100 Jahre Wasserturm Böhlitz-Ehrenberg

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1912 – 2012

Wassertürme Zeitzeugen der Industrialisierung it Beginn des 20. Jahrhunderts Vor der Errichtung von Wasserwerken brachte die industrielle Entwick- und -türmen wurde bis 1866 in Leipzig lung eine rasante Urbanisierung mit das Wasser über die mittelalterlichen sich. Die Städte wuchsen schnell. Das Wasserkünste aus der Mühlpleiße führte aber auch zu Problemen. So gewonnen. Über Kolbenpumpen wurkonnten die Wasserversorgungsanlagen den hier durch Wasser- oder Muskelkraft den steigenden Bedarf nicht mehr Schaufelräder oder Tretscheiben angeabdecken. Destrieben, die das halb wurden nach Wasser über Steigenglischem Vorleitungen in einen bild Wassertürme Hochbehälter im errichtet (in EngObergeschoss des land hatte man Gebäudes beförschon mehrere derten. Von dort Jahre Erfahrung aus floss es im freiim Wasserturmen Fall zu den bau). WasserabnahmeZwei Aufgaben stellen. Die Hochhatten diese neubehälter hatten en Wassertürme allerdings nur gezu erfüllen: ringe SpeicherkaErstens: Zwischenpazität. speicherung des Im Jahr 1866 Wassers für den nahm die Stadt Ausgleich von Wasin Connewitz auf serabnahmespitdem Areal der Wassertürme hielten zu Beginn des zen. Die Förderehemaligen Stadt20. Jahrhunderts Einzug in Deutschland. leistung des Wasgärtnerei das ersserwerkes wird Eine Skizze mit Höhenangaben zum Böhlitz- te Wasserwerk von Ehrenberger Wasserturm so mit von den taLeipzig in Betrieb. geszeitlichen Ver1887 und 1896 brauchsschwankungen abgekoppelt. folgten die beiden Wasserwerke in Zweitens: Herstellung des notwendigen Naunhof sowie 1912 das Wasserwerk in Drucks zur Versorgung von höherliegen- Canitz und 1943 das Wasserwerk Thallden Verbrauchern. witz. Hinzu kamen die besagten Wasser-

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100 JAHRE WASSERTURM BÖHLITZ-EHRENBERG türme. Der erste Turm entstand 1897 in Möckern. Später folgten 14 weitere Türme, die über 620.000 Menschen der Region mit Wasser versorgten. Die Speichervermögen der »Riesen« war sehr unterschiedlich. Der Borsdorfer Wasserturm hatte einen Wasserbehälter, der 300 m3 fasste, der Schkeuditzer Turm nahm 500 m3 Wasser auf. Das größte Fassungsvermögen hat der Turm in Probstheida: 1.500 m3 Wasser speichert dieser. Die Türme unterscheiden sich aber nicht nur in der Größe der Wasserbehälter, sondern auch in deren Bauweise. So gibt es Türme mit Flachbodenbehälter und Hängebodenbehälter sowie nach deren Entwicklern benannten Barkhausen-Behälter, Klönne-Behälter sowie Itze1- und Itze2-Behälter, die sich in ihrer Bauweise sehr unterscheiden. Wer sich für die verschiedenen Bauweisen interessiert, dem sei die Homepage von Wassermeister Andreas Rudolph ans Herz gelegt, die unter www.wassertuerme.gmxhome.de zu erreichen ist. Die Zeit der Wassertürme scheint aber abgelaufen. Da die Gebäudehöhen der Wohn- und Industriebauten mit der Zeit immer weiter anstiegen, konnte ein gleichmäßiger Wasserdruck in den oberen Etagen nicht mehr gewährleistet werden. Zunächst sicherten zusätzliche Pumpstationen den Wasserdruck. Später ersetzten diese Pumpstationen die Funktion des Wasserturms. Heute sind nur noch drei dieser 15 Türme in Leipzig in Betrieb. Dies sind die Türme in Engelsdorf (Baujahr 1913), Probstheida (Bj. 1907) und Zwenkau (Bj. 1904). Der Wasserturm von BöhlitzEhrenberg ging im Jahr 2006 vom Netz.

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Wassertürme Zeitzeugen der Industrialisierung it Beginn des 20. Jahrhunderts Vor der Errichtung von Wasserwerken brachte die industrielle Entwick- und -türmen wurde bis 1866 in Leipzig lung eine rasante Urbanisierung mit das Wasser über die mittelalterlichen sich. Die Städte wuchsen schnell. Das Wasserkünste aus der Mühlpleiße führte aber auch zu Problemen. So gewonnen. Über Kolbenpumpen wurkonnten die Wasserversorgungsanlagen den hier durch Wasser- oder Muskelkraft den steigenden Bedarf nicht mehr Schaufelräder oder Tretscheiben angeabdecken. Destrieben, die das halb wurden nach Wasser über Steigenglischem Vorleitungen in einen bild Wassertürme Hochbehälter im errichtet (in EngObergeschoss des land hatte man Gebäudes beförschon mehrere derten. Von dort Jahre Erfahrung aus floss es im freiim Wasserturmen Fall zu den bau). WasserabnahmeZwei Aufgaben stellen. Die Hochhatten diese neubehälter hatten en Wassertürme allerdings nur gezu erfüllen: ringe SpeicherkaErstens: Zwischenpazität. speicherung des Im Jahr 1866 Wassers für den nahm die Stadt Ausgleich von Wasin Connewitz auf serabnahmespitdem Areal der Wassertürme hielten zu Beginn des zen. Die Förderehemaligen Stadt20. Jahrhunderts Einzug in Deutschland. leistung des Wasgärtnerei das ersserwerkes wird Eine Skizze mit Höhenangaben zum Böhlitz- te Wasserwerk von Ehrenberger Wasserturm so mit von den taLeipzig in Betrieb. geszeitlichen Ver1887 und 1896 brauchsschwankungen abgekoppelt. folgten die beiden Wasserwerke in Zweitens: Herstellung des notwendigen Naunhof sowie 1912 das Wasserwerk in Drucks zur Versorgung von höherliegen- Canitz und 1943 das Wasserwerk Thallden Verbrauchern. witz. Hinzu kamen die besagten Wasser-

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100 JAHRE WASSERTURM BÖHLITZ-EHRENBERG türme. Der erste Turm entstand 1897 in Möckern. Später folgten 14 weitere Türme, die über 620.000 Menschen der Region mit Wasser versorgten. Die Speichervermögen der »Riesen« war sehr unterschiedlich. Der Borsdorfer Wasserturm hatte einen Wasserbehälter, der 300 m3 fasste, der Schkeuditzer Turm nahm 500 m3 Wasser auf. Das größte Fassungsvermögen hat der Turm in Probstheida: 1.500 m3 Wasser speichert dieser. Die Türme unterscheiden sich aber nicht nur in der Größe der Wasserbehälter, sondern auch in deren Bauweise. So gibt es Türme mit Flachbodenbehälter und Hängebodenbehälter sowie nach deren Entwicklern benannten Barkhausen-Behälter, Klönne-Behälter sowie Itze1- und Itze2-Behälter, die sich in ihrer Bauweise sehr unterscheiden. Wer sich für die verschiedenen Bauweisen interessiert, dem sei die Homepage von Wassermeister Andreas Rudolph ans Herz gelegt, die unter www.wassertuerme.gmxhome.de zu erreichen ist. Die Zeit der Wassertürme scheint aber abgelaufen. Da die Gebäudehöhen der Wohn- und Industriebauten mit der Zeit immer weiter anstiegen, konnte ein gleichmäßiger Wasserdruck in den oberen Etagen nicht mehr gewährleistet werden. Zunächst sicherten zusätzliche Pumpstationen den Wasserdruck. Später ersetzten diese Pumpstationen die Funktion des Wasserturms. Heute sind nur noch drei dieser 15 Türme in Leipzig in Betrieb. Dies sind die Türme in Engelsdorf (Baujahr 1913), Probstheida (Bj. 1907) und Zwenkau (Bj. 1904). Der Wasserturm von BöhlitzEhrenberg ging im Jahr 2006 vom Netz.

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1912 2012 1912 –– 2012

Bau des Wasserturms Ein Jahrhundert im Zeitraffer nde 1911, Anfang 1912 begannen dann schließlich die Bauarbeiten am Wasserwerk auf Gundorfer Flur. Zur Aufrechterhaltung eines gleichmäßigen Wasserdrucks und zur Aufspeicherung

E

von größeren Wassermengen für die rasche Entnahme wurde der Bau eines Hochbehälters unumgänglich. Die Suche für den Bauplatz des Wasserturms mit Hochbehälter dauerte nicht lange. In unmittelbarer Nähe der neuen Schule begannen ebenfalls 1911/12 die Arbeiten an dem zukünftigen Wahrzeichen von Böhlitz-Ehrenberg. Ausgeführt wurde der Bau unter der Leitung von Maurermeister August Schirmer. Als Wasserbehälter sollte ein Hängebodenbehälter dienen.

Diese Behälterart, ursprünglich von dem Franzosen Dupuit im Jahr 1855 erfunden und von zirka 1870 bis 1915 in Deutschland verwendet, wurde aus eisernen Blechen zusammengenietet. Der Vorteil gegenüber dem Flachbodenbehälter ist, dass die Biegespannung des Behälters nicht mehr nach allen Seiten gegeben ist, sondern nur auf den Behälterboden. Außerdem ist der Behälterboden frei zugänglich. Der Hochbehälter hatte ein Fas-

Der Bau des Wasserturms (links) wurde in den Jahren 1911/12 durch Maurermeister Schirmer begonnen

Der Bau des Wasserturms schritt schnell voran. Links zu erkennen die Pestalozzischule. Ursprüngliche Bauskizze des Wasserturms (rechts)

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sungsvermögen von 450 m3 und einen Durchmesser von 10 m sowie eine Höhe von 8,2 m. Der Wasserstand im Hochbehälter betrug 6 m. Für den Bau des Wasserwerks und des Wasserturms waren insgesamt 300.000 Mark vorgese-


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1912 2012 1912 –– 2012

Bau des Wasserturms Ein Jahrhundert im Zeitraffer nde 1911, Anfang 1912 begannen dann schließlich die Bauarbeiten am Wasserwerk auf Gundorfer Flur. Zur Aufrechterhaltung eines gleichmäßigen Wasserdrucks und zur Aufspeicherung

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von größeren Wassermengen für die rasche Entnahme wurde der Bau eines Hochbehälters unumgänglich. Die Suche für den Bauplatz des Wasserturms mit Hochbehälter dauerte nicht lange. In unmittelbarer Nähe der neuen Schule begannen ebenfalls 1911/12 die Arbeiten an dem zukünftigen Wahrzeichen von Böhlitz-Ehrenberg. Ausgeführt wurde der Bau unter der Leitung von Maurermeister August Schirmer. Als Wasserbehälter sollte ein Hängebodenbehälter dienen.

Diese Behälterart, ursprünglich von dem Franzosen Dupuit im Jahr 1855 erfunden und von zirka 1870 bis 1915 in Deutschland verwendet, wurde aus eisernen Blechen zusammengenietet. Der Vorteil gegenüber dem Flachbodenbehälter ist, dass die Biegespannung des Behälters nicht mehr nach allen Seiten gegeben ist, sondern nur auf den Behälterboden. Außerdem ist der Behälterboden frei zugänglich. Der Hochbehälter hatte ein Fas-

Der Bau des Wasserturms (links) wurde in den Jahren 1911/12 durch Maurermeister Schirmer begonnen

Der Bau des Wasserturms schritt schnell voran. Links zu erkennen die Pestalozzischule. Ursprüngliche Bauskizze des Wasserturms (rechts)

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sungsvermögen von 450 m3 und einen Durchmesser von 10 m sowie eine Höhe von 8,2 m. Der Wasserstand im Hochbehälter betrug 6 m. Für den Bau des Wasserwerks und des Wasserturms waren insgesamt 300.000 Mark vorgese-


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Obrigkeit natürlich nicht und so wurde die Staatssicherheit auf den Fall angesetzt – ohne Erfolg. Die »Übeltäter« wurden nie gefasst. Direkt neben dem Wasserturm befand sich seit 1909 die Wache der Freiwilligen Feuerwehr von BöhlitzEhrenberg. Die Freiwillige Feuerwehr Böhlitz-Ehrenberg wurde bereits im Jahr 1890 nach einem Aufruf des Gemeindevorstandes, Bernhardt Leisebein, gegründet. »Heinrich-Heine-Straße« in westlicher Richtung zu DDR-Zeiten (oben links) und heute (oben rechts)

Nachdem der Bau eines Feuerlöschdepots in der »Südstraße« keine baupolizeiliche Genehmigung erhielt, fand die Feuerwache in der »Bielastraße« ihr zu Hause. Nach jahrelangem Kampf erhielt die Böhlitz-Ehrenberger Feuerwehr im Jahr 2007 ein neues Feuerwehrgerätehaus. Dieses befindet sich allerdings nicht mehr an gewohnter Stelle in der »Bielastraße«, sondern an der »Schönauer Landstraße«. Die feierliche Einweihung des neuen Feuerwehrdepots fand am 19.12.2007 statt. Blick auf den Wasserturm aus Richtung Süden (unten). Links am Bildrand ist die Pestalozzischule zu erkennen

Alte Postkarten mit dem Wasserturm als Motiv (Mitte)

»Bielastraße« in südlicher Richtung


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Obrigkeit natürlich nicht und so wurde die Staatssicherheit auf den Fall angesetzt – ohne Erfolg. Die »Übeltäter« wurden nie gefasst. Direkt neben dem Wasserturm befand sich seit 1909 die Wache der Freiwilligen Feuerwehr von BöhlitzEhrenberg. Die Freiwillige Feuerwehr Böhlitz-Ehrenberg wurde bereits im Jahr 1890 nach einem Aufruf des Gemeindevorstandes, Bernhardt Leisebein, gegründet. »Heinrich-Heine-Straße« in westlicher Richtung zu DDR-Zeiten (oben links) und heute (oben rechts)

Nachdem der Bau eines Feuerlöschdepots in der »Südstraße« keine baupolizeiliche Genehmigung erhielt, fand die Feuerwache in der »Bielastraße« ihr zu Hause. Nach jahrelangem Kampf erhielt die Böhlitz-Ehrenberger Feuerwehr im Jahr 2007 ein neues Feuerwehrgerätehaus. Dieses befindet sich allerdings nicht mehr an gewohnter Stelle in der »Bielastraße«, sondern an der »Schönauer Landstraße«. Die feierliche Einweihung des neuen Feuerwehrdepots fand am 19.12.2007 statt. Blick auf den Wasserturm aus Richtung Süden (unten). Links am Bildrand ist die Pestalozzischule zu erkennen

Alte Postkarten mit dem Wasserturm als Motiv (Mitte)

»Bielastraße« in südlicher Richtung


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nalen Wasserwerke Leipzig (KWL) und der Ortschaftsrat in die neue Spitze, die nach alten Planvorlagen angefertigt wurde, eine Metallhülse einsetzen, in der Erinnerungsstücke hinterlegt wurden. Laut der Homepage der Kommunalen Wasserwerke sind dies u. a. ein Satz Münzen, Baupläne, eine Tageszeitung und die Broschüre »Die Straßen von Böhlitz-Ehrenberg«. Am 27. Oktober 2006 brachten die Bauarbeiter diese neue Spitze auf dem Turmdach an. Schlussendlich erhielt der Wasserturm noch neue Fenster und eine rekonstruierte Eingangstür. Ursprünglich war auch geplant, den 450 m3 großen Wasserbehälter zu renovieren. Die Fachleute mussten aber feststellen, dass der Wasserbehälter schadhafter war, als zuvor angenommen. Deshalb konzentrierte man sich auf die Außenfassade des Gebäudes und

Fortsetzung auf S. 30 }

Demontage der alten Turmspitze (oben) und Montage der neuen Spitze (unten)

BILD KWL???

Blick in den Innenraum des Wasserturms (oben) und auf den Wasserbehälter, der 450 m3 Wasser speicherte (Mitte)

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BILD KWL???

Das Böhlitz-Ehrenberger Wahrzeichen erstrahlt nach der Sanierung im Jahr 2006 in neuem Glanz (unten)


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nalen Wasserwerke Leipzig (KWL) und der Ortschaftsrat in die neue Spitze, die nach alten Planvorlagen angefertigt wurde, eine Metallhülse einsetzen, in der Erinnerungsstücke hinterlegt wurden. Laut der Homepage der Kommunalen Wasserwerke sind dies u. a. ein Satz Münzen, Baupläne, eine Tageszeitung und die Broschüre »Die Straßen von Böhlitz-Ehrenberg«. Am 27. Oktober 2006 brachten die Bauarbeiter diese neue Spitze auf dem Turmdach an. Schlussendlich erhielt der Wasserturm noch neue Fenster und eine rekonstruierte Eingangstür. Ursprünglich war auch geplant, den 450 m3 großen Wasserbehälter zu renovieren. Die Fachleute mussten aber feststellen, dass der Wasserbehälter schadhafter war, als zuvor angenommen. Deshalb konzentrierte man sich auf die Außenfassade des Gebäudes und

Fortsetzung auf S. 30 }

Demontage der alten Turmspitze (oben) und Montage der neuen Spitze (unten)

BILD KWL???

Blick in den Innenraum des Wasserturms (oben) und auf den Wasserbehälter, der 450 m3 Wasser speicherte (Mitte)

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Das Böhlitz-Ehrenberger Wahrzeichen erstrahlt nach der Sanierung im Jahr 2006 in neuem Glanz (unten)


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