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Bargeld-Einschnitt

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Kurzmeldungen

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Bargeld unerwünscht?

Die EU überlegt eine einheitliche Obergrenze für Bargeldzahlungen von 10.000 Euro. Gleichzeitig laufen in der EZB Vorbereitungen für einen digitalen Euro. Wie weit wird die Freiheit des Bargeldes noch eingeschränkt?

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MICHAEL KORDOVSKY

„Der Bitcoin ist im Gegensatz zum geplanten E-Euro eine dezentralisierte Kryptowährung, die „niemandem“ gehört und deren maximale Menge während der Erschaffung begrenzt wurde.“

Florian Wimmer, CEO von Blockpit.io

Der elektronische Euro

Auch ein digitaler Euro wäre ein Euro – genau wie Euro-Banknoten, nur eben digital. Er wäre eine elektronische Form von Geld, würde vom Eurosystem (der EZB und den nationalen Zentralbanken des Euroraums) ausgegeben und stünde Privatpersonen und Unternehmen zur Verfügung – so die EZB auf ihrer Webseite. Und die OeNB beschrieb ihn auf Anfrage wie folgt: „Den digitalen Euro muss man sich ähnlich wie bisherige elektronische Euro-Zahlungen mit Karte oder Handy vorstellen, nur dass die Zentralbank dahinter steht statt Privatfirmen.“ E ine Zahlungsstudie der EZB zeigt, dass 34 Prozent der Bürger des Euroraums aus Vorsichtsgründen zuhause eine zusätzliche Barreserve vorhalten. Österreich ist dabei eine regelrechte Bargeld-Hochburg: Laut EZB-Daten liegt der Bargeldanteil in Österreich bei 79 Prozent bezogen auf Transaktionen und bei 58 Prozent auf den Wert. Die Bedenken gegen reine elektronische Zahlsysteme reichen von Buchungsfehlern, fehlenden Ansprechpartnern bei den Kreditkartenbetreibern bis hin zur Gefahr, dass Finanzdaten über Hackerangriffe in falsche Hände gelangen. In Österreich gibt es derzeit noch keine Obergrenzen für Barzahlungen. Lediglich der anonyme Kauf von Gold ist mit 9.999 Euro limitiert. Anders ist die Situation in vielen EU-Staaten, deren Obergrenzen zwischen 500 und 15.000 Euro liegen. Im März könnte deshalb die EU-Kommission im Rahmen neuer Maßnahmen gegen Geldwäsche die in einem Arbeitspapier geforderte EUweite Obergrenze für Barzahlungen umsetzen. Diese würde voraussichtlich bei maximal 10.000 Euro liegen, wobei einzelne Mitgliedsstaaten auch geringere Limits einziehen können. Begründung: Bargeld wird als „Instrument der Wahl für Kriminelle“ bezeichnet.

Elektronische Notenbankwährungen in Planung

Die chinesische Regierung testet in Metropolen wie Shenzen, Suzhou und Hongkong den elektronischen Yuan mit dem Namen Digital Currency Electronic Payment (DCEP). Zentrale Steuerung und damit die Kontrolle der Kommunistischen Partei sind wesentliche Merkmale. Das Ziel ist, dass eines Tages der digitale Yuan Bargeld zur Gänze ersetzen soll. Vom Zeitplan her wäre bereits 2022 bei den Olympischen Winterspielen in Peking der Einsatz des digitalen Yuan möglich. Auch die Fed setzt sich mit einer digitalen Währung auseinander, während im Euroraum in der EZB und den nationalen Zentralbanken der digitale Euro diskutiert wird. Eine endgültige Entscheidung über dieses Projekt soll zur Jahresmitte 2021 gefällt werden. Konkret geht es hier um eine elektronische Form von Zentralbankgeld in Ergänzung zum Bargeld, das alltägliche Zahlungen effizienter und sicherer machen soll. Bezüglich der Gestaltung gibt es die Wahl zwischen Schwerpunkt Anonymität und Offline-Nutzung und Intermediären, die zur Transaktionsüberprüfung dazwischengeschaltet werden, aber dafür den digitalen Euro in bereits verfügbare elektronische Bankdienstleistungen einbinden könnten. Der digitale Euro könnte wie digitales Bargeld eingesetzt werden, wenn zur Verarbeitung einzelner Zahlungen keine Zentralbank und keine Zwischenstelle erforderlich sind. Sogar eine Nutzung ohne Internetverbindung und somit ein Schutz der Pri-

vatsphäre wäre dann möglich. Eine Gefahr ist dabei, dass in einer Krise Gelder abfließen: rein in den bei der EZB sicheren E-Euro. Dem könnte aber die EZB laut Notenbankdirektor Fabio Panetta bei einer OnlineVeranstaltung von Bruegel mit saftigen Negativzinsen (minus ein oder minus zwei Prozent sind nicht ausreichend!) bei zu hohen Beständen entgegenwirken. Auch gibt es Überlegungen, die Bestände pro Kunde zu begrenzen, eventuell mit 3000 Euro.

In zehn Jahren kein Bargeld mehr?

Vonseiten der EZB gibt es keine Pläne zur Abschaffung von Bargeld. Ein Sprecher der EZB verwies darauf, dass der digitale Euro Bargeld nicht ersetzen, sondern vielmehr ergänzen würde. Eine globale Sichtweise zum Bargeld-Ende vertritt Florian Wimmer, CEO von Blockpit. io, Entwickler von Online-Finanz-Lösungen für das Portfolio-Management und Steuerreporting von auf Blockchain-Technologien basierenden digitalen Assets: „Ich denke zwar, dass zehn Jahre sehr optimistisch gedacht sind, wenn wir von der gesamten Welt, dem EU-Raum oder von Österreich sprechen, denn Bargeld ist gerade hierzulande Teil unserer Kultur. Aber in einigen Ländern (z.B. China) wird dies aller Voraussicht nach doch schon früher passieren, denn Bargeld bringt in Anbetracht der derzeit verfügbaren Zahlungstechnologien langfristig keine Vorteile mehr.“ Als Problempunkte bei Bargeld nannte Wimmer Terrorismusfinanzierung, Geldwäsche und Krankheitsübertragung.

E-Euro vs. Bitcoin

Der E-Euro kann mit Bitcoin bestenfalls die Blockchain-Technologie gemeinsam haben, ansonsten bestehen gravierende Unterschiede. Dazu Wimmer: „Da wir von gänzlich unterschiedlichen Herangehensweisen sprechen, und sich z.B. Bitcoin eigentlich gar nicht dazu eignet, Transaktionen abzuwickeln, wird er eher als digitales Gold gesehen. Für die Zahlungsabwicklung gibt es dann E-Währungen oder andere Krypto-Assets, die die Aufgabe der darauf aufbauenden Transaktionen effizient abbilden.“ Auch die elementare Struktur ist unterschiedlich: „Der Bitcoin ist im Gegensatz zum geplanten E-Euro eine dezentralisierte Kryptowährung, die ,niemandem‘ gehört und deren maximale Menge während der Erschaffung begrenzt wurde. Der E-Euro befindet sich zwar noch in der Definitionsphase, wird aber aller Voraussicht nach an den aktuell geltenden Eurokurs gebunden, also ein so genannter Stable Coin sein, und auch zentral von der EZB verwaltet werden. Das bedeutet, dass die meisten der Kernkritikpunkte der ,Bitcoin-Bewegung‘ gegenüber bekannten Fiatwährungen durch eine Umstellung auf den E-Euro bestehen bleiben werden“, so Wimmer abschließend.

Bargeldobergrenzen in Europa

Deutschland: Keine Höchstgrenzen für Bargeldzahlung, aber Ausweispflicht ab 10.000 Euro; anonyme Edelmetallkaufgrenze: 1.999 Euro Schweiz: Keine gesetzlichen Grenzen, bei Edelmetallkauf ab 15.000 CHF Ausweispflicht Italien: 2.999 Euro Griechenland: 500 Euro, Fahrzeugkäufe sind ausgenommen Kroatien: 15.000 Euro Spanien: 2.500 Euro für Spanier und 15.000 Euro für Ausländer Tschechien: 350.000 CZK (ca. 13.000 Euro) Portugal: Gesetzliche Obergrenze bei 1.000 Euro, Zahlungen von Privat an Privat sind ausgenommen Frankreich: 1.000 Euro für Franzosen, 10.000 Euro für Ausländer Belgien: 3.000 Euro; grundsätzliches Verbot von Barzahlungen bei Immobilienkäufen Niederlande: Keine Höchstgrenze für Privatpersonen, aber Verpflichtung zur Meldung „verdächtiger Zahlungen“ ab 2.000 Euro für Banken, Casinos, Versicherer etc. Noch keine Höchstgrenzen u. größeren Einschränkungen: Finnland, Irland, Island, Lettland, Litauen, Luxemburg, Malta, Schweden, Slowenien und Zypern

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