht, und er wird natürlich keine Patente kaufen, die er nicht nöthig hat ...“.
2794 Starhemberg, Ludwig Fürst von, österr. Diplomat, Patenkind Ludwigs XV. von Frankreich, österr. Botschafter in London, lebte in Österreich auf seinen Schlössern Eferding und Dürnstein (1762-1833). Eigh. Brief m. U. „Starhemberg“. In engl. Sprache. 3 S. 4to. Wien 29.XII.1814. 120 € 101
Geschichte _____________________________________________________________________________________________________________________ An den Postinspektor Morath, Mitglied des Reichstags, in Berlin, dem die Karte nach Oberstdorf nachgesandt wurde. „... Als Sie noch in Karlshorst wohnten, kannte ich Ihre Adresse, jetzt schreibe ich nach dem Reichstag. Lassen Sie sich vielmals aus Wildungen Grüsse senden, ich habe mich hier nach Kräften erholt und hoffe von Ihnen dasselbe ...“. - Die Aufnahme des Ateliers Walter in Bad Wildungen (Orig.-Photo) zeigt den Reichskanzler in dem Kurort behaglich in einem Klappstuhl sitzend und lesend. Abbildung Umschlag Rückseite
2796 Wetzlar (Lahn). - Heinrich von Braubach, Kustos und Kanonikus des Stifts Wetzlar. Urkunde in seinem Namen. Latein. Handschrift auf Pergament. Mit vielen Abbreviaturen. 1 S. Mit Resten des angehängten Wachssiegels. 4to. Mehrfach gefaltet. (Wohl Wetzlar) VI. Kalendae Julii (2.VII.) 1294. 900 €
2796
Recht umfangreiche Urkunde in Angelegenheiten des Stifts Wetzlar, des dortigen Klosters Altenberg und der Benediktiner-Abtei St. Alban bei Mainz. Mit Nennung verschiedener Personen, darunter Conrad II., von 1277 bis 1307 Abt des Klosters St. Alban. - Lokalhistorisch nicht unwichtige, mit Ausnahme des Siegels gut erhaltene Urkunde des Hochmittelalters. Abbildung
Preußische Hofjagd-Walduniform An einen Herrn, über dessen Briefe er sich sehr gefreut habe. „... I shall always remember the few moments we passed together in this country and I am still in hope we shall sooner or latter [!] meet in England and see there a little more of each other ...“. Der kurze Aufenthalt habe in seiner Familie einen tiefen Eindruck hinterlassen, und man sei glücklich über jeden seiner Briefe. - Dabei: Derselbe. Eigh. Billet mit Namenszug am Kopf. In franz. Sprache. 1/2 S. 4to. (London?) o. J. - „Le C: de Starhemberg présente son hommage respectueux à Mylady ... et a L‘honneur de l‘informer qu‘en conséquence de quelques scrupules du Clergé anglais le baptême fini pour demain sera différé ...“.
2795 Stresemann, Gustav, dt. Politiker und Staatsmann, Reichskanzler und Außenminister, Träger des Friedensnobelpreises (1878-1929). Eigh. Porträtfoto-Postkarte m. U. „Stresemann“. (Bad Wildungen) 31.VII.1927. 200 €
102
2797 Wilhelm II., Deutscher Kaiser, König von Preußen (1859-1941). Brief m. U. „Wilhelm R.“ 1/2 S. Doppelblatt. Gr. 4to. Jagdhaus Rominten (Ostpreußen) 23.IX. 1911. 150 € An die Hofdame Gräfin Elisabeth von Kanitz bei Übersendung eines Hirschfängers. „Ich fühle mich in Gnaden bewogen, Ihnen hierdurch die Befugniß zu ertheilen, bei Gelegenheit der Hofjagden die durch Meine an den Oberst-Jägermeister gerichtete Ordre vom 4. Februar 1889 vorgeschriebene Walduniform mit dem hier beifolgenden Hirschfänger anzulegen.“ - Beiliegend eine zeitgenöss. Abschrift dieser Ordre vom 4. Februar 1889 (2/3 S. Doppelblatt. Gr. 4to): „Um eine größere Uebereinstimmung in dem Anzuge Meiner Jagdgäste herzustellen, bin Ich willens, aus deren Mitte Einzelnen die Vergünstigung zu ertheilen, auf Hofjagden die für Meine Hof-Jagd-Beamten vorgeschriebene Walduniform anzulegen. Es sollen aber dabei die Achselstücke in Fortfall kommen und das Hirschfängerkoppelschloß oxydirt statt vergoldet getragen werden ...“. - Die ersten Sorgen des jungen deutschen Kaisers!
__________________________________________________________________________________________________________________________________
2798
2799
Württembergs Adel Eine Sammlung aus dem 19. Jhdt., meist mit den alten Sammlungs-Umschlägen 2798 Christof Herzog von Württemberg, der vierte regierende Herzog des Landes, in vieler Hinsicht verdienstvoll (1515-1568). 3 eigenhändige Schriftstücke. 3 Bl. Zus. 21/2 S. Kl. 8vo. O. O. (1554 und 1558). 600 €
2799 Ludwig III., Herzog von Württemberg (15541593). Eigh. Reskript m. U. (Paraphe). 2/3 S. 8vo. O. O. 19.II.1584. 600 €
Eigenhändige, nicht ganz leicht leserliche Antworten (Resolutionen) auf Anfragen von Stadträten zu verschiedenen Angelegenheiten: „Der Räth wnnderthenig bedencken, deren von Tutlingen begern erhehung des fleischkauffs, belang.“ - Der Herzog antwortet, dass dies sehr genau überlegt werden müsse, denn es sei dann aus verschiedenen Gründen eine allgemeine Teuerung zu befürchten. - „Der Ret ferner vnderthenig bedenckhen, Jörg Reitzen vonn ober Währingen, dem Abt zu Zwiefaltenn gehörig, betr.“ (1558). Der Herzog antwortet, dass er es bei seinem Dekret in der Angelegenheit des widerspenstigen Mönchs und der geschwängerten Frau belasse. - Beiliegend die Kopie einer Transkription des 19. Jhdts von zwei der Schriftstücke. - Ferner beigegeben ein Porträt des Herzogs, nach einem Gemälde in Punktiermanier gestochen von d‘Argent (Blattgröße 30 x 21 cm).
Eigenhändige Resolution des Herzogs auf ihm vorgetragene „Bedencken Michel Jägern und Bernhardt Negele geweßne gevardj knecht uf dem Schloß hohen Urach, so ainannd alda geschlagen und deßwegen zum schwerdt verurtheilt worden, belangendt“. Ludwig verkündet: „Ich hett gleichwohl, wohl Ursach die strenge, der gnadt fürzusetzen, Aber wie dem weyl baide Suplicanten alte Diener und sich Allezeytt weßentlich und wohl gehalten, darzu der stattlichen fürbitt und das Ihre freindt auch trewhertzige Underthanen, und Diener so wil Ich Ihnen allen zu knaden, den baiden forhafften das leben schencken, doch sol die Urtheil publiciert, und als dan die begnadigung durch den burvogtt der gestaltt anzeigt werden, das sie die wehr und offene geselschafften maiden, und dan ein verschreibung hinfüro sich wesentlich und wohl zuhalten ...“. - Beiliegend eine Transkription des Textes aus der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts. - Sehr selten.
Abbildung
Abbildung
103
Württembergs Adel _______________________________________________________________________________________________________________ 2800 Ludwig Friedrich, Herzog von WürttembergMömpelgard (1586-1631). Schluß eines Briefes m. U. „Ludwig Friderich“. 1/2 S. 4to. (Stuttgart) „In Conso Secreto“ 26.I.1629. 120 € An einen Kirchenrats-Direktor und Kirchenräte, die ihm einen Bericht liefern sollen, worauf dann entschieden werden könne, wie einem Supplikanten zu helfen sei. - Ludwig Friedrich, ein Sohn Herzogs Friedrichs I. von Württemberg (1557-1608) wurde 1617 der Begründer einer Seitenlinie des württembergischen Herrschaftshauses, indem er die linksrheinischen Besitzungen Württembergs übernahm. Nach dem Tod seines Bruders Johann Friedrich im Jahre 1628 wurde er als Vormund des erst 13jährigen Eberhard III. nach Stuttgart berufen. Im November 1630 kehrte er krank in seine Residenz Mömpelgard (Montbéliard) zurück, wo er im Januar 1631 starb. Das an der Burgundischen Pforte in Frankreich gelegene Mömpelgard gehörte seit 1397 zu Württemberg. - Kleine Läsuren am rechten Rand.
2801 Eberhard III., Herzog von Württemberg (16041674). 2 aus größeren Schriftstücken abgetrennte Signaturen „Eberhardt H z. W“. 2 fragmentarische Blätter. Stuttgart 29.II.(1634) und 19.XI.1667. 120 € Dem Sammelstil des 19. Jahrhunderts entsprechende Fragmente, als sich der Autographensammler mit den Unterschriften der gewünschten Personen begnügte. - Als protestantischer Fürst hatten Eberhard und sein Land im Dreißigjährigen Krieg schwer zu leiden. Im Jahr 1629 - Eberhard stand noch unter der Vormundschaft des Herzogs Ludwig Friedrich von Mömpelgard - verlor Württemberg durch das Restitu tionsedikt Kaiser Ferdinands II. etwa ein Drittel seines Territoriums. - Beiliegend eine ausgeschnittene Signatur seines Enkels, des Herzogs Eberhard IV. Ludwig von Württemberg (1676-1733), von 1719.
2802 Carl II. Eugen, Herzog von Württemberg, Schubarts und Schillers Landesherr (1728-1793). Gedrucktes Rundschreiben mit eigh. Signatur (Paraphe). 2/3 S. Folio. Stuttgart 5.V.1762. 200 € An die leitenden Regierungsbeamten Württembergs, denen er ankündigt, „auf einige wenige Wochen eine Reise ausser Unsern Herzoglichen Landen zu thun“. Sie mögen den Untertanen versichern, „daß, sobald Wir mit der Güte Gottes wiederum in Unserer Herzoglichen Residenz werden angelangt seyn, die gewöhnliche öffentliche Audienz-Täge ihren Fortgang haben werden, und wie bisher, also auch in Zukunft einem jeden Unserer lieben und getreuen Unterthanen frey und ohnbenommen seyn wird, sein Anliegen in Unsern Landes-Väterlichen Schooß auszuschütten ...“. - Am oberen Rand etwas geknittert. - Beiliegend ein großes Porträt-Kupfer Carl Eugens, nach dem Gemälde von C. J. Schlotterbeck gestochen von J. F. Leybold, beide Stuttgarter Künstler (Blattgr. 34,6 x 21,6 ; dreiseitig beschnitten; 2 kleine Einrisse). Abbildung
2803 - 2 Briefe m. U. „Carl H z W“. Zus. 1 S. 4to und folio. Stuttgart 13.XII.1776 bzw. Hohenheim 28.VI.1789. 300 € Der erste Brief (mit Adresse und Siegel) an den herzoglichen Ersten Bibliothekar, den Theologen und Historiker Johann Friedrich Le Bret
104
(1732-1807), Professor an der Hohen Carlsschule und seit 1786 in Tübingen. „Beykommende 18 Bände, seind mir heuthe über Leipzig durch einen Ohnbekannten zugeschickt worden; einige davon werden meiner offentlichen Bibliotheck wohl anstehen, und haben Mir deßwegen Vergnügen verursacht.“ - Das zweite Schreiben ist nach Göppingen gerichtet. „Da Seine Herzogl. Durchlaucht den sogenannten langen Hans samt dessen Sohn von Pfarwiesen gn. sprechen wollen, so ertheilen Hoechstdieselbe dem Herzogl. Oberamt Göppingen gnädigst den Befehl, beyde gleichbalden allein hieher zu schiken ...“.
2804 - Franziska, geb. Freiin von Bernerdin, ab 1772 geschiedene Freifrau Leutrum von Ertingen und offizielle Mätresse Carl Eugens, ab 1774 Reichsgräfin von Hohenheim, seit 1785 Carl Eugens zweite Ehefrau, seit 1790 Herzogin von Württemberg (1748-1811). Brief m. U. „wohl Affectionirte Francisca HzWürttemberg“. 1 S. 4to. Hohenheim 10.V.1793. 220 € An den Magister Johann Eberhard Heinrich Scholl in Amsterdam, der der pietistisch geprägten Herzogin den zweiten Band seiner neuen, kommentierten Gemeinschafts-Übersetzung der Psalmen gesandt hatte, die 1792-1793 in drei Bänden in Halle erschien. Franziska bedankt sich ausführlich. „... Ein jedes vaterländische Produkt, besonders wenn der Name seines Verfaßers mir zum voraus auf einer vortheilhaften Seite bekannt ist, so dürfen Ew. Wolehrwürden überzeugt seyn, daß Ich Ihre mir mitzutheilen beliebte Psalmen-Übersetzung in dieser doppelten Rüksicht mit dem größten Wolgefallen aufgenommmen habe, und daß es Mir um so mehr daran gelegen ist, Sie Meines Dankes zu versichern, als Ich wegen des von Ihnen den vorigen Sommer erhaltenen ersten Bändchen Ihres Werks annoch im Rükstand gegen Sie bin. Endlich benüze Ich noch diese Gelegenheit, Sie zu versichern, daß Ich wie bisher, also auch in Zukunft, den lebhaftesten Antheil an Ihrem Schiksal nehmen werde ...“. - Scholl wurde 1796 Diakonus in Sindelfingen. - Noch in demselben Jahr, nach dem Tod Carl Eugens im Oktober, mußte Franziska das Schloß Hohenheim verlassen und nach Kirchheim (Teck) umziehen. - Die Tinte etwas verblasst.
2805 Montmartin, Friedrich Samuel Reichsgraf von, württ. Premierminister und Geheimratspräsident, rabiater Steuereintreiber und Geldbeschaffer des Herzogs Carl Eugen (1712-1778). Dekret m. U. „Gr von Montmartin“. 1 S. Quer- 4to. Stuttgart 20.IV.1770. 250 € Befehl an die „Herzogl. Schulden Zahlungs Deputation“: „Unsers Gnädigsten Herrns Herzogl. Durchl. hat der Closter OberAmtmann Landerer zu Lichtenstern unterthänigst vorgetragen, wasgestalten derselbe von seinem Amtsvorfahrer dem OberAmtmann Pistorio zur Wiederersezung der von dießem in ao: 1758 praestirten Campagne Gelder à 1200 Gulden belanget werde: Da nun Hochdieselbe den gewesenen Ober Amtmann Pistorius um dieser seiner Praetension willen von Herzogl. Schulden Zahlungs Cass befriediget wißen wollen; So hat die Herzogl: Schulden Zahlungs Deputation hiernach das weitere zu besorgen ...“. Der äußerst unbeliebte Minister, der zeitlebens das volle Vertrauen des Herzogs besaß, befand sich in ständigem Streit mit den Landständen, da er auf alle Art und Weise Gelder zu beschaffen versuchte, sich dabei bereicherte, aber die Bevölkerung, Kirchenbesitz und sogar die Landschaftskasse ausplünderte. - Kleine Randläsuren. - Selten.
_______________________________________________________________________________________________________________Württembergs Adel 2806 Friedrich II. Eugen, Herzog von Württemberg, vorher höchst erfolgreicher General in Diensten Friedrichs des Großen, zuletzt Generalfeldmarschall (1732-1797). Eigh. Brief m. U. „Frederic Eugene Duc de Württemberg“. In franz. Sprache. 1/2 S. Doppelblatt. 4to. Montbeillard (Mömpelgard) 3.IX.1771. 450 € Eigenhändig an einen Rat. „Monsieur Le Conseiller Jeanmarie est prié de paier les 1500 florins ou 3272 livres ... que j‘ai à recevoir pour l‘année devolue de 8. de May 1770 jusqu‘au 8. May 1771, pour Mon fils le Prince Charles, comme Ses Gages de Colonel des Gardes de Corps de Son Altesse Serenissime Monseigneur Le Duc Regnant de Württemberg, Mon très cher frère [d. i. Herzog Carl Eugen], à mon Secretaire Chambon qui a ordre de quittancer pour cette somme ...“. - Darunter die Empfangsbestätigung von J. C. Chambon (16.XI.1771). - Schon 1753, nach seiner Hochzeit mit Friederike von Brandenburg-Schwedt, hatten die brandenburg-preußischen Stände Friedrich Eugen und seinen männlichen Nachfahren eine jährliche Unterstützung von 25.000 Gulden bewilligt. In Württemberg folgte er erst 1795, nach der zweijährigen Herrschaft seines Bruder Ludwig Eugen, auf den Herzogsthron. - Beiliegend ein (stockfleckiges) Porträtkupfer des Herzogs Friedrich Eugen (14 x 9 cm).
2807 Friedrich I., König von Württemberg, vorher Herzog und Kurfürst; hier noch als Herzog (1754-1816). Brief m. U. „Friderich“. 1/2 S. Doppelblatt. 4to. Blaubeuren 24.X.1802. 200 € An den württemberg. Geheimen Rat und Staatsminister Ulrich von Mandelsloh (1760-1827). „... Anliegende Bittschrift des Theater Bedienten Merker lasse Ich ihnen mit dem Auftrag gst. zugehen, den Supplicanten, weil er bey weitem nicht Aufmerksamkeit genug in seinem Dienst gezeigt hat, mit seinem Entschädigungsgesuch abzuweisen ...“. - Beiliegend ein eigh. Schreiben Mandelslohs an einen Herrn mit der Frage, an welchem Tag dieser sein 50jähriges Amtsjubiläum feiern wolle (1808). - Ferner beiliegend ein Bericht (2 S. Folio. 31.XII.1802) des Oberamtmanns Scholl in Blaubeuren an den Herzog Friedrich, enthaltend die vorgeschriebene „Ernd-Tabelle“ für 1802, betreffend die Hafer- und Dinkel-Ernte im Flecken Westerheim.
2808 - Brief m. U. „Friderich“. 1/2 S. Folio. Stuttgart 4.I.1805. 120 € An den Historiker Johann Christian (von) Pfister. „Seine Churfürstliche Durchlaucht haben den von dem Repetenten M. Pfister dahier Höchstdenenselben ... eingesandten zweiten Theil der von ihm verfaßten Vaterländischen Geschichte erhalten und geben demselben an durch HöchstIhren gstn. Dank dafür zu erkennen ...“. - Pfisters „Geschichte von Schwaben“ erschien in 5 Teilen von 1803 bis 1827. - Kleine Randläsur.
„Stuttgart ist mir lieber als Florenz“ 2809 Wilhelmine, Prinzessin von Württemberg, unebenbürtige Gemahlin des Herzogs Wilhelm von Württemberg, eines jüngeren Bruders des Königs Friedrich I., geb. Freiin von Tunderfeldt (1777-1822). 4 eigh. Briefe, davon
2802
1 m. U. „Ihre Prinzessin“, 1 m. U. „Wilhelmine“. Zus. 13 S. 8vo. Menzingen (Schweiz), Lausanne und Florenz (vor 1820). 450 € An den Hofrat, Bibliothekar, Lyriker und Epigrammist J. Chr. Friedrich Haug (1761-1829) in Stuttgart. Muntere, heitere Briefe aus dem Ausland an den ihr befreundeten Dichter. Aus Menzingen (Schweiz) schreibt sie: „Ihrem Nachruf, sinniger Sänger, folgte ein Ausruf - das werden Sie durch einige und andre echos errathen, am meisten durch die Sylbe Ruf - Ich richte alles ad libitum ein - deswegen geht das echo diesmal voraus ... Gestehen Sie daß Sie die Aufgabe zu leicht finden? Der Sturm heult gegen Ihren Verbot - aber Dame Nachtigall ist ihrem Sänger Senior unterwürfig und singt und trillert im Zimmer meines Vetters des Burgherrn unaufhaltsam fort. Wie die Laune im Ausland ist, sehen Sie; daß mir aber ganz einheimisch zu Muthe ist, das sollen die Zurückgelassenen Klein und Grossen attestiren. Es geht uns gut hier. Ich liebe dies Landleben über alles ...“. - In einem anderen Brief aus Menzingen heißt es: „Ein schlecht geschriebenes Wort auf schlechtem Papier kann auch seinen Liebhaber finden, und so sage ich Ihnen denn in aller Eil ... daß ich Sie im Ausland sehr vermisse. Dennoch will ich
105
Württembergs Adel _______________________________________________________________________________________________________________ 2810 Alexander Chr. Fr., Graf von Württemberg, Dichter und Offizier, eng befreundet mit Lenau, versammelte den schwäbischen Dichterkreis auf Schloß Hohenkreuz in Serach (1801-1844). Eigh. Brief m. U. „Alexander G. v. Württemberg, Oberst“. 3/4 S. Gr. 4to. O. O. u. J. 120 € An Herrn Moriz (den Stuttgarter Hofschauspieler Heinrich Moritz?). „... Meinen herzlichsten Dank für Ihr gütiges Schreiben und die gefällige Mittheilung des Telegraphen, den ich hiermit zurücksende. Es wird mich unendlich freuen Sie sowohl lieber Hr. Moriz als Ihren verehrten Freund in meinen Hallen zu begrüßen, kommen Sie nur recht bei Zeiten, und nicht blos im Fluge ...“. - Die Tinte bei Gruß und Unterschrift etwas verblasst.
2811 Marie, Prinzessin von Württemberg, Tochter König Wilhelms I. von Württemberg, verh. Gräfin Neipperg (1816-1887). Eigh. Brief m. U. „Marie“. In franz. Sprache. 3 S. Doppelbl. mit Adresse und Siegel. 16mo. O. O. (wohl 1840). 120 € An Pauline Gräfin von Zeppelin. Über Stoffe, Kleidung und andere private Dinge. - Siegel-Ausriss mit etwas Textverlust.
2815
noch um ein Haus weiter reisen ... Ein Wörtchen von Ihnen poste restante in Bern à Madam la Baronne d‘Hislingen née Psyché wird mich treffen ... Von der schönen Ruine Weiler bei Sinzheim pflückte ich Steine und Blätter für Sie und setze Sie bescheiden meinem Virgil auf das Haupt. Es wird Sie nicht schwerer drücken als der Wald von Eichen, der so oft schon auf Ihnen wie billig lastete ... Ich werde nicht ermangeln ein Buch für Sie aufzugabeln ...“. - Aus Lausanne: „Da sende ich meinem Troubadour einen anderen Troubadour - der auch nicht übel ist. Er freut sich sehr Ihre Bekanntschaft zu machen. Zeigen Sie ihm Ihre Musensitze - der gute Schumacher kann Ihnen recht viel von mir erzählen, von uns Allen, und das wird er auch thun. - Schreiben Sie mir wie Ihnen der Dichter gefiel - er ist gut und geistreich, das kann ich Ihnen versichern ...“. - Es handelt sich wohl um den Prinzenerzieher August Schumacher (1790-1864), der sich 1820 in der Schweiz aufhielt. - Und aus Florenz betont sie am 24. November 1819: „... ich versichere Sie daß wir Sie über Ariost Dante Metastasio Alfieri nicht vergessen. Der moderne Dichter mit ächt altdeutschen Gesinnungen ist mir viel lieber als die monsieurs - Stuttgart ist mir lieber als Florenz u. Stetten zehn mal lieber als Poggio Imperiale ... Wenn ich vor der wahren hohen schönen Kunst stehe geht sie nicht für mich verlohren, ganz im Gegentheil ich fühle alles recht tief u. möchte zehn Augen haben um zu sehen. Sollte ich aber immer hier sein so wär mir ein Auge im Vaterland lieber als 20 hier ...“. Berichtet dann von den besichtigten Kunstschätzen und erwähnt - wie auch in früheren Briefen - den Stuttgarter Bildhauer Johann Heinrich Dannecker. - Bei diesem letzten Brief scheint der Schluß zu fehlen.
106
2812 Theodelinde, Gräfin von Württemberg, als Tochter Eugène de Beauharnais‘ eine geb. Prinzessin von Leuchtenberg, Gemahlin des Herzogs Wilhelm von Urach, vormals Grafen von Württemberg (1814-1857). Eigh. Brief m. U. „Théodelinda“. In franz. Sprache. 1 S. Schmuckpapier mit vergoldeter Ornamentbordüre. Doppelblatt mit Adresse. Stuttgart o. J. 180 € An die ihr befreundete Gräfin Zeppelin. Teilt ihr mit, dass sie mit Ihrem Mann morgen früh nach Bad Teinach abreisen werde. Es hätte ihr leidgetan, wenn die Gräfin sie vergeblich aufgesucht hätte. „... mon mari ayant projetté quelques courses sans m‘avoir fixé d‘heure. Je regrette bien sincèrement d‘être privée de vous voir et de causer avec vous; ce sera pour mon retour des bains, je vous souhaite le bonjour de même qu‘à Catherine ...“. - Siegel-Ausschnitt im Adressblatt. Abbildung
2813 Wilhelm II., der letzte König von Württemberg (1848-1921). 1 eigh. und 1 masch. Brief m. U. „Wilhelm Kg v. Württemberg“ bzw. „Wilhelm Hzg zu Württemberg“. Zus. 2 S. Mit Kuverts. 8vo und 4to. Stuttgart 24.II. 1886 bzw. Bebenhausen 4.III.1919. 200 € Der erste Brief an den Freiherrn von Starkloff in Ulm, Premierleutnant im 2. württ. Dragoner-Regiment Nr. 26. Wilhelm bedankt sich eigenhändig für die Glückwünsche zu seinem Geburtstag. Auch der Umschlag eigenhändig. - Der zweite Brief aus gleichem Anlaß an Richard Clehs in Stuttgart. Der inzwischen abgedankte König unterzeichnet hier als Herzog. - Beiliegend 2 von Urkunden abgeschnittene Unterschriften des Königs, auf denen auch der württ. Kriegsminister Otto von Marchtaler (1854-1920) unterzeichnet hat. - Insgesamt 6 Teile.
_______________________________________________________________________________________________________________Württembergs Adel 2814 Robert, Herzog von Württemberg, KavallerieOffizier, mit Erzherzogin Maria Immakulata von Österreich verheiratet (1873-1947). Eigh. Brief m. U. „Hzg Robert“. 3 S. Mit illustriertem Briefkopf. Kl. 4to. Stuttgart, Prinzenbau, (um 1900). 120 € An eine Excellenz, der er ein Visitenkarten-Täschchen zur Einnerung an ein Standartenfest übersendet, an dem der Adressat wegen Krankheit nicht teilnehmen konnte. „... Auch bitte ich Ihrer Excellenz beiliegenden Fächer als Zeichen der Verehrung eines ihrer ehemaligen Eskadronschefs des ‚gelben‘ Regimentes übergeben zu wollen ... Alle Herren des Regimentes bedauern es ebenso sehr wie ich, daß unser aller hochverehrter und innig geliebter früherer Commandeur heute nicht mehr in unserer Mitte weilt. Die Herzogin übersendet Ihnen und Ihrer Excellenz herzliche Grüße ...“. - Dabei: Derselbe. Militärische Meldung m. U. „Hzg Robert von Württemberg“. 1/2 S. Folio. Stuttgart 6.X.1909. - Meldung an die Reichsbankhauptstelle über urlaubsbedingten Wechsel in der Position des Zahlmeisters von seinem Dragoner-Regiment König.
2815 Ernst I., Fürst von Hohenlohe-Langenburg, Präsident der Kammer der Standesherren im württemb. Landtag, 1848 Mitglied des Vorparlaments (1794-1860). Eigh. Brief m. U. „Ernst Fürst zu Hohenlohe“. 2 S. Doppelblatt. 4to. Ludwigsruh 17.VII.1829. 180 € An einen Hofrat, der sich dafür bedankt hatte, dass sein Neffe eine Pfarrstelle erhalten habe. „... Es freute mich sehr ... zu ersehen, wie angenehm Ihnen unsere Ernennung Ihres Neffen, des Hrn Vikar Hartmann, zur Pfarrey Elgersheim war. Bey den vielen jüngsten Zeugnißen u. Empfehlungen desselben u. bey seiner Persönlichkeit, darf ich hoffen, daß wir eine vollkommen glückliche und paßende Wahl in ihm getroffen haben ...“. - Etwas gebräuntes Papier. - Beiliegend je ein schönes lithogr. Porträt des Fürsten (Blattgr. 32,5 x 21 cm) und seiner Gemahlin Feodora, geb. Prinzessin von Leiningen (lithographiert von Emminger nach dem Gemälde von Leybold; Blattgr. 32,5 x 21 cm).
2812
Abbildung
2816 Felix, Prinz zu Hohenlohe-Oehringen, Politiker, Mitglied des Vorparlaments für den Jagstkreis (1818-1900). Eigh. Brief m. U. „Fel. P: zu Hohenlohe“. 1 S. gr. 4to. Frankfurt am Main 24.III.1852. 150 € An Herrn Keller in Stuttgart. Politischer Brief über den Deutschen Zollverein. „... Quid faciendum? - Vor allem die Sache nicht aufgeben; nie war die Aufgabe des Vereins wichtiger als eben jezt, und mehr denn jemals hat er eben jetzt Gelegenheit zu handeln. Lassen Sie uns noch ein Mal versuchen, ob die partikularen Bestrebungen u. Extreme sich auf dem neutralen Boden des Vereins wieder finden können; wonicht, so werden die Getreuen an dem Verein und seinen Grundsätzen festhalten: Die Erhaltung u. Erweiterung des Zollvereins, die Erhaltung und Ausbildung des Schutzsystems. - Die Wichtigkeit der süddeutschen Regierungen in der schwebenden Frage ist unbestritten, und es ist nicht versäumt worden am geeigneten Ort auf das Gewicht der einflußreichen Staaten aufmerksam zu machen. Alles hängt aber jetzt von der Haltung Preußens und den Vorschlägen Oesterreichs ab. Director ... wird in diesen Tagen nach Stuttgardt kommen und daher die beste Gelegenheit haben, Ihnen die Wiener Eindrücke mitzutheilen, und gleichzeitig
mit Ihnen die ferneren Maasnahmen des Vereins zu besprechen; ich habe ihm in diesem Sinne geschrieben ...“. - 1852 führte Preußen geheime Verhandlungen mit dem Königreich Hannover, in der Absicht, den norddeutschen Steuerverein in den Zollverein zu integrieren. Dazu wären jedoch Satzungs-Änderungen und in der Folge Strukturveränderungen des Zollvereins eingetreten, weshalb es Widerstand von Seiten der süddeutschen Staaten gab.
2817 Gustav Kardinal zu Hohenlohe-Schillingsfürst, dt. Kurienkardinal, Bruder des Reichskanzlers Chlodwig zu Hohenlohe, Gegner Pius‘ IX. und der Jesuiten, Kardinalprieser von San Callisto und San Lorenzo in Lucina (1823-1896). Eigh. Brief m. U. „Gustav Cardinal v. Hohenlohe“. 2 S. Doppelblatt mit blindgepr. Monogramm mit Krone. Mit eigh. Umschlag. Gr. 8vo. Rom 24.X.1893. 180 € 107
Württembergs Adel _______________________________________________________________________________________________________________
2819
Durch Boten an Frau von der Decken in Berlin, die er im Befehlston um einen Gefallen bittet, „nämlich zwölf kleine Fläschchen von dem rothen Aceto di Santamaria Novella auf meine Kosten zu kaufen u. diese in einem Kistchen an folgende Adresse zu senden u. diese Visitencarte von mir beizulegen: A Sua Altezza Serenissima la Principessa Cherubina d‘Avalos Marchesa del Varto a Troja Puglie. Sie schicken mir dann wohl die Rechnung hierher ...“.
2818 Alt-Württembergische Geschlechter. 14 aus größeren Blättern ausgeschnittene Signaturen oder Siegel. 14 Bl. 1578-1766. 300 € Von einem Sammler des 19. Jhdts. zusammengetragene Unterschriften oder Siegel von: Katharina Gräfin zu Eberstein (1578), Eberhard Graf zu Tübingen, Obervogt am Schwarzwald (1589), Ludwig Eberhard Graf zu Oettingen (1633), Philipp Ludwig von Neipperg (1679), Fürsten Bürckenfeld (1688), Eberhard von Neipperg (1719), Eberhard Friedrich und Johann Wolfgang Göler von Ravensburg (1726), von Stetten (6 Familienmitglieder, 1730), Grafen Ebersdorf (1735), Ludwig Friedrich Graf von Capell (1738), Göler von Ravensburg (1745), M. E. und T. H. von Oettingen (Hohlach 1766) sowie 2 nicht näher bezeichnete Siegel. - Dabei: Alt-Württembergische Obervögte. 6 ausgeschnittene Signaturen, meist mit Siegel. Zusammen in einen SammlungsUmschlag des 19. Jhdts montiert. 1559-1653. - Vorhanden: Hans Conrad von Frauenberg, Obervogt zu Rosenfeld (1559), Ludwig von
108
Frauenberg, Obervogt zu Laufen (1563 und 1572), Christian Heinrich von Geyersberg, Obervogt in Laufen (Stuttgart 1738), Jacob von Gültling, Obervogt zu Schorndorf (1599), Ferdinand Frhr von Geizkofler von Gailenbach, württemb. Hofkanzleidirektor (Jebenhausen 1651).
2819 Wimpfen (Neckar). - Kaufbrief. Deutsche Handschrift auf Pergament. Mit großem Zier-Initial und mit angehängtem Lacksiegel im Wachsbett. 1 S. Quer-gr. folio. O. O. „Sampstag nach Trium Regum“ (9.I.) 1563. 600 € Wolff Hoffman und seine Ehefrau Margretha in Affalterbach (bei Ludwigsburg) schließen mit den Bürgern und Ratsmitgliedern Jacob Hoffman und Wendell Lautenschlager in Wimpfen einen umfang reichen Kauf- und Pachtvertrag über diverse Ländereien in und um Affalterbach ab, wobei verschiedene jährlich zu entrichtende Beträge genannt werden, z. B. „Dritthalben gulden an guter grober müntz Landtswerung, Je sechtzig Kreutzer für ain gulden gerechnet, Jarlicher Zinß vnd gultenn“. Mit zahlreichen Bedingungen und Regularien sowie Nennung weiterer Zahlungen und etlicher Personen. Erwähnt u. a. „Jorgen Graven von Nellenburg vnd Hern zur Thengen, Rittern Sant Johanniter-Ordens Commthuren zur Schwäbischen Hall, vnsern gnedigen hern“. - Mehrfach gefaltet und wie gewöhnlich rückseitig angestaubt; das Siegel mit Bruchstelle; sonst alles gut erhalten. Abbildung
__________________________________________________________________________________________________________________________________
Bildende Kunst 2820 Abraham, Gebrüder. „Verzeichniß der zu verkaufenden Jubelen“, signiert „Gebruder Abraham, Dessau“. 2 S. auf Doppelblatt. Folio. Dessau 10.III.1809. 300 € Interessantes Edelstein-Verzeichnis der Firma Abraham in Dessau. Es gibt auf der ersten Seite die Auflistung der Steine eines „großen brillantenen Ringes“ von insgesamt „60. Gran oder 15. Karat“, dessen Steine von außerordentlicher Weisheit und Reinheit seien. Auf der zweiten Seite die Liste und Beschreibung eines „Coulan von Brillanten zu einem Orden auf der Brust zu tragen“ von 87/16 Karat sowie eines Saphirrings. Diese Seite ist diagonal durchgestrichen, am Schluss ist vermerkt: „dieses gült nichts“. - An den Rändern leicht gebräunt.
2821 Alma-Tadema, Sir Lawrence, holländ.-britischer Porträt- und Historien-Maler, Mitglied der Londoner Royal Academy und zahlreicher weiterer europäischer Akademien (1836-1912). Eigh. Brief m. U. „L Alma Tadema“. In deutscher Sprache. 1 S. Doppelblatt. 8vo. (London) 23.X. 1890. 200 € An einen Herrn. „... Diese ganze Woche bin ich in die Royal Academy as lehrer in die Mahlerschule beschäftigt. So kann ich Ihnen und Ihre verehrten freunde leider nicht vor nächsten Monntag empfangen whenn es mir zwischen 3 & 6 Nachmittags eine Ehre sein wird Ihnen mein Atelier zu zeigen ...“. - Der gefeierte Künstler, der u. a. den deutschen Schauspieler Ludwig Barnay porträtierte, war seit 1874 Auswärtiges Mitglied der preußischen Akademie der Künste. - An dem (leeren) zweiten Blatt kleine Papierreste von ehemaliger Montage.
2822 - Eigh. Brief m. U. „L Alma Tadema“. 12/3 S. Doppelblatt. Kl. 8vo. (London) 30.IV.1906. 220 € An den Redakteur Ernst vom „Neuen Wiener Tagblatt“. „... I quite mistook the meaning of your letter of the 30th of March last and understood that you wished my opinion about the art Viennese Austrian & Hungarian as represented with forthcoming Austrian Exhibitions, here the delay in my answering your request. I am sorry to say that I am too little acquainted with Austro-Hungarian art as to form an opinion about it (For what I know of it I love it and I look forward to seeing the display with forthcoming ... Exhibition which has all my sympathy & to which I offer my best wishes for success) ...“.
2823 Bäuerle, Hermann, Maler und Radierer (18861972). Originalzeichnung in Kohle und Buntstift, verso eigh. Brief mit U. 18 x 14,5 cm. O. O. 12.I.1963. 300 € Neujahrsblatt für einen Stuttgarter Galeristen, hübsche Zeichnung, der Künstler, in kühner Malerpose, umringt von Bewunderern, umseitig: „... Herzlichen Dank für liebenswürdigen u. geschmackvollen Feiertags u. Neujahrsglückwünsche. Letztere erwidere ich von Herzen ...“. - Bäuerle war Gründungsmitglied der Stuttgarter Sezession und Vorsitzender des Schwäbischen Künstler-Verbandes.
2824
2824 Behrens, Peter, führender Architekt, Graphiker und Kunstgewerbler des Jugendstils (1868-1940). Eigh. Brief m. U. „Peter Behrens“. 4 S. Auf blauem Papier mit blindgepr. Monogramm „PB“. 4to. Darmstadt 9.III.1902. 750 € An den Hamburger Juristen, Bühnenautor, Schriftsteller, Publizisten und Kommunalpolitiker Carl Mönckeberg, dem er ausführlich zuredet, sich weiterhin literarisch-ästhetischen Themen zu widmen. „... Mit großem Interesse habe ich über die Änderung in Ihrer täglichen Bethätigung gelesen und ich kann nicht unterlassen Ihnen hierzu meinen Respect zu vermelden. Aus einem andern Grunde, wie Sie zunächst annehmen können: ich habe hierin meine eignen Anschauungen, die mir unbestreitbar geworden sind. Den Grund, den Sie anführen, halte ich für falsch. Verzeihen Sie! - Gewiß mußten Sie bald die Erfahrung machen, daß Sie kein geborener ‚Journalist‘ sind, aber daß Sie sich nicht dafür eignen, gute Literatur zu schaffen - diese Annahme ist durchaus falsch. Vergönnen Sie mir die Behauptung auszusprechen, daß Sie Dinge des Geschmackes und der Bildung instinctiv sicher zu schätzen vermögen. Und diesem sicheren Instincte folgend sind Sie zu einer Lebensfassung gelangt die Sie so handeln ließ. Meine Ansicht ist, daß es manches Gute in der heutigen Literatur oder in der Kunst im allgemeinen giebt, wenigstens Erträgliches, und das ist anzunehmen, daß wir Gutes noch erleben werden; somit wird also die
109
Bildende Kunst _________________________________________________________________________________________________________________ ben werden ... Meine Bitte geht an Sie, daß Sie in London möglich machen, daß wenn der Katalog bereits präparirt wird, jene Umänderung zu veranlassen ... Wiegmann schreibt heut nach Berlin an unsere Commission; ich aber glaube einen wirksameren Weg einzuschlagen indem ich Sie privatim bitte, einige Zeilen in dieser Angelegenheit nach London schleudern [?] zu wollen ...“. Erörtert ferner die Schuldfrage und die Befugnis der Kommission, etwas zu streichen oder nicht. - Gebrauchsspuren; kleine Faltenrisse.
2826 Berlin. - Rabes, Max, prominenter Berliner Maler, führender Orient-Maler seiner Zeit, Schüler Paul Graebs, reiste viel in Südeuropa, im Orient und in Afrika, begleitete 1898 Kaiser Wilhelm II. auf seiner Türkei- und Orientreise und später den Prinzen Kyrill von Bulgarien auf seiner Amerikareise, hochdekorierter Professor an der Berliner Hochschule der Künste (1868-1944). Sein Gästebuch. 68 Kartonbl., davon 79 S. beschrieben oder illustriert. (Tinte und Bleistift). Quer-folio (29 x 28 cm). Lederband d. Z. (Rückdeckel etwas fleckig) mit Goldprägung; der Vorderdeckel mit orientalischer goldfarbener Seide 2826
eine Möglichkeit zur Kulturförderung geboten sein. Die andere aber, die Wertung der Bedürfnisse nach einer erhöhten Bildung, des Kulturgenießens, ist heute wenig beachtet. Und gerade diese ist ihrer Notwendigkeit nach die vornehmere. Wo uns die Zeichen nicht trügen, daß wir einer neuen Renaissance entgegengehen, so ist kein Zweifel, daß gerade die feinbegabtesten Naturen sich nicht dem Mittel, sondern dem Ziele zuwenden müssen ...“. - Auch optisch schöner Brief. Abbildung Seite 109
2825 Bendemann, Eduard, Maler der älteren Düsseldorfer Schule, Professor der Akademien in Dresden und Düsseldorf (1811-1889). Eigh. Brief m. U. „E Bendemann“. 4 S. Gr. 8vo. Düsseldorf 2.III.1862. 200 € Wegen der großen deutschen Kunstausstellung in London ausführlich an einen Freund, an den er in seiner „Eigenschaft als hiesige Anmeldestelle für die Kunstsachen für die Londoner Ausstellung“ eine dringende Bitte richtet: „... Ein Convolut von Zufälligkeiten ist Ursache, daß zwei Kupferstiche von [Joseph von] Keller nicht zur Ausstellung zu gelangen scheinen. Keller hatte sie angemeldet; der Verleger Buddeus desgleichen. Es schien sich so einrichten zu lassen, daß die bezeichneten Stiche nicht doppelt ausgestellt werden brauchten, indem sie von Buddeus angemeldet, doch nicht mit den übrigen Kellerschen Stichen zusammengehängt würden, was bei dem früher besonders fühlbaren Mangel an Platz erwünscht schien ...“. Nachdem man aus Düsseldorf aber 3 Stiche nach belgischen Malern, die Buddeus ausstellen wollte, abgelehnt hatte, weil sie keine deutsche Kunst repräsentierten, weigere sich Buddeus auch, die beiden Blätter von Keller auszustellen. Dieser wiederum wolle nun, auch mit Rücksicht auf Buddeus, ebenfalls überhaupt nichts oder alles ausstellen, was auf seinen Namen angemeldet sei. „... Der einzige Weg, nachdem meinerseits Alles versucht ist, was ich hier thun konnte, ist der daß die bezeichneten Blätter: 1. Maria vom St. Apollinaris Berg, nach Deger. - 2. Regina Coeli (welche wie gesagt unter Buddeus Namen in den Katalog gehen sollen) auf Kellers Namen geschrie2827
110
____________________________________________________________________________________________________________________ Bildende Kunst bezogen (an den Kanten etwas zerschlissen), die mit floralen Motiven und einem großen arabischen Schriftzeichen aus Golddrähten bestickt ist. (Berlin 1895-1939). 800 € Interessantes Gästebuch, in dem das hohe Ansehen des Malers im kaiserlichen Berlin des Fin de Siècle dokumentiert ist. Auf 68 meist einseitig beschriebenen Blättern haben sich Hunderte von Persönlichkeiten aus der Haute volée der Berliner Gesellschaft eingetragen sowie zahlreiche Ausländer, die sich zu Gast in Berlin oder als Angehörige ihrer Botschaften hier aufhielten. Adel und Militär bilden einen Großteil der Beiträger, ferner einige Vertreter von Wissenschaft und Literatur. An Gelehrten sind zu nennen: die Ägyptologen Heinrich und Emil Brugsch, der Kunsthistoriker Adolf Glaser, der Literatur- und Theaterwissenschaftler Max Herrmann sowie der Kunstkritiker und Feuilletonist Ludwig Pietsch. Auch die Schriftsteller Julius Stettenheim („Im Anfang schuf Gott den Humor“, 1898), Max Kretzer, Paul Oskar Höcker, Olga Wohlbrück, Norbert Falck und Fedor von Zobeltitz haben sich eingetragen. Einige Bühnenkünstler wie der Operettenkomponist Julius Einödshofer oder die Schauspieler Wilhelm Arndt, Vilma von Mayburg und Anna von Strantz-Führing (Modell für die Germania-Briefmarken des Deutschen Reiches) sind anzutreffen. An Maler-Kollegen sind u. a. Ismael Gentz, Paul Graeb (einmontierte, signierte Bleistiftzeichnung) und Martha Gassner (ganzseitige elegante Federzeichnung mit einem Reiter) vertreten. Auch der Reichstags-Architekt Paul Wallot findet sich unter den Gästen. An Wirtschaft und Industrie erinnern die Namen Arthur Bleichröder und Krupp von Bohlen und Halbach (Mai 1914). Der Berliner Oberbürgermeister Robert Zelle war 1897 ebenso bei Rabes zu Gast. Eine größere Zahl von Angehörigen des preußischen und europäischen Adels füllt mit Beiträgen Rabes‘ Gästebuch. Es finden sich Grafen und Freiherren von Richthofen, Bredow, Winterfeld, Maltzahn, Jagemann (badischer Gesandter), Normann-Ehrenfels, Forstner, Bardeleben, Schack, Massow, Drigalski (General), François (General), Zalerski, Gersdorff, Prittwitz, Trützschler von Falkenstein, Dewall, Stein, Bentheim, Erdmann Graf Podewils, Leopold Fürst zur Lippe, Antoinette Prinzessin von Isenburg, Elisabeth Prinzessin von Sachsen-Altenburg, Elisabeth Großherzogin von Oldenburg, Adelheid Prinzessin von Sachsen-Meiningen sowie die Kaisersgattin Hermine (1930 und 19.III.1939, „vor der Heimfahrt nach Doorn“). Rabes‘ Mäzen Prinz Kyrill von Bulgarien trägt sich ein und schließlich auch ganzseitig König Boris von Bulgarien (16. VIII.1936). Bemerkenswert sind auch viele Vertreter asiatischer und orientalischer Staaten und Gebiete, darunter der chinesische (1930) und der persische Gesandte (1932) in Berlin sowie Oemer Faruk, Prinz des Osmanischen Reiches (1917). - Großer Querschnitt durch das „vornehme“ Berlin im Verlauf von mehr als 40 Jahren. Abbildung
2827 Berlin. - Unterrichtsanstalt des Königl. Kunstgewerbemuseums. Sammlung von 27 meist illustrierten Postkarten von Schülern oder an Schüler der Anstalt. Mit 22 Orig.-Feder- oder Bleistiftzeichnungen, Aquarellen, Gouachen und Lithographien. 1899-1909. 250 € Meist vom Standort der Anstalt in Charlottenburg (auf einer Karte als Foto abgebildet) verschickte Karten mit Neujahrs- und anderen Glückwünschen sowie von Veranstaltungen („Lumpenabend“, „Tanzfest“, Weihnachtsfeier etc.), versehen mit Karikaturen, Landschaften und Genre bildern. Einige Karten auch aus Schlesien verschickt. Leistungsnachweise von Studenten der Gebrauchsgraphik und „Ehemaligen“ dieser mehrfach umgezogenen Abteilung des angesehenen Kunstgewerbemuseums. Abbildung
2828
2828 Ernst, Max, Maler und Graphiker (1891-1976). Eigh. Brief mit U. „Max Ernst“. In deutscher Sprache. 1 S. Blaue Tinte auf grau getöntem Papier. Gr. 4to. Paris, 26, rue des Plantes, 9.IV.1933. 900 € An den Galeristen Krebs in Bern über den Verkauf eines Gemäldes an das Kunsthaus Zürich: „... daß Ihnen meine beiden Bilder gefallen haben, hat mir große Freude gemacht, und ich wäre nun froh, Ihren Besuch bei mir bei der nächsten Gelegenheit zu erhalten. Sagen Sie sich also, sobald sie in Paris sind, telefonisch an ... Ich lege Ihnen die gewünschte Quittung bei. - Ich habe Herrn Wartmann wegen des Waldes mit dem Käfig geschrieben, u. ich denke daß er sie demnächst aufzusuchen wird ...“. Es handelt sich wohl um das Gemälde „Käfig, Wald und schwarze Sonne“ (1927). Wilhelm Wartmann (1882-1970) hat von 1909 bis 1949 das Kunsthaus Zürich geleitet. Abbildung
2829 - Eigh. Brief mit U. „Max Ernst“. 1 S. Blaue Tinte auf grau getöntem Papier. Gr. 4to. Paris, 26, rue des Plantes, 18.XII.1933. 800 € In deutscher Sprache an den Galeristen Krebs in Bern über den Verkauf eines Gemäldes an das Kunsthaus Zürich: „... ich muß Sie leider wegen des anderen Bildes (Wald u. Käfig) nochmal in Anspruch nehmen. Herr Wartmann schrieb mir nämlich, er möchte daß man ihm das Bild zur Ansicht nach Zürich schicke. Ich hatte geglaubt, Zürich
111
Bildende Kunst _________________________________________________________________________________________________________________
2830
und Bern lägen so nahe beieinander, daß er einen Sprung hätte wagen können. Könnten Sie also den Versand veranlassen ...“. - Es handelt sich vermutlich um das Gemälde „Käfig, Wald und schwarze Sonne“ (1927). - 2 minimale Tintenwischer.
2830 Feininger, Lyonel, Maler und Graphiker, Lehrer am Bauhaus (1871-1956). Eigh. Brief m. U. „Lyonel Feininger“ und 2 Orig.-Holzschnitten. 2 S. auf 2 Bl. Gr. 4to. Unter Passepartout gerahmt. Braunlage (Harz) 13.VIII. 1918. 12.000 € An den Kunstsammler Dr. Wilhelm Mayer. Sehr schöner, gehaltvoller und mit zwei Holzschnitten illustrierter Brief aus Feiningers bester
112
druckgraphischer Periode. „... Als Ihr lieber Brief und das schöne Buch des französischen Maler-Soldaten ankamen, lag ich zu Bette an der berühmten ‚spanischen‘ Krankheit, und hatte rechte Zeit und Musse an beiden Sendungen mich zu erfreuen. Sonst aber, waren meine Gedanken recht trübe; es liegt so viel Schweres, Catastrophales in der Luft, und das Wenige, was wir überhaupt von der Lage, draussen wie drinnen, erfahren, ist recht beklemmend ... ich habe mich Tagelang nicht getraut, Feder zu Papier zu setzen, aus Sorge, rechten Unsinn zu schreiben. Heute ... geht es mir viel besser, und ich blicke freier um mich. Politischen Gedanken nachzuhängen, hat gar keinen Zweck; und ich grüble nur darüber nach, ob ‚Politic‘ nicht überhaupt ungefähr der Gipfel menschlichen Unsinns ist; die Ursache panischer Furchtsamkeit und Argwohn unter den Menschen; etwas, was in unser Jahrhundert längst nicht mehr hineingehörte. Also - ich denke jetzt nur noch an meine Lieben und an meine Arbeit, die mein Leben ist und
____________________________________________________________________________________________________________________ Bildende Kunst
2830
ohne das ich nicht bin. Ich wünsche, im Übrigen, sehnlichst das Ende herbei, von diesem Wahnsinn und Morden ... Aus meiner Reise wird nichts werden ... ich bin sehr tief in der Arbeit drin, und kann mich nicht losreissen. Das Jahr habe ich zu viel versäumt, und bin richtig besessen von dem Gedanken des Schaffens und des Erfüllens ... ich denke mit heisser Sehnsucht an mein stilles Atelier und die Rückkehr nach Zehlendorf ...“. Klagt dann über die vergeblichen Bemühungen um ein Dienst- bzw. Kindermädchen und fährt fort: „... Von Goltz hörte ich neulich, dass Dr. Coellen ‚nicht mehr für ihn tätig‘ sei. Sonst weiss ich nur, dass zwei meiner Bilder schon jetzt im Salon hängen, Gelmeroda VII und Nieder grunstedt IV. Für den Katalog habe ich einen kleinen Holzschnitt geschickt - sollte auf den Umschlag gedruckt werden, wird aber innen im Katalog als ‚vom Stock gedruckt‘ prangen. Einen Abzug davon sende ich Ihnen, auf dem anderen Bogen aufgeheftet! - Es hätte mir grosse Freude
gemacht, mit Ihnen während Ihres Urlaubs herumzugehen! Mit übermässig viel Geschwätz hätte ich Sie nicht belästigt! Ich schweige so gerne! es liegt ein höchster Genuss im Schweigen; im Gedankenvollen versteht sich! Das haben mich diese Jahre gelehrt ...“. - Der Holzschnitt auf Bl. 1 (Prasse W 59: „Three proofs known on tissue paper“, Blattgr. 13,5 x 11 cm) auf bräunlichem Papier ist aufmontiert; der Holzschnitt auf Bl. 2 (Prasse W 18, 8,5 x 11,5 cm) ist auf das Blatt gedruckt. - Mit der „berühmten spanischen Krankheit“ meint Feininger die gefürchtete „spanische Grippe“, an der im Herbst/Winter 1918/19 weltweit zwischen 25 und 50 Millionen Menschen starben. Mit „Goltz“ ist der Münchener Kunsthändler Hans Goltz (1873-1927) gemeint, der eine der bedeutendsten deutschen Galerien für moderne Kunst betrieb. „Coellen“ war der Kunsthistoriker Ludwig Coellen (1875-1945). - Prachtvoller, illustrierter Künstlerbrief. Abbildungen
113
Bildende Kunst _________________________________________________________________________________________________________________
2835
2831 - Eigh. Brief m. U. „Ihr getreuer ‚Vater‘ Feininger“. 4 S. Doppelblatt. Mit eigh. Umschlag. Kl. 8vo. New York 4.VIII.1951. 1.200 € An den Kunsthändler Rudolf Probst (1890-1968): „... ‚Vater Feininger‘ sendet Ihnen für Ihren so lieben Brief und Ihre Geburtstagswünschen [sic] zum 80sten, seinen, meinen, allerherzlichsten Dank und Grüsse ... Ist nun das erreichte Alter das wahre ‚Biblische‘ und mit aller Ehrfurcht empfinde ich dieses - so ist andererseits mir ein neues Gefühl der Hoffnung und Zuversicht für die Zukunft aufgegangen - für neue Werke die noch entstehen können. Und die Kraft spüre ich dazu, denn ich erfreue mich guter Gesundheit und bin verschont von Altersleiden ...“. - Probst und Feininger kannten sich aus den Zeiten von Probsts „Galerie Neue Kunst Fides“, die sich als eine der ersten den Bauhaus-Künstlern widmete. Im Mai 1933 wurde Probst von der SA aufgefordert, die Kunstwerke der Galerie innerhalb von 24 Stunden zu vernichten. Auch wenn Probst seine Bestände in Sicherheit brachte, zwang ihn die SA, die Galerie im Herbst 1933 endgültig zu schließen.
2832 Fischer, Theodor, Architekt und Stadtplaner (1862-1938). Eigh. Postkarte mit U. 1 S. Auf braunes Pergamentpapier montiert. München 6.I.1936. 200 € An eine Galerie in Stuttgart: „... Aufgrund der meinem Sohn Dr. W. Fischer-Hanau gegebenen Auskunft bitte ich die zwei Vergrößerungen von der Ulmer Garnisonkirche nach Angabe herzustellen und mir bald hieher zu schicken ...“. - Theodor Fischer erbaute in den Jahren 1908/1910 die Pauluskirche und evangelische Garnisonkirche in Ulm. - Von 1893 bis 1901 erstellte er einen bis heute vorbildlichen und nachwirkenden Generalbebauungsplan für München. Seit 1901 lehrte er an der Technischen Hochschule Stuttgart und wurde dort zum „Erzieher einer ganzen
114
Architektengeneration“, darunter Bruno Taut, Paul Bonatz, Erich Mendelsohn, Richard Riemerschmidt und Paul Schmitthenner. Sein „Manifest für die deutsche Baukunst“ (1917) war prägend für das Bauhaus-Manifest, 1932 setzte er sich mit einem Appell für die Erhaltung des Bauhauses ein. Fischer gilt als einer der „einflussreichsten und bedeutendsten Architekten“, war Mitbegründer des Deutschen Werkbundes und an der Entstehung der Gartenstadt Hellerau beteiligt.
Ein Platz für Röntgens Büste 2833 Hildebrand, Adolf von, berühmter Bildhauer, lebte in München und Florenz (1847-1921). Eigh. Brief m. U. „A. v. Hildebrand“. 4 S. Kl. 4to. (München) 13.XI.1915. 450 € An den Physiker und Nobelpreisträger Wilhelm Wien in Würzburg, wegen der von Hildebrand geschaffenen Büste Wilhelm Conrad Röntgens. „... da Geheimrat Boveri kürzlich bedauerlicher Weise gestorben ist, nehme ich mir die Freiheit mich in einer Angelegenheit der Büste von Exc. Röntgen an Sie zu wenden, da ich annehme, daß Sie jedenfalls auch ein Mitglied der Commission sind. Die Bronzebüste, die mir durch Geh. Boveri bestellt wurde, ist fertig und zur Ablieferung bereit. Wie mir Exc. Röntgen sagt, soll er sie erhalten und so wäre es wohl das richtigste, die Büste in seine Wohnung zu bringen und dort aufzustellen. Ich möchte es nicht unterlassen Ihnen ganz privatim mitzutheilen, daß Exc. Röntgen der Gedanke, seine Büste später in der hiesigen Universität au[f]gestellt zu wissen, nicht angenehm ist und es vorzöge, daß seine Büste in der hiesigen Staatssammlung einen Platz fände. Da es wohl ganz in den Händen des Stifters liegt, darüber Bestimmungen zu treffen, so halte ich es für richtig, meinerseits von diesem privaten Wunsch von Exc. Röntgen Kenntniß zu geben, da er selbst wohl kaum die Sache anregen möchte und ich weiß, wie viel ihm daran liegt ...“. - Nennt 15.000 Reichsmark als Honorar für die Arbeit. - Wilhelm Wien wurde 1920 Nachfolger Röntgens an der Universität München.
____________________________________________________________________________________________________________________ Bildende Kunst 2834 Hofmann, Ludwig von, Maler und Graphiker, Mitglied der Berliner Secession und des Künstlerbundes, Professor in Weimar und Dresden (1861-1945). Eigh. Brief m. U. „Ludwig v. Hofmann“. 1 S. Gr. 4to. Pillnitz 18.I.1933. 120 € An Eugen Schmitz, Feuilletonist der „Dresdner Nachrichten“, dem er einen Aufsatz über Richard Wagner gesandt hatte. Jetzt (Januar 1933!) kamen ihm Bedenken: „... Nachdem ich bei der Niederschrift einer spontanen Wallung gefolgt war, sind mir unterdessen Bedenken gekommen. Ich habe sehr wenig Übung im Verfassen von Dingen, die für die Öffentlichkeit bestimmt sind und bezweifle jetzt, ob es angemessen ist, die Aufmerksamkeit in diesem großen Zusammenhang für eine Privatangelegenheit von rein subjektivem Wert in Anspruch zu nehmen! Ich bitte Sie dringend, mir ganz offen Ihre Meinung zu sagen ...“. Er sei keineswegs gekränkt, wenn man von der Publikation absehen würde.
2835 Kokoschka, Oskar, Maler, Graphiker und Dramatiker, Hauptmeister des Expressionismus (1886-1980). Gedruckte Einladung mit eigh. Monogramm „OK“. 3 S. Doppelblatt. 14,5 x 10,5 cm. Wien, gedruckt bei Chwala, 1909. 300 € Einladung der Autoren Oskar Kokoschka und Ernst Reinhold zu einer „Kokoschka-Matinee“ am 29. März 1909 im Kabarett „Die Fledermaus“. „Diese Einladung ist gleichzeitig Eintrittskarte“. Auf Seite 2 signiert: „OK“ und „Ernst Reinhold“. - Im Ausstellungskatalog (Wien 2007) über das Kabarett „Die Fledermaus“, in dem auch die vorliegende Einladung abgebildet ist, heißt es u. a.: „Eine Sonderstellung nimmt die als Faltblatt bei Chwala auf Bütten gedruckte Einladung zur Kokoschka-Matinee am 29. März 1909 ein, da sie von beiden Akteuren, Oskar Kokoschka und Ernst Reinhold, handsigniert ist ... Werke von Oskar Kokoschka wurden in einer Matinee ... vorgetragen und gespielt. Das Programm bestand aus drei Teilen: Der Schauspieler Ernst Reinhold trug unter dem Titel ‚Ich ringe um die Frau‘ Texte aus dem 1908 bei der Wiener Werkstätte erschienenen Buch Die träumenden Knaben und aus dem Projekt Der weiße Tiertöter vor. Den Hintergrund der Bühne schmückte ein großformatiger Wandbehang von Kokoschka, Die Traumtragenden, der zuerst auf der Kunstschau 1908 gezeigt worden war und später verloren ging. Im zweiten Teil kam ein Stück zur Aufführung, das den Titel Eine Groteske trug (später Sphinx und Strohmann bzw. Hiob). Alles, Texte wie Kunstwerke, hervorragende Beispiele des frühen Expressionismus in Wien.“ - Sehr selten. Abbildung
2836 Kollwitz, Käthe, Graphikerin und Bildhauerin (1867-1945). Eigh. Brief m. U. „K. Kollwitz“. 1 S. Mit eigh. Umschlag. Quer-gr. 8vo. (Berlin) 4.IX.1931. 450 € An einen Verehrer (wohl einen Kunstpädagogen) in Berlin, der sich nach Preisen für Handzeichnungen von ihr erkundigt hatte. „... Zeichnungen haben - auch kleine - weil sie einmalig da sind, einen unvergleichlich höheren Preis als Drucke. 100 M. ist ungefähr der Anfangspreis. Sie sind also nur für die wenigen Leute da, die jetzt noch Geld haben ...“.
2837 - Brief m. U. „Käthe Kollwitz“. 1/2 S. Gr. 4to. Berlin 16.III.1932. 600 €
An einen Kunstpädagogen in Berlin. „... Sie werden erstaunen, jetzt noch einen Brief von mir zu erhalten. Ich fürchte, dass Ihr Vortrag in der Prima über mich und meine Arbeit längst gehalten sein wird. Der Verzug meines Briefes hatte wohl darin seinen Grund, dass ich Ihrem Wunsch nicht nachkommen konnte. Ich spreche nie über meine Arbeit, nicht über das Technische, noch weniger über das Seelische. Das Sprechen darüber widerstrebt mir, und ich halte in keiner Weise etwas davon ...“.
2838 Küss, Ferdinand, bedeutender Wiener Blumenmaler und Kalligraph (1800-1886). Gedicht-Sammlung, in feinster Kalligraphie ausgeführt. 52 Bl., davon 80 S. beschrieben oder illustriert. Mit Blumenmalerei als Frontispiz und kalligraphisch-figürlich gestaltetem, von Küss signiertem Titel. 21,5 x 13,6 cm. Roter Lederband d. Z. (gering fleckig; Ecken etwas berieben) mit goldgeprägten doppelten Bordüren auf beiden Deckeln, Rückenvergoldung, Steh- und Innenkantenvergoldung sowie Goldschnitt. (Wien) 1822. 300 € „Poetischer Kranz. Ein Angebinde. Am 1ten May. - Meiner verehrtesten und innigstgeliebten Elise gewidmet, Ferdinand Küss.“ Reichhaltige, ausnehmend schön geschriebene Sammlung von Gedichten überwiegend zeitgenössischer Autoren, darunter Alxinger, Castelli (der am meisten vertreten ist), Johann Langer, Brandstätter, Kind, aber auch Schiller und Hölty. - Ferdinand Küss studierte an der Wiener Akademie in der Klasse des bekannten Blumenmalers Sebastian Wegmayr. Wie sein Lehrer spezialisierte er sich auf fein ausgeführte Blumen- und Früchtestillleben, die er regelmäßig auf den Ausstellungen im Wiener Künstlerhaus zeigte. - Hier eine schöne Jugendarbeit, die vom Können des später berühmten Malers zeugt, in angemessenem Einband.
2839 Liebermann, Max, Maler und Graphiker, Hauptvertreter des dt. Impressionismus, Präsident der Preuß. Akademie der Künste (1847-1935). Eigh. Gruß mit Unterschrift auf einem Brief m. U. des Malers Leopold Graf von Kalckreuth (1855-1928). 1 S. Gr. 4to. Berlin 12.V.1905. 300 € Im Namen des Vorstands des Deutschen Künstlerbundes an den bedeutenden Berliner Kunstsammler und Mäzen Eduard Arnhold (18491925) mit einer Bitte: „... uns für unsere Ausstellung das in Ihrem Besitze befindliche Werk von Prof. Max Klinger: Liegender Tiger, Bronze, gütigst leihen zu wollen. Sie würden uns durch Erfüllung unserer Bitte zu ganz besonderem Dank verpflichten ...“. Unter der Schlussformel „Mit vorzüglicher Hochachtung“ fügt Liebermann eigenhändig an: „u. mit bestem Gruß Max Liebermann“. - Mit gedrucktem Briefkopf „II. Ausstellung des Deutschen Künstlerbundes Berlin 1905. Secession, Berlin W., Kurfürstendamm 208/9.“ - Die oberen Ecken mit Abrissen aufgrund ehemaliger Montage.
2840 Luce, Maximilien, franz. Maler des Spätimpressionismus, Mitglied der Künstlergruppe „Groupe de Lagny“ (1858-1941). Eigh. Brief m. U. „Luce“ und 3/4seitiger Bleistiftzeichnung. Zus. 2 S. (Bleistift). Doppelblatt kariertes Papier. Gr. 8vo. O. O. u. J. 900 € 115
Bildende Kunst _________________________________________________________________________________________________________________
2840
Im Telegrammstil an seinen Freund Frederic. „... Bien arrivés. Temps magnifique. Vu Léon qui doit venir nous prendre à Riva Bella voir Georges. nous viendrfons à Rolleboize le 16 Aout. Et toi que vas tu faire, envoye ton adresse. Jensen a mes journaux. - Rien de neuf. - Nous t‘embrassons bonjour à Henri et à sa femme ...“. - Die Skizze auf Seite 3 zeigt anscheinend eine Gruppe von Badenden, wie Luce sie öfter gemalt hat, daneben von seiner Hand der schwer lesbare Kommentar: „J‘ai commencé un tableau de ...“. Abbildung
2841 Marc, Franz. - Marc, Maria, geb. Franck, seine zweite Ehefrau, Malerin und Bildwirkerin, BauhausSchülerin (1876-1955). 2 eigh. Briefe m. U. „Maria Marc“. Zus. 21/2 S. Gr. 4to. Ried (Obb.) 29.VI. und 3.VII.1935. 600 € An den Buchhändler Hermann Rhein, der mit ihr eine Neuausgabe der Briefe Franz Marcs plante. „... ich habe einen Teil der Briefe inzwischen gelesen und konnte an einzelnen Stellen eigentlich nichts finden, wo ich hätte streichen mögen. Aber - auch ich teile Ihr Gefühl, dass es sehr gewagt wäre, die Sache heute zu machen. Und mir persönlich wäre es recht, wenn wir die Herausgabe verschieben würden - vielleicht um ein Jahr? Freilich wäre der Anlass des 20jährigen Todestages verpasst doch - so sehr mich die neue Herausgabe gefreut haben würde - scheint mir diese Zeit nicht glücklich dafür zu sein? ... Herr Erdmann wird es sehr bedauern, wenn aus dem Plan jetzt nichts werden sollte - er ist, nach wie vor, noch sehr dafür. Es ist schwer zu entscheiden, welches Gefühl berechtigter ist [29.VI.] ... mein Schwager in Hamburg [d. i. Dr. Paul Marc] hat mir geschrieben, dass Sie Beide auch miteinander über die Neu Ausgabe der Briefe meines Mannes gesprochen haben - und dass Sie Beide der Meinung sind, es wäre richtig, das Buch einmal fertig zu stellen
116
- unbeirrt um den Termin der Veröffentlichung ...“ [3.VII.]. - Beiliegend eine masch. Postkarte von Franz Marcs Bruder Dr. Paul Marc an Hermann Rhein (Hamburg 17.VI.1935), auf der er „in Ergänzungs unseres Telefongesprächs“ die Berliner Adresse von Maria Marc mitteilt, auf den 20. Todestag seines Bruders hinweist und betont: „Ich würde mich sehr freuen, wenn die Ausgabe zustande käme, und hoffe bald von Ihnen zu hören.“ - Aber die Bedenken, in Zeiten der Propaganda gegen „entartete Kunst“ die Briefe eines Expressionisten herauszugeben, waren nicht unberechtigt, und die Ausgabe kam vorläufig nicht zustande. Aber die Voraussetzungen änderten sich, und als der 2. Weltkrieg ausgebrochen war, konnte 1940 im Rembrandt Verlag eine illustrierte Neuausgabe der Kriegsbriefe Franz Marcs erscheinen, nachdem sie 1938 noch verboten worden war. - 1 Brief mit kleinem Einriss.
2842 Mendelsohn, Erich, hervorragender Architekt der klassischen Moderne (1887-1953). Eigh. Postkarte m. U. „Erich Mendelsohn“ und signierter Farbstiftzeichnung mit Deckfarben auf der Bildseite. Fester, etwas gebräunter Karton. 14 x 9 cm. Mailand 1.X.1911. 1.500 € An Fräulein Spenger in München. „Herzlichen Gruß Ihnen, Frau Baronin und Frl. König. Morgen früh geht‘s nach Florenz. Von dort nach Rom. Denken Sie, nach Rom! Alles Gute. Ihr erg. Erich Mendelsohn“. - Mit „Frau Baronin“ ist Else Freifrau von Bissing gemeint, die Mendelsohn im Juni 1911 gemeinsam mit ihrem Mann, dem bedeutenden Ägyptologen Friedrich Wilhelm von Bissing, kennengelernt hatte. Die mit Stift und Deckfarben ausgeführte Architekturskizze auf der Bildseite der Karte ist mit Tinte bezeichnet: „Milano. Hofpartie in S. Ambrogio“ und signiert: „Erich Mendelsohn“. - Beim Datum hat der Künstler anstelle des Oktober-X offenbar versehentlich XX geschrieben,
____________________________________________________________________________________________________________________ Bildende Kunst
2842
doch geht aus dem Briefwechsel mit Luise Mendelsohn eindeutig hervor, dass das Datum „1.X.11“ lauten muß. – An den Rändern geringfügig bestoßen; am linken Rand der Bildseite minimaler Papierverlust; sonst ordentlich erhaltene, bildmäßig ausgeführte frühe Architektur-Impression des später so progressiv auftretenden Baukünstlers. Abbildung
2843 Menzel, Adolph von, Maler, Graphiker und Zeichner, einer der bedeutendsten Maler des 19. Jhdts (18151905). Eigh. Brief m. U. „Menzel“. 21/2 S. Doppelblatt mit Adresse und Siegel. Gr. 4to. Berlin 7.IV.1848. 600 € An den Berliner Historienmaler Adolf Eybel (1808-1882), den er wegen der bevorstehenden Kunstausstellung sprechen wollte, aber nicht erreicht hatte. „... Es kommt von mir laut meiner vorläufigen Anzeige
dießmal ein gezeichneter Carton zur Ausstellung. Derselbe ist 10 F. hoch, 17 F. breit, mit seinem Rahmen aber 12 F. hoch, 19 F. breit. Nun ist derselbe aber weiter nach der Bildwirkung zu ausgeführt, als der sonst gebräuchliche schattirte Contor. ich muß demnach einen andern Platz, als die dunkle Wand im langen Saal erbitten. Daher wende ich mich an Ihre Freundlichkeit, wenn möglich, erwirken zu wollen, daß dem Carton, da er sich (durch Rahmen und sonstige Durchführung) quasi als Bild gerirt, eine Wand reservirt würde, wie z. B. die an welcher auf der vorigen Ausstellung Ihr Schlachtgemälde sich befand. An dieser würde es auch das richtige Licht und die bei seiner Breite nöthige Beschauungsweite haben ... Lassen Sie also die Placirung meiner Arbeit Ihrer fürsorgenden Berücksichtigung empfohlen sein, und nehmen Sie die Versicherung, daß mir eine Gelegenheit Ihnen meinen Dank durch entsprechende Gegendienste zu bezeigen, eine große Freude sein wird ...“. - Faltenrisse und ein kleiner Eck-Abriss alt restauriert. Abbildung Seite 118
117
Bildende Kunst _________________________________________________________________________________________________________________
2843
2844 - Eigh. Brief m. U. „Menzel“. 2 S. Gr. 8vo. Berlin 16.X.1848. 450 € Im Revolutionsjahr wohl an den Herausgeber der Gesammelten Werke Friedrichs des Großen. „... in Betreff der Frage über etwaige Verwendung der durch Ausstoßung der ‚Rede über den Krieg‘ unnöthig gewordenen Zeichnung erlaube ich mir, auf das Gedicht ‚Der Stoiker‘ im 12. Band aufmerksam zu machen; ich halte dafür, daß die erwähnte Zeichnung dort sehr passend ihren Platz einnehmen würde. Wollen Sie gefälligst oder soll ich Herrn ... v Olfers von diesem Vorschlag in Kenntniß setzen? ...“. - Das abgeschnittene Adressblatt durch ein späteres Blatt ersetzt.
2845 - Eigh. Brief m. U. „Menzel“. 2 S. Doppelblatt. Gr. 4to. (Berlin, April 1852). 350 € An einen Mitarbeiter an Menzels dreibändigem Werk „Die Armee Friedrichs des Großen in ihrer Uniformierung“ (1851-1857) oder an dessen Verleger L. Sachse. „... Vorerst quittire hirmit den Empfang meines Antheils von 200 rh für zwei durch Sie verkaufte Exemplare des Armee
118
werks. - Die Ordre aus dem geistl: Ministerium ist verwunderlicher Weise bis diesen Augenblick noch nicht an mich gekommen obgleich G.[eheim] R.[ath] Kugler mir schon dasselbe gesagt hat, was Ihnen G. R Schulz. Die zwei noch nachzuliefernden Exemplare liegen längst vollzogen fertig bei mir, um sie, sowie die offizielle Nachricht anlangt, sofort abzusenden und das Geld zu haben; welch erstere ich aber schon Umstands halber erst abwarten muß, sie muß jede Stunde kommen wie ich von Kugler höre ...“. - Kugler: der Historiker, Kunsthistoriker, Schriftsteller, Komponist und Geheimrat Franz Kugler (1808-1858), Verfasser der von Menzel illustrierten „Geschichte Friedrichs des Großen“.
2846 Modersohn, Otto, bedeutender Landschaftsmaler, Mitbegründer der Künstlerkolonie Worpswede (18651943). Eigh. Brief und eigh. Ansichts-Postkarte m. U. „Otto Modersohn“. Zus. 2 S. Gr 8vo und quer-8vo. Worpswede 31.XII.1901 und 1.IV.1906. 300 € An Siegfried Schellbach in Königs Wusterhausen. „... Das Bild ‚Herbstabend i. Moor‘, das Ihnen von Coblenz zuging, muß einen falschen Namen haben. Es stellt doch jedenfalls eine Reihe oben abgeschnitte-
____________________________________________________________________________________________________________________ Bildende Kunst ner Bäume (bes. Birken) dar, hinter denen ein Gehöft sichtbar wird; auf dem Wege geht eine Frau. Es ist das Bild ‚Moordamm‘, Preis 1000 M. - Die Bilder können dort den Monat April bleiben. Zwei wollte ich gern nach Bielefeld senden: ‚Herbstsonne‘ u. ‚Sturm i. Moor‘. Die Lithos sollen bis zum 22 April dort sein, doch kommt es auf einen Tag nicht an ...“ [Brief vom 1.VI.1906]. - Die Ansichtskarte [31.XII.1901], die das Foto eines Schäfers mit Heidschnucken zeigt, enthält Grüße und Glückwünsche zum neuen Jahr. „... Vorhin ging mir die Zeitung zu, originell diese Verwendung m. Namens ...“. - Modersohn gründete 1889 gemeinsam mit Mackensen die „Worpsweder Malervereinigung“.
2847 Mühlenhaupt, Curt, Berliner Maler, Bildhauer und Schriftsteller, einer der bekanntesten der Gruppe „Ber liner Malerpoeten“ (1921-2006). Eigh. Selbstporträt und Gruß m. U. „M“. 2 S. (Bleistift). 15 x 10,5 cm. (Berlin) 1981. 180 € Typisches Selbstbildnis mit Hut, mit einem Gruß versehen; verso der Text: „dieser Gruß ist gebührenfrei!“ - Beigegeben: Josef Hegenbarth, Maler und Graphiker (1884-1962). Masch. Brief m. U. „Josef Hegenbarth“. 1 S. Quer-gr. 8vo. Dresden-Loschwitz 19.II.1948. - An die Redaktion des „Prisma“ in Stockdorf bei München, der er Illustrationen zu dem barocken Schelmenroman „Schelmuffsky“ von Christian Reuter gesandt hatte. „Anbei ein Durchschlag der Textstellen zu Schelmuffsky. Die jeweilige Seitenzahl finden Sie auf den Zeichnungen rückwärts notiert. Da der Desch-Verlag Interesse an meinen Illustrationen zeigt und mich als Illustrator heranziehen möchte, bitte ich Sie, einblickshalber die Illustrationsproben des Schelmuffsky demselben mit vorzulegen ...“. - Gelocht; Rotstift-Vermerk des Empfängers. Abbildung
2847
2848 Nolde, Emil, Maler und Graphiker (1867-1956). 3 Briefe m. U. „Emil Nolde“ (die Signatur beim dritten wohl gestempelt). Zus. 21/2 S. Gr. 4to. Seebüll 1951-1953. 700 € An den deutschstämmigen, nach London emigrierten Photo-Journalisten, Kunst- und Photographie-Historiker Felix H. Man (1893-1985), der Nolde wohl zu einem Beitrag mit einer Selbstdarstellung des Künstlers für sein Buch „150 Years of Artist‘s Lithographs“ zu bewegen versuchte. Nolde zeigt sich zurückhaltend bis uninteressiert, lehnt auch einen Besuch Mans in Seebüll ab. „... Bevor ich eine Entscheidung treffen kann, müsste ich zunächst eine Aufforderung des von Ihnen genannten Verlages erhalten, da es ja üblich ist, mit dem Verlag rechtliche Vereinbarungen zu treffen. - Durch eine Verstauchung der rechten Hand wird es mir kaum möglich sein, einen handgeschriebenen Text zu geben, auch kann ich Besuche während meiner Arbeitszeit in den Sommermonaten leider kaum empfangen, da mir sonst keine Sammlung ur schaffenden Arbeit bleibt ... Den Gedanken der Herausgabe eines solchen Buches finde ich sehr schön [8.VI.1951] ... Eine solche Publikation, wie Sie es vorhaben, vermehrt die vielen Anliegen, die ich unmöglich alle befolgen und bewältigen kann, ohne mich selbst und meine künstlerische Arbeit fast aufzugeben. Sie werden gewiss sehen, dass ich es nicht leicht nehme, wenn ich Sie bitte, von einem Besuch abzusehen und auf meine Mitarbeit zu verzichten. Ich bin auch nicht in der Lage, wegen meiner rechten Hand, einen handschriftlichen Text Ihnen zu geben. Ich muss ja dankbar sein, dass ich mit der Hand noch malen kann [10.VIII. 1951] ... Zu Ihrer Anfrage ... möchte ich Ihnen noch sagen, dass die
beiden Reproduktionen im Schiefler II im Jahre 1926 entstanden sind und die Titel ‚Aeltere Herren‘ und ‚Fabeltiere‘ lauten. Weitere Drucke gibt es davon nicht. ... Aus gegebener Veranlassung, möchte ich erwähnen, dass keine Einzelreproduktionen angefertigt werden dürfen ...“ [18.IV.1953]. Abbildung Seite 120
2849 Pechstein, H. Max, Maler und Graphiker (18811955). Eigh. Billet m. U. „HMP“. 1 S. (Bleistift). Quer-gr. 8vo. O. O. u. J. 150 € „Lieber Herr Möller, Anbei die 2 Bilder. Bitte legen Sie mir morgen das Übrige zurecht, ich komme hin, es holen, da ich vormittags nicht zu Hause bin, ist es besser so. Besten Gruss Ihr HMP“. - Gelocht.
2850 Penzel, Johann Georg, Leipziger Kupferstecher, Zeichner und Maler, Schüler Schellenbergs und der Dresdener Akademie (1754-1809). Eigh. Brief m. U. „Penzel“ sowie Adresse. 1 S. 4to. Dresden 1.VII.1786. 300 € 119
Bildende Kunst _________________________________________________________________________________________________________________ Über den Architekten Fritz Schumacher 2851 Poelzig, Hans, Architekt, Maler, Bühnenbildner, führender Vertreter der Neuen Sachlichkeit (1869-1936). Eigh. Brief m. U. „Poelzig“. 6 S. Gr. 8vo. Breslau 1.III.1915. 300 €
2848
An den Verleger Göschen in Leipzig, wegen eines Auftrags für Almanach-Kupfer. „... Ihrem lieben Brief, an mich gerichtet, muß ein Unfall begegnet seyn, indem er, da solcher doch vom 13ten Juni datirt war, erst den 29ten vorigen Donnerstag mir durch einen jungen Menschen Abends überbracht wurde ... Ihr gütiger Besuch, und ihre freundschaftlichen Gesinnungen, sind noch immer bey Gelegenheit Stoff, wovon ich und mein Freund Günther uns unterhalten ... Und nun zu dem Calender, Senden Sie mir so bald als möglich, alle dazu gehörigen Ingredien: damit ich meines Vorstechers nach, gewiß bestimmen kan, ob ich solche übernehmen kan, auch die längste Zeit wenn Sie solche fertig haben müßen, und die richtige Größe, einer kleinen Platte, und meine Entschließung soll den nechsten Posttag Ihnen bekandt seyn. - Daß es Ihnen in Weymar gefiele, glaube ich gern, indem Wieland, Göthe und andere würdige Männer, zuverläßig jeden braven Mann entschädigen würden, wenn auch Weymar selbst, vielleicht, mit Dresdens Schönheit der Natur, nicht zu vergleichen wäre. Ich wünschte daher, Leipzig, Berlin und Weymar, selbst vergleichen zu können, um mir einen künftigen Bestimmungs Ort wählen zu können ...“. - Nagler bescheinigt Penzel „treffliches technisches Können“, und Th. Hampe (Thieme-Becker) meint, dass die Qualität von Penzels Kupfern seinem Vorbild Chodowiecki sehr nahe käme. - Siegel-Ausschnitt alt unterlegt. - Aus der Sammlung Künzel.
120
Ausführlich und temperamentvoll an den Hamburger Juristen, Bühnenautor, Schriftsteller, Publizisten und Kommunalpolitiker Carl Mönckeberg. „Lieber Herr Leutnant und Mönckeberg, um Sie nicht mit dem ungleich treffenderen Namen Moldenbeck [offenbar ein Pseudonym Mönckebergs] zu bezeichnen, den Dr. Korn nur noch zu gebrauchen pflegt, ich bin durch Ihr Gedenken gerührt ... Ich bin Ihnen aufrichtig dankbar für Alles, was Sie mir Gutes angethan haben ... Im übrigen beneide ich Sie aufrichtig, daß Sie als Kriegsknecht mitwirken können - es ist zu entsetzlich, daß man so ganz auf dem Trocknen sitzt, wenn ich meine lädirte Hinterflosse nicht hätte, so wäre ich längst irgendwo in die Sache hineingesprungen - aber so! Und als Unteroffizier und Reserveoffiziersaspirant nichts als Rekruten ausbilden - ich glaube ich tauge bei meiner doch einigermaßen raschen Gemütsart doch nicht dazu ... Durch eine Umstandsverkettung - man wollte mich irgendwohin empfehlen, ich aber sagte, ich zöge doch lieber nach Hamburg, wenn Schumacher da abdankte - habe ich von Sch. selbst erfahren, daß er in Hamburg Mordsschwierigkeiten hat, gerade auch von der Schulverwaltung aus, daß er aber so lange als irgend möglich dort aushalten will und nur nach einer Katastrophe auswandern werde. Das teile ich Ihnen natürlich ganz vertraulich mit, weil ich weiß, daß es Sie interessiren wird. Diese Stadtvertretungen sind doch eine Schweinebande - denn bei Allem, was uns im Wesentlichen dem Temperament nach trennt (Schumacher ist Lyriker und etwas hermaphroditisch), will doch der Mann was Gutes. Die Luder wollen ihn zwingen, Rococo und Barock zu bauen, was ihm doch mal nicht liegt. Und das in Hamburg, der Backsteinstadt! ...“. - Der Architekt, Stadtplaner und Hochschullehrer Fritz Schumacher (1869-1947), Mitbegründer des Deutschen Werkbundes, schuf als Oberbaudirektor zahlreiche bedeutende Bauten in und um Hamburg.
2852 Rouault, Georges, franz. Maler und Graphiker (1871-1958). 2 eigh. Briefe ohne Unterschrift (wie bei seinen Briefen häufig). Zus. 3 S. (L‘Isle sur Serein 1914 und 1918). 180 € An den ihm befreundeten Zahnarzt, Kieferchirurgen und Kunstsammler Maurice Girardin in Paris. Rouault schreibt voller Sorge über die Kriegsberichte nach der Marneschlacht (Sept. 1914). „... excusez ma tête folle! Crainte de me tromper et d‘avoir oubliée de signer le congé recommandé envoyé par moi en voici un second - Ai-je signé oui ou non. Je ne m‘en souviens plus bien. Je suis un peu tourmenté par les evenements ... Croyez vous à une seconde bataille de la Marne à livrer dans un bref délai? Je suis bien profane, mais j‘ai l‘impression d‘un gros danger pour Paris si on ne rejette pas par une victoire prochaine cette ruée fantastique, mais je suis un profane ... Je reçois une lettre affolée d‘un parent que j‘aime bien. Il a quelques valeurs en dépôt il me demande si je puis le renseigner et s‘il vaut mieux retirer ses quelques petites valeurs du Crédit Lyonnais où elles sont en dépôt dans une succursale! Je ne sais que lui repondre, le pauvre! les allemands ne sont pas encore à Paris que diable mais si cela peut le rassurer je vais le dire de les placer ici à avallon ... Vous pouvez mettre les cadres au Musée avec ceux qui sont encore à vendre puisque tout cela est destiné à partir ...“. - Der zweite Brief (19.IV.1918) behandelt unterschiedliche Themen, z. B. seinen
____________________________________________________________________________________________________________________ Bildende Kunst Umzug und den Transport eines Klaviers: „... au besoin je vendrais mon Piano en ayant un autre au Musée, c‘est un excellent Jocké mais il est très lourd tout en étant un piano ordinaire et l‘homme qui se chargerait du transport pourrait faire ce demenagement sans cette pièce là du moins je le crois ... si nous savions que la guerre doive finir bientôt nous ne ferions pas ce déménagement, mais ce ne sera certainement pas fini en octobre …“.
2853 Schmidt-Rottluff, Karl, Maler und Graphiker, Hauptmeister des dt. Expressionismus, Mitbegründer der „Brücke“ (1884-1976). 1 eigh. und 1 masch. Brief m. U. „SR“. Zus. ca. 21/2 S. Mit den Umschlägen. Gr. 8vo und quer-8vo. Hofheim (Ts.) 24.VIII.1951 und Berlin-Zehlendorf 22.XII.1969. 300 € An den deutschstämmigen, nach England emigrierten Photo-Journalisten, Kunst- und Photographie-Historiker Felix H. Man (1893-1985), der Schmidt-Rottluff als Beiträger zu einem Buch über die Geschichte der Graphik mit Selbstdarstellungen der Künstler gewinnen wollte. „... Das geplante Buch ist eine ausgezeichnete Idee, es wird sicher großes Interesse finden. Ich würde mich auch sehr freuen, wenn Sie meine Arbeit darin bringen würden. Freilich hat die Sache einige Haken, über die ich Ihnen ganz offen berichten will. Ich bin kein Schriftsteller u. schreibe niemals über meine Arbeit. Ebensowenig schätze ich fotografische Veröffentlichung aus meinem Privatleben. Von dieser Haltung könnte ich auch Ihrem Buch zuliebe nicht abgehen. Zur Reproduktion von Bildern wäre ich aber gern bereit ...“. - 1969 teilt er mit: „... Ich freue mich, dass Sie etwas von meiner Arbeit besitzen und die Lithographie ‚Kühe im Stall I‘ in Ihrem Buch abbilden wollen ...“. - Der erste Brief ist nach Freiburg im Breisgau gerichtet, dem Geburtsort des Photographen, der eigentlich Hans Baumann hieß. Beiliegend ein Zeitungsausschnitt mit einem Nachruf auf Felix H. Man (1985). 2854
2854 Semper, Gottfried, Architekt und Kunstgewerbler, der wohl bedeutendste deutsche Baumeister des 19. Jhdts nach Schinkel (1803-1879). Eigh. Brief m. U. „Dein treuer Vater G Semper“. 31/3 S. Kl. 8vo. Wien 28.IX.1876. 600 € An seinen Sohn, den Architekten Manfred Semper, über gemeinsame Arbeiten im Karlsruher Hoftheater. Er habe den Maler Ferdinand Keller (1842-1922, Professor an der Karlsruher Akademie, 1876 Schöpfer des Vorhangs von Sempers zweitem Dresdener Opernhaus) zu Hause aufgesucht. „... Er ist mit Deinem Arrangement einverstanden, nur wünscht er, daß die graziösere Befestigung des Vorhangs bei künstlicher Beleuchtung erst am 7ten October statt finden möge, theils weil er für seinen hiesigen Aufenthalt noch einen Tag gewinnen möchte, theils aus dem Grunde, weil am 7ten in Carlsruhe keine Theatervorstellung statt findet, während am 6ten gespielt wird, welcher Umstand es Herrn v. Putlitz [d. h. dem Intendanten Gustav zu Putlitz] vielleicht unmöglich machen würde, uns für besagten Tag die Bühne zur Disposition zu stellen. Ich werde aber wahrscheinlich schon am 6ten in Carlsruhe eintreffen ... Nun fragt es sich in wie weit Mölling mit diesem Arrangement einverstanden ist und ob es die Umstände uns erlauben werden, statt früher erst am 8ten oder 9ten disponibel zu sein. Ich werde ihm darüber einige Worte zukommen lassen, bitte Dich aber zugleich ebenfalls zu schreiben ... Als Gasthof in Frankfurt hat Mölling den Schwan vorgeschlagen
... Verzeihe die schlechte Schrift, aber seit einiger Zeit fehlt mir die frühere Festigkeit der Hand ...“. - Bei der Neudekorierung des Karlsruher Hoftheaters durch Ferdinand Keller arbeitete dieser offenbar mit Vater und Sohn Semper zusammen. - Dabei: Manfred Semper, Gottfrieds Sohn, Architekt, Bauleiter bei der Errichtung der zweiten Dresdener Semperoper (1838-1913). Eigh. Brief m. U. „Manfred Semper“. 2 S. Doppelblatt mit blindgepr. Monogramm „M. S.“ 8vo. Hamburg 11.II. 1891. - An einen Doktor und Autographensammler, dem er den hier vorliegenden, oben beschriebenen Brief seines Vaters übersendet. „... Er stammt allerdings aus einer sehr späten Zeit ... aus seinen früheren Jahren aber besitze ich nur solche Briefe, die sehr private Mittheilungen und - Expectorationen enthalten, unter denen ich deshalb keine geeigneten finden konnte. Da es mir aber nicht genügen konnte, Ihnen nur eine herausgeschnittene Namensunterschrift zu geben, so wählte ich das beiliegende Billet ...“. - Dieses mehr als 3seitige „Billet“ ist allerdings ziemlich umfangreich. Abbildung
121
Bildende Kunst _________________________________________________________________________________________________________________ 2855 Trübner, Wilhelm, Maler, bedeutender Impressionist (1851-1917). Eigh. Brief m. U. „W. Trübner“. 2 S. Doppelblatt. Kl. 4to. Karlsruhe 18.II.1912. 180 € An einen „Herrn Dr.“ „... Leider ist es mir direkt unmöglich, meine Briefschaften in der nächsten Zeit durchzusieben, da dieselben ziemlich verräumt sind & ich so rasch in dem Durcheinander keine Ordnung schaffen kann. Bei mehreren Umzügen ... ist alles durcheinander gerathen & bis heute noch nichts geordnet worden. Außerdem habe ich zur Zeit so viel Familienangelegenheiten zu ordnen, die ich ordnen muß ... Jedenfalls aber werde ich Ihren Wunsch im Auge behalten u. gelegentlich denselben für Sie zur Ausführung bringen. Ich bitte also mich zur Zeit gütigst entschuldigen zu wollen, wenn ich außer Stand bin, Ihrem Wunsche genügend zu entsprechen ...“. - Die erste Seite angestaubt.
nette „Barken-Hoff. H. Vogeler. Worpswede“ im Briefkopf. 8vo. Worpswede 2.XII.1899. 350 € An einen Herrn, der sich über Möglichkeiten und Verfahren graphischer Reproduktion informieren wollte. „... Die Photogravüre in Händen eines sehr geschickten Graveurs (photografische Übertragung auf eine Kupferplatte und Überarbeitung mit Stichel oder wohl mit Polirstahl hauptsächlich) ist wohl für Bilder mit grossen zeichnerischen Werthen das Beste, dies auch Ansicht meiner Freunde. - Aber dies ist ja nicht ausschließlich mechanisch; im Ganzen sind wir Maler sehr wenig bekannt mit diesen Techniken. - Das Verfahren von Braun & Schneider Paris ist jedenfalls wohl das beste, aber ich glaube dass jetzt auch so Verlagsanstalten wie Bruckmann in München auf der Höhe der Zeit sind; jedenfalls kommen Sie ... am schnellsten zum Ziele wenn Sie persönlich bei diesen Anstalten die Verfahren studiren ...“. Abbildung
2856 Ubbelohde, Otto, Maler, Radierer und Illustrator, schuf die wohl schönsten Illustrationen zu den Märchen der Brüder Grimm (1867-1922). Eigh. Brief m. U. „Otto Ubbelohde“. 11/3 S. gr. 8vo. Gossfelden b. Marburg 4.V.1910. 300 € An Herrn Metzendorf, vermutlich den Architekten und Designer Georg Metzendorf (1874-1934). „... Wollen Sie bitte Herrn Gosebruch gleich mitteilen, daß er sich nicht am 8. Mai zu mir heraus bemüht. Ich muß morgen 5.V. verreisen und bleibe bis etwa zum 20. Mai fort ... Ich habe übrigens jetzt eigentlich gar nichts da. In den letzten Jahren habe ich viel zeichnen müssen und bin nur wenig zum Malen gekommen, und von dem wenigen, was ich gemalt habe, ist fast alles auf Reisen. Wenn es also ginge, daß eine Ausstellung meiner Arbeiten noch bis zum Winter oder Frühjahr aufgeschoben werden könnte, dann wäre mir das das liebste ... Wenn Herr Gosebruch durch Marburg kommt, so sieht er sich vielleicht eine gerade dort befindliche Ausstellung hessischer Künstler an. Von mir sind ein paar ältere Oelbilder, aber einige neuere graphische Arbeiten da ...“. - Der bedeutende Kunsthistoriker und Museumsleiter Ernst Gosebruch, Direktor des Kunstmuseums Essen, gründete durch Erwerb der Kunstsammlung von Karl Ernst Osthaus das Museum Folkwang, eines der führenden Museen für die klassische Moderne. - Von 1906 bis 1909 hatte Ubbelohde 446 Zeichnungen für die drei Bände der Grimmschen Märchen geliefert, die in ihrer ernsten Schwerblütigkeit zu den angemessensten Illustrationen der Märchenerzählungen gehören.
2857 Utrillo, Maurice, franz. Maler (1883-1955). Eigh. Namenszug „Maurice Utrillo“ (Bleistift). - In: Galerie O. Pétridès (Hrsg.). Exposition Maurice Utrillo. Oeuvres de 1905 à 1943. 19 S., 2 Bl. Mit Abb. auf 5 Tafeln. Gr. 8vo. Orig.-Kartonage. Paris, Pétridès, 1944. 280 € Der Künstler setzte seine Signatur unter ein Foto, das ihn im Januar 1944 mit Mantel und Hut im Freien an der Staffelei beim Malen zeigt.
2858 Vogeler (-Worpswede), Heinrich, Maler, Graphiker, Illustrator und Buchkünstler des Jugendstils (18721942). Eigh. Brief m. U. „Heinr. Vogeler“. 21/2 S. Mit Vig122
2859 - Eigh. Brief m. U. „Heinr. Vogeler“. 1 S. Doppelblatt mit Vignette „Barkenhoff Worpswede“ im Briefkopf. Gr. 8vo. Worpswede 31.VIII.1904. 200 € An einen Herrn. „... mit grossem Interesse beantworte ich Ihre werten Zeilen an meine Mutter. Von Mitte Februar ab ist Ausstelllungsmaterial, Gemälde, Radierungen und Zechnungen frei und würde es mich sehr freuen von Ihnen über Ausstellungsmöglichkeit in Essen näheres zu hören ...“. Abbildung
2860 Zille, Heinrich, Zeichner und Graphiker (18581929). Eigh. Brief m. U. „Ihr alte[r] Zille“. 13/4 S. Schmal4to. Unter Glas gerahmt. (Berlin-Charlottenburg 9.1919). 250 € An seinen Freund, den höchst produktiven Librettisten, Bühnenautor, Artisten und Vortragskünstler Hermann Frey (1876-1950, „Immer an der Wand lang“), der ihm zwei neue, illustrierte Notendrucke mit Abbildung Freys übersandt hatte. „... Deine Humorist. beiden Sachen erhielt ich, lieber H. Es konnte Deine Figur ruhig etwas größer genommen werden u. möchte doch empfehlen, bei neuen Musikstücken entweder größere Figur oder ein Bild, was Bezug auf den Inhalt hat, anzubringen. - Eure gutgemeinte Aufforderung werde ich nicht mißbrauchen, denn es ist durch meine werte Gegenwart wohl ein ansehnliches Loch in die Wirtschaftskasse gefressen worden. Bin am Mittwoch krank gewesen, schon die Nacht, jetzt noch kann ich mich nicht weit von ‚Hier!!‘ wegtraun. Es war die starke Cigarre u. denke ich, der Mandelkuchen, verbunden mit dem Kilo Pfifferlinge, was meine geschwächten Magenwände sich nicht gefallen ließen. Auch das ‚Kaffein‘ [!]. Da ich aber noch zu Taten ausersehen bin, ging der Kelch noch mal vorüber ... Die Herrn Wolff haben mir recht gefallen, es war ein angeregter Abend - und Frau Frey hatte die Arbeit! Wie wirds mit den Patenten? Wenn die Wolff auftreten, würde ich um ein Zaunbillet ersuchen. Für die mitgenommenen Naturalien hafte ich mit Gegenleistung, habe mich geschämt. Achte, lieber H., auf die No 5 am Freitag von ‚Die Schiebung‘ ...“. - Offenbar enthielt das Heft der satirischen Zeitschrift eine Illustration von Zille. 1917 hatte Zille die Plakate, die Kostüme und die Bühnenbilder zu Hermann Freys großer Revue „Rund ums Jahrhundert“ im Theater am Kottbusser Tor geliefert. Die Freundschaft mit Hermann und Wally Frey äußerte sich auch in Einladungen wie der hier besprochenen.
____________________________________________________________________________________________________________________ Bildende Kunst
2858
2859
123
______________________________________________________________________________________________________________________________________ von Beethoven, Hummel, Kreutzer, Moscheles und vielen anderen (1736-1809). Musikpädagogisches Manuskript von Schreiberhand. Titel, 2 Bl., 139 S. Mit sehr zahlreichen Notenbeispielen. Quer-4to. Marmor. Broschur der Zeit (Rückenkante z. T. geplatzt; Gebrauchsspuren) mit hs. Deckelschild. O. O. u. J. (wohl um 1810). 600 € „Anleitung zum General-Bass von G. Albrechtsberger.“ Bis auf 1 Blatt vollständiges Manuskript dieses Lehrbuchs; mit 5 Kapiteln und einer 4seitigen Vorrede. 1792 war Albrechtsbergers „Kurzgefaßte Methode, den Generalbaß zu erlernen“ erschienen. 1805 folgte bei Cappi in Wien sowie in Leipzig bei Hoffmeister & Kühnel eine kurze „General-Bass-Schu le“ von 23 Seiten. Einen Druck der hier vorliegenden umfangreichen „Anleitung“ konnten wir nicht ermitteln. - Es fehlt 1 Zwischenblatt mit den Seiten 5/6, ohne erkennbaren Textverlust. Stellenweise wasser fleckig; anfangs auch Wurmspuren.
Beethoven-Umkreis siehe unter Los 2504 im Kapitel „Literatur“
2863 Berton, Henri, franz. Komponist, hervorragender Vertreter der Oper während der Revolutions-Epoche, später Professor am Pariser Konservatorium, auch Kapellmeister an der Komischen Oper (1767-1844). Eigh. Brief m. U. „H. Berton de l‘Institut“. 1/2 S. 4to. (Paris) 15.V.1830. 120 €
2864
Musik, Theater und Film 2861 Albert, Eugen d‘, Komponist und Klaviervirtuose (1864-1932). Eigh. musikal. Albumblatt m. U. „Eugen d‘Albert“. 1 S. Doppelblatt. Quer-gr. 8vo. Mit einem Rand des 2. (leeren) Blattes auf einen Untersatzkarton montiert. Eisenach 1.IX.1889. 220 € „Frl. Coblenz Zur Erinnerung an Eugen d‘Albert“. Musikzitat (2 Takte) auf zwei Systemen aus seinem Klavierkonzert op. 2. - Gering stockfleckig. - Beiliegend ein masch. Brief m. U. des Klaviervirtuosen Edwin Fischer (1886-1960), mit dem Fischer einem Fräulein eine Visitenkarte für freien Eintritt zu einer Konzertprobe im Berliner Beethovensaal übersendet (Berlin-Wilmersdorf 11.IV.1934). Abbildung
2862 Albrechtsberger, Johann Georg, österr. Organist, Komponist, Musiktheoretiker und gelehrter Kontrapunktist, Domkapelllmeister am Wiener Stephansdom, Lehrer 124
Wohl an den Direktor der Académie Royale de Musique. „... Je vous prie d‘avoir la complaisance de me faire donner un Duplicate de la lettre pour laquelle on m‘a annoncé le Règlement de ma Pension à l‘Académie Royale de Musique, je crois l‘avoir reçu en 1815 ou 1816 ...“. - Mit Vermerken des Empfängers am oberen Rand, wo es u. a. heißt: „On ne trouve aucune trace de la corresponance de 1815 et de 1816. Il n‘y avait point de registres à cette Epoque ...“. - Bertons Werke umfassen u. a. 48 Opern, 4 Ballette, 5 Oratorien sowie Kantaten, Messen und Instrumentalkompositionen.
2864 Bialas, Günter, Komponist und Hochschulleh rer in Detmold und München (1907-1975). Eigh. Musikmanuskript. 131/4 S. (Bleistift) auf 14zeiligem Notenpapier. Am Schluß eine spätere eigh. Widmung m. U. „Günter Bialas“. 4 Doppelbl. Folio. O. O. (um 1992) und Glonn (Obb.) 23.I.1995. 280 € „Entwürfe zum Zweiten Konzert für Violoncello und Orchester.“ Musikalische Skizzen mit sehr zahlreichen Korrekturen und Streichungen. Dabei: I. 1 eigh. Briefkarte m. U. 2 S. Glonn 22.I.1995. - Begleitschreiben zu diesem Musikmanuskript. „... Das Stück hat Heinrich Schiff in Bremen mit der Deutschen Kammerphilharmonie September 1993 uraufgeführt. Jetzt kommt es hier ... im letzten Konzert der Münchner Philharmoniker ...“. - II. 1 eigh. Briefkarte m. U., bei Übersendung seines Werkverzeichnisses. Glonn 10.X.1987. - III. 1 Porträtfoto-Postkarte mit eigh. Signatur auf der Bildseite. Abbildung
_________________________________________________________________________________________________________ Musik, Theater und Film 2865 Böhmisches Streichquartett (Czech Quartet). 4 Signaturen auf dem Rand unter der Reproduktion eines Gemäldes mit den Porträts der 4 Künstler. Ca. 19 x 24 cm. Unter Glas gerahmt. O. O. (wohl um 1910). 250 € Unter eine photographische Reproduktion des Gemäldes von Ondrušek haben die drei Violinisten Karel Hoffmann, Josef Suk und Oskar Nedbal sowie der Cellist Hans Wihan, der 1894 für den ausgeschiedenen Otto Berger beigetreten war, ihre Unterschriften gesetzt. - Das von Wihan 1892 gegründete berühmte Quartett gastierte in halb Europa und wurde erst 1934 aufgelöst. Der Komponist Oskar Nedbal gehörte dem Ensemble 14 Jahre lang an. 2861
2866 Boulez, Pierre, franz. Komponist, Dirigent und Musiktheoretiker, einer der führenden Vertreter der Neuen Musik (1925-2016). Farbige Portrait-Photographie (Hochglanzphoto) mit eigh. Signatur, Andeutung eines Musikzitats und Datum auf der Bildseite. 20 x 20 cm. Berlin 2009. 120 € Die großformatige Aufnahme (Kopfbild) zeigt den Künstler en face, den Blick auf den Betrachter gerichtet. Abbildung Seite 127
2867 Bresgen, Cesar, österr. Organist und Komponist, Professor am Salzburger Mozarteum (1913-1988). Eigh. Musikmanuskript mit Text sowie mit eigh. Namenszug „Cesar Bresgen“ beim Titel. 2 S. auf 12zeiligem Noten papier. Folio. O. O. u. J. 220 € „Pherierlein“ (Meister Alexander). - Satz: Cesar Bresgen“. „Hie vor do wir Kinder waren und die Zeit war in den Jahren ...“. Mit mehreren Verbesserungen (Bleistift). - Neubearbeitung des Liedes von dem mittelalterlichen Autor Meister Alexander. - Unter Glas gerahmt.
2868 Bülow, Hans von, Dirigent und Klaviervirtuose, Schwiegersohn Liszts, glänzender Hoftheaterkapellmeister in Hannover und Meiningen, großer Wagner- und Brahms-Interpret (1830-1894). Eigh. Brief m. U. „H v Bülow“.1 S. Doppelblatt. 8vo. Hannover 1.X.1879. 500 € An einen Konzertveranstalter. „... In Erwiderung Ihre gef. Schreibens ... bin ich natürlich ganz einverstanden mit der baldigen Ankündigung für 29 Oct. - Statt Conzert bitte ich das von mir beliebte ‚Klaviervorträge’ zu conserviren und nur hinzuzufügen das Programm wird Stücke von Bach, Beethoven, Brahms, Liszt, Rheinberger, Rubinstein, Schumann u. Tschaikowsky enthalten. Darf ich bitten Herrn Hugo Bock mitzutheilen, daß die neueinst.[udirte] Dinorah (nach 16jähr. Pause) vermuthlich schon am 9 oder 10 zur Auff. kommt und daß ich mir die Einladung zum Besuche zu wiederholen erlaube ...“. - „Dinorah“: die 1859 uraufgeführte Oper von Giacomo Meyerbeer. - Hugo Bock: der Berliner Musikverleger und Musikalienhändler.
2869 Busoni, Ferruccio, ital. Komponist, Pianist und Musikpädagoge, lebte lange in Berlin (1866-1924). PorträtPhotographie mit eigh. Widmung u. U. „Ferruccio Busoni“ auf dem Untersatzkarton. 35,7 x 26,6 cm (Bildgröße 23 x 17 cm). Zürich 1918. 400 € „Dem lieben Freunde Herrn Michael Schwarzkopf in herzlicher Erinnerung von Ferruccio Busoni. Zürich, 1918.“ - Die künstlerische Aufnahme (Kopfbild) ist auch vom Photographen (mit Bleistift) signiert: „M. Schwarzkopf Zürich 1916“. - Großes und schönes, charaktervolles Porträt. Abbildung Seite 126
2870 Castelnuovo-Tedesco, Mario, Komponist und Pianist (1895-1968). Eigh. Brief mit U. 1 S. Bläuliches Aerogramm. Folio. Bevery Hills, Calif., 22.I.1959. 150 € An den Musikwissenschaftler Peter Gradenwitz (Israeli Music Publication) in Tel Aviv: „... 1) When are the ‚Sephardic Songs‘ going to appear? 2) And what are you going to do with ‚The stories of Joseph‘? Do you want to publisch them or not? ...“: - „One of the foremost guitar composers in the twentieth century with almost one hundred compositions for that instrument. In 1939 he migrated to the United States and became a film composer for MGM Studios for some 200 Hollywood movies for the next fifteen years“ (Wikipedia).
2871 Chwatal, Franz Xaver, böhmischer Pianist, Komponist und Musikpädagoge, lehrte in Merseburg und Magdeburg, verfaßte u. a. zwei Klavierschulen (1808-1879). Eigh. Brief m. U. „F. X. Chwatal“. 1 S. Gr. 8vo. Magdeburg 30.VIII.1871. 90 € An einen Herrn (Theodor Litolff?), dem er sein Kommen für nächsten Sonntag ankündigt. „... Sollte es Ihnen nicht zu viel Mühe machen, bis dahin die Wohnung eines Herrn Berling, Partikulier, der vor Jahresfrist von Oschersleben nach dort zog, zu ermitteln, würde es mir sehr angenehm sein, da ich diesen Herrn gern aufsuchen möchte ...“. - Kleine Knitterspuren.
125
Musik, Theater und Film __________________________________________________________________________________________________________
2869
2872 Cocteau, Jean, französ. Schriftsteller, Regisseur und Graphiker (1889-1963). Eigh. Brief m. U. „Je t‘adore Jean“. 2 S. Gr. 8vo. O. O. „36 rue de Montpensier, PalaisRoyal“, 9.XII.1959. 1.200 €
on rencontre de gentillesse ...“. - Mit dem „drame de Fréjus“ ist die Katastrophe am Staudamm von Malpasset gemeint. Er brach am 2. Dezember 1959 ein; die Schlamm- und Wassermassen überschwemmten u. a. die Stadt Fréjus; das Unglück (zeitweilig wurde ein Attentat vermutet) forderte mehr als 400 Todesopfer.
An die von ihm verehrte Schauspielerin Marlene Dietrich, die er mit „Marlène chérie“ anredet. „... Triste loin de toi enfermé dans cette besogne épuisante du film que je joue, monte et mixe moi-même J‘arrive de la côté où je devais recommencer une prise et j‘ai aspiré le drame de Fréjus. (Le quai de Villefranche a disparu comme un domino tombe sur une table). Demain je tourne encore à Saint Maurice et chaque fois que j‘entre dans la salle de projection je pense à toi, assise auprès de moi pour la Belle et la Bête. Je suis profondement heureux de ton succès et de te savoir aimée par les simples - car plus on monte dans l‘échelle sociale moins
2873 David, Félicien, franz. Komponist, mußte als SaintSimonist Frankreich verlassen und kehrte 1835 nach einer größeren Orientreise nach Paris zurück, war besonders erfolgreich mit der komischen Oper „Lallah-Roukh“ (18101876). Eigh. Brief m. U. „Félicien David“. 1 S. Gr. 8vo. O. O. 12.VIII.1847. 150 €
126
_________________________________________________________________________________________________________ Musik, Theater und Film An den Musikverleger Jacques-Léopold Heugel in Paris, dem er eine Komposition eines Flötisten empfiehlt. „... un professeur de flute de Lyon, jeune homme de talent a fait une fantaisie sur le Désert qui me paroit bien. cet artiste voudrait publier son ouvrage. pourriez vous vous arranger avec lui? il accepterait un arrangement raisonnable et vous me feriez plaisir si vous acceptiez ce morceau ...“.
2874 Délibes, Léo, franz. Opern- und Ballettkomponist (1839-1891). Eigh. Musikmanuskript mit Monogramm „LD“ am Schluß. 5 S. auf 5 Bl. Quer-folio. Lose Bl. ohne Umschlag. (Paris 1879). 2.500 € „Pour Ruy-Blas“. In sich vollständiges Manuskript der „Sérénade de Ruy Blas“, auch genannt „Chanson des Lavandières“ für Solostimme und Chor aus dem II. Akt, 1. Szene von Victor Hugos „Ruy Blas“ (1838). Eine der erfolgreichsten Vertonungen der Szene, an der sich diverse Komponisten (darunter Spohr und Mendelssohn Bartholdy) versucht haben. Hier alles in Délibes‘ Handschrift: „Ce sont les Lavandières qui passent en chantant là bas dans la bruyère. à quoi bon entendre les oiseaux des bois? L‘oiseau le plus tendre chante dans ta voix ...“. Mit verschiedenen Streichungen und Verbesserungen von Hand des Komponisten. Abbildung Seite 128
2875 Donizetti, Gaetano, bedeutender ital. Opernkomponist (1797-1848). Eigh. Brief m. U. „Donizetti“ und Adresse. 1 S. Gr. 4to. Neapel 28.VII.1836. 2.000 € An Mons. Severini vom Théâtre Italien in Paris, der Donizettis berühmtestes Werk, „Lucia di Lammermoor“, in Paris aufführen möchte und nach den Rechten und der Partitur fragte. „... Mi fi scrive da Parigi de dar vogliate in quest‘anno la mia Lucia di Lammermoor e siccome il solo proprietario è qui in Napoli il Sig. Cottrau ... il quale mi atteste non ... alcuna ricerca di tale spartito da parigi, cosi vi preverigo de a lui solo dovesse indirizzarsi nel caso d‘aquisto di tale spartito de da ogn‘altro, (almano ...) non arreste il vero in Il danno sarebbe commune, e pernò mi affretto ad ...“. - Randschäden alt unterlegt.
2876 Dorsch, Käthe, Film- und Theaterschauspielerin, bedeutende Charakterdarstellerin (1890-1957). 3 Briefe m. U. „Käthe Dorsch“. Zus. 5 S. Verschied. Formate. O. O. bzw. Kammer am Attersee 28.IX.1944 - 5.II.1945. 140 € Kriegsbriefe an den Musik- und Ballettkritiker Klaus Geitel: 1 eigh. Brief, 1 eigh. Briefkarte und 1 masch. Brief. Im September 1944 schreibt sie „... Inzwischen waren ... die Außenaufnahmen hier am See für meinen neuen Film - und nun soll es bald nach Berlin gehen! Ganz glücklich bin ich nicht darüber - aber es muß halt sein. Die Theater sind alle geschlossen - und die Trauer darüber natürlich groß ... Sie machen sicher Schweres durch - aber es muß halt geschafft werden ...“ [28.IX.1944]. Bedankt sich für seinen Brief „mit den sehr schönen Versen - ich danke Ihnen herzlich und bewundere immer wieder bei Ihrer Jugend diese schöne Reife und Klarheit. Aber Ihr Erleben ist ja auch ein Anderes als es sonst die Jugend zu haben pflegt und doch wünschte ich Ihnen - nur vorübergehend - ein wenig Postkutschenzeit zaubern zu können - ich glaube sie wär für nachdenkliche Leute, zu denen Sie sicher gehören - ideal! Jetzt ist überall Wirbel - oben und unten! Im Augenblick kreisen die
2866
Bomber um uns herum - in Salzburg - Amstetten - Linz Abwürfe [15. XII.1944] ... Bevor die Post noch schwieriger wird, schnell noch einen Gruss ... Ich glaube jetzt muss man die Ohren sehr steif halten, Sie dort und wir hier. Ich liege mit einer Riesenerkältung im Bett, habe sie mir geholt als ich jetzt in Berlin war. Wir sind gerade noch raus gekommen. Es war schon sehr aufregend dort. - Inzwischen ist es nun viel trauriger geworden und Sie können sich denken wie viel Sorgen man um alle Menschen hat ...“ [5.II.1945].
2877 Dreyschock, Alexander, böhmischer Klaviervirtu ose und Komponist, Hofpianist in St. Petersburg und Lehrer am dortigen Konservatorium, galt als einer der bedeutendsten Pianisten seiner Zeit (1818-1869). Eigh. Brief m. U. „Alexandre Dreyschock maitre de chapelle de la cour de S. A. R. le Grand Duc de Hesse et Pianiste du Grand Duc de Mecklembourg Schwerin“. In franz. Sprache. 1/2 S. Gr. 4to. Den Haag, Hôtel le Marechal de Turenne, 9.IV. 1844. 150 € An König Wilhelm II. der Niederlande, mit der Bitte, ihm vorspielen zu dürfen. „Toute mon ambition est d‘avoir le bonheur de jouer devant Sa Majesté, sachant combien Sa Majesté protège les arts je me rendis en Hollande où je n‘attends que cette circonstance heureuse et extraordinaire ...“. - Winziger Einriss am oberen Rand.
2878 Dumont, Louise, bedeutende Theaterschauspie lerin und Bühnenleiterin, Mitbegründerin des Düsseldorfer Schauspielhauses nebst einer angeschlossenen Theater-Akademie (1862-1932). Eigh. Brief m. U. „Louise 127
Musik, Theater und Film __________________________________________________________________________________________________________
2874
Dumont“. 4 S. Doppelblatt mit blindgepr. Emblem „Schauspielhaus Düsseldorf Dumont Lindemann“. Mit eigh. Umschlag. 4to. (Düsseldorf) 21.I.1918. 180 € An Berta Bloch in Giessen mit Dank für Hilfe in Tat und Wort; in dem etwas überschwänglichen Ton der Schauspielerin: „... Sie überschätzen mich gewiss Liebste, meine Kraft versagt leider zu oft - zu oft -; aber ich weiss um alle Not - auch um die Ihre! Es ist wol wenig Tiefblick nötig in Ihren Märchenaugen die Not Ihrer Seele zu lesen. Wir müssen lernen, Liebe, daß diese dunkle Erde für große Sehnsucht keine Erlösung hat es giebt nur Betäubung - keine Erfüllung. Aber - ich glaube: so gewiss die Sehnsucht - so gewiss ihre Erlösung irgendwo - irgendwann! - So werde ich Ihre Augen auch einmal strahlend in Gewissheit sehen. Wie schade, daß wir Sie nicht hier sehen werden mit der lieben Frau aus Reichenhall, Sie hätten gute Stunden hier bei uns im Schauspielhause gehabt. Es ist jetzt so ganz bes. segenvoll in unser[er] Arbeit, sie strahlt Leben aus und wird so ganz besonders lebendig aufgenommen. Wir müssten nur viel viel mehr jetzt leisten können und der Tag sollte 60 Stunden haben! Ich glaube gerade Ihnen würde unser Theater allerlei geben ... Es geht uns [d. h. ihr und Gustav Lindemann] leidlich gut - so gut, als es bei der großen Arbeit gehen kann - hoffentlich halten die schw. Kräfte aus so lange wir keine Ablösung haben ...“.
128
„J‘ai un très vif désir de connaître cette musique“ 2879 Falla, Manuel de, spanischer Komponist (18761946). Eigh. Brief m. U. „Manuel de Falla“. 31/2 S. Mit eigh. PX-Christusmonogramm am Kopf. 8vo. Granada 27.XII. 1932. 1.200 € In französischer Sprache an den Komponisten Maurice Charles Delage (1879-1961). Er könne einem Pariser Kon-zert zu seinen Ehren im Januar 1933 nicht beiwohnen: „je regrette de tout mon cœur l‘impossibi lité de me trouver à Paris le 19 Janvier pour entendre cet Hommage que votre amitié fait à la mienne! - Cela m‘évoque les années - si lointaines déjà - de nos réunions rue de Civry, et mon émotion égale ma gratitude. - J‘ai un très vif désir, cher ami, de connaître cette musique - ainsi que celles qui l‘accompagnent! - et suis noblement fier de ce précieux témoignage d‘affection que je dois à un artiste tel que vous. Nous faisons des vœux, ma sœur et moi, pour le rétablissement complet de Madame Delage. En grande et vieille affection ...“. - De Falla hatte von 1907 bis 1914 in Paris gelebt. Delage hat nur wenig geschrieben; sein Werk ist stark von Debussy und Ravel geprägt, und er war ein enger Freund Igor Strawinskys. - Kleiner Faltenriss. Abbildung
_________________________________________________________________________________________________________ Musik, Theater und Film 2880 Fortner, Wolfgang, Komponist, Kompositionslehrer und Dirigent, Professor in Detmold und Freiburg, Träger zahlreicher Preise und hoher Auszeichnungen (19071987). Eigh. Musikmanuskript, nachträglich am Kopf signiert und datiert. 2 S. auf 26zeiligem Notenpapier (Kugelschreiber). Folio. O. O. (1978). 280 € Skizzen zu einer Partitur für Orchester mit 2 Violinen, Bratsche, Kontrabaß, Gitarre, Harfe, Klavier, Cembalo (u. a.), am oberen Rand nachträglich datiert und signiert „Wolfgang Fortner“. - Unter Glas gerahmt.
2881 Franchomme, Auguste-Joseph, franz. Cellist und Komponist, befreundet mit Felix Mendelssohn Bartholdy und Frédéric Chopin (1808-1884). Eigh. Brief m. U. „Augte Franchomme“. 1 S. Mit Trauerrand. 8vo. (Paris) „Jeudi Soir“. 100 € An einen Herrn, mit einer Verabredung. „... Veuillez donc compter sur moi Samedi à 2 h. 1/2 et recevoir en attendant l‘assurance de mes sentimens respectueux et dévoués ...“. - „Es ist Franchomme zu verdanken, dass das Cello das am zweithäufigsten verwendete Instrument im Werk Chopins ist, nach dem Klavier“ (Wikip.).
2882 Furtwängler, Wilhelm, legendärer Dirigent und Komponist, Staatsoperndirektor in Berlin und Wien sowie Leiter der Berliner Philharmoniker (1886-1954). PortraitPhotographie mit eigh. Signatur „W Furtwängler“ auf dem Untersatzkarton. Auf Karton gewalzt. 50 x 40 cm (Bildgröße 30 x 23,7 cm). O. O. u. J. (wohl um 1935). 300 € Das großformatige Bildnis (auch vom Photographen Gerhard Kowalewsky signiert) zeigt den Künstler (in Halbfigur) beim Dirigieren. Mit großer, schwungvoller Unterschrift. - An den Rändern minimal silberig oxydiert. - Eindrucksvolle Momentaufnahme.
2879
Abbildung Seite 131
2883 Gallmeyer, Josefine, berühmte österr. Soubrette, die „fesche Pepi“ , der „weibliche Nestroy“ der Wiener Volkstheater (1838-1884). 2 eigh. Briefe m. U. „Josefine Gallmeyer“ bzw. „Jos. Gallmeyer“. Zus. 71/2 S. Mit 2 Umschläge, 8vo. Dresden 23.V. und Prag 4.VI.1875. 300 € An August von Conraths, Direktor des „Victoria Actien-Theaters“ in Cannstatt, bezüglich eines geplanten Gastspiels der Gallmeyer gemeinsam mit dem Schauspieler Felix Schweighofer. „... Die Aufforderung zur Reclame klingt ja, als gelte es ein Gastspiel in Amerika - da es Ihr Wunsch, so werden die Bilder von mir u. Herrn Schweighofer baldigst erscheinen. Was die Zusendung der Musikalien u. Bücher betrifft, so sollen Sie Alles von Prag aus erhalten - die Musikalien sind zwar total unnöthig, da in allen der kleinen Comödien nur ich u. Schweighofer zu singen haben. Wenn Sie aber die Parodie von ‚Faust‘ geben wollen, wozu ich Ihnen entschieden rathen würde, so bitte mir zu schreiben u. ich sende Ihnen Partitur u. Buch - den Mefisto spielt H. S., Gretchen ich - lassen Sie die Comödie ein bischen nach dortigem Geschmack einrichten - unsere Rollen sind so isolirt daß es ganz gut geht [Dresden 23.V.1875] ... Sie können mir nun dazu verhelfen, daß ich kein Pönale zu zalen [!] habe - die
Intendanz des hiesigen Königlichen Theaters erlaubt nicht, daß ich fortreise - Dir. Axtman hat nun schon eingewilligt, daß ich statt am 6 Juny erst am 12 Juny mein Gastspiel eröffne ...“ [Prag 4.VI.1875]. Erörtert dann zahlreiche Termine, darunter auch den eines Gastspiels in Berlin. - Beiliegend ein Telegramm der Gallmeyer aus Dresden an Conraths: „... Axtmann einverstanden ich infolge in Berg spiele wenn früher nicht in Cannstatt wollen Sie Hälfte der Pönal Strafe zahlen so gehe gar nicht hin ...“ [30.V.1875]. - „Viele Tausende füllten die Straßen und Kranz um Kranz wurde an der Bahre niedergelegt ... Lange konnte man sich nicht trösten über den Verlust dieser einzigen Künstlerin. Sie war eine der genialsten Schauspielerinnen, die Wien je besessen“ (Ludwig Eisenberg über Jos. Gallmeyers Begräbnis).
2884 Geis, Jakob, Münchener Volkssänger, Humorist, Coupletdichter und Singspielhallen-Direktor, gen. „Papa Geis“ (1840-1908). 2 eigh. Briefe [einer mit Porträtholzstich] mit U. Zus. 3 S. Verschied. Formate. München 10.IX.1904 bzw. o. J. 180 € 129
Musik, Theater und Film __________________________________________________________________________________________________________ in Hamburg, Berlin, Riga, als Lokalsängerin, Soubrette u. Schauspielerin so bekannt u. beliebt, daß ihr Gastspiele von allen großen Bühnen Deutschlands u. Amerikas zukommen, welche bei ihrer Künstlerschaft überall zu Engagements geführt hätten, zog es vor im Jahre 1865 Eng. am Theater a. d. Wien anzunehmen ... sie ist die Schöpferin der ersten Operettengastspiele in Deutschland ... Seit 1869 ist sie Direktorin des Theaters u daher als solche auch ihr fleißigstes u. anwendbarstes Mitglied.“ - Einige Einrisse. - Dabei: Minnie Hauck, amerikan. Opernsängerin, gastierte in ganz Europa, war Mitglied der Wiener und der Berliner Hofoper, hoch berühmt als „Carmen“, die sie erst zu internationalem Erfolg führte (1851-1929). Diktiertes Manuskript ihrer Autobiographie mit eigh. Unterschrift „Minnie Hauck“. 21/2 S. Gr. 8vo. (Wohl Wien 1873). - In der dritten Person abgefaßte kurze Selbstdarstellung, wohl bestimmt für das von August von Conraths herausgegebene „SouvenirAlbum der Wiener Weltausstellung“. „Frl. Minnie Hauck ist 1851 in New York geboren, kam als Kind in den fernen Westen, nach Kansas, wo kleine Rothhäute und die Pferde der blumenreichen Prairie ihr als Spielgefährten dienten ... Sie debutirte in der italienischen Oper zu London im Coventgardentheater und nahm nachdem sie in Amsterdam, Rotterdam, Leiden und Utrecht gastirt hatte, ein Engagement für die italienische Oper des kaiserlichen Theaters in Moskau an. Hierauf gastirte sie in Frankfurt a. M., kam nach Wien und trat als Margarethe in Gounods ‚Faust‘ und als Zerline in Mozart‘s ‚Don Juan‘ auf und wurde bald ein Liebling des Wiener Publikums ...“.
2886
An den Schriftsteller Hermann Roth. - I. „... Dankend für Deine große Liebenswürdigkeit muß ich Dir leider mitteilen, daß es mir momentan unmöglich ist irgend ein Schaffot zu besteigen, da der Schnauferer ausbliebe ... Es ist Herzmuskelschwäche, die mir oft nicht gestattet über‘s Zimmer zu gehen, kann also nicht die geringste Anstrengung riskieren ... Du weißt, daß ich mit Freuden Deinem Rufe Folge leisten würde, schon um wieder einmal einige Stunden mit Dir beisammen sein zu können, allein wenn man n‘ Zipf hat, dann geht‘s mit bestem Willen nicht ...“. II. „... Bei jedem Satz den Nagel auf den Kopf getroffen, dachte ich beim Lesen dessen, was aus Ihrer gewandten Feder über mich erschien. Gestatten Sie deshalb daß ich Ihnen meinen innigsten Dank und zu gütiger Erinnerung mein Bild übersende ...“.
2885 Geistinger, Marie, österr. Soubrette, zu ihrer Zeit weltberühmte Offenbach-Darstellerin, „Königin der Operette“ im Theater an der Wien, später auch Tragödin (18281903). Eigh. Manuskript ihrer Autobiographie mit Namenszug „Marie Geistinger“ am Kopf. 12/3 S. Gr. 8vo. (Wien 1873). 180 € In der dritten Person abgefaßte kurze Selbstdarstellung, wohl bestimmt für das von August von Conraths herausgegebene „Souvenir-Album der Wiener Weltausstellung“. „Marie Geistinger. Durch ihre Engagements
130
2886 Gounod, Charles, franz. Komponist, neben Berlioz das Haupt der romantischen Musik in Frankreich (1818-1893). Eigh. Musikmanuskript, am Kopf bezeichnet „L‘hôtellerie de la Reine“. 4 S. auf Doppelblatt. Folio. O. O. und J. (nach 1865). 1.100 € Reinschrift der Tenor-Stimme für den Eingangschor aus dem ersten Akt von „Les deux Reines“, auf den Text „Dans cette belle hôtellerie le vin d‘Espagne est vraiment bon“. Pro Seite 12 mit Feder gezogene Notensysteme, insges. 104 Takte. - Die Bühnenmusik zu Ernest Legouvés (1807-1903) Theaterstück „Les deux Rei-nes“ schrieb Gounod im Jahre 1865. Die Premiere fand jedoch erst am 27. November 1872 am Théâtre-Ventadour in Paris statt, noch während Gounods England-Aufenthalt (1871-1874). Der Bühnenmusik blieb der Erfolg wegen der mangeln-den Qualität von Legouvés Stück versagt. - Auf der zweiten Seite am Fuß Streichung einer ganzen Zeile. - Gleichmäßig etwas gebräunt. Abbildung
2887 Große Dirigenten. 8 signierte Porträtfotos. Postkarten-Format oder 18 x 12,5 cm. Ca. 2000-2010. 120 € Künstlerische Porträtfotos von Daniel Barenboim, Pierre Boulez, Semyon Bychkov, Riccardo Chailly, Marek Janowski, Mariss Jansons, Kent Nagano und Christian Thielemann. Alle auf der Bildseite signiert.
2888 Hanslick, Eduard, österr. Musikschriftsteller, höchst einflußreicher und umstrittener Musikkritiker, Universitätsprofessor in Wien, Vorbild für Wagners „Beckmesser“ in den „Meistersingern“ (1825-1904). Eigh. Brief m. U. „Eduard Hanslick“. 3 S. 8vo. (Wien 1880). 180 €
_________________________________________________________________________________________________________ Musik, Theater und Film An den Komponisten und Dirigenten Ferdinand von Hiller, den er mit „hochverehrter Freund und Meister“ anredet. Hiller hatte ihm sein Buch „Künstlerleben“ als Weihnachtsgeschenk übersandt. „... Ich stürzte mich gleich in die ‚Weimarer Lehrjahre‘ und komme aus der Freude und dem Erstaunen über Sie gar nicht heraus. Sie sind ja unerschöpflich, und immer noch frischer und besser, - es ist gar nicht zu sagen! Welch‘ characteristisches Porträt v. Hummel und von der ganzen Zeit! Und zum Schluß wieder eine verschleierte Ungenannte! ...“. Damit spielt Hanslick auf Hillers vorhergehendes Buch an, „Briefe an eine Ungenannte“ (1877), dessen Rezension durch einen Druckfehler verunglückte: „... Es war der impertinenteste Druckfehler, der je passirte, daß in meinem Feuill. über Ihre Briefe statt: ‚Hillers Briefe müssen nicht minderen Eindruck auf die Ungenannte gemacht haben‘ gedruckt war ‚nicht wieder‘! Dabei ergab sich aber viel Triumph für Sie. Schon die Redaction wollte die ‚Druckfehlerberichtigung‘ (die dennoch im nächsten Blatt erschien) als ‚ganz unnöthig‘ weglassen, und jeder von mir interpellirte Leser kam mir mit der Versicherung zuvor, er habe den Druckfehler gleich erkannt und verbessert. Mein Schrecken war darum kein geringerer. Ihre ‚Briefe‘ leisten mir jetzt noch treffliche Extradienste als ‚passendstes Weihnachtsgeschenk‘ ...“. - Der dritte Teil des vorliegenden Briefes ist den Glückwünschen zur Eheschließung von Hillers Tochter Antonie gewidmet. - Mit der leeren 4. Seite ist der Brief auf ein anderes Blatt montiert. - Dabei: Ferdinand von Hiller, Komponist und Pianist, europaweit tätig als Dirigent, schließlich städt. Musikdirektor und Konservatoriumsdirektor in Köln (1811-1885). Eigh. Brief m. U. „Ferd Hiller“. In franz. Sprache. 1 S. Doppelblatt mit blindgepr. Monogramm. Gr. 8vo. O. O. (ca 1870). - An den Violinisten und Dirigenten François Jean Baptiste Seghers (1801-1881). „J‘ai été bien faché de ne pas me trouver chez moi l‘autre jour ... c‘est que le mot matin n‘a pas la même signification pour un Allemand et un François. Je tâcherai de vous trouver avant mon départ pour Londres - mais en attendant vous seriez bien aimable si vous vouliez prendre ... une tasse de thé chez nous. Vous trouveriez quelques artistes de nos amis ...“.
2889 Heller, Stephen (István), ungar. Pianist und Komponist, verkehrte in Paris mit Chopin, Berlioz und Liszt (1813-1888). Brief m. U. „Stephen Heller“. In franz. Sprache. 2 S. 8vo. O. O. 1.V.1862. 180 € An einen Herrn in England, der ihn zur Teilnahme an einem Wohltätigkeitskonzert bewegen wollte. „... Je suis si peu habitué à me faire entendu en public, ayant depuis longues années donné tout mon temps à la composition, que je ne joue qu‘à mon corps défendant. Il m‘est donc impossible à mon grand regret d‘accepter l‘hororable proposition, dont vous me faites part. Si j‘étais un de ces virtuoses, toujours prêts à paraître devant le public, je n‘aurai pas hésité à m‘associer à une Oeuvre de Bienfaisance. De cette manière je dois me borner à apporter mon tribut à l‘Oeuvre, et de contribuer ainsi pour ma faible part au succès de l‘entre prise ...“. - Von Schumann und Liszt gelobt, gelangte Hellers umfangreiches Oeuvre für Klavier erst allmählich zu allgemeiner Anerkennung. - Leicht fleckig.
2890 Henselt, Adolf von, aus Schwabach stammender deutsch-russischer Klaviervirtuose, Komponist und Musikpädagoge, ab 1838 Hofpianist der Zarin Alexandra Feodorowna in St. Petersburg (1814-1889). Eigh. Brief m. U. „Henselt“ und Adresse. 11/4 S. 4to. Dresden 3.II.1837. 300 €
2882
Dringlicher Brief mit einer Bitte an den ihm befreundeten Maler Friedrich Preller d. Ä. (er schreibt „Breller“) in Weimar, „wohnhaft vis a vis zum Hause des Hrn. Kapellmeisters Hummel“. „... Sie werden erstaunt seyn von mir diese Zeilen zu erhalten; ich habe nämlich eine große Bitte an Sie, welche darin besteht, daß Sie Fräulein Facius wo Sie ohnehin oft aus u. eingehen recht antreiben möchten mir die versprochene Muschel hierher zu schicken (an die könl. baierische Gesandtschaft) ... habe ich deßhalb schon einmal an sie geschrieben, half aber alles nichts. Sagen Sie ihr nur von mir aus es sey gar nicht schön so wortbrüchig zu seyn, u. ich hätte mir das nicht von ihr erwartet. Daß ich ein Concert gegeben werden Sie wohl wissen. Ich halte mich jetzt nur noch wegen dieser Muschel hier auf, ich hoffe zu Gott nicht länger als 8 Tage warten zu müssen ... Nochmals lege ich Ihnen die baldige Besorgung meiner dringenden Bitte ans Herz ... Lieber Freund, geben Sie mir gleich Antwort was Fr. Facius sagte, u. wie lange ich noch warten muß. bitte recht sehr ...“. - Angelica Bellonata Facius (1806-1887), eine Schülerin Christian Daniel Rauchs, war bekanntlich eine bedeutende Bildhauerin, Medailleurin und Gemmenschneiderin. Eines der heute wiederentdeckten Werke der Künstlerin ist eine Muschelkamee mit dem Bildnis der Großfürstin Alexandra Feodorowna (ursprünglich Prinzessin Charlotte von Preußen), Gemahlin des Zaren Nikolaus I. Vielleicht wollte Henselt dieses Kunstwerk im folgenden Jahr mit nach Russland nehmen. Da Henselt sich aber in diesem Jahr mit Rosalie Vogel, einer Freundin Goethes, vermählte, kann es sich bei der „Muschel“ auch um ein Geschenk für seine Braut gehandelt haben. - Kleine Faltenrisse. Abbildung Seite 132
131
Musik, Theater und Film __________________________________________________________________________________________________________ katur); die Filmstars Pat und Patachon, Henny Porten, Emil Jannings, Lee Parry, Hans Albers, Renate Müller, Willy Fritsch, Otto Gebühr, Kristina Söderbaum, Carsta Löck, Matthias Wieman, Hertha Feiler, Heinz Rühmann, Zarah Leander (1949), Willy Birgel, Lale Andersen, Maria Schell, Hildgard Knef, Ruth Leuwerik, Theo Lingen und Sophia Loren (1960). - Diesen Dokumenten haben die Verfertiger des Albums noch Verschiedenes hinzugefügt: ein Porträtfoto des Albert Alberts, ein Foto des Hotelbesitzer-Ehepaars Haerlin, 2 Ansichten des Hotels, 2 Speisekarten von Festessen, einen Glückwunsch der Hoteldirektion zu Alberts‘ 35jährigem Dienstjubiläum, 2 kolorierte Federzeichnungen des zeichnerisch begabten Alberts sowie ein Widmungsschreiben der Hersteller des Albums an einen damit Beschenkten (1982).
2893 Jansen, F. Gustav, Organist und Musikwissenschaftler, wichtiger Robert-Schumann-Forscher (18311910). Eigh. Brief m. U. „F. Gustav Jansen“. 3 S. Mit einem Musikzitat. Doppelblatt. Gr. 8vo. Verden 10.X.1892. 150 €
2890
2891 Henze, Hans Werner, Komponist (1926-2012). Eigh. musikalisches Albumblatt m. U. „Henze“. 1 S. Quergr. 8vo. O. O. 25.I.2003. 120 € Kurzes Notenzitat mit leicht verlaufender Tinte; beim Datum die Jahreszahl verbessert.
2892 Hotel „Vier Jahreszeiten“ in Hamburg. - Autogramm-Album des Albert Alberts, mehr als 40 Jahre lang Fahrstuhlführer im Hotel „Vier Jahreszeiten“. Mit 27 einmontierten, signierten Fotos im Postkarten-Format, meist auch mit Widmung, sowie mit weiteren Fotos und teils farbigen Abb. Quer-8vo. Grüner Textil-Einband. Ca. 19311982. 1.500 € Autogramm-Sammlung des beliebten Fahrstuhlführers in dem Hamburger Luxushotel, dem die prominenten Gäste auf seinen Wunsch gern Fotos mit Widmung zukommen ließen, die von Freunden in vorliegendem Gedenk- und Geschenk-Album versammelt wurden. Auf den meist im Postkarten-Format vorliegenden Fotos sind mit Signatur oder Widmung vertreten: Bundeskanzler Konrad Adenauer (1957); der Zeppelin-Pionier Hugo Eckener; die Komponisten Richard Strauss und Paul Lincke; der Leiter des berühmten russischen Exil-Theaters „Der blaue Vogel“, Igor Jushny; der Clown Grock (wie immer mit Selbstkari-
132
An den Musikverleger Theodor Litolff in Braunschweig, dem er eine Lieferung Arrangements für Harmonium übersendet, die Litolff offenbar in Auftrag gegeben hatte. „... Ihre letzthin geäußerte Befürchtung, die Sammlung würde vielleicht zu ‚kirchlich‘ werden, habe ich immer vor Augen gehabt u. demgemäß meist weltliche Stücke arrangirt. Von den besonders angemerkten Liedern habe ich nur einen Theil arrangirt, da die andern sich nach meiner Ansicht nicht sonderlich für das Instrument eignen ... dahingegen ein Paar andre aufgenommen, die dem Instrument entschieden angemessener sind, z. B. der König von Thule. - Aus Opern habe ich noch einige Stücke aufgenommen; so bilde ich mir z. B. ein, daß die Reminiscence de la Somnabule sich sehr gut macht ... Eine Arie aus Norma habe ich nur arrangirt, die andre (‚Möge der Gott‘) wollte mir nicht recht scheinen. - Den Chor aus Mozarts Requi em habe ich zurückgelassen, dafür den Chor aus der Schöpfung arrangirt. - Von den Schubert‘schen Liedern habe ich das Ave Maria arrangirt, - der Doppelgänger will sich dem Harmonium auch nicht recht fügen. Die ‚Litanei‘ habe ich nicht zur Hand, doch treibe ich die noch wohl auf. Dagegen habe ich aus der 4händigen Sonate aus dem Andante ein gut klingendes Stück extrahirt ... Meine Noten sind (wegen des kleineren Liniensystems) zum Theil recht klein u. enge geworden, doch denke ich, daß der Stecher sich trotzdem leicht hindurchfinden wird.“
2894 Jaques-Dalcroze, Émile, Schweizer Komponist und Musikpädagoge, Gründer von Schulen für Rhythmische Gymnastik in Hellerau und Genf (1865-1950). Eigh. Briefkarte m. U. „Jaques-Dalcroze“. 12/3 S. Quer-8vo. (Genf) 25.VI.1906 120 € An ein „Fräulein“, vielleicht eine Tänzerin. „... Mein Verleger Sandoz (Neuchâtel) schreibt mir er hätte von Ihnen gar keinen Brief erhalten. - Ich habe ihm Ihren Brief vom 19/6/ geschickt damit er Ihnen direkt antwortet. - Es thut mir leid dass Sie so viel Schwierigkeiten wegen meines Werkes haben. Ich hoffe dass sich alles arrangiren wird ...“. - Bei Sandoz erschien 1906 aus der Reihe „Methode Jaques-Dalcroze“ der Teilband „Studium des Notenplanes“. Die rhythmische Gymnastik nach Jaques-Dalcroze wurde weltweit erfolgreich und ist noch heute anerkannt. - Mit gedrucktem Briefkopf „Conservatoire de Musique de Genève. Le Directeur“.
_________________________________________________________________________________________________________ Musik, Theater und Film 2895 Jungmann, Albert, Komponist, Musikpädagoge und Verleger, Lehrer an der Accademia di S. Cecilia in Rom, später Geschäftsführer im Wiener Musikverlag C. A. Spina (1824-1892). Eigh. Brief m. U. „Albert Jungmann“. 21/2 S. Gr. 8vo. (Wien) 11.IV.1872. 120 € An den Musikverleger Theodor Litolff in Braunschweig. Dankt für dessen Brief und „die Rolle mit den 4 ersten Heften der ‚musik. Welt‘ ... Was die Comp. ‚In der Schmiede‘ anbelangt, welche zur Aufnahme in das Maiheft bestimmt ist, so möchte ich Ihnen den wohlgemeinten Rath ertheilen, dieselbe recht bald darauf einzeln heraus zu geben, weil ich mir gerade von dieser ... eine größere Verbreitung verspreche ...“. Beschreibt dann sechs neue Kompositionen samt ihren Preisen, die er dem Brief beigefügt hatte. Hier vom Verleger am Rand mit Blaustift jeweils der Vermerk: „Bezahlt“.
2896 Kleiber, Erich, Dirigent, als Nachfolger von Leo Blech Generalmusikdirekor der Berliner Staatsoper, leitete u. a. die Uraufführung von Bergs „Wozzeck“, emigrierte 1935 nach Buenos Aires (1890-1956). Eigh. Brief m. U. „Erich Kleiber“. 1 S. 4to. Ostseebad Kellenhusen 15.VII. 1917. 150 € Aus dem Urlaub als junger Darmstädter Kapellmeister an den (nicht genannten) Generalmusikdirektor Felix von Weingartner, der ihm einen Vorschlag bezügl. eines Konzertprogramms unterbreitet hatte. „... Ich habe gleich an Herrn Diedrich nach Darmstadt geschrieben, daß wir Ihrem Vorschlag gemäß statt der ‚Aufforderung zum Tanz‘ Ihren ‚Dame Kobold‘-Walzer auf das Programm des Walzer-Konzerts setzen werden und nun wäre ich Ihnen sehr verbunden, wenn Sie die Freundlichkeit hätten, uns das Material hierzu für diesen Abend vom Verlag aus leihweise zu verschaffen ...“. - Weingartner hatte den Walzer 1916 komponiert. - Mit ausgerissener Lochung; etwas geknittert. - So früh sehr selten.
2898
„ich hänge so sehr an Braunschweig“ 2897 Köhler, Louis, Pianist, Dirigent, Komponist, bedeutender Klavierpädagoge, auch Musikkritiker der Königsberger Hartungschen Zeitung (1820-1886). Eigh. Brief m. U. „Louis Köhler“. 4 S. Doppelblatt. Gr. 8vo. Königsberg (Ostpr.) 5.IV.1871. 200 € An den Musikverleger Theodor Litolff in Braunschweig. Bestätigt den Empfang des Honorars für seine Edition des „Wohltemperierten Klaviers“. „... und ich freue mich, daß die Correctur desselben von H. Winkler besorgt werden soll: diese Musik muß man praktisch durchgemacht haben, um den Satz durchschauen zu können. - Was die Volksmelodien anbetrifft, so habe ich damit begonnen, stehe aber plötzlich vor den Stücken mit zwei Händen fest, noch nicht wissend, wie ich das einrichte; doch muß es jedenfalls zu Stande kommen. - Meine Klavierlehre habe ich seitdem von Zeit zu Zeit immer wieder vorgenommen; ich habe noch eine ziemliche Partie zu revidiren, von Jemand lesen zu lassen u. wieder zu revidiren (meine stete Methode). Sodann habe ich noch eine kleine Ergänzung zu machen u. die Sache wäre so weit fertig. Wenn grade diese, mein stärkstes Klavier-Unterrichtswerk, in meiner Vaterstadt erschiene, sollte michs freuen [Köhler stammte aus Braunschweig]. Was die Forderung anbetrifft, so würde ich selbige, um für mich wie für den Verleger festen Boden zu schaffen, nach bereits erschienenen ähnlichen
Arbeiten berechnen, und zwar nach meiner Harmonielehre, die doch ein geringeres Publikum hat u. in zweiter Auflage erschien. Hiernach würde ich für 1300 Auflage 10 Thlr. pro Druckbogen fordern u. jede folgende Auflage auf 1400 stellen, das Format in Art der Männerchöre neuerer Zeit u. der Partituren ... Ich füge noch hinzu, daß Stücke, Etuden, ja ausgeführte Uebungen in Noten nicht darin sind, doch aber viele Notenbeispiele etc. im Verhältniß zum Texte ungefähr wie in einer Harmonielehre, die Choralsätze etc. nicht mitgerechnet ... Ein persönliches Zusammenkommen wäre mir mit Ihnen natürlich sehr angenehm ... Ich habe in Braunschweig Anverwandte, eine hochbetagte Mutter, die ich seit 20 Jahren nicht sah. Ich versäume nicht nur viel bei längerer Abwesenheit, sondern ich kann auch nicht gut fort, da ich von meiner Musikschule, die ich allein besorge, gefesselt bin; außerdem aber ist mir, der ich ohnehin an Schlafmangel leide, die Reise körperlich eine Strapaze, der Weg von hier nach Berlin aber geradezu fürchterlich ... Ich bin nicht gern in Königsberg, habe aber allerlei lockende Anerbietungen von andern Städten und Ländern ausgeschlagen, weil ich hier so sehr in der Praxis stecke u. einen Umzug mit Frau u. 4 Kindern für Leichtsinn halte. Aber ich hänge so sehr an Braunschweig, daß ich nicht denken kann, ich lasse die Reise dahin noch lange ...“. Köhlers „Praktischer Lehrgang des Klavierspiels“ erschien tatsächlich bei Litolff. Weitere Klavierschulen von Köhler wurden bis weit ins 20. Jahrhundert von anderen Verlagen übernommen. - Faltenrisse.
133
Musik, Theater und Film __________________________________________________________________________________________________________ Szene als „Jonny“ in Kreneks Jazz-Oper „Jonny spielt auf“. - Seltenes Rollenporträt. - Beiliegend ein Jugendbildnis des Künstlers: eine auf Atelier-Karton gewalzte Porträt-Photographie (15 x 10 cm) mit dem Prägestempel von Arthur Burgess, Folkestone. Die Aufnahme zeigt den jugendlichen Sänger in einem reich geschnitzten Lehnstuhl sitzend, ein illustriertes Heft in der Hand. Abbildung
2900 Kücken, Friedrich Wilhelm, Komponist und Dirigent, Hofkapellmeister in Stuttgart (1810-1882). Eigh. Brief m. U. „F Kücken“. 1 S. Quer-gr. 8vo. Schwerin 29.VIII. 1872. 180 € An den Musikverleger Theodor Litolff in Braunschweig. „... Ich bitte nach der beifolgenden Partitur das Quartett ... ‚Fahr wohl mein letzter Stern‘ stechen zu lassen, u. auch den Titel ... zu ändern. In dem großen Concerte des ‚Sängerbundes Arminius‘ in Wien, wird das Quartett zur Ausführung kommen ...“.
2901 Küstner, Karl Theodor von, Stadttheaterdirektor in Leipzig und Hoftheater-Intendant in Darmstadt, München und Berlin (1784-1864). Brief mit U. 11/2 S. 4to. Leipzig 20.VI.1827. 150 € 2899
2898 Krenek, Ernst, österr.-amerik. Komponist (19001991). Eigh. Brief m. U. „Ernst Krenek“ und Musikzitat. 1 S. (Kugelschreiber). Gr. 8vo. O. O. 13.X.1954. 180 € Selbstständiger zweiter Teil eines wohl ursprünglich 2 Bl. umfassenden Schreibens. Das oben mit „2)“ bezeichnete Blatt beginnt: „Hier ist der Anfang von ‚Pallas‘: Adagio ...“. Es folgen 7 Takte Notenzitat. Dann beginnt der Brief: „Lieber Freund, haben Sie nochmals vielen innigen Dank für alles, was Sie in dieser Sache und sonst getan haben. Wir bleiben in Verbindung. Halten Sie die Daumen für die weitere Entwicklung! ...“. Nennt dann seine beiden nächsten Adressen. - Kreneks Oper „Pallas Athene weint“ wurde im Oktober 1955 zur Wiedereröffnung der Hamburger Staatsoper uraufgeführt. Abbildung Seite 133
2899 - Reinmar, Hans, österr. Bariton, bedeutender Sänger-Darsteller, vor allem in Verdi-, Wagner- und RStrauss-Partien (1895-1961). Auf Karton montierte RollenPhotographie mit eigh. Widmung auf dem UntersatzKarton. 33,6 x 27 cm (Bildgröße 23 x 15,5 cm). O. O. „Pfingsten“ 1928. 200 € „Meiner lieben Frau Cracauer von Ihrem ‚Jonny‘ - Hans Reinmar“. - Die großformatige, lebendige Aufnahme des Ateliers Dührkoop (auch vom Photographen signiert) zeigt den Künstler dunkel geschminkt in einer
134
An die Direktion des Stadttheaters in Magdeburg wegen eines abschlägig beschiedenen Urlaubsgesuches der Schauspielerin Demoiselle Jahn, die nach Magdeburg reisen wollte. - Küstner führte zunächst (1817-28) auf eigene Rechnung die Leitung des Leipziger Stadttheaters, das unter seiner Leitung zu einer der bedeutenden deutschen Bühnen wurde (vgl. seinen „Rückblick auf das Leipziger Stadttheater“, Leipzig 1830). - Aus der Sammlung Rötger mit dessen Beschriftung am Kopf.
2902 Lacôme d‘Estalenx, Paul Jean Jacques, franz. Operettenkomponist aus der Gascogne, Freund Chabriers (1838-1920). 13 eigh. Briefe m. U. Zus. 24 S. auf 9 Doppel- und 4 Einzelblättern verschiedener 8vo-Formate. Teils o. O. und o. J., meist aber Paris und Le Houga (Gers) 3.V.1874 bis 29.IV.1879. 600 € Alle an einen Librettisten über die Operette „La Vierge du Soleil“, mit Vorschlägen für zusätzliche Couplets und Textänderungen, welchen Theaterdirektoren das Stück angeboten werden soll, wer das Manuskript bereits gesehen hat etc. Lacôme nennt die Verleger Heugel und Litolff, erwähnt außerdem Jacques Offenbach. - Der Brief vom 3. Mai 1874 liest sich: „Dès le début de nos relations, j‘ai cru devoir vous prévenir que j‘avais sur le Chantier, deux ouvrages avec M. Gal-let, un acte pour l‘op. com. et 3 autres Bouffes. Je me suis exile au Houga pour terminer ces deux ouvrages, dont le placement prochain est à peu près certain, et au parachèvement desquels les préoccupations de la vie quotidienne sur le pave de Paris, nuisaient quelque peu. Vers la fin du Mai, je compte rentrer débarrasser de ce souci, et tout dispose à mener à prompte fin notre Vierge du Soleil à laquelle je tiens beaucoup, et dont j‘ai la meilleure opinion. Ceci étant une vraie lettre d‘affaires, nous fixerons si vous voulez le mois de 7bre ou le commencement d‘8bre pour que cette partition soit terminé ... „. - Ein weiterer Brief datiert am 13. August 1875: „Je vous annonce de même coup que j‘ai fait un petit tour de
_________________________________________________________________________________________________________ Musik, Theater und Film force, et que je vais demain terminer la dernière page du 3e acte de la Vierge (partition d‘orchestre) voilà donc notre ouvrage absolument terminé, et prêt à envoyer à la copie demain si l’on veut ...“. - Ferner in einem undatierten Brief: „La Vierge du Soleil est faite et même écrite. Je suis enchante de pouvoir vous donner cette bonne nouvelle ... Je vous demandais si vous ne pensiez pas que des Couplets bouffes pour Gugman au Ier acte feraient bien? Ils pourraient rouler sur ses conquêtes. Une parodie des Mille e Tre de Don Juan ... „. - Lacôme, Ritter der Ehrenlegion, war seinerzeit als Operettenkomponist sehr erfolgreich und gilt als glänzender Orchester-Komponist. - Beiliegen 9 Autographen verschiedener, meist französischer Komponisten: 1) Marius Casadesus (1892-1981). Eigh. Brief m. U. und 1 Album-blatt mit Notenzitat. - 2) Gustave Charpentier (1860-1956). Eigh. Brief m. U. und 1 Visitenkarte. - 3) Louis Ganne (1862-1923). Eigh. musikalisches Albumblatt mit Unterschrift. - 4) Benjamin Godard (1849-1895). 3 eigh. Briefe m. U. (einer davon stark fleckig). - 5) Igor Markevitch (19121983). Eigh. Albumblatt mit Unterschrift.
2903 Levi, Hermann, bedeutender Dirigent, von Wagner und Brahms hoch geschätzt, Hofkapellmeister in Karlsruhe und München (dort Generalmusikdirektor), leitete die Uraufführung des „Parsifal“ in Bayreuth (18391900). Eigh. Brief m. U. „Hermann Levi“. 13/4 S. Doppelblatt. 8vo. München 15.IV.1890. 250 € An einen Major, der Levi um Prüfung eines „Schützlings“ gebeten hatte. „... Über Ihren Schützling kann ich nur Gutes berichten. Er hat eine gute Stimme und scheint mir auch in Beziehung auf Vortrag, Auffassung etc. recht begabt. Herr [Eugen] Gura meinte, daß man ihm unbe dingt zureden könne, sich der Bühne zu widmen; ich selbst bin durch schlimme Erfahrungen belehrt, etwas vorsichtiger in dieser Beziehung geworden, und würde, wenn ich zu entscheiden hätte, den jungen Mann vorläufig einen andern Beruf ergreifen lassen, so zwar, daß der definitive Entschluß, zur Bühne zu gehen, erst in 2 Jahren zu fassen wäre. Jetzt schon Alles auf diese eine Karte zu setzen, scheint mir verfrüht. Ich würde vorschlagen, den jungen Mann nach Ablauf seines Freiwilligenjahres hierherzuschicken und ihn zu dem Berufe vorzubereiten, den er ergriffen haben würde, wenn er keine Stimme hätte. Nebenbei könnte er bei einem tüchtigen Lehrer Gesang-Unterricht nehmen, ich würde diese Studien beaufsichtigen, und könnte dann ... entscheiden, ob Stimme und Befähigung wirklich ausreichen ...“. - Am zweiten (leeren) Blatt Papierrest von ehemaliger Montage.
2904 Lind, Jenny, ab 1852 verh. Goldschmidt, weltbekannte Sopranistin, die „schwedische Nachtigall“, eine der berühmtesten Sängerinnen der neueren Musikgeschichte (1820-1887). Eigh. Brief m. U. „Jenny Lind-Goldschmidt“. 3 S. 8vo. London 1.V.1871. 250 € An den (nicht genannten) Kaufmann Carl Voigt, dem sie dankt, „für das gütige Andenken welches Sie mir durch die Zusendung der von Ihnen herausgegebenen Briefe Mendelssohn‘s und der sie begleitenden Zuschrift bewiesen haben. Die Leipziger Tage, derer Sie in Verbindung mit mir gedenken, sind auch mir unvergesslich, und die Eindrücke leben bei mir in dankbarer Erinnerung fort. Aus jener Zeit und bis an Mendelssohn‘s Ende besitze auch ich eine Anzahl schöner Briefe, zu deren Veröffentlichung ich mich indessen nicht habe entschliessen
2904
können ...“. - In diesem Jahr waren bei Grunow in Leipzig „Acht Briefe und ein Facsimile von Felix Mendelssohn-Bartholdy“ erschienen. - Dabei: Otto Goldschmidt, ihr Ehemann, Komponist, Pianist und Dirigent, Professor in London (1829-1907). Eigh. musikalisches Albumblatt m. U. „Otto Goldschmidt“, und mitunterzeichnet: „Jenny Goldschmidt geb. Lindt“. 12,5 x 20,5 cm. Auf ein Untersatzblatt gezogen. Breslau 22.II.1857. - „Andante“. 3 Takte auf 2 Systemen. - Leicht gebräunt. Ferner beigegeben ein deutscher Dankesbrief einer Ida Thimm in Elm Field, Cheltenham (31.I.1862), an Otto Goldschmidt wegen Übersendung von Konzertkarten, und der eigenhändige Umschlag Goldschmidts zu dieser Sendung. - Zus. 4 Teile. Abbildung
2905 Lingen, Theo (eigentl. Th. Schmitz), eminenter dt.-österr. Theater- und Filmschauspieler, Regisseur und Buchautor, Mitglied des Burgtheaters und Komiker in zahllosen populären Filmen (1903-1978). Eigh. Brief m. U. „Theo Lingen“. 1 S. Auf kariertem Papier. Gr. 4to. Hamburg 24.X. (1967). 120 € An einen Herrn, der ihm für seine Frau (Marianne Zoff, Bertolt Brechts erste Ehefrau) eine Anzahl Kriminalromane übersandt hatte. Lingen bedankt sich und berichtet über die geplante Aufführung von Alan Ayckbourns Lustspiel „Halbe Wahrheiten“ am Wiener Akademietheater unter Regie und Mitwirkung von Theo Lingen. Die Premiere fand am 29. Dezember 1967 statt, und das Stück erlebte 46 Aufführungen. „... Nun - ganz frisch gebacken (ich war ja gestern in Wien) - die neueste Wiener Spezialität: Am 27. November muss ich in Wien mit Probe anfangen. Premiere soll am 23. Dezember sein. So ‚soll‘ es aber sein - dazu muss ja Raeck auch noch ja sagen. Brauer fährt diese Woche noch nach Wien und schaut sich die Akademie-Theater-Bühne an - wegen der Dekoration. (Ob unsere hier dort möglich sein wird - wir haben im Akademie-Theater keine Drehbühne - bezweifele ich) ... (Könnte man nicht mal das Londoner Bühnenbild bekommen?). Prof. Volters bat mich um ein eingerichtetes Buch. Natürlich kann ich ihm von hier aus ein Buch schicken. Ich würde vorschlagen, wir machen dort dieselbe ‚Fassung‘. Das Burg-Theater könnte nämlich dann Exemplare fürs Haus nach unserem ziemlich unübersichtlichen Buch abziehen ... Die Meisels sind etwas böse, dass Sie sich zum Rosenkranz-Erfolg garnicht gerührt haben.“ Raeck: Prof. Dr. Kurt Raeck, der Direktor des Renaissance-Theaters in
135
Musik, Theater und Film __________________________________________________________________________________________________________ Berlin und Intendant des Thalia-Theaters in Hamburg. - Brauer: Fritz Brauer, Bühnen- und Kostümbildner des Hamburger Thalia-Theaters. - Prof. Volters: der Wiener Schauspieler und Regisseur Eduard Volters. - Das Schauspiel „Rosenkranz und Güldenstern“ von Tom Stoppard unter der Regie von Kurt Meisel hatte am 14. Okt. 1967 Premiere im Akademietheater. - Gelocht.
Der 30jährige Liszt in Weimar 2906 Liszt, Franz, Klaviervirtuose und Komponist (1811-1886). Eigh. Brief m. U. „F. Liszt“. In franz. Sprache. 5 S. Gr. 8vo. Weimar 18.XII.1851. 2.800 € Sehr umfang- und inhaltsreicher, bedeutender Brief an einen Freund in Berlin, voll bemerkenswerter Aussagen, Urteile und Mitteilungen über die eigene Haltung in dem politisch bedrückenden nachrevolutionären Klima sowie über musikalische Neuigkeiten, u. a. die Werke von Verdi und Wagner betreffend. „... Il m‘a été très agréable d‘apprendre en même temps que vous aviez pris votre position naturelle dans la 1re chapelle de Berlin, et vous fais mes sincères complimens à ce sujet - Les évènemens des dernières années ont engloutis ou éclopés beaucoup d‘hommes plus ou moins valides; raison de plus pour applaudir ceux qui ont su se maintenir fermes et droits ... J‘ai peu de choses à vous en dire. Mon activité extérieure est quant à présent passablement circonsuite; mais ce néanmoins je ne laisse pas que d‘avoir fort à faire. Je fâche très sérieusement et simplement d‘être un homme de bon sens (pas trop bête, s‘il se peut) et un musicien comme il faut. Il est à espérer que je ne dévierai point de cette ligne ... Je dois nécessairement laisser un certain nombre de choses et d‘individues en dehors de mes soucis quotidiens. Le brave [Franz von] Schober rentre dans cette catégorie, et je ne suis pas surpris qu‘il n‘ait su quelles nouvelles vous disiez de moi ... Sa longue maladie et ses interminables sonnettes esthetico-sentimentales l‘ont singulièrement endrinagé au physique et au moral ... L‘aspect musical de Weymar a gagné en intérêt depuis votre départ. Nous possèdent maintenant un Concert Meister d‘un talent vraiment extraordinaire, M. Joachim, et aussi un Violoncelle de plus distingué, M. Coßmann. Si comme il est probable, nous faisons encore quelques aquisitions de ce genre, notre Orchestre sera bientôt en un piéd des plus respectables. Le répertoire de l‘opéra prends aussi peu à peu une autre tournure que ci-devant. En fait d‘ouvrages nouveaux on représente cet hiver Benvenuto Cellini de Berlioz ... Ernani de Verdi et un nouvel ouvrage de M. Vesque (Hoven) [d. i. J. Vesque von Püttlingen] de Vienne ‚Der lustige Rath‘, sans compter les deux chefs d‘oeuvres de Wagner, Tannhäuser et Lohen grin, représentations qui sont annoncées dans le Journal de Berlin, attendu que j‘ai reçu une douzaine de lettres qui me demandaient quand elles aurent lieu ...“. Bedankt sich für den „exzellenten Brief“ des Adressaten. „... Je me charge volontiers de vos complimens pour Ziegesar (avec lequel je suis resté lié de sincère et dévoué amitié) et M. de Maltitz qui est devenu Excellence (russe) depuis quelques mois. Mme la Princesse sera charmé de renouveller connaissance avec vous et en attendant vous envoie ses complimens par moi intermédiaire ... Si Madame Dadanyi est encore à Berlin, veuillez la remercier d‘un bienveillant souvenir ...“. - Der österreichische Dichter, Librettist und Schauspieler Franz von Schober (1796-1882), der zu Schuberts Freundeskreis gehörte, mit vielen Künstlern verkehrte und auch Vorlagen für Liszts Kompositionen lieferte, lebte zu dieser Zeit als Legationsrat in Weimar. Der Violinist und Konzertmeister Joseph Joachim und der Cellist Bernhard Coßmann gehörten zu den glänzendsten Neuzugängen der Weimarer Hofkapelle unter Liszts Leitung. Der sachsen-weimarische Kammerherr Ferdinand von Ziegesar (1812-1854) war 1847 auf Liszts Empfehlung
136
zum Intendanten des Weimarer Hoftheaters ernannt worden. Der Schriftsteller und Diplomat Apollonius von Maltitz (1795-1870) war von 1841-1865 russischer Gesandter in Weimar. - Die Schrift stellenweise etwas blass; ansonsten ein besonders schöner, gehaltvoller Brief des jungen Liszt. Abbildung
2907 - Eigh. Brief m. U. „F. Liszt”. In franz. Sprache. 21/2 S. 8vo. (Cernobbio am Comer See), Villa d’Este, 21.VI. 1874. 2.200 € An einen Herrn (Musikkritiker?). „... Vous devez avoir bien mauvaise opinion de mon savoir-vivre, et je ne sais vraimant comment m’excuser près de vous. Permettez-moi de compter sur votre bienveillance ... pour indulger le trop long retard de mes remerciments très sincères. Ce n’est pas faute de les ressentir vivement que j’ai manqué à vous les exprimer; mais mon temps se perd à mille obligations circonvenantes, qui m’empêchent d’en remplir plusieurs de celles que je préférerais, comme les aient: d’écrire régulièrement à mes amis, et à m’occuper davantage de composition. Votre lettre et le volume y joint m’ont causé un de ces plaisirs nobles et précieux qui compensent, et au delà, beaucoup d’ennuis et de fatigues. Vous avez trouvé quelques accents sympathiques dans mes Lieder, et les relevez avec un sens poétique et une finesse d’observation musicale et psychologique de plus rares. En particulier, ce que vous voulez bien dire des Lieder: ‘am Rhein’ et ‘Über allen Gipfeln’ touche ma fibre intime, et me persuade que malgré la faiblesse de mon talent, je ne suis pas une mauvaise voie. À d’autres d’y avancer et briller mieux! ...“.
2908 Löschhorn, Albert, Berliner Komponist, Pianist und Klavierpädagoge, Professor am Kgl. Institut für Kirchenmusik (1819-1905). Eigh. Brief m. U. „A. Löschhorn“. 2 S. Gr. 8vo. Berlin 30.VIII.1871. 100 € An den Musikverleger Litolff in Braunschweig. „... Hierbei erlaube ich mir Ihnen die beiden noch rückständigen Manuscripte mit dem Wunsche zu übersenden, daß auch diese sich Ihres Beifalls erfreuen möchten. Op. 103 erscheint vielleicht auf den ersten Blick etwas schwieriger, liegt aber gut in der Hand, so daß die Spielbarkeit dieselbe der anderen Piècen ist. - In Betreff der Ihnen überreichten Sonaten liegt mir viel an der baldigen Edition, weswegen ich Ihnen auch einen Preis gestellt, der dem Umfang des Manuscipts nach gewiß ein mäßiger genannt werden muß. Ich habe diese Werke auch in Berücksichtigung meines Wirkungskreises geschrieben, da ich dieselben besonders als Lehrer am Königl. Institut für Kirchenmusik sehr gut verwerthen und einer weiteren Verbreitung zuführen kann ...“. - Das zweite (leere) Blatt mit Datumsvermerk des Empfängers ist abgetrennt und liegt lose bei.
2909 Lothar, Mark, Komponist, schuf erfolgreiche Opern, Theater- und Filmmusiken, zeitweilig musikal. Leiter an den Preuß. Staatstheatern (1902-1985). Eigh. Musikmanuskript mit Namenszug „Mark Lothar“ beim Titel und mit eigh. Widmung. 4 S. auf 20zeiligem Notenpapier. Doppelblatt. Folio. O. O. 1979. 200 €
_________________________________________________________________________________________________________ Musik, Theater und Film
2906
137
Musik, Theater und Film __________________________________________________________________________________________________________
2910
„Aus dem Ballet die Hirtenflöte. - Herrn Heinz-Peter Cremer mit den besten Wünschen. Mark Lothar 1979“. Säuberliche Reinschrift der Partitur für Oboe, Klarinette, Fagott, Harfe, Cembalo, Pauke, Flöte, Violine, Bratsche (usw.). - Unter Glas gerahmt.
stärken dürfen, oder - nicht ...“. Er hoffe, dass ihr Gemahl von seiner „schlesischen Großvaterreise“ zurückgekehrt sei. - Das 1. Blatt etwas stockfleckig; ansonsten reizvoller Brief.
2910 Marschner, Heinrich, Komponist der Romantik, fast 30 Jahre Hofkapellmeister in Hannover (1795-1861). Eigh. Brief mit U. „Dr. Heinr. Marschner“. 3 S. Auf zierlichem Schmuckpapier. 8vo. Hannover 3.VI.1857. 300 €
2911 Massenet, Jules, franz. Komponist (1842-1912). Eigh. Billet m. U. „Massenet“. 1 S. Doppelblatt. 8vo. Paris 5.I.1895 (?). 200 €
An eine Freundin. „... Also wir dürfen? d. h. Sie in Ihrem reizenden Schweizerhaus besuchen und uns hiemit höflichst anmelden? Morgen, am 4ten Juni werden wir Nachmittags halb 4 Uhr mit dem Schnellzug von hier abgehen u wohl erst nach 10 Uhr Abends in Deutz ankommen, wo es dann doch zu spät sein dürfte, um noch zu Ihnen nach Brühl kommen zu dürfen. Jedoch am Freitag Morgen hoffen wir uns ... einmal so recht frei von allen Königl. Hannoverschen Sorgen zu fühlen. Gern hätte ich Ihnen, verehrte Frau, schon früher die Nachricht unseres Kommens gegeben. Aber es war (u. noch bis zur Stunde) in der letzten Zeit ein solcher Wirrwarr nicht nur in unserem Hause, sondern auch in meinem mit Opern, Liedern u. Instrumentalsachen angefüllten Kopfe, daß ich ... nicht wußte, wo anfangen oder enden. Meine trillirende Gattin Therese war mit Wirthschaftssachen, einkochen, Nähen, Stopfen u. flicken fast noch übler daran, wie ich, so daß auch sie nicht der Stimme ihres Herzens, Ihnen auf Ihre so herzige Zuschrift zu antworten, zu folgen im Stande war. So werden wir denn ziemlich plötzlich, gleichsam zur Probe auf ein paar Tage in Ihr Haus brechen u. erfahren, ob wir nach vollbrachter Pilgerfahrt uns später ein bischen länger bei Ihnen ausruhen u. das Herz zu späteren Winter- u Lebenskämpfen
138
Abbildung
An einen „cher collaborateur“, wohl den Maler und Librettisten Henri Cain, wegen einer Verabredung. „... je serai au Ménestral Lundi à 6 h ... j’aurai à vous remettre la feuille ...“.
2912 - Eigh. Brief m. U. 4 S. auf Doppelblatt. Paris 22.II. 1895. 200 € An eine Dame, bei der er sich entschuldigt, eine Verabredung wegen seiner Grippeerkrankung nicht eingehalten zu haben: „Je suis confus de ne pas m‘être trouvé au Ménestrel lorsque vous m‘avez fait l‘honneur d‘y aller. - Je suis encore pris par la ‚grippe‘. - Certes oui, j‘aurais été heureux du projet du 31 mars - mais, puis-je promettre avec certitude lorsque toutes les probabilités sont pour un séjour assez prolonge à Bruxelles en Mars - J‘ignore l‘époque précis - cela dépend des répétitions et des hazards ... au théâtre - J’en éprouve une vive contrariété et je viendrai un dimanche m‘excuser auprès de vous et vous remercier de votre flatteuse attention ...“. Im Oktober desselben Jahres fand an der Opéra Comique die Pariser Erstaufführung der Oper „La Navarraise“
_________________________________________________________________________________________________________ Musik, Theater und Film mit Emma Calve statt. - Kleine Montagespuren auf der letzten Seite. Montagespuren auf der letzten Seite. - Beiliegend 2 eigenh. beschriebene Visitenkarten, eine mit Dank, die andere Begleitschreiben zu einem Brief an den Sekretär der Pariser Opéra Comique.
„ein imposanter Landsturm“ in Rudolstadt 2913 Methfessel, Albert, Komponist, Dirigent und Musikpädagoge, Kammersänger am Hoftheater in Rudolstadt, Gesangslehrer von Schillers Tochter Emilie, als Musiklehrer und Dirigent in Hamburg Gründer der Hamburger Liedertafel, ab 1832 Hofkapellmeister in Braunschweig, Ehrendoktor der Universität Jena (1785-1869). Eigh. Brief m. U. „A Methfeßel“. 2 S. 4to. Rudolstadt 22.V.1814. 300 € Sehr früher Brief an einen Dichter, den er „mein liebes Herzenskindchen“ nennt. also offensichtlich den umtriebigen Dresdener Schriftsteller, „Freischütz“-Librettisten, Almanach- und Zeitschriften-Herausgeber Friedrich Kind (1768-1843). Dieser hatte Methfessel wunschgemäß den Anfang einer Dichtung übersandt, die der Komponist für eine geplante Liedersammlung (sein „Allgemeines Commers- und Liederbuch“?) in Musik setzen wollte. „... wie haben Sie mich durch Ihren neusten Brief und durch den Vorgeschmack des herrlichen Liedes erfreut! Aber wie konnten Sie mir zutrauen, ich sey empfindlich über Ihre abschlägliche Antwort gewesen, ich, der zu hundert Malen, oft den besten Freunden, ähnliche Antworten gegeben hat, und der recht gut weiß, daß das Sprichwort bey den Künstlern eben so paßend umgekehrt heißen kann: ‚ Das Fleisch ist willig, nur der Geist ist schwach!‘ ... Der Augenblick, wo Sie das Frauenlied empfiengen, muß ein heiliger gewesen seyn, denn ob ich gleich nur den ersten Vers bis jezt besitze, so steht doch schon das Ganze vor meiner Seele. Um Gotteswillen schicken Sie mir es auf den Flügeln des Sturmwindes, wenn Sie nicht wollen, daß ich Extrapost nehme, und es selbst abhole. Auch die beiden Lieder, auf die Sie mich im vorigen Briefe aufmerksam machten, bitte ich mir zu communiciren; ich habe die Almanachs, in denen sie stehen, nicht zur Hand, und mögte Sie überdieß gern von Ihnen selbst, mein geliebter Freund, empfangen. Die Sammlung erscheint nun erst zu Johanni, und zwar im eigenen Verlage, um sie mit dem Fleiße und der Sorgsamkeit in die Welt treten zu laßen, die einem Werke ziemt, das einer Nation ange hören soll. Sehr verbinden würden Sie mich auch in dieser Hinsicht, wenn Sie Ihren rühmlichst erworbenen Einfluß auf unser deutsches Publikum für mein Unternehmen benutzen, und so in doppelter Natur meinem Werklein Glanz und Ehre verschaffen wollten. Das Wie? überlaße ich Ihnen so vertrauensvoll, als dem ewigen Vater die Weltregierung: Sie werdens wohl machen. Ihr Lied soll dafür auch die Krone des Ganzen werden, oder die Musen sollen meinen Zorn empfinden! Ich habe mir vorgenommen, das Lied ganz in Ihrem Sinne, nemlich mit voller Musik zu componiren, und werde es in doppelter Gestalt erscheinen laßen, so daß es in der Reihe der Lieder mit Fortepiano, im Anfange aber mit Instrumenten abgedrukt wird: Aber nur bald, recht bald die übrigen Verse! - Sollten Sie ein Exemplar Ihrer neuen Harfe zu verleihen haben, so wüßte ich Jemanden, der sich recht glücklich fühlte, wenn Sie es ihm auf einige Zeit überließen ... Die Trommel ruft mich zum Exerciren. (Sie müßen wissen, daß sich bey uns ein imposanter Landsturm organisirt!) ...“. - Zu dem erwähnten „Frauenlied“: 1814 erschien von Friedrich Kind bei Göschen in Leipzig: „Die Körners-Eiche und Die Deutschen Frauen. Zwei Gedichte“. - Mit der „neuen Harfe“ ist Kinds Zeitschrift „Die Harfe“ gemeint, die in 8 „Bändchen“ von 1815 bis 1819 ebenfalls bei Göschen erschien. Abbildung
2913
2914 Meyerbeer, Giacomo, Komponist und Dirigent, einer der erfolgreichsten Opernkomponisten des 19. Jhdts, Generalmusikdirektor in Berlin, lebte überwiegend in Paris (1791-1864). Diktierter Brief m. U. „Meyerbeer“. 22/3 S. Doppelblatt mit Adresse und Siegelrest. Gr. 4to. Berlin 19.III.1862. 300 € An Anna Eberty, die Schwester seines Neffen Felix Eberty, in Paris. Bedankt sich für die geschmackvollen Putzsachen für seine Familie, die Anna in Pariser Geschäften ausgesucht hatte, und sendet ihr ein „Mandat“ über 1672 Francs zur Begleichung der Rechnungen. „... Minna trägt mir auf, Dich auf das herzlichste zu grüßen. Sie hat den Unfall gehabt, als sie neulich von einer Abendgesellschaft bei Frau von Olfers mit den Kindern zu [!] Hause gieng, von der Treppe zu fallen und sich erhebliche Contusionen dabei zuzuziehen ... Die drei Kinder und das Enkelchen befinden sich unberufen sehr wohl. - Ich selbst aber war diesen ganzen Winter häufig unwohl und muß mich sehr schonen. Ich werde deßhalb auch Berlin nicht so bald verlassen. Glücklicherweise ist mir die Fähigkeit und die Lust zum Arbeiten geblieben, und ich war und bin sehr fleißig. - Von Julius habe ich diese Tage einen Brief gehabt, der mir viel Freude machte, weil ich daraus sehe, daß er frisch und freudig ist, und sich in voller Thätigkeit mit dem Einstudieren seiner Oper beschäftigt, deren erster Aufführung er Ende dieses Monats entgegen sieht. Möge der gute Junge die Freude eines recht glänzenden succès zu Theil werden und ihm zum Sporn für fleißiges, weiteres Arbeiten in seiner Kunst dienen. Grüße ihn und Regina auf das Angelegentlichste von mir. - Du würdest mir große Freude machen, wenn Du mir ... recht ausführliche Nachrichten über den Erfolg der ersten
139
Musik, Theater und Film __________________________________________________________________________________________________________
2917
und der zweiten Vorstellung geben wolltest, welch letztere, meiner Erfahrung nach, noch wichtiger und entscheidender als die erste immer ist ...“. - „Frau von Olfers“: die berühmte Salonière und Schriftstellerin Hedwig von Olfers, Gemahlin des Generaldirektors der Königl. Museen in Berlin, Ignaz von Olfers. - Mit „Julius“ ist Meyerbeers Neffe, der Komponist Jules Beer gemeint, dessen Oper „La fille d‘Égypte“ am 23. April 1862 am Théâtre-Lyrique uraufgeführt wurde.
„Jazz-Musik eine jüdische Erfindung“ 2915 Muck, Karl, gefeierter Dirigent, Generalmusikdirektor der Berliner Kgl. Oper, Leiter des Boston Symphony Orchestra, Chef der Hamburger Philharmoniker (18591940). 6 eigh. Briefe m. U. „Dr. Karl Muck“. Zus. 9 S. 2 Briefe mit Trauerrand. Mit 1 Umschlag. 4to und gr. 4to. 1925-1926. 450 € Teilweise inhaltsreiche Briefe an den holländischen Organisten und Musikschriftsteller Herman Rutters (1879-1961) in Amsterdam. Ein Brief erklärt, warum der Hamburger „Karl-Muck-Platz“ in neuerer Zeit in „Johannes Brahms-Platz“ umbenannt wurde. „... Je älter ich werde, desto mehr komme ich zur Ueberzeugung, dass man in meinem Handwerk eigentlich immer nur zu einer verschwindenden Minorität spricht; d. h. dass in der grossen Menge stets nur einige wenige Menschen sind,
140
die so ganz verstehen, was man eigentlich anstrebt, und wo die höchsten, unerreichbaren Ziele liegen. Sie haben für Ihre Bewerthung meiner Bestrebungen und meines künstlerischen Bekenntnisses in Ihrem Briefe so schönen Ausdruck gefunden, dass ich schon deshalb nicht bedaure, noch einmal nach Amsterdam gekommen zu sein ...“. Nennt seine Hamburger Adresse und fügt hinzu: „Und für event. Billet- und Wohnung-Bestellung in Bayreuth genügt ja auch meine dortige Adresse: Parsifal-Strasse 8 ...“ [Amsterdam 7.IV.1925]. Aus Rapallo schreibt er im Juni: „... Anbei übersende ich Ihnen die zwei Bayreuther Papiere, Billet-Bestellung und Wohnungs-Nachweis ... Zur Vermeidung von Missverständnissen muss ich noch feststellen, dass es im Festspielhaus sog. Presse-Plätze, also Freikarten für Zeitungen, resp. deren Vertreter, niemals gegeben hat. So wie Rich. Wagner das im Jahre 1876 einführte, so ist es bis zum heutigen Tage geblieben. - Ich bin natürlich gerne bereit, Ihnen die Unannehmlichkeit postaler Geldsendung abzunehmen und die ... 422,00 einstweilen für Sie zu deponiren, wenn ich nach Bayreuth komme ... Ich wünsche Ihnen von Herzen, dass Sie Prag gut überstanden haben mögen. Im Vorjahre erzählte mir ein Bekannter Schauerliches über die Quantität, noch Schauerlicheres über die Qualität der dort gespielten ‚Neuen‘ und ‚Neuesten‘ [Rapallo 1.VI.1925] ... Also grosse Begeisterung bei dem Jazzband-C[once]rt? Sie Armer, der Sie so Etwas anhören und gar noch darüber schreiben müssen! Dieser Whiteman ist ein amerikanisirter deutsch-polnischer Jude namens Weissmann. Die Jazz-‘Musik‘ ist eine ausschließlich jüdische Erfindung; Sam Cohen (Cohn), Jack Levinne (Levy) etc. sind die Haupt-‘Komponisten‘, die
_________________________________________________________________________________________________________ Musik, Theater und Film mit ihrem Dreck Millionen verdient haben. Es ist die alte Geschichte: das jüdische Zersetzungs- und Zerstörungs-Werk; hier am Musik-Geschmack. Und der blöde nicht-jüdische Pöbel geht auch hier wieder den Juden in‘s Garn. - Wie ich höre, hat wenigstens in Deutschland die ernste Musik-Kritik scharf Front gemacht gegen den Versuch, den JazzMist als ‚Concert‘-Kost zu serviren ... „ [Baden-Baden 11.VII.1926]. Ferner ausführlich über Karten für Bayreuth und für die Münchener Oper: „ ... Sie finden anbei je zwei Karten zu: ‚Cosi fan tutte, 11. August ... Don Juan ... Zauberflöte ... Entführung ... Tristan ... Figaro 21. August ...“ [München 7.VIII.1926]. - Diverse Beilagen: 1 Foto, das Muck mit 4 weiteren Personen, darunter die Sängerin Barbara Kemp, in Bayreuth zeigt. - 10 teils deutsche, teils holländische Zeitungsartikel über Muck. - 1 holländisches Konzertprogramm mit Muck als Dirigent (1925). - Den Hass auf Jazz-Musik teilte Muck mit dem ungefähr gleichaltrigen Kollegen Felix von Weingartner, der sich in seinen Memoiren ähnlich abfällig äußert. - Alle Briefe gelocht; 1 Brief mit Tesafilm-Schaden an einer Ecke.
2916 Nessler, Victor Ernst, dt. Opernkomponist, Meisterschüler Moritz Hauptmanns in Leipzig, später höchst erfolgreich mit seiner Oper „Der Trompeter von Säckingen“ (1841-1890). Eigh. Brief (Billet) m. U. „V. E. Nessler“. 1 S. gr. 8vo. Leipzig 9.VI.1871. 90 € Als Chordirigent am Leipziger Stadttheater an den Braunschweiger Musikverleger Theodor Litolff. „... Auf Ihr werthes Schreiben vom 6. d. M. erwidere ich Ihnen ergebenst, daß ich Ihnen in nächster Zeit mehrere Lieder von mir zusenden werde ...“. - Erst mit dem „Rattenfänger von Hameln“ (1879) und dem „Trompeter von Säckingen“ (1884) erzielte Nessler so große Erfolge, dass alle Musikverleger sich um seine Kompositionen bemühten.
2917 Neukomm, Sigismund Ritter von, Schüler und Mitarbeiter Haydns, Komponist, Pianist, Diplomat, Freimaurer, in aller Welt hoch dekoriert, lebte überwiegend in Paris (1778-1858). Eigh. Brief mit U. „S Neukomm“. 4 S. Doppelblatt. Kl. 4to. Paris 21.II.1823. 1.200 € An Elisa von der Recke in Dresden, ausführlich über seine Komposition „Der Ostermorgen“: „ ... Unsere verehrte Herzogin von Dino will die Güte haben Ihnen meine Kantate über unsers guten [Christoph August] Tiedges herrliches Gedicht der Ostermorgen zu übersenden. Der schwierige, einförmige Rhythmus, und der tiefe metaphisische Sinn in dem dieß Werk ausgesprochen ist, sind für mich die schwierigste Aufgabe gewesen die ich je zu lösen übernommen habe; möchte diese Rücksicht mir zur Entschuldigung dienen, wenn Sie so manches finden werden, was Ihrer Erwartung nicht Genüge leistet. Doch meyne ich in den Stellen, die auf unsre ewig unvergessliche Verklärte [die Herzogin Anna Charlotte Dorothea von Kurland] Bezug haben, in dem eigentlich - Ge müthlichen den Ton nicht verfehlt zu haben. Die große Ausdehnung des Werkes wird Ihnen beweisen, dass mich der Gegenstand begeistert hat. Ich habe, der leichteren Ausführung wegen, blos Klavierbegleitung gesetzt, und, da ich wünsche, dass Sie das Werk noch vor Ihrer Abreise von Dresden hören mögen, habe ich die Chor-Parthien ausgeschrieben der Partitur beygelegt. Ich wünschte daß unsre gute Emilie die Sopran-Solo-Parthie sänge: unsre verehrte Herzogin von Sagan hat mir viel rühmliches von Emiliens herrlichen Kunstgaben gesagt. - Herr Kapellmeister [Carl Maria von] Weber oder (in seiner Abwesenheit) der Herr Hoforganist Klengel, werden aus alter Freundschaft für mich, auf Ihr Ansuchen, die nöthi-
gen Sänger verschaffen, und unter ihrer Leitung, eine würdige Aufführung veranstalten ... Tausend herzliche freundschaftliche Grüße unserm guten, herrlichen Tiedge.“ Darunter in Elisas Schrift: „Komponist von Tiedges Ostermorgen.“ - „Der Ostermorgen“ gehört zu Neukomms bekanntesten Werken. Die Herzogin von Kurland war die Halbschwester von Elisa von der Recke. - Gut erhalten. - Sehr selten. Abbildung
2918 Opernsänger der 1920er Jahre. 6 große künstlerische Photographien, jeweils mit eigh. Widmung u. U. der Dargestellten. 1922-1931. 200 € Meist Wiener Sängerinnen und Sänger in schönen Rollen- und Zivilporträts. Vorhanden: Hans Duhan, hervorragender österr. Bariton, vor allem Wiener Staatsoper (1890-1959). Auf Karton gewalztes Rollenphoto mit eigh. Widmung auf dem Untersatzkarton: „Herrn Rechnungsrat Josef Kollerics herzlichst gewidmet zur Erinnerung an die Eröffnung des Redoutensaal-Theaters! - Hans Duhan“. 37 x 27 cm (Bildgröße 22,5 x 15 cm). (Wien) „Neujahr“ 1922. - Die Aufnahme des Wiener Atliers Franz Löwy (auch vom Photographen signiert) zeigt den Künstler in ganzer Figur als Graf Almaviva in Mozarts „Die Hochzeit des Figa ro“. - Joseph Groenen, hervorragender österr. Bariton, vor allem Wiener Staatsoper (1885-1959). Auf Karton gewalztes Rollenphoto mit eigh. Widmung auf dem Untersatzkarton: „Er, der herrlichste von allen. Meinem lieben Kollerics freundlichst gewidmet. Jos. Groenen, Staats oper“. 33 x 24,5 cm (Bildgröße 21,5 x 14 cm). (Wien) 20.IX.1925. - Die Zivil-Aufnahme der Wiener Photographin Irene Messner (auch von ihr signiert und 1925 datiert) zeigt den Künstler in Halbfigur. - Marie Gutheil-Schoder, die hochberühmte deutsche Sopranistin (1874-1935). Auf Karton gewalzte Porträt-Photographie mit eigh. Widmung auf dem Untersatzkarton: „Fräulein Gretel Katz, der anhänglichen Getreuen mit herzlichem Weihnachtsgruß! Marie Gutheil-Schoder. 1928“. 32,5 x 24,3 cm (Bildgröße 22,3 x 13 cm). - Die Aufnahme, zusätzlich signiert und datiert „Wien 1928“ von dem Photographen Franz Xaver Setzer, ihrem zweiten Ehemann, zeigt die Künstlerin stehend in einem pelzbesetzten Mantel. - Carl Martin Öhman, schwedisch-dt. Tenor (1887-1967). Rollen-Photographie mit eigh. Widmung auf der Bildseite: „Fräulein Helga zur freundl. Erinnerung von Martin Öhman. ‚Admi‘[rals palast, Berlin] 13.V.1931“. 23 x 15,5 cm. - Die Aufnahme (Brustbild) des Berliner Ateliers Suse Byk zeigt den Künstler als „Don José“ in der Oper „Carmen“. - Minimal fleckig. - Lucy Weidt, Sopranistin (18761940). Auf Karton gewalzte Rollen-Photographie mit eigh. Widmung auf der Bildseite: „Dem liebenswürdigen Menschen, und Freunde Herrn Rath Kollerics herzlichst gewidmet. - Lucy Weidt, Wien Mai 1923. 35 x 24 cm (Bildgröße 22,5 x 17,5 cm). - Die Aufnahme des Ateliers Franz Grainer in München zeigt die Künstlerin als „Isolde“, in sitzender Haltung. - Etwas ausgeblichen und mit geringfügigen Tintenwischern. - Nikola Zeg, österr. Bassist (1883-1958). Auf Karton montierte Rollen-Photographie mit eigh. Widmung auf dem Untersatzkarton: „Herrn Rat Kollerics zum bleibenden Andenken herzlichst Nikola Zeg. - Wien 26.VI.22“. 26 x 19,6 cm (Bildgröße 15,5 x 10,2 cm). - Die Aufnahme des Wiener Ateliers L. Gutmann mit blindgepr. Datum „1915“ zeigt den Künstler in ganzer Figur, im Kostüm eines Kardinals. - 1 Ecke leicht fleckig. - Beigegeben: Alexander Moissi, als jugendlicher Charakterdarsteller ein Star der Reinhardt-Bühnen (1879-1935). Porträtphoto-Postkarte mit eigh. Signatur „Alex Moissi“ unter dem Bild. - Die Aufnahme des Wiener Ateliers Kolliner (auch vom Photographen signiert) zeigt den Künstler mit einem Pelz-Umhang. - Beschnitten; rückseitig Montagespuren. Abbildung Seite 142
141
Musik, Theater und Film __________________________________________________________________________________________________________ 2921 Reinecke, Carl, Komponist, Pianist und Dirigent, langjähriger Leiter des Leipziger Gewandhaus-Orchesters (1824-1910). Eigh. Brief m. U. „Carl Reinecke“. 1 S. Mit gedrucktem Briefkopf „Die Concertdirection in Leipzig“. Folio. Leipzig 27.IX.1861. 200 € An einen Violinisten, der sich für das Gewandhaus-Orchester beworben hatte. Reinecke teilt mit, er habe die Bewerbung dem Direktorium vorgelegt, doch man habe ihn mit einem ablehnenden Bescheid beauftragt und gebeten mitzuteilen, „daß man augenblicklich nicht recht Gebrauch von Ihrer gütigen Offerte machen könne, da man schon jetzt sechs feste Engagements mit andern Geigern abgeschlossen habe, mithin nicht weiter auf Violinsoli reflektiren dürfe“. Diese Auskunft tue ihm, Reinecke, persönlich sehr leid, „weil ich aus Ihren Zeilen ersehe, daß Sie einen gewissen Werth darauf legen, hier zu spielen, und daß Sie sich einen Erfolg von meiner Befürwortung versprachen, welche indeß, wie Sie selbst eingestehen werden, immer nur von geringem Einfluß sein kann, wenn ich nicht persönlich die Leistungen der geehrten Künstler kenne ...“. - Kleine Defekte am rechten Rand.
2919
2919 Orff, Carl, Komponist und Musikpädagoge (18951982). Portrait-Photographie mit eigh. Widmung u. U. „Carl Orff“ auf der Bildseite sowie Musikzitat auf der Rückseite. 14,5 x 10,2 cm. O. O. 11.III.1955. 250 € „für Franz Weis herzlichst Carl Orff“. Auf der Rückseite ein Musikzitat aus den „Catulli Carmina“: „O quid solutis est beatius curis“ aus dem Carmen 31. - Die Aufnahme (Kopfbild) zeigt den Künstler nach rechts (vom Betrachter aus) blickend, das Kinn auf die gefalteten Hände gestützt. Abbildung
2920 Qualtinger, Helmut, Wiener Schauspieler, Kabarettist, Rezitator und Schriftsteller (1928-1986). 2 Blätter mit Selbstkarikaturen und Notizen. 2 S. (Kugelschreiber). Gr. 4to. O. O. (ca. 1975). 350 € Während das eine Blatt mit 2 Karikaturen seines Kopfes, dreimaligem Namenszug „Qualtinger“ und der wiederholten Beteuerung „I don‘t like myself“ gefüllt ist und auf Entstehung in einem Restaurant schließen läßt, zeigt die gelungene Karikatur den Künstler auf dem zweiten Blatt in ganzer Figur. - Hübsche Selbstzeugnisse des genialen zeitkritischen Satirikers. Abbildung
2918
142
_________________________________________________________________________________________________________ Musik, Theater und Film 2922 Renoir, Jean, Sohn des Malers Auguste Renoir, franz. Filmregsseur (1894-1979). Briefwechsel mit der Silhouetten-Trickfilmerin Lotte Reiniger (1899-1981) und deren Ehemann, dem Regisseur Carl Koch (18921963). 1931-1935. 8.000 € Umfangreiche Korrespondenz zwischen dem französischen Filmregisseur Jean Renoir und dem deutschen Filmemacher-Ehepaar Lotte Reiniger - Carl Koch. Gemeinsame und eigene Projekte, Mitteilungen privaten Charakters sowie zum politischen Zeitgeschehen (u. a. Zensur). Insgesamt ca. 40 bislang unveröffentlichte Schriftstücke, darunter 19 Briefe von Jean Renoir (insgesamt 40 Seiten in französischer Sprache), teils handgeschrieben, teils maschinenschriftlich, alle signiert, meist datiert, auf verschiedenen Papieren, dazu 3 Telegramme Renoirs sowie 4 im Auftrag von Renoir geschriebene Briefe von seinem Freund und Mitarbeiter, dem Filmproduzenten Pierre Braunberger (1905-1980), ferner 2 handgeschriebene Briefe, auf Briefpapier mit gedrucktem Briefkopf Renoirs, von einem unbekannten Mitarbeiter. Weiterhin 11 Brieftyposkripte als Antwortschreiben von Carl Koch (insgesamt 16 Seiten, diese in deutscher Sprache). 4to. - Die Briefe gelocht, in einem Originalhefter der Zeit. Papierränder minimal gebräunt. - Dabei: Original-Filmexposés zu gemeinsam anvisierten und teils realisierten Projekten, einige davon mit eigenhändigen Korrekturen und kleinen Ergänzungen oder Randskizzen von Koch/Reiniger versehen, außerdem weitere Materialien: Original-Typoskript „Alliance Cinematographique France - Afrique“; 3 Original-Exposés zum Film „Toni“ von Jean Renoir (2 x dt., 1 x frz.); Original-Manuskript der Übersetzung von einer Skizze der Szenenfolge für den Film „Das Tagebuch eines Dienstmädchens“, 17 Seiten von J. Renoir (nach dem Roman von Octave Mirbeau), OriginalTyposkript, 24 Seiten, „Die Drei Toechter des Vaters Lancelot“ (= Übersetzung von „Les trois filles de Pere Lancelot“, von Pierre Lestringuez), mit Überschlag über die Kosten eines Renoir-Weill Films „Les 3 filles du père Lancelot“ (2 S.); „Skizze der Handlung“, von Carl Koch (Filmentwurf zum deutschen Bauernleben); Orig.-Kurzbiographie Renoirs und Orig.Typoskript „Stellungnahme zum Film“ von J. Renoir (2 x englisch, 1 x deutsch); diverse zeitgenössische Zeitungsausschnitte zu Jean und Auguste (!) Renoir. - Die beiden Filmemacher Lotte Reiniger und Carl Koch gelten als Pioniere des animierten Trickfilms. Bei der französischen Premiere ihres Meisterwerks „Die Abenteuer des Prinzen Achmed“ (1926), des ersten abendfüllenden Animationsfilms in der Filmgeschichte, lernten sie den jungen, experimentierfreudigen Regisseur Jean Renoir in Paris kennen. Der vorliegende, inhaltsreiche Briefwechsel dokumentiert das herzliche Verhältnis untereinander („mon cher ami“), sowie die gegenseitige Wertschätzung und das Interesse an „gemeinsamen filmischen Abenteuern“: „Schade, dass wir nicht dauernd zusammen arbeiten können“. (Brief vom 30.3.1934). „Auf dem Gebiet des Films wußte er [Koch] über alles Bescheid, was man mit Technik bezeichnet.“ (Autobiographie Renoirs, S. 65, 145). Trotz der unsicheren politischen Situation kam es zu regelmäßigen gegenseitigen Besuchen und zur wiederholten künstlerischen Zusammenarbeit, wovon die hier angebotenen Briefe ebenso Zeugnis ablegen, wie von den zahlreichen, gemeinsamen Kontakten zu bedeutenden Persönlichkeiten wie Kurt Weill, Carl Einstein, [Alfred und Betty] Flechtheim, [Ernst] Wasmuth, Eric White, [Caspar] Neher etc. 1929 drehte das Trio den Spielfilm „Die Jagd nach dem Glück“, 1933 arbeitete Koch dann als Co-Autor von Renoir in Paris, und seit 1939 hielt sich das Ehepaar in Rom auf, wo Koch den Film „Tosca“ vollendete, nachdem Renoir in die USA emigriert war. - Wertvolles Konvolut an Autographen eines der bedeutendsten Filmregisseure des 20. Jahrhunderts, zugleich ein einzigartiger Einblick in die Kontakte von drei wichtigen Protagonisten der Filmkunst der 1930er Jahre. Abbildung Seite 144
2920
2923 Rihm, Wolfgang, Komponist, Musikwissenschaftler und Essayist (geb. 1952). Farbige Portrait-Photographie mit eigh. Signatur „Wolfgang Rihm“ und Filzstift-Zeichnung auf der Bildseite. 20 x 27,7 cm. O. O. 18.IX.2015. 120 € Die großformatige Aufnahme (Brustbild) zeigt den Künstler in einer Kirche, an einen Pfeiler gelehnt. Dessen waagerechte Fugen hat er für die Zeichnung eines Notensystems benutzt, an dessen unterster Linie (E) ein Strichmännchen hängt, das sich in Richtung „Ausweg“ hangelt. - Schönes, humorvolles Portrait.
2924 Rimski-Korsakow, Nikolai, russ. Komponist (18441908). Eigh. Brief m. U. „N R Korsakov“. In russ. Sprache. 12/3 S. Doppelblatt. Gr. 8vo. Zagorodnij 20.IX.1899. 2.000 € An den bedeutenden Juristen, großen Musikliebhaber und Cellisten Pjotr Iwanowitsch Poletika (1859-1941), der mit der Sängerin (Kontraaltistin) Maria Iwanowna P. verheiratet war. Poletika hatte die Teilnahme des von ihm geleiteten Chors an einem Konzert Rimski-Korsakows vorgeschlagen. „... Gestern habe ich mit Herrn M. P. Beljajew über Ihren Vorschlag gesprochen. Er zeigte sich aufgeschlossen und beauftragte mich, die Einzelheiten mit Ihnen zu besprechen. Im Großen
143
Musik, Theater und Film __________________________________________________________________________________________________________
2922
144
_________________________________________________________________________________________________________ Musik, Theater und Film
2924
und Ganzen ist folgendes zu sagen: Ich schätze, dass es für den Chor am bequemsten wäre, an einem Konzert im März teilzunehmen (11. oder 18.) Die Einzelheiten des Programms kann ich Ihnen in ungefähr einer Woche mitteilen. Auf dem ersten gemeinsamen Plakat für das Konzert, welches in Kürze erscheint, wird der Chor nicht genannt. Wenn das Programm erstellt ist, teilen Sie mir bitte die ungefähre Anzahl der Choristen mit, und ich sende Ihnen die Partien zu. In den nächsten Tagen werde ich mich bemühen, bei Ihnen vorbei zu kommen, um mit Ihnen persönlich darüber zu sprechen ...“ (freie Übersetzung aus dem Russischen). - Der genannte Mitrofan Petrowitsch Beljajew (1836-1904) war Musikverleger, Konzertveranstalter und Musiker-Mäzen. - Der aus einer Diplomatenfamilie stammende Jurist Poletika, der am Musik leben seiner Zeit rege beteiligt war, hinterließ wertvolle Memoiren, die ebenso wie dieser und der folgende Brief von Rimski-Korsakow bisher unveröffentlicht sind. Abbildung
2925 - Eigh. Brief m. U. „N R Korsakow“. In russ. Sprache. 11/2 S. Doppelblatt. Gr. 8vo. O. O. 13.II.1900. 2.000 € Gleichfalls an P. I. Poletika, wegen Teilnahme des Chors an seinem Konzert. „... Nach Empfang Ihres Briefes habe ich veranlaßt, dass Ihnen der Klavierauszug und die Stimmen (je 25 Stück) von ‚Porajenie Sennaheri ba‘ [Die Niederlage des Sennaherib] überbracht werden. - Es wäre sehr interessant, die schon vorbereiteten Teile gehört zu haben, aber ich fahre am Dienstag (22. Febr.) für ein Konzert nach Brüssel und kehre erst ... 3 Wochen später (7. März) zurück. Mir scheint, dass die einzige Möglichkeit, zu Ihnen zu einer Chorprobe zu kommen und die diversen Chorpartien durchzuarbeiten, nur in der 3. Fastenwoche sein kann, danach noch zwei weitere Chorproben in der 4. Fastenwoche, und dann wird das Ganze in Anwesenheit des Orchesters vollendet. Ich bin mir sicher, dass nach Ihrer Arbeit mit dem Chor nur wenig für mich bleibt,
145
Musik, Theater und Film __________________________________________________________________________________________________________ and it would be like the Ply-mouth affair last year. They had better keep the date open for a short while till I have matured my plans...“. - Etwas unfrisch; kleine Randschäden.
Über Méhuls Bedeutung 2927 Saint-Saëns, Camille, franz. Komponist, Dirigent, Pianist, Musikwissenschaftler und Musikpädagoge, Inhaber des Großkreuzes der Ehrenlegion und der Ehrendoktorwürde der Universitäten Cambridge und Oxford (18351921). Eigh. Brief m. U. „C. Saint-Saëns“. 31/2 S. Kl. 4to. (Paris) 13.VI.1912. 250 € Wie sich aus dem Text ergibt, an den Musikhistoriker Félix René Brancour, der eine Monographie über den Revolutions-Komponisten ÉtienneNicolas Méhul vorbereitet. Er hatte Saint-Saëns sein im Vorjahr erschienenes Buch über den Komponisten Félicien David übersandt, dabei einen in Saint-Saëns‘ Besitz befindlichen Brief Méhuls zur Ansicht erbeten und nach Saint-Saëns‘ Beurteilung des Komponisten gefragt. Es zeigt sich, dass Saint-Saëns eine hohe Meinung von Méhul hat: „... Méhul est à mon avis un très-grand maître, un de ceux qui font le plus d‘honneur à l‘École Française, et il est très-regrettable que les oeuvres soient si peu connues du public actuel. Cela tient peut-être à la guerre déclarée aux opéras avec dialogues, queue factice dans laquelle le goût du public d‘entre pour rien, comme le prouvent les succès persistants de Carmen et de Manon. - L‘orchestration intéressante de Méhul est très-supérieure à celle de les contemporains et le classe tout à fait à part des compositeurs français de son époque. Il avait les dons mélodiques et dramatiques. - Joseph, - sans récitatifs ajoutés, - devait toujours reparaitre de temps en temps; l‘Irato, Euphrosine, étonnaient si l‘on pouvait les réentendre; et Stratonice, où il n‘y a pas de dialogues serait une évocation du plus haut intérêt ...“. - Brancours Monographie über Méhul erschien noch im selben Jahr bei Laurens in Paris.
2928
was ich noch machen könnte; der Chor muß sich nur an meine Zeichen und Tempi gewöhnen ...“ (freie Übersetzung aus dem Russischen). Einrisse in der Querfalte (z. T. unauffällig unterlegt).
2926 Rosa, Carl (Carl Rose), aus Hamburg gebürtiger Violonist (Wunder-kind), Dirigent und Impresario (18421889). Brief m. U. „Sincerely yours Carl Rosa“. 1 S. Mit gedrucktem Briefkopf der „Carl Rosa Opera Company Limited“. 4to. London 26.IX.1888. 90 € An den Sänger Leslie Crotty (1853-1926), den er bittet, vorerst kein Engagement für den kommenden April anzunehmen, da seine eigenen Pläne nicht fest seien: „Yours 15th to hand. I do not know exactly where we will be in April, but I think it very dangerous for you and your wife to accept an engagement for that date, as you ought be very far away,
146
2928 Schneider, Friedrich, Komponist, Organist, hoch angesehener und vielfach geehrter Herzogl. Anhalt-Dessauischer Hofkapellmeister (1786-1853). Eigh. Brief m. U. „F. Schneider“. Mit lithographisch illustriertem Briefkopf. 1 S. Doppelblatt mit Adresse und Siegelrest. Gr. 8vo. (Dessau) 15.IV.1842. 250 € Wohl an den Anhaltinischen Kammerpräsidenten Carl von Marées (1765-1845, Großvater des Malers Hans von Marées). „... Sie würden mir unendliche Freude machen wenn Sie mit Ihrer lieben Frau u. Tochter Sich diesen Vormittag 11 Uhr in meinem Sans-souci einstellen wollten - Madam Schröder-Devrient wird auch zugegen sein. - Ich bin noch voll des großen Eindrucks von gestern ... Ich würde persönlich eingeladen haben wenn ich nicht bis 11 Uhr beschäftigt wäre ...“. - Die berühmte Sängerin Wilhelmine Schröder-Devrient gastierte in diesem Jahr in Dessau als „Leonore“ in „Fidelio“, „Romeo“ in „Montecchi und Capuletti“ (Bellini) und „Euryanthe“ in Webers Oper. - Der hübsche Briefkopf zeigt ein zweistöckiges Landhaus mit Nebengebäude in einem Obstgarten - offenbar Schneiders „Sans-souci“. - Dekoratives Blatt. - Dabei: Robert Volkmann, Komponist und Musikpädagoge (1815-1883). Eigh. Billet m. U. „Robert Volkmann“. 1 S. Quer-schmal-8vo. Pest 20.XII.1853. „Es wird mir in der Ferne immer Ihre mir stets bewiesene freundliche Theilnahme, verehrte Frau von Thron, eine meiner angenehmsten Erinnerungen sein“. - Dieses Blatt gebräunt und mit Eck-Abriss. Abbildung
_________________________________________________________________________________________________________ Musik, Theater und Film 2929 Schönberg, Arnold, Komponist (1874-1951). Eigh. Briefkarte m. U. „Arnold Schönberg“. 1 S. Mit masch. Umschlag. Quer-8vo. Berlin-Schöneberg 20.II.1933. 1.200 € An Josef Kriegler im Grand Hotel Kitzbühel (Tirol): „... ich erinnere mich Ihrer sehr gut und freue mich, dass Sie sich der ernsten Kunst zuwenden. Ich werde mir, wenn Dr. Webern Zeit hat, Sie anzuhören, auch von ihm erzählen lassen, wie er Sie gefunden hat. Aber berichten Sie mir auch darüber ... Wissen Sie, daß Görgi [Schönbergs 1906 geborener Sohn Georg] in Berlin lebt? ...“. - Mit rotem Absenderstempel. - Minimale Fingerspuren.
„Herrn Minister Dr Frank ...“ 2930 Strauss, Richard, Komponist und Dirigent (18641949). Eigh. Musikmanuskript mit Widmung und Unterschrift „Dr Richard Strauss“. 1 S. (Tinte und Bleistift). Doppelblatt Notenpapier von Breitkopf & Härtel; mit dem 2. (leeren) Blatt auf Karton montiert. Quer-folio (27 x 34 cm). O. O. (nach 1935). 15.000 € „Aus der schweigsamen Frau. Correkturen zu Seite 51. - Herrn Minister Dr Frank zur Erinnerung an den 14 Oktober Garmisch - Dr Richard Strauss.“ Umfangreiches Particell mit Text auf 14 Systemen (24 Takte), betreffend die Partien von Henry Morosus und seiner Frau Aminta aus der auf einer Komödie von Ben Jonson basierenden komischen Oper „Die schweigsame Frau“, die mit Libretto von Stefan Zweig am 24. Juni 1935 unter der Leitung von Karl Böhm in Dresden uraufgeführt wurde. Die beiden jugendlichen Hauptrollen Henry und Aminta waren mit Martin Kremer und Maria Cebotari besetzt. Die „Correkturen“ des vorliegenden Partitur-Manuskripts betreffen deren Partien im Finale: Henry: „Nein, sie wird Euch nimmer plagen, / die ist fort für immerdar. / Nur Aminta ist geblieben, / milde wie sie immer war“. - Aminta: „Wollet gütigst mir verzeihen, / was Euch jene angetan. / Und wenn dann ein ganzes Leben / hingegeb‘ner Kindesliebe / Euren Groll beschwichten [sic] kann ...“. - Was die Handschrift von anderen Musikmanuskripten des Komponisten unterscheidet und ihr einen besonderen, brisanten Charakter verleiht, ist die Widmung. Der Jurist Hans Frank, frühzeitiger Parteigenosse und fanatischer Anhänger seines Gönners Hitler, war ein begeisterter Musikliebhaber und Musiker, zu dessen Freundeskreis Hans Pfitzner und auch Richard Strauss gehörte. Nachdem Frank Staatsminister (ohne Geschäftsbereich) und Präsident der Akademie für Deutsches Recht geworden war, kaufte er sich den „Schoberhof“ in Fischhausen (Oberbayern), wo Strauss und mancher andere prominente Künstler zu Gast waren, zu Gast waren. Auch Bayreuth galt Franks reges Interesse. Trotz vieler Gegnerschaft unter den NS-Größen wurde Frank 1939 von Hitler zum Chef der Zivilverwaltung des „Generalgouvernements“, also des besetzten Polen, ernannt. Prunkvoll im Krakauer Schloß residierend, entfaltete Frank fortan skrupellos eine vielfältige massenmörderische Aktivität unter der polnischen Bevölkerung. „Welch ein Gegensatz: Generalgouverneur Dr. Hans Frank - humanistisch gebildet, Reichsrechtsführer, Minister der Reichsregierung, Nietzsche-Kenner, versierter Schachspieler, Herrenreiter, Pianist, Organist, Opernliebhaber und persönlich bekannt mit Gerhart Hauptmann, Richard Strauß, Winifred Wagner, befreundet mit dem Komponisten Hans Pfitzner - dieser Intellektuelle trug Mitverantwortung für den Völkermord im Generalgouvernement“ (Dieter Schenk: Kunstliebhaber und Massenmörder). Frank wurde 1946 in Nürnberg zum Tode verurteilt und hingerichtet. Als Richard Strauss ihm um 1936 sein heiteres Opern-Manuskript
2931
widmete, geschah dies vermutlich auf dringlichen Wunsch Franks; jedenfalls konnte sich der Komponist zu dieser Zeit sicherlich noch nicht vorstellen, was für eine Rolle der Beschenkte später einmal übernehmen würde. Abbildung Seite 149
2931 - 1 eigenhändiger Satz, ausgeschnitten und auf eine mit „P. Str.“ signierte, eigh. Postkarte seiner Ehefrau Pauline Strauss-de Ahna montiert. (Garmisch 30.V.1921). 350 € An die Sängerin Maria Ivogün in München. Pauline schreibt ihr: „... Da ich von Ihrer Angelegenheit berichtete, bekam ich vorgestern darüber diesen kurzen Bescheid, den ich Ihnen hiemit mitteile; damit scheint mir das Missverständniss behoben; hoffentlich telefoniren Sie uns mal Ihre Ankunft hierher! [Karl] Erb sang sehr edel den Achilles! ...“. Den genannten „Bescheid“ von Richard Strauss hat sie ausgeschnitten und auf die Karte geklebt: „Fall Ivogün schleierhaft: da ich doch an Gatti-
147
Musik, Theater und Film __________________________________________________________________________________________________________ gasazza [d. i. Giulio Gatti-Casazza] geschrieben u. sie als erste lebende Zerbineta empfohlen habe.“ - Der Opernsänger Karl Erb vermählte sich in diesem Jahr mit Maria Ivogün. Giulio Gatti-Casazza (1869-1940) war ab 1898 an der Mailänder Scala, dann von 1908 bis 1935 Operndirektor an der New Yorker Metropolitan Opera. - Etwas leimfleckig vom Aufkleben des Brief-Ausschnitts. - Dabei: Richard Strauss. Eigh. Signatur „Dr. Richard Strauss“ auf einem sep. Blatt eines Autogramm-Albums, zusammen mit 12 Signaturen weiterer Beiträger. (2 S.) 21,5 x 14 cm. O. O. (1926). - Außer Richard Strauss haben sich der im Coburger Exil lebende König Ferdinand I. von Bulgarien (1861-1948) und sein Sohn Kyrill (1895-1945) eingetragen, der zum Ende des Zweiten Weltkriegs als Vorsitzender des bulgarischen Regentschaftsrates von den Kommunisten abgesetzt, zum Tode verurteilt und hingerichtet wurde. Ferner der österreichische Bundeskanzler Ignaz Seipel (1876-1932), der österr. General und Verteidigungsminister Friedrich Freiherr von Georgi (1852-1926), Thyra Herzogin von Cumberland, Prinzessin von Schleswig-Holstein-Sonderburg, Prinzessin von Dänemark, Prinzessin von Hannover und Herzogin zu Braunschweig und Lüneburg (1853-1933), ihre Tochter Olga Herzogin zu Braunschweig-Lüneburg (1884-1958) und andere. - Strauss in vielfältig illustrer Gesellschaft. Abbildung Seite 147
2932 - Eigh. Ansichts-Postkarte m. U. „Dr Richard Strauss“. (Garmisch) 25.V.1926. 300 € An den Porträt- und Blumen-Maler mit Professorentitel Anton MüllerWischin (1865-1949) in München, dem er für Glückwünsche dankt. „... Ich komme soeben aus Athen zurück, wo ich bei einem Gesandten Sicelianos eine reizende Landschaft von Ihnen fand, die der Besitzer zu meiner Freude als das beste Bild seiner Sammlung bezeichnete. Auch bei andern gebildeten Athenern hat Ihr Name einen guten Klang ...“. Neben den „herzlichen Grüßen von Haus zu Haus“ (Müller-Wischin wohnte in Marquartstein) hat Strauss auch auf der Bildseite noch Grüße an weitere Personen hinzugefügt. - Die Bildseite zeigt das „Landhaus Richard Strauss“ vor der Alpenkulisse, auf dem Rasen auf einer Bank der Komponist und seine Frau. - Beiliegend ein Brief des Württembergischen Kunstvereins vom 31. Juli 1941, unterzeichnet „Heil Hitler! Nägele“, in dem Müller-Wischin mitgeteilt wird, dass auf der Ausstellung trotz großer Anerkennung bisher nichts von ihm verkauft sei, „da die Preise für hiesige Verhältnisse etwas hoch sind“.
2933 - Porträt-Photographie mit eigh. Widmung u. U. „Dr Richard Strauss“ auf den Rändern. 24 x 17,7 cm. Garmisch 25.V.1939. 600 € Gewidmet dem Bassisten Walter Hagner vom Düsseldorfer Opernhaus: „Herrn Walter Hagner, dem ‚vornehmen‘, vortrefflichen Ochs dankbar ergeben Dr Richard Strauss“. Die Aufnahme zeigt den Meister im Brustbild, nach links (vom Betrachter aus) gewendet, mit gestreiftem Anzug und gepunkteter Fliege. - Die Beschichtung minimal bestoßen; rückseitig kleine Papierspuren von ehemaliger Befestigung unter Passepartout. Abbildung Seite 151
2934 - Eigh. Ansichts-Postkarte m. U. „Dr. Richard Strauss“ auf der Bildseite. 1 S. (im Umschlag verschickt). (Garmisch) 16.IX.1942. 350 € 148
An die ihm befreundete Sängerin Viorica Ursuleac (1894-1984), die viele Strauss-Partien gesungen hat, darunter die „Arabella“ in der Dresdener Uraufführung der Oper. Der Komponist bedankt sich für eine Sendung Obst: „Der stets ‚köstliche Frucht‘ spendenden Freia immer wieder erneuten Dank u. herzliche Grüße! Bitte auch Ihrem verehrten Generalintendanten, der mich mit seiner Strausswoche im Frühjahr hoch erfreut hat u. College Albert meine schönsten Empfehlungen! Schade daß man nicht mehr reisen kann! Auf Wiedersehn am 28. Oktober in München ...“. - An diesem Tag fand die Uraufführung von Strauss‘ letzter Oper, „Capriccio“, am Münchener Nationaltheater statt, mit Viorica Ursuleac in der Rolle der Gräfin Madeleine. - Die Bildseite der Karte zeigt in einiger Entfernung das Ehepaar Strauss auf dem Rasen vor dem „Landhaus Richard Strauss“ in Garmisch, im Hintergrund die Berge. - Beiliegend eine Orig.-Photographie (18 x 13 cm) von Hans Holdt, die Viorica Ursuleac als Gräfin Madeleine in Strauss‘ „Capriccio“ (1942) zeigt, auf der Bildseite von der Künstlerin signiert.
2935 - Gregor, Joseph, österr. Theaterwissenschaftler, Theater- und Musikschriftsteller, Leiter der Theatersammlung der Österr. Nationalbibliothek, schrieb 3 Libretti für Richard Strauss (1888-1960). Konvolut von 2 eigh. und 11 masch. Briefen. Zus. ca. 23 S. Meist gr. 4to. Wien, Venedig, Mailand und Bad Gastein 1937-1940. 600 € Umfangreiche Briefe an die Schauspielerin Adelina Vulcu in Orastie, Rumänien, die versuchte, von ihr übersetzte Theaterstücke rumänischer Autoren über Gregor bei Wiener Bühnen anzubringen. Im August 1937 erklärt er, weshalb er das rumänische Stück „Rote Rosen“ noch nicht für österreichische Bühnen bearbeiten konnte. Er sei krank und infolgedessen zur Kur in Bad Gastein gewesen. „... Soviel ich aber arbeiten konnte - und durfte, musste ich für Direktor [Rudolf] Lothar mein Stück ‚Kaiser Maximilian I.‘ schreiben, das er, wie Sie wissen, schon mehrmals angekündigt hat. Ich bin noch nicht ganz fertig, auch eine andere Bühne verlangt ein Stück von mir. Gewiss aber habe ich mich mit den ‚Roten Rosen‘ beschäftigt und hat sich leider unsere Wahrnehmung bestärkt, dass der Autor wohl ein Dichter, aber kein Dramatiker ist. Wenigstens nicht in diesem Stücke, das nur auf Schönheit der Sprache und der Gedanken gestellt ist. Da hat er freilich in Ihnen die allerbeste Helferin, denn ich muss immer mehr bewundern, mit welchem Verständnis, welcher Liebe, aber auch welchem Geschick Sie Ihre Arbeit geleistet haben! Wenn der Autor auch an mir einen Helfer finden soll, so bedarf es dazu einer gründlichen Umarbeitung ...“ [3. VIII.1937]. - Als Leiter der österr. Theatersammlung bietet Gregor sich für eine ähnliche Institution in Rumänien an: „... Ich habe Ihren lieben Brief nach Berlin nachgesendet erhalten. Ich war dort zur Aufführung der beiden Opern, die sehr schön waren. Auch das übrige Theater interessant, aber nicht alle Eindrücke waren erfreulich. Ich danke Ihnen sosehr, dass Sie sich für mich bemühen. Sie wissen, dass ich nicht glücklich bin. Ich habe in Berlin noch nichts von den Aufführungen bei Ihnen gehört. Ich möchte sehr gerne nach Rumänien kommen und vor Allem die Bukowina sehen. Wirklich habe ich mir gedacht, wenn Sadoveanu jetzt einen so hohen Posten einnimmt, dass ihn vielleicht die Errichtung eines solchen Institutes, wie ich es hier habe, interessieren wird. Er hatte stets große historische Interessen. An der Sprache kann die Sache nicht scheitern, ich spreche recht gut französisch und könnte wohl schon in einigen Monaten wieder rumänisch sprechen, das ich ja als Kind gesprochen habe [11.III.1939] ... Wenn Sie Herrn Sadoveanu sehen, so bitte ich, ihm zu erzählen, dass auch in diesem Jahre die Reichstheater-Festwoche in Wien stattfindet. Aus diesem Anlass
_________________________________________________________________________________________________________ Musik, Theater und Film
2930
149
Musik, Theater und Film __________________________________________________________________________________________________________ würde als in Wien. Mit fortschreitender Lebensmittelknappheit im Krieg sendet sie Speck, Butter, Tee und andere Bedarfswaren, ja sogar Seife. Am 30. Jan. 1940 schreibt er von einer Reise nach Rom aus Venedig: „... Die Sensation, in einem freundlichen Lande ohne Krieg zu sein, ist hervorragend. Es ist eine Erholung der Nerven, die kaum zu beschreiben ist. Der überaus glückliche Umstand, daß in einer Stunde die italienische Premiere des ‚Friedenstag‘ beginnt, und ein Vortrag in Rom hat mir diese Reise ermöglicht. Ich vertrete den Komponisten und werde in Rom über das Werk sprechen ...“. Auf der Rückreise schreibt er aus Mailand: „... Ich habe unverdient glückliche Tage gehabt, konnte drei Vorträge halten, in offiziellem Auftrag, und also drei Wochen von Wien fernbleiben ... Ich habe mich endlich mit den Nerven erholt und in der ganzen Zeit höchstens 2 Schlafpulver gebraucht, während ich in Wien fast nie ohne Schlafpulver schlafen kann...“. Auch zur politischen Lage äußert er sich vorsichtig: „... Ich habe jetzt also endlich kennengelernt, wie die Sache steht. Nicht besonders rosig. Für niemanden. Auch für Sie nicht. Nicht persönlich, Gottseidank, aber im Ganzen. Gott gebe, dass die schwere Prüfung, die uns allen auferlegt ist, bald vorübergeht ...“ [16.II.1940]. - Die von Stefan Zweig begonnene Arbeit am Textbuch zum „Friedenstag“ wurde durch seine Emigration abgebrochen. Aber Zweig schlug vor, Joseph Gregor das Libretto ausführen zu lassen. Die Partitur der 1936 fertiggestellten Oper widmete Strauss dem Dirigenten Clemens Krauss und dessen Frau, der Sopranistin Viorica Ursuleac. - Beigegeben ein Blatt aus einem Autogrammbuch, das 13 Eintragungen enthält, darunter die Signatur von Torsten Ralf, dem ersten „Apoll“ in Strauss-Gregors „Daphne“; ferner Signaturen von dem Komponisten Alfredo Casella, dem Schriftsteller Felix Salten, der Fürstin Sophie von Albanien, dem Erzherzog Clemens Salvator und anderen Personen des europäischen Adels. 2939
2936 Strawinsky, Igor, Komponist (1882-1971). Gedruckte Dankeskarte mit eigh. Zusätzen und Unterschrift „Igor Strawinsky“. 1 S. (roter Kugelschreiber). Quer-kl. 8vo. Hollywood, Juni 1957. 200 €
werde ich neuerlich eine Ausstellung machen, aber viel grösser als im vorigen Jahre ... Am 10. Juni ist die grosse Feier für Richard Strauss, in der Oper, mit Aufführung meines ‚Friedenstag‘ und Rede von Herrn Reichsminister Dr. Goebbels ... Die Eröffnung findet durch Herrn Reichsminister Goebbels in Anwesenheit von Richard Strauss statt, hier im großen Saal der Bibliothek. Vielleicht interessiert es Herrn Sadoveanu, wenn ich ihn mit Meister Richard Strauss bekanntmache, was ich sehr gern tun werde ... Das Theater ist um diese Zeit ganz vorzüglich, da gewiss wieder Gründgens spielen wird, einer der besten Darsteller, die wir besitzen [17.III.1939] ... Ich habe Gelegenheit gehabt, Herrn Direktor Röbbeling [den Burgtheater-Direktor] in der Angelegenheit des Stückes zu sprechen. Herr Direktor Röbbeling ist geneigt, in Verhandlungen mit mir einzutreten, stellt aber eine Vorbedingung: Er muss sicher wissen, dass Herr Barsan ein führender Autor bei Ihnen ist und dass er den offiziellen Stellen bei Ihnen als repräsentativer Autor angenehm und erwünscht ist. Dir. Röbbeling sagte, er ist ja persönlich davon überzeugt, wenn ich es ihm sage, er muss aber eine offizielle Bestätigung haben, denn er hat einmal mit einem anderen Staat eine Schwierigkeit gehabt ...“ [4.IX.1939]. - Mit den folgenden Briefen sendet Gregor ihr Bücher und Bilder zum Theater, wünscht sich mit immer zärtlicheren Handküssen Zivilbilder von ihr und läßt immer wieder durchblicken, daß er lieber zu ihr käme und in seiner alten Heimat arbeiten
150
Auf einer gedruckten Karte mit Dank für die Glückwünsche zu seinem 75. Geburtstag fügt der Komponist handschriftlich hinzu: „To Harold Burns [sic] sincerely Igor Strawinsky. - Hollywood June / 57“. - Beiliegend ein Programmblatt (mit Defekten) der „Los Angeles Chamber Symphony Society“ von 1950, das u. a. Strawinsky mit dem Dirigenten Harold Byrns bei einer Probe zeigt.
2937 Taubert, Wilhelm, Komponist und Dirigent, langjähriger Hofkapellmeister und Musikdirektor der Kgl. Oper in Berlin (1811-1891). Eigh. Brief m. U. „Wilhelm Taubert“. 3/4 S. Doppelblatt. Berlin 8.XI.1871. 90 € An den Musikverlag Henry Litolff in Braunschweig. „... Zunächst die Frage, lese ich Ihren Namen ‚Bente‘ richtig? Ich vermag ihn aus der Handschrift nicht deutlich zu entziffern, und adressire deshalb einfach an die Firma der Verlagshandlung. Anbei übersende ich die 4 Lieder, aus dem Werthvollsten gewählt, was ich habe, hoffentlich mit glücklichem Griff. Ich bitte mir eine Correctur mit dem Manuscript zugehen zu lassen, da ich darin sehr sorgsam bin ...“. - Beiliegend der eigh. Lieferschein: „Ich bleibe hier. Liebeslied. Schön Margot. Des Kindes Frage. - 4 Gesänge mit Begleitung des Pianoforte von Wilhelm Taubert. op. 182.“
_________________________________________________________________________________________________________ Musik, Theater und Film 2938 Thomas, Ambroise, französ. Komponist, Direktor des Pariser Konservatoriums, vor allem erfolgreicher Opernkomponist, Kommandeur der Ehrenlegion (18111896). Eigh. Brief m. U. „Ambroise Thomas“. 1 S. Gr. 8vo. (Paris) 1.XI.1865. 150 € An einen Präsidenten. „... Il m‘est impossible de me rendre Samedi prochain à la Commission, pour l‘examen des pièces de poésie: C‘est le jour et l‘heure de notre Séance à l‘Institut, et je préside. Mon absence ne pourrait certes vous empêcher de terminer votre examen et de prendre une décision, mais peut être n‘aurez vous pas Berlioz non plus ...“.
2939 - Porträt-Fotografie mit eigh. Widmung auf dem Untersatzblatt. 27,5 x 21 cm (Bildformat 12,5 x 8,5 cm). O. O. u. J. 250 € „A ma chère petite amie Lucile Hillemacher, Souvenir affectueux Ambroise Thomas.“. - Kleiner Kratzer auf dem Fotopapier. - Dabei: Derselbe. Eigh. Brief m. U. „Ambroise Thomas“. 2 ¾ S. 8vo. Paris 18.VI. 1894. - Liebenswürdiger Dankesbrief an den Verleger Ricordi in Mailand, der ihm wohl zu einer Aufführung gratuliert hatte. „... Depuis un mois je suis débordé, accablé par mille affaires et par la Présidence de mes Jurys d‘examens du Conservatoire ... J‘ai été très sensible à votre bien aimable lettre et à vos félicitations qui me sont précieuses ... Madame Ambroise Thomas se joint à moi et me charge de la rappeler à votre bon souvenir. Veuillez faire agréer mon hommage à Madame Ricordi ... Avec cette lettre je fais partir ma photographie que vous avez eu l‘amabilité de me demander et que je suis heureux de vous offrir.“ - Mit Briefkopf „Conservatoire National de Musique et de Déclamation. Cabinet du Directeur“. - Ferner ein weiterer eigh. Brief von Thomas (6.III.1886) an einen Freund: „... Maurel [wahrscheinlich der Bariton Viktor Maurel] demande qu‘on lui recede sa partition le plus tôt possible. Ne lui donnez pas de pretexte à retard. Priez donc Mengin de prendre testement les doubles notes et variantes dont il a besoin ...“. - Zus. 3 Teile.
2933
Abbildung
2940 Veerhof, Carlos Enrique (auch: Heinrich), deutschargentinischer Komponist, lebte zuletzt in Murnau am Staffelsee (1926-2011). Eigh. Musikmanuskript mit Widmung u. U. „Carlos H. Veerhof“. 4 S. (Bleistift) auf 22zeiligem Notenpapier. Doppelblatt. Folio. O. O. (ca. 1975). 150 € „Skizzenblatt zu ‚Dorefamie‘, Klangspiele für junge Orchester, Herrn Dr. K.-H. Ruppel in Verbundenheit und Herzlichkeit gewidmet. Ihr Carlos H. Veerhoff. - Juli 75“. - Karl-Heinz Ruppel war viele Jahre Theaterkritiker bei der Kölnischen Zeitung, später bei der Süddeutschen Zeitung. - Unter Glas gerahmt.
2941 Vielhaber, Heinrich (Heinz) Wilhelm, Komponist und Musikpädagoge in Coburg (geb. 1903). Eigh. Musikmanuskript mit Namenszug beim Titel und mit eigh. Widmung. 2 S. auf 12zeiligem Notenpapier. Doppelblatt. Gr. 4to. Coburg „1945/1994“. 180 €
„Altdeutsches Minnelied für Alt und Klavier. Senta gewidmet.“ Vollständiges Manuskript; am Schluß die eigh. Widmung: „... zum Gedenken an manchen schönen Liederabend. Coburg, Februar 1994 Heinz Vielhaber“. - Vielhaber schrieb symphonische und kammermusikalische Werke sowie mehrere Bühnenwerke. - Unter Glas gerahmt. - Dabei: Otto Karl Mathé, Komponist (geb. 1936). Eigh. Musikmanuskript mit Namenszug „Otto Karl Mathé“ beim Titel. 2 S. (Bleistift) auf 12zeiligem Notenpapier. 2 Bl. Gr. 4to. O. O. u. J. - „Yamins Stationen, für Mezzoso pran und vier Instrumente, nach Text von Peter Härtling“. Die ersten 15 Takte eines Gesangsstücks mit Begleitung von Flöte, Oboe, Viola und Violoncello. - Unter Glas gerahmt.
2942 Vrieslander, Otto, Komponist, Pianist, Musikwissenschaftler und Musikpädagoge (1880-1950). 1 eigh. Brief und 1 eigh. Postkarte m. U. „Otto Vrieslander“. Zus. 2 S. Gr. 4to und quer-8vo. München 12.IV. und 25.VII.1904. 180 € An seinen Freund Carl Friedrich Schulz-Euler in Frankfurt am Main. Auf der Postkarte schreibt er u. a.: „... Willst Du die Freundlichkeit
151
Musik, Theater und Film __________________________________________________________________________________________________________ An den Arzt und Musikschriftsteller Auguste de Gaspérini (1823-1868) in Paris, der Wagner 1860 dort mit einflußreichen Personen bekannt gemacht und ihm Kredite zur Finanzierung der defizitären Konzerte vermittelt hatte. Jetzt in München gibt sich Wagner verzweifelt, obwohl König Ludwig ihm zwei Tage zuvor auf der Basis eines neuen Anstellungsvertrages 40.000 Gulden in Münzen hatte auszahlen lassen, die Cosima in Säcken per Kutsche nach Hause transportierte. „... voilà les 3000 fr. - Vous serez aimable de vouloir dire tout ce qu’il y a de plus touchant à Mr. Lucy de ma part. Vos nouvelles sont très affligeantes pour moi! Que de misère! Que de misère! Pour moi je suis absolument au but de la capacité de souffrir - j’arrive à l’état de non-impressiona bilité. - Vous aurez sous peu de jours ce qu’il faut pour ma planifica tion française. Portrait - autographe - tout - seulement vous contentez aujourd’hui avec l’argent ... O dieu! Combien jaimerais de pouvoir contribuer à vous recompenser de votre belle amitié!! - Pardonnez ces quelques lignes frivoles - je voulais vous envoyer sitôt que possible l’argent! ...”. - „Mr. Lucy“ war General-Steuerpächter von Marseille und privat ein Wagner-Verehrer. - WBV 4306. - 3 Tintenwischer auf der ersten Seite. Abbildung
„l‘abstruseté de ma musique“ 2944 - Eigh. Brief m. U. „Richard Wagner“. In franz. Sprache. 4 S. Gr. 8vo. Luzern 4.II.1869. 6.000 €
2944
haben, und meine beiden Lieder Dir selbst kopieren, da ich nicht dazu komme. Und dann sende sie mir so bald als möglich zurück, da ich sie nach Wien zu schicken beabsichtige. - Hier ist es u. a. besonders der Aesthetiker Dr F. Blei, den meine Sachen sehr interessieren. Aber auch Frank Wedekind hat mir sein Compliment darüber gemacht ...“ [12. IV.1904]. Der Brief handelt von Vrieslanders Wunsch, im Urlaub bei Schulz-Euler Unterkunft zu finden. „... Du weißt, aus welchen inneren Gründen ich grade zu Dir komme. Ich wünsche nichts weniger, als in den Ferien Hotelreisender zu sein. Kannst Du mich ein paar Wochen gebrauchen? Ich wünschte, abgesehen von der Lust, Deine Sammlungen nochmals genauer zu inspizieren, mit Dir hier + da in den Taunus zu fahren und Dir vieleicht Anregungen zu geben ... Hast Du Platz? Du weißt: Gänzlich sans gêne. Ich gehöre zu den Primitiven. Ich würde dann einen Abstecher nach Köln unternehmen ...“ [25.VII.1904]. - Der Brief mit Faltenrissen, teils unterlegt.
„Que de misère!“ 2943 Wagner, Richard, Komponist und Dirigent (18131883). Eigh. Brief m. U. „Rich Wagner“. In franz. Sprache. 2 S. Doppelblatt. 8vo. München 20.X.1865. 4.500 € 152
An Frances Flaxland in Paris, die er mit „Chère Madame et Amie“ anredet. Frances („Fanny“) Flaxland war die Ehefrau von Wagners Pariser Musikverleger Guillaume Flaxland. Wagner antwortet auf einen Brief von Frances und auf eine am Vortag eingetroffene Sendung ausführlich über die aufgetretenen „Rienzi“-Probleme in Frankreich, wobei er auch die „Meistersinger“ erwähnt: „... Dès hier la boîte à musique est également arrivée et elle n’a pas tardé de causer un plaisir indescriptible aux petits enfants d’un ami, qui viennent très souvent me visiter dans ma solitude. Vous avez plus que promptement répondu à mes désirs à ce sujet que je vous n’ai fait exprimer que par une sorte de sailli communiqué à notre ami Nuitter ... Du reste vos plaintes au sujet des importunités que causent à notre cher Flaxland les vieux pédants aussi bien (ou mal!) que les jeunes demoiselles à cause de l’abstruseté de ma musique m’ont singulièrement affligé. Quel conseil à lui donner pour se défaire de ces tracasseries? Il m’a un jour reproché de ne pas avoir donné à lui la proprieté des ‚Maitres chanteurs‘. Eh bien! Il trouve peut-être maintenant que je lui ai rendu un service par cela? L’affaire de Rienzi était très ennuyeuse: tout le mal repose dans la miserabilité (sous tous les rapports!) de ce vil bouquiniste musical de Dresde, qui pourtant seul a su tirer bon profit de la chaleur de Mr. Flaxland pour ma musique. Il m’a fallu quelque temps pour voir clair dans ce trame de mesquineries qui a causé ces incorrectitudes dans l’édition française. Maintenant tout est réglé si l’on se tient strictement au pages complets de la partition de grand orchestre autographiée, qui - autre effet des singuliers promptitudes auxquels je suis exposé de tems en tems - a été vendu à Mr. Pasdeloup par quelqu’un, pendant qu’elle appartient seulement à moi! Les plus récentes nouvelles m’apprennent, que le Théâtre Lyrique se trouve mal, et que les études de Rienzi sont remises. Pour vrai dire, cela nous ne fera pas grand tort: tout m’indique que nous aurions abouti à une vilaine affaire avec ce bon, mais - cela me semble - bien confus et inexperimenté Mr. Pasdeloup. Quoiqu’il en soit, je ferai toujours de mon mieux pour aider partout où il a besoin de mon assistance. - Maintenant, chère et vénérée amie, qui était toujours si bonne et compatis-
_________________________________________________________________________________________________________ Musik, Theater und Film sante pour moi, soyez encore une fois bien cordialement remerciée ...“. - Der Brief ist in der Villa Tribschen verfaßt, Wagners Wohnsitz vom 1. April 1866 bis 22. April 1872. In dieser Zeit vollendete er die Oper „Die Meistersinger von Nürnberg“. Bei den im Brief genannten Kindern handelt es sich um Isolde und Eva von Bülow, deren leibliche Eltern Wagner und Cosima von Bülow waren. Mit der Partitur zu „Rienzi“, die Wagner seit 1840 immer wieder verändert hatte, gab es einige Verwirrung. Die Partitur, die Wagner in Paris verwendet sehen wollte, war die Version, die sein Mainzer Verleger Schott an Jules Guillaume (der das Libretto gemeinsam mit Charles Nuitter übersetzte) gesandt hatte. Was Wagner nicht wollte, war eine deutsche Version, die Flaxland jetzt wohl in Händen hatte und von einem „vile bouquiniste“ aus Dresden stammte. Der genannte Jules Pasdeloup, ein erfolgreicher Dirigent und unermüdlicher Verfechter von Wagners Musik, war im August 1868 zum neuen Direktor des „Théâtre Lyrique“ ernannt worden. Am 2. Februar, zwei Tage vor dem vorliegenden Brief, notiert Cosima in ihrem Tagebuch, dass Wagner die Nachricht aus Paris erhalten habe, Pasdeloup stehe vor dem Bankrott. Das Gerücht erwies sich jedoch als falsch, und die „Rienzi“-Premiere fand am 6. April 1869 am „Théâtre Lyrique“ unter Pasdeloups Leitung statt. - WBV 5195. Gedruckt in der Ausgabe Sämtlicher Briefe, Bd 21 (2011), jedoch nach einer nicht ganz fehlerfreien Abschrift. - Einriss in der vertikalen Mittelfalte; sonst schöner, inhaltsreicher Brief. - Beiliegend ein radiertes Porträt Wagners (etwas stockfleckig und gebräunt) mit faksimilierter Unterschrift, umrahmt von Genien und allerlei Theater- und Musik-Symbolik (ca. 25 x 17 cm) zum „Andenken an die Parsifal Vorstellungen 1882“. Abbildung
2945 - Wagners „Tristan und Isolde“. 4 Autographen. Verschied. Formate. 1897-1910. 250 € Vorhanden: Felix Mottl, Dirigent und Komponist, Generalmusikdirektor und Akademiedirektor in München (1856-1911). Eigh. Brief m. U. „Felix Mottl“. 2 S. 8vo. Karlsruhe 20.V.1902. - An einen Freund. „... Erstens: treffe ich Sie, zwischen 8 und 14 Juni in Paris? Ich werde dort einige ‚Tristan‘-Aufführungen dirigiren. Ich möchte wieder einmal mit Ihnen tratschen u. plauschen! Zweitens: In welches Hôtel soll ich gehen? Ich komme als Junggeselle, möchte anständiges Zimmer haben (nicht vier Stunden von der Stadt entfernt!) und nicht ein Heidengeld bezahlen ...“. - Mottl erlitt bekanntlich bei seiner 100. Aufführung von „Tristan und Isolde“ einen Zusammenbruch, der wenig später zu seinem Tod führte. - Hermann Winkelmann, Tenor, Mitglied der Wiener Hofoper, wirkte in Hamburg, London, Nordamerika etc. (1849-1912). Postkarte mit Rollenporträt-Photo als „Tristan“ nebst Text-Zitat und Unterschrift. (Wien 1897). - Anna von Mildenburg (später verh. Bahr), Sopranistin, langjähr. Mitglied der Wiener Hofoper (1872-1947). Rollenphoto-Postkarte als „Isolde“ mit eigh. Namenszug „Anna von Mildenburg“. - Illustriertes Kartonblatt mit zahlreichen kleinen Aquarellen und insges. 21 Signaturen von Sängern, Schauspielern und Artisten. 29,2 x 23,5 cm. (London) 19061910. - Die unvollständig gebliebene Rückseite des Blattes ist bezeichnet: „The Beacham Season 1910 Covent Garden“ und enthält in farbig gerahmten Kästchen Eintragungen von den Sängern Ejnar Forchhammer („ ‚Tristan und Isolde‘ is the greatest artistical work of the world“), Walter Hyde, Giuseppe de Lucca, Ruth Vincent und anderen. - Die reizend illustrierte Vorderseite des Blattes ist bezeichnet: „Coliseum Revue. W. Morgan June 1906“ und enthält neben 16 Aquarellen die Signaturen von Londoner Music Hall-Stars, darunter George und Harry Lupino und die spätere Filmdiva Billie Burke (Frau von Florenz Ziegfield).
2943
2946 - Große Wagner-Sängerinnen. 7 Autographen. 1887-1907. 350 € 4 eigh. Briefe, 3 Photos mit Widmung; dazu eine nicht signierte Cabinet-Photographie. Vorhanden: Marianne Brandt (berühmte „Kundry“. Eigh. Brief, 4 S. Wien 1903. - Ausführlich über gesangstechnische Mängel bei einer ihrer Schülerinnen). - Ellen Gulbranson (eigh. Rollenphoto-Postkarte als „Brünnhilde“. Sandvik 1907. - An den Dirigenten Hans Richter. Mit Zitat aus „Siegfried“, Weihnachtsgruß und Unterschrift „Ellen Brünnhilde“). - Marie Gutheil-Schoder (schönes Cabinet-Photo als „Gutrune“, mit eigh. Signatur. - Amalie Joachim (Ehefrau Joseph Joachims. Eigh. Brief m. U. „Amalie Joachim“ und Umschlag. 4 S. 8vo. Berlin 1887. - An den Konzertmeister Henri Petri in Leipz ig). - Katharina Klafsky (eigh. Brief m. U. „Käthe“, 7 S. Gr. 8vo. Berlin 1887. - Köstlicher Primadonnen-Brief über ihre Rivalin Rosa Sucher in Wagner-Partien). - Felia Litvinne (signierte Rollenphoto-Postkarte als „Brünnhilde“ mit Pferd Grane). - Amalie Materna (die erste „Brünnhilde“ und die erste „Kundry“ in Bayreuth. Nicht signierte Cabinet-Photographie). - Marie Sasse (die erste Pariser „Elisabeth“, Wagner widmete ihr eine Tannhäuser-Partitur). Eigh. Brief m. U. „M. Sasse“. 1 S. 8vo. O. O. u. J. - An M. Delvoux. - Aus dem Brief von Katharina Klafsky (Königl. Opernhaus Berlin) lohnt sich ein längeres Zitat: „... Ich hatte in letzter Zeit mit der Intendantur des Opernhauses einen so kolossalen Briefwechsel wie Du Dir nicht vorstellen kannst. Denke Dir nur liebe Emmy, ich hatte für 3 Gastrollen abgeschlossen und zwar für die Brünnhilde in „Die Walküre“ und Isolde in „Tristan und Isolde“ oder
153
Musik, Theater und Film __________________________________________________________________________________________________________ mißfallen ... Die erste Arie sowie das Gebet sollen furchtbar gewesen sein, alles zu tief. Als sie mich im Opernhause abends in der Garderobe sah, begrüßte sie mich mit den Worten: Na, müssen Sie mir denn, zum Teufel holen, alles nachmachen? ...“ (usw.). - Schöne Sammlung von Kabinettstücken für Opernliebhaber. Abbildung
2947 - Wagner, Siegfried, Sohn Richard Wagners, Komponist und Leiter der Bayreuther Festspiele (1869-1930). 1 eigh. Brief und 3 eigh. Postkarten m. U. „Siegfried Wagner“ bzw. „Wolf“. Zus. ca. 5 S. Kl. 4to bzw. 8vo. 19051908. 300 €
2946
„Fidelio“. Nun hatte aber Frau Sucher zweimal die Sieglinde contraktlich und sollte ich, nachdem ich schon einmal die Brünnhilde in der Walküre gesungen hatte, dieselbe wiederholen und wäre mein Gastspiel somit zu Ende gewesen. Das fiel mir nun aber nicht ein zu thun, sondern ich bestand eben auf meinem Contrakt ... Die Isolde konnten sie mir nicht geben, weil sie auch die Sucher contraktlich hat und weil Niemann den Tristan auch nicht singen wollte und die Walküre durfte auch nicht aus dem Repertoir genommen werden ... Ich bin also um die Isolde, auf die ich mich so sehr freute, gekommen; es that mir dies furchtbar leid, ich hätte die Rolle zu gern hier gesungen. Das Fett hat Frau Sucher in der Walküre abgeschöpft, denn sie sang mit Niemann und wurde mit ihm zusammen nach dem ersten Akt fünfmal gerufen, den Vogel habe aber entschieden ich abgeschossen, denn ich hatte einen traurigen Partner in Prolog, der den Wotan sang und [ich] wurde zum Schluß auch 5 mal stürmisch gerufen ... Natürlich hat die Sucher in allererster Reihe den Davidsohn, mit dem sie ja auf das intimste befreundet ist, auf ihrer Seite, aber Professor Ehrlich, Engel und eben alle wirklichen Musiker, waren sich einig, daß meine Stimme schöner und und die Darstellung auf gleicher Höhe wie die der Sucher sei, verschiedentliche stellen mich höher als sie. Als Elisabeth hat sie sehr
154
An die hoch dekorierte, großherzogl. badische Kammersängerin Katharina Fleischer-Edel vom Hamburger Stadttheater. Während die Postkarten in Bayreuth, St. Anne und Hamburg geschrieben sind, stammt der Brief vom 25.VIII.1905 aus Bayreuth: „... Intendant von Hülsen schreibt mir, ob ich es veranlassen könnte, dass gelegentlich des Bühnenangehörigen-Congresses in Hamburg im Nov. mein Bruder Lustig aufgeführt werde (nicht die Uraufführung). Es wäre schon sehr schön, wenn Sie bei dieser Gelegenheit die Walburg singen könnten. Glauben Sie, dass es mit Ihren Reisedispositionen sich einrichten liesse? - Ich komme eben von herrlichen Hochtouren zurück. War 3800 hoch! - Ist mir aber auch grossartig bekommen. Wenn ich nur nicht wieder dicker werde ...“. - Intendant von Hülsen: der Berliner Generalintendant der Kgl. Schauspiele, Georg von Hülsen-Haeseler. - Die Uraufführung von Siegfried Wagners Oper „Bruder Lustig“ fand am 13. Oktober 1905 in Hamburg statt. - Auf einer Karte vom Januar 1908 schreibt Siegfried aus Hamburg: „... Frau Ellen von Siemens giebt in Berlin ein Souper nach dem Concert u. wollte Sie dazu einladen. Haben Sie Lust? Dann bitte ein Wörtchen nach Stettin, Hôtel de Prusse. Ihr doch nicht ganz so gräulicher Siegfried Wagner“. - Der Brief leicht fleckig und mit Faltenrissen. - Beiliegend 1 Brief (1906) und 1 Postkarte (1906) von Cosima Wagner, gleichfalls an das Ehepaar Fleischer-Edel gerichtet und unterzeichnet „C. Wagner“ bzw. „CW“. Beide zeigen jedoch nicht Cosimas Handschrift, sondern sind offenbar in deren Auftrag einschließlich der Unterschrift von Tochter Eva Wagner geschrieben. - Zusammen 6 Teile.
2948 Weingartner, Felix, Edler von Münzberg, österreichischer Komponist und Dirigent, Hofkapellmeister in Berlin, Nachfolger Gustav Mahlers in Wien, später Dirigent des Basler Symphonieorchesters und Akademiedirektor (1863-1942). Eigh. Signatur auf einer gedruckten Einladungskarte zu einem Ehrendîner der „Union Française de la Société Universelle du Théâtre“. Paris, Restaurant Langer auf den Champs Elysées, 17.IV.(1923). 90 € Wohl im Zusammenhang mit Weingartners 60. Geburtstag gegebenes Ehrendîner. Die Karte ist außer von Weingartner auch (alle auf der Textseite) von der Comtesse de Noailles, Charles Méré, Maurice Rostand, Paul Painlevé, Louis Barthou und Gaston Ragest unterschrieben. - Weingartner war ein hervorragender Dirigent, aber äußerst empfindlich und dünnhäutig und sah sich überall von Feinden umgeben, so dass er in seinen „Erinnerungen“ immer die Festessen hervorhob, die seinen künstlerischen Rang bestätigten. - Verso ein hs. Verzeichnis der Signaturen.
_______________________________________________________________________________________________________________________________________________________
Register A Abraham, Gebrüder 2820 Aguesseau, Henri François d‘ 2748 Albert, Eugen d‘ 2861 Albrechtsberger, Johann G. 2862 Alchimie 2663-2665 Alexander Graf von Württemberg 2810 Alexis, Willibald 2501 Alma-Tadema, Sir Lawrence 2821-2822 Alt-Württembergische Geschlechter 2818 Annunzio, Gabriele d‘ 2502 Arndt, Ernst Moritz 2503 Arnim, Bettine von 2504 Artmann, H. C. 2506-2508 Auerbach, Berthold 2509 B Barbey d‘Aurevilly, Jules 2510-2512 Bauer, Paul 2735 Bäuerle, Hermann 2823 Behrens, Peter 2824 Beireis, Gottfried Christoph 2667 Bendemann, Eduard 2825 Benecke, Georg Friedrich 2513 Benedikt XIV., röm. Papst 2784 Berendsohn, Walter Arthur 2505 Bergmann, Ernst von 2668 Bernhard, Thomas 2514 Bernoulli, Johann 2670 Berthelot, Marcelin-P.-E. 2671 Berton, Henri 2863 Bertuch, Friedrich Justin 2541 Bialas, Günter 2864 Billroth, Theodor 2672 Bismarck, Otto Fürst von 2741 Björnson, Björnstjerne 2515 Bloch, Ernst 2673-2676 Bockholt, Erich 2516 Böhmisches Streichquartett 2865 Borodin, Mikhail von 2743 Bossut, Charles 2677 Boulez, Pierre 2866 Brandes, Wilhelm 2612 Bresgen, Cesar 2867 Brichanteau, Nicolas de 2749 Brod, Max 2517 Broglie, Louis de 2678 Bülow, Hans von 2868 Bultmann, Rudolf 2679 Busoni, Ferruccio 2869 C Campan, Jeanne L. H. 2680 Canetti, Elias 2518-2519 Carl Albrecht v. HabsburgAltenburg 2745 Carl II. Eugen, Herzog von Württemberg 2802-2803 Carmen Sylva 2520
Castelnuovo-Tedesco, Mario 2870 Chemiker, Physiker, Mineralogen 2681 Christof Herzog zu Württemberg 2798 Chwatal, Franz Xaver 2871 Claudel, Paul 2521 Clausen, Henrik Nicolai 2682 Clémenceau, Georges 2750-2753 Cocteau, Jean 2872 Cohn, Ludwig Adolf 2683 Coubertin, Pierre Baron de 2684 Curie, Pierre 2685 Czechowski, Heinz 2522
Friedrich I., Großherzog von Baden 2738 Friedrich I., König in Preußen 2759 Friedrich I., König von Württemberg 2807-2808 Friedrich II., der Große 2760-2765 Friedrich Wilhelm, Kurfürst von Hessen-Kassel 2770 Friedrich Wilhelm III., König von Preußen 2766 Fröbel, Friedrich 2694 Frobenius, Leo 2693 Fühmann, Franz 2536 Furtwängler, Wilhelm 2882
D Dahn, Felix 2523 David, Félicien-César 2873 Dehmel, Richard 2524 Délibes, Léo 2874 Deneken, Arnold Gerhard 2744 Deville, Henri Et. S. Cl. 2686 Diepenbrock, Melchior 2746 Doderer, Heimito von 2525 Donizetti, Gaetano 2875 Dörfler, Anton 2526 Dorsch, Käthe 2876 Dreyschock, Alexander 2877 Drouet, Juliette 2576 Dumont, Louise 2878
G Gallas, Matthias Graf von 2747 Gallmeyer, Josefine 2883 Gambetta, Léon 2754 Gegenbaur, Carl 2695 Geibel, Emanuel 2537 Geis, Jakob 2884 Geistinger, Marie 2885 Gentile, Giovanni 2696 Gentz, Friedrich von 2767 Glassbrenner, Adolf 2538 Goethe, Johann Wolfgang von 2539-2540 Gotter, Friedrich Wilhelm 2554 Gounod, Charles 2886 Granville, George L. 2768 Gregor, Joseph 2935 Gries, Johann Diederich 2555 Grisebach, Eduard 2556 Große Dirigenten 2887 Große Wagner-Sängerinnen 2946 Guldberg, Ove 2769 Gumppenberg, Hanns von 2557 Gustav Kardinal zu HohenloheSchillingsfürst 2817 Gutzkow, Karl 2558
E Eberhard III., Herzog von Württemberg 2801 Ehlers, Walter 2527 Einstein, Albert 2688 Ernst, Max 2828-2829 Ernst I., Fürst von HohenloheLangenburg 2815 Eß, Leander van 2689 Falla, Manuel de 2879 Fallada, Hans 2528 Feininger, Lyonel 2830-2831 Felix, Prinz zu HohenloheOehringen 2816 Feuchtersleben, Ernst von 2529 Field, Henry 2690 Fischer, Theodor 2832 Foerster, Wilhelm 2691 Fontane, Theodor 2530 Fortner, Wolfgang 2880 France, Anatole 2531-2533 Franchomme, Auguste-J. 2881 Frank, Bruno 2596 Franziska, Herzogin von Württemberg 2804 Freud, Sigmund 2692 Freytag, Gustav 2534 Fried, Erich 2535 Friedrich Eugen, Herzog von Württemberg 2806
H Hagen, Friedrich H. von der 2559 Halm, Friedrich 2560 Handke, Peter 2561 Hanslick, Eduard 2888 Harden, Maximilian 2562 Hauptmann, Gerhart 2563-2564 Haushofer, Karl 2697 Heller, Stephen 2889 Helmholtz, Hermann von 2698 Henselt, Adolf von 2890 Henze, Hans Werner 2891 Hesse, Hermann 2566-2569 Heyne, Christian Gottlob 2699 Heyse, Paul 2570 Hildebrand, Adolf von 2833 Hillebrand, Joseph 2571 Historiker 2700 Hoepli, Ulrico 2565
Hofmann, Ludwig von 2834 Holm, Korfiz 2572 Holtei, Carl von 2573 Holtzendorff, Franz von 2701 Holz, Arno 2574-2575 Honecker, Erich 2771 Hotel „Vier Jahreszeiten“ 2892 Humboldt, Alexander v. 2702-2703 I Ibsen, Henrik 2577 Idstein im Taunus 2772 J Jandl, Ernst 2578 Jansen, Friedrich Gustav 2893 Jaques-Dalcroze, Émile 2894 Johann Ernst II., Herzog zu Sachsen-Weimar 2790 Johann Georg II., Kurfürst von Sachsen 2773 Jungmann, Albert 2895 Justi, Ferdinand 2704 K Karl Friedrich, Kurfürst von Baden 2736 Kerr, Alfred 2579 Kerschensteiner, Georg 2705 Keyserling, Hermann Graf 2580 Klabund 2581 Kleiber, Erich 2896 Kneip, Jakob 2582 Köhler, Louis 2897 Kokoschka, Oskar 2835 Kollwitz, Käthe 2836-2837 Königl. Eisengießerei Bln. 2669 Köster, Albert 2706 Kotzebue, August von 2583 Kraus, Karl 2584 Krenek, Ernst 2898 Küchenmeister, Gottlieb Friedrich Heinrich 2707 Kücken, Friedrich Wilhelm 2900 Küss, Ferdinand 2838 Küstner, Karl Theodor von 2901 L Lacôme d‘Estalenx, Paul Jean Jacques 2902 Lahmann, Heinrich 2687 Lamartine, Alphonse de 2585 Lang, Siegfried 2586 Langethal, Christian E. 2708 Laube, Heinrich 2587 Lavater, Johann C. 2542-2545 Lazarus, Moritz 2709-2710 Le Fort, Gertrud von 2588 Ledwinka, Hans 2666 Lehrbrief 2785 LeMoine, Abraham 2711
155
Register _________________________________________________________________________________________________________________________________________________________________________ Lenau, Nicolaus 2589 Leopold I., röm.-dt. Kaiser 27742775 Levi, Hermann 2903 Liebermann, Max 2839 Lind, Jenny 2904 Lingen, Theo 2905 Liszt, Franz 2906-2907 Literatur und Wissenschaft 2590 Lohbauer, Rudolf 2776 Löschhorn, Albert 2908 Lothar, Mark 2909 Louise Margarethe, Prinzessin von Preußen 2777 Luce, Maximilien 2840 Ludwig Friedrich, Herzog von Württ.-Mömpelgard 2800 Ludwig I., Großherzog von Baden 2737 Ludwig III., Herzog von Württemberg 2799 Ludwig XIV., König von Frankreich 2755 Ludwig XV., König von Frankreich 2756 Lunatscharski, Anatoli 2787 M MacCarthy, Mary Josefa 2591 Mackenzie, Sir Morell 2712 Magalhaens, Jean Hyac. de 2713 Malte Brun, Conrad 2714 Maltitz, Gotthilf August v. 2592 Mann, Heinrich 2593 Mann, Thomas 2594-2595 Marc, Maria 2841 Maria Ludowika, Kaiserin von Österreich 2546 Marie, Prinzessin von Württemberg 2811 Marschner, Heinrich 2910 Martens, Kurt 2597 Massenet, Jules 2911-2912 Matthisson, Friedrich von 2598 Meiners, Christoph 2715 Mendelsohn, Erich 2842 Menzel, Adolph von 2843-2845 Merkel, Garlieb 2599 Methfessel, Albert 2913 Meyerbeer, Giacomo 2914 Mitscherlich, Eilhard 2716 Modersohn, Otto 2846 Möllendorff, Wichard J. H. v. 2778 Moltke, Helm. Graf v. 2779-2780 Mombert, Alfred 2600 Montmartin, Friedrich Samuel Reichsgraf von 2805
156
Muck, Karl 2915 Mühlenhaupt, Curt 2847 Mühsam, Erich 2601 Müllner, Adolf 2602 Münchener Räterepublik 2781 Mynona (Friedlaender) 2603 N Napoléon III. Bonaparte, Kaiser der Franzosen 2757 Natalja, Großfürstin von Russland 2788 Nessler, Victor Ernst 2916 Neukomm, Sigismund von 2917 Niemöller, Martin 2782 Nikolaus V., röm. Papst 2783 Nolde, Emil 2848 Nordau, Max 2604 O Olden, Balder 2605 Oncken, Hermann 2717 Opernsänger d. 1920er Jahre 2918 Orff, Carl 2919 P Panizza, Oskar 2606 Parthey, Gustav 2547 Paulsen, Christian Heinrich 2548 Pechstein, Max 2849 Penzel, Johann Georg 2850 Pestalozzi, Johann Heinrich 2718 Peters, Christian J. Fr. 2719 Pfeffel, Gottlieb Konrad 2607 Philipp II. von Bourbon, Herzog von Orléans 2758 Piehl, Karl 2720 Planck, Max 2721-2722 Poelzig, Hans 2851 Poesie- und Klebe-Album 2640 Poschinger, Heinrich von 2742 Proudhon, Pierre-Joseph 2786 Pückler-Muskau, Hermann Fürst von 2608 QR Qualtinger, Helmut 2920 Raabe, Wilhelm 2610-2611 Rabes, Max 2826 Ramler, Karl Wilhelm 2613 Recke, Elisa von der 2614 Reicher, Otto 2615 Reimann, Hans 2616-2617 Reinecke, Carl 2921 Reinmar, Hans 2899 Reisiger, Hans 2618 Renoir, Jean 2922
Retzsch, Moritz 2549 Revolution 1848 2740 Rihm, Wolfgang 2923 Rimski-Korsakow, N. 2924-2925 Robert, François 2723 Robert, Herzog von Württemberg 2814 Rolland, Romain 2619 Rosa, Carl 2926 Rosegger, Peter 2620 Roth, Joseph 2621 Rouault, Georges 2852 Ruederer, Josef 2622 S Saar, Ferdinand von 2623 Saint-Saëns, Camille 2927 Saltykoff, Prinz Alexis 2724 Sand, George 2624-2626 Saucken-Julienfelde, August v. 2791 Sauerbruch, Ferdinand 2725 Scarpa, Antonio 2726 Schacht, Hjalmar 2792 Scheerbart, Paul 2627 Schefer, Leopold 2609 Schelling, F. W. J. von 2727 Schickele, René 2628 Schmidtbonn, Wilhelm 2629 Schmidt-Rottluff, Karl 2853 Schmitt, Carl 2728 Schneider, Friedrich 2928 Schönberg, Arnold 2929 Schröder, Rudolf Alexander 2630 Schubart, Christian F. Daniel 2631 Schurz, Carl 2793 Schwerdgeburth, Carl August 2550 Semjonow, Juri Nikol. 2632 Semper, Gottfried 2854 Sengle, Friedrich 2633 Sicard, Roch Ambroise 2729 Siegfried, C. 2739 Silvestre de Sacy, Antoine I. 2730 Stammbuch 2634-2638 Stammbuchblätter-Sammlung 2639 Starhemberg, Ludwig Fürst v. 2794 Stieler, Karl 2641 Strauss, Richard 2930-2934 Strawinsky, Igor 2936 Stresemann, Gustav 2795 Suttner, Bertha von 2642 T Taubert, Wilhelm 2937 Theodelinde, Gräfin von Württemberg 2812 Thomas, Ambroise 2938-2939
Thümmel, Moriz A. von 2643 Tiedge, Christoph August 2644 Trotzki, Leo 2789 Trübner, Wilhelm 2855 U Ubbelohde, Otto 2856 Unger, Friederike 2645 Unruh, Fritz von 2646 Unterrichtsanstalt des Kunstgewerbemuseums 2827 Utrillo, Maurice 2857 V Vacano, Emile Mario 2647 Vaugondy, Robert de 2731 Veerhoff, Carlos Enrique 2940 Vielhaber, Heinrich W. 2941 Vogeler, Heinrich 2858-2859 Voigt, Christian G. von 2551 Vrieslander, Otto 2942 W Wagner, Christian 2648 Wagner, Richard 2943-2944 Wagner, Siegfried 2947 Wagners „Tristan und Isolde“ 2945 Walden, Herwarth 2649 Weber, Alfred 2732 Weingartner, Felix von 2948 Weinheber, Josef 2650 Wetzlar 2796 Wien, Karl 2733-2734 Wildenbruch, Ernst von 2651 Wilhelm II., Deutscher Kaiser 2797 Wilhelm II., König von Württemberg 2813 Wilhelmine Prinzessin von Württemberg 2809 Wimpfen am Neckar 2819 Wolff, Pius Alexander 2552 Wollschläger, Hans 2652 Woltmann, Karoline von 2653 Z Zelter, Carl Friedrich 2553 Zille, Heinrich 2860 Zola, Émile 2654-2658 Zürn, Unica 2659 Zweig, Stefan 2660-2662
2593
Besitzer 1: 2521, 2586, 2591, 2671, 2677, 2678, 2680, 2686, 2696, 2711, 2713, 2714, 2723, 2729, 2730, 2737, 2746, 2748, 2754, 2768, 2778, 2794, 2820, 2879, 2886, 2902, 2912, 2926, 2948. 2: 2643, 2914. 3: 2517, 2539, 2542, 2543, 2544, 2576, 2619, 2625, 2658, 2670, 2672, 2685, 2688, 2692, 2702, 2724, 2731, 2743, 2747, 2749, 2784, 2786, 2788, 2789, 2840, 2852, 2857, 2868, 2872, 2874, 2875, 2906, 2907, 2911, 2943. 4: 2772. 5: 2863, 2871, 2873, 2877, 2881, 2888, 2889, 2890, 2893, 2895, 2897, 2900, 2908, 2913, 2916, 2937, 2938. 6: 2681, 2716, 2745, 2777. 7: 2869. 8: 2835, 2848, 2853, 2882, 2899, 2918, 2936. 9: 2634. 10: 2865. 11: 2636, 2640. 12: 2739. 13: 2761. 14: 2503, 2534, 2694, 2695, 2708, 2717, 2738, 2740, 2781, 2791, 2792, 2838, 2932, 2933. 15: 2661, 2662, 2830. 16: 2697, 2733, 2734, 2735, 2833. 17: 2546, 2589, 2642, 2718. 18: 2620, 2641, 2666, 2709, 2822, 2862. 19: 2506, 2507, 2508, 2514, 2519, 2525, 2578, 2659, 2920. 20: 2673, 2674, 2675, 2676. 21: 2790. 22: 2904, 2931, 2934, 2935, 2939, 2945, 2946. 23: 2545. 24: 2638, 2639. 25: 2892. 26: 2566, 2567, 2568, 2866, 2887, 2891, 2898, 2919, 2923, 2927, 2928. 27: 2554, 2598, 2613, 2644. 28: 2501, 2509, 2520, 2523, 2529, 2538, 2581, 2623, 2645, 2651, 2653, 2684, 2691, 2698, 2701, 2712, 2720, 2742. 29: 2827. 30: 2552, 2553, 2555, 2558, 2559, 2609, 2689, 2699, 2710, 2715, 2758, 2767, 2774, 2776. 31: 2771. 32: 2505, 2513, 2526, 2537, 2561, 2565, 2569, 2571, 2580, 2583, 2612, 2667, 2668, 2679, 2682, 2683, 2690, 2693, 2700, 2705, 2706, 2707, 2726, 2728, 2744, 2757, 2766, 2769, 2785, 2787, 2823, 2828, 2829, 2831, 2832, 2870, 2884, 2901, 2917, 2929. 33: 2510, 2511, 2512, 2531, 2532, 2533, 2585, 2624, 2626, 2654, 2655, 2656, 2657, 2750, 2751, 2752, 2753, 2944. 34: 2570, 2573, 2588, 2607, 2616, 2630, 2650, 2687, 2834, 2847, 2894. 35: 2876, 2896. 36: 2587, 2647, 2883, 2885. 37: 2842. 38: 2760, 2762, 2764, 2765. 39: 2669. 40: 2536, 2556, 2635, 2646, 2704, 2719, 2725, 2727, 2736, 2773, 2779, 2782, 2839, 2841, 2905. 41: 2860. 42: 2826. 43: 2755, 2756, 2783. 44: 2722. 45: 2759, 2796. 46: 2652. 47: 2924, 2925. 48: 2930. 49: 2515, 2541, 2547, 2548, 2549, 2550, 2551, 2560, 2592, 2593, 2597, 2599, 2602, 2604, 2606, 2608, 2614, 2622, 2627, 2631, 2648, 2649, 2793, 2821, 2824, 2825, 2846, 2849, 2850, 2851, 2854, 2855, 2856, 2858, 2859, 2861, 2903, 2910, 2915, 2921, 2942. 50: 2836, 2837. 51: 2637. 52: 2524, 2528, 2530, 2540, 2557, 2562, 2563, 2564, 2572, 2574, 2575, 2579, 2584, 2590, 2594, 2596, 2600, 2601, 2603, 2605, 2610, 2611, 2617, 2621, 2628, 2629, 2660, 2703, 2721, 2732, 2741, 2763, 2770, 2780, 2795, 2797, 2843, 2844, 2845, 2947. 53: 2663, 2664, 2665. 54: 2577. 55: 2502. 56: 2775, 2798, 2799, 2800, 2801, 2802, 2803, 2804, 2805, 2806, 2807, 2808, 2809, 2810, 2811, 2812, 2813, 2814, 2815, 2816, 2817, 2818, 2819. 57: 2922. 58: 2504, 2518, 2522, 2535, 2582, 2595, 2633, 2878. 59: 2516, 2527, 2615, 2618, 2632, 2864, 2867, 2880, 2909, 2940, 2941.
V ersteigeru ngs - Bedingu ngen 1. Die Bassenge Buchauktionen GbR, nachfolgend Versteigerer genannt, versteigert als Kommissionärin im eigenen Namen und für Rechnung ihrer Auftraggeber (Kommittenten), die unbenannt bleiben. Die Versteigerung ist freiwillig und öffentlich im Sinne des § 383 III BGB. 2. Der Versteigerer behält sich das Recht vor, Nummern des Kataloges zu vereinen, zu trennen, außerhalb der Reihenfolge anzubieten oder zurückzuziehen. 3. Sämtliche zur Versteigerung kommenden Gegenstände können vor der Versteigerung besichtigt und geprüft werden. Die Sachen sind gebraucht. Erhaltungszustände der einzelnen angebotenen Arbeiten bleiben im Katalog in der Regel unerwähnt. Die Katalogbeschreibungen sind keine Garantien im Rechtssinne und keine vertraglich vereinbarten Beschaffenheitsangaben. Gleiches gilt für individuell angeforderte Zustandsberichte. Sie bringen nur die subjektive Einschätzung des Versteigerers zum Ausdruck und dienen lediglich der unverbindlichen Orientierung. Alle Gegenstände werden in dem Erhaltungszustand veräußert, in dem sie sich bei Erteilung des Zuschlages befinden. Soweit nicht in der Katalogbeschreibung explizit erwähnt, sind Rahmungen nicht bindender Bestandteil des Angebots. Der Käufer kann den Versteigerer nicht wegen Sachmängeln in Anspruch nehmen, wenn dieser seine Sorgfaltspflichten erfüllt hat. Der Versteigerer verpflichtet sich jedoch, wegen rechtzeitig vorgetragener, begründeter Mängelrügen innerhalb der Verjährungsfrist von 12 Monaten ab dem Zeitpunkt des Zuschlags seine Ansprüche gegenüber dem Einlieferer (Auftraggeber) geltend zu machen. Im Falle erfolgreicher Inanspruchnahme des Einlieferers erstattet der Versteigerer dem Erwerber den Kaufpreis samt Aufgeld. Die Haftung des Versteigerers auf Schadensersatz für Vermögensschäden – gleich aus welchem Grund – ist ausgeschlossen, es sei denn, dem Versteigerer fiele Vorsatz oder grobe Fahrlässigkeit zur Last. Die Haftung bei Verletzung von Leben, Körper und Gesundheit bleibt unberührt. 4. Der Zuschlag erfolgt nach dreimaligem Aufruf an den Höchst bietenden. Der Versteigerer kann den Zuschlag verweigern oder unter Vorbehalt erteilen. Wenn mehrere Personen dasselbe Gebot abgeben und nach dreimaligem Aufruf kein höheres Gebot erfolgt, entscheidet das Los. Der Versteigerer kann den Zuschlag zurücknehmen und die Sachen erneut ausbieten, wenn irrtümlich ein rechtzeitig abgegebenes höheres Gebot übersehen worden ist oder wenn der Höchstbietende sein Gebot nicht gelten lassen will oder sonst Zweifel über den Zuschlag bestehen. 5. Im Falle eines schriftlichen Gebotes beauftragt der Interessent den Versteigerer für ihn während der Versteigerung Gebote abzugeben. In schriftlichen Aufträgen ist bei Differenzen zwischen Nummer und Kennwort das Kennwort maßgebend. 6. Telefonische Gebote und Online-Direkt-Gebote über das Internet bedürfen der vorherigen Anmeldung beim Versteigerer und dessen Zustimmung. Für die Bearbeitung übernimmt der
Versteigerer jedoch keine Gewähr. Telefonische und OnlineGebote werden nur akzeptiert, wenn der Bieter bereit ist, den ihm zuvor mitgeteilten Mindestpreis des jeweiligen Loses zu bieten. Auch bei Nichtzustandekommen einer Verbindung gilt, dass für den Auktionator dieses Gebot in Höhe des Mindestpreises verbindlich ist. Für das Zustandekommen einer entsprechenden Telefon- oder Onlineverbindung übernimmt der Versteigerer keine Gewähr. Das Widerrufs- und Rückgaberecht bei Fernabsatzverträgen findet auf solche Gebote keine Anwendung (§ 312d Abs. 4 Nr. 5 BGB). 7. Mit der Erteilung des Zuschlages geht die Gefahr für nicht zu vertretende Verluste und Beschädigung auf den Ersteigerer über. Das Eigentum an den ersteigerten Sachen geht erst mit vollstän digem Zahlungseingang an den Erwerber über. 8. Auf den Zuschlagspreis ist ein Aufgeld von 28% zu entrichten, in dem die Umsatzsteuer ohne separaten Ausweis enthalten ist (Differenzbesteuerung) oder ein Aufgeld von 23% auf den Zuschlag zzgl. der USt von z.Zt. 19% (Regelbesteuerung), bei Büchern beträgt die Umsatzsteuer 7% (Regelbesteuerung).Die im Katalog mit einem * gekennzeichneten Objekte unterliegen in jedem Fall der Regelbesteuerung (Aufgeld von 23% auf den Zuschlag zzgl. der USt von z.Zt. 19%). Bei den im Katalog mit einem ^ gekennzeichneten Objekten ist Einfuhrumsatzsteuer angefallen. In diesen Fällen wird zusätzlich zu einem Aufgeld von 25% (Differenzbesteuerung) die verauslagte Einfuhrumsatzsteuer in Höhe von z.Zt. 7% auf den Zuschlag erhoben. Für bundesdeutsche Kunsthändler und Antiquare, die zum Vors teuerabzug berechtigt sind, kann die Gesamtrechnung auf Wunsch, wie bisher nach der Regelbesteuerung ausgestellt werden. Von der Umsatzsteuer befreit sind Ausfuhrlieferungen in Dritt länder (außerhalb der EU) und – bei Angabe ihrer USt.-Identi fikations-Nr. bei Auftragserteilung als Nachweis der Berechtigung zum Bezug steuerfreier innergemeinschaftlicher Lieferungen – auch an Unternehmen in anderen EU-Mitgliedsstaaten, unter der Voraussetzung, dass sie für gewerblichen Gebrauch einkaufen. Eine Korrektur nach Rechnungsstellung ist nicht möglich. Alle anderen Käufe aus EU-Ländern unterliegen der Umsatzsteuer. Ausländischen Käufern außerhalb der Europäischen Union wird die Umsatzsteuer erstattet, wenn binnen 4 Wochen nach der Auktion der deutsche zollamtliche Ausfuhrnachweis und der zollamt liche Einfuhrnachweis des entsprechenden Importlandes erbracht werden. Bei Versand durch uns gilt der Ausfuhrnachweis als gegeben. Bei Online-Live-Geboten über externe Internetplattformen erhöht sich das Aufgeld um die dort anfallende Transaktionsgebühr. Während oder unmittelbar nach der Auktion ausgestellte Rech nungen bedürfen einer besonderen Nachprüfung und eventueller Berichtigung; Irrtum vorbehalten. 9. Die Auslieferung der ersteigerten Stücke erfolgt in unseren Ge schäftsräumen gegen Bezahlung. Kreditkarten (Mastercard, VISA, American Express), Schecks sowie andere unbare Zahlungen werden nur erfüllungshalber angenommen. Bankspesen/
Transaktionsgebühren bzw. Kursverluste können zu Lasten des Käufers gehen. Die Auf bewahrung erfolgt auf Rechnung und Gefahr des Käufers. Der Versand wird gegen Vorabrechnung des Rechnungsbetrages ausgeführt. Die Versandspesen sowie die Kosten für Versicherung gegen Verlust und Beschädigung gehen zu Lasten des Käufers. Übersteigen die tatsächlichen Versandkosten die vorab berechnete Pauschale, so wird die Differenz dem Käufer nachträglich in Rechnung gestellt. 10. Bei der Ausfuhr von Kulturgütern aus dem Gemeinschaftsgebiet der EG ist gem. der EG-Verordnung Nr. 116/2009 abhängig von Kategorie und Wert des Objekts ggf. eine Ausfuhrgenehmigung erforderlich. Aus Gründen des Artenschutzes können Objekte aus bestimmten, geschützten Materialien (u.a. Elfenbein, Schildpatt, Perlmutt und einige Korallenarten) besonderen Im- und Exportbeschränkungen unterliegen. Zum Zwecke des Exports (insbesondere außerhalb der Europäischen Union) kann hierfür eine spezielle Ausfuhrgenehmigung gemäß der Verordnung (EG) Nr. 338/97 erforderlich sein. Entsprechende Ausfuhrgenehmigungen können nur unter strengen Bedingungen erteilt und ggf. auch gar nicht erlangt werden, auch kann der Import dieser Gegenstände in manche Staaten eingeschränkt oder untersagt sein. Der Käufer ist selbst dafür verantwortlich, sich über etwaige Im- und Exportbeschränkungen zu informieren. Export und Import entsprechender Objekte erfolgen allein auf Rechnung und Gefahr des Käufers. 11. Der Zuschlag verpflichtet zur Abnahme. Der Kaufpreis ist mit dem Zuschlag fällig. Der Versteigerer ist berechtigt, falls nicht innerhalb von zwei Wochen nach der Versteigerung Zahlung geleistet ist, den durch den Zuschlag zustande gekommenen Kaufvertrag ohne weitere Fristsetzung zu annullieren, Verzugszinsen in banküblicher Höhe – mindestens jedoch 1 % auf den Bruttopreis je angebrochenen Monat – zu berechnen und von dem Ersteigerer
Eindeutig identifizierbare Werke mit einem Schätzpreis von mind. 2500 Euro werden vor der Auktion mit dem Art Loss Register abgeglichen.
wegen Nichterfüllung Schadenersatz zu verlangen. Der Schadenersatz kann in diesem Falle auch so berechnet werden, dass die Sache in einer neuen Auktion nochmals versteigert wird und der säumige Käufer für einen Mindererlös gegenüber der vorangegangenen Versteigerung einschließlich der Gebühren des Auktionshauses aufzukommen hat. Zu einem Gebot wird er nicht zugelassen, auf einen etwaigen Mehrerlös hat er keinen Anspruch. 12. Erfüllungsort und Gerichtsstand im vollkaufmännischen Verkehr ist Berlin. Es gilt ausschließlich deutsches Recht. Das UNAbkommen über Verträge des internationalen Warenkaufs (CISG) findet keine Anwendung. 13. Die im Katalog aufgeführten Preise sind Schätzpreise, keine Limite. 14. Der Nachverkauf ist Teil der Versteigerung, bei der der Interessent entweder telefonisch oder schriftlich (im Sinne der Ziffern 5 und 6) den Auftrag zur Gebotsabgabe mit einem bestimmten Betrag erteilt. 15. Die Abgabe eines Gebotes in jeglicher Form bedeutet die Anerkennung dieser Versteigerungsbedingungen. Der Versteigerer nimmt Gebote nur aufgrund der vorstehenden Versteigerungs bedingungen entgegen und erteilt dementsprechend Zuschläge. Kommissionäre haften für die Käufe ihrer Auftraggeber. 16. Sollte eine der vorstehenden Bestimmungen ganz oder teilweise unwirksam sein, so bleibt die Gültigkeit der übrigen davon unberührt. Dr. Markus Brandis Geschäftsführer
Stand: September 2019
Conditions of Sale 1. The Bassenge Buchauktionen GbR, subsequently called “the auctioneer” carries on business as commission-agent in its own name on behalf of its voluntary consignors. This auction sale is a public one in the sense of § 383 III BGB. 2. The auctioneer reserves the right to combine, to split, to change or to withdraw lots before the actual final sale. 3. All objects put up for auction can be viewed and examined prior to the sale at the times made known in the catalogue. The items are used and sold as is. As long as not explicitly mentioned in the catalogue description, framing is not an inherent part of the offer. As a rule, the condition of the individual work is not given in the catalogue. Catalogue descriptions are made with as much care as possible, but the descriptions do not fall under the statutory paragraph for guaranteed legal characteristics. The same applies for individually requested condition reports. These also offer no legal guarantee and only represent the subjective assessment of the auctioneer while serving as a non-binding orientation. The liability for damage to life, body or health shall remain unaffected. In case of a justified claim, however, he will accept the responsibility to make a claim for restitution on behalf of the buyer against the consignor within a period of 12 months, running from the fall of the hammer. In the event of a successful claim the auctioneer will refund the hammerprice plus premium. 4. The highest bidder acknowledged by the auctioneer shall be deemed the buyer. In case of identical bids the buyer will be deter mined by drawing lots. In the event of a dispute the auctioneer has the absolute discretion to reoffer and resell the lot in dispute. He may also knock down lots conditionally. 5. In the case of a written bid the bidder commissions the auctioneer to place bids on his behalf during the auction. In cases where there is a discrepancy between number and title in a written bid the title shall prevail. 6. Telephone and direct online bidding via the internet must be approved in advance by the auctioneer. The auctioneer cannot be held liable for faulty connections or transmission failure. In such a case the bidder agrees to bid the reserve price of the corresponding lot. For such bidding the regulations of long distance contracts do not apply (Fernabsatzverträge) [cf § 312d IV,5 BGB]. 7. On the fall of the auctioneer’s hammer title to the offered lot will pass to the acknowledged bidder. The successful buyer is obliged to accept and pay for the lot. Ownership only passes to the buyer when full payment has been received. The buyer, however, immediately assumes all risks when the goods are knocked down to him.
8. A premium of 28% of the hammer price will be levied in which the VAT is included (marginal tax scheme) or a premium of 23% of the hammer price plus the VAT of 19% of the invoice sum will be levied [books: 7%] (regular tax scheme). Buyers from countries of the European Union are subject to German VAT. Items marked with an * are subject to the regular tax scheme (premium of 23% of the hammer price plus the current VAT of 19%). Items marked with an ^ are subject to import duty. In these cases in addition to a premium of 25% (marginal tax scheme), the charged import tax of currently 7% will be added to the hammer price. Exempted from these rules are only dealers from EU-countries, who are entitled, under their notification of their VAT ID-Number, to buy on the basis of VAT-free delivery within the European Union. Notification of VAT ID-Numbers must be given to the auctioneer before the sale. For buyers from non EU-countries a premium of 23% will be levied. VAT will be exempted or refunded on production of evidence of exportation within 4 weeks of the auction, or, if appropriate, importation to another country. This is taken as given when the dispatch is effected by us. Live bidding through external online platforms entails a transaction fee stipulated by the platform and will be added to the premium. Due to the work overload of the accounting department during auctions, invoices generated during or directly after an auction require careful revision and possible correction; errors excepted. 9. Auction lots will, without exception, only be handed over after payment has been made. Credit cards (VISA, Mastercard, American Express), checks and any other form of non-cash payment are accepted only on account of performance. Exchange rate risk and bank charges may be applicable. Storage and dispatch are at the expense and risk of the buyer. If the shipping costs exceed the lump sum on the invoice the outstanding amount will be billed separately. 10. According to regulation (EC) No. 116/2009, an export license is necessary when exporting cultural goods out of European Community territory, depending on the type or value of the object in question. For the purposes of wildlife conservation, it is necessary to obtain an export license according to regulation (EC) No. 338/97 when exporting objects made from certain protected materials (incl. ivory, tortoiseshell, mother-of-pearl and certain corals) out of the territory of the European Community. Export licenses for objects made of protected materials are only granted under strict conditions or may not be granted at all. The import of such objects may be restricted or prohibited by certain countries. It is the buyer’s responsibility to inform himself, whether an object is subject to such restrictions. Export and import of such objects are at the expense and risk of the buyer.
11. The buyer is liable for acceptance of the goods and for payment. The purchase price shall be due for payment upon the lot being knocked down to the buyer. In case of a delayed payment (two weeks after the sale) the purchaser will be held responsible for all resultant damages, in particular interest and exchange losses. In case of payment default the auctioneer will charge interest on the outstanding amount at a rate of 1% to the gross price per month or part of month. In such an event the auctioneer reserves the right to annul the purchase contract without further notice, and to claim damages from the buyer for non-fulfilment, accordingly he can reauction the goods at the buyer’s expense. In this case the buyer is liable for any loss incurred, the buyer shall have no claim if a higher price has been achieved. He will not be permitted to bid. 12. The place of fulfillment and jurisdiction is Berlin. German law applies exclusively; the UN-Treaty (CISG) is explicitly excluded. 13. The prices quoted after each lot are estimates, not reserves.
14. The after-sales is part of the auction in which the bidder places either by teleÂphone or in written form (as stated in number 5 and 6) the order to bid a set amount. 15. By making a bid, either verbally in the auction, by telephone, written by letter, by fax, or through the internet the bidder confirms that he has taken notice of these terms of sale by auction and accepts them. Agents who act on behalf of a third party are jointly and separately liable for the fulfillment of contract on behalf of their principals. 16. Should one or the other of the above terms of sale become wholly or partly ineffective, the validity of the remainder is not affected. In the event of a dispute the German version of the above conditions of sale is valid. Dr. Markus Brandis As of September 2019
BASSENGE
Lotte Laserstein. Porträt eines jungen Mädchens. Öl auf Japon nacré-Bütten. 1938.
Moderne Kunst 30. November 2019 GA L E R I E BA S S E N G E · E R DE N E R S T R A S S E 5A · 14193 BE R L I N Telefon: (030) 893 80 29-0 · Fax: (030) 891 80 25 · E-Mail: art@bassenge.com · Kataloge online: www.bassenge.com
anton stankowski. Untitled. 1950s/printed later. Gelatin silver print. 40 x 30 cm.
p h o t o g r a p h y a u c t i o n d e c e m b e r 4 , 2019 gallery & previews | Rankestr. 24, 10789 Berlin auctions | Erdener StraĂ&#x;e 5a, 14193 Berlin
photoauktionen gbr
F RÜ H JA H R S AU K TIO N 7.–9. April 2020 Einlieferungen jetzt erbeten
2529
K ATA LOGBE A R BEIT U NG DR. RAINER THEOBALD