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Negativzinsen

Cash am Firmenkonto kostet richtig Geld

Heimische Banken zahlen Negativzinsen auf Überschussreserven bei der Österreichischen Nationalbank. Inwieweit sie diese als „Verwahrungsentgelte“ bzw. Negativzinsen an die Kunden weitergeben, haben wir nachgefragt.

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MICHAEL KORDOVSKY

Tresormieten -und Versicherungskosten pro Jahr

BAWAG: 79 € (5 dm³) bis 475 € (100 dm³).

BKS: ab 75,70 € (Kunden mit BKS Bank-Zahlungsverkehrskonto); Versicherung Safeinhalt bis 225.000 €, bei Höchstwert: Versicherungsprämie 156 € p.a.

Erste Bank: 55 € bis 770 €; Versicherung von 1 Mio. €: 280 € p.a. N egativzinsen auf Firmenkonten sind auch hierzulande im Vormarsch. Oberflächlich betrachtet sollten die bei den Banken weitgehend unverzinsten Konto- und Spareinlagen ausreichen, um die Kredite zu refinanzieren. Wieso werden dann bei Guthaben Negativzinsen verrechnet? Dermaßen brisante Themen liegen nicht allen Banken. Eine klare Antwort gab jedoch die BAWAG P.S.K.: „Wir zahlen wie alle Banken seit geraumer Zeit einen Negativzins von 0,5 Prozent p.a. für alle Gelder, die aus aufsichtsrechtlichen Gründen bei der Österreichischen Nationalbank (OeNB) als Teil des europäischen Systems der Zentralbanken verwahrt werden müssen, z.B. Sichteinlagen oder Tagesgelder. Bis vor kurzem haben wir diese erheblichen Kosten nicht an unsere Kunden weitergegeben. Aufgrund der andauernden schwierigen Rahmenbedingungen auf dem Geld- und Kapitalmarkt haben wir die Verzinsung des Guthabens auf Girokonten von Unternehmen mit 1. Juli 2021 adaptiert. Seither erfolgt die Verrechnung des Zinssatzes bis auf weiteres für jedes Quartal im Nachhinein über das jeweilige Business-Konto. Ob Negativzinsen in Höhe von 0,5 Prozent verrechnet werden, richtet sich nach der Gesamtbetrachtung der Geschäftsbeziehung“.

Negativzinsen ab 100.000 Euro

Die UniCredit Bank Austria wendet für institutionelle Kunden, Kunden des öffentlichen Sektors und Firmenkunden mit hohen Einlagen in erster Linie alternative Anlagelösungen und Vergütungsmodelle an, die mit den Kunden abgestimmt werden. Darüber hinaus verrechnet sie für Firmenkunden, institutionelle und Public Sector-Kunden nach individueller Vereinbarung eine Verwahrgebühr für große Guthaben – auf jeden Fall aber nicht für Guthaben unter 100.000 Euro. Auch hier liegt der Grund für die Verrechnung von Minuszinsen bei den Kosten für die Bankeinlagen bei den Zentralbanken, die zumindest zum Teil bei Kundeneinlagen berücksichtigt werden müssen. 100.000 Euro könnte sich prinzipiell als kritische Grenze auf Firmenkonten etablieren. So erhebt auch die Erste Group Bank bei neu eröffneten Giro-/Wertpapierverrechnungskonten für Kommerzkunden seit Mai 2021 oberhalb einer Freibetragsgrenze von 100.000 Euro eine Verwahrgebühr. Bei bestehenden Kommerzkunden wird diese Verwahrgebühr sukzessive angepasst. D.h., die Kunden werden je nach bestehender Vereinbarung über die Einführung einer Verwahr-

„Wir verrechnen derzeit bis zu einem Sockelbetrag von 100.000 Euro null Prozent p.a., darüber kommt ein Zinssatz von minus 0,4 Prozent p.a. zur Anwendung.“

Herta Stockbauer, Vorstandsvorsitzende der BKS Bank

gebühr bzw. einer Anpassung der Freibetragsgrenze informiert. Die Verwahrgebühr liegt bei der Erste Group Bank bei 0,5 Prozent. Liegt der durchschnittliche Habensaldo auf dem Kommerzkonto beispielsweise bei 150.000 Euro, so errechnet sich für das entsprechende Jahr eine Verwahrgebühr von 250 Euro. Ähnliches gilt auch für die BKS Bank, deren Vorstandsvorsitzende Herta Stockbauer dies wie folgt skizziert: „Die Betreuung unserer Kunden erfolgt ganzheitlich und somit spielt auch bei der Bepreisung die gesamte Geschäftsbeziehung eine wesentliche Rolle. Grundsätzlich verrechnen wir derzeit bis zu einem Sockelbetrag von 100.000 Euro null Prozent p.a., darüber kommt ein Zinssatz von -0,4 Prozent p.a. zur Anwendung“. Die Hypo Vorarlberg weist darauf hin, dass sich Banken bei der Höhe des Verwahrentgelts am Zins der Einlagenfazilität des Eurosystems orientieren (-0,5 %). Dazu kommen noch zusätzliche Kosten zur Dotierung des Einlagensicherungsfonds und des Abwicklungsfonds. „Bei der Hypo Vorarlberg gibt es keine fix definierte Grenze für die Verrechnung von Verwahrentgelten bei Firmenkunden. Diese hängt ganz individuell vom Umfang der sonstigen Geschäftsbeziehung mit den einzelnen Kunden ab“, so eine Sprecherin des Instituts.

Alternativen zu Negativzinsen

Die naheliegendste Alternative zum Firmenkonto wäre das Sparbuch, das Firmenkunden aber nicht angeboten wird. Durchaus in Frage käme aber der geheime Tresor im Firmengebäude, was allerdings mit Einbruchsrisiken verbunden ist. Dann bleibt noch der Tresor bei der Bank. Bei größeren Beträgen sind die Safegebühren im Vergleich zu 0,5 Prozent Negativzinsen noch die kostengünstigere Variante. Wohin die Lösungsansätze vieler Banken gehen, zeigt ein Statement der Hypo Vorarlberg: „An einer Wertpapier-Veranlagung kommen Kunden – ob Private oder Unternehmen – aktuell kaum mehr vorbei, zumal derzeit bei den aktuell gestiegenen Inflationszahlen mit dem bestenfalls nullverzinsten Kontoguthaben ein realer Wertverlust des Vermögens verbunden ist“. Und die UniCredit Bank Austria dazu: „Wir bieten ein breites Spektrum an kurzfristigen Veranlagungslösungen auch jenseits von klassischen Einlagen an. Hier sind zum Beispiel Veranlagungen in Geldmarktfonds oder Festgelder zu nennen“. Und im sicheren Spektrum erwähnte die BKS ihr Termingeldkonto und ab einer Million Euro das BKS Bank Liquiditätskonto mit 33 Tagen Kündigungsfrist.

Eine pragmatische Abhilfe gegen Negativzinsen

Ein Drittel der Gelder im Firmentresor: Vorteil: Keine Tresorgebühren; Nachteil: höheres Diebstahlsrisiko. Ein Drittel der Gelder im Banktresor: Vorteil: Sichere Verwahrung; Nachteil: SafeGebühren. Ein Drittel je zur Hälfte in einen Geldmarkt(nahen)fonds und einen bewährten offenen Immofonds wie zum Beispiel Real Invest Austria oder LLB Semper Real Estate investieren, da wenig Spesen dafür anfallen. Bleiben die Zinsen niedrig, kompensieren die Immofonds die Negativerträge der geldmarkt(nahen) Fonds, die umgekehrt bei einem höheren Zinsniveau positiv performen.

Geldpolitischer Hintergrund aktueller Negativzinsen

Die EZB hat derzeit eine negative Einlagefazilität von -0,5 Prozent vorgegeben. Die OeNB als Teil des europäischen Systems der Zentralbanken verrechnet für die Veranlagung der Überschussreserven der heimischen Banken ebenfalls den Negativzins von 0,5 Prozent. Die Hintergründe laut OeNB: „Im Juni 2014 hat das Eurosystem Negativzinsen eingeführt, mit einem erstmals negativen Zinssatz in Höhe von -0,1 Prozent. Seitdem wurden die Zinsen insgesamt vier Mal um jeweils 10 Basispunkte gesenkt, um im September 2019 den Zinssatz von -0,5 Prozent zu erreichen. Dieser Negativzinssatz wird auch für Einlagen, die bei uns im Rahmen der Überschussreserven gehalten werden, entsprechend angewandt. Durch die Einführung des Two-Tier-Systems ab 30. Oktober 2019 wurde die Verrechnung der Negativzinsen durch die Einführung eines Freibetrages etwas abgefedert. Dieser Freibetrag (oder auch „allowance“) richtet sich nach dem Multiplier, der zurzeit bei der sechs-fachen Mindestreserve liegt“.

Auf die Nachfrage, wie hoch das aktuelle Anlagevolumen der negativ verzinsten Überschussreserven in Europa ist? „Die ‚exempted excess reserves‘ im Eurosystem belaufen sich auf 899,2 Milliarden Euro. Negativ verzinste Überschussreserven – somit ‚non-exempted excess reserves‘ – belaufen sich auf insgesamt 2.675 Milliarden Euro“, so die OeNB.

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