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Corona-Impfstoff

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Retter in der Not

Nach dem Jahreswechsel werden auch in Österreich Corona-Impfstoffe zur Verfügung stehen. Doch die Impfbereitschaft ist hierzulande noch sehr verhalten. Kann man den so rasch entwickelten Substanzen vertrauen?

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MARIO FRANZIN

Die Corona-Impfung ist ein Segen. Nach dem aktuellen Stand der Forschung spricht alles dafür, dass sich vor allem Risikogruppen damit vor einer Erkrankung schützen sollten.

Ende Dezember/Anfang Jänner wird in Europa mit der Zulassung des SARS-CoV-2-Impfstoffes von Pfizer/ BioNTech gerechnet. Den entsprechenden Antrag stellte Pfizer Anfang Dezember, Moderna sogar kurz zuvor – dieser dürfte aber aufgrund nachzureichender Dokumentationen etwas später zugelassen werden. Neben diesen beiden mRNA-Impfstoffen ist auch bereits AstraZeneca in Kooperation mit der Universität von Oxford knapp vor der Zulassung ihres Vektor-Impfstoffes gegen SARSCoV-2. Parallel zum Zulassungs-Prozess werden bereits zig-millionenfach ImpfstoffDosen produziert und europaweit entsprechende Logistikketten organisiert, was z.T. nicht ganz einfach ist – die Impfstoffe von Moderna und Pfizer müssen z.B. bei minus 70° bis minus 80° Celsius transportiert werden. Jener von AstraZeneca hingegen nur bei Kühlschranktemperaturen.

Andere Länder preschen vor

Andernorts ist man bereits zu Impfkampagnen übergegangen. So wurden in China seit Anfang November rund eine Million Chinesen mit dem Impfstoff von Sinopharm immunisiert (Tot-Impfstoff), drei weitere Kandidaten befinden sich in klinischer Phase III. Der Impfstoff von Sinopharm, der laut Prüfung in den Arabischen Emiraten (VAE) eine Wirksamkeit von 86 Prozent haben soll, wird auch schon exportiert – z.B. wird er in den VAE, Marokko oder Peru eingesetzt. Russland ließ seinen Impfstoff „Sputnik V“, der wiederum auf Vektoren (wie jener von AstraZeneca) basiert, bereits im August zu und impft nach zwischenzeitlichen Produktionsproblemen nun massenweise. Mit bisher 42.000 Corona-Toten und täglichen Neuinfektionen von knapp 30.000, gibt es in Russland eine landesweite Impfaktion, bei der vorerst Personen aus Risikogruppen und deren Angehörige geimpft werden. Sogar in Großbritannien wurde Pfizer/BioNTech am 2. Dezember eine Notfallzulassung erteilt und öffentlichkeitswirksam am 8. Dezember die ersten Kandidaten geimpft. Kanada folgte am 9. Dezember. Notfall-Zulassung heißt aber, dass der Impfstoff vor der offiziellen Zulassung nur für besondere Risikogruppen verwendet werden darf. Etwas weiter gespannt ist die bedingte Marktzulassung, um die Moderna und Pfizer in der EU angesucht haben. Hier prüft die European Medicines Agency (EMA) die Impfstoffe akribisch hinsichtlich Wirksamkeit und Sicherheit und gibt dann eine Handlungsempfehlung ab, die für den Pfizer-Impfstoff am 29. Dezember erwartet wird – die Umsetzung würde dann kurz danach erfolgen. Die Daten von Moderna werden übrigens am 12. Jänner von der EMA diskutiert.

„Wir wissen, dass nur ein sicherer und wirksamer Impfstoff eine langfristige Lösung gegen diese Pandemie bietet.“

Ursula von der Leyen, Präsidentin der EU-Kommission „Wir erteilen eine bedingte Marktzulassung auch in Notfällen nur, wenn der Impfstoff sicher und wirksam ist.“

Emer Cooke, Chefin der Europäischen Arzneimittel-Agentur (EMA)

War die Entwicklung zu schnell?

Auf der einen Seite sehnen sich viele nach einem Impfstoff, der alle sozialen und wirtschaftlichen Pandemie-Symtome beenden könnte, auf der anderen Seite sind rund drei Viertel aller Österreicher entweder noch unschlüssig, sich impfen zu lassen, oder lehnen es überhaupt ab. Es plagt sie die Sorge, dass die in extrem kurzer Zeit entwickelten Impfstoffe zu ernsten Nebenwirkungen führen könnten. Besonders die als neue Wundermittel angepriesenen Impfstoffe auf mRNABasis (von Pfizer/BioNTech, Moderna und CureVac) seien in Fachkreisen noch umstritten. Doch das scheint auf zahlreichen Fehlinformationen zu beruhen, denn so neu ist der mRNA-Impfstoff wiederum auch nicht. „Seit 2013 gibt es mit mRNA-Impfstoffen bereits klinische Studien an Menschen gegen andere Infektionskrankheiten. Die Studien sind zum Teil sogar schon abgeschlossen“, meint Florian Krammer, Professor für Vaccinologie an der Icahn School of Medicine in New York. Außerdem wurden Behandlungen mit mRNA ursprünglich als probates Mittel gegen Krebserkrankungen entwickelt (z.B., um den Tumor Growth Faktor, TGF, zu hemmen) – im Zuge dessen wurden umfangreiche Erfahrungen gemacht. Warum die Impfstoffentwicklung in der Corona-Krise nun wesentlich rascher als üblich vonstatten ging, ist nicht auf Hudelei zurückzuführen, als vielmehr auf die Unsummen an Fördermittel, die es den Pharmafirmen ermöglichte, ohne finanzielles Risiko sofort breite Feldstudien durchzuführen. Diese kosten in der Regel immerhin mehrere hundert Millionen Euro. Parallel dazu wurden die Behörden ständig über die Ergebnisse informiert (Rolling-Review-Verfahren), ein Prozess, der sonst üblicherweise erst im Anschluss an eine abgeschlossene Studie erfolgt. Mit diesem Vorgehen wurde viel Zeit gespart, die sonst einfach in der Bürokratie verloren gegangen wäre. Und nicht zuletzt wurde die Massenproduktion der Impfstoffe, die bereits auf vollen Touren läuft, staatlich vorfinanziert. Alleine wäre kein Pharmaunternehmen so ein finanzielles Risiko eingegangen.

Risiko-Abschätzung

Jeder Impfstoff ist prinzipiell mit Nebenwirkungen behaftet, die in der Regel Tage bis Monate nach der Impfung auftreten. Das gilt sowohl für die Masern-, Mumps-, Polio- und FSME- bis hin zur Grippeimpfung. Zu unterscheiden sind hier jedoch Nebenwirkungen (Rektogenität), die in Folge einer normalen Immunantwort häufig auftreten, wie lokale Gewebereizung, Kopfweh, Müdigkeit und leicht erhöhte Temperatur, und keine Besorgnis darstellen, von den schweren Impfschäden, die auch bei jeder Impfung möglich, aber äußerst unwahrscheinlich sind – z.B. das Guillain-Barré-Syndrom mit einer Häufigkeit von etwa 1:1.000.000 nach einer Grippeimpfung. Den SARS-CoV-2-Impfstoff von Pfizer, Moderna und CureVac erhielten seit Juli etwa 50.000 Patienten, wobei hier bislang keine gravierenden Nebenwirkungen festgestellt wurden. Auch wenn in ganz seltenen Fällen noch welche auftreten könnten, muss man diesen das Risiko eines schweren Covid-Verlaufes und der Letalität – besonders in den Risikogruppen – gegenüberstellen. Die Sterblichkeit liegt bei rund 1:100, schwere Nebenwirkungen bei Impfungen vielleicht bei etwa 1:1.000.000. Da muss nun jeder für sich entscheiden, welches für ihn das geringere Risiko darstellt. „So neu sind mRNAImpfstoffe auch wieder nicht. Es gibt damit klinische Studien an Menschen bereits seit 2013.“

Florian Krammer, Professor für Vaccinologie, Icahn School of Medicine

mRNA-Impfstoff

Drei der führenden SARS-CoV-2-Impfstoffhersteller setzen auf die mRNATechnik (Moderna, Pfizer/BioNTech und CureVac). Dabei wird der Bauplan des viralen Spikeproteins in Form eines spezifischen mRNA-Stranges geimpft, wonach die Körperzellen das Protein produzieren. Auf dieses reagiert das Immunsystem mit einer zellulären Abwehrreaktion (T-Zellen) und einer Antikörperproduktion (B-Zellen). Das Konzept dieser neuartigen Impfstoffe ist genial, doch mögliche langfristige schwere Nebenwirkungen sind noch wenig erforscht. Dazu kursieren drei Fragen: Kann es nach der Immunisierung zu einer vermehrten Produktion sogenannter maskierender Antikörper kommen? Das würde die Schwere der Krankheit erhöhen anstatt sie zu verringern. Das wurde bislang nicht gesehen. Zweitens: Könnte die mRNA zu DNAStücken umkopiert werden und damit das Genom verändern? Das ist praktisch ausgeschlossen, weil Körperzellen über keine RNA-Polymerasen verfügen. Und drittens wird befürchtet, dass als Spätfolge der mRNA-Impfungen vermehrt Autoimmunerkrankungen auftreten könnten, da körpereigene Zellen fremdartige Proteine produzieren und damit u.U. selbst ins Schussfeld des Immunsystems geraten könnten. Das ist bislang nur Theorie.

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