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The Last Reality Show. Boris Nikitin
06.12.2023 – 21.01.2024
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Er ist die erste Social-Media-Maschine des 21. Jahrhunderts: der «BigBrother»- Container aus dem Jahr 2000. «BigBrother» war die erste Reality-Show, die gleichzeitig im Fernsehen und im Internet zu sehen war. Es war das letzte Mal, dass Menschen die Realität unschuldig betreten haben. Eine Handvoll unbekannter Menschen ohne besondere Fähigkeiten zogen darin für hundert Tage zusammen, um sich rund um die Uhr von der Bevölkerung bei ihren alltäglichen Verrichtungen beobachten zu lassen: Zähneputzen, Kartenspielen, Schlafen, Duschen, Smalltalk, Essen, Sex. Alle Tätigkeiten wurden rund um die Uhr von Kameras gefilmt und ins Internet übertragen. Ihr einziger Kanal zur Welt war eine Videokamera, über die sie einmal täglich ihre intimsten Gedanken und Gefühle mit der Öffentlichkeit teilten.
Der Container war demokratische Utopie, Dystopie und populäre Konzeptkunst in einem: ein Selbst-Überwachungsapparat, ein sich permanent selbst aktualisierendes Ready-made, eine paradoxe Authentizitäts- maschine. Die vierte Wand zwischen Privatsphäre und Öffentlichkeit war damit endgültig durchbrochen. Von nun an würden wir alle Performer:innen sein.
Der Basler Künstler und Theaterregisseur Boris Nikitin hat für das 20-Jahr-Jubiläum der ersten Staffel ein nahezu exaktes Replikat dieses Ur-Containers nachgebaut. Die Dimensionen sind leicht verschoben, ein Raum fehlt, der Container ist nicht aus echtem Metall, sondern aus weiss lackiertem Holz: die Imitation eines Gebäudes, das selbst bereits ein Simulakrum war und mit dem das Zeitalter der digitalen Sichtbarkeit eingeläutet wurde.
Der Container ist leer, seine Bewohner haben ihn längst verlassen. Als historisches Artefakt steht er wie eine einsame Reliquie im Raum. ◀
Roland Wetzel ist Direktor des Museum Tinguely und Kurator der Ausstellung
Konzept: Boris Nikitin
Leitung Ausstellung, Konzeptionelle
Mitarbeit: Johannes Maas Licht, Motorik, Konzeptionelle
Mitarbeit: Kerim El-Mokdad
Bühnenbild original: David Hohmann
Produktionsleitung: Annett Hardegen