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Greenwashing

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Kurzmeldungen

Kurzmeldungen

Immer mehr Unternehmen sind auf den „grünen Zug“ aufgesprungen und geben sich ein umweltfreundliches Image. Aber entspricht der Schein auch dem Sein? Es gibt jedenfalls Strategien, um Greenwashing zu vermeiden.

HARALD KOLERUS

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Sechs Todsünden des Greenwashing

1. Sin of the Hidden Trade-Off (versteckte Konflikte) Herausstellung von Merkmalen, die zwar umweltfreundlich sind, jedoch angesichts anderer schmutziger Produkteigenschaften wenig Bedeutung haben 2. Sin of No Proof Vorgabe eines umweltfreundlichen Attributs ohne Nachweis 3. Sin of Vagueness (Unklarheit) Unklare, schwammige Formulierungen, die den Konsumenten eigentlich nur verwirren 4. Sin of Irrelevance Betonung einer richtigen, aber irrelevanten Produkteigenschaft 5. Sin of Fibbing (Flunkern) Angabe von umweltfreundlichen Charakteristika, die schlichtweg falsch sind 6. Sin of Lesser of Two Evils Grün angehauchte Produkte, die dennoch äußerst schädlich sind Green, Greener, Greenwashing? Unter diesem Titel ist der Verein für Konsumenteninformation (VKI) dem Phänomen des „Grünwaschens“ auf die Spur gegangen. Denn einige Unternehmen hängen sich gerne ein „grünes Mäntelchen“ um, obwohl die Geschäftspraxis nicht gerade sauber ausfällt ...

Gütezeichen beachten

Um nicht in diese Falle zu tappen, ist den Konsumenten das Beachten von Gütesiegeln ans Herz zu legen. Diese zertifizieren Produkte und Dienstleistungen, die umweltfreundlicher sind als vergleichbare Angebote am Markt. Beim VKI heißt es: „Staatliche Labels (wie etwa das Österreichische Umweltzeichen oder das EU Ecolabel) zeichnen sich durch Unabhängigkeit sowie transparente Kriterien und solide Überprüfung durch Dritte aus: Deshalb sind sie eine glaubwürdige Barriere gegen Greenwashing.“ Die Konsumentenschützer haben 2020 auch online eine Bekanntheitsumfrage zu verschiedenen nationalen Umweltzeichen durchgeführt. Die Untersuchung hat klar zu Tage gebracht, dass insbesondere das Österreichische Umweltzeichen (94 Prozent Bekanntheit) und das deutsche Pendant, der Blaue Engel (76 Prozent), weithin bekannt sind. Weiters zeigte sich, dass rund 85 Prozent der Befragten beim Kauf eines Produktes „sehr“ oder „eher“ darauf achten, ob dieses mit einem Umweltzeichen ausgezeichnet ist. Knappe zwei Drittel gaben zudem an, dass sie nun mehr als früher darauf achten, ob ein Produkt ein Gütesiegel trägt oder nicht.

Orientierungshilfe

Allerdings: Was dem Konsumenten eigentlich das Leben erleichtern soll, führt oft dazu, dass kaum noch jemand den Überblick bewahren kann. So existieren europaweit alleine 30 verschiedene Gütesiegel zu grünen Unterkünften und Reiseanbietern. Als Orientierungshilfe werden etwa auf wwf.at Labels vorgestellt, die von der internationalen Umweltschutzorganisation WWF empfohlen werden. Auch die Homepage umweltzeichen.at des heimischen Klimaschutz-Ministeriums ist einen Besuch wert. Hier findet man unter anderem im Finanzbereich ethisch orientierte Fonds, Projekte und Unternehmen, die Gewinne durch nachhaltige Investitionen erzielen. Wem das

noch immer zu verwirrend erscheint, der kann auf die Europäische Kommission hoffen: Sie arbeitet an einem EU-weiten Klassifizierungssystem für ökologisch nachhaltige Wirtschaftstätigkeiten.

Genaue Kommunikation

Das wird mehr Klarheit für Konsumenten und Produzenten schaffen, denn auch für Letztgenannte ist das Thema Greenwashing nicht einfach. Dieter Niewierra von ClimatePartner, einem Lösungsanbieter im Klimaschutz für Unternehmen, erklärt: „Sich klimaneutral zu stellen, erfordert eine klare Vorstellung davon, was man als Unternehmen verursacht und wie man mit seiner Klimaverantwortung umgehen will, damit letztendlich ein Beitrag zur Erreichung des 1,5-Grad-Ziels des Pariser Klimaabkommens geleistet wird. Einige Rahmenbedingungen und Eckpfeiler hierfür gibt es bereits.“ So gelten spezifische Standards und Anforderungen, die beispielsweise im Greenhouse Gas Protocol (GHG) und in den sich darauf beziehenden ISO-Normen wie ISO 14001 bzw. ISO 14067 formuliert sind. Auch geben wissenschaftsbasierte Zielsetzungen, wie sie die Science Based Target Initiative postuliert, eine Orientierung. Dennoch herrscht bei vielen noch Unsicherheit darüber, wie sie diesen Ansprüchen und ihrer Verantwortung für das Klima gerecht werden können. Niewierra weiß auch, dass es gerade große Unternehmen nicht immer leicht haben, sich vom Vorurteil des Greenwashings zu befreien: „Bei solchen Playern besteht oft ein gewisser Vorverdacht, weil sie das Thema mit großer Marketing-Reichweite ansprechen und auf beträchtliche Marketing-Maschinerien zurückgreifen können. Wir sehen genau das aber auch als erhebliche Chance: Die gut ausgebaute PRSchiene kann als Hebel für Informations- und Aufklärungsarbeit genutzt werden.“ Wobei es darauf ankommt, möglichst genau zu kommunizieren: „So macht es zum Beispiel einen Unterschied, sich als klimaneutrales oder CO2-neutrales Unternehmen zu präsentieren. Denn klimaneutral bezieht sich auf alle Treibhausgase. Noch schlimmer wäre es, von CO2-frei zu sprechen. So ein ungenaues Wording kann zu Verwirrung führen und den Verdacht des Greenwashing entstehen lassen“, so Niewierra.

„Gerade große Unternehmen haben es nicht immer leicht, sich vom Vorurteil des Greenwashings zu befreien.“

Dieter Niewierra, CommunicationsVerantwortlicher bei ClimatePartner

Wichtigkeit von Umweltzertifizierungen

Zustimmung 100% 90% 80% 70% 60% 50% 40% 30% 20% 10% 0%

Quelle: VKI Reinigungsmittel Körperpflege Textilien/Schuhe

Haus & Garten Bauen Energie Spielzeug Gastronomie Mobiliar Tourismus Finanzprodukte Druckerzeugnisse Bildung Filmproduktionen Anderes

Es ist auffällig, dass die Bedeutung von „grünen Standards“ in der Finanzindustrie für österreichische Konsumenten noch relativ gering ist. Hingegen werden Umweltzertifizierungen für Güter des täglichen Gebrauchs sehr ernst genommen.

Quellen: gabler.de / thesustainablepeople.com

Beim Wort genommen

Der Begriff Greenwashing ist bereits einige Jahrzehnte alt, er reicht zurück in die Zeit des Umweltaktivismus der 1970er und 1980er. „Grünwaschen“ bezeichnet den Versuch (vor allem) von Unternehmen, durch Marketingund PR-Maßnahmen ein „grünes Image“ zu erlangen, ohne allerdings entsprechende Maßnahmen zu setzen. Ob Greenwashing vorsätzlich erfolgt, oder auch aufgrund mangelnder Abklärung oder Unvorsichtigkeit vorkommt, differiert von Fall zu Fall. Die Grenzen zwischen gut gemeinter und bewusst irreführender Information sind sicherlich nicht immer klar definierbar. Deshalb können auch ehrlich gemeinte Umweltaussagen von kritischen Interessengruppen als Greenwashing interpretiert werden.

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