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Buchtipps
Klimadämmerung Frank Henning. Verlag: FBV. 312 Seiten. ISBN: 978-3-95972-374-9
Kritik. Kann man die Energie überhaupt wenden? Und wie bewerkstelligt man das, ohne Risiken auszublenden und den breiter gesteckten Umweltschutz zugunsten des Klimaschutzes auf der Strecke zu lassen? Diese Frage stellt der Autor und Diplom-Ingenieur für Kraftwerksanlagen, Frank Henning, in diesem Buch. Er konzentriert sich dabei auf das deutsche Projekt der Energiewende, das seiner Meinung nach mit viel Eifer, aber ohne wissenschaftlich fundierte und verständliche Erklärungen betrieben wird. Ein Hauptpunkt seiner Kritik: Sachliche und offene Diskurse würden kaum stattfinden. „Diskussionen sinken auf das Niveau der Empörungskommunikation herab. Eine stets angemahnte Korrektheit auch gegenüber den nationalen Energiewenden verstellt den klaren Blick“, ist hier zu lesen. Somit würde eine „Schweigespirale“ entstehen und die objektive Diskussion Anfeindungen und Hass-Postings weichen. Ob somit, wie vom Autor behauptet, tatsächlich ein „Neorassimus gegen alte weiße Männer“ (ExPolitiker und ehemalige Manager, die sich aufgrund von Positionierung und Alter frei äußern können) entsteht, sei dahingestellt und muss von jedem Leser selbst beantwortet werden. Henning verschafft jedenfalls auch einen Überblick zu den technischen Voraussetzungen der Energiewende: Wie funktioniert ein Stromnetz? Wie ist es entstanden und welche globalen Entwicklungen gibt es? Und er hinterfragt, inwiefern diese technischen Fakten im politischen Diskurs berücksichtigt werden. Neuanfang. Auch dieses Buch beschäftigt sich mit dem Klimawandel und kann beinahe schon als moderner Klassiker bezeichnet werden (erstmals 2019 erschienen). Autor Jeremy Rifkin ist Zukunftsforscher und tritt sozusagen als ökonomischer und ökologischer Botschafter der weltweiten Energiewende auf. Seine These: Die Welt sitzt angesichts alternativer Technologien auf einer 100-Billionen-Dollar-Blase aus Investitionen in fossile Brennstoffe. Bereits 2028 könnte diese Blase platzen. Das mag vielen als übertrieben erscheinen, aber Anlass zum Nachdenken und einen Ansporn in Sachen Klimaschutz vermittelt Rifkin allemal. Tatsächlich hat sich zuletzt sehr viel in die richtige Richtung bewegt: Kaum ein bedeutender politischer Entscheidungsträger zweifelt in der PostTrump-Ära an der Beeinflussung der Erderwärmung durch Menschenhand. Die Dekarbonisierung wird vorangetrieben (auch in den Depots von großen institutionellen Investoren), Neue Energien werden forciert und gleichzeitig immer konkurrenzfähiger. Rifkin schreibt in diesem Zusammenhang auch von einer „Mobilisierung der Gesellschaft“ und der neuen Macht der Pensionsfonds als „erwachendem Riesen“. Im Abschlusskapitel meint er: „Zu sehen, wie der Green New Deal nicht nur in den USA und Europa an Boden gewinnt, gibt durchaus Anlass zur Hoffnung. (...) Heute sieht die Menschheit sich entweder inmitten eines potenziellen Endspiels oder, wie wir doch hoffen wollen, inmitten eines Neuanfangs.“ Geld ohne Arbeit? Wild umstritten ist die Forderung nach einem bedingungslosen Grundeinkommen: Können wir uns das überhaupt leisten? Werden Menschen dann überhaupt noch geregelter Arbeit nachgehen? So lauten einige der berechtigten Fragen. Interessant ist, dass nicht nur „Träumer und Fantasten“ ein solches Grundeinkommen befürworten (wie das Kritiker oft behaupten), sondern auch erfolgreiche Wirtschaftstreibende. Götz W. Werner, Gründer der Drogeriemarktkette dm, ist wohl der bekannteste Vertreter dieser Forderung. Sein bereits 2007 erschienenes Buch „Einkommen für alle“ ist ein Vorreiter der Fachliteratur zum Thema. In der 2018 überarbeiteten, aktualisierten und erweiterten Neuausgabe begründet Werner, warum die Zeit für die Einführung des Grundeinkommens reif sei. Einige seiner Argumente: Dem „RationalisierungsTsunami“ durch die Industrie 4.0 wird vermutlich jede dritte Stelle zum Opfer fallen. Auch viele geistige Arbeiten werden Computer künftig schneller und präziser erledigen als wir. Der Autor spricht sich dabei für eine Ausgabens- statt einer Einkommenssteuer aus, also der ausschließlichen Besteuerung von Konsum. Bildlich gesprochen soll der Apfel mit einer Steuer belegt werden und nicht dessen Anbau. Ein Beispiel für die mitunter plastische Sprache Werners, die das Buch nicht nur informativ, sondern auch unterhaltsam macht. Natürlich werden hier nicht alle Fragen endgültig beantwortet, die Diskussion zum Grundeinkommen geht aber weit.
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Der globale Green New Deal Jeremy Rifkin. Verlag: Campus. 319 Seiten. ISBN:978-3593-51135-1 Einkommen für alle Götz W. Werner. Verlag: KiWi. 294 Seiten. ISBN: 978-3-99013-078-0