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Interview mit Jim Rogers

„Fossile Brennstoffe bleiben sehr interessant“

Die Investorenlegende Jim Rogers setzt aktuell auf Rohstoffe, vor allem auf Kohle, Uran, Silber und Zucker. Er kauft in Vietnam und Japan statt in China zu und spekuliert schon auf offene Grenzen zwischen Süd- und Nordkorea.

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JULIA KISTNER

Hi Jim, passend zum 250. Jubiläum der Wiener Börse einige Fragen zu Ihrer aktuellen Anlagestrategie. Schließlich hat Ihre Empfehlung für rot-weiß-rote Aktien in einem renommierten US-Investmentmagazin die Wiener Börse 1985 wachgeküsst. Sind Sie noch in Österreich investiert?

Ich liebe Österreich, wie Sie wissen, aber investiert bin ich hier nicht mehr. Ich habe vom jüngsten Höhenflug der Wiener Börse natürlich gehört, aber das macht sie für mich uninteressant. Ich mag nichts, was teuer ist. Ich halte Ausschau nach super günstigsten Investments – hoffentlich bald auch wieder auf Reisen. Ich suche das Abenteuer, auch beim Anlegen.

Und wo finden Sie das gerade?

Nicht bei Bonds, da sehe ich weltweit eine Blase. Anleihen waren in der Geschichte noch nie so teuer. Ich kaufe momentan auch keine Immobilien, auch hier gibt es vielerorts Blasen – denken sie nur an Korea oder Neuseeland. Aber selbst bei Aktien muss man selektieren: z.B. Amazon oder Samsung, diese Aktien steigen ständig und wir sehen auf den Aktienmärkten weltweit noch keine Blasen. Echt günstig sind derzeit aber Rohstoffe. Gold ist von seinem All Time High zehn bis 15 Prozent entfernt, Silber 60 Prozent und Zucker 70 Prozent. Viele Rohstoffpreise lagen im Oktober 50 bis 60 Prozent unter ihren Höchstständen. Da würde ich jetzt investieren.

Wo genau? In Silber oder Zucker? Uran ist in den letzten zwölf Monaten um 120 Prozent gestiegen. Ist das jetzt noch ein Investment wert?

Ich besitze noch Uran. Für einen Kauf wäre es mir aber jetzt schon zu teuer. Wie gesagt, Silber ist günstig. Wenn Silber und Gold noch weiter nachgeben, schlage ich zu – wobei ich Silber bei den derzeitigen Preisen attraktiver finde. Ich bin aber auch in Energie veranlagt und jetzt sogar Direktor einer Kohlemine in Indonesien, in die ich jüngst investiert habe. Ich liebe Gelegenheiten bei heruntergekommenen Unternehmen.

Befürchten Sie nicht bei den Debatten um den Klimaschutz in sogenannte Stranded Assets zu investieren?

Ja, natürlich. Ich sehe, dass weltweit die Menschen fordern, dass man Kohlekraftwerke schließt, Öl nicht mehr fördert und überhaupt aus fossilen Brennstoffen aussteigt. Das ist o.k., aber es gibt z.B. nicht genügend Elektrizität in China. Nicht einmal England hat genügend Energie, weder Öl noch Erdgas, geschweige denn Elektrizität oder genügend Atomkraft.

Ist Ihnen Klimaschutz nicht wichtig? Sie haben doch auch zwei junge Töchter?

Schauen Sie, es gibt nicht genügend Windenergie, schon gar nicht in den Emerging Markets. Die Preise für Kohle gehen durch die Decke. Niemand in Indonesien fordert, dass wir unsere Minen schließen. Im Gegenteil, sie wollen und brauchen mehr Kohle. Auch ich möchte auf Elektrizität nicht verzichten, das Licht einschalten können. Dafür brauchen wir derzeit einfach noch die fossile Energieträger.

Das heißt, das Kohleinvestment ist nur ein kurzfristiges?

Die Firma, bei der ich engagiert bin, hat nur noch Kohlereserven für ein paar Jahre. Ich mag auch keine verschmutzte Luft, wir wollen alle saubere Luft. Aber wenn man sorgsam mit den Ressourcen umgeht, kann man saubere Energie auch aus Kohle, Öl, etc. erzeugen. Ich denke, dass es in diese Richtung geht. Also, aus Investorensicht sind fossile Brennstoffe immer noch sehr interessant. Ich persönlich halte Atomkraft für die vielleicht sauberste und effizienteste Energie. Atomkraft wird in den nächsten Jahren beim Klimaschutz ein noch größeres Thema werden.

Würden Sie sich einen kleinen radioaktiven Kastor in den Garten stellen?

Natürlich müssen wir damit vorsichtig umgehen, damit wir die Welt nicht in die Luft sprengen. Wir hatten auch in den letzten fünfzig Jahren drei bis vier größere atomare Unfälle, das sind natürlich drei oder vier zu viel. Aber ohne Atomkraft wird die Energiewende nicht gelingen.

Gut, dann schlage ich die Brücke von gefährlicher Atomkraft nach Japan. Vor eineinhalb Jahren haben Sie mir japanische Aktien empfohlen. Das war ein guter Tipp! Ich bin froh, dass inzwischen viele bullish für Japan sind. Der Markt ist toll gelaufen und ich bleibe in meinen japanischen ETFs investiert. Die Börse Tokio ist immer noch 30 bis 40 Prozent von ihren All Time Highs entfernt. Es gibt wenig Dinge, die noch so günstig sind, schon gar nicht Aktienmärkte.

ZUR PERSON

Der 79-jährige Finanzinvestor, Mehrfach-Millionär und Bestseller-Autor begründete in den 70er Jahren gemeinsam mit Georg Soros den berühmten Quantum-Hedgefonds, wurde reich, kündigte mit 37 Jahren und fuhr mit seinem Motorrad mehrfach um die Welt. Auch um seine künftigen Investmentziele zu bereisen, darunter Österreich. 1985 küsste der amerikanische Globetrotter mit seinen Investmentempfehlungen im US-Börsenmagazin Barrons die Wiener Börse wach. Seit 2007 lebt der 79-jährige Vater von zwei Töchtern in Singapur, um im asiatischen Jahrhundert mitten im Geschehen zu sein. Jim ist auch der Vater des Rogers International Commodities Index (RICI), er setzt nach wie vor auf Emerging Markets und Rohstoffe.

Was ist mit China? Ein Markt, auf den Sie schon seit einem Jahrzehnt schwören?

Auch wenn ich nach wie vor kein anderes Land sehe, dass das wichtigste im 21. Jahrhundert sein wird, heißt das nicht, dass China keine Probleme hat – so wie jedes Land, das aufsteigt. Wir sehen dort gerade die großen Immobilienpleiten und die Regierung lässt Unternehmen, die Fehler gemacht haben, jetzt insolvent gehen. Ich wünschte, das würde auch Washington und London tun. Aber natürlich gefällt mir nicht, wie Peking Unternehmen reguliert, aber dort herrschten kaum Wirtschaftsgesetze. Wenn jemand 100 Millionen brauchte, bekam er sie rasch geborgt – ohne Regulierung, ohne Kontrollen, ein reines Desaster. Da hat Peking jetzt eingegriffen. Vielleicht zu spät, aber jeder hat in der Wachstumsphase gröbere Probleme. Selbst die Habsburger Monarchie ging daran zu Grunde. Ich habe in China zuletzt nichts gekauft.

Wo in Asien sehen Sie dann derzeit Gelegenheiten?

Ich schaue mir Vietnam genauer an und ich besitze seit längerem koreanische Aktien. Dort spekuliere ich mit einer Öffnung der Grenze zwischen Nord- und Südkorea in den nächsten Jahren. Dann wird das ein sehr aufregendes Land sein und für Investoren äußerst interessant.

Was ist mit Taiwan?

Ich bin dort nicht investiert, weil ich nicht weiß, was passieren wird. Ich sage es als Amerikaner nicht gerne, aber in Washington gibt es einige Leute, die Krieg wollen – in der 250-jährigen Geschichte der USA gab es nur 16 Jahre ohne Kriege. Aber das wäre für niemanden gut, schon gar nicht für die USA. Wobei ich mir generell Sorgen um die USA mache, über die Entwicklung der Steuern und Schulden. Und auch über den dortigen Aktienmarkt, wo wir schon seit 12 Jahren einen Bullenmarkt sehen. Wenn dort die Kurse einbrechen, tun sie das auch weltweit.

Sie lieben vernachlässigte Märkte. Sehen Sie da nicht in Südamerika Potenzial?

Wenn es US-Bürgern erlaubt wäre, würde ich in Venezuela investieren. Ich bin ein wenig in Kolumbien investiert, in Cannabis-Unternehmen. Ich bin überzeugt, dass mehr und mehr Staaten Cannabis aus medizinischen Gründen legalisieren werden.

Was ist mit Bitcoin, ist das nicht Abenteuer für Sie?

Bitcoin ist in jedem Fall eine reine Spekulation. Da gibt es nichts, was man sonst mit Bitcoin machen könnte. Und wenn Bitcoin tatsächlich als Währung erfolgreich würde, würden die meisten Staaten Bitcoin einfach verbieten – was in manchen Staaten ja schon geschehen ist. Nochmals: Momentan haben die Kapitalmärkte und auch die Realwirtschaft eine wunderbare Zeit. Aber leider weiß ich auch, dass dies irgendwann einmal endet. Ich habe diesen Film nicht zum ersten Mal gesehen.

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