Bassenge Kunstauktion 121: Phantastische Welten

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AUKTION 121 PHANTASTISCHE WELTEN 8. Juni 2023 Galerie Bassenge . Erdener Straße 5a . 14193 Berlin Telefon: 030-893 80 29-0 . E-Mail: modernart@bassenge.com . www.bassenge.com BASSENGE

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Die Galerie Bassenge ist Mitglied bei Eindeutig identifizierbare Werke mit einem Schätzpreis von mindestens 2500 Euro werden vor der Auktion mit dem Art Loss Register abgeglichen.

TERMINÜBERSICHT AUKTION 121

MITTWOCH, 7. Juni 2023

DONNERSTAG, 8. Juni 2023

9. Juni 2023

SONNABEND, 10. Juni 2023

VORBESICHTIGUNGEN

Druckgraphik, Gemälde, Zeichnungen des 15. bis 19. Jahrhunderts und „Alexander Rothaug – Mythos und Eros“

Erdener Straße 5A, 14193 Berlin

Mittwoch, 31. Mai bis Montag, 5. Juni, 10.00–18.00 Uhr, Dienstag, 6. Juni 10.00–15.00 Uhr

Moderne und Zeitgenössische Kunst I und II

Rankestraße 24, 10789 Berlin

Mittwoch, 31. Mai bis Mittwoch, 7. Juni, 10.00–18.00 Uhr,

Donnerstag, 8. Juni, 10.00 bis 14.00 Uhr

„Phantastische Welten“ und „Wendezeit. Eine Berliner Privatsammlung “

Galerie Mond, Bleibtreustraße 17, 10623 Berlin

Mittwoch, 31. Mai bis Freitag, 9. Juni, 10.00–18.00 Uhr

Schutzgebühr Katalog: 20 €

Vormittag 10.00 Uhr Druckgraphik des 15. bis
Jahrhunderts Nr. 5000-5210 Druckgraphik des 18. Jahrhunderts Nr. 5211-5312 Nachmittag 15.00 Uhr Druckgraphik des 19. Jahrhunderts und des Fin de Siècle Nr. 5313-5419 Miscellaneen und Trouvaillen der Druckgraphik Nr. 5420-5659 des
Jahrhunderts
17.
15. bis 18.
Vormittag 11.00 Uhr Gemälde Alter und Neuerer Meister Nr. 6000-6203 Nachmittag 15.00 Uhr Alexander Rothaug – Mythos und Eros, Teil II Nr. 6300-6402 Abend 18.00 Uhr Phantastische Welten Nr. 7500-7633
Vormittag 10.00 Uhr Zeichnungen des 16. bis 19. Jahrhunderts Nr. 6600-6911 Nachmittag 15.00 Uhr Moderne Kunst II (Katalog nur online) Nr. 7000-7151 Wendezeit. Eine Berliner Privatsammlung (Katalog nur online) Nr. 7160-7190 Zeitgenössische Kunst II (Katalog nur online) Nr. 720 0-7450
FREITAG,
Nachmittag 14.00 Uhr Moderne und Zeitgenössische Kunst I Nr. 8000-8262

AUKTION

PHANTASTISCHE WELTEN

Erdener Straße 5a, 14193 Berlin

8. Juni 2023

Besichtigung in der Galerie Mond

Bleibtreustraße 17, 10629 Berlin

Mittwoch, 31. Mai bis Freitag, 9. Juni 2023

Die Phantasie hat es nicht leicht in unserer Zeit. Als Fluchtbewegung ist sie dem realitätsgeprüften Zeitgenossen suspekt. Wir Realitätsversessene, wir leben in phantastisch armen Zeiten. Ein Verdacht nur oder mehr?

„Phantastische Welten“ ist der Titel unseres Kataloges, und mit ihm versuchen wir, das Phantastisch­Mögliche in den Vordergrund zu stellen, ohne das RealistischNotwendige zu vernachlässigen. Der Eskapismus der Bilder und ihre zahme Präsentation in ordentlichen Rahmen an einer weißen glatten Wand – vielleicht ist das ein Spagat, der von dem Thema verlangt wird. Wir sehen Gebirgszüge wie ruhende Echsen auf dem unbekannten Planeten Erde, die offenen Türen eines Spiegelkabinetts, eine in Rauchschwaden verschwindende Landschaft und die Ungeheuerlichkeiten des Schlafs der Vernunft –zum Begreifen nahe kommen uns in diesen Motiven die bekannten Charakterisierungen: surrealistisch, imaginär, metaphysisch, visionär. Schon eher beunruhigt uns der Riss, den wir auf einer Federzeichnung bemerken und der den Untergang – von was eigentlich? – ankündigen könnte. Eine Schnecke beobachtet ein umschlungenes Paar – in dieser Szene kommt man dem Übernatürlichen so nahe wie der konkreten Liebe auf dem schillernden Rücken eines Fischs. Und ein Graphit­ Gockel auf Rädern zwischen Tür und Angel durchbricht unsere Vorstellung von Raum und Zeit. Dazu kommt das Rätselhafte, poetisch verbrämt: Welchem Schwindel sitzen die Frauen auf, die hingebungsvoll auf Schaukeln um einen Baum kreisen? Drei Greise, darunter ein Lesender mit verbundenen Augen, samt einem brüllenden Affen im Adlerhorst. Schließlich der Fisch unter Bäumen. Wir ahnen etwas und wissen nichts.

Die Sinne? Auf sie ist ohnehin kein Verlass. Die aufgesprengte Raumordnung im unendlichen Mauerwerk unter dem Diktat des Lichts stört unsere Wahrnehmung genauso wie die Flöte, die einem Marschallstab gleichend an die Wand gelehnt ist. Eine Spielart des halluzinierenden Irrsinns ist der Traum einer Schildkröte von einem Dornenzweig, der mit Amuletten und Talismanen geschmückt ist. Oder das Selbstbildnis im Schatten eines Fensterkreuzes, schwarz­weiß wie ein Röntgenbild. Leda mit dem Schwan – hier inszeniert als eingefrorener Augenblick – nährt unsere Sehnsucht nach dem Mythologischen. Und die geöffneten Flügel eines Triptychons umarmen uns in stiller Andacht, sofern man diese angesichts der faszinierend kreischenden Komposition zulassen möchte. Eine Farbenpracht, die uns an Wunder glauben lässt. Vielleicht auch an das Wunder, dass im Fluidum des Phantastischen, die Bilder sich annähern und korrespondieren. Bizarre Monster und niedlich gro

teske Tierköpfe aus dem 16. Jahrhundert treffen auf einen Kopf mit Beinen der Zwanziger Jahre oder auf seltsame Vögel und Schmetterlinge der Gegenwart.

Doch auch die heiteren Momente, in denen wir hinter einen teuflischen Stickereivorhang spähen, sollten uns nicht darüber hinwegtäuschen, dass das Traumschloss der Phantasie nur im Düsteren hell erscheint. Die phantastischen Welten unseres Kataloges liegen außerhalb des Paradieses, das für immer verloren ist. Apokalyptische Reiter preschen heran. Und der „Gegenwartsmensch“ registriert das Geschehen mit den Worten des litauischen Philosophen Arvydas Sliogeris: „Was ich sehe, sind Trugbilder, was ich nicht sehe, Realität. Was ich sehe, das glaube ich nicht. Ich glaube das, was ich nicht sehe.“ Phantastische Welten in phantastischen Zeiten.

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Der Traum der Schildkröte

francisco de goya

(1746 Fuendetodos – 1828 Bordeaux)

7500 „El Sueño de la Razon produce Monstruos“ (Der Schlaf der Vernunft gebiert Ungeheuer)

Aquatinta auf Velin. 1799.

21,6 x 15 cm.

Delteil 80, Harris 78 III, nach 4. Ausgabe (von 12).

6.000 €

Der „Schlaf der Vernunft gebiert Ungeheuer“ ist das enigmatische Hauptblatt innerhalb von Goyas einflussreichster graphischer Folge, der „Los Caprichos“. Die Radierung, ursprünglich als Titelblatt der Sammlung geplant, zeigt Goya schlafend an einem Tisch, umschwirrt von Kreaturen der Nacht wie Eulen und Fledermäusen, die seinen wirren Träumen entspringen. Die insbesondere für die Künstler des Surrealismus wegweisende Folge zeigt in achtzig scharfsinnigen und beißendend satirischen Darstellungen die gesellschaftlichen Missstände seiner Zeit auf. In diesen Bildern entwickelt Goya erstmals etwas, das er selbst als „Ydioma universal“ (univeselle Sprache) bezeichnete und legte damit bereits 1799 den künstlerischen Grundstein für die experimentelle Metaphysik der Surrealisten des 20. Jahrhunderts. - Prachtvoller, differenzierter und gratiger Druck mit breitem Rand um die deutlich zeichnende Plattenkante.

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9 7500

max klinger

(1857 Leipzig – 1920 Großjena b. Naumburg)

7501 Rettungen ovidischer Opfer, Opus II

15 Radierungen, meist mit Aquatinta auf Kupferdruckpapier sowie Titelblatt mit typographischem Text, lose Blatt in Orig.­Passepartout in OHPgmt.­Mappe mit goldgeprägtem Deckeltitel und Batikdeckelbezug, mit drei Flügelklappen. 1922.

Großfolio.

Singer 25­39, jeweils VI. Ausgabe.

2.400 €

Herausgegeben bei Amsler & Ruthardt, Berlin. „In der Literaturgeschichte besonders Lessing mit seinen Rettungen (des Cardan, des Lemnius) bekannt – also die Wiederherstellung des guten Rufes eines Mannes, dem die Geschichte unverdienten Schaden zugefügt hat. Klinger nimmt an, dass auch Ovid der wahre Ruf verschiedener seiner Helden zum Opfer gefallen ist, und er unternimmt es, sie zu retten. In einer Satyre kommen sie aber bei einer solchen Rettung viel schlechter weg, als bei Ovid“ (Singer 1909, S.11).

10 7501

erik desmazières

(1948 Rabat, lebt in Paris)

7502 Caprices – suite de 12 estampes

12 Radierungen, teils mit Aquatinta und Roulette, auf Bütten. Lose in Orig.­Kartonportfolio mit mont. Titelradierung. 1988.

42 x 30 cm (Blattgröße).

Jeweils signiert „Erik Desmazières“ und datiert.

Auflage 90 num. Ex.

1.500 €

Architektonische Visionen, bevölkert von phantastischen Tierund Menschenwesen, kennzeichnen die Folge der „Caprices“ und stellen ein charakteristisches Beispiel für Desmazières graphisches Schaffen der 1980er Jahre dar. Der Tiefdrucker findet seine ästhetischen Vorläufer in Bresdin, Piranesi, Callot und Dürer. Erschienen bei René Tazé, Paris. Ganz prachtvolle, tiefdunkle Drucke mit dem vollen Rand, vielfach mit dem Schöpfrand.

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7502

7503

(1932 Dübendorf, lebt in Kandern)

7503 Vogelmensch

Aquarell über Bleistift auf hauchdünnem Japan. 1968.

29,2 x 20,7 cm.

Seitlich links in der Darstellung mit Bleistift signiert „Brodwolf“ und datiert.

300 €

Charakteristisches Erkennungsmerkmal des gelernten Zeichners und Lithographen ist seit 1959 die Tubenfigur, entstanden aus ausgedrückten, eigentümlich verformten Farbtuben, die ihm als Urbild seiner „inneren Figur“ dienen. Hier zeigt sich eine Andeutung dieser Form in der dunklen Kappe auf dem Kopf und den nach unten verlaufenden Körperkonturen.

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jürgen brodwolf

alfred kubin

(1877 Leitmeritz, Böhmen – 1959 Wernstein)

7504 Vergessen-Versunken; Hungersnot; Der Krieg

3 Faksimiledrucke auf handgeschöpftem Bütten. Lose in Orig.­Halbleinenmappe mit Titelprägung. 1903. 43,8 x 35,5 cm (Blattgröße).

Betitelt. Auflage 1000 Ex.

Raabe 8.

400 €

Reproduktionen nach getönten Federzeichnungen Kubins, aus: Die Webermappe, herausgegeben von Hans von Weber, München 1903. Die Mappe ist benannt nach Kubins Freund und Verleger Hans von Weber, der gemeinsam mit Kubin die sorgsame Auswahl der Zeichnungen für die Mappe traf. Es finden sich Motive des Grauens und des Alptraums. Prachtvolle Drucke mit dem vollen Rand.

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7504

7505

max ernst

(1891 Brühl – 1976 Paris)

7505 Aus: Oiseaux en péril Radierung und Aquatinta auf Arches­Velin. 1975. 30,5 x 25,3 cm (54,4 x 42 cm).

Signiert „max ernst“. Auflage 100 num. Ex. Nicht mehr bei Spies/Leppien.

1.200 €

Aus der Folge zu Dorothea Tanning „Oiseaux en Péril“, erschienen bei Georges Visat, Paris 1975. Prachtvoller Druck mit dem vollen Rand, rechts mit dem Schöpfrand.

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7506

max ernst

7506 Affiche pour Trésor du Surréalisme Photolithographie auf festem Velin. 1968.

38,3 x 55,1 cm (56 x 72 cm).

Signiert „max ernst“. Auflage 49 num. Ex. Spies A17 A (von B).

400 €

Reproduktion einer Collage aus demselben Jahr, gedruckt in sieben Farben. Eines von 49 signierten und numerierten Exemplaren vor der Plakatauflage auf Offsetpapier. Prachtvoller, farbfrischer Druck mit dem vollen Rand.

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7508

max klinger

(1857 Leipzig – 1920 Großjena b. Naumburg)

7507 Ein Leben, Opus VIII.

15 Radierungen mit Aquatinta auf festem Kupferdruckpapier sowie 1 Bl. Titel. Lose in Passepartouts, in Halbleinen­Mappe mit gedrucktem Titel. 1898. Folio.

Singer 127­41, je letzer Zustand.

4.500 €

5. Ausgabe, erschienen bei Amsler & Ruthardt, Berlin/ Leipzig 1898; Druck von Otto Felsing. Mit den gestochenen Künstlernamen und Nummern. Die komplette Folge in prachtvollen Drucken mit dem vollen Rand.

philippe mohlitz

(1941 Saint­André­ de­ Cubzac – 2019 Bordeaux )

7508 Gefährte und Schiffe in Not

4 Stahl­ bzw. Kupferstiche auf verschiedenen Papieren. 1971–86.

Bis 41 x 26,8 cm.

Alle signiert „MOHLITZ“ und datiert, teils betitelt.

600 €

In virtuoser Technik graviert Mohlitz seine surreal-phantastischen, vielschichtigen Szenerien. Seine bizarren Bilder von Verfall, Krieg und seltsamen verlassenen Ländern stammen aus dem Reich der Wissenschaftsphantasie, folgen dabei jedoch fest der surrealistischen Tradition. Dabei die Blätter „La Panne“, „Aéroplane“, „Soulèvement soudain et puissant des eaux de mer“ und „La grande leucémie“. Prachtvolle, klare und feine Drucke mit dem wohl vollen Rand.

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7509

jürgen brodwolf

(1932 Dübendorf, lebt in Kandern)

7509 Allegorische Darstellungen

7 Radierungen mit Kaltnadel auf Velin. 1968–69. Bis 65,5 x 51 cm (Blattgröße).

Alle signiert „Brodwolf“ und datiert, teils betitelt.

400 €

Die frühen Blätter des Künstlers zeugen von Brodwolfs skurriler Imaginationskraft und sind technisch brillant umgesetzt. Dabei die Motive „Allegorische Darstellung – Die Insel“, „Allegorische Darstellung – Vogelnest“, „Die Ratte“, „Tod und Frau“, „Frau mit Dogge“, „Prozession“ und „Bischof Tod“. Ganz prachtvolle, gratige Drucke.

frantisek burant

(1924 Zelezná – 2001 Prag)

7510 Mir ähnlich Radierung mit Vernis mou und Kaltnadel auf Kupferdruckpapier. 1991/92.

60,8 x 88,5 cm (69 x 99 cm).

Signiert „F. Burant“ und datiert, verso nochmals signiert, datiert sowie tschechisch betitelt. Auflage 32 num. Ex.

300 €

Nachtfalter, ein häufig verwendetes Motiv des tschechischen Künstlers, kreuzen riesenhaft durch die Komposition. Prachtvoller Druck mit dem wohl vollen Rand, rechts mit dem Schöpfrand.

7511 Der Wirbel

Radierung mit Vernis mou und Kaltnadel auf Kupferdruckpapier. 1981.

69 x 89 cm (77 x 105 cm).

Signiert „F. Burant“ und datiert sowie bezeichnet „aut. tisk“. Auflage 21 num. Ex.

300 €

Burant, ausgebildet an der Graphischen Schule in Prag und 1947–1952 an der dortigen Akademie für Angewandte Kunst, vereint große Kompositionslinien mit detaillierter Radiertechnik. Prachtvoller Druck mit dem wohl vollen Rand, rechts mit dem Schöpfrand.

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19 7510 7511

francisco de goya

(1746 Fuendetodos – 1828 Bordeaux)

7512 „Los Caprichos“

40 (von 80) Blatt Radierungen mit Aquatinta in Schwarzbraun bzw. Schwarz auf Velin, wie typisch für die Auflage oben gebunden in gräulich­rotem (wohl) Original­Halbleinen (leicht beschabt und bestoßen, Gelenke brüchig) mit originaler Titelradierung (Wiederholung des Selbstporträts von Tafel 1) auf dem Vorderdeckel (Deckel beschabt, mit Kratzspuren und kleineren Schäden, Ecken stärker bestoßen). 1799.

Je ca. 21 x 15 cm (Plattenrand); 22,6 x 33 cm (Blattgröße).

Aus Delteil 38­117, Harris 36 ­40, 42, 44, 47­49, 52, 55, 57, 60 ­66, 71­72, 74­75, 77, 79, 82, 86, 91, 93­ 94, 98­ 99, 105­112, je III, 5. Auflage (von 12).

6.000 €

Goyas bedeutendste, einflussreichste und für nachfolgende Generationen von Künstlern und insbesondere für die Künstler des Surrealismus wegweisende graphische Folge in einem Exemplar der 5. Auflage; wie für die Ausgabe üblich, die einzelnen Blätter am oberen Rand eingebunden und die fehlenden Blätter von einem Vorbesitzer herausgetrennt. In insgesamt 80 scharf-

sinnigen, beißendend satirischen und komplex miteinander verwobenen Darstellungen kommentierte Goya die gesellschaftlichen Missstände seiner Zeit. Dabei ging allerdings sein konzeptioneller Ansatz weit über die Grenzen der Vorstellung seiner Zeitgenossen hinaus. In seinen enigmatischen Darstellungen entwickelte er erstmals etwas, dass er selbst als „Ydioma universal“ bezeichnete und legte damit bereits 1799 den künstlerischen Grundstein für die experimentelle Metaphysik der Surrealisten des 20. Jahrhunderts. Werner Hofmann schrieb dazu in seinem Vowort zu dem Ausstellungskatalog „Surreale Welten“ der Hamburger Kunsthalle mit dem Titel „Erzählungen ohne Zusammenhang“: „Das Merkmal dieser gleichermaßen offenen wie hermetischen Universalsprache ist ihre hieroglyphische Struktur, von der schon Novalis eine Ahnung hatte: >Das wird die goldene Zeit sein, wenn alle Worte – FIGURENWORTE – Mythen – und alle Figuren – Sprachfiguren, Hieroglyphen sein werden [...]< Der Dichter wusste auch, dass es in dieser Sprache nicht um Austausch von Fakten und kohärenten Informationen geht, sondern um >Erzählungen, ohne Zusammenhang, jedoch mit Assoziationen, wie TRÄUME. Gedichte – bloß wohlklingend und voll schöner Worte – aber auch ohne allen Sinn und Zusammenhang – höchstens in Strophen verständlich. Sie müssen, wie lauter Bruchstücke aus den verschiedenar-

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tigsten Dingen [sein]<<“ (Werner Hofmann in Kat. Surreale Welten, Hamburg/ Wuppertal/ Tübingen 2000, S. 16). Damit war Goya mit seiner neuartigen, radikalen Kunstauffassung, die den Betrachter durch gezielt uneindeutige und unauflösbare Darstellungen und dem rhapsodischen, nicht-linearen Aufbau reziprok als Interpreten fordert und einbindet, seiner Zeit zu um mehr als hundert Jahre voraus. In den vier Jahren nach Erscheinen gelang es Goya nur 27 Exemplare der Folge zu verkaufen. Enttäuscht übergab er die Restauflage, wie auch die Druckplatten, zugunsten der Zusicherung einer Pension für seinen Sohn, im Jahre 1803 an die Calcografía Nacional. Erst im Laufe des 19. Jahrhunderts wurde

Künstlern wie Sammlern der bahnbrechende Charakter der Folge bewusst, die nicht nur auf die Entstehung des Surrealismus entscheidenen Einfluss hatte, sondern heute auch allgemein als eine der wichtigsten druckgraphischen Folgen überhaupt gilt und bis 1937 mit anhaltend großem Erfolg in nicht weniger als 12 Auflagen erschien. - Die Tafeln 1-5, 7, 9, 12-14, 17, 20, 22, 25-31, 36-37, 39-40, 42, 44, 47, 51, 56, 58-59, 63-64, 70-77 der Folge in meist ausgezeichneten bis ganz ausgezeichneten Drucken mit breitem Rand. Teils leicht stockfleckig und fleckig, sowie einzelne kleine Alters- und Gebrauchsspuren, sonst insgesamt meist frisch und sehr gut erhalten.

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7513

hermann wöhler

(1897–1961, Hannover)

7513 Traumschloss

Radierung mit Aquatinta in Schwarzblau auf festem Velin.

24 x 17,5 cm (30,5 x 23,2 cm).

600 €

Im Sternenlicht leuchtet weiß die Kuppel des Traumschlosses vor dem tiefdunklen Himmel, Nebelschwaden ziehen um den Turm und lassen das Phantasieschloss wie ein Gebilde aus einer fernen Traumwelt erscheinen. Prachtvoller, ausdrucksstarker Druck mit intensivem Aquatintaton und schön zeichnender Facette, mit dem wohl vollen Rand. Sehr selten

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7514

hermann wöhler

7514 „Vor den Höhen“ Radierung mit Aquatinta in Schwarzblau auf festem Velin.

24 x 17,5 cm (38,5 x 27,5 cm). Signiert „HWöhler“ und betitelt.

600 €

Traumartig strecken sich die spitzen Berggipfel in den Nachthimmel, der Baum im Vordergrund scheint wie ein lebendiges Wesen vor dem Abhang zurückzuweichen, über den seine Wurzeln bereits hinausragen. Ganz prachtvoller, differenzierter und atmosphärischer Druck mit wunderbarem Relief und breitem Rand um die schön zeichnende Facette. Sehr selten

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hann trier

(1915 Düsseldorf – 1999 Castiglione della Pescaia)

7515 Licht und Dunkel

Öl auf Velin, auf Leinwand kaschiert. 1949.

77 x 96,5 cm.

Unten rechts mit Pinsel in Schwarz monogrammiert „hT“ (ligiert) und datiert.

Fehlemann 24.

16.000 €

„Licht und Dunkel“ steht exemplarisch für einen entscheidenden Wendepunkt in Hann Triers Schaffen: „Ein Schlüsselerlebnis in der Phase seiner künstlerischen Entfaltung ist die Begegnung mit der neuen französischen Malerei, die ihm bis dahin unzugänglich war. 1949 veranstaltet der Stuttgarter Sammler Otmar Domnick in Düsseldorf eine Ausstellung französischer abstrakter Malerei (...), die Trier als Offenbarung, als Manifestation einer neuen Geisteshaltung empfindet.“ (Alfred M. Fischer, in: Uta Gerlach-Laxner, Hann Trier. Werkverzeicnis der Druckgraphik, Köln 1994, S. 14). Mit einer Reihe von Holzschnitten beginnend, zeigt der Künstler sich im Folgenden beeinflusst von Hans Hartung, Pierre Soulages, Wols u.a. Die zeitgleiche Auseinandersetzung mit der Technik des Holzschnitts findet einen Widerhall in den markanten dunklen

Konturen und vereinfachten abstrahierten Formen, im Spiel mit Kontrasten und mit Positiv-Negativ-Formen in vorliegendem Gemälde. In einer begrenzten, abgetönten Palette schildert er die komplex ineinandergreifenden Formelemente und schafft eine spannungsreiche, dynamische Komposition von kalkulierter Ausgewogenheit.

Ausstellung:

Deutsche Malerei und Plastik der Gegenwart, Kölnischer Kunstverein, Köln 1949 (mit deren Klebeetikett auf der Rahmenrückseite, dort bezeichnet)

Kestner-Gesellschaft, Hannover 1954, Kat.-Nr. 4 (mit deren Klebeetikett auf der Rahmenrückseite)

Galerie Der Spiegel, Köln o.J. (mit Fragment von deren Klebeetikett auf der Rahmenrückseite)

Kölnischer Kunstverein, o.J. (mit deren Klebeetikett auf der Rahmenrückseite)

Literatur:

Hann Trier. Über die Rückseite des Mondes, Galerie Zellermayer, Berlin 2007, Abb. S. 61 (beigegeben)

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bernard schultze

(1915 Schneidemühl/Westpreußen – 2005 Köln)

7516 „Glotzkopf“

Kohle und Farbstifte auf grauem Velin. 1968. 46 x 36,8 cm.

Unten rechts mit Bleistift signiert „Bernard Schultze“, datiert, betitelt und gewidmet, verso mit Farbstift in Blau gewidmet.

1.600 €

Bei einem Luftangriff auf Berlin 1945 verbrannten alle bis dahin entstandenen, frühen Arbeiten im Atelier des Künstlers. 1952 gründete er zusammen mit Karl Otto Götz, Otto Greis und Heinz Kreutz die Künstlergruppe Quadriga, die Kerngruppe der deutschen informellen Malerei, die sich von Farbe und Form sowie von konzeptionellem und kompositionsbestimmtem Schaffen abwendeten. Schultzes Zeichnungen lassen das Unbewusste mit einfließen und sind voller Elemente, die unterschiedlichste Assoziationen beim Betrachter wecken. Sie besitzen meist Anspielungen und Zitate aus der Natur, erinnern an Wurzeln, Wald und andere Gewächse. Mit diesem „lyrisch abstrakten“ und unverkennbaren Stil behauptet er eine eigenständige Position in der Kunstgeschichte und unter den Künstlern seiner Zeit.

bernard schultze

7517 „Etwas wie Ordnung, etwas Sex und Gestein“

Bleistift auf festem Schoellershammer­Karton. 2000. 102 x 73 cm.

Unten rechts mit Bleistift signiert „Bernard Schultze“, datiert und betitelt.

800 €

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7518

fritz schwimbeck

(1889 München – 1977 Friedberg bei Augsburg)

7518 Untergang

Feder in Schwarz und Bleistift auf Durchpauspapier.

Um 1920/25.

55 x 50 cm.

Unten rechts mit Bleistift bezeichnet „fertig!“.

2.000 €

Der Moment des Untergangs: Blitze durchzucken den Himmel, von allen Seiten her reißt die Erde auf, es bilden sich tiefe Schluchten

in den Felsmassiven, die im nächsten Moment die kleine Gebirgssiedlung verschlingen werden. Steinlawinen donnern auf sie hinab, die stürzenden Häuser scheinen zu tanzen. Diesen fatalen Augenblick schildert Schwimbeck mit kristallinen Strukturen, zusammengesetzt aus zahllosen schräg zueinander laufenden Schraffuren, die in ihrer Klarheit etwas Kühl-Beschreibendes besitzen. Die durchgepauste Zeichnung diente dem Künstler als Vorlage für seine ebenfalls um 1920 entstandene Radierung gleichen Titels.

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françois houtin

(1950 Craon en Mayenne, lebt in Paris)

7519 Landschaftsvision

Pinsel in Schwarz, laviert, auf Velin. 1992. 14 x 57 cm.

Unten links mit Pinsel in Schwarz signiert „HOUTIN“ und datiert.

800 €

Eine Art Feenland entsteht aus der Vereinigung von üppig wuchernder Vegetation und Menschenwerk: Aus den Pfosten des Brückengeländers wachsen Bäumchen, zwischen den Steinen des Obelisken strecken sich Gräser ans Licht, und die Bäume scheinen fast von alleine ihre Kronen in ornamentaler Form zu gestalten. Ende der 1970er Jahre wurde Houtin für seine detailreichen Darstellungen utopischer Gärten bekannt. Der ausgebildete Landschaftsarchitekt arbeitete an so bedeutenden Projekten wie der Renovierung des Jardin des Tuilleries im Jahr 1991 mit. Das vorliegende Blatt offenbart ebenso seine zeichnerischen Fähigkeiten und seine Phantasie wie auch eine tiefe Wertschätzung für die klassische französische Landschaftsarchitektur.

françois houtin

7520 „Rêves“

Radierung von 3 Platten auf 1 Blatt Velin. 1987. Je 25 x 49 cm (ca. 40 x 164 cm).

Signiert „Houtin“, datiert sowie betitelt. Auflage 50 num. Ex.

400 €

Das Blatt kombiniert drei nebeneinandergesetzte Drucke im überlangen Querformat, die aneinander anschließen und das breite Panorama einer traumartig gestalteten Landschaft zeigen. Prachtvolle Drucke mit Rand.

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7520

carl wilhelm kolbe (1757 Berlin – 1835 Dresden)

7521 „La Recolte des Pommes“ Radierung nach Salomon Gessner auf festem Velin. 1806. 37,7 x 46,5 cm. Martens 294 III.

600 €

Die phantastischen Bildwelten Salomon Gessners evozieren die Vorstellung eines ursprünglichen Arkadiens, in dem Mensch und Natur im Einklang existieren. In der druckgraphischen Übersetzung von Carl Wilhelm Kolbe scheint sogar der gewundene Stamm des alten Apfelbaums mit seinen langgliedrigen Ästen und Zweigen ein eigenes Leben zu führen, und der knorrige Weidenstumpf am Teich streckt sich wie ein neugieriger Wassergeist der Menschengruppe entgegen. Beigegeben: Beigegeben ebenfalls nach Salomon Gessner die Radierung „Danse de Jeunes Garçons“ (Martens 290 III). Beide aus der Sammlung der Kunsthalle Hamburg, mit deren Entlassungsstempel (Lugt 1233 und 1235a) sowie mit einem weiteren, jedoch unbekannten Sammlerstempel „Sechszackiger Stern“ (nicht bei Lugt).

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7521

7522

fritz schwimbeck

(1889 München – 1977 Friedberg bei Augsburg)

7522 Baumgeist

Pinsel und Feder in Schwarz und Bleistift auf Durchpauspapier. Um 1920/25.

42 x 34 cm.

Unten rechts mit Bleistift signiert „F. Schwimbeck“.

1.800 €

Wie eine geisterhafte Gestalt scheint sich die skurril geformte Wurzel zu bewegen; der Künstler verleitet uns Betrachter, ein Gesicht, Arme und Beine zu entdecken. Der Maler und Graphiker Schwimbeck stand in regem Kontakt zu bedeutenden Literaten seiner Zeit und schuf seit den 1910er Jahren Buchillustrationen zur schwarzen Romantik und Phantastik, zu Werken von Arnold Strindberg, William Shakespeare, Edgar Allen Poe und E.T.A. Hoffmann. Wie die anderen Malerpoeten favorisierte auch Schwimbeck Schwarz-Weiß-Zeichnungen, um damit mehr Abstand zur Realität zu gewinnen, den Betrachter zu einem eigenen subjektiven Bildverständnis zu bewegen und ihm ein übernatürliches Erlebnis zu verschaffen.

jakub julian ziólkowski (1980 Zamosc, lebt in Krakau)

7523 Turtel‘s Dream Öl auf Leinwand. 2008. 55 x 46 cm.

Verso mit Faserschreiber in Schwarz signiert „Jakub Julian Ziólkowski“, datiert, bezeichnet und mit den Maßangaben.

16.000 €

Amulette hängen an den Ästen der skurrilen, halb pflanzenhaften und halb aus buntfarbigen Organen zusammengesetzten Konstruktion und verleihen ihr eine spirituelle Dimension. Ziólkowskis Arbeiten erschaffen in seiner charakteristischen, dynamischen und surrealen Bildsprache halluzinatorische Welten, erfüllt mit seltsamen und dynamischen Formen. Seine Landschaften, architektonischen und figürlichen Objekte erinnern an die surrealistische Bildsprache eines Henri Rousseau und changieren zwischen Abstraktion und Figürlichkeit. Mit einem multikulturellen Ansatz verschmilzt er die Bildsprache und Talismane aus den Kulturen der amerikanischen Ureinwohner, Buddhisten und Aborigines zu einem Kaleidoskop kraftvoller Ideen und Symbole.

Provenienz:

Galerie Hauser & Wirth, Zürich und London 2008 (mit deren Etikett verso am Rahmen montiert, Rechnung beiliegend) Privatsammlung Berlin

Ausstellung:

Centre d‘Art Contemporain Genève 2009

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françois houtin

(1950 Craon en Mayenne, lebt in Paris)

7524 Ruinenpark

Pinsel in Schwarz, laviert, auf Velin. 1987.

57 x 76,5 cm.

Unten rechts in der Darstellung signiert „HOUTIN“ und datiert.

1.000 €

Großformatiges Traumbild einer von Vegetation ornamental überwucherten Ruinenlandschaft. In malerischen Arabesken schlängeln sich die Kletterpflanzen an Säulenresten empor, Baumkronen formen sich scheinbar ganz von selbst und ergänzen die Architekturreste aufs Schönste. Houtin spürt mit seinen feinen Pinselstrichen in fein variierenden Helligkeitsabstufungen jedem Blättchen und jedem Grashalm nach, allen Unebenheiten der Baumrinde und den Rissen in den Marmorblöcken. Die atmosphärische Perspektive gestaltet er damit in beeindruckender Präzision.

françois houtin

7525 Turm zu Babel

Bleistift auf Arches­Velin. 1984.

57,5 x 38,3 cm.

Unten links mit Bleistift signiert „HOUTIN“ und datiert.

900 €

Eine minutiös gezeichnete Architekturvision – oder eine Darstellung des Turmes zu Babel, der langsam von Bäumen überwuchert wird. In vollkommen menschenleerer Landschaft steht der riesenhafte Turmbau, wölbt sich, windet sich empor in den Himmel und ist sogar auf der obersten Ebene bereits von Pinien und Zypressen erobert, während ihn an den Seiten das Laubwerk wie Felsen oder wie Wolken umgibt. Die Backsteinstrukturen, ihre Bögen und Ornamente, arbeitet Houtin detailliert aus, so dass ganz der Eindruck eines in der Realität möglichen Bauwerkes entsteht.

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7526

ernst steiner (1935 Winterthur, lebt in Arnholz, Waldviertel)

7526 Meditationsbilder

3 Farbaquatintaarbeiten mit Radierung auf Velin. 1972–85. Bis 49 x 38 cm (Blattgröße).

Alle signiert „ERNST STEINER“, meist datiert und alle betitelt.

300 €

Steiner versteht seine Bilder vielfach als Meditationen, angereichert mit Traumelementen. Er abstrahiert dabei häufig organische Naturformen und setzt sie in Gefüge aus Kreisen, Strahlen, Spiralen und Sternformen. „Ernst Steiner ist Symbolist, also einer nie unterbrochenen Reihe von Malern zugehörig, die in Europa vom Mittelalter bis heute jene Bildwelt und -sprache der Archetypen pflegten (...) Die geometrische Ordnung des Bildes tritt über seine vegetative Erscheinung heraus, um uns gleichsam an einen allumfassenden transzendenten Plan zu gemahnen, nach dem alle Natur geformt ist.“ (Ernst Fuchs, Zu den Bildern Ernst Steiners, Separatum aus: Alte und Moderne Kunst 68, Wien, Mai/Juni 1963, o.S.). Vorhanden sind die Motive „Quellberg“, „Mors et vita“ und „Blut und Wasser fließen heraus“. Sämtlich prachtvolle Drucke mit Rand.

arianna fioratti loreto (1967 New York)

7527 „Radiolaria“

Rapidograph in Schwarz und Pinsel in Schwarz auf Papier. 2018.

150 x 96 cm.

4.500 €

Im Kleinen verborgen existiert eine phantastische Welt, bevölkert von bizarren Formen und unglaublichen Erscheinungen. Und manchmal reicht eine Handvoll Meersand, um ihrer habhaft zu werden. Strahlentierchen, sogenannte Radiolarien, sind winzige Plankton-Organismen, nicht größer als ein Staubkorn, die seit Millionen von Jahren die Weltmeere bevölkern. Ihre gitterförmigen Skelette bestehen aus durchscheinendem Opal, und mit ihren strahlenförmig angeordneten Stacheln stehen sie den Erzeugnissen aus den Werkstätten gotischer Goldschmiede, indischer Elfenbeinschnitzer oder venezianischer Glasbläser an Formenvielfalt nicht nach. Berühmtheit erlangten Radiolarien durch die Publikationen des Naturforschers Ernst Haeckel, allen voran das prachtvolle Tafelwerk „Kunstformen der Natur“ (1899-1904). Seine Bilder waren

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von so betörender Fremdartigkeit, dass sie nicht nur in der wissenschaftlichen Welt auf ungläubiges Staunen stießen. Was trieb die Natur an, in diesen unsichtbaren, für kein Auge bestimmten Wesen ohne Gehirn so viel Schönheit zu verschwenden? Die kristallartige Symmetrie und zierliche Perfektion dieser phantastischen Meerespretiosen fasziniert auch die in Manhattan geborene Künstlerin

Fioratti Loreto. In ihrem zeichnerischen Œuvre verbindet sich die Liebe zum Licht- und Schattenspiel, zu Mustern und Strukturen mit derjenigen sowohl zu den Bestiarien der romanischen Kunst als auch zu der realen Tierwelt: „I found that animals had the most interesting patterns in nature. An owl‘s feathers, a boar‘s fur or an insect‘s wing are all fascinating examples of patterns.”

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7527
Arianna

erik desmazières

(1948 Rabat, lebt in Paris)

7528 „Le Déluge“ (Die Sintflut) Radierung über hellbrauner Tonplatte auf BFK Rives­Velin.

1981.

41 x 59,5 cm (56,8 x 76,2 cm).

Signiert „Erik Desmazières“, datiert und betitelt. Auflage 90 num. Ex.

600 €

Die Arche Noah ist nicht in Sicht. Menschen und Tiere waten durch die Nässe, blicken empor zu dem mächtigen Wolkenbruch, den Desmazières zentral ins Bild stellt, direkt über die Reste des Turmes von Babel. Ganz prachtvoller, kräftiger und fein differenzierter Druck mit dem vollen Rand, oben und unten mit dem Schöpfrand.

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7528

giovanni battista piranesi (1720 Mogliano bei Mestre – 1778 Rom)

7529 „Piramide di C. Cestio“ Radierung auf Bütten mit Wz. Fleur­ de­lis im Doppelkreis.

1756.

38,9 x 53,4 cm. Hind 36 I (von III).

1.200 €

Die Ewige Stadt wird in der Veduten Giovanni Battista Piranesis zu einer Bühne, in der Realität und Illusion miteinander verschwimmen. Ruinen und antike Altertümer setzte er mittels kühner Perspektiven und dramatischem Hell-Dunkel derart majästetisch in Szene, dass so manch ein Besucher Roms, der die Papststadt vor seiner Ankunft nur durch die effektvollen Visionen Piranesis kannte, vor den leibhaftigen Monumenten die Enttäuschung nicht verbergen konnte. Vor den Nummern. Prachtvoller, gegensatzreicher Druck mit seitlich breitem, oben und untem schmalem Rand.

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fritz schwimbeck

(1889 München – 1977 Friedberg bei Augsburg)

7530 Phantasien über ein altes Haus

8 Radierungen auf hellbraunem Kaiserlichem Handjapan und 6 Bl. Beiheft mit Titel, Text und Druckvermerk. 1918. 45,5 x 32 cm (Blattgröße).

Die Radierungen jeweils signiert „FSchwimbeck“, betitelt, mit dem Mappentitel sowie bezeichnet „Probedruck“ und fortlaufend nummeriert, im Druckvermerk zudem signiert.

1.200 €

Der „alte Schwabinger Wasserturm“ im Englischen Garten in München inspirierte Schwimbeck zu dem vorliegenden Zyklus. „In den achtteiligen Grafikzyklus wird das alte Haus zum Leben erweckt. Das Leblose wird beseelt.“ (Alice Arnold-Becker, Unheimlich. Die Kunst von Fritz Schwimbeck, Friedberg 2023, S. 34). Mit effektvoll eingesetzten Lichtquellen und bewegten Schattengestalten verleiht Schwimbeck seinen graphischen Blättern ihren geheimnisvollen, unheimlichen Charakter. Unter dem Eindruck der Schrecken des Ersten Weltkrieges schuf Schwimbeck zahlreiche graphische Zyklen, später gestaltete er Illustrationen zu Klassikern der phantastischen Literatur. Mit einem Text von Hans Ludwig Held. Herausgegeben von Parcus & Co, München, gedruck t von Heinrich Wetteroth, München, in einer Gesamtauflage von 150 nummerierten Exemplaren, von denen 25 auf Kaiserlichem Japan gedruckt wurden. Ganz prachtvolle, klare Probedrucke mit dem vollen Rand. Selten

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7530 7530

7531

wilhelm höpfner (1899–1968, Magdeburg)

7531 „Wintermarkt“ (Phantastische Wesen in der Magdeburger Altstadt)

Aquarell über Feder in Braun auf Velin. 1921. 24,8 x 13,3 cm.

Verso mit Feder in Braun signiert „W. Höpfner“, mit Bleistift datiert und betitelt.

800 €

Frühes expressionistisches Aquarell des bedeutenden ostdeutschen Graphikers Wilhelm Höpfner. Höpfner studierte ab 1918 zunächst unter Richard Winckel an der Magdeburger Kunstgewerbe- und Handwerksschule, ging jedoch nach nur einem Semester nach Berlin, um dort an der Kunstschule Berlin sein Studium fortzuführen und 1921 abzuschließen. Kurz darauf erhielt er einen Lehrauftrag in

Magdeburg und schloss sich dort der expressionistischen Künstlervereinigung „Die Kugel“ um Kurt Pinthus an, wo er sich mit dem Architekten Bruno Taut anfreundete. Mit diesem gestaltete er u. a. den Schinkelsaal des Magdeburger Gesellschaftshauses im Klostergarten. Im Jahre 1926 siedelte er wieder nach Berlin über und war unter anderem mit Max Liebermann und Käthe Kollwitz verbunden bevor er ab 1931 wieder in Magdeburg eine Stelle als Kunstlehrer annahm. Nach der Machtergreifung der Nazis konnte er kaum noch ausstellen und einige seiner Werke wurden beschlagnahmt und in der Nazi-Aktion „Entartete Kunst“ ausgestellt. Nach dem Krieg wirkte er in Magdeburg unter anderem als Lehrer und war Vorsitzender des Verbandes Bildener Künstler Magdeburg, sowie des Kulturbundes und sein Werk wurde in zahlreichen Einzelausstellungen im In- und Ausland präsentiert.

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7532

(1939 Bratislava)

7532 Karussell der Frauen

Farblithographie auf festem Velin. 1984.

91,8 x 65,3 cm (92,5 x 65,3 cm).

Signiert „V. Gazovic“ und datiert. Auflage 70 num. Ex.

600 €

Mit lasierenden Farbschleiern modelliert Gazovic eine Himmelsfläche von irisierender Transparenz, während das Karussell fein ausgearbeitete Aktfiguren durch die Luft wirbelt. Ganz prachtvoller, farblich wunderbar differenzierter Druck mit kleinem Rändchen unten.

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vladimír gazovic

7533

mac zimmermann

(1912 Stettin – 1995 München)

7533 Artisten am Strand

Deckfarben auf dünnem, schwarzbedrucktem Karton. 1961. 34 x 48 cm.

Unten mittig mit Feder in Hellrosa signiert „Mac Zimmermann“, datiert und gewidmet.

800 €

Grazil, gelenkig und äußerst feingliedrig erscheinen die Artisten in ihren verschiedenen Posen. Zentral im Bild ein weiblicher Rückenakt, aus dessen Kopf Gräser und Blumen wachsen – möglicherweise eine Anspielung auf die mythologische Daphne. Zwei weitere

Gestalten unterstreichen den Eindruck des Phantastischen: eine Figur mit Entenkopf, Flügeln und Fahrrad sowie ein weiblicher Akt im Profil, deren Unterkörper zu fehlen scheint. Es dominieren die Farbtöne Gelb, Pink, Blau und Grün, die sich eindrucksvoll vor samtig schwarzem Grund abheben. Mac Zimmermann studierte an der Werkkunstschule in Stettin und war seit 1934 in Hamburg als Bühnenbildner, Pressezeichner und Zeichenlehrer tätig. 1938 siedelte er nach Berlin über, wo ab 1940 die ersten phantastischen Bilder entstanden. Bereits ein Jahr nach Kriegsende 1946 richtete ihm die Berliner Galerie Gerd Rosen seine erste große Ausstellung aus. Er unterrichtete lange Zeit, zunächst an der Akademie in Dessau, später an den Akademien in Berlin und München.

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frans siaens (1907–1971, Belgien)

7534 Surrealistischer Frauenkopf

Öl auf Leinwand.

50 x 40 cm.

Unten links mit Pinsel in Grün signiert „Siaens“.

350 €

Die surreale Szenerie des belgischen Künstlers könnte auch als Cover eines frühen Science-Fiction Filmes der 1960er Jahre dienen. Wie der obere Teil einer Roboterpuppe ragt ein Frauenkopf vor surrealem Hintergrund in die Höhe, die Haare in Flammen umgeben von sämtlichen Skurrilitäten.

tim ernst (1977 Köln)

7535* „MAD ONNA“

Öl und Lackstift auf Leinwand. Im originalen Künstlerrahmen. 2011.

95,5 x 65,5 cm (Künstlerrahmen 98,3 x 68,3 cm).

Verso mit Bleistift signiert „Ernst tim“, datiert, betitelt und bezeichnet „d54372“, auf dem Rahmen nochmals mit Faserstift signiert, datiert und bezeichnet „ARTISTFRAME“.

1.200 €

In altmeisterlicher Manier und auf sehr eigenwillige Weise zitiert Tim Ernst in der hier vorliegenden „Madonna“ die weltberühmte Ikone von Leonardo da Vinci und verfremdet sie mit Witz und Raffinesse hin zum Absurden. Serpentinenartig bestückt er seine Version der Mona Lisa entlang der Arme über die Schultern bis zum Kopf mit brennenden weißen Kerzen und führt die Aneinanderreihung entlang eines Aquädukts im Bildhintergrund weiter. Gleichzeitig positioniert er verschiedene geometrische Körper mit Zahlen und Buchstaben im Landschaftsraum – ganz im Sinne alter Maßsysteme aus der Renaissance. Die Erleuchtung der Figur, um die es dem Künstler wohl geht, symbolisiert er neben den Kerzen außerdem mit einer am Hinterkopf angebrachten Glühbirne. Ernst studierte 2001–2007 an der Akademie der Bildenden Künste Karlsruhe bei Andres Slominski und Anselm Reyle, 2007/08 dann als Meisterschüler bei Gustav Kluge. Seine Werke sind in zahlreichen namhaften nationalen und internationalen Sammlungen vertreten.

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7536

giorgio de chirico

(1888 Volo – 1978 Rom)

7536 La Musa della Storia

Farblithographie auf CM Fabriano ­Velin. 1972. 40 x 28 cm (47,8 x 34,7 cm).

Signiert „Giorgio de Chirico“ und gewidmet. Brandani 152 (Variante in Schwarz).

1.200 €

Surrealistische Komposition, herausgegeben von Alberto Caprini, Rom, mit dessen Blindstempel unten rechts. Variante zu Brandani 152. Die bei Brandani verzeichnete Lithograpie wurde mit schwarzer statt der rotbraunen Platte in einer Gesamtauflage von 126 Exemplaren gedruckt. Ausgezeichneter Druck mit Rand.

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hans thiemann (1910–1977, Berlin)

7537 „Atelier des Romantikers“ Öl auf Leinwand. 1966.

73 x 100 cm.

Unten mittig links mit Pinsel in Dunkelbraun signiert „hans thiemann“ und datiert, verso auf dem Keilrahmen mit Kugelschreiber nochmals signiert und datiert sowie betitelt und mit den Maßangaben, auf Klebeetikett typographisch bezeichnet.

Essen 130.

8.000 €

Ein Spiel mit Licht und Schatten, mit Vorne und Hinten, mit Raum und Fläche. Ornamentale Kulissen, Vorhänge, Paravents, Leinwände und Wandflächen stehen hintereinander, überschneiden sich und erschaffen einen mysteriösen, uneindeutigen Bildraum. Der Schatten einer still stehenden Figur zeichnet sich ab, der Mensch jedoch bleibt unsichtbar. Wie ein Gitter, das den Bildraum nach vorne hin

abriegelt, wirkt die Staffelei im Vordergrund, während dahinter sich eines der Thiemann‘schen Bildrätsel aufbaut. Anklänge an den Orientalismus der Romantik stecken in den reichen Ornamentierungen der gestaffelten, in feinsinnig abgestuften Farbwerten gestalteten Flächen, abgesehen davon jedoch erscheint der Romantiker in der vorliegenden Komposition Thiemanns vor allem als verträumt, stimmungs- und geheimnisvoll. Seit 1961 entstanden die „Atelierbilder“ des Künstlers, eine Werkgruppe, für die das „Atelier des Romantikers“ ein herausragendes, charakteristisches Beispiel abgibt.

Provenienz:

Galerie in Flottbek, Hamburg (mit deren Klebeetikett verso auf dem Keilrahmen)

Ausstellung:

Hans Thiemann und die Berliner Fantasten, bauhaus-archiv Berlin 2000, Kat.-Nr. 32 (Abb. S. 77)

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viktor müllerstaedt (1928–2018, Berlin)

7538 Weißer Hampelmann

Öl auf Leinwand. 1982.

119,4 x 62,3 cm.

Unten links mit Pinsel in Grau signiert „Müllerstaedt“ und datiert.

300 €

Am Schnittpunkt zwischen Bild und Bühne verortet sich das künstlerische Werk des Berliner Malers und Bühnenbildners Viktor Müllerstaedt. Kühle Farben und Hell-Dunkel-Kontraste sorgen für einen theatralen Charakter und lassen die Bildgegenstände und Figuren geheimnisvoll erscheinen.

mac zimmermann (1912 Stettin – 1995 München)

7539 Urteil des Paris II

Öl auf Hartfaserplatte. 1962. 92 x 69 cm.

Unten rechts signiert (in die feuchte Farbe geritzt) „Mac Zimmermann“ und datiert. Knapp/Petersen 678.

7.000 €

Der Surrealist Zimmermann verwandelt das antike Motiv des Parisurteils in eine phantastische Szenerie. Sie spielt in einer völlig leeren Welt unter rosafarbenem Himmel. Hier schneidet der Künstler die drei Göttinnen aus der Reihe ihrer Gefährtinnen wie aus einer Schablone heraus und setzt sie mit Paris und einer Zuschauermenge vor den tiefen Horizont, an den Ort des Urteils. „Die Eleganz und Originalität der Kunst Mac Zimmermanns scheinen mir in der Tat durch den bewusst archaischen Ausdruck seines Schaffensrausches gekennzeichnet.“ (Patrick Waldberg, Mac Zimmermann, München 1970, o.S.). Das Bild entstand während Mac Zimmermanns Zeit als Professor an der Berliner Hochschule für Bildende Künste.

Provenienz: Privatbesitz Belgien

Ausstellung: Große Kunstausstellung, Haus der Kunst München 1962, Kat.-Nr. 372 (mit deren Klebeetikett verso)

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7540

fritz schwimbeck

(1889 München – 1977 Friedberg bei Augsburg)

7540 Werden-Vergehen

5 (von 8) Radierungen mit Aquatinta auf gewalztem China, auf Kupferdruckkarton. 1919.

Je ca. 62,8 x 50 cm (Blattgröße).

Sämtlich signiert „F. Schwimbeck“ und betitelt. Auflage

50 num. Ex.

1.500 €

Unheimliche Trugbilder, Nachtgesichte und Motive der schwarzen Romantik vereint Schwimbeck in dem Mappenwerk „Werden –Vergehen“. Fünf Blatt der Folge, erschienen im Verlag Parcus & Co., München 1919. Vorhanden sind die Blätter „Tod im All“, „Schöpfungs-Gedanke“, „Gedenkblatt“, „Opfer“ und „Schiwa“. Prachtvolle, kräftige Drucke, sämtlich mit dem vollen Rand.

john martin

(1789 Haydon Bridge beiHexham – 1854 Douglas, Isle of Man)

7541 Sieben Blatt zu Miltons Paradise Lost

7 Schabkunstblätter mit Radierung auf Velin. 1827. Folio.

Balston, Anhang 9.a.4.1, .2, .3, .4, .5, .7, .8.

400 €

Sieben Blatt aus der zu Martins Hauptwerk zählenden Folge zu John Miltons „The Paradise Lost“. Enthalten sind die Motive: „The Fall of the Rebel“, „Satan on the burning lake“, „Satan arousing the Fallen Angels“, „Pandemonium“, „Satan presiding at the Infernal Council“, „The Courts of God“, „Satan viewing the ascent to heaven“ Prachtvolle, samtige Drucke, mit breitem Rand um die deutlich zeichnende Plattenkante. Vor allem außerhalb der Darstellungen teils stärker angestaubt und fleckig, einzelne Randeinrisse, sowie mit teils stärkeren Alters- und Gebrauchsspuren, im Unterrand von Sammlerhand mit Zitaten der Textstellen in Bleistift, sonst meist noch gut erhalten.

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baron herbert von ledermann-wartberg (1900 Breslau)

7542 „Orchis“

Folge von 5 Kaltnadelarbeiten auf orangefarbenem Japan. Um 1920.

Jeweils 20 x 16,5 cm (27 x 20,3 cm).

Alle signiert „HvonLedermann“ (ligiert) und betitelt sowie fortlaufend nummeriert.

1.200 €

Mit fast surrealistischem Blick zeichnet der Künstler die phantastisch-skurrilen Blüten und verwandelt sie in lebendige Wesen. Am 12. Februar 1943 wurde Herbert von Ledermann-Wartberg in der Kaserne Dossin interniert und ins Sammellager Mechelen überstellt, ebenso wie u.a. auch Felix Nussbaum und seine Frau, Irene Spicker und Azriel Awret. Mit seinen Mithäftlingen in der Malerwerkstatt musste er die Pappschilder mit den Häftlingsnummern malen und SS-Offiziere nach Foto-Vorlagen portraitieren. Über Herbert von Ledermann-Wartberg existieren nur wenige weiterführende Informationen; eine Zeichnung von Irene Spicker zeigt von Ledermann-Wartberg in der Mechelener Häftlingskleidung. Er trug die Nummer 32 auf der W-Liste (Werkleute) und wurde mit den anderen Inhaftierten, die sich noch in der Kaserne befanden, am 4. September 1944 von der British Army Mechelen befreit. Rarissimum

franz roh

(1890 Apolda – 1965 München)

7543 „Der teuflische Stickereivorhang“

Holzstich mit Collage auf Velinkarton. Um 1935. 20,8 x 13,2 cm.

Unten rechts auf dem Karton mit Bleistift betitelt, verso mit dem Nachlaßstempel und der Werknummer „343“.

900 €

Skurril und mit bizarrem Humor kombiniert Rohs Collage die zusammengestellten, ganz unterschiedlichen Motive. Sowohl Max Ernst als auch Franz Roh stellten um 1923/25 fest, dass sie sich der Collage in ähnlicher Weise bedienten. Mit „dada-surrealem“ Impetus stellten sie Collagen vornehmlich aus Stichvorlagen des 18./19. Jahrhunderts zusammen. Die Titel, die sie ihren Collagen gaben, ergänzten die Kompositionen und veranlassen den Betrachter zu neuen Interpretationen und weiteren Assoziationen (vgl. J.A. Schmoll gen. Eisenwerth, in: Franz Roh. Kritiker. Historiker. Künstler. Staatsgalerie Moderner Kunst, Bayerische Staatsgemäldesammlungen München, München 1990, S. 9-10). In seine collagierten Darstellungen ließ Roh verschlüsselt und subtil die Verwerfungen und Widersprüche seiner Zeit einfließen.

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erik desmazières

(1948 Rabat, lebt in Paris)

7544 „Ville souterraine“

Radierung über beigefarbener Tonplatte auf BFK RivesVelin. 1982.

41,3 x 59,5 cm (57 x 76,5 cm).

Signiert „Erik Desmazières“, datiert und betitelt. Auflage 90 num. Ex.

600 €

Über Stalagmiten und Stalaktiten wölben sich die unterirdischen Hallen hoch empor und lassen durch einige wenige Öffnungen etwas Licht in die unterirdische Stadt fallen. Desmazières schildert mit seiner subtilen Radiertechnik eine utopische Anlage, die sich offensichtlich immer weiter in die Erde hinab erstreckt und deren Bewohner, zum Teil unbekleidet und teils in lange Mäntel gehüllt, weit in der Vergangenheit oder in ferner Zukunft zu leben scheinen. Prachtvoller, tiefdunkler und kontrastreicher Druck mit dem vollen Rand, oben und unten mit dem Schöpfrand.

hermann kreidt (1906 Steele – ?)

7545 In Hekates Reich

Feder in Schwarz auf Schoellers Parole­Velin. 1971/72. 49,8 x 32,3 cm.

Verso mit Feder in Schwarz von fremder Hand bezeichnet, datiert und betitelt.

600 €

Kreidt zeigt uns Hekate als schwangere junge Frau, dem Wurzelwerk der Erde entwachsend, das Gesicht cervixartig verformt, den Arm vertraut um einen riesenhaften Phallus gelegt. Mit feinen und feinsten Linien zeichnet er die visionäre Darstellung und beschwört damit archaische Ängste herauf, bannt sie ins Bild, verleiht unbewussten Schreckensvorstellungen einen konkreten Ausdruck. Hekate ist in der griechischen Mythologie eine schwer fassbare Göttin der Magie, der Theurgie und der Nekromantie, der Schwellen und Übergänge und die Wächterin der Tore zwischen den Welten und nicht zuletzt der Geburten, während sie zuvor in Anatolien wohl eher als eine Magna-Mater-Figur angesehen wurde. In Hesiods Theogonie ist Hekate die einzige unter den Titanen, die unter der Herrschaft des Zeus ihre Unabhängigkeit behält. Er beschreibt sie als eine den Menschen sehr hilfreiche Göttin, sie schenkt den Hirten fruchtbare Herden, den Fischern volle Netze, den Jägern reiche Beute, den Kriegern den Sieg. Den sie verehrenden Neuplatonikern galt sie als die Weltseele, aus der alle Seelen entspringen und zu der sie zurückkehren. In moderner Zeit gilt sie eher als vorpatriarchale Erd- und Sonnengöttin. Beigegeben: Eine signierte Lithographie des Künstlers, „Unterwasserwelt“, 1969.

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7546

ernst fuchs (1930–2015, Wien)

7546 Die Versuchung des Einhorns Radierung auf Velin. 1957. 20 x 27,7 cm (33,1 x 48,7 cm).

Signiert „Ernst Fuchs“, datiert und bezeichnet „Probedruck“. Weis 41 II a (von II b).

900 €

Aus dem Zyklus: Die Passion des Einhorns. Prachtvoller, detaillierter Druck mit Rand, links mit dem Schöpfrand.

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7548 „Lamento della Ninfa III“

Farbradierung und Mezzotinto auf Holland­Velin. 1972.

31 x 24,4 cm (63,6 x 47,6 cm).

Signiert „ABrunovsky“, datiert und betitelt sowie bezeichnet „E.(preuve d‘)A.(rtiste) III/V“.

500 €

Prachtvoller Druck mit sehr breitem Rand, oben mit dem Schöpfrand.

albin brunovsky (1935 Zohor – 1997 Bratislava)

7547 „Dve Evy a vyhnanie z raja“ (Zwei Evas bei der Vertreibung aus dem Paradies)

Farblithographie auf Holland­Velin. 1971.

61 x 45 cm (64,2 x 47,8 cm).

Signiert „ABrunovsky“, datiert und betitelt. Auflage 80 num. Ex.

400 €

Prachtvoller, klarer Druck mit kleinem, wohl vollen Rand, unten mit dem Schöpfrand.

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ursula schultze-bluhm

(1921 Mittenwalde – 1999 Köln)

7549 „Das Kandelaber-Tier“

Feder in Schwarz und in farbiger Tusche auf festem Schoellershammer­Velin. 1977.

61 x 72,5 cm.

Unten rechts mit Feder in Schwarz signiert „Ursula“ und datiert, unten links betitelt, verso mit Kugelschreiber in Blau nochmals signiert, datiert, betitelt und mit den Maßangaben.

800 €

Aus feinsten Schraffuren, zahllosen minutiösen Strichlein und Mustern entsteht eine flirrende Erscheinung, ein phantastisches Tierwesen in großem Format. Seit 1951 hielt sich die Künstlerin regelmäßig in Paris auf, wo sie 1954 von Jean Dubuffet für sein Musée d’Art Brut entdeckt wurde. Seitdem verwendete sie den Künstlernamen Ursula. Ihre erste Einzelausstellung fand im selben Jahr in der Galerie Franck, Frankfurt am Main, statt, im Folgenden wurde von der Galerie Daniel Cordier in Paris und Frankfurt am Main vertreten. 1955 heirateten sie und der Maler Bernard Schultze Ab 1974 entstanden ihre ersten großformatigen Federzeichnungen.

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bernard schultze

(1915 Schneidemühl/Westpreußen – 2005 Köln)

7550 Im Sieb die gelbroten Körner

6 (2 farbige) Radierungen sowie Titel, Impressum und 3 Gedichte auf 7 Doppelbl. BFK Rives­Velin. Lose in Org.Leinenmappe und Orig.­Kartonschuber. 1972.

42,5 x 29,5 cm (Blattgröße).

Die Radierungen jeweils signiert „Bernard Schultze“ und datiert, sowie im Impressum zusätzlich signiert. Auflage

65 num. Ex.

400 €

Phantasievolle Migof-Kompositionen, die abstrakten, dreidimensionalen Gebilde und Kunstwesen eines der bedeutenden Vertreter des deutschen Informel. Erschienen bei der Edition Rothe, Heidelberg, als Zweiter Druck der Tukanpresse, in einer Gesamtauflage von 85 Exemplaren. Druck der Radierungen bei Wilhelm Schneider, Berlin. Sämtlich prachtvolle Drucke mit dem vollen Rand.

marc gröszer

(1973 Berlin)

7551 „Nachtexpress“

Öl auf Leinwand. 2015.

100 x 100 cm.

Verso auf der Leinwand mit Pinsel in Schwarz signiert „GRÖSZER“ und datiert, auf dem Keilrahmen mit Filzstift in Rot betitelt.

900 €

Durch eine traumhafte Kulisse aus phantastischen, in den Himmel wachsenden Gebilden, die an amorphe Zufallsstrukturen aus Max Ernsts berühmten Décalcomanien erinnern, fährt der rote Nachtexpress hoch oben auf einem Viadukt, den langen Rauchschwall seiner Dampflok eindrucksvoll über die gesamte Bildbreite hinter sich herziehend. Den teils überlebensgroßen Bildern des Berliner Künstlers Marc Gröszer, der an der Kunsthochschule Weißensee studierte, ist stets etwas Rätselhaftes zu eigen. Häufig sind diese bevölkert von maskenhaften Figuren oder riesenhaften, üppigbarocken Frauenkörpern in geisterhaften Szenerien und apokalyptischen Weltuntergangsvisionen.

Provenienz: Privatbesitz Berlin

57

hans bellmer

(1901 Kattowitz – 1975 Paris)

7552 Barockes Souterrain (Souterrain baroque)

Radierung auf Lana­Velin.

11,8 x 18 cm (23,5 x 30,5 cm).

Signiert „Bellmer“. Auflage 99 num. Ex.

Mandiargues 117.

300 €

Bellmer spielt in seiner Radierung auf delikate Weise mit weiblicher Erotik und surrealen Elementen. Prachtvoller, klarer Druck mit dem wohl vollen Rand, rechts mit dem Schöpfrand.

michael schwarze (1939 Krefeld, lebt in Bahlingen am Kaiserstuhl)

7553 Ohne Titel (nach hinten Gebogener)

Bronze mit braun­ grüner Patina auf schwarzem Schiefersockel.

89 x 43,5 x 36,5 cm. Seitlich an der Basis monogrammiert „ms“ (im Kreis).

5.000 €

Michael Schwarzes Skulpturen scheinen alle „aus einer verkehrten Welt oder gar aus einem Land der Verdammnis“ zu stammen (G.-W. Essen, in: Michael Schwarze. Skulpturen, Köln 1985, S. 94). Auch die weit nach hinten gebogene Gestalt ist ein Zerrbild des Menschen, wie so häufig in seinem Werk, mit dem Wachsausschmelzverfahren hergestellt. Allen Widerständen zum Trotz und verzerrt unter den steinernen Lasten, die von oben den Kopf hinabdrücken, hält dennoch die Figur ihre heikle, gewagte Balance. Gesamthöhe mit Sockel: 97 cm.

58 7552

aliute mecys

(1943 Koblenz – 2013 Hamburg)

7554 „Vaterhaus“

Öl auf Malpappe. 1987.

95 x 70 cm.

Unten rechts mit Pinsel in Grau signiert „MECYS“ und datiert, verso auf dem Keilrahmen mit Faserschreiber in Schwarz nochmals signiert, datiert und betitelt.

7.000 €

Wie in einem Storchennest thronen die skurrilen Gestalten hoch in der Luft über einer verfallenen Hütte, mit weitem Blick in die Berglandschaft. Dicht beieinander und doch völlig beziehungslos zueinander sitzen sie in ihrem luftigen, gefährlich fragilen Ausguck Tiere und Tierfragmente ergänzen die gespenstischen Erscheinungen. Und reiner Wahn ist also dieses morsche, verfallende Vaterhaus, ganz im Gegensatz zum Titel ein Inbegriff der Heimatlosigkeit. In altmeisterlicher Feinheit gestaltet die Künstlerin die irritierende Szenerie, souverän die Farbperspektive einsetzend. „Eines der eindrucksvollsten Gemälde, von der Komposition wie von der Bildidee her, ist zweifellos das 1987 entstandene Bild ‚Vaterhaus‘.“ (Gerd-Wolfgang Essen, in: Aliute Mecys, Gemälde, Galerie in Flottbek, Hamburg 1990. o.S.).

Ausstellung:

Aliute Mecys, Gemälde, Galerie in Flottbek, Hamburg 1990 (mit Abb., o.S.)

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61 7554

aliute mecys

7555 „Motinos“ (Mütter)

Acryl und Öl auf Malpappe. 1988.

50 x 49,5 cm.

Unten in der Ecke links mit Pinsel in Hellgrau signiert „MECYS“ und datiert, verso auf dem Keilrahmen mit Faserschreiber in Schwarz nochmals signiert, datiert und betitelt.

4.000 €

Verstörende Komposition: Unter apokalyptisch sich zusammenziehenden dunklen Wolken schart sich die kleine Gruppe skurriler Gestalten – mütterlich erscheinen sie keinesfalls – um das an Oskar Matzerath erinnernde Kind in der Krippe, die in ihrer Größe fast an einen Sarg denken lässt und den blinden, gierigen Muttergestalten als Futterkrippe dient. Gerade aufgehängt, kippt die Bildwelt aus dem Rahmen; die Künstlerin intendierte jedoch eine diagonale Hängung, worauf die Position von Signatur und Bezeichnungen verso eindeutig schließen lassen. Der Titel verweist auf die litauischen Wurzeln der Künstlerin.

Ausstellung:

Aliute Mecys, Gemälde, Galerie in Flottbek, Hamburg 1990 (Abb. Umschlagrückseite)

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7555

7556 hermann kreidt (1906 Steele – ?)

7556 „Bosch, Friedrich und Susanna“

Gouache auf Velin, mit gezeichneter Einfassungslinie, auf Karton kaschiert. 1969.

14,6 x 21 cm.

Auf dem Karton unten rechts mit Bleistift signiert „Hermann Kreidt“ und datiert, unten links betitelt.

300 €

Die skurrile, vor Phantasie sprühende Komposition bezieht sich auf das biblische Motiv von Susanna und den beiden Alten, versetzt die modifizierten Figuren jedoch in eine leuchtende, surreale Farbwelt. Mit unzähligen Pinselstrichlein von minutiöser Feinheit gestaltet Kreidt die Szene, deren abstrakt-ornamentale Formensprache sich an Mustern der natürlichen Welt orientiert, sie aber aus ihrem Kontext löst und verfremdet.

alfred kubin (1877 Leitmeritz, Böhmen – 1959 Wernstein)

7557 „Haus Usher I“

Feder in Schwarz über Spuren von schwarzer Kreide, gezeichnet auf der Rückseite von bedrucktem Katasterpapier. Um 1909.

31,5 x 26,3 cm.

Unten links mit Feder un Schwarz monogrammiert „AK“, rechts unterhalb der Darstellung mit Bleistift signiert „Kubin“ sowie am unteren Papierrand links und rechts betitelt.

7.500 €

Das Blatt kann exemplarisch für das frühe, von Bresdin inspirierte zeichnerische Werk Alfred Kubins stehen, in dem sich der Künstler vornehmlich abgründigen Themen widmet. Er schildert nicht nur reale Schrecken, sondern Bild gewordene Visionen von düstersten Ahnungen und schlimmsten Albträumen. Die mit „Haus Usher I“ betitelte Zeichnung ist die Vorstudie für eine Illustration von Edgar Allan Poes wohl berühmtester Kurzgeschichte „Der Untergang des Hauses Usher“ (Alfred Marks: Der Illustrator Alfred Kubin, Gesamtkatalog seiner Illustrationen und buchkünstlerischen Arbeiten, München 1977, S. 32, Nr. 70). Sie zeigt das gleichnamige Anwesen mitsamt dem davorliegenden dunklen Teich und der kargen, nur von einer anfliegenden Krähe bevölkerten Landschaft. Da Poe die-

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ses Haus im Fortgang seiner Geschichte immer wieder beschreiben und für das unheilvolle Schicksal seiner Bewohner des gleichnamigen Geschlechts verantwortlich machen sollte, steht diese Illustration gleich zu Beginn der Erzählung. In sie legt Kubin sein ganzes zeichnerisches Geschick und macht dadurch das düstere Schloss zur eigentlichen Hauptfigur des Textes, während er auf

die illustratorische Schilderung der eigentlichen gespenstischen Geschehnisse innerhalb des Hauses bewusst verzichtet. Am Ende der Geschichte birst das Gebäude, das bereits von einem tiefen Riss in der Fassade durchzogen war, durch die grauenvollen Ereignisse auseinander und stürzt in den davorliegenden Teich, dessen dunkle Wasser sich über den Trümmern schließen.

65 7557

französisch

7558 Ruinencapriccio

Feder und Pinsel in Grau auf Bütten. In alter Fenstermontage. Um 1750.

22,1 x 31,5 cm.

750 €

erik desmazières

(1948 Rabat, lebt in Paris)

7559 Imagination einer Stadt Radierung mit Aquatinta auf CMFabriano ­Velin. 1986. 64,5 x 49,5 cm (76 x 56,3 cm).

Signiert „Erik Desmazières“ und datiert. Auflage 90 num. Ex.

600 €

Standbilder erwachen zum Leben und bewegen sich durch die verschachtelte Stadtarchitektur. Typische Komposition Desmazières‘, die deutlich den Einfluss seiner großen künstlerischen Vorbilder zeigt. Ganz prachtvoller, differenzierter Druck mit dem vollen Rand, unten mit dem Schöpfrand. Beigegeben: Eine weitere signierte Radierung von Desmazières, „Stilleben mit Kürbissen“.

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7558
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lutz brandt (1938 Berlin)

7560 „Einsamer Ort“

Aquarell und Bleistift auf Velin. 2009.

48,8 x 69 cm.

Unten rechts mit Bleistift signiert „Lutz Brandt“ und mit dem roten Stempelsignet, verso im Oberrand betitelt.

1.200 €

In ausgefeilter Aquarelltechnik erschafft Lutz Brandt Orte in einem Niemandsland, phantastische Szenerien einer menschenleeren Landschaft.

fritz kreidt

(1936 Essen – 2020 Berlin)

7561 Verwilderte Stadt

Tempera und Feder in Schwarz auf Preßspanplatte. 1982.

30 x 40 cm.

Unten rechts mit Pinsel in Gelb signiert „KREIDT“ sowie mit Feder in Schwarz nochmals signiert „F. KREIDT“ und datiert, verso auf dem Abdeckkarton von fremder Hand betitelt.

600 €

Wir sehen zwar keine Spuren einer Apokalypse, aber diese schwarzgrüne Welt scheint gänzlich unbewohnt, eine dem Untergang

preisgegebene Zivilisation. Kreidt kombiniert die lasierend aufgetragenen Temperafarben seiner gedeckten Palette mit feinen Federkonturen, die den Verfall beinahe hyperrealistisch dokumentieren.

fritz kreidt

7562 Ofenstraße Süd, Lauchhammer Tempera auf Preßspanplatte. 1995.

30 x 40 cm.

Unten links mit Pinsel in Braun signiert „KREIDT“, verso auf Klebeetikett typographisch bezeichnet, datiert und betitelt.

600 €

Fein ausformuliert stellt Kreidt die verfallene, vollkommen menschenleere Industriearchitektur dar. Die Großkokerei Lauchhammer wurde 1991 stillgelegt, und bereits vier Jahre später ist die Ofenstraße mit blühendem Buschwerk bewachsen. In diesem Prozess zeigt sich ein Aspekt von Vergeblichkeit, der dem menschlichen Streben und Handeln angesichts der Macht der Vegetation innewohnt. Zugleich liegt genau darin ein gerade heutzutage immenser Trost, siegt hier doch über den kaput ten Kern der Industrialisierung und Umweltverschmutzung die Selbstheilungskraft der Natur.

Provenienz:

Galerie Christian Zwang, Hamburg und Berlin (mit deren Klebeetikett verso)

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7563

robert häusser

(1924 Stuttgart–2013 Mannheim)

7563 Selbst

Silbergelatineabzug. 1981.

48 x 38,5 cm.

Unten rechts mit weisser Tinte signiert und datiert.

800 €

70

benjamin kerwien

(1967 Berlin, lebt in Dessau und Kopenhagen)

7564 Die Stille Öl auf Preßspanplatte. 2019.

20 x 60 cm.

Unten links mit Pinsel in Grün signiert „KERWIEN“.

900 €

Einsam, nüchtern und akribisch ausformuliert erstreckt sich in langgezogenem Querformat ein Interieur mit wenig Mobiliar, belebt nur von einigen Gräsern und Bäumchen, vor den Augen des Betrachters. Der Blick wandert, angezogen vom Tageslicht, zum Fenster und durch eine Raumflucht hin zu einem rosablauen, surreal wirkenden Himmel, der an Renée Magritte denken lässt. Benjamin Kerwien ist seit 1995 als Maler und Illustrator tätig. Seine Bilder strahlen eine teils bedrückende Ruhe und Melancholie aus. In ihren nüchternen, zumeist menschenleeren Bildwelten findet eine postmoderne Sachlichkeit Ausdruck. Häufig behandelt er das Thema Pflanzen, stets präzise und bis ins kleinste Detail ausgearbeitet.

Provenienz:

Privatbesitz Amsterdam

Privatbesitz Berlin

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karl hugo otto maeder (1891 Schönbruch – 1966 Berlin)

7565 Flur Scheune

Öl auf Leinwand. 1957.

50,3 x 60 cm.

Unten rechts mit Pinsel in Ocker signiert „K.H.MAEDER“ und datiert, verso auf dem Keilrahmen (wohl von fremder Hand (?)) betitelt.

800 €

In Stille und Einsamkeit erstreckt sich ein Landschaftsausblick mit idyllischem Steinhaus neben einem gepflegten Dorfteich inmit-

ten saftig grüner Wiesen. Maeder gehört zum Umkreis der „Berliner Phantasten“ und begann erst 1937 als Autodidakt zu malen, angeregt durch die enge Freundschaft mit Werner Heldt. Während Heldt vor allem Berlin und die Stimmung in der Stadt thematisierte, fokussierte sich Maeder auf Landschaften aus seiner westpreußischen Heimat. Als Sohn eines Försters geboren, absolvierte er mit 16 Jahren eine Schlosserlehre in Berlin und arbeitete bis zu seiner Pensionierung als Einrichter bei Siemens. 1946 fanden seine ersten Ausstellungen bei Gerd Rosen sowie ab 1957 in der Galerie Springer in Berlin statt.

Provenienz:

Galerie Springer, Berlin (rückseitig mit Galerieetikett)

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7565

7566, Originalgröße

lewis chamberlain (1966 East Yorkshire)

7566 „Through the Leafy Woodlands“

Bleistift auf Velin. 2021.

11 x 11 cm (28,4 x 25,3 cm).

Unten rechts mit Bleistift signiert „L. Chamberlain“ und datiert.

600 €

Lewis Chamberlain studierte bis 1988 an der Slade School of Art in London. Seit den 1990er Jahren widmeten sich bereits verschiedene Ausstellungen in Großbritannien und den USA seinem Werk, so auch unter anderem 1991 die legendäre Guillaume Gallozzi

Gallery in New York. Bereits im jungen Alter sammelte er an den Ufern der Humber-Mündung aufgelesenes Strandgut und nahm die Fundstücke zum Zeichenstudium mit nach Hause. Diese Faszination für seltsame, offenbar unzusammenhängende Objekte und die durch ihre Verbindung entstehenden Kontexte spiegelt sich bis heute in seinen Arbeiten wider. In seinen altmeisterlichpräzis gearbeiteten Gemälden und Bleistiftzeichnungen schafft er durch die Kombination von Fundstücken, Modellen und Kinderspielzeugen und die Gegenüberstellung von scheinbar nicht zusammen gehörenden Objekten zugleich vertraut wie irritierendunheimlich wirkende, vielschichtige Bildwelten. Seine Arbeiten finden sich in vielen internationalen Sammlungen.

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7567

jirí anderle

(1936 Patlikov, Böhmen, lebt in Prag)

7567 Il Sorriso

Farbige Kaltnadel mit Mezzotinto und Roulette auf Hahnemühle­Velin. Um 1978.

92,3 x 63,5 cm (106,3 x 79 cm).

Signiert „Anderle“. Auflage 70 num. Ex. Spangenberg 142.

900 €

Jirí Anderles Radierung „Il Sorriso“ entstand innerhalb seines Zyklus „Portraits in the Passage of Time“. Das Motiv entstammt einem Portrait des italienischen Renaissancekünstlers Alesso Baldovinetti aus der Mitte des 15. Jahrhunderts. Ihre Figur wird überlagert und wiederholt, wodurch eine Bewegungsunschärfe entsteht. Ihr Mund kräuselt sich von links nach rechts allmählich zu einem Lächeln. So präsentiert Anderle nicht nur einen einzelnen Moment, sondern eine ganze Handlung: Vergangenheit und Gegenwart, dargestellt auf einer Bildebene, und er versetzt den Betrachter in einen quasi traumartigen Raum. Prachtvoller, klarer und differenzierter Druck der nahezu formatfüllenden, großformatigen Darstellung.

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7568

hans thiemann (1910–1977, Berlin)

7568 „Offene Türen“

Öl auf Leinwand. 1965.

54 x 81 cm.

Unten links mit Pinsel in Schwarz signiert „hans thiemann“ und datiert, verso auf dem Keilrahmen nochmals signiert, datiert, betitelt und mit den Maßangaben sowie auf Klebeetikett typographisch bezeichnet, datiert und betitelt. Essen 126.

5.000 €

Wie ein Spiegelkabinett öffnet sich der große linke Bildteil und gibt einen verschachtelt-surrealen Blick auf die Felslandschaft frei, während rechts der Schatten einer Hand sich bedrohlich über ein riesenhaftes steinernes Antlitz legt. Diese zwei Szenen stehen

wie Fragmente eines Traumes nebeneinander und geben dem Betrachter mit ihrer Vielschichtigkeit Rätsel auf. Seine abstrahierende, Organisches assoziierende Formwelt verbindet sich vielfach mit surrealistischen Traumbildern. „Hans Thiemann war ein ungewöhnlicher Bauhaus-Künstler. (...) Der Schüler von Paul Klee und Wassily Kandinsky bewies zeitlebens eine subtile subversive Haltung gegenüber dem Pathos der Moderne, seine vielschichtige Kunst ist voller ironischer Anspielungen, Verweise und Zitate. (...) Zusammen mit Hannah Höch, Heinz Trökes, Hans Uhlmann und Mac Zimmermann zeigte er seine Werke 1946 in der berühmten ‚Fantasten-Ausstellung´“. (Peter Hahn, Markus Krause (Hrsg.), Kunst über dem Realen. Hans Thiemann und die Berliner Fantasten, Ausst.-Kat. Bauhaus-Archiv, Berlin 2000, o.S.).

Provenienz:

Galerie in Flottbek, Hamburg (mit deren mont. Klebeetiketten verso auf dem Keilrahmen)

75

deutsch

7569* Metaphysische Landschaft Rauch­Zeichnung: Schwarz (unter Verwendung von Ruß) beschichtetes Papier mit Ritzzeichnung. Um 1860.

7,8 x 10 cm.

750 €

Die Schwaden des Rauches legen unterschiedlich dichte, teils tiefdunkle Schleier auf das Papier. Dorthinein ritzt der Künstler die Negativzeichnung und fixiert anschließend die Rauchschicht. Der Schwung der Linien scheint sich mit dem wolkigen Untergrund zu verbinden, seine metaphysische Wirkung zu steigern, so dass, ähnlich einem Traumbild, der Hauch einer Landschaft entsteht. Auf italienisch hießen diese Bilder „Fumi“, die im 19. Jahrhundert wohl zuerst auf der Rückseite leer gegessener Teller entstanden.

In die über dem Licht geschwärzte Fläche ritzten anfangs die italienischen Künstler Karikaturen mit dem Zahnstocher und konnten davon mit angefeuchtetem Papier aquatintaähnliche Abdrucke nehmen. Hier jedoch liegt die Rußschicht direkt auf dem Papier und erzielt subtile Abstufungen von Hell- und Dunkeltönen.

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7569

hermann wöhler (1897–1961, Hannover)

7570 Weltlandschaft mit Lilien Öl auf Hartfaserplatte.

49 x 69,8 cm (Rahmenausschnitt).

Unten mittig rechts mit Pinsel in Blau mit dem Künstlersignet „HW“.

3.000 €

Eine meditative Stille und der Blick in wundersam fremde Bildwelten vereinen sich in dieser rätselhaften Darstellung. Drei große, sanft schimmernde Gestirne – Sonnen oder Monde vielleicht –durchziehen den Himmel über dieser Welt der Imagination und verströmen ein irreales Halblicht, aus dem heraus die irritierend weißen, fast fledermausartigen Vogelwesen wie Boten in den Vordergrund hineinfliegen. Hier umrahmt nachtblau der Sternenvorhang den Ausblick in jene fremde Welt und verdunkelt die weißen Lilien im Vordergrund. Leben und Tod, Diesseits und Jenseits, Licht und Dunkel, diese Gegensätze verschränken sich in dem Zwischenreich des Bildes, das den Betrachter zum stillen Schauen ebenso wie zum Nachsinnen und Träumen anregt.

77 7570

brent wong (1945 Otaki, Neuseeland)

7571 Surreale Landschaft Acryl auf Hartfaserplatte. 1972–73.

60,5 x 121 cm.

Unten rechts mit Pinsel in Blau signiert „B WONG“ und datiert, verso nochmals datiert, mit den Maßangaben und bezeichnet.

7.000 €

78 7571

Sei es in Neuseeland oder auf dem Mond: Vollkommen fremd wirkt die Landschaft mit ihren aneinandergereihten, sich wiederholenden Mustern und Formationen. Die vollkommen menschenleere, lasierend gemalte Szenerie unter strahlend blauem Himmel erhält durch das grünliche Licht und ihre fast monochrome Farbigkeit einen surrealen Charakter, eine irritierende Unnatürlichkeit. Eine tiefe, beängstigend dunkle Spalte öffnet sich im Vordergrund, und ob die Landmassen weiter hinten fest sind oder aus fließendem,

lockerem Sand bestehen, bleibt unklar. So löst die Landschaft ein irritierendes Gefühl geisterhafter, traumartiger Unwirklichkeit aus und erhält einen nahezu meditativen Charakter. Nach kurzen Experimenten mit Aquarell und Öl entschied Wong sich für Acryl als Malmedium, da er die schnell trocknenden Farben ermöglichten, zügig aufeinanderfolgende Farbschichten aufzutragen – eine Lasurtechnik, die seinen Gemälden ein juwelenhaftes Leuchten verleiht.

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hans jaenisch

(1907 Eilenstedt – 1989 Nebel auf Amrum)

7572 Abstrakte Komposition / „Zugvögel bei Nacht“

2 Kompositionen, recto/verso. Mischtechnik auf Malpappe. 1950.

100 x 35 cm.

Recto unten mittig mit Pinsel in Beige monogrammiert „Jae“, verso auf dem Rahmen (von fremder Hand?) mit Bleistift datiert, betitelt und mit der Werkverzeichnisnummer „WK 21801“.

2.200 €

Geisterhaft schweben die spitzen Vogeltiere durch die nachtdunkle Komposition verso, die Farben, in reliefhaften Strukturen aufgetragen, überziehen wie ein Gitter die Bildfläche. Zeichenhafte Flugkörper bestimmen häufig Jaenischs Bilder zu dieser Zeit, hier schwingen sie in rhythmischer Bewegtheit auf dem schwarzen Grund. Jaenisch wird 1927 von Herwarth Walden entdeckt und in den Künstlerkreis seiner Galerie „Der Sturm“ aufgenommen Nach der Rückkehr des Künstlers aus amerikanischer Kriegsgefangenschaft kommt er 1946 nach Deutschland und wird 1953 zum Professor an die Hochschule für Bildende Künste in Berlin berufen. Um 1950 entstehen seine Tempera-Reliefs von besonders plastischer Wirkung.

80 7572

hans thiemann (1910–1977, Berlin)

7573 Transparentes Gefilde

Öl auf Leinwand. 1947.

30,5 x 41 cm.

Unten links in der Darstellung mit Pinsel in Rot signiert „hans thiemann“ und datiert. Essen 57.

2.800 €

Eine ganz eigene, imaginierte Bildwelt jenseits der Realität baut Thiemann auf, anstatt diese lediglich zu verfremden. Anklänge an Landschaftliches vereinen sich mit mysteriösen Objekten und Konstrukten, in der spannungsreichen Komposition und mit dem

ornamentalen, regelmäßigen Pünktchenmuster von hohem ästhetischen Reiz. Um 1933 wandte sich der Künstler „jener metaphorisch abstrakten Formensprache zu, die fortan seine Bildwelt bestimmt. Sie führt ihn zurück zu den Grundelementen der abstrakten Malerei, zu Punkt, Linie und Fläche im Sinne seines Lehrers Kandinsky.“ Mit dieser elementaren Formensprache baut er jedoch eine metaphernreiche, geradezu dichterische Bildwelt auf. „Hier wird die Nähe zu seinem zweiten großen Lehrer am Bauhaus, zu Klee, spürbar.“ (Essen S. 15). Kurz vor dem Entstehen des vorliegenden Gemäldes, 1946, fand die erste große Ausstellung seiner Arbeiten, zusammen mit Trökes, Zimmermann u. a. als „Gruppe der Fantasten“ präsentiert, in der Berliner Galerie Gerd Rosen statt, im Jahr 1947 bereits ebendort seine erste Einzelausstellung.

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7573

françois houtin

(1950 Craon en Mayenne, lebt in Paris)

7574 Fisch unter Bäumen

Pinsel in Schwarz, laviert, auf festem Velin. 1991. 48 x 48 cm.

Unten rechts in der Darstellung signiert „HOUTIN“ und datiert.

300 €

Lebt der Fisch? Er liegt nicht auf seiner Servierplatte, sondern er steht, als schwämme er im Wasser. Korrespondierend dazu, wachsen die ihn umrahmenden Äste korallenartig, und wie Narwalzähne winden sich die spitz zulaufenden Pflanzen aus den mit Algen überwucherten Säulenkapitellen. Sehen wir die Spiegelungen von oben oder vielleicht von unten? Befinden wir uns unter Wasser oder am Ufer eines Sees? Vexierbildartig inszeniert Houtin die souverän gezeichnete Komposition, die nur auf den allerersten Blick wie ein Stilleben wirkt.

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7574

françois houtin

7575 Landschaftsvisionen

4 Radierungen auf Velin. 1981­85.

Bis 60 x 45 cm (Blattgröße).

Jeweils signiert „Houtin“ und datiert, teils betitelt.

300 €

Utopische Gartenarchitekturen, in allergrößter Feinheit radiert, offenbaren Houtins profunde Kenntnis der Pflanzen ebenso wie seine reiche Vorstellungskraft. Dabei u. a. die Motive „Utopie“, „Regard“ und „Jardin d‘Essai“. Prachtvolle Drucke mit Rand.

ernst fuchs (1930–2015, Wien)

7576 Daphne in Eva Mystica Radierung auf Kupferdruckpapier. 1969. 39,1 x 29,5 cm (54,4 x 42 cm).

Signiert „Ernst Fuchs“. Auflage 100 num. Ex. Weis 147 I b (von IV g).

500 €

Vor den Tonplatten, aus der Auflage in der Mappe „11 Blätter Phantastischer Graphik“, Rembrandt Verlag, Berlin 1969. Prachtvoller, klarer Druck mit breitem Rand. Beigegeben: Eine weitere signierte Radierung von Ernst Fuchs, „Eva Triptychon“, 1967 (Weis 117 III) sowie zwei Bücher: das Werkverzeichnis der Druckgraphik Weis/Fuchs, München und Wien 1980, sowie „Fuchs über Ernst Fuchs“, Hrsg. Richard P. Hartmann, Paris und Wien 1977.

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ernst steiner

(1935 Winterthur, lebt in Arnholz, Waldviertel)

7577 Meditationsbilder

3 Farbaquatintaarbeiten mit Radierung auf Velin. 1979 ­85. Bis 49 x 38 cm (Blattgröße).

Alle signiert „ERNST STEINER“, meist datiert und alle betitelt.

300 €

Vorhanden sind die Motive „Die Geburt des Lichtes“, „Die Stadt“ und „Lebensbaum“. Sämtlich prachtvolle Drucke mit Rand.

arianna fioratti loreto (1967 New York)

7578 „Radiolaria“

Rapidograph in Schwarz und Pinsel in Schwarz auf Papier. 2019.

86 x 44,2 cm.

Verso mit schwarzem Stift signiert „Arianna Fioratti Loreto“ und datiert.

3.500 €

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ernst

fuchs

7580 Frau Lot

2 Farbradierungen auf BFK Rives­Velin. 1972.

56 x 31 cm (ca. 90 x 63,3 cm).

Beide signiert „Ernst Fuchs“. Auflage 10 röm. num. bzw.

300 num. Ex.

Weis/Fuchs 180 VII a und b (von VIII c).

400 €

Zwei Exemplare der ersten Fassung. Prachtvolle Drucke mit dem vollen Rand.

ernst fuchs (1930–2015, Wien)

7579 Die Versuchung des Heiligen Simeon Stylith (Turmbau Europa)

Radierung auf gewalztem rosa Velin. 1975.

68,3 x 49,4 cm (87,3 x 63,2 cm).

Auf dem Unterlagepapier signiert „Ernst Fuchs“. Auflage

300 num. Ex.

Weis/Fuchs 225 II b (von III).

400 €

Aus der Auflage von der Schwarzplatte, vor den farbigen Drucken. Prachtvoller Druck mit Rand.

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7580

erik desmazières

(1948 Rabat, lebt in Paris)

7581 „Ville septentrionale“

Radierung über beigefarbener Tonplatte auf BFK RivesVelin. 1984.

41,5 x 59,7 cm (57 x 76,5 cm).

Signiert „Erik Desmazières“, datiert und betitelt. Auflage 90 num. Ex.

600 €

Ville septentrionale: eine nördliche Stadt. Der Ausdruck bezieht sich auf das lateinische Substantiv septentriones und meint die sieben

Sterne des Pflugs (Ursa maior, Großer Wagen), auch Septentrion genannt. Er wurde in der historischen Astronomie verwendet, um die nördliche Richtung auf dem Himmelsglobus anzuzeigen, zusammen mit Meridional für südlich, Oriental für östlich und Occidental für westlich. Bei Desmazières ist es eine zwar vom Menschen erschlossene, aber schwer zugängliche Stadt, gebaut inmitten unwirklicher, spitzwinkliger Felsformationen unter stürmisch bewegtem Himmel. Die darunterliegende Tonplatte taucht die Szenerie in ein unheimliches, gelbliches Licht. Prachtvoller, wunderbar kontrastreicher Druck mit dem vollen Rand, oben und unten mit dem Schöpfrand.

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7581

rolf gith (1950 Hamburg, lebt in Wiesbaden)

7582 „Der Winter“ Öl auf Leinwand. 1981.

131 x 131 cm.

Unten mittig mit Pinsel in Weißgelb monogrammiert „G“ und datiert, verso auf dem Keilrahmen mit Kugelschreiber in Schwarz signiert „Rolf Gith“, datiert, betitelt und bezeichnet „Oel auf Leinen“.

4.500 €

Schamanisch erscheint das Arrangement auf den ersten Blick: Fell, Feder und Horn, miteinander am oberen Ende eines Stabes verschnürt und mit vereisendem Wasser übergossen. In den Jahren zwischen 1977 und 1981 entstand eine Reihe von Arbeiten in Tem-

pera und Öl auf Leinen, mit denen der Künstler eine persönliche Mythologie beschreibt, jeweils an einem Stab arrangiert, wie z.B. Kinder-, Alltags-, Zeichen- und Zeit-Stab. Die vorliegende Komposition mit ihrem schamanischen Charakter ist wohl in diesem Zusammenhang zu sehen; zugleich nimmt sie in gewisser Weise Giths später entstehende großformatige Stilleben vorweg: Auch hier verwendet er das Blow-up-Verfahren, wie es unter anderem aus der Pop-Art bekannt ist. „Die monumentale Vergrößerung der Gegenstände im Bild (das Blow up) verhilft diesem zu einer ganz eigenständigen Präsenz (...).“ (M. Buchkremer, Lichtzeichen, in: Rolf Gith, sign of light, o.O. 2014, S. 17). Das fluide Farbenspiel und der mysteriöse Charakter der Komposition fesseln den Blick des Betrachters nachhaltig. Von 1968 bis 1974 studierte Gith an der Hochschule für bildende Künste Hamburg Malerei bei Hans Thiemann und Rudolf Hausner.

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7582

rolf gith

7583 „Stein auf der Brust“ Öl auf Leinwand. 1980.

131 x 131 cm.

Unten mittig mit Pinsel in Rot monogrammiert „G“ und datiert, verso auf dem Keilrahmen mit Kugelschreiber in Schwarz signiert „Rolf Gith“, datiert, betitelt und bezeichnet „Oel auf Leinen“.

4.500 €

Wie der Kraftstab eines modernen Stadtschamanen wirkt Giths mysteriöse Komposition, auch wenn die einzelnen Komponenten nicht alle eindeutig identifizierbar sind. Zentrale Themen im Schaffen Giths sind Licht und Farbe, die er anhand unterschiedlicher

Materialien und Texturen sowie mit transparenten Elementen untersucht und ins Bild setzt. Der Künstler praktiziert „eine altmeisterliche Schichtmaltechnik, die es ihm ermöglicht, Spiegelungen und Lichtbrechungen mit beinahe wissenschaftlicher Präzision wiederzugeben. Das hat zur Folge, dass seine Komposition nicht nur täuschend echt und realitätsnah wirkt, sondern die abgebildeten Gegenstände durch Lichtdurchflutungen und Reflexionen miteinander interagieren und zwischen ihnen eine Verbindung hergestellt wird. (...) Der Maler operiert werkübergreifend mit zahlreichen Requisiten und Versatzstücken, die in seinen Bildern in abgewandelter Form und neukomponierten Arrangements wiederkehren.“ (Daniel Bubel, Museum für Kunst und Kulturgeschichte, uni-marburg.de, Zugriff 31.01.23).

89
7583

françois houtin

(1950 Craon en Mayenne, lebt in Paris)

7584 Herbstfrüchte unter Trauerweiden

Pinsel in Schwarz, laviert, auf Velin. 1992.

38,2 x 38,2 cm.

Unten links in der Darstellung signiert „HOUTIN“ und datiert.

400 €

Birnen und Brombeeren drapiert Houtin zentral im Tondo der Zeichnung. Von den hängenden Zweigen der Trauerweiden rechts und links eingerahmt, stehen sie vor der Kulisse der idyllischen Seenlandschaft wie am Eingang einer Grotte. So lebhaft und plastisch sind die Früchte durchmodelliert, dass sie sich dunkel vom zart gezeichneten und lavierten Hintergrund abheben und beinahe ein Eigenleben zu entwickeln scheinen. Beigegeben: Eine signierte Monotypie von Houtin, „Kahler Baum“, 1993.

adolf born

(1930 Ceské Velenice – 2016 Prag)

7585 „Príjemná spolecnost“ (Angenehme Gesellschaft)

Farblithographie auf glattem Velin. 1992.

54,4 x 70,5 cm (64,5 x 75,8 cm).

Signiert „ABorn“ (ligiert), verso nochmals signiert und tschechisch betitelt. Auflage 85 num. Ex.

800 €

Prachtvoller, differenzierter Druck mit breitem Rand.

adolf born

7586 „Vyslanci tmy“ (Boten der Dunkelheit)

Farblithographie auf Velin. 1990.

38 x 49 cm (49,8 x 58,7 cm).

Signiert „ABorn“ (ligiert), verso nochmals signiert und betitelt. Auflage 75 num. Ex.

600 €

Liebevoll erdachte Mischwesen aus menschlichen und tierischen Gestalten ziehen in einträchtiger Parade durchs Bild. Prachtvoller, klarer Druck mit breitem Rand.

adolf born

7587 „Setkání Císare Rudolfa A Alchymisty“

Farblithographie auf glattem Velin. 1993.

54,4 x 70,5 cm (64,5 x 75,8 cm).

Signiert „ABorn“ (ligiert), verso nochmals signiert und tschechisch betitelt. Auflage 90 num. Ex.

800 €

Die phantastische Szenerie schildert das Treffen zwischen Kaiser Rudolph und dem Alchemisten. Prachtvoller, farblich sehr schön abgestimmter Druck mit breitem Rand.

90
7584
91
7585 7586 7587

7588

pierre henri jacquot (1929 Nancy – 2009 Grenade­sur­ Garonne ) 7588 „L‘ex voto grec“/ „Medes“

2 Zeichnungen. Je Graphit auf Velin. 1976.

34 x 44 bzw. 46 x 55 cm.

Jeweils unten rechts mit Bleistift signiert „Jacquot“, recto bzw. verso betitelt, ein Blatt datiert und gewidmet.

300 €

Pierre Jacquots Zeichnungen haben etwas Fremdes, sie verbinden das Bekannte und Allgegenwärtige mit etwas Gespenstischem. In der einen Zeichnung ist es die Verschmelzung einer menschlichen Figur mit der eines Tieres, in der anderen sind es die menschlichen und animalischen Elemente in einer scheinbar anderen mechanisch dominierten Dimension. Es sind originelle und rätselhafte Werke, die er fein und minutiös ausmodeliert.

92

7589

stefanie hillich (1974 Berlin)

7589 „Die Bretter der Welt“ Öl auf Leinwand. 2015.

50 x 50 cm.

Verso auf der Leinwand mit Filzstift in Schwarz signiert „Hillich“ und betitelt.

900 €

Stefanie Hillichs Werke entführen uns in phantastische, oft surreal anmutende Welten. Auf einer Art Bühnenkulisse sind die beiden Artisten mitten in ihrem Auftritt: Die kräftige Frau stemmt ihren männlichen Partner auf einer Hand in die Luft. Die Figuren wirken der Realität entrückt, distanziert und unnahbar. Hillichs hohe malerische und zeichnerische Qualität zeigt sich in Komposition, Farbe und Figur, anknüpfend an eine klassisch tradierte Ästhetik.

Provenienz: Privatbesitz Berlin

93

7590

pieter bruegel d. ä. (um 1525–1569, Brüssel)

7590 nach. Gula – Völlerei Kupferstich von Pieter van der Heyden. 1558.

22,1 x 29,3 cm.

Hollstein (Bruegel) 129, Hollstein (Cock) 240, Riggs 39, Orenstein (New Hollstein) 25.

1.200 €

In seinen Visualisierungen der sieben Sünden als von grauenerregenden und bizarren Monstern bevölkerte Unterwelten wird Pieter Bruegel d. Ä. seinem Ruf als Erbe Hieronymus Boschs sinnfällig gerecht. In einer Zeit, in der die Angst vor Verdammnis eine durchaus reale war, sollten diabolische, ewig strafende Höllenwesen als Abschreckung vor sündhaftem Lebenswandel dienen. Alles andere als abschreckend, waren Bruegels Druckgraphiken jedoch wegen des Phantasiereichtums bei Kunstliebhabern überaus beliebt. Das fünfte Blatt der Folge in einem guten, gleichmäßigen Abzug mit der vollen Darstellung und dem Text.

94

aliute mecys (1943 Koblenz – 2013 Hamburg)

7591 Der Vogel niemalsmehr (Selbstbildnis)

Öl auf Hartfaserplatte. 1982.

50 x 70 cm.

Unten links mit Pinsel in Hellgrau signiert „MECYS“ und datiert, verso auf dem Keilrahmen auf Klebeetikett typographisch bezeichnet und betitelt.

5.000 €

Inmitten von Verfall und Verwüstung, in einer postapokalyptischen, von den Menschen verlassenen Landschaft, hockt das Mischwesen von Frau und Vogel, eine moderne Wiedergängerin

der Harpyien oder der Sirenen aus der griechischen Mythologie. Mit unterschiedlichen Masken tritt die Künstlerin häufig selbst in ihren Bildern auf, und so erscheint auch hier das phantastische Vogelwesen mit den Gesichtszügen der Künstlerin. Das frühe Gemälde bezieht sich wie ein Echo auf die Schrecken und die Verwüstungen des Zweiten Weltkrieges: „Es ist ein ambivalentes Bild. Es könnte ein Todesengel sein, der hier symbolisch erscheint. Doch der fragende, fast flehende Blick dieses dunklen Engels trifft den Betrachter wie eine Mahnung, solches Unheil niemals mehr zuzulassen.“ (G.-W. Essen, in: Aliute Mecys, Gemälde, Ausst.Kat. Galerie in Flottbek, Hamburg 1990, o.S.). So scheint Mecys mit dem Gemälde den Betrachter weniger anklagen als vielmehr aufrütteln zu wollen.

95
7591

gottfried helnwein

7592 Mouse (Midnight Mickey)

Fine Art Print auf Velin.

49 x 70 cm (60 x 80 cm).

Signiert „G. Helnwein“. Auflage 150 num. Ex.

2.500 €

Die Figuren aus Carl Barks‘ Entenhausen verwandelt Helnwein in unheimliche Schattenwesen, Mickey Mouse wird unter dramatischem Helldunkel und mit seinem bedrohlichen Zähnefletschen zu einer finsteren Nachtgestalt. Nach einem 2001 entstandenen Gemälde des Künstlers. Prachtvoller Druck mit dem vollen Rand.

96 7592

gottfried helnwein

(1948 Wien, lebt in Irland und Los Angeles)

7593 Leda und der Schwan

Fine Art Print auf Velin. 49 x 70 cm (60 x 80 cm).

Signiert „Helnwein“. Auflage 150 num. Ex.

2.500 €

Im Zusammenspiel von mythologischem Thema und Comicfigur entsteht eine unheimliche Wirkung. „Meine Bilder sind oft wie ein eingefrorener Augenblick irgendeines Dramas, das nicht sichtbar ist und dessen Ausgang offen ist. Es ist am Betrachter diesen Moment, den das Bild darstellt und den Rest der Geschichte zu deuten.“ (Gottfried Helnwein, in: Marc Kayser, Gespräch mit Got tfried Helnwein, Köln 2005, Zit. nach: gottfried-helnwein-interviews.com, Zugriff 03.04.2023). Nach einem 2003 entstandenen Gemälde des Künstlers. Prachtvoller Druck mit dem vollen Rand.

97
7593

7594

uwe henneken (1974 Paderborn, lebt in Berlin)

7594 „Sad gorgo“

Acryl auf Leinwand. 2005. 18 x 24 cm.

Verso auf der Leinwand mit Buntstift in Rot signiert „U. Henneken“, datiert, betitelt und gewidmet.

1.200 €

Uwe Henneken studierte von 1997 bis 2002 in Karlsruhe und Berlin, von 2009 bis 2011 war er Professor an der HfBK Hamburg. Henneken gilt als Vertreter der zeitgenössischen phantastischen Figuration. Sein Interesse galt immer schon dem Symbolismus und der Romantik, insbesondere der Frage nach dem Urwesen des Menschen. Dabei beäugt er die verschiedenen Hochkulturen – in unserem Fall die europäische Kultur –, die die jeweilig bekannte

Welt dominierten und wesentlich für deren Auf- und Niedergang sind. Aufgewachsen mit der Ikonographie des Katholizismus, sieht er einen klaren Zusammenhang zwischen Kultur und Glauben, bezieht hier aber auch den sogenannten Volksglauben mit ein. Henneken arbeitet mit Zitaten in Form von Abbildungen, die er inhaltlich und malerisch in seinen eigenen Kosmos eingliedert. Die dadurch entstehende Bedeutungsverschiebung durch Herausnehmen aus dem ursprünglichen Kontext und Eingliedern in den eigenen führt zu der von ihm beabsichtigten Ambivalenz. Ein weiterer Faktor der Verfremdung und Ambivalenz in Hennekens Werk ist die grelle Farbigkeit. In unserem Gemälde ist der Kopf einer Gorgone von einem altgriechischen Grabgefäß dargestellt, datiert ca. 675-650 v. Chr.

Provenienz: Privatbesitz Berlin (direkt vom Künstler erworben)

98

jirí anderle

7596 Fêtes Galantes de Watteau (Homage to Watteau) Farbige Kaltnadel mit Mezzotinto und Roulette auf Velin. 1970/72.

93,6 x 61,8 cm (106 x 76 cm).

Signiert „Anderle“ und gewidmet sowie bezeichnet „Prag“ und „Extravaganter Probedruck“. Spangenberg 83.

900 €

Probedruck vor der Auflage, erschienen im Zyklus „Perspective No. 1“. Prachtvoller, wunderbar klarer und differenzierter Druck der großformatigen Darstellung.

jirí anderle

(1936 Patlikov, Böhmen, lebt in Prag)

7595 Imperator – Sunt lacrimae rerum II Vernis mou und Kaltnadel auf Velin. 1984.

95,5 x 65,2 cm.

Signiert „Anderle“. Auflage 70 num. Ex. Spangenberg 278.

500 €

Physiognomische Extreme und Verzerrungen, aus der Serie „Horatio“. Anderle studierte 1955 Malerei und Grafik an der Prager Akademie der Bildenden Künste und tourte mit dem Prager Schwarzen Theater, das 1961 als erstes Schwarzlichttheater der Welt eröffnet wurde; hier trat er als Pantomime auf. Mimische Extreme schildert er expressiv in vorliegendem großformatigen Blatt. Prachtvoller, klarer und differenzierter Druck der formatfüllenden Darstellung, mit leichtem, ausdrucksvollem Plattenschmutz.

7596

99 7595

gerhard ausborn (1933–2021, Hamburg)

7597 „Island“

Öl auf Holz. 1990.

24 x 40 cm.

Verso mit Faserschreiber in Schwarz signiert „G. Ausborn“, datiert und betitelt sowie mit den Maßangaben, auf Klebeetikett zudem typographisch bezeichnet, datiert und betitelt.

300 €

Ausborns profundes malerisches Können erweist sich in der Kombination abstrakter Elemente mit der wie eine perfekt konstruierte Mondlandschaft wirkenden Ödnis. Vulkanische Krater, Eisfelder und Risse im Erdboden fügen sich zu einem traumartigen, unbewohnten Land. Zu Ausborns Lehrern an der Hochschule für bildende Künste Hamburg von 1953 bis 1956 zählten Ernst Wilhelm Nay, Conrad Westpfahl, Hans Thiemann, Rolf Cavael und Hann Trier.

Provenienz:

Galerie in Flottbek, Hamburg (verso mit deren mont. Klebeetikett)

100 7597

7598

lutz brandt (1938 Berlin)

7598 „Vermessung der Wüste“

Aquarell und Bleistift auf Velin. 2008. 48,5 x 69 cm.

Unten rechts mit Bleistift signiert „Lutz Brandt“ und mit dem roten Stempelsignet, verso im Oberrand betitelt.

1.200 €

Lutz Brandt ist Architekt, Designer, Gebrauchsgrafiker, Bühnenbildner und Maler. Ausgebildet an der Hochschule für bildende und angewandte Kunst Berlin-Weißensee, zuletzt als Meisterschüler für Malerei bei Walter Womacka. Nachdem Brandt 1982/83 als DDR-Künstler den Auftrag erhielt, in der West-Berliner City die Ausstattung des U-Bahnhofs Wittenbergplatz mit Motiven nach historischen Reklame-Vorlagen vorzunehmen und er mit Giebelwandgestaltungen an weiteren öffentlichen Bauten in West-Berlin beauftragt wurde, entschloss er sich 1984 – mit der ihn zunehmend frustrierenden kulturpolitischen Schulmeisterei durch die SED –der DDR den Rücken zu kehren und siedelte nach West-Berlin über.

101

giovanni battista piranesi (1720 Mogliano bei Mestre – 1778 Rom)

7599 Das Löwenrelief

Radierung auf Bütten mit dem Wasserzeichen Fleur­ delis im Doppelkreis. 1761.

55,7 x 41,2 cm (80,5 x 54,5 cm). Hind 5, Robison 44 II (von III).

4.500 €

Blatt V der zweiten Auflage der Folge Carceri. Vor der römischen Nummer oben rechts. Prachtvoller, kräftiger Druck mit dem Schöpfrand.

102 7599

7600

philippe mohlitz

(1941 Saint­André­ de­ Cubzac – 2019 Bordeaux )

7600 Phantastische Motive

9 Stahlstiche auf Velin. 1971­84.

Bis 56,3 x 45,3 cm (Blattgröße).

Alle signiert „MOHLITZ“ und datiert, meist betitelt und 1 Blatt bezeichnet „E/(preuve d‘)A.(rtiste)“.

1.800 €

Mohlitz‘ detailreiche, raffiniert gravierte Bilder von seltsamen Flugmaschinen, Ballons, Schiffen, Panzern und anderen komplizierten technischen Konstruktionen in surrealen Landschaften

sind geprägt von seinem durchdringenden Sinn für das Groteske und Makabre, für Visionen und detailliert geschilderte Alpträume. Die verfallenden Überreste von Gebäuden, Maschinen und Menschen erfüllen, oft von Vegetation überwuchert, seine Werke mit Schrecken und zugleich einer makabren Freude. Vorhanden sind die Motive „Le desert“, „Veille de marché en Amazonie“, „La noce menacée“, „Intérieur delabré“, „Désertion“, „Icare“, „Passage d‘un aerostat“, „Paysage occupé“ und „Alice“. Prachtvolle, wunderbar detail- und kontrastreiche Drucke, meist mit dem wohl vollen Rand, teils mit Schöpfrand.

103

7601

werner tübke (1929 Schönebeck a. d. Elbe – 2004 Leipzig)

7601 Strandgeschehen

Kreidelithographie auf festem Velin. 2000.

22,3 x 29,8 cm (39,3 x 53,3 cm).

Signiert „Tübke“ und bezeichnet „e.(preuve d‘)a.(rtiste)“, verso mit dem Nachlaßstempel. Nicht mehr bei Tübke.

600 €

Einer von nur fünf Künstlerdrucken; erschienen in einer Auflage von 60 Exemplaren. Ganz prachtvoller, feiner Druck mit dem vollen Rand, rechts mit dem Schöpfrand.

francisco de goya (1746 Fuendetodos – 1828 Bordeaux)

7602 „Soplones“

Aquatinta in Schwarzbraun auf Velin. 1799. 20,4 x 15 cm (30,6 x 22,6 cm).

Delteil 85, Harris 83 III, 3. Ausgabe (von 12).

1.200 €

Blatt 16 der Folge, noch vor Abschrägung der Plattenkanten und noch mit den deutlichen Kontrasten, z.B. in der Kutte des im Vordergrund sitzenden Mönches. Ganz ausgezeichneter, gegensatzreicher und nuancierter Druck mit breitem Rand.

104
105 7602

maciej cichocki

(1951 Brwinów)

7603 „Sic Transit“

Öl auf Leinwand. 1981/82. 60 x 81 cm.

Unten links mit Pinsel in Gelb monogrammiert „MC“ und datiert, verso mit Faserschreiber in Schwarz signiert „MACIEJ CICHOCKI“, abweichend datiert, betitelt sowie mit den Maßangaben.

1.200 €

Als Allegorie des Todes wacht der Sensenmann über den menschleeren Friedhof. Unter aufgebrochener Wolkendecke, in gelbes Licht getaucht, verlieren sich unzählige zerstörte, geöffnete und übereinandergestapelte Gräber in der Weite der Landschaft. Unter den Augen des Todes verdichten sich diffuse Lichtverhältnisse und düstere Beschaffenheit zu einer apokalyptischen Szenerie, die der Komposition des polnischen Künstlers Maciej Cichocki dystopischen Charakter verleiht.

106
7603

helmut wellschmidt (1930 Teschen – 2015 Nürnberg)

7604 Alltag

Öl auf Leinwand. 1982.

120 x 110 cm.

Unten links mit Pinsel in Rotbraun signiert „Wellschmidt“ und datiert, verso auf dem Keilrahmen mit der Werknummer.

Wellschmidt Bd. IV, Nr. 160.

2.500 €

Schier unerschöpflich ist die Fantasie des Künstlers Helmut Wellschmidt, der, geflohen aus Schlesien, in den 1950er Jahren an der

Akademie der Bildenden Künste in Nürnberg ausgebildet wurde. Seine Bildwelt fasziniert und schockiert zugleich, allegorisch aufgeladen voller Mythen und Symbolik. Er lädt den Betrachter auf Entdeckungsreise ein und hält ihm gleichsam einen Spiegel vor, wie in dem hier vorliegenden Gemälde, in dem Wellschmidt die alltägliche Bedrohung des Menschen durch Krankheit, Verführung und Tod thematisiert. (helmutwellschmidt.de, Zugriff 02.04.2023, dort mit falscher Abb.).

Provenienz:

Nachlass Helmut Wellschmidt

107
7604

fritz kreidt (1936 Essen – 2020 Berlin)

7605 Triptychon

3­teiliges Gemälde. Öl auf Holz, mit Scharnieren verbunden, mit Predella unter dem Mittelteil und mit geschnitzten Verzierungen. Um 1960. 147 x 71 cm (geöffnet 147 x 133 cm).

12.000 €

Untergang und Neubeginn scheint das Triptychon in der klassischen Form eines Flügelaltars zu thematisieren. Die Bildtafeln im geschlossenen Zustand, auf der Alltagsseite, sind mit einer reduzierten Farbpalette gestaltet und zeigen einstürzende Welten aus grauen Steinen, ein vernichtendes Feuer, Prozessionen dunkler Gestalten. Das geöffnete Werk hingegen überrascht mit einer farbsprühenden Festtagsseite: Aus den Trümmern erwachsen kristalline neue Formen, leuchtende Regenbögen überspannen den Himmel, und ganz oben findet eine riesenhafte rote Energieexplosion statt. Die mysteriöse, hochkomplexe Komposition gestaltet Kreidt in akribischer Feinmalerei, fein abgestuften Farbvaleurs und mit sprühender Phantasie. Bedeutende frühe Arbeit des Künstlers, der sich bereits seit 1962 mit Ausstellungen in Hamburg hervortat. „Reales und Märchenhaftes ist auf diesen Bildern zu einem teppichartigen Gewebe verflochten (...) Hier wird Gegenwart gleichsam zurückgespiegelt in einen zeitlosen mythischen Raum, um sie aus der Distanz aufleuchten zu lassen“. (G.-W. Essen, Fritz Kreidt, Ausst.-Kat. Galerie in Flottbek, Hamburg 1972, o.S.).

108 7605
109 7605

7606

philippe mohlitz

(1941 Saint­André­ de­ Cubzac – 2019 Bordeaux )

7607 „Fuite en Egypte“

Stahlstich auf Arches­Velin. 1966. 38,5 x 31,8 cm (66 x 49 cm).

Signiert „MOHLITZ“ und datiert, betitelt und bezeichnet „E/(preuve d’)A.(rtiste)“.

Kersten 16.

300 €

„La réalité de l‘artiste est bien celle du rêve“ (S. Lacassagne, in: Philippe Mohlitz. Errances, o.O. 1997, S. 5). Die Technik des Stahlstiches beherrschte Mohlitz bereits früh in Perfektion. Im Einklang damit stand die immense Vorstellungskraft des Künstlers, mit raffinierten Visionen, die kompositorisch wie auch im Detail faszinieren. Mohlitz war in den 1960er und 1970er Jahren eine Schlüsselfigur bei der Wiederbelebung des traditionellen Tiefdrucks in Frankreich und beeinflusste damit eine Reihe etwas jüngerer Künstler, darunter Erik Desmazières (vgl. Losnr. 7503 und weitere). Das Blatt erschien in einer Auflage von 41 numerierten Exemplaren. Prachtvoller, wunderbar kontrastreicher Druck mit dem wohl vollen Rand, oben und unten mit dem Schöpfrand.

françois houtin

(1950 Craon en Mayenne, lebt in Paris)

7606 Gartendom

Bleistift auf Arches­Velin. 1985.

38,3 x 28,5 cm.

Unten rechts in der Darstellung mit Bleistift signiert „HOUTIN“ und datiert.

800 €

Nur die ordnende Hand eines gut gelaunten Gottes könnte so etwas erschaffen - oder ein Künstler es auf dem Papier erdenken: Wie die Kuppel eines Doms wachsen die Kronen der Bäume zusammen, oder wie die Baiserhaube auf einem Törtchen vom Zuckerbäcker, so dass eine spielerische Eleganz die phantastische Konstruktion prägt. Houtin versteht es in seiner Zeichnung, Bauwerk und Pflanzen so innig miteinander zu verschmelzen, dass beide nicht separat vorstellbar sind. Die spiegelsymmetrisch komponierte, blattfüllende Zeichnung ist, wie es für Houtins Schaffen charakteristisch ist, akribisch mit feinsten Bleistiftlinien ausgeführt, die regelmäßigen Strukturen von Backsteinen und Blattwerk entfalten in der Reihung eine beinahe ornamentale Wirkung.

7607

110

jonathan armigel wade

(1960 Fort Belvoir/Virginia, lebt in Großbritannien)

7608 „After the honeymoon“

Gouache auf Hartfaser. Um 2004.

60 x 80 cm.

Unten links mit Pinsel in Schwarz signiert „JWade“ sowie verso auf einem Etikett betitelt und bezeichnet.

500 €

Detailreich ausgearbeitete, narrative Szenerie, die Bezug nimmt auf die schottischen Wurzeln des Künstlers. Stets mit Witz und Humor schafft Jonathan Armigel Wade seine unverwechselbaren, kurvenreichen Bilder von Landschaften oder Interieurs in Großbritannien.

Provenienz:

Christie‘s South Kensington, 04.03.2004, Lot 235 Privatsammlung Berlin

111
7608

kurt haug (1941 Graz, lebt in Neumünster)

7609 „Stilleben mit dem Gesicht“

Öl auf Leinwand. 1963.

36 x 55 cm.

Verso auf dem Keilrahmen mit Kugelschreiber in Schwarz signiert „K. Haug“, datiert, betitelt sowie mit der Hamburger Künstleradresse (gestrichen), zudem auf Klebeetikett typographisch bezeichnet, datiert und betitelt.

500 €

Haugs frühes, surrealistisch anmutendes Stilleben kombiniert ungewöhnlich zusammengestellte Gegenstände miteinander und überlässt die Deutung dem Betrachter. 1961 begann Haug sein Studium bei Hans Thiemann an der Hamburger Hochschule, währenddessen das vorliegende Gemälde entstand.

Provenienz:

Galerie in Flottbek, Hamburg (mit deren mont. Klebeetikett verso auf dem Keilrahmen)

7610 „Stilleben mit Flöte“

Öl auf Leinwand. 1965.

61 x 28 cm.

Verso auf dem Keilrahmen mit Kugelschreiber in Schwarz signiert „K. Haug“, datiert und betitelt.

500 €

Wie Wasser wellt sich das blaue Tuch im Vordergrund, die darüber drapierten Steine und Muscheln verstärken diesen Eindruck, während der hölzerne gemalte Rahmen die Flöte wie ein Trompe l‘Œil einfasst. Frühes Stilleben des Künstlers.

112 7610
7609

aliute mecys (1943 Koblenz – 2013 Hamburg)

7611 „Nokturnas“

Acryl und Öl auf Malpappe. 1989.

60 x 30 cm.

Unten rechts mit Pinsel in Braun signiert „MEÈYS“ und datiert, verso auf den Rahmenleisten mit Faserschreiber in Schwarz nochmals signiert, datiert und betitelt.

4.000 €

Die surreale Komposition irritiert mit ihrer Rätselhaftigkeit. Im verfallenen Dachstuhl eines Holzhauses sitzt ganz oben ein Musikant mit zwei Trompeten, einer Gitarre, einer Hupe und Schellen an den Füßen und schließlich einem Topf zum Trommeln zwischen den Knien: eine One-man-Band, begleitet von einem grünen Vogel. Der Multiinstrumentalist blickt uns von seinem luftigen Sitzplatz aus verschleierten, halbblinden Augen entgegen, während zu seinen Füßen hilflose Gestalten wie kaputte Gliederpuppen im Gebälk hocken und hängen. Das Gespenstische der Szenerie erhöht sich durch die heranfliegende schwarze Gestalt, die durch die Fensteröffnung am Nachthimmel sichtbar wird. Als „Irrealismus“ bezeichnete die Künstlerin selbst ihr Werk, „ein Werk, das sich in die vielschichtige Tradition des Symbolismus einreiht und zugleich als Spiegelbild einer verkehrten Welt verstanden werden kann.“ (G.-W. Essen, in: Aliute Mecys, Gemälde, Ausst.-Kat. Galerie in Flottbek, Hamburg 1990, o.S.).

Ausstellung:

Aliute Mecys, Gemälde, Galerie in Flottbek, Hamburg 1990 (Abb. Umschlagrückseite)

7611

113
114 7612

thomas theodor heine (1867 Leipzig – 1948 Stockholm)

7612 Tintenteufel - Werbeplakat für die Firma Zeiss Farblithographie. 1896.

89,5 x 57 cm.

Unten rechts monogrammiert „TTH“ (ligiert).

6.000 €

„Tinte und Feder von Aug. Zeiss & Co Berlin. / Hier vorräthig“. Das Plakat (oder vielleicht auch nur der Entwurf dazu) war schon 1896 auf der Internationalen Plakatausstellung im Berliner Kunstgewerbemuseum zu sehen (Walter von Zur Westen, Reklamekunst. Bielefeld 1903, S.48) und ist deshalb in dieses Jahr zu datieren. Es gibt verschiedene Varianten: ohne Schrift, mit italienischem Text, schwarz-weiß, auf dickem und dünnen Papier. Kubly (V.F. Kubly, Thomas Theodor Heine(1867-1948). The Satirist as an ArtistAnn Arbor 1969, S. 98, 178 , Nr.7) vermutet eine Anspielung auf das Tintenfass, mit dem Luther auf der Wartburg nach dem Teufel geworfen haben soll. Thomas Theodor Heine gehörte in Deutschland zu den ersten Künstlern, die sich - angeregt durch französische, belgische und englische Vorbilder - des Plakats als eigener Kunstgattung annahmen. 1893 fand im Kunstgewerbemuseum Hamburg die Erste internationale Plakatausstellung statt. Bisher bei deutschen Künstlern noch eher abschätzig betrachtet, waren sie erstmals mit den Arbeiten von Chéret, Grasset, Bonnard, ToulouseLautrec oder Steinlen konfrontiert, und erkannten das künstlerische Potential. Weitere Inspirationsquelle wurde der japanische Farb -

holzschnitt, der erstmals 1895 im Dresdner Kupferstichkabinett gezeigt wurde. Druck: Moritz Fischer, Kunst-Verlagsanstalt, Berlin S.W. Sehr selten.

Literatur:

Vgl. Thomas Raff, Thomas Theodor Heine. Der Biss des Simplicissimus. Das künstlerische Werk, Leipzig 2000, S. 35, Kat.-Nr. 54 (Abb.)

mordecai moreh (1938 Bagdad)

7613 Seltsame Tierwelten

4 Kaltnadelarbeiten, teils in Braun, auf Velin. Um 1967­89. Bis 66 x 49,5 cm (Blattgröße).

Alle zweifach signiert (auch auf Hebräisch) „Moreh“ und betitelt.

400 €

Morehs skurrile Tierszenen offenbaren einen lebendigen Sinn für Humor. „Sein Blick ist visionär, erweckt Symbole und mythische Bilder in einer transparenten Welt, in der Leben, Traum und Mythos koexistieren. Viele seiner Radierungen haben prophetischen Charakter, wo sich Vergangenheit und Zukunft in einer Vision voller subtiler Formen vermischen.“ (Safrai Gallery, safrai.com, Zugriff 01.02.23) Vorhanden sind die Motive „Between a Monkey and a Bird“, „OrangOutang“, „Le Supplice“ und „Merry-making company“. Prachtvolle, teils gratige Drucke mit dem wohl vollen Rand, teils mit Schöpfrand.

115 7613

französisch

7614 Kupferstich-Collage Collage aus verschiedenen Kupferstichen, auf blaues Bütten montiert. 18. Jh.

53,4 x 31,5 cm (Blattgröße).

800 €

französisch

7615 Kupferstich- und Holzschnitt-Collage Collage aus verschiedenen Kupferstich­ und Holzschnittmotiven auf blauem Bütten. 18. Jh.

53,8 x 33 cm (Blattgröße).

800 €

116
7614 7615

7616

werner tübke

(1929 Schönebeck a. d. Elbe – 2004 Leipzig)

7616 Triumphwagen des Kaisers Maximilian (nach Dürer)

Kreidelithographie auf festem Velin. 1982.

28,6 x 38 cm (39,5 x 53,3 cm).

Signiert „Tübke“. Auflage 60 num. Ex.

500 €

Ganz prachtvoller, feiner Druck mit dem vollen Rand, rechts mit dem Schöpfrand.

117

daniel hopfer (um 1470 Kaufbeuren – 1536 Augsburg)

7617 Groteske Tierköpfe

Radierung auf Papier mit Wz. Nebenmarke.

8,6 x 13,6 cm.

B. 133, Hollstein II, Metzger 153 III­IV.

450 €

„Auf dem kleinen Blatt ist ein Pfuhl teils drolliger, teils drohender Tierköpfe dargestellt (...), die tückisch vor sich hinstarren oder konspirativ sich zusammenrotten. Keines der teils im Profil, teils en face gegebenen Gesichter blickt den Betrachter wirklich an, der sich angesichts der Orwell‘schen Tierverschwörung von der ihm gemäß dem Buch Genesis (1, 28) Untertan gemachten Fauna ausgegrenzt und doppelt beunruhigt fühlen darf“ (Metzger).Mit der Funck-Nummer. Guter, insgesamt etwas schwacher Druck mit Rändchen um die Plattenkante. Sehr selten. Verso mit einer Sammlersignatur „H. Nielsen“.

leopold löwy (1871–1940, Wien)

7618 Kopf mit Zunge

Öl auf festem Velin, gefirnisst. Um 1900–1920. 14,4 x 9,3 cm.

Oben mittig mit Pinsel in Schwarz bezeichnet „880“, verso mit dem Archivstempel von Rudolf Brix, dort mit Kugelschreiber die Inventarnummer „71“.

600 €

Über Leopold Löwy ist nur wenig bekannt. Der begnadete Schachspieler kam aus einem jüdisch-österreichischen Industriellenhaushalt und umgab sich in den Wiener Kaffeehäusern mit weiteren Schachmeistern und Prominenten der Zeit. Löwy war aktives und passioniertes Mitglied des „Wiener Schach-Clubs“ und wird von seinem Zeitgenossen Josef Krejcik wie folgt beschrieben: „Trotz seiner Jugend schon Rentner! Sehr dick! Geht Sommer und Winter ohne Überrock, ja sogar ohne Unterwäsche (Abhärtungsapostel!) Glänzender Karikaturenzeichner; trockener Witz zeichnet seine Reden aus, an seinen guten Tagen auch Großmeistern gefährlich !“ (Michael Ehn,Ein Denker abseits großer Bühnen. Zur Person Leopold Löwy, in: Karl. Das kulturelle Schachmagazin, 33. Jahrgang, 1/2016, S.23). Die beschriebene zeichnerische Begabung kommt in Karikaturen seiner Zeitgenossen zum Ausdruck, die in verschiedensten Wiener Illustrierten Zeitschriften veröffentlicht werden. Des

118 7617

weiteren illustriert Löwy 1920 eine Sammlung eigens verfasster Tierfabeln, mit bitterbösen Geschichten über die Abgründe menschlicher Verhaltensmuster. Das Tier als Spiegelbild des menschlichen Charakters greift Löwy ebenfalls in seinen Karikaturen pointiert auf. Um der Deportation in ein Konzentrationslager zu entkommen, entscheidet sich Leopold Löwy 1940 zum Freitod und hinterlässt ein umfangreiches Werk kleiner, ungemein feiner und geistreicher Zeichnungen, die spitzfindig und phantasievoll seine Zeitgenossen in den Blick nehmen.

Provenienz:

Direkt vom Künstler an Rudolf Brix, Wien Privatbesitz, Wien

Galerie bei der Oper, Wien

leopold löwy

7619 Kopf mit langer Nase Öl auf festem Velin, gefirnisst. Um 1900–1920.

14,1 x 9,3 cm.

Unten links bezeichnet (in die feste Farbe gekratzt) „504“, verso mit dem Archivstempel von Rudolf Brix, dort mit Kugelschreiber die Inventarnummer „240“.

600 €

Provenienz:

Direkt vom Künstler an Rudolf Brix, Wien Privatbesitz, Wien

Galerie bei der Oper, Wien

119
7618 7619

leopold löwy

7620 Kopf mit hoher Stirn

Öl auf Postkarte, gefirnisst. Um 1900–1920.

13,9 x 9 cm.

Unten rechts mit Pinsel in Braun beschriftet „662“, verso mit dem Archivstempel von Rudolf Brix, dort mit Kugelschreiber die Inventarnummer „70“.

600 €

Provenienz: Direkt vom Künstler an Rudolf Brix, Wien Privatbesitz, Wien

Galerie bei der Oper, Wien

leopold löwy

7621 Kopf mit Beinen ; Kopf mit großem Auge

2 Zeichnungen, je Bleistift auf festem Velin. Um 1900–1920.

9,5 x 8 cm bzw. 7,9 x 7,1 cm.

Beide verso mit dem Archivstempel von Rudolf Brix, dort mit Kugelschreiber die Inventarnummer „138“ und „127“.

400 €

Provenienz:

Direkt vom Künstler an Rudolf Brix, Wien Privatbesitz, Wien

Galerie bei der Oper, Wien

leopold löwy (1871–1940, Wien)

7622 Kopf mit zerschossenem Auge

Bleistift auf festem Velin. Um 1900–1920.

10,6 x 9,3 cm.

Verso mit dem Archivstempel von Rudolf Brix, dort mit Kugelschreiber die Inventarnummer „256“.

400 €

Provenienz: Direkt vom Künstler an Rudolf Brix, Wien Privatbesitz, Wien

Galerie bei der Oper, Wien

120 7620 7621

willi hertlein (1908–1968, Nürnberg)

7623 Kunstausstellung

Feder in Schwarz und Aquarell auf festem Velin. 20,9 x 33,3 cm.

800 €

Mit spitzem Federstrich und einer großen Portion neusachlicher Gesellschaftskritik bringt Hertlein eine karikaturhafte Szene aus einem Museum zu Papier, indem er der feinen Gesellschaft mit Pelz und Krawatte anonymisierte Gesichter in Form von menschlichen Hinterteilen überstülpt. Einzig mit dem Museumswärter, der mit stoischem Blick seiner Arbeit nachgeht, sympathisiert der Künstler. Nur ihm, dem sonst oft Übersehenen, gibt er ein Gesicht. Hertleins Werk umfasst eine schöpferische Vielfalt verschiedenster Stilrichtungen: Zu Anfang figürlich und von neusachlichen Tendenzen beeinflusst, werden seine Kompositionen nach dem Krieg zunehmend abstrakter.

Provenienz: Nachlass Willi Hertlein, Nürnberg

121 7622 7623

7624

horst antes

(1936 Heppenheim, lebt in Berlin, Karlsruhe und Florenz) 7624 Radierungen. Zu siebzehn Gedichten von Cesare Pavese

21 Radierungen, teils mit Blindprägung, sowie Titel, Inhaltsverzeichnis, 17 Gedichte, Impressum und Text von Walter Euler auf 24 Doppelblatt Hahnemühle­Kupferdruckpapier. Lose in Orig.­Umschlag, in Orig.­Leinenmappe. 1966.

34 x 26,5 cm (Blattgröße).

Im Impressum signiert „Antes“. Auflage 35 num. Ex. Gercken 3­23.

1.200 €

Antes‘ phantasievoll gestaltete Geschöpfe bevölkern die einzige zusammenhängende Radierfolge des Künstlers aus jener Zeit. Erschienen bei der Galerie Stangl, München, in einer Gesamtauflage von 70 Exemplaren; hier eines der 35 numerierten Exemplare, im Druckvermerk vom Künstler signiert. Druck der Graphiken im Atelier W. Steinert, Weingarten. Paveses Gedichte, entstanden Ende 1945, erschienen unter dem Titel „La terra e la morte“. „Die Bilder illustrieren nicht, es sei, man nimmt den ursprünglichen Gehalt dieses Begriffes ernst. Doch wird, wer die Blätter dann durchgeht, als Betrachter primär oder als Leser, eine nicht von vornherein gegebene, sondern ‚erkannte‘ Verwandschaft bemerken. Liegt sie darin, daß diese Gedichte Liebesgedichte sind und die Bilder von Antes Liebesbilder?“ (W. Euler, La Terra e la Morte, Text zur Folge). Die seltene, komplette Folge in prachtvollen, klaren Drucken.

122

7625

7625 L‘homme et la mort

Farbige Kreiden, Bleistift und Feder in Blau auf genarbtem Velin. 1985.

31,8 x 24 cm.

Unten rechts in der Darstellung mit Feder in Schwarz signiert „R. Topor“ und datiert.

1.200 €

Halb Zombie, halb Anatomiemodell – ungewöhnlich personifiziert und phantasievoll gezeichnet tritt der weibliche Tod an den jungen Mann heran, blickt aber an dessen Hinterkopf einer herausgestreckten Zunge entgegen. Das Multitalent Topor war nach Studien an der École des Beaux-Arts in Paris Maler, Dichter, Zeichner, Bühnenbildner, Dramatiker, Regisseur, Schauspieler, Liedermacher, Trickfilmer und Plakatgraphiker. „Roland Topor ist ein menschliches Feuerwerk, das in alle Richtungen sprüht, krachend und aufrüttelnd, unterhaltsam und erschreckend.“ (Ronald Searle, zit. nach diogenes.ch, Zugriff 01.03.2023).

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roland topor (1938–1997, Paris)

7626

jirí anderle

(1936 Patlikov, Böhmen, lebt in Prag)

7626 Král a sasek s krásnou maskou (König und Narr mit schöner Maske)

Farbradierung mit Aquatinta und Kaltnadel auf Velin. 1985. 95,4 x 64 cm.

Signiert „Anderle“. Auflage 40 num. Ex. Spangenberg 337.

900 €

Aus dem Zyklus „Commedia dell‘arte“. Prachtvoller, klarer und differenzierter Druck der formatfüllenden Darstellung, mit ganz feinem Plattenton und dezentem Plattenschmutz.

124

michael schwarze

(1939 Krefeld, lebt in Bahlingen am Kaiserstuhl)

7627 Auferstehung

Bronze mit braun­ grüner Patina auf Steinsockel. 1981.

153 x 50 x 43 cm.

7.000 €

Michael Schwarze überträgt die künstlerische Tradition der Groteske ins Plastische. Der übergroße Fuß - ein häufig wiederkehrendes Motiv im skulpturalen Schaffen Schwarzes - verleiht der männlichen Figur einen sicheren Stand und auch Erdenschwere in der Bewegung des Emporsteigens. Die von oben lastenden Brocken schiebt der Auferstehende zur Seite. In einer kraftvollen Formensprache gestaltet Schwarze die Figur, die nicht so sehr eine einzelne Gestalt, sondern vielmehr das Schicksal der Menschheit darstellen soll: „immer wieder hat er den Menschen dargestellt als Suchenden und Sich-Wagenden, aber auch als als Scheiternden und SichWandelnden.“ (G.-W. Essen, in: Michael Schwarze. Skulpturen, Köln 1985, S. 101). Michael Schwarze studierte zuerst Architektur an der Werkkunstschule Krefeld, anschließend 1959-1964 Bildhauerei an der Hochschule für Bildende Künste in Berlin, wo er Meisterschüler bei Karl Hartung war. Prachtvoller Guss mit ausdrucksvoll changierender Patina. Gesamthöhe mit Sockel: 162 cm.

Literatur:

Michael Schwarze. Skulpturen, Köln 1985, S. 40f. (mit Abbildungen)

7628

heinrich kley

(1863 Karlsruhe – 1945 München)

7628 König und Dämon

Schwarze Tusche über Aquatinta auf Velin.

25,3 x 19,5 cm.

Oben rechts mit Feder in Grau signiert „Kley“.

1.800 €

Experimentelles Unikat, in dem Heinrich Kley zunächst mit Aquatintakorn einen flächigen Hintergrund in verschiedenen Dichten druckt, um daraus im Anschluss mit der Feder eine den Plattenrand sprengende Figur mit Szepter zu entwickeln, die sich gegen einen rätselhaften Dämon zu wehren scheint. Ein rechts unten sitzender weiblicher Rückenakt nimmt von dem turbulenten Geschehen keinerlei Notiz.

126

7629

helmut wellschmidt (1930 Teschen – 2015 Nürnberg)

7629 Der sterbende Harlekin

Öl auf Leinwand. 1998.

100 x 90 cm.

Unten rechts mit Pinsel in Grüngrau signiert „Wellschmidt“ und datiert, verso auf der umgeschlagenen

Leinwand mit der Werknummer.

Wellschmidt Bd. V, Nr. 211.

2.000 €

Wellschmidts reiche Symbolik gipfelt in der Gestalt des Harlekins, liefert dieser doch die ideale Figur für Wellschmidts Bildaussage, indem er für Doppelbödigkeit, Ambivalenz und Dualismus steht. Der Tod als Kehrseite des Lebens hat den Harlekin fest im Griff, während zu seinen Füßen eine Schlange mit teuflischer Fratze gerade einem Lorbeerkranz entwichen ist. (vgl. helmutwellschmidt.de, Zugriff 02.04.2023).

Provenienz: Nachlass Helmut Wellschmidt

127

7630

bele bachem

(d.i. Renate Gabriele Böhmer, 1916 Düsseldorf – 2005 München)

7630 „Neue Kleider“

Federlithographie, aquarelliert und teils mit Deckweiß gehöht, auf Velin.

35 x 50 cm.

Unten rechts mit Bleistift signiert „Bele Bachem“, unten links betitelt.

300 €

Auf ihre ganz eigene heitere Weise erfasst Bachem die rätselhafte, surreale Szenerie in feinen, schmuckreichen Umrisszeichnungen und mit zarten Aquarellfarben. Sie gilt als eine der bedeutenden deutschen Nachkriegskünstlerinnen und ist neben Unica Zürn eine der wenigen Surrealistinnen der deutschen Literaturillustration. Prachtvoller Druck mit Rand.

128

7631

rolf nesch (1893 Oberesslingen – 1975 Oslo)

7631 Der Zopf

Farbiger Metalldruck auf festem Velin. 1963.

Ca. 61 x 40 cm (64,7 x 49,7 cm).

Signiert „Rolf Nesch“ und bezeichnet „tiré par l‘artiste“.

Auflage 35 num. Ex.

Helliesen/Sørensen 774.

3.500 €

Die wunderbare Reliefwirkung ebenso die Druckdetails und die immer wieder variierende Farbigkeit zeigen die unbändige Experimentierfreude des Künstlers in seinem druckgraphischen Schaffen Auf und neben die Zinkplatten lötet oder arrangiert Nesch für den Druck Kupferdrähte, verschiedene Drahtgazestücke und Kupferoder Zinkformen, die er gelegentlich als Metallabfälle von einer Maschinenwerkstatt bekam. So erreicht der Künstler eine gesteigerte Transparenz und Tiefe in der Darstellung. Erschienen in einer Gesamtauflage von 35 Exemplaren als Blatt 9 der Mappe „Europäische Graphik II. Prachtvoller Druck in leuchtender, fein differenzierter Farbigkeit mit schöner Reliefwirkung und mit Rand.

129

7632

rolf nesch

7632 Eselreiter

Farbiger Metalldruck auf Johannot­Velin. 1968. 49,4 x 31,7 cm (70,5 x 55 cm).

Signiert „Rolf Nesch“. Auflage 300 num. Ex. Helliesen/Sørensen 804.

400 €

Verso mit dem Stempel „Jahresgabe 1963 Kunstverein Hamburg“. Prachtvoller, kräftiger Druck mit schönem Relief und dem vollen Rand, rechts und links mit dem Schöpfrand.

130

7633

fritz schwimbeck

(1889 München – 1977 Friedberg bei Augsburg)

7633 Apokalyptische Reiter

Feder in Schwarz und Bleistift auf Durchpauspapier. Um 1920/25.

38 x 44,4 cm.

Unten rechts mit Bleistift signiert „F. Schwimbeck“, im rechten Rand mit Farbstift in Rot bezeichnet „Pferde“.

3.000 €

Hochdynamische, furchterregende Szene mit den vier apokalyptischen Reitern, die Pest, Krieg, Teuerung und Tod verkörpern. Von

rechts kommen sie auf ihren verschiedenartigen Pferden in den Bildraum gesprengt, dessen Leere ihn als Himmel kennzeichnet. Da das Blatt nicht komplett durchgepaust ist, ergänzen sich Bleistift- und schwarze Federpartien, und die zwei nur mit Bleistift umrissenen Reiter bleiben weitgehend in der Andeutung, während ihre detailreich gezeichneten Pferde alles Unheil auszudrücken vermögen. Möglicherweise entstand die Zeichnung im Zusammenhang mit Schwimbecks Illustrationen zur Apokalypse des Johannes, die ihn zwischen 1919 und 1923 beschäftigte, jedoch keinen Entwurf zum Motiv der Apokalyptischen Reiter beinhaltete (vgl. Alice Arnold-Becker, Unheimlich. Die Kunst von Fritz Schwimbeck, Friedberg 2023, S. 38ff.).

131

Dr. Ruth Baljöhr

David Bassenge

Barbara Bögner

Eva Dalvai

Katharina Fünfgeld

Simone Herrmann

Lea Kellhuber

Miriam Klug

Sonja von Oertzen

Harald Weinhold

Laetitia Weisser

Maria Benkendorf

Rotraud Biem

Philipp Dörrie

Christoph Petras

Clara Schmiedek

133
Stefanie
katalog
Löhr gestaltung und satz Christoph Anzeneder
reproduktionen
fotografie
Christoph Anzeneder
7621

A

Anderle, Jirí 7567, 7595-7596, 7626

Antes, Horst 7624

Ausborn, Gerhard 7597

B

Bachem, Bele 7630

Bellmer, Hans 7552

Born, Adolf 7585-7587

Brandt, Lutz 7560, 7598

Brodwolf, Jürgen 7503, 7509

Bruegel, Pieter d. Ä. 7590

Brunovsky, Albin 7547-7548

Burant, Frantisek 7510-7511

C Chamberlain, Lewis 7566

Chirico, Giorgio de 7536 Cichocki, Maciej 7603

D

Desmazières, Erik 7502, 7528, 7544, 7559, 7581

Deutsch 7569

E

Ernst, Max 7505-7506

Ernst, Tim 7535

F Fioratti Loreto, Arianna 7527, 7578

Französisch 7558, 7614-7615

Fuchs, Ernst 7546, 7576, 7579-7580

G Gazovic, Vladimír 7532

Gith, Rolf 7582-7583

Goya, Francisco de 7500, 7512, 7602

Gröszer, Marc 7551

H

Haug, Kurt 7609-7610

Häusser, Robert 7563

Heine, Thomas Theodor 7612

Helnwein, Gottfried 7592-7593

Henneken, Uwe 7594

Hertlein, Willi 7622

Hillich, Stefanie 7589

Hopfer, Daniel 7617

Höpfner, Wilhelm 7531

Houtin, François 7519-7520, 75247525, 7574-7575, 7584, 7606

J Jacquot, Pierre Henri 7588 Jaenisch, Hans 7572

K

Kerwien, Benjamin 7564

Kley, Heinrich 7628

Klinger, Max 7501, 7507

Kolbe, Carl Wilhelm 7521

Kreidt, Fritz 7561-7562, 7605

Kreidt, Hermann 7545, 7556

Kubin, Alfred 7504, 7557

L

Ledermann-Wartberg, Baron Herbert von 7542

Löwy, Leopold 7618-7621, 7623

M

Maeder, Karl Hugo Otto 7565 Martin, John 7541

Mecys, Aliute 7554-7555, 7591, 7611

Mohlitz, Philippe 7508, 7600, 7607

Moreh, Mordecai 7613

Müllerstaedt, Viktor 7538 N

Nesch, Rolf 7631-7632 P

Piranesi, Giovanni Battista 7529, 7599

R Roh, Franz 7543

S Schultze, Bernard 7516-7517, 7550

Schultze-Bluhm, Ursula 7549

Schwarze, Michael 7553, 7627

Schwimbeck, Fritz 7518, 7522, 7530, 7540, 7633

Siaens, Frans 7534

Steiner, Ernst 7526, 7577

T Thiemann, Hans 7537, 7568, 7573

Topor, Roland 7625

Trier, Hann 7515

Tübke, Werner 7601, 7616

W

Wade, Jonathan Armigel 7608 Wellschmidt, Helmut 7604, 7629

Wöhler, Hermann 7513-7514, 7570

Wong, Brent 7571

Z

Zimmermann, Mac 7533, 7539 Ziólkowski, Jakub Julian 7523

135
register 7624

VERSTEIGERUNGS-BEDINGUNGEN

1. Die Galerie Gerda Bassenge KG, nachfolgend Versteigerer genannt, versteigert als Kommissionärin im eigenen Namen und für Rechnung ihrer Auftraggeber (Kommittenten), die unbenannt bleiben. Die Versteigerung ist freiwillig und öffentlich im Sinne des § 383 III BGB.

2. Der Versteigerer behält sich das Recht vor, Nummern des Kataloges zu vereinen, zu trennen, außerhalb der Reihenfolge anzubieten oder zurückzuziehen.

3. Sämtliche zur Versteigerung kommenden Gegenstände können vor der Versteigerung besichtigt und geprüft werden. Die Sachen sind gebraucht. Erhaltungszustände der einzelnen angebotenen Arbeiten bleiben im Katalog in der Regel unerwähnt. Die Katalogbeschreibungen sind keine Garantien im Rechtssinne und keine vertraglich vereinbarten Beschaffenheitsangaben. Gleiches gilt für individuell angeforderte Zustandsberichte. Sie bringen nur die subjektive Einschätzung des Versteigerers zum Ausdruck und dienen lediglich der unverbindlichen Orientierung. Alle Gegenstände werden in dem Erhaltungszustand veräußert, in dem sie sich bei Erteilung des Zuschlages befinden. Soweit nicht in der Katalogbeschreibung explizit erwähnt, sind Rahmungen nicht bindender Bestandteil des Angebots. Der Käufer kann den Versteigerer nicht wegen Sachmängeln in Anspruch nehmen, wenn dieser seine Sorgfaltspflichten erfüllt hat. Der Versteigerer verpflichtet sich jedoch, wegen rechtzeitig vorgetragener, begründeter Mängelrügen innerhalb der Verjährungsfrist von 12 Monaten ab dem Zeitpunkt des Zuschlags seine Ansprüche gegenüber dem Einlieferer (Auftraggeber) geltend zu machen. Im Falle erfolgreicher Inanspruchnahme des Einlieferers erstattet der Versteigerer dem Erwerber den Kaufpreis samt Aufgeld. Die Haftung des Versteigerers auf Schadensersatz für Vermögensschäden – gleich aus welchem Grund – ist ausgeschlossen, es sei denn, dem Versteigerer fiele Vorsatz oder grobe Fahrlässigkeit zur Last. Die Haftung bei Verletzung von Leben, Körper und Gesundheit bleibt unberührt.

4. Der Zuschlag erfolgt nach dreimaligem Aufruf an den Höchstbietenden. Der Versteigerer kann den Zuschlag verweigern oder unter Vorbehalt erteilen. Wenn mehrere Personen dasselbe Gebot abgeben und nach dreimaligem Aufruf kein höheres Gebot erfolgt, entscheidet das Los. Der Versteigerer kann den Zuschlag zurücknehmen und die Sachen erneut ausbieten, wenn irrtümlich ein rechtzeitig abgegebenes höheres Gebot übersehen worden ist oder wenn der Höchstbietende sein Gebot nicht gelten lassen will oder sonst Zweifel über den Zuschlag bestehen.

5. Im Falle eines schriftlichen Gebotes beauftragt der Interessent den Versteigerer für ihn während der Versteigerung Gebote abzugeben. In schriftlichen Aufträgen ist bei Differenzen zwischen Nummer und Kennwort das Kennwort maßgebend.

6. Telefonische Gebote und Online-Direkt-Gebote über das Internet bedürfen der vorherigen Anmeldung beim Versteigerer und dessen Zustimmung. Für die Bearbeitung übernimmt der

Versteigerer jedoch keine Gewähr. Telefonische und OnlineGebote werden nur akzeptiert, wenn der Bieter bereit ist, den ihm zuvor mitgeteilten Mindestpreis des jeweiligen Loses zu bieten. Auch bei Nichtzustandekommen einer Verbindung gilt, dass für den Auktionator dieses Gebot in Höhe des Mindestpreises verbindlich ist. Für das Zustandekommen einer entsprechenden Telefon- oder Onlineverbindung übernimmt der Versteigerer keine Gewähr. Das Widerrufs- und Rückgaberecht bei Fernabsatzverträgen findet auf solche Gebote keine Anwendung (§ 312g Abs. 2 Nr. 10 BGB).

7. Mit der Erteilung des Zuschlages geht die Gefahr für nicht zu vertretende Verluste und Beschädigung auf den Ersteigerer über. Das Eigentum an den ersteigerten Sachen geht erst mit vollständigem Zahlungseingang an den Erwerber über.

8. Auf den Zuschlagspreis ist ein Aufgeld von 29% zu entrichten, in dem die Umsatzsteuer ohne separaten Ausweis enthalten ist (Differenzbesteuerung) oder ein Aufgeld von 24% auf den Zuschlag zzgl. der USt von z.Zt. 19% (Regelbesteuerung), bei Büchern beträgt die Umsatzsteuer 7% (Regelbesteuerung). Die im Katalog mit einem * gekennzeichneten Objekte unterliegen in jedem Fall der Regelbesteuerung (Aufgeld von 24% auf den Zuschlag zzgl. der USt von z.Zt. 19%). Bei den im Katalog mit einem ^ gekennzeichneten Objekten ist Einfuhrumsatzsteuer angefallen. In diesen Fällen wird zusätzlich zu einem Aufgeld von 26% (Differenzbesteuerung) die verauslagte Einfuhrumsatzsteuer in Höhe von z.Zt. 7% auf den Zuschlag erhoben.

Für bundesdeutsche Kunsthändler und Antiquare, die zum Vor steuer abzug berechtigt sind, kann die Gesamt rech nung auf Wunsch, wie bisher nach der Regelbesteuerung ausgestellt werden. Von der Umsatzsteuer befreit sind Ausfuhrlieferungen in Drittländer (außerhalb der EU) und – bei Angabe ihrer USt.-Identifikations-Nr. bei Auftragserteilung als Nachweis der Berechtigung zum Bezug steuerfreier innergemeinschaftlicher Lieferungen –auch an Unternehmen in anderen EU-Mitgliedsstaaten, unter der Voraussetzung, dass sie für gewerblichen Gebrauch einkaufen. Eine Korrektur nach Rechnungsstellung ist nicht möglich.

Alle anderen Käufe aus EU-Ländern unterliegen der Umsatzsteuer. Ausländischen Käufern außerhalb der Europäischen Union wird die Umsatzsteuer erstattet, wenn binnen 4 Wochen nach der Auktion der deutsche zollamtliche Ausfuhrnachweis und der zollamtliche Einfuhrnachweis des entsprechenden Importlandes erbracht werden. Bei Versand durch uns gilt der Ausfuhrnachweis als gegeben. Bei Online-Live-Geboten über externe Internetplattformen erhöht sich das Aufgeld um die dort anfallende Transaktionsgebühr (i. d. R. 3% des Zuschlagspreises). Während oder unmittelbar nach der Auktion ausgestellte Rechnungen bedür fen einer besonderen Nachprüfung und eventueller Berichtigung; Irrtum vorbehalten. Katalog- und Zusatzabbildungen dürfen nicht ohne Genehmigung verwendet werden. Reproduktionsrechte und digitale Dateien der Abbildungen können gegen Gebühr erworben werden. Gegebenenfalls noch bestehende Urheberrechte Dritter bleiben davon unberührt und müssen u.U. gesondert eingeholt werden.

9. Die Auslieferung der ersteigerten Stücke erfolgt in unseren Geschäftsräumen gegen Bezahlung. Kreditkarten (Mastercard, VISA, American Express), Schecks sowie andere unbare Zahlungen werden nur erfüllungshalber angenommen. Bankspesen/ Transaktionsgebühren bzw. Kursverluste können zu Lasten des Käufers gehen. Die Auf bewahrung erfolgt auf Rechnung und Gefahr des Käufers. Der Versand wird gegen Vorabrechnung des Rechnungsbetrages ausgeführt. Die Versandspesen sowie die Kosten für Versicherung gegen Verlust und Beschädigung gehen zu Lasten des Käufers. Übersteigen die tatsäch lichen Versandkosten die vorab berechnete Pauschale, so wird die Differenz dem Käufer nachträglich in Rechnung gestellt.

10. Bei der Ausfuhr von Kulturgütern aus dem Gemeinschaftsgebiet der EG ist gem. der EG-Verordnung Nr. 116/2009 abhängig von Kategorie und Wert des Objekts ggf. eine Ausfuhrgenehmigung erforderlich. Aus Gründen des Artenschutzes können Objekte aus bestimmten, geschützten Materialien (u.a. Elfenbein, Schildpatt, Perlmutt und einige Korallenarten) besonderen Im- und Exportbeschränkungen unterliegen. Zum Zwecke des Exports (insbesondere außerhalb der Europäischen Union) kann hierfür eine spezielle Ausfuhrgenehmigung gemäß der Verordnung (EG) Nr. 338/97 erforderlich sein. Entsprechende Ausfuhrgenehmigungen können nur unter strengen Bedingungen erteilt und ggf. auch gar nicht erlangt werden, auch kann der Import dieser Gegenstände in manche Staaten eingeschränkt oder untersagt sein. Der Käufer ist selbst dafür verantwortlich, sich über etwaige Im- und Exportbeschränkungen zu informieren. Export und Import entsprechender Objekte erfolgen allein auf Rechnung und Gefahr des Käufers.

11. Der Zuschlag verpflichtet zur Abnahme. Der Kaufpreis ist mit dem Zuschlag fällig. Der Versteigerer ist berechtigt, falls nicht innerhalb von zwei Wochen nach der Versteigerung Zahlung geleistet ist, den durch den Zuschlag zustande gekommenen Kaufvertrag ohne weitere Fristsetzung zu annullieren, Verzugszinsen in

banküblicher Höhe – mindestens jedoch 1 % auf den Bruttopreis je angebrochenen Monat – zu berechnen und von dem Ersteigerer wegen Nichterfüllung Schadenersatz zu verlangen. Der Schadenersatz kann in diesem Falle auch so berechnet werden, dass die Sache in einer neuen Auktion nochmals versteigert wird und der säumige Käufer für einen Mindererlös gegenüber der vorangegangenen Versteigerung einschließlich der Gebühren des Auktionshauses aufzukommen hat. Zu einem Gebot wird er nicht zugelassen, auf einen etwaigen Mehrerlös hat er keinen Anspruch.

12. Erfüllungsort und Gerichtsstand im vollkaufmännischen Verkehr ist Berlin. Es gilt ausschließlich deutsches Recht. Das UNAbkommen über Verträge des internationalen Warenkaufs (CISG) findet keine Anwendung.

13. Die im Katalog aufgeführten Preise sind Schätzpreise, keine Limite.

14. Der Nachverkauf ist Teil der Versteigerung, bei der der Interessent entweder telefonisch oder schriftlich (im Sinne der Ziffern 5 und 6) den Auftrag zur Gebotsabgabe mit einem bestimmten Betrag erteilt.

15. Die Abgabe eines Gebotes in jeglicher Form bedeutet die Anerkennung dieser Versteigerungsbedingungen. Der Versteigerer nimmt Gebote nur aufgrund der vorstehenden Versteigerungsbedingungen entgegen und erteilt dementsprechend Zuschläge. Kommissionäre haften für die Käufe ihrer Auftraggeber.

16. Sollte eine der vorstehenden Bestimmungen ganz oder teilweise unwirksam sein, so bleibt die Gültigkeit der übrigen davon unberührt.

David Bassenge, Geschäftsführer und Auktionator

Dr. Markus Brandis, öffentlich bestellter u. vereidigter Auktionator

Stand: Mai 2023

CONDITIONS OF SALE

1. The Galerie Gerda Bassenge KG, subsequently called “the auctioneer” carries on business as commission-agent in its own name on behalf of its voluntary consignors. This auction sale is a public one in the sense of § 383 III BGB.

2. The auctioneer reserves the right to combine, to split, to change or to withdraw lots before the actual final sale.

3. All objects put up for auction can be viewed and examined prior to the sale at the times made known in the catalogue. The items are used and sold as is. As long as not explicitly mentioned in the catalogue description, framing is not an inherent part of the offer. As a rule, the condition of the individual work is not given in the catalogue. Catalogue descriptions are made with as much care as possible, but the descriptions do not fall under the statutory paragraph for guaranteed legal characteristics. The same applies for individually requested condition reports. These also offer no legal guarantee and only represent the subjective assessment of the auctioneer while serv ing as a non-binding orientation. The liability for damage to life, body or health shall remain unaffected. In case of a justified claim, however, he will accept the responsibility to make a claim for restitution on behalf of the buyer against the consignor within a period of 12 months, running from the fall of the hammer. In the event of a successful claim the auctioneer will refund the hammerprice plus premium.

4. The highest bidder acknowledged by the auctioneer shall be deemed the buyer. In case of identical bids the buyer will be determined by drawing lots. In the event of a dispute the auctioneer has the absolute discretion to reoffer and resell the lot in dispute. He may also knock down lots conditionally.

5. In the case of a written bid the bidder commissions the auctioneer to place bids on his behalf during the auction. In cases where there is a discrepancy between number and title in a written bid the title shall prevail.

6. Telephone and direct online bidding via the internet must be approved in advance by the auctioneer. The auctioneer cannot be held liable for faulty connections or transmission failure. In such a case the bidder agrees to bid the reserve price of the corresponding lot. For such bidding the regulations of long distance contracts do not apply (Fernabsatzverträge) [cf § 312g II,10 BGB].

7. On the fall of the auctioneer’s hammer title to the offered lot will pass to the acknowledged bidder. The successful buyer is obliged to accept and pay for the lot. Ownership only passes to the buyer when full payment has been received. The buyer, however, immediately assumes all risks when the goods are knocked down to him.

8. A premium of 29% of the hammer price will be levied in which the VAT is included (marginal tax scheme) or a premium of 24% of the hammer price plus the VAT of 19% of the invoice sum will be levied [books: 7%] (regular tax scheme). Buyers from countries of the European Union are subject to German VAT.

Items marked with an * are subject to the regular tax scheme (premium of 24% of the hammer price plus the current VAT of 19%). Items marked with an ^ are subject to import duty. In these cases in addition to a premium of 26% (marginal tax scheme), the charged import tax of currently 7% will be added to the hammer price. Exempted from these rules are only dealers from EU-countries, who are entitled, under their notification of their VAT ID-Number, to buy on the basis of VAT-free delivery within the European Union. Notification of VAT ID-Numbers must be given to the auctioneer before the sale.

For buyers from non EU-countries a premium of 24% will be levied. VAT will be exempted or refunded on production of evidence of exportation within 4 weeks of the auction, or, if appropriate, importation to another country. This is taken as given when the dispatch is effected by us.

Live bidding through online platforms entails a transaction fee stipulated by the platform and will be added to the premium (usually 3% of the hammer price).

Due to the work overload of the accounting department during auctions, invoices generated during or directly after an auction require careful revision and possible correction; errors excepted.

Catalogue images may not be used without permission. Reproduction rights and digital files can be acquired for a fee. Any copyrights of third parties that may still exist remain unaffected by this and may have to be obtained separately.

9. Auction lots will, without exception, only be handed over after pay ment has been made. Credit cards (VISA, Mastercard, American Express), checks and any other form of non-cash payment are accepted only on account of performance. Exchange rate risk and bank charges may be applicable. Storage and dispatch are at the expense and risk of the buyer. If the shipping costs exceed the lump sum on the invoice the outstanding amount will be billed separately.

10. According to regulation (EC) No. 116/2009, an export license is necessary when exporting cultural goods out of European Community territory, depending on the type or value of the object in question. For the purposes of wildlife conservation, it is necessary to obtain an export license according to regulation (EC) No. 338/97 when exporting objects made from certain protected materials (incl. ivory, tortoiseshell, mother-of-pearl and certain corals) out of the territory of the European Community. Export licenses for objects made of protected materials are only granted under strict conditions or may not be granted at all. The import of such objects

may be restricted or prohibited by certain countries. It is the buyer’s responsibility to inform himself, whether an object is subject to such restrictions. Export and import of such objects are at the expense and risk of the buyer.

11. The buyer is liable for acceptance of the goods and for payment. The purchase price shall be due for payment upon the lot being knocked down to the buyer. In case of a delayed payment (two weeks after the sale) the purchaser will be held responsible for all resultant damages, in particular interest and exchange losses. In case of payment default the auctioneer will charge interest on the outstanding amount at a rate of 1% to the gross price per month or part of month. In such an event the auctioneer reserves the right to annul the purchase contract without further notice, and to claim damages from the buyer for non-fulfilment, accordingly he can reauction the goods at the buyer’s expense. In this case the buyer is liable for any loss incurred, the buyer shall have no claim if a higher price has been achieved. He will not be permitted to bid.

12. The place of fulfillment and jurisdiction is Berlin. German law applies exclusively; the UN-Treaty (CISG) is explicitly excluded.

13. The prices quoted after each lot are estimates, not reserves.

14. The after-sales is part of the auction in which the bidder places either by telephone or in written form (as stated in number 5 and 6) the order to bid a set amount.

15. By making a bid, either verbally in the auction, by telephone, written by letter, by fax, or through the internet the bidder confirms that he has taken notice of these terms of sale by auction and accepts them. Agents who act on behalf of a third party are jointly and separately liable for the fulfillment of contract on behalf of their principals.

16. Should one or the other of the above terms of sale become wholly or partly ineffective, the validity of the remainder is not affected. In the event of a dispute the German version of the above conditions of sale is valid.

As of May 2023

© VG BildKunst, Bonn 2023

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