6 minute read

Interview mit Eric Demuth

Next Article
Kurzmeldungen

Kurzmeldungen

Der Markt reift stetig

Das Jahr geht zu Ende und wir verzeichnen immer noch Höchststände. Könnte der Kryptomarkt 2021 erwachsen geworden sein? Wir haben mit Bitpanda Co-Founder Eric Demuth über seine Erwartungen gesprochen.

Advertisement

MORITZ SCHUH

Nicht nur der Kryptomarkt selbst, auch Digital-Asset-Börsen, wie Bitpanda, können auf ein äußerst erfolgreiches Jahr zurückblicken. Das österreichische Erfolgsunternehmen erlangte 2021 seinen Unicorn-Status, führte den Teilaktien-Handel ein und gab zuletzt die Zusammenarbeit mit dem FinTech Fabrick bekannt, das Bitpandas Services als White Label für italienische Banken ermöglicht. Wir sprachen mit Co-Founder Eric Demuth über aufkommende Regulierungen, den ersten amerikanischen Bitcoin-ETF, DeFi und was Bitpanda für das kommende Jahr in der Pipeline hat.

Die Kryptoindustrie ist unglaublich schnelllebig. Fast vierteljährlich lassen sich neue marktverändernde Trends und Events beobachten und genauso schnell verschwinden sie wieder aus dem Fokus des öffentlichen Interesses. Was sind deiner Einschätzung nach die großen Fragen, die uns dennoch über die nächsten Jahre begleiten werden?

Ganz klar ist das das Thema Regulierung, das mittlerweile ja schon angekommen ist, und meiner Meinung nach noch viel stärker in den Vordergrund rücken wird. Wir werden dadurch auch eine zunehmende Marktkonsolidierung sehen. Schon in den letzten Jahren haben wir beobachten können, dass sehr viele kleine Anbieter aus dem Markt gedrängt wurden und es auch weniger Neue gibt, die nachkommen. Das liegt an der zunehmende Regulierung, die es mit sich bringt, dass man gewisse Lizenzen benötigt, wofür aber erstmal ein gewisser Stamm an Compliance-Mitarbeitern und Prozessen nötig ist. Für viele Kleine ist das heute also gar nicht mehr möglich. Das hat aber auch den Vorteil, dass die gesamte Industrie reift und sich in der klassischen Finanzwelt etabliert. Crypto-Assets sind mittlerweile nicht mehr wegzudenken und werden auch nicht verschwinden. Regulierung bedeutet dementsprechend, dass immer mehr klassisches institutionelles Geld in den Markt fließt. Auch das ist langfristig von Vorteil für die ganze Industrie. Auch 2021 beobachteten wir dasselbe wie schon die letzten Jahre zuvor: Es gab nicht mehr ein großes Event, das alles veränderte, sondern stetige Veränderungen, die den Markt gemeinsam reifen lassen.

Decentralized Finance zählt dieses Jahr zu den absoluten Rennern von Retail- und institutionellen Anlegern und scheint von einer Nische zu einem ernstzunehmenden Markt herangewachsen zu sein. Können dezentrale Finanzprodukte dem traditionellen Sektor in den nächsten Jahren tatsächlich Konkurrenz machen?

DeFi hat schon seine Berechtigung und ich bin überzeugt, dass aus diesem Bereich viele innovative Produkte entstehen werden, die auch breite Anwendung finden. Allerdings bin ich auch skeptisch, ob sich diese im Retail-Bereich etablieren können. Aus zwei Gründen: Einerseits aus Sicht der Usability, da User Verantwortung teilweise eher abgeben möchten. Wenn man bei DeFi einen Fehler macht, dann kann das einem teuer zu stehen kommen, da niemand da ist, der einem Support bietet. Der zweite Grund zur Skepsis ist der inhärente Zwist zwischen Decentralized Finance und Regulierung. Es wird wirklich eine Herausforderung werden, völlige Dezentralität beizubehalten ohne mit Gesetzen in Konflikt zu geraten. Diese Bedenken habe ich aber, wie gesagt, nur bezüglich des Retail-Bereichs. Bei B2B, etwa beim Settlement oder für Liquiditätsmärkte, sieht die Sache wieder ganz anders aus.

Könnten Security Token als Mittelweg zwischen DeFi-Wildwest und traditionellen Wertpapieren eine rechtlich sichere Lösung darstellen, um Markteffizienzen durch Dezentralisierung und neue Finanz-Innovationen einer breiten Masse zugänglich zu machen?

Ich bin mir diesbezüglich nicht sicher, ob das auch tatsächlich so funktionieren wird. Meiner Erfahrung nach kommt immer zuerst die Technologie und anschließend die Regulierung. Wenn der Markt mal größer wird und diese ersten Spielereien sich zu etwas Ernstzunehmenden entwickeln, dann wird auch die klassische Finanzregulierung einschreiten. Ich denke nicht, dass es zu diesem Zeitpunkt noch irgendwelche Schlupflöcher geben wird, die allzu großen Spielraum für Retailinvestoren lassen.

Die Einführung des ersten Bitcoin (Futures)-ETF in den USA hat dem Markt wieder Schwung verliehen. Wie bewertest du die aktuellen Entwicklungen bezüglich Krypto-Adoption und Akzeptanz?

Der Futures-ETF ist ja nicht notwendigerweise für Retail gedacht, sondern um Pensions- oder anderen Fonds ein Exposure gegenüber Bitcoin zu ermöglichen. Anhand des Volumens in den ersten Tagen lässt sich auch ableiten, dass dafür definitiv Nachfrage bestanden hat und der institutionelle Markt auf solche Produkte wartet. Die Einführung katapultiert Bitcoin und Krypto-Assets jedoch nicht von einem auf den anderen Tag ins Zentrum der etablierten Finanzwelt, ist aber wieder einer jener Schritte, die langfristig die Richtung bestim-

men. Regulierung und der klassische Finanzmarkt sind nicht so schnell wie unsere Industrie, doch ich bin davon überzeugt, dass wir in absehbarer Zeit auch einen ETF basierend auf „physischen Bitcoin“ für die breitere Masse sehen werden.

Auch in Europa hat sich die öffentliche Wahrnehmung geändert. Von der Drohung mit Verboten sind wir zu einem Diskurs über eine verhältnismäßige Regulierung gekommen. Wie schätzt du als CEO einer Kryptobörse mit Sitz in Wien die Stimmung ein?

Ich erwarte, dass MiCA (Markets in CryptoAssets = EU-weite Regulierung von KryptoAssets) nächstes Jahr umgesetzt wird und damit dem europäischen Finanzmarkt auf jeden Fall hilft, eine klare und systematische Regulierung zu bekommen. Momentan muss man noch mit 27 verschiedenen Regulatoren sprechen, wovon jeder eine andere Meinung hat und einen anderen Ansatz verfolgt. Es ist ein Irrglaube, dass wir heute einen harmonisierten Finanzplatz in Europa haben – regulatorisch sind wir absolut nicht synchron. MiCA ist ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung und wird meiner Meinung nach sehr positive Auswirkungen auf die Branche in Europa haben. Um gewisse Vorgaben bezüglich Geldwäsche oder Konsumentenschutz wird man nicht herumkommen und das ist auch gut so. Für den Markteintritt wird es zwar bestimmt Schwierigkeiten mit sich bringen, doch die Industrie insgesamt wird sich dadurch weiter in den Finanzmarkt integrieren. Wir sehen das mit unserer neuen White Label-Solution. Es gibt jetzt Banken und Finanzdienstleister, die ihren Kunden über unsere Technik und teilweise über unsere Lizenzen exakt das anbieten können, was wir schon seit Jahren machen.

Was sind eure weiteren Pläne für das aufkommende Jahr und mit welchen Herausforderungen seht ihr euch konfrontiert?

Unsere Stocks-Sparte wird uns definitiv noch weiter beschäftigen. Die Kombination aus fraktionalisierten Aktien und 24-Stunden-Trading wird in Zukunft ein absoluter Gamechanger sein. Wir planen demnächst unser Beta-Produkt aufzulösen und dann das richtige Produkt, so wie wir uns das in voller Ausgestaltung vorgestellt haben, zu präsentieren. Da steckt viel Arbeit drinnen! Unser Team in dem Bereich ist mittlerweile so riesig, der Kundenstock so groß und das Produkt so komplex, dass wir uns hier keine Fehler erlauben können. Auch sonst gehen uns die Ideen nicht aus. Nur um es zu veranschaulichen: Wir haben mittlerweile über 600 Leute, gleichzeitig aber auch über 350 offene Stellen! Zusätzlich machen wir auch acht bis zehn neue Büros in Europa und im Dezember einen neuen Campus mit über 8000 Quadratmetern in Wien auf. Mehr kann ich diesbezüglich zwar noch nicht verraten, aber wir haben auf jeden Fall reichlich in unseren Wiener Standort investiert.

www.bitpanda.com

V.l.n.r.: Christian Trummer (Gründer & CTO), Paul Klanschek (Gründer & CEO) und Eric Demuth (Gründer & CEO) der Bitpanda GmbH

ZU BITPANDA

Eric Demuth (34) ist einer von drei Gründern und einer von zwei CEOs der Wiener Kryptowährungsplattform Bitpanda. „Bitpanda wurde 2014 mit dem Ziel gegründet, das Investieren für alle zugänglich zu machen“, heißt es auf www.bitpanda.com. Mit nunmehr 600 Teammitgliedern und 3 Millionen Nutzern darf sich Bitpanda zu einem der florierendsten FinTechs Europas zählen. „Mithilfe einer PSD2Zahlungsdienstleisterlizenz, modernster Sicherheitstechnologien und optimierter Benutzererfahrung lässt sich in Aktien, Kryptowährungen oder Edelmetalle investieren.“ Auf der intuitiven Plattform ist man „ab nur einem Euro mit dabei“.

This article is from: