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Nachhaltigkeit

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ESG-Orientierung ist bereits Alltag

Banken unterliegen zunehmend mehr „ESG-Regeln“ im Alltag. Doch in der Praxis haben Nachhaltigkeitskriterien in den verschiedenen Abteilungen von der Produktentwicklung bis hin zur Kundenbetreuung bereits erfolgreich Einzug genommen.

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MICHAEL KORDOVSKY

„Unsere Anlageberaterinnen und Anlageberater haben unter anderem eine spezielle Ausbildung zum ESGBerater/ zur ESGBeraterin absolviert.“

Herta Stockbauer, Vorstandsvorsitzende der BKS Bank

„Als Meine Stadtbank in Wien haben wir es uns bereits heute zum Ziel gesetzt, dem Thema Nachhaltigkeit in der Anlageberatung über die gesetzlichen Erfordernisse des 10. März 2021 hinausgehend Rechnung zu tragen.“

JensDavid Lehnen, RLB NÖWien, Leiter Wertpapierkompetenzzentrum / Private Banking S eit 10. März 2021 sind alle Banken im Rahmen der sogenannten Disclosure-Verordnung verpflichtet, Kunden in der Beratung über eine zusätzliche Risikokategorie, die Nachhaltigkeitsrisiken, zu informieren. Und es folgen weitere Vorgaben Richtung Nachhaltigkeit: Am 2. August 2021 veröffentlichte die EU-Kommission die Delegierte Verordnung (EU) 2021/1253, die Änderungen in MiFID II hinsichtlich der Einbeziehung von Nachhaltigkeitsfaktoren, -risiken und -präferenzen in die Anlageberatung und Portfolioverwaltung vorsieht. Die MiFID II wird um drei neue „Nachhaltigkeitsbegriffsbestimmungen“ ergänzt und vereinfacht ausgedrückt sollten die Nachhaltigkeitspräferenzen der Kunden in der Beratung entsprechend Berücksichtigung finden. Angewendet werden müssen die neuen Regeln ab 2. August 2022.

Mehr ESG als erforderlich

Tendenziell werden die meisten Banken über regulatorische Mindeststandards hinausgehend eigene Nachhaltigkeitsakzente setzen und zwar beginnend mit der Finanzierung, wo unter ESG-Aspekten umstrittene Projekte zunehmend ausgeschlossen werden, bis hin zur Anlageberatung und (Anlage-)Produktgestaltung. Dazu Jens-David Lehnen, RLB NÖ-Wien, Leiter Wertpapierkompetenzzentrum / Private Banking: „Als Meine Stadtbank in Wien haben wir es uns bereits heute zum Ziel gesetzt, dem Thema Nachhaltigkeit in der Anlageberatung über die gesetzlichen Erfordernisse des 10. März 2021 hinausgehend Rechnung zu tragen. Wir haben das Thema Nachhaltigkeit zu einem festen Bestandteil unserer zentralen Wertpapierstrategie gemacht. Wir informieren unsere Kundinnen und Kunden nicht nur zu den Nachhaltigkeitsaspekten, sondern beraten gezielt in Richtung nachhaltiger Produkte und Dienstleistungen, wo immer dies im Einklang mit den Erfahrungen, Kenntnissen, Wünschen und Zielen unserer Kundinnen und Kunden möglich ist.“ Darüber hinaus ist die RLBNÖ-Wien Partner der Europäischen Investitionsbank (EIB), die nicht nur direkter Kreditgeber ist, sondern auch Refinanzierer grüner Investitionsvorhaben und weltweit größte Green Bond-Emittentin. Umfassend ist auch die Nachhaltigkeitsstrategie der BKS. Sie beinhaltet alle drei ESGBereiche. Der Fokus liegt dabei allerdings im Klimaschutz, wo das Institut einen Beitrag leisten möchte. „Daher bauen wir unser Angebot an nachhaltigen Produkten laufend weiter aus, setzen Aktivitäten zu einer besseren Betriebsökologie und dekarbonisieren auch unser Eigen- und Kreditportfolio“, so Herta Stockbauer, Vorstandsvorsitzende der BKS Bank.

Nachhaltigkeit in Anlageberatung und Produktgestaltung

Eine nachhaltige „Produktreihe“ stellen die Erste Responsible Fonds dar, die E, S, G in einer ganzheitlichen Betrachtung zu vereinen versuchen. „Dort, wo eine Schwerpunktsetzung sinnvoll ist, sind dezidierte Impact Fonds, die eine präzise thematische Abgrenzung erfordern. Bei Impact Investments wird neben einer finanziellen Rendite

auch eine positive soziale und ökologische Auswirkung beabsichtigt. Ein Faktor, der bisher in dem Bereich ein Nischendasein geführt hat, ist Soziales“, so ein Statement der Erste Asset Management gegenüber dem GELD-Magazin. Ein soziales Nischenprodukt ist der Erste Fair Invest, der die Themen Arbeit, Gesellschaft und Gesundheit berücksichtigt. Dazu ein Sprecher der Erste Asset Management: „Während der Erste WWF Stock Environment und der Erste Green Invest gezielt in Lösungen für globale ökologische Herausforderungen wie den Klimawandel investieren, zielen der Erste Fair Invest und unser Microfinance Fonds darauf ab, gezielt sozialen Fortschritt zu fördern.“ Trotzdem gelten im Sinne der ganzheitlichen ESG-Betrachtung bestimmte Drop-Out-Kriterien und Corporate Governance-Voraussetzungen. Schon früh sehr stark auf Nachhaltigkeit setzte die BKS. „Unsere Anlageberaterinnen und Anlageberater haben unter anderem eine spezielle Ausbildung zum ESG-Berater/zur ESG-Beraterin absolviert. Seit 2017 sind wir Emittent von Green- und Social Bonds, die von unseren Anlegern sehr gerne ins Depot aufgenommen werden. Unsere 2013 lancierte nachhaltige Vermögensverwaltung ist 2021 für weitere vier Jahre mit dem Österreichischen Umweltzeichen für nachhaltige Finanzprodukte ausgezeichnet worden“, so Stockbauer. Die BKS profitiert als „ESG-Pionier“, denn per 30.06.2021 betrug das Volumen nachhaltiger Produkte 721 Millionen Euro, davon 29 Prozent nachhaltige Veranlagungen. Bekannt ist die BKS vor allem für ihre Social- und Green Bonds, die einen Beitrag zur Erreichung der Klimaziele leisten. „Wir haben erst vor kurzem den fünften Green Bond, welcher erstmalig in ein Green Building investiert, erfolgreich platziert“, zeigt Stockbauer hier ein aktuelles Beispiel. Jens-David Lehnen von der RLB NÖ-Wien zeigt die Bedeutung des Fondsmanagements: „Die Stadtbank in Wien bietet das nachhaltige Produktuniversum der Raiffeisen Capital Management an – mit Fonds für private und institutionelle Anleger. Diese sind z.B. mit dem österreichischen Umweltzeichen für nachhaltige Finanzprodukte oder dem FNG-Siegel zertifiziert. Die Fondsmanager der RCM prüfen jeden einzelnen Titel nach ESG-Kriterien. So können wir sowohl im ökologischen wie auch im sozialen Segment Fonds anbieten, die sorgsam gemanagt sind.“

Beispiele besonderer nachhaltiger Finanzprodukte und Dienstleistungen

Digitale Vermögensverwaltung „WILL“ der RLB NÖ-Wien: Ab 10.000 Euro kann aus vier nachhaltigen Wertpapierportfolios gewählt werden, die wiederum in Wertpapierfonds und ETFs investieren. Die eigene „WILL“-App bietet jederzeit Zugang zu aktuellen Daten und weiteren Transaktionen. BKS: Green- und Social Bonds zur Finanzierung ökologisch oder sozial wertvoller Projekte; bewusst niedrige Stückelung, um auch private Investoren anzusprechen: bis dato immer bei 1.000 Euro. Natur & Zukunft-Konto der BKS: Täglich verfügbare Barreserve; für jedes abgeschlossene Konto wird ein Baum gepflanzt (Beitrag zur Wiederaufforstung heimischer Schutzwälder). Erste WWF Stock Environment: Strikter Fokus auf reine Umweltaktien, Zusammenarbeit mit WWF. Erste Responsible Bond EM Corporate: Auflage 2013, laut Angaben der Erste AM der erste Fonds weltweit, dem es gelang, Schwellenländer-Unternehmensanleihen mit einer strikten ESG Best-in-Class Analyse zu verbinden.

Drop-Out-Kriterien der Banken für Finanzprodukte

BKS: Ausschluss- und Positiv-Kriterien für das Kunden- und Einlagengeschäft

Erste AM: Ethische Mindeststandards für Publikumsfonds, etwa der Ausschluss kontroverser Waffen, von Produzenten und Händlern von Streumunition oder Atomwaffen, sowie der Verzicht auf Kohle und von Unternehmen, die sich durch den Abbau oder die Verstromung von Kohle direkt gegen die Ziele des Pariser Klimaabkommens stellen. Ebenso verzichtet wird auf Investitionen in Nahrungsmittelspekulation.

RLB NÖ-Wien: Vermeidung kontroverser Geschäftsfelder im Sinne des „Vermeidens der Mitwirkung zum Schlechten“ als Ausgangspunkt nachhaltiger Anlagepolitik. Es geht um ethische Positionierung und Abwenden von Reputationsrisiken. Die Raiffeisen Kapitalanlagegesellschaft ging eine Selbstverpflichtung zur Vermeidung von Investments in Agrarrohstoffe und Lebendvieh sowie kontroverse Waffen und Kohle ein.

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