DAS WASSER MIT STERN
DAS WASSER MIT STERn
voM glück, einen schatz der natur Pflegen zu dürfen 1888 wird bei der Suche nach natürlicher Kohlensäure eine artesische Quelle entdeckt. Ein Ereignis, das über 125 Jahre vielen Familien in der Eifel und ihrer Umgebung Arbeit, Einkommen und Halt schenken sollte. Ein Quellfund, der nicht nur Ausgangspunkt der Entwicklung eines der wichtigsten Mineralbrunnenbetriebe Deutschlands und weltweit werden sollte, sondern auch Einfluss hatte auf die Region und ihre Menschen. Bis heute sind wir – Geschäftsführung und
zum Jubiläum ist allen Menschen gewid-
Sie soll uns zum anderen Mut machen,
Mitarbeiter des Gerolsteiner Brunnen –
met, die sich in den letzten 125 Jahren
unsere Zukunft in der guten Tradition
uns dieser besonderen Verantwortung,
um die Marke Gerolsteiner verdient ge-
unserer Vorgänger fleißig und auf der Basis
aber auch dieses besonderen Glücks
macht haben. Auch wenn natürlich nur
unserer gemeinsamen Werte mit glück-
bewusst. Wir sind dankbar dafür, diesen
einige wenige persönlich genannt wer-
licher Hand zu gestalten.
einzigartigen Schatz der natur mit seinem
den können und jede historische Be-
so gut mineralisierten und so erfrischend
trachtung selbst bei größtem Bemühen
Wir hoffen, dass diejenigen, die in
schmeckenden Wasser hüten und pflegen
immer unvollständig bleiben muss, soll
125 Jahren beim 250. Jubiläum der Marke
zu dürfen. Aber wir wissen auch, wie
der Rückblick auf die Zeit seit 1888 doch
Gerolsteiner auf unsere Anstrengungen
zerbrechlich eine intakte natur in den
vor allem zwei Zwecke erfüllen: Er soll
und die unserer nachfolger zurückschauen
letzten Jahrzehnten – selbst in einer so
zum einen die Leistungen aller Men-
werden, so zufrieden mit uns sein kön-
wunderschönen
ursprünglichen
schen würdigen, die zur großartigen
nen, wie wir es mit unseren Vorgängern
Landschaft wie der Eifel – geworden ist.
Entwicklung der Marke und des Unter-
sind. Packen wir es an!
Das macht die Herausforderung, diesen
nehmens beigetragen haben, und unsere
Schatz für die nächsten 125 Jahre zu
Hochachtung für diese Leistungen zum
bewahren, umso größer. Dieses Buch
Ausdruck bringen.
und
Axel Dahm
inhalt GRÜnDUnG DES GEROLSTEInER BRUnnEn
VERPACKUnG UnD InnOVATIOn
Seite 5
Seite 77
TRInKGEWOHnHEITEn IM WAnDEL
HERKUnFT UnD QUALITÄT
Seite 25
Seite 99
AUS DER REGIOn In DIE WELT
KOMMUnIKATIOn
Seite 49
Seite 119
REGISTER Seite 139
GRÜnDUnG DES GEROLSTEInER BRUnnEn
Die Eifelstadt, in der alles seinen Anfang nahm: Gerolstein um 1900.
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GRĂœnDUnG
die ursPrünge in der vulkaneifel Fast so alt wie die Geschichte der Region Eifel ist auch die der Mineralwasser- und Kohlensäurequellen in Gerolstein. Der Fund eines Steinbeils 1778 im Sidinger Drees – der ältesten bekannten Quelle in Gerolstein – lässt darauf schließen, dass diese schon in der Steinzeit als Trinkquelle genutzt wurde. Auch bei den in der Vulkaneifel siedeln-
residierte, ließ zwischen 1724 und 1726
den Römern genossen die zahlreichen
durch den kurtrierischen Ingenieur Kirn
Gerolsteiner Quellen – und besonders der
den Sidinger Drees neu erschließen. Um
Sidinger Drees – ein hohes Ansehen. Sie
ihn rein zu halten, verhinderte er den
sagten dem Wasser gar eine wundertätige
Zulauf des Flusses Kyll und auch den
Wirkung nach. Diese antiken Siedler fass-
Zustrom von Regenwasser. Die damaligen
ten den Sidinger Drees mit kunstvollen
Mediziner überzeugten ihn, diesen Schritt
Eine der rund 150 antiken
Votivtafeln ein und verliehen so ihrer
zu gehen. Sie waren der Meinung, dass
römischen Münzen aus
Dankbarkeit und Ehrerbietung Ausdruck.
das Gerolsteiner Wasser ein Heilmittel
dem Sidinger Drees.
Rund 150 römische Münzen, zumeist aus
gegen Gallen- und Blasenleiden sowie
der Zeit des Kaisers Maximinus, der Anfang
gegen Impotenz sei. Besonders Letzteres
des 3. Jahrhunderts n. Chr. regierte, fanden
stieß auf offene Ohren bei Graf Mander-
sich im Drees. Auch sie waren wahrschein-
scheid, dessen Ehe bis zu diesem Zeit-
lich zur Huldigung des Gewässers ge-
punkt kinderlos geblieben war. nach der
dacht. Durch den Kulturzusammenbruch
erfolgreichen neuerschließung des Dree-
zu Zeiten der Völkerwanderung, dem
ses ließ er Tonkrüge mit hoheitlichem
Abrutschen ins „finstere Mittelalter“, gerie-
Familienwappen anfertigen und mit dem
ten diese Quellen jedoch zunehmend in
Gerolsteiner Wasser füllen. Gleichzeitig
Vergessenheit.
errichtete er in seinem Haus in Köln eine Verkaufsniederlassung, die das Wasser
Als frühester Begründer der Eifeler und
nicht nur ins Rheinland, sondern sogar bis
insbesondere der Gerolsteiner Mineral-
nach Holland verkaufte.
brunnenindustrie ist Graf Franz Georg von Manderscheid-Blankenheim anzusehen. Der Graf, der auf Schloss Gerolstein
GRÜnDUnG
7
Eine Region wird erschlossen: Bau der Eisenbahn in Richtung Kรถln bei Pelm um 1870.
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GRร nDUnG
In den folgenden Jahrzehnten fiel napoleon in deutsche Lande ein. Auch die Stadt Gerolstein wurde nahezu völlig zerstört. Dies hatte natürlich auch verheerende Auswirkungen auf das noch junge Geschäft mit dem Mineralwasser: Es brach ein und wurde zunächst nicht wieder aufgebaut. Erst 100 Jahre später erfuhr die Mineralbrun-
Verkehrsanbindung wurden die Absatz-
setzungen wies das mit Kohlensäure durch-
nenindustrie erneut einen Aufschwung.
märkte erschlossen, die für eine gewinn-
strömte Tiefenwasser damals wie heute
In den 1870er und 1880er Jahren – in der
bringende Ansiedlung von Industriezwei-
eine extrem hohe Reinheit auf. Diese Tat-
Geschichtsschreibung als Gründerzeit be-
gen notwendig waren. Es entstanden
sache machte das Gebiet rund um
zeichnet – ließen reichlich vorhandenes
gewerbliche Betriebe, die sich die Beson-
Gerolstein für die Trinkwassergewinnung
Kapital und aufblühender Unternehmer-
derheiten der Eifelregion zu nutze mach-
besonders wertvoll. Erst jedoch durch die
geist industrielle und gewerbliche Unter-
ten – speziell die der Mineralbrunnen- und
Eisenbahn konnte dies gewinnbringend
nehmen entstehen. Die Gründung eines
Kohlensäureindustrie.
industriell genutzt werden.
gesamtdeutschen Reiches unterstützte
Speziell für die Region waren die Eröffnung der Strecke Gerolstein – Kall 1870 und die Anbindung an die schon bestehende Bahnstrecke Köln – Trier von großer Bedeutung.
dabei den wirtschaftlichen Aufschwung. Der eigentliche Motor der voranschreitenden Industrialisierung und Erschließung abgelegener Landschaftsteile war jedoch der Bau der Eisenbahn. Auch die infrastruk-
Ihre Fortsetzung fand die Entwicklung der Mineralbrunnenindustrie in Gerolstein im Jahr 1878 mit der Gründung des Schlossbrunnen Gerolstein in Pelm. Wenig später, im Jahre 1883, entstand mit dem Gerolsteiner Flora-Brunnen ein zweites Mineral-
turell noch unerschlossene Eifel, die bislang
So war es ein Zusammenspiel zwischen der
brunnenunternehmen und weitere fünf
ein rein land- und forstwirtschaftlich ge-
Erschließung abgelegener Landschafts-
Jahre später wurde ein dritter Brunnen-
nutztes Gebiet war, profitierte von dieser
teile durch den Eisenbahnbau und den
betrieb gegründet, der die Eifel endgültig
Entwicklung. Speziell für die Region waren
Kenntnissen der Geologen über die Beson-
national sowie international bekannt machte:
die Eröffnung der Strecke Gerolstein–Kall
derheiten der Region Eifel, die ein altes
der Gerolsteiner Sprudel.
1870 und die Anbindung an die schon be-
Gewerbe neu entstehen ließen. Durch die
stehende Bahnstrecke Köln–Trier von gro-
besonderen Eigenschaften der Vulkaneifel
ßer Bedeutung. Mit der verbesserten
und die optimalen natürlichen Voraus-
GRÜnDUnG
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die gründung des gerolsteiner sPrudel w. castendYck Das Jahr 1888 markierte sowohl für das Unternehmen als auch für die Marke Gerolsteiner den Beginn. Es folgten 125 Jahre Wachstum, unterbrochen von Existenzkrisen. Die Entwicklung von Gerolsteiner ist eine
Gerolstein“. Was bewegte den Direktor der
vermuten, dass das Gebiet um Gerolstein
bewegende und zugleich eine erfolg-
Mathildenhütte, Geologe und Haupt-
über eine große Menge an Kohlensäure
reiche Geschichte, die von ganz unter-
mann a. D. dazu, ein derartiges Unterneh-
verfügen musste. Und darauf lag sein ei-
schiedlichen Charakteren und Einflüssen
men zu gründen?
gentliches Hauptaugenmerk. Mit der vor-
geprägt wurde. Das Unternehmen selbst
anschreitenden Industrialisierung war seit
musste sich in fünf verschiedenen Staats-
den 1860er Jahren auch der Bedarf an
formen behaupten und dem ständig
Kohlensäure permanent gestiegen. Vor
wandelnden Markt anpassen. Dies gelang
allem die Chemie- und Farbenindustrie
in einer Art und Weise, die bis heute
benötigte für ihre Produktion große Men-
innerhalb der Geschichte der deutschen
gen. Der Kohlensäuremarkt versprach eine
Mineralbrunnen einmalig ist. Dabei er-
ertragreiche Zukunft. Deshalb veranlasste
oberte die Marke nicht nur den nationa-
Wilhelm Castendyck 1887 erste Probe-
len, sondern auch den internationalen
bohrungen. nachdem er circa 100 Meter
Markt, und das bereits Ende des 19. Jahr-
tief vorgedrungen war, brach plötzlich
hunderts. Eine solche Geschichte der
ein die ganze Rohrweite fassender
Erfolge und Misserfolge hängt jedoch
Strahl empor, der eine Höhe von 30 bis
nicht nur von wirtschaftlichen Faktoren, sondern auch von starken Persönlich-
Wilhelm Castendyck, Gründer des „Gerolsteiner Sprudel W. Castendyck Gerolstein”.
keiten ab, die das Unternehmen und seine Marke nachhaltig beeinflussten.
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GRÜnDUnG
40 Metern maß. Dieser durch die Kohlensäure getriebene Wasserstrahl beförderte Unmengen an Sand und faustgroße
Diese Frage ist aus heutiger Sicht schwer
Steinbrocken aus dem Erdinneren an
zu beantworten. Gesichert ist, dass er aus-
die Oberfläche.
Hierbei spielt eine Person eine maßgeben-
gezeichnete geologische Kenntnisse besaß,
de Rolle: Wilhelm Castendyck, Gründer
insbesondere die Eifel betreffend. Eigene
des „Gerolsteiner Sprudel W. Castendyck
geologische Studien ließen Castendyck
„Der anscheinend bedeutendste neuere Aufschluss ist der Gerolsteiner Sprudel, der, in größerer Tiefe erbohrt, anfangs geysirartige Ausbrüche mit nicht zu messenden Wasser- und Gasmassen und dazwischen faustgroße Steine und Sand unter mächtigem Brausen bis 50 Fuß hoch emporschleuderte und erst nach mühsamer Fassung zum geregelten Abfluss gebracht werden konnte.” Aus der undatierten Denkschrift von Wilhelm Castendyck
Ein Stück Geschichte: die Gründungsurkunde des „Gerolsteiner Sprudel W. Castendyck“ vom 1. Januar 1888.
GRÜnDUnG
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„Also ich denke, das Markenbild ‚Stern mit schwarzem Löwen’ hat eine ganz überragende Bedeutung. Der Stern ist ein starkes Zeichen, er ist ein absoluter Blickfang, und der Löwe ist natürlich etwas Kraftvolles und sehr einprägsam. Dieses Markenzeichen ist auch für mich heute nach wie vor unverzichtbar.“ Rolf Hermes, ehemaliger Leiter Vertrieb, Gerolsteiner Brunnen
Das Logo „Achteckiger, roter Stern mit schwarzem Löwen“ – seit 1888 Markenzeichen und Symbol für Qualität.
12
GRÜnDUnG
Quellausbruch des Gerolsteiner
Castendyck, der den ersten Quellausbruch eher zufällig ausgelöst hatte, beschloss, neben Kohlensäure auch Mineralwasser zu vermarkten.
Sprudel – abgebildet auf einer Speisekarte aus den 1890er Jahren.
Überzeugt von seiner Geschäftsidee,
kannt machen. Damit grenzte sich der
schloss er am 7. Dezember 1887 mit der
Gerolsteiner Sprudel auch von den übri-
Stadt einen notariell beurkundeten Ver-
gen Mineralbrunnen ab. Das besondere
trag, der ihm ein Wegerecht einräumte.
Markenzeichen verwurzelte ihn in der
noch im Dezember 1887 konkretisierte
Eifelregion und hob ihn zugleich in der
er in einem zweiten Schritt seine Pläne
großen Mineralbrunnenlandschaft hervor.
und stellte einen Antrag zur kommerziellen nutzung der erbohrten Quelle.
Am 21. März 1889 schließlich wurde
Zum 1. Januar 1888 gründete der Berg-
die Firma Gerolsteiner Sprudel W.
werksdirektor eine GmbH, deren Ge-
Castendyck mit dem Warenzeichen
schäftszweck es war, Sprudel zu ver-
„Achteckiger, roter Stern mit schwar-
treiben. Und im selben Jahr, genau am
zem Löwen“ in das Zeichenregister
22. november 1888, ließ sich der tüch-
eingetragen.
tige Geschäftsmann vom damaligen
Ausbruch der Quelle, dem Ursprung
Bürgermeister der Stadt Gerolstein ge-
der
nehmigen, den im Stadtwappen von
später
Gerolstein enthaltenen schwarzen Löwen
Gerolsteiner Sprudel.
Eine
Zeichnung
Unternehmensgründung, sogar
das
Briefpapier
vom zierte des
für seine Marke verwenden zu dürfen. Dies war die Geburt des Löwen als Markenzeichen für die Marke Gerolsteiner. Dass Castendyck sein Produkt mit dem Stadtwappentier prägte, sollte nicht nur sein Unternehmen, sondern auch die Stadt Gerolstein überregional be-
GRÜnDUnG
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etablierung der Marke gerolsteiner sPrudel Die ersten lukrativen Absatzmärkte boten das nahe gelegene, dicht besiedelte Rheinland und das industriell geprägte Ruhrgebiet. Doch Castendyck musste sich von den
bekannt ist, bescheinigte dem Gerolsteiner
bereits vorhandenen lokalen Mineralwas-
Sprudel einen „ungewöhnlich hohen Ge-
serbetrieben wie dem Schlossbrunnen
halt an freier natürlicher Kohlensäure“.
Gerolstein und dem Flora-Brunnen ab-
Zudem verwies Fresenius auf die be-
grenzen. Schon früh arbeitete er deshalb
sondere Eigenschaft des Wassers, bei Ma-
an der „Markenidentität“. Bereits elf Tage nach Eintrag ins Handelsregister war das Gerolsteiner Wappen Teil einer Annonce für Gerolsteiner Sprudel im Anzeigenblatt „Beiblatt der Fliegenden Blätter“ in München. Die Werbung des Fir-
Prof. Dr. Carl Remigius Fresenius, dessen Name durch den gleichnamigen Konzern noch heute bekannt ist, bescheinigte dem Gerolsteiner Sprudel einen „ungewöhnlich hohen Gehalt an freier natürlicher Kohlensäure“.
zu wirken. Bis heute bestätigt Fresenius als neutrale Instanz die
Qualität
des
Gerolsteiner Mineralwassers. Zugleich wurden Abfüll- und Werkshallen sowie Büro- und Versandgebäude
errichtet
und die nötigen Maschinen zur Auf-
breitung des Sterns mit Löwen. Dabei
nahme der Produktion angeschaff t. Der
verwies er insbesondere auf die Qualität
Versand des Sprudels, abgefüllt in Tonkrü-
des Wassers, die er sich von einem aner-
gen mit dem Gerolsteiner Markenwappen,
kannten Arzt attestieren ließ: Prof. Dr. Carl
konnte beginnen.
den gleichnamigen Konzern noch heute
GRÜnDUnG
„hilfreich lindernd“
mengründers setzte bewusst auf die Ver-
Remigius Fresenius, dessen name durch
14
genbeschwerden
Innen Sprudel, außen Stern: 1888 kommt Gerolsteiner Sprudel in Tonkrügen auf den Markt.
GRÜnDUnG
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verkauf des Jungen unternehMens Durch Wilhelm Castendycks Engagement in Export und Marketing verliefen die ersten Jahre nach Gründung des Unternehmens sehr erfolgreich. Die nationale und internationale Ver-
weiterer wichtiger Bestandteil der Denk-
bei diesen Übernahmen engagierten:
marktung trug Früchte. Schon 1889
schrift ist Castendycks Beschreibung sei-
Ärzte und Adlige. Ärzte investierten aus
präsentierte Castendyck seinen Sprudel
ner Quellbohrung 1887. Er erläuterte nicht
beruflichen Gründen in Quellen, denen
auf einer internationalen Messe in Ant-
nur die Beschaffenheit des erbohrten
eine besondere heilende Wirkung attes-
werpen und gewann Gold. Dadurch
Mineralwassers, sondern hob hervor, dass
tiert wurde. Adlige sahen in der Über-
machte sich die Marke auch früh inter-
es aus medizinischer Sicht eine große
nahme von Brunnenbetrieben eine inte-
national einen namen.
Zukunft habe und bereits im In- und
ressante Kapitalanlage. Brunnen wurden
Ausland vertrieben werde. Castendycks
als Teil der Gutswirtschaft angesehen.
Doch bereits 1889/90 entschied sich
geologische Expertise verlieh seinen Aus-
Adlige waren es auch, die die Gerolsteiner
Wilhelm Castendyck, sein Unternehmen
sagen eine wissenschaftliche Basis.
Sprudel W. Castendyck GmbH kauften:
zu veräußern. Die Gründe dafür sind nicht
16
GRÜnDUnG
Die Familien Freiherr von Barnekow in
endgültig zu rekonstruieren. Es existiert
Gerade für Kapitalgesellschaften waren
Altmarrin, Graf Sholto Douglas in Ralswiek
eine undatierte Denkschrift von Casten-
der steigende Mineralwasserkonsum und
auf Rügen und von Grumme-Douglas in
dyck über die Geologie der Region Gerol-
die viel versprechenden langfristigen
Berlin übernahmen 1890 den jungen,
stein. Er hatte sie persönlich verfasst, um
Gewinnaussichten der Mineralwasserin-
aufstrebenden Betrieb.
die Eifelregion und sein junges Unterneh-
dustrie sehr attraktiv. Sie waren in der
men potenziellen Käufern vorzustellen.
Lage, die erforderlichen Mittel für die
Darin erklärte der Geologe die Besonder-
immer aufwändigere Fülltechnik und die
heiten der Vulkaneifel und insbesondere
komplexen Vertriebssysteme aufzubrin-
die der Gegend um Gerolstein. Er führte
gen. Und sie hatten das Kapital, um in die
die lange geologische Geschichte der
für den Unternehmens- und Markenerfolg
Region und ihren vulkanischen Ursprung
zunehmend an Bedeutung gewinnende
an und erklärte dessen Auswirkungen auf
Werbung zu investieren. Auffällig ist, dass
das so entstandene Mineralwasser. Ein
sich insbesondere zwei Personengruppen
Was macht die Region um Gerolstein so besonders? Wilhelm Castendyck erläutert den geologischen Ursprung des Mineralwassers in seiner Denkschrift, etwa 1889/90.
GRĂœnDUnG
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Neue Inhaber – neue Ideen? Mit dem Verkauf verlor der Gerolsteiner Sprudel auch seine Leitung. Auf Empfehlung von Graf Douglas stellte das Unternehmen 1891 mit Ernst Körber einen neuen Direktor ein. Er führte die Marke schon nach wenigen Jahren in die vorderste Reihe der deutschen Mineralbrunnen. In seiner langen Amtszeit, die erst 1927 mit
dern reiste selbst zu mehreren Flaschen-
Sprudel mit 2.730.000 Füllungen auf Platz
seinem Tod endete, gelang es Ernst Kör-
fabrikanten und begutachtete die Qualität
zwei aller ortsansässigen Mineralbrunnen.
ber, sowohl das Unternehmen als auch die
der Flaschen. Erst danach schloss er jähr-
Mit einer Stammbelegschaft von 75 Mitar-
Marke weiterzuentwickeln und als feste
liche Exklusivverträge mit ausgewählten
beitern erwirtschaftete das Unternehmen
Größe in der deutschen Mineralbrunnen-
Flaschenproduzenten ab und sicherte so
einen Umsatz von 409.560 Mark. Übertrof-
landschaft zu etablieren. Dazu musste die
eine gleich bleibende Qualität. Der Erfolg
fen wurde er lediglich vom Gerolsteiner
Qualität des vertriebenen Mineralwassers
ließ nicht lange auf sich warten: Bereits
Schlossbrunnen. Die Füllzahlen der kleine-
aber nicht nur beworben, sondern auch
nach zwei Jahren, 1893, überschritt die
ren Mineralbrunnen in und um Gerolstein
dauerhaft sichergestellt werden. Ernst
Produktion von Gerolsteiner Sprudel die
blieben deutlich unter 100.000 Füllungen.
Körber führte nicht nur die Verträge mit
Grenze von einer Million Füllungen pro
dem Kontrollinstitut Fresenius fort, son-
Jahr. 1899 behauptete sich der Gerolsteiner
Produktion der Mineralbrunnen von 1899
18
gründung
„Das Geheimnis von Gerolsteiner ist, dass das Unternehmen in jeder Phase in der Lage war, die richtigen Entscheidungen zu treffen, die unabhängig von der sofortigen Wirkung die Marke langfristig gestärkt haben.“ Joachim Schwarz, Geschäftsführer kaufmännischer Bereich, Gerolsteiner Brunnen
Ein neuer starker Mann im Unternehmen: Ernst Körber, ab 1891 Direktor und erster bürgerlicher Gesellschafter.
GRÜnDUnG
19
Eine der ersten Gerolsteiner Anzeigen um die Jahrhundertwende.
Ausgewählte Partner vertrieben Gerolsteiner in den Regionen.
20
GRĂœnDUnG
Obwohl Gerolsteiner bereits 1899 regional betrachtet Platz zwei belegte, sah sich der Mineralbrunnen in den 1890er Jahren – wie die gesamte Branche – einer neuen Herausforderung gegenüber. Künstliches Mineralwasser, mit Kohlendioxid aufbereitetes Tafelwasser, überschwemmte den Markt. Allein mit Preissenkungen konnten die
zent erhöht. Der Export übertraf allein für
war sowohl national als auch international
Mineralbrunnenbetriebe dieser Konkur-
das Jahr 1898 den Inlandsabsatz um das
durch ausgewählte Vertreter in den jewei-
renz nicht entgegentreten. Die Brunnen-
Dreifache. nach Ende des Ersten Weltkriegs
ligen Regionen organisiert. In den 1890er
betriebe versuchten sich von der billigen
1918 brachen die Exportmärkte weg.
Jahren lag die Verantwortung für den
Massenproduktion durch gezielte Wer-
Im nationalen Markt entwickelte sich die Marke Gerolsteiner derart gut, dass man 1895 entschied, den Vertrieb nach Köln zu verlegen.
Generalvertrieb im süddeutschen Raum
che mussten fast alle Brunnenbetriebe auf
Das blühende globale Handelssystem
der Marke war dieser Schritt von großer
dem inländischen Markt Ertragseinbußen
entstand in dieser Form nicht wieder.
Bedeutung, denn so konnte besser auf
hinnehmen. Ausnahmen gab es nur weni-
Handelsbarrieren, Devisenmangel und
kundenspezifische Wünsche eingegan-
ge. Zu ihnen zählte auch der Gerolsteiner
politische Grenzen zwangen die Unter-
gen werden. Auch unterschiedliche Ge-
Sprudel. Er gehörte zu den Unternehmen,
nehmen, sich nationaler zu orientieren.
bindewünsche der Kunden ließen sich
bung und Aufklärung über ihre natürlichen Produkte abzugrenzen. Es entbrannte ein Verdrängungswettbewerb, dem sehr viele Betriebe zum Opfer fielen. Trotz insgesamt wachsender Umsätze innerhalb der gesamten Mineralwasserbran-
die einen Teil ihres Absatzes im Ausland
bei dem Unternehmen Menzel & Glaser aus Stuttgart. So ließ sich die Marke deutlich besser auf dem Markt positionieren, da Gerolsteiner direkt mit seinen Vertretern und Zwischenhändlern in Kontakt treten konnte. Für die weitere Entwicklung
schneller und effektiver bedienen. Der
tätigten und es geschaff t hatten, ihre
Im heimischen Markt entwickelte sich die
Kontakt zwischen Produzent, Vertreter
Marke auf dem inländischen Markt zu
Marke Gerolsteiner derart gut, dass man
und
etablieren. Laut einem Bericht der Bal-
1895 entschied, den Vertrieb nach Köln
enger. Die Marke schaff te es, ihre Markt-
neologischen Zeitung vom 10. Februar
zu verlegen. Die Unternehmensleitung
durchdringung erheblich zu steigern.
1898 hatte sich der Auslandsabsatz der
suchte eine engere Bindung an das Ver-
deutschen Mineralwasserindustrie inner-
triebsstammgebiet und die dort ansässi-
halb der letzten zehn Jahre um 800 Pro-
gen Vertreter im Rheinland. Der Vertrieb
Endverbraucher
wurde
spürbar
GRÜnDUnG
21
Das Unternehmen weitet sich aus Mit der Verlegung des Vertriebs weg vom Produktionsstandort ging die Umbenennung der Gerolsteiner Sprudel W. Castendyck Gerolstein in die Gerolsteiner Sprudel GmbH Köln mit Zweigniederlassung in Gerolstein einher. Gesellschaftskapital waren 1.500.000 Reichs-
verlieh der Marke innerhalb der Brunnen-
Zeit entfielen in Preußen etwa 87 Prozent
mark. Laut Gesellschaftervertrag vom
landschaft ein eigenständiges Gesicht. Am
der Gesamtproduktion natürlicher Mine-
10. Februar 1896 waren die Gesellschafter
4. März 1904 änderte sich die Zusammen-
ralwässer auf nur zehn Unternehmen.
Dr. Morton Graf Douglas und Angus Graf
setzung der Gesellschafter erneut: An-
Die Gerolsteiner Sprudel GmbH rangierte
gus Graf Douglas
mit 9 Millionen Litern Absatz unter den
entschied sich, Di-
ersten fünf. Der Absatz wuchs derart
rektor Ernst Körber
rasant, dass weitere Quellbohrungen not-
einen Teil seines An-
wendig wurden. 20 Jahre nach der Grün-
teils in Höhe von
dung, am 5. Juni 1908, erfolgte im Zuge
45.000
zu
einer Bohrung erneut ein starker Quell-
übertragen. Mit ihm
ausbruch, ähnlich dem des Jahres 1887.
gleich: Das Grundkapital eines anderen
tauchte der erste bürgerliche Name in
Die entfesselte Quelle sprang fünf Meter
Mineralbrunnens aus dieser Zeit, der
der Gesellschafterliste der Gerolsteiner
über den Bohrturm empor und erreichte
Aachener Kaiserquelle AG, belief sich 1892
Sprudel GmbH Köln auf. Es ist anzu-
somit insgesamt eine Höhe von über
lediglich auf 240.000 Reichsmark.
nehmen, dass sich Douglas zu diesem
20 Metern. Erst nach vier Tagen konnte
Schritt entschlossen hatte, da Körber sich
dieses Spektakel gebändigt und die
Mit der Umbenennung zur Gerolsteiner
um das Unternehmen und die Marke
Quelle langsam der Produktion zugeführt
Sprudel GmbH Köln erlosch auch der
besonders verdient gemacht hatte und
werden. Durch die nun mögliche De-
Bezug zum Gründer Wilhelm Castendyck.
sein Vertrauen genoss. Für Körber selbst
ckung der erhöhten Nachfrage rückte
Jedoch hielten die neuen Verantwort-
war dies eine bedeutende Veränderung.
der Schutz des Markennamens in den
lichen bewusst am von Castendyck ge-
Nun war er nicht mehr nur derjenige,
folgenden Jahren stärker in den Vorder-
wählten Markenbild fest. Es hatte sich
der Entscheidungen ausführte, sondern
grund. 1913 beauftragten die Gesellschaf-
mittlerweile auf dem Markt etabliert und
aktiv an diesen mitwirken konnte. In dieser
ter den Geschäftsführer, gegen den
Douglas mit einem Stammanteil von je 750.000 Reichsmark beteiligt. Damit investierten sie eine ungewöhnlich hohe Summe. Zum Ver-
22
gründung
20 Jahre nach der Gründung, am 5. Juni 1908, erfolgte im Zuge einer Bohrung erneut ein starker Quellausbruch, ähnlich dem des Jahres 1887.
Mark
Ein beeindruckendes Schauspiel: Im Juli 1908 schoss eine weitere Quelle 20 Meter empor.
Konkurrenten aus Pelm, den Schlossbrun-
Einschnitt. Der persönlich haftende Ge-
Füllmengenzahlen stiegen deshalb stetig
nen Gerolstein, Klage zu erheben. Das
sellschafter und Geschäftsführer Ernst
an. Die Marke Gerolsteiner Sprudel war
Konkurrenzunternehmen sollte es unter-
Körber verstarb. Eine Ära ging damit zu
eine nationale Größe geworden und zu-
lassen, den Ortsamen Gerolstein zu füh-
Ende. 36 Jahre hatte er die Geschicke
dem auf dem besten Weg, den internatio-
ren, da es aus Pelm kam. Zwar blieb die
des Unternehmens gelenkt. Kurz nach der
nalen Markt weiter zu erschließen. Nun
Klage erfolglos, jedoch verdeutlicht diese
Gründung eingetreten, war er es, der die
galt es, auf dem von Körber gelegten
Initiative, dass sich die Geschäftsführung
damals noch junge Marke entscheidend
Grundstein aufzubauen.
der hohen Bedeutung des Markennamens
prägte. Körbers Erfolgsrezept lag in der
bewusst war. Nach der anhaltenden
konstruktiven und stimmigen Bewerbung
Hochphase erfuhr das Unternehmen am
des Produktes und der daraus resultieren-
24. Oktober 1927 einen ersten deutlichen
den Erschließung neuer Absatzmärkte. Die
gründung
23
TRInKGEWOHnHEITEn IM WAnDEL
Mineralwasser als Quell der gesundheit Wer heute im Supermarkt einkauft, findet eine Vielzahl von Mineralwässern vor, die deutlich macht, was der Deutschen liebstes Getränk ist. Im Laufe seiner langen Kulturgeschich-
nen, die sich Reisen oder die Kosten für
lichen Körpers.“ Der Bonner Mediziner
te war Mineralwasser jedoch nicht im-
eine Anlieferung des Wassers durch Boten
Christian Friedrich Harless erklärte 1826,
mer für alle Menschen zugänglich und
leisten konnten, also Adel und Klerus sowie
das Gerolsteiner Wasser des Sidinger
wurde aus den unterschiedlichsten Mo-
das aufkommende Wirtschaftsbürgertum.
Drees gehöre zu den „angenehmen und in dortiger Gegend sehr beliebten“ natur-
alter beschrieben Reisende und Ärzte im-
Der Bonner Mediziner Christian Friedrich Harless erklärte 1826, das Gerolsteiner Wasser des Sidinger Drees gehöre zu den „angenehmen und in dortiger Gegend sehr beliebten“ Naturwässern.
mer wieder die wohltuende Wirkung von
Auch auf dem Gebiet der heutigen Stadt
verpflichtete sich auch das Unternehmen
Bade- und Trinkkuren, wobei das Mineral-
Gerolstein befand sich eine sprudelnde
Gerolsteiner Sprudel 1888. Die nutzung
wasser damals warm getrunken wurde.
Quelle, der Sidinger Drees. Der Medici
der Mineralquellen beschränkte sich
Insbesondere dem Kohlendioxid wurde
Everhard von Malmondy verfasste 1723
damit auf den kleinen Kreis der di-
eine Heilwirkung zugesprochen, und Kur-
das wohl erste überlieferte medizinische
rekten Anwohner.
ärzte des 16. und 17. Jahrhunderts wiesen
Gutachten über diese Quelle:
Patienten an, Unmengen Sprudelwasser
„Infolge der in ihnen enthaltenen Stoffe
Für alle anderen blieb Mineralwasser bis
zu trinken. So hatte sich gegen Ende des
sind diese Wasser sehr dazu geeignet,
weit ins 19. Jahrhundert ein Luxusgut.
17. Jahrhunderts Mineralwasser als Han-
Steine in nieren und Blasen aufzulösen.
Doch was war das Alltagsgetränk der ge-
delsware in Europa etabliert. Von Heil-
Sie beheben die Verstopfung der Leber,
samten Bevölkerung? Trinkwasser war
bädern und Trinkkuren profitierten bis ins
der Galle und der Gedärme, stärken den
keine Alternative. Für die Städte wurde
19. Jahrhundert hinein jedoch nur Perso-
Magen und alle Eingeweide des mensch-
es zur Zeit der Industrialisierung zuneh-
tiven getrunken. Schon die Kelten nutzten Mineralquellen und Thermen. Ausgebaut und gepflegt wurden diese Quellen vor allem im Römischen Reich, wo man sie zur Heilung einsetzte. Auch im ausgehenden Mittel-
26
TRInKGEWOHnHEITEn
wässern. Die Einwohner Gerolsteins verwendeten das Wasser unter anderem für die Zubereitung von Heedelichkoochen, einem für diese Region typischen Pfannkuchen. Um die Quelle wirtschaftlich nutzen zu dürfen, musste den Bürgern freier Zugang gewährt werden. Hierzu
Heilbad im 17. Jahrhundert.
mend zum Problem, über Brunnen und
Wasserleitungs- und Abwasserkanalsyste-
die nutzung als Handelsware stark ein-
Flüsse ausreichend gutes Trinkwasser zur
men vermochte nicht, eine zufriedenstel-
schränkten. Die nicht begüterten Schich-
Verfügung zu stellen. Der rasante Ausbau
lende Trinkwasserqualität zu garantieren.
ten deckten ihren Flüssigkeitsbedarf da-
der Industrie und der starke Bevölkerungs-
Leitungswasser konnte sich bis weit ins
mals häufig durch Bier.
zuwachs ließen sowohl den Trinkwasser-
20. Jahrhundert hinein nicht zu einem All-
bedarf als auch die Verschmutzung des
tagsgetränk entwickeln. Fruchtsäfte wur-
Grund- und Flusswassers kontinuierlich
den zumeist lediglich auf dem Land aus
steigen. Selbst der in der zweiten Hälfte
eigener Herstellung konsumiert, da feh-
des 19. Jahrhunderts einsetzende Bau von
lende Techniken zur Haltbarmachung
TRInKGEWOHnHEITEn
27
Gerolsteiner wird als „natürliches Mineralwasser“ bestätigt: Bescheinigung eines unabhängigen Labors, 1928.
28
TRInKGEWOHnHEITEn
neue konkurrenz: Künstliches Mineralwasser Im 19. Jahrhundert war Mineralwasser Mangelware. So war es kein Wunder, dass sich insbesondere Apotheker bemühten, Mineral- und Heilwasser zu kopieren und selbst herzustellen. Das „künstliche Mineralwasser“ konnte
den Markt. Um 1905 kamen in Berlin auf
ten sich von Chemikern Frucht- und Ge-
ortsunabhängig abgefüllt und damit kos-
eine verkaufte Flasche natürliches Mineral-
schmacksstoffe herstellen ließen, sie ihrem
tengünstiger verbreitet werden. Chemiker
wasser knapp 120 Flaschen künstliches
Wasser beimengten und es als Limo-
waren mittlerweile in der Lage, die Inhalts-
Mineralwasser. Den Mineralbrunnenbetrie-
nade verkauften. Allerdings bedeutete die
stoffe des natürlichen Mineralwassers recht
ben entstanden erhebliche Umsatzeinbu-
Popularität des künstlichen Mineralwas-
genau zu analysieren, und sie konnten
ßen. Ein Zitat aus dem Berliner Jahrbuch für
sers nicht, dass die Brunnenindustrie über
Wasser mit Kohlensäure versetzen.
Handel und Industrie 1909 besagt: „Denn
mangelnde Nachfrage klagen konnte: Der
die Bereitung eines einfachen kohlensau-
Absatz nahm gerade im letzten Drittel des
Die Berliner Mineralwasserfabrik Wolff &
ren Trinkwassers ist heutzutage so einfach
19. Jahrhunderts deutlich zu. Der Versand
Calmberg vereinfachte und vergünstigte
und erfordert so wenig Vorkenntnisse, dass
natürlichen Mineralwassers stieg in Preu-
dieses Produktionsverfahren: Sie stellte
jeder Laie mit geringen Mitteln imstande
ßen von 1870 bis 1900 um etwa das
1883 erstmals künstliches Mineralwasser
ist, die Fabrikation aufzunehmen.“
15-Fache. Die Gerolsteiner Mineralbrun-
mit Hilfe flüssiger Kohlensäure her. Im Jahre
nen, damals noch getrennt in Gerolsteiner
1898 reichten ca. 500 Mark für die erfor-
Die veränderten Bedingungen führten zu
Sprudel, Schlossbrunnen und Flora-Brun-
derlichen technischen Geräte, um aus
einem enormen Wachstum der neuen
nen, rangierten im vorderen Drittel. Das
einem für „einwandfrei“ befundenen Lei-
Branche: Während man 1875 knapp 1.000
Branchenwachstum machte sich auch in
tungswasser künstliches Mineralwasser
Betriebe im Deutschen Reich zählte, die
der Gründung von Branchenverbänden
herzustellen, es abzufüllen und zu vertrei-
künstliches Mineralwasser herstellten, wa-
bemerkbar. 1898 entstand der Allgemeine
ben. Es kam zu einem ruinösen Wett-
ren es 20 Jahre später bereits über 2.500. Es
Verband deutscher Mineralwasser-Fabri-
bewerb, da die Mineralbrunnenindustrie
ist davon auszugehen, dass um die Jahr-
kanten und 1904, unter Beteiligung von
nicht mit den Preisen des künstlich herge-
hundertwende bedeutend mehr künst-
Vertretern des Gerolsteiner Sprudel, der
stellten Wassers konkurrieren konnte.
liches als natürliches Mineralwasser umge-
Deutsche Mineralbrunnen-Verband – der
Selbst in mineralquellenreichen Gebieten
setzt wurde. Der Marktanteil wurde noch
heutige Verband Deutscher Mineralbrun-
eroberte das künstliche Mineralwasser
erweitert, als die Mineralwasserfabrikan-
nen (VDM).
trinkgewohnheiten
29
Natürliches Mineralwasser setzt sich durch Anfang des 20. Jahrhunderts nahm der Verdrängungswettbewerb merklich zu. Den Herstellern von künstlichem Mineralwasser gelang es, neue Käuferschichten zu erschließen, die Wässer nicht mehr nur als Heilwasser, sondern auch als Erfrischungsgetränk begriffen. Bei der Werbung für natürliches Mineral-
solcher Nierensteine“. Und bereits im ers-
operierenden Konkurrenz. Zuletzt machte
wasser
Gesundheitsaspekt
ten Geschäftsjahr beschrieb der junge Un-
sich die wachsende Anzahl von Wasser-
zunächst im Vordergrund. Bis dato waren
ternehmer Castendyck seinen Gerolsteiner
abfüllern und -produzenten auch in der
die Begriffe „Heilwasser“ und „natürliches
Sprudel wie folgt:
zunehmenden Verwendung von Super-
Mineralwasser“ deckungsgleich. Da es
„Ein natürliches diätetisches und er-
lativen in der Werbung bemerkbar. So
unmöglich war, natürliches Mineralwasser
frischendes Getränk, mit einem von
hieß es in Werbeanzeigen des Gerolsteiner
so günstig abzufüllen und zu vertreiben
Herrn Geh. Hofrath Prof. Dr. R. Fresenius
Sprudel vom Ende des 19. Jahrhunderts,
wie das künstlich hergestellte Mineral-
in Wiesbaden als besonders empfeh-
der Sprudel sei „von Aerzten u. Autoritäten
wasser, unterstrichen Brunnenbetriebe
lend hervorgehobenen ungewöhnlich
empfohlen. Unübertroffen. Bestes Erfri-
blieb
der
sogar mehr denn je Gesundheit und Qualität. Dies galt
freier
schungsgetränk der Welt“.
natürlicher Dass sich in der Werbung und Deklaration
directer,
der verschiedenen Wässer gegen Ende
ohne Abstehen vor-
des 19. Jahrhunderts solche Tendenzen
genommener
Fül-
einbürgerten, hing ganz wesentlich damit
Was-
zusammen, dass es keinerlei Regelungen
ser erhalten bleibt.
über Wassersorten und Bezeichnungen
ärztliche Gutachten angeführt, bei wel-
Aerztlicherseits auch bei Magensäure und
gab. Für Brunnenbetriebe war insbeson-
chen „Krankheitszuständen“ das Wasser
anderen Magenleiden, zur Anregung der
dere ärgerlich, dass auch Fabrikanten
„einen wirklichen therapeutischen Werth“
Verdauung und der Unterleibsthätigkeit
ihr Wasser gern als „rein“ und „natürlich“
erwiesen habe: bei „chronischen Kathar-
bei Nieren- und Blasenleiden bestens
präsentierten. Ein Durchbruch geschah
ren der Magenschleimhaut“, „fast hoff-
empfohlen.“ Das Inserat liest sich durch
diesbezüglich im Jahr 1911, als der „Verein
nungslosen
„Diabetes“,
seine Beschreibung des Abfüllvorgangs
der Kurorte und Mineralquellen-Interes-
„Nierengicht“ und „Neigung zur Bildung
wie ein Ausstechen der mit Zusatzstoffen
senten Deutschlands, Oesterreich-Ungarns
steiner Sprudel. So wurden
in
einer
Werbung um die Jahrhundertwende
trinkgewohnheiten
hohen Gehalt an wel-
auch für den Gerol-
30
So hieß es in Werbeanzeigen des Gerolsteiner Sprudel vom Ende des 19. Jahrhunderts, der Sprudel sei „von Aerzten u. Autoritäten empfohlen. Unübertroffen. Bestes Erfrischungsgetränk der Welt“.
Magenleiden“,
Kohlensäure, che
lung
bei
beim
Die Werbung des Gerolsteiner
und der Schweiz“ – der Vorläufer des heutigen Allgemeinen Deutschen Bäderver-
Sprudel setzte früh auf „Gesundheit und Qualität“.
bandes – die Nauheimer Beschlüsse fällte. Nun sollte künstliches Mineralwasser als solches deklariert werden. Eine Abgrenzung zum Heilwasser dagegen stand immer noch aus. Der Absatz künstlicher Mineralwässer brach infolge der Nauheimer Beschlüsse merklich ein. Viele Produzenten verstärkten daher ihre Produktion von Brausen und Limonaden oder stellten ganz darauf um.
Verlässliche Vertriebspartner: Ende des 19. Jahrhunderts wurde Gerolsteiner Sprudel ab Hamburg vertrieben.
trinkgewohnheiten
31
Eine neue Trinkbewegung Die um 1900 aufkommende Lebensreformbewegung förderte das Trinken von Mineralwasser gemäß ihrer Auffassung von einer naturbelassenen Ernährung. Unterstützung erhielt die Mineralwasser-
Programm geschrieben hatte, unterstütz-
schen Getränkeabsatzes lieferten. Zum
branche auch durch die Mäßigkeitsbewe-
te die Bewegungen. Sie stellte schnell fest,
Haupterwerbszweig der Mineralwasser-
gung. Sie hatte es sich zur Aufgabe
dass Alkoholverbote eher zu Protesten
fabrikanten hatten sich mittlerweile Limo-
gemacht, den insbesondere in der Arbei-
und Streiks führten, ein bezahlbares An-
naden entwickelt: Hiervon trank der
terschaft vorherrschenden Alkoholkon-
gebot alkoholfreier Alternativen dage-
Durchschnittsdeutsche 6,13 Liter je Jahr.
sum zurückzudrängen. Überall in den Städten entstanden „Trinkhallen“ – in Frankfurt am Main bis heute noch als „Wasserhäuschen“,
32
trinkgewohnheiten
Zwar war Mineralwasser um 1900 herum für Arbeiter immer noch unerschwinglich, der Konsumentenkreis nahm jedoch langsam, aber stetig zu.
gen den Bierkonsum effektiv reduzierte. Zwar war Mineralwasser um 1900 herum
für
Arbeiter
immer noch unerschwinglich, der Kon-
im Rheinland als „Büdchen“ bekannt –,
sumentenkreis nahm jedoch langsam,
die kostengünstige Wässer und Limona-
aber stetig zu. Dazu trug auch bei,
den anboten. Teile der Lebensreform-
dass viele Industriebetriebe begannen,
bewegung hingen auch der Wasserheil-
Mineralwasser zu vergünstigten Konditio-
kunde an und empfahlen Bäder, Güsse,
nen an ihre Belegschaft abzugeben. Die
nasse Wickel und eben auch Trinkkuren.
Anzahl der Mineralwasserproduzenten
Aus der Bewegung heraus gründeten
und -brunnen erreichte 1919 einen histori-
sich Reformhäuser, die bald die Apothe-
schen Höchststand: Es wurden 12.257 Be-
ken als bisherige Hauptverkaufsstellen
triebe gezählt, die allerdings bei einem
für Mineralwasser ablösten. Die Reichs-
Pro-Kopf-Verbrauch von 0,95 Liter natür-
regierung, die sich den Kampf gegen
lichem und künstlichem Mineralwasser
den Alkohol in ihr gesundheitspolitisches
lediglich 1,7 Prozent des gesamten deut-
Eine der ersten „Trinkhallen“ in Frankfurt am Main um 1900.
trinkgewohnheiten
33
Während der 1920er Jahre vollzog sich in der Mineralwasserbranche ein starker Konzentrationsprozess. Die Besetzung des Rheinlands schnitt
Dabei bemühten sich die Brunnen um
viele Brunnen und Wasserfabrikanten von
eine qualitative Verbesserung des Ge-
ihren Abnehmern oder ihren Flaschen-
tränketyps.
lieferanten ab. Hinzu kamen die 1919 ein-
Gerolsteiner folgte 1934 diesem Trend
geführte Mineralwassersteuer und die
und bot seither das Erfrischungsgetränk
erste Wirtschaftskrise um 1923, sodass
„Gerri“ an. Zu dieser Zeit hatte der Mineral-
vor allem die kleineren und neu gegrün-
wasserkonsum aufgeholt und war mit
deten Betriebe der Branche in Konkurs
dem der Limonade fast gleichgezogen.
gingen. nach der Krise Ende der 1920er
noch ahnte man nicht, welche rasante
Jahre stabilisierte sich die Brunnenindus-
Entwicklung Mineralwasser in den folgen-
trie wieder und wuchs bis ins Jahr 1942:
den Jahrzehnten nehmen sollte.
Auch
das
Unternehmen
1925 zählte man 150 Betriebe, die natürliches Mineralwasser abfüllten, 1933 waren es 206 und 1941 schon 269. Limonaden hatten für die Verbraucher mittlerweile einen festen Platz bei der Getränkewahl. Die Mineralbrunnen ließen sich jedoch nur zögerlich auf die Herstellung von Limonaden ein, da die Qualität des künstlichen Mischgetränks bislang verhältnismäßig schlecht war. Zur Auslastung ihrer Maschinen und des Personals erwies es sich jedoch als sinnvoll, antisaisonale Produkte in das Sortiment aufzunehmen.
34
TRInKGEWOHnHEITEn
entwicklung der brunnenindustrie
1925 1933 1941
150
Betriebe
206
Betriebe
269
Betriebe
Der Trend geht zum Fruchtigen: 1934 führte Gerolsteiner die Limonade „Gerri“ ein.
TRInKGEWOHnHEITEn
35
Der Sprung zum Massengetränk Überschaut man die Jahrzehnte nach dem Zweiten Weltkrieg bis etwa 1990 hinsichtlich der Absatzveränderungen, so lassen sich diese grob in zwei Phasen gliedern. Bis Ende der 1960er Jahre verzeichneten
stilles Wasser und Mineralwasser mit
fast alle alkoholfreien Erfrischungsgeträn-
wenig Kohlensäure beliebt waren, etab-
ke ein starkes Wachstum. Die Brunnen-
lierten sich derartige Angebote in den
industrie profitierte davon vor allem durch
1970er Jahren auch in Deutschland.
ihre Limonaden. Der Mineralwasserabsatz stieg zwar absolut an, hatte jedoch
Keine nennenswerten Auswirkungen hat-
innerhalb der alkoholfreien Erfrischungs-
te die Ausweitung des Getränkeabsatzes
getränke den geringsten Zuwachs. Ent-
dagegen auf den Trinkwasserkonsum. Die
scheidend für die Ausweitung des Mine-
mittlerweile gute Qualität des Leitungs-
ralwasserkonsums nach 1970 war, dass
wassers wurde zwar auch von den Bür-
neue Käuferschichten gewonnen werden
gern anerkannt, der Weg durch die Rohre
konnten. Die Branche trat dazu auch
bis hin zum Wasserhahn jedoch stieß häu-
an Großeinrichtungen wie Krankenhäuser
fig auf eine gewisse Skepsis. Und tatsäch-
oder Kantinen heran.
lich können die kommunalen Trinkwasseraufbereiter auch nur bis zur häuslichen
36
trinkgewohnheiten
Ab den 1970er Jahren begann dann eine
Wasseruhr für Qualität bürgen. Letzten En-
Phase, in der vor allem der Pro-Kopf-Ver-
des erlangte Trinkwasser wohl deshalb,
brauch des Mineralwassers stark anstieg:
selbst durch die in den 1980er und 1990er
von 12,5 Liter im Jahr 1970 auf gut 80 Liter
Jahren Mode gewordenen Filtergeräte
im Jahr 1990. Diese wachsende Nachfrage
und Soda-Streamer, als Getränk keine
bewirkte auch eine Diversifizierung des
große Bedeutung – am ehesten noch für
Sortiments. Mit Blick auf Frankreich, wo
die Zubereitung von Tee und Kaffee.
Werbeanzeige aus den 1970er Jahren: Gerolsteiner inszeniert seinen Sprudel in der typischen „Perlenflasche“ der Genossenschaft Deutscher Brunnen.
trinkgewohnheiten
37
Bereicherte die heimische Speisetafel: Gerolsteiner Tafelwasser, das sp채tere Gerolsteiner Medium.
38
TRInKGEWOHnHEITEn
voM „tafelwasser“ zuM heutigen MediuM Das Mineralwasser mit wenig Kohlensäure ist eines der erfolgreichsten Produkte. Die Anfänge von Gerolsteiner Medium lie-
Gerolsteiner Stern Quell eingeführt. Im
ten Wechsel beim Sortennamen, als die
gen schon in den 1960er Jahren, als erst-
Jahr 1987 kam es abermals zu einer
Bezeichnung in Gerolsteiner Medium ge-
mals ein kohlensäurereduziertes Mineral-
Umbenennung des Wassers mit wenig
ändert wurde. Ähnlich wie bei der
wasser eingeführt und zweckdienlich
Kohlensäure: Unter anderem aus gesetz-
30 Jahre zuvor erfolgten ersten namens-
Gerolsteiner „Tafelwasser“ genannt wurde –
geberischen Gründen erhielt es den na-
änderung hatte sich die Begriffswahr-
die Verbraucher sollten das kohlensäure-
men Gerolsteiner Stille Quelle. Sie sollte
nehmung im Laufe der Zeit verändert:
arme natürliche Mineralwasser zum Essen
sich als eigene Marke etablieren. Dazu
Die Verbraucher erwarteten nun bei
reichen, für die Eiswürfelproduktion oder
wurde weiterhin die grüne 0,75-Liter-
einem stillen Wasser ein vollkommen
als Mischgetränk einsetzen. Bei der Markt-
Brunneneinheitsflasche eingesetzt.
kohlensäurefreies Produkt – was sich vor
einführung wurde darauf geachtet, dass sich Gerolsteiner „Tafelwasser“ durch seine Flaschenausstattung vom Sprudel unterschied: Es wurde in einer grünen Flasche mit Kronkorkenverschluss abgefüllt.
„Was ich am Mineralwasser spannend finde, ist, dass es so ein riesiges Spektrum aufmacht, von ganz profan bis hin zu besonders kultiviert.“ Jens Lönneker, Psychologe und Marktforscher, rheingold, Institut für qualitative Markt- und Medienanalysen Ein markantes Brunnensymbol und das
40 Jahren mit „Gerolsteiner Still” noch
nach Erfolgen zu Beginn der 1970er Jahre
aufwändig gestaltete Etikett sorgten je-
nicht durchsetzen konnte, während sich
fiel das „Tafelwasser“ später hinter die Er-
doch für die gewünschte Individualität.
der Begriff Medium als standardisierte
wartungen zurück. Die Bezeichnung
Auch der hellgrüne Flaschenkasten unter-
Bezeichnung für kohlensäurereduziertes
„Tafelwasser“ hatte sich schlichtweg über-
strich die eigene Markenpersönlichkeit
Mineralwasser etablierte. Die Produkt-
lebt, weil der Konsument diesen Ausdruck
von Gerolsteiner Stille Quelle, die neben
qualität hat sich im Laufe der Zeit
mittlerweile als Oberbegriff für künstlich
dem Gerolsteiner Sprudel und dem
nicht verändert.
aufbereitetes Wasser verstand. Um dieser
Heilwasser St. Gero als dritte nationale
Entwicklung gerecht zu werden, wur-
Marke ausgebaut werden sollte. Im Jahr
de Ende 1978 die neue Bezeichnung
2008 kam es schließlich zum bisher letz-
TRInKGEWOHnHEITEn
39
Gerolsteiner hatte Mineralwasser mit wenig Kohlensäure bereits in den 1960er Jahren ins Sortiment aufgenommen und war auf eine wachsende Verbrauchernachfrage gestoßen. „Immerhin vermittelten kohlensäureredu-
schritten diese Grenze jedoch. Diese
zierte Wässer statt der Dynamik des
fiel weg, als man sich 1980 in der Euro-
zischenden Sprudels eher „Bilder von
päischen Gemeinschaft auf eine gemein-
Sanftheit und Ruhe“, so der Psychologe
same Regelung einigte, die dann 1984
und Marktforscher Jens Lönneker, „und
durch die Mineral- und Tafelwasserver-
es ist leichter, hiervon viel zu trinken, als
ordnung in deutsches Recht umgesetzt
von stark kohlensäurehaltigen Getränken.“
wurde. Die Folge war eine größere Präsenz
Gerolsteiner Medium ist heute in Deutschland das beliebteste Mineralwasser mit wenig Kohlensäure; das im Jahr 2003 eingeführte Gerolsteiner Naturell ist das meistverkaufte stille Mineralwasser aus Deutschland.
Gerolsteiner konnte sich mit seinem kohlensäurereduzierten Mineralwasser „Stille Quelle“ – dem heutigen Gerolsteiner Medium – und später mit dem stillen Mineralwasser Gerolsteiner Naturell erfolgreich gegen die Wettbewerber behaupten. Gerolsteiner Medium ist heute in Deutschland das beliebteste Mineralwasser mit
deutschen Markt allerdings mit recht-
wenig Kohlensäure, das im Jahr 2003 ein-
lichen Problemen zu kämpfen: Laut
geführte Gerolsteiner Naturell ist das
deutscher Tafelwasserverordnung von
meistverkaufte stille Mineralwasser aus
1934 musste Mineralwasser mindestens
Deutschland.
die meisten französischen Wässer unter-
trinkgewohnheiten
deutschen Markt.
Französische Anbieter hatten auf dem
1.000 mg gelöste Mineralien enthalten –
40
französischer Mineralbrunnen auf dem
Vermittelt „Sanftheit und Ruhe“: Anzeigenmotiv für das kohlensäurefreie Mineralwasser Gerolsteiner Naturell 2003.
trinkgewohnheiten
41
Auf zu neuen Ufern: Mineralwasser zwischen Ästhetik und Alltag Seit 1990 hat sich Mineralwasser als neues Alltagsgetränk etabliert. Aber auch das Auge trank zunehmend mit. Die Branche experimentierte mit neuen
wässer gibt, deren Mineraliengehalt unter-
Verpackungen für „Ästhetik-Trinker“. Der
halb der üblichen Leitungswasserwerte
für eine solche Käuferklientel etwas bie-
liegt, scheint nicht bekannt zu sein.
der gewordenen Brunnen-Einheits-Pfand-
Andere dagegen konsumieren sehr be-
flasche wurden verschiedene moderne
wusst qualitativ hochwertige Mineralwäs-
Alternativen zur Seite gestellt. Viele Un-
ser. Sie nehmen einen höheren Preis
ternehmen führten individuelle Gourmet-
in Kauf, die Marke wird zu einem Teil
gebinde ein, die sich gestalterisch teils an
des Genusserlebnisses.
Parfumflacons orientierten. Restaurants legten immer häufiger Wert auf Wasserkarten und in Toprestaurants berieten zum Teil sogar Wassersommeliers und tun dies bis heute. Dass mittlerweile rund 50 Prozent des Mineralwassers in Discountern zum Billigpreis angeboten wird, steht im Widerspruch zu diesem Trend. Hier zeigt sich ein gespaltenes Konsumverhalten: Für die einen ist Mineralwasser zum kaum noch beachteten Alltagsgetränk geworden. Es ist überall verfügbar und bereits für wenige Cent erhältlich. Von welcher Qualität diese Wässer sind und dass es Mineral-
42
trinkgewohnheiten
„Bier, Mineralwasser und Zeitungen haben eines gemeinsam: Über sie kann man sich regional identifizieren. Sie können daher zum Teil an der Wahl des Mineralwassers ersehen, welcher Region sich jemand zugehörig fühlt. Wenn beispielsweise ein Bonner nach Hamburg umzieht und dort weiterhin Gerolsteiner trinkt, dann fühlt er sich eher immer noch im Rheinland zu Hause.“ Jens Lönneker, Psychologe und Marktforscher, rheingold, Institut für qualitative Markt- und Medienanalysen
Ästhetisch und formschön: die Gerolsteiner Gourmetflasche für Gastronomie und Hotellerie.
TRInKGEWOHnHEITEn
43
„Wir gehen davon aus, dass in Zeiten, in denen die Lebenszusammenhänge eher als wirtschaftlich eingeengt erlebt werden, die Menschen dazu neigen, in Getränken eine Kompensation zu suchen. Wenn also das reale Leben so ein bisschen trister ist, versüßt man es sich über Limonaden oder Bier. Sobald dagegen die Welt offensteht, scheint beim Trinken eher eine Gegenbewegung einzusetzen, die auf eine gewisse Ernüchterung setzt. Hier spielt dann wieder das Mineralwasser eine große Rolle im Alltag.“ Jens Lönneker, Psychologe und Marktforscher, rheingold, Institut für qualitative Markt- und Medienanalysen
Sorgen für geschmackliche Abwechslung: Gerolsteiner Erfrischungsgetränke auf Mineralwasserbasis.
44
TRInKGEWOHnHEITEn
Die 1990er Jahre waren geprägt von einem zunehmend gesättigten Mineralwassermarkt.
Die Gerolsteiner Limonaden bieten einen hohen Fruchtgehalt, Gerolsteiner Moment punktet mit Tee-Essenzen.
neue internationale Marken wie nestlé, Danone und Coca-Cola positionierten sich mit Mineral- oder Tafelwässern am bis dato fast ausschließlich regional geprägten Markt. Durch den Fall der Mauer vergrößerte sich zudem die Wettbewerberzahl. Zum neuen Trend des beginnenden 21. Jahrhunderts wurden Wasser basierte Getränke mit leichtem Fruchtzusatz. Sie kamen vor allem den Verbrauchern entgegen, die des vielen Wassertrinkens mittlerweile überdrüssig geworden waren und dennoch nicht hinter den erreichten Stand gesunder Trinkmenge zurückfallen wollten. Vor diesem Hintergrund erweiterte sich das Gerolsteiner Sortiment 2005 um Gerolsteiner Fit, 2006 um das Wellnessgetränk Gerolsteiner Moment sowie Gerolsteiner naturell plus Frucht und 2007 um das Vitalgetränk Gerolsteiner Linée. Seit Februar 2012 bietet Gerolsteiner mit einer Limonade mit hohem Fruchtanteil ein Getränk an, das den Spagat zwischen wasserbasiertem Dauergetränk und klassischem Süßgetränk ermöglicht.
TRInKGEWOHnHEITEn
45
„Man muss schon im Vorfeld erkennen können, welche Fragen der Verbraucher in Zukunft stellen wird, und wenn er sie stellt, hat man die Antworten am besten schon parat. Dann nämlich läuft man dem Trend voraus, und das ist nach wie vor die größte Herausforderung.“ Joachim Schwarz, Geschäftsführer kaufmännischer Bereich, Gerolsteiner Brunnen
Pro-koPf-verbrauch von Mineralwasser iM inland
46
TRInKGEWOHnHEITEn
Seit 125 Jahren bewährt Mineralwasser hat den Wandel vom Luxusheilwasser Gutsituierter zum Alltagsgetränk der breiten Masse der Bevölkerung vollzogen – auf knapp 135 Liter ist der Pro-Kopf-Verbrauch von Mineral- und Heilwasser im Jahr 2011 mittlerweile geklettert. 125 Jahre schon hat sich die Marke
Während andere gesunde Produkte oft mit
Gerolsteiner im Wandel der Trinkgewohn-
Geschmackseinbußen assoziiert werden,
heiten bewährt. Seit 1888 steht sie für
verbinden sich die Qualitätsmerkmale Ge-
Qualität, Mineralienreichtum und Gesund-
sundheit und Geschmack bei Mineralwas-
heit. Doch was unter Gesundheit verstan-
ser zu einem stimmigen Produktimage:
den wird, hat sich stark verändert. Noch
Wasser als erfrischendes Lebenselixier.
bis ins 19. Jahrhundert war der Konsument
Um das Trinken auf diese Weise erleben
eher Patient – ein Bild, das noch bis in die
und genießen zu können, benötigen die
1930er Jahre z. B. in dem Mineralwasser-
Käufer die absolute Sicherheit, dauerhaft,
Werbeslogan „Kranksein? Nein“ reaktiviert
also verlässlich, ein qualitativ hochwer-
wurde. Zwar wurden noch bis in die 1970er
tiges, natürliches Mineralwasser zu sich
Jahre medizinische Untersuchungen von
zu nehmen.
Gerolsteiner Quellen durchgeführt, aber
sumenten zählte als Kaufargument zuneh-
„Bei Gerolsteiner stand die Beschäftigung mit dem Verbraucher schon immer im Mittelpunkt und die Orientierung an dessen Wünschen hat absolute Priorität.“
mend der erfrischende Genuss als Basis für
Joachim Schwarz, Geschäftsführer kaufmännischer Bereich, Gerolsteiner Brunnen
ihre Ergebnisse wurden immer weniger zur Werbung genutzt. Denn für die Kon-
ein gesundes, das heißt möglichst unbeschwertes, geistig und körperlich aktives Leben. Zentrales Motiv ist der WellnessGedanke, nämlich seinem Körper das, was er braucht, in Form von H2O und Mineralien zuzuführen. Genau hierin liegt auch die besondere Stärke des Mineralwassers.
trinkgewohnheiten
47
AUS DER REGIOn In DIE WELT
Gerolsteiner - Von jeher weltweit geschätzt Vor Beginn der Industrialisierung war Mineralwasser ein Luxusgut. Die Zahl der Konsumenten war äußerst begrenzt, da der Kauf von Mineralwasser nur dem wohlhabenden Bürgertum möglich war. Der Absatzmarkt der meisten Brunnen-
weitere regionale Brunnenbetriebe in
betriebe beschränkte sich auf die nähere
Gerolstein und der unmittelbaren Um-
Umgebung. Erst ein flächendeckendes
gebung, beispielsweise in Birresborn und
Eisenbahnnetz ab den 1870er Jahren
Daun. Auch national zeigte sich eine
änderte dies. Jetzt konnten die Unterneh-
hohe Dynamik innerhalb der Mineralwas-
men ihr Wasser auch in weit entfernten
serindustrie. Angesichts der verschärften
Städten und Regionen kostengünstig
Konkurrenz auf dem nationalen Mineral-
anbieten und gewinnbringend vertreiben.
wassermarkt mussten neue Absatzmärkte
Durch die Verwendung sicher verschlosse-
gefunden werden.
ner Tonkrüge gelang es, die Qualität des wertvollen Produktes auch beim Transport zu schützen. Dadurch wurde der Mineralwasserversand über lange Strecken interessant für die Mineralbrunnen in der wenig besiedelten Vulkaneifel. Regional entstand so in wenigen Jahren für die Brunnenbetriebe in und um Gerolstein eine harte Wettbewerbssituation. Als Wilhelm Castendyck 1888 den Gerolsteiner Sprudel gründete, gab es bereits seit 1878 den Schlossbrunnen Gerolstein in Pelm und seit 1883 den Gerolsteiner FloraBrunnen. In den nächsten Jahren folgten
50
in die welt
Die Eisenbahn veränderte alles: Ab 1878 konnten Mineralbrunnen ihre Wässer auch in weiter entfernte Städte liefern.
Abfüllungs- und Vertriebsgelände des Gerolsteiner Sprudel um 1900.
in die welt
51
Konfektionierung der abgef端llten Gerolsteiner Flaschen um 1930.
52
In DIE WELT
eXPort als PersPektive Immer mehr Unternehmen konzentrierten sich jetzt darauf, einen Großteil des von ihnen abgefüllten Mineralwassers zu exportieren. So auch der Gerolsteiner Sprudel. Lukrative Märkte waren die überseeischen Länder und das europäische Ausland. Besonders die Benelux-Staaten und Groß-
Unternehmen, die im Ausland tätig wa-
und der Öffentlichkeit gegenüber in Wort
britannien waren auf Mineralwasserim-
ren, wurden mit zahlreichen Herausfor-
und Schrift zu wahren“. Im Bereich Export
porte angewiesen. Zum einen gab es hier
derungen konfrontiert: Sehr häufig gab
setzte sich der Verband dafür ein, die
nur sehr wenige Mineralquellen, zum an-
es Komplikationen mit Zolltarifen und
Zolltarife in den Ausfuhrländern zu senken
deren war die nachfrage nach Mineralwas-
unzähligen
und neue Regionen zu erschließen.
ser besonders stark. Vor allem in Groß-
Export erschwerten und bürokratisierten.
britannien war es als Mischgetränk für Whisky geradezu unentbehrlich. Ein weiterer Vorteil bot sich den in Westdeutschland liegenden Mineralbrunnen: Sie konnten ihr Mineralwasser kostengünstig per Schiff nach Großbritannien und in die niederlan-
Bestimmungen,
die
den
„Das wird nun anders werden, und der junge Verband wird hoffentlich bald ein mächtiger Baum sein, der seine Äste schützend über Mineralwasser-Fabrikanten in ganz Deutschland breiten wird.“ Aus dem Gründungsdokument des „Allgemeinen Verbandes der Deutschen Mineralwasser-Fabrikanten“ von 1898, einem Vorläufer des „Deutschen Mineralbrunnen-Verbandes”
de transportieren. Auch die europäischen Kolonien boten für die deutschen Brunnen
Um diesen und noch weiteren Markt-
mögliche Absatzmärkte. Viele dort leben-
problemen gemeinsam entgegentreten
de Europäer wollten nicht auf ihr Wasser
zu können, wurde am 24. Oktober 1904
aus der Heimat verzichten. Zumal das
in Koblenz der Deutsche Mineralbrunnen-
Wasser vor Ort oftmals erhebliche Quali-
Verband gegründet. Zu den Gründungs-
tätsmängel aufwies. 1898 hatte sich der
mitgliedern zählte neben knapp 20 weit-
Auslandsabsatz der deutschen Brunnen-
eren Brunnen auch der Gerolsteiner
betriebe um 800 Prozent gesteigert und
Sprudel. Zielsetzung dieser noch sehr
übertraf inzwischen den nationalen Absatz
losen Vereinigung war es, „die gemein-
um das Dreifache. In den darauffolgenden
samen Interessen der Deutschen Mineral-
Jahren hielt der Aufwärtstrend an.
brunnen-Industrie Behörden, Verbänden
In DIE WELT
53
erste internationale erfolge Der Gerolsteiner Sprudel war von Beginn an international tätig. Unternehmensgründer Wilhelm Castendyck erkannte, welche Chancen der Export bot. Castendyck steigerte nicht nur den Be-
Bei diesem frühen Erfolg in den USA
exportierte Castendyck in die Benelux-
kanntheitsgrad seiner 1888 geschaffenen
dürften mehrere Faktoren mitgewirkt
Staaten. So konnte er in seiner zwischen
Marke in Deutschland, sondern präsen-
haben. In den 1890er Jahren stieg der
1888 und 1890 entstandenen Denkschrift
tierte sie auch bereits kurz nach der
deutsche Export stark an, zudem zog
mit Recht behaupten, dass seine Marke
Gründung auf internationalen Messen.
es sehr viele deutsche Auswanderer in
„eine große Zukunft vor sich hat“ und
1889 gewann der Gerolsteiner Sprudel
die USA – und hier besonders in die
„bereits national und international erfolg-
in Antwerpen die Goldmedaille. Diese
Region Chicago. Offensichtlich wollten
reich vertrieben wurde“.
Auszeichnung trug den ausgezeichneten
viele Deutsche in Übersee nicht auf
Ruf der Qualität des Wassers über die
deutsches
Grenzen des Deutschen Reiches hinaus. Doch durch diese Bekanntheit allein verkaufte Gerolsteiner international noch keine Flaschen. Wie gelang es Wilhelm Castendyck also, sein Produkt zu exportieren, zumal noch nicht einmal der inländische Markt als überregional bezeichnet werden konnte? Die Unterlagen zur Geschichte
54
In DIE WELT
des
Unternehmens
und
Mineralwasser
verzichten.
1889 gewann der Gerolsteiner Sprudel in Antwerpen die Goldmedaille. Diese Auszeichnung trug den ausgezeichneten Ruf der Qualität des Wassers über die Grenzen des Deutschen Reiches hinaus.
der Marke bieten darauf keine zuver-
So war es möglich, die ersten internatio-
lässigen Antworten. Sicher ist, dass
nalen Absatzmärkte zu erschließen. Aber
Gerolsteiner Sprudel bereits 1890 große
nicht nur Amerika, auch das europäische
Erfolge in den USA – insbesondere in
Ausland eröffnete dem Unternehmen viel
Chicago – verzeichnete.
versprechende Perspektiven. Schon früh
„The finest drinking Mineral Water I ever tasted.“ („Das beste Mineralwasser, das ich je probiert habe.“) Ein Manager eines der größten Hotels in den USA, 1890
Medaillen zierten das Gerolsteiner Etikett bis in die 1970er Jahre.
In DIE WELT
55
Post aus Down Under: Durch die erfolgreiche Pr채senz auf zahlreichen Messen machte sich Gerolsteiner schnell auch international einen namen.
Export ans andere Ende der Welt: Die Firma B체sch & Heiliger aus Sydney, new South Wales, in Australien orderte den Sprudel gleich kistenweise.
56
In DIE WELT
1890 entschied sich Castendyck, sein Unternehmen zu veräußern. Mit den Familien Freiherr von Barnekow, Graf Douglas und Grumme-Douglas fand er Käufer, die seinen Weg fortsetzten. Ernst Körber, ab 1891 neuer Geschäfts-
Auftrag eine längerfristige Kooperation
Gerolsteiner Sprudel in einer Anzeige der
führer, gelang es, die Geschicke des Unter-
wurde, ist nicht überliefert. Mit der Firma
Zeitung „Der Ostasiatische Lloyd“ mit dem
nehmens auch weiterhin im Sinne der
C. F. Schutz & Co. aus Chicago wurde, wie
Slogan „Tropensicher verkorkt“ – einer Ver-
Marke zu lenken. In Anknüpfung an Cas-
Quellen belegen, ein verlässlicher Partner
schlussmöglichkeit, die neue Perspektiven
tendycks Erfolge präsentierte das Unter-
gefunden, der sehr rasch zum „Sole im-
eröffnete. Auch die Verbindungen in die
nehmen Gerolsteiner Sprudel auch in den
porters for the United States and Canada“
teilweise weit entfernten Regionen waren
Jahren nach 1890 sein Produkt auf zahl-
für den Gerolsteiner Sprudel wurde.
gut erschlossen, sodass die Reisedauer des
reichen internationalen Messen. Medaillen konnten auf der internationalen Weinund nahrungsmittelausstellung in Berlin und auf der Weltausstellung in Chicago 1892 errungen werden. Es folgten weitere Auszeichnungen bei Messen in nizza und
1895 erreichte eine Postkarte aus Australien das Werk in Gerolstein. Sie erwies sich als erster Großauftrag aus Down Under.
London, die den Ruf der ausgezeichneten
Diese Kooperation hielt bis zum Ausbruch
Qualität festigten. In diesen ersten Jahren
des Ersten Weltkriegs an. C. F. Schutz & Co.
wurde der Grundstein für die internatio-
war sowohl für den Vertrieb als auch für
nale Markengeschichte gelegt.
die Vermarktung des Gerolsteiner Sprudel
Produktes nicht zu lang war.
Das internationale Geschäft wird weiter ausgebaut: Anzeige aus der Zeitung „Der Ostasiatische Lloyd“, 1899.
in dieser Region und offensichtlich auch 1895 erreichte eine Postkarte aus Austra-
für die Ausbreitung des Vertriebs in Kana-
lien das Werk in Gerolstein. Sie erwies sich
da verantwortlich. Die ersten internatio-
als erster Großauftrag aus Down Under. Die
nalen Erfolge in Europa und Übersee
Firma Büsch & Heiliger aus Sydney, new
scheinen die Unternehmensführung be-
South Wales, in Australien orderte den
flügelt zu haben, dieses Geschäft aus-
Sprudel gleich kistenweise. Ob aus diesem
zubauen. Am 13. Mai 1899 warb der
In DIE WELT
57
Eines war für das Unternehmen von jeher Standard: Die Qualität stand über allem. Von unvorteilhaften Gebinden oder zu langen Wegen wurde abgesehen. Bis 1914 wurden das nahe gelegene europäische Ausland sowie die USA, Kanada, Australien und einige europäische Kolonien beliefert. In Deutschland war man in nahezu jeder
Gesellschafter zahlte sich aus. Die Branche
Großstadt durch einen eigenen Vertreter
wuchs und mit ihr der Gerolsteiner Spru-
auf dem Markt. Dabei blieb das Unterneh-
del. 1911 erreichte die Brunnenindustrie
men stets der Eifel verbunden. Einen ent-
mit 120 Millionen Gefäßen ihr absolutes
scheidenden Anteil an der erfolgreichen Weiterentwicklung hatten nicht nur der damalige Geschäftsführer, sondern auch die weniger in der Öffentlichkeit stehenden Gesell-
Das Vertrauen der Gesellschafter zahlte sich aus. Die Branche wuchs und mit ihr der Gerolsteiner Sprudel.
gingen mehr als 46 Millionen Liter ins Ausland, was ungefähr 80 Millionen Gefäßen oder zwei Dritteln des Gesamtumsatzes entspricht. Dieses
Niveau konnte bis zum Ausbruch des
Verfügung gestellte Kapital wäre es dem
Ersten Weltkriegs 1914 gehalten werden.
derart zu expandieren. Die Anschaffung neuer Maschinen, der Ausbau eines nationalen und internationalen Vertriebsnetzes und aufwändige Werbekampagnen erforderten eine Menge Kapital. Dieses stellten die Gesellschafter dem jungen, aufstrebenden Mineralbrunnen bereitwillig zur Verfügung. Sie gingen dabei ein nicht geringes Risiko ein, da sie mit ihrem persönlichen Kapital hafteten. Das Vertrauen der
in die welt
Davon
schafter. Ohne das von ihnen zur Unternehmen nicht möglich gewesen,
58
Spitzenergebnis.
Ăœber den groĂ&#x;en Teich: Gerolsteiner Sprudel geht per Schiffsdampfer in die USA.
in die welt
59
Protokolle einer schwierigen Zeit: Die niederschriften der Gesellschafterversammlung (1892–1942) lassen erahnen, welche Auswirkungen der Erste Weltkrieg auf das Unternehmen hatte.
60
In DIE WELT
der zusaMMenbruch des internationalen Marktes Der Ausbruch des Ersten Weltkriegs 1914 war für die Mineralbrunnen der Anfang einer langen, schwierigen Phase. Auch der Versailler Frieden brachte keine Belebung des ausländischen Geschäfts. Hatte das deutsche Mineralwasser-Ex-
tet und stark geschrumpft. Eine Aufsto-
portgeschäft 1913 noch insgesamt bei
ckung war sehr kostenintensiv und die
462.432 hl gelegen, so fiel es bis zum Jahr
Glashütten hatten enorme Lieferprobleme.
1920 auf unbedeutende 58.908 hl. Den
Mineralwasser eXPortgeschäft
machte allen schwer zu schaffen. Durch die Versorgungs- und Energieengpässe konnte die Produktion stellenweise gar nicht oder nur sehr schwer aufrechterhalten werden. Einige wenige Protokolle
500 400 300 200 100 1923
tische Instabilität in den Jahren nach 1918
tsd / hl
1920
flationsjahr 1923 mit 12.545 hl. Die poli-
1913
absoluten Tiefstand erreichte es im In-
der Gesellschafterversammlung lassen erahnen,
welche
Auswirkungen
der
Die Besetzung des Rheinlands und des
Erste Weltkrieg auf das Geschäft des
Ruhrgebiets verhinderte zeitweise den
Gerolsteiner Sprudel hatte. Es mussten
Absatz von Sprudel im Stammgebiet
erhebliche Rückgänge auf dem nationa-
des Unternehmens, was den Umsatz
len Markt verkraftet und der nahezu
schmerzlich senkte. Hinzu kam die begin-
vollständige Verlust des zuvor mühsam
nende Inflation. Dank des besonnenen
etablierten
Geschäfts
Handelns der Gesellschafter der GmbH
kompensiert werden. Es fehlte an allem.
und durch das Engagement des langjäh-
Viele Mitarbeiter fielen an der Front.
rigen Geschäftsführers Ernst Körber über-
Außerdem gab es nicht genügend Ma-
wanden das Unternehmen und die Marke
terial: Der Glasflaschenpool war veral-
diese schwere Zeit.
internationalen
In DIE WELT
61
Allmähliche Erholung durch Aufträge aus dem Rheinland Erst das Jahr 1924 brachte vor allem wegen amerikanischer Kredite, im Zuge des Dawes-Plans, einen Aufschwung, der die Goldenen Zwanziger Jahre einleiten sollte. Nach der Konsolidierung der Währung im
Mineralbrunnenbranche mit 117 Millio-
triebe, da sie viele Aufträge aus dem
Dezember 1923 und der Stabilisierung der
nen Füllungen nahezu den Vorkriegs-
Ruhrgebiet erhielten. Auch mit dem Un-
wirtschaftlichen und politischen Verhält-
zustand. Zu diesem Aufschwung trugen
ternehmen Gerolsteiner Sprudel ging es
nisse wuchs auch der Mineralwasser-
vor allem die zahlreichen Bestellungen
wieder bergauf. 1929 vertrieb es insge-
absatz der Branche sofort wieder an.
schwerindustrieller
samt knapp 12 Millionen Füllungen und
Großbetriebe
bei.
erzielte damit ein Ergebnis, das erst wieder im Jahre 1938 erreicht werden sollte. Obwohl der Fokus nun deutlich auf dem inländischen Geschäft lag, unternahm Gerolsteiner 1927 erste zaghafte Versuche, auch im Ausland wieder Fuß zu fassen – zunächst in Belgien. Aber man blieb deutlich hinter den Erfolgen der Vorkriegsjahre zurück. Das Geschäft nach Übersee wurde zunächst nicht wieder belebt. Erst der Geschäftsbericht von 1928 weist mit 158.000 Füllungen auf ein erfolgreiches
62
in die welt
Anders als vor 1914 war diesmal aber
Viele Betriebe gingen dazu über, den bis
erstes Jahr mit einem neuen Kunden in
nicht der Export das Zugpferd; vielmehr
dato geduldeten Bierkonsum am Arbeits-
den USA hin. Währenddessen kam es in
stieg die Inlandsnachfrage deutlich. Von
platz zu verbieten und stattdessen der
Deutschland zwischen 1924 und 1925 zu
1920 bis 1929 vervierfachte sich der
Belegschaft Mineralwasser zu vergünstig-
einer zweiten Gründungswelle von Brun-
Absatz von insgesamt 72 auf 206 Millio-
ten Preisen anzubieten. Davon profitierten
nenbetrieben, ähnlich der in den 1880er
nen Füllungen. Bereits 1925 erreichte die
besonders die rheinischen Brunnenbe-
Jahren. Diesmal beschränkte sich diese
aber nicht nur auf West- und Süddeutsch-
brunnenindustrie einen neuen Höhe-
land, sondern erfasste ganz Deutschland.
punkt. Mit über 200 Millionen Füllungen
Gegen diese neuen potenziellen Konkur-
stieß sie in bislang unerreichte Dimensio-
renten halfen dem Gerolsteiner Sprudel
nen vor. Erstaunlich ist, dass 60 Prozent
die langjährige Erfahrung und die über-
dieser Füllungen von nur acht Unterneh-
regionale Bedeutung der Marke. Die kon-
men produziert wurden: darunter auf Platz
sequente nationale Vermarktung trug in
vier mit insgesamt 12 Millionen Füllungen
den folgenden Jahren Früchte. 1929 er-
die Gerolsteiner Sprudel KG mit ihren
reichte der Aufwärtstrend der Mineral-
insgesamt 142 Angestellten.
Mineralwasser statt Bier: Viele Betriebe boten ihrer Belegschaft in den 1920er Jahren vergünstigtes Mineralwasser an.
in die welt
63
die welt in der krise, auch das wasser sPrudelt weniger Die gegen Ende 1929 einsetzende Weltwirtschaftskrise ändert die Situation erneut schlagartig. Der Zusammenbruch der new Yorker Börse am 25. Oktober traf die deutsche Wirtschaft hart. Die amerikanischen Geldgeber zogen ihre
zu bleiben, da es andernfalls in naher
verlief erfreulich für das Unternehmen.
kurzfristigen Kredite aus Deutschland ab.
Zukunft die ausstehenden Zahlungen
1933 soll es kaum ein Hotel in Chicago
Die Folge waren Investitionsrückgang,
nicht mehr hätte begleichen können.
gegeben haben, in dem der Gerolsteiner
Produktionsstilllegungen und Massen-
Sprudel nicht vertreten war. Für den
arbeitslosigkeit. Die Kaufkraft der Bevöl-
Viele neu gegründete Betriebe überlebten
US-amerikanischen Markt wurde sogar
kerung ging dramatisch zurück. Auch
diese Rezession nicht. Die Mineralbrunnen
eine eigene Buchführung angelegt, um
der Mineralwasserkonsum brach ein. Hin-
reagierten auf die Krise mit drastischen
den Versand zu optimieren. Auch in
zu kam, dass die Schwerindustrie auf-
Sparmaßnahmen. Das Personal wurde
den Benelux-Staaten gewann das Unter-
reduziert, die Produk-
nehmen Marktanteile zurück. Mit der
tion heruntergefahren
Firma „Gustav Stähr“ aus Hamburg hatte
und die Preise wur-
der Gerolsteiner Sprudel einen zuverläs-
den
sigen Partner für den Export gefunden.
grund der Produktionseinschränkung
eben-
falls weniger Mineralwasser für ihre Belegschaft benötigte. Kombiniert schlechten
mit
zwei
Sommern
der Jahre 1930 und 1931 stürzte dies die Brunnenindustrie
er-
Das Unternehmen musste sich verschulden, um konkurrenzfähig zu bleiben, da es andernfalls in naher Zukunft die ausstehenden Zahlungen nicht mehr hätte begleichen können.
gesenkt.
Auch
der Gerolsteiner Sprudel
musste
sparen.
Doch die Gesellschafter standen zum Unternehmen und nahmen die benötigten Geld-
neut in eine schwere Existenzkrise. Die
mittel auf in der Überzeugung, dass die
Produktion des Gerolsteiner Sprudel ging
Marke mit dem roten Stern auch diese Kri-
zwischen 1929 und 1933 von 12 Millionen
se meistern würde.
Füllungen auf nur noch 3.928.406 Fül-
64
In DIE WELT
lungen zurück. Das Unternehmen musste
Erst 1933 war wieder ein leichter Aufwärts-
sich verschulden, um konkurrenzfähig
trend zu erkennen. Der Export in die USA
Die Exportmengen blieben jedoch deut-
nach der Weltwirtschaftskrise
lich unter denen des Inlands und er-
1929 ging es für Gerolsteiner
reichten maximal 2 Prozent der Gesamt-
langsam wieder bergauf –
füllmengen.
national wie international.
Auf den politischen Umschwung des Jahres 1933 folgte die Gleichschaltung der gesamten deutschen Mineralbrunnenindustrie. Innerhalb der Reichsgruppe Industrie wurden die Mineralbrunnen 1934 als Fachgruppe 17 zur Wirtschaftsgruppe Lebensmittelindustrie gezählt. Hier gab es die drei Fachuntergruppen „Mineralwasserfabrikanten“, „Heilbrunnen“ und „Mineralbrunnen“. Der Gerolsteiner Sprudel befand sich in der Fachuntergruppe „Mineralbrunnen“. Insgesamt zählte diese Gruppe am 1. november 1934 infolge der Zwangsmitgliedschaft 272 Mitglieder.
Die Werbung in den USA trägt Früchte: 1933 soll es in Chicago kaum ein Hotel ohne Gerolsteiner gegeben haben.
In DIE WELT
65
Ab 1934 ging das USA-Geschäft stark zurück und wurde schließlich völlig eingestellt. Es ist davon auszugehen, dass dies eine Reaktion des zuständigen Vertreters in den USA auf die politischen Veränderungen in Deutschland war. Auf dem inländischen Markt konnte der
historischen
Gerolsteiner
Verschlüssen und Ersatzteilen für die Füll-
Gerolsteiner Sprudel seine Füllzahlen bis
Brunnen vorliegenden Quellen lassen kei-
maschinen. Wer wirtschaftlich überleben
1939 auf 15.611.730 Füllungen verfünf-
nen Rückschluss darauf zu, dass der
wollte, musste kreativ und erfinderisch
fachen. Dem Unternehmen gelang es
Gerolsteiner Sprudel die Wehrmacht
sein. Dies gelang den Sprudel-Mitarbei-
damit, seinen Platz unter den ersten zehn
oder Rüstungsbetriebe belieferte. Der
tern offensichtlich – trotz der prekären
Unternehmen der deutschen Brunnen-
1895 nach Köln verlegte Vertrieb des
Situation. Erst 1944, nachdem das Werk
industrie zu festigen.
Gerolsteiner Sprudel wurde 1943 durch
in Gerolstein zweimal verheerende Bom-
alliierte Luftangriffe völlig zerstört und
bentreffer erlitt, stand die Produktion
1939 führte der Ausbruch des Zweiten
wieder zurück nach Gerolstein geholt.
von einem Tag auf den anderen still.
Weltkriegs zwangsläufig zu einem Rück-
Am 21. September 1944 wurde die Fabrik
Produktion aufrechtzuerhalten. Die Brun-
Wer wirtschaftlich überleben wollte, musste kreativ und erfinderisch sein. Dies gelang den Sprudel-Mitarbeitern offensichtlich – trotz der prekären Situation.
nenbranche produzierte während der
Hinzu kam, dass die nationalsozialistische
Kriegsjahre trotzdem auf einem sehr
Regierung jetzt alle verbliebenen Ressour-
hohen Niveau weiter. Ursachen dafür
cen in die Rüstungsindustrie steckte.
waren die umfangreichen Lieferungen
Betrieben wie dem Gerolsteiner Sprudel,
einiger Mineralbrunnen an die Wehr-
deren Produktion nicht kriegswichtig war,
macht und die zahlreichen Rüstungs-
wurden kaum noch Rohstoffe zugeteilt. Es
betriebe im gesamten Reich. Die dem
mangelte vor allem an neuen Flaschen,
gang der Füllzahlen, jedoch nicht derart dramatisch wie 1914. Im Schnitt gelang es dem Gerolsteiner Sprudel, jedes Kriegsjahr ca. 13 Millionen Flaschen zu füllen. Dies ist in der Tat beeindruckend, da es ab 1943 immer schwieriger wurde, die
66
in die welt
Archiv
des
teilgeschädigt und in der Zeit vom 24. Dezember 1944 bis 2. Januar 1945 durch mehrere Volltreffer und zahlreiche Brände zu mehr als 95 Prozent zerstört.
Verheerende Rückschläge im Zweiten Weltkrieg: 1944 wurde das Werk in Gerolstein fast vollständig zerstört.
in die welt
67
Unter größten Anstrengungen bauten Verantwortliche und Angestellte das Unternehmen wieder auf: das Gerolsteiner Werk in den 1950er Jahren.
Die Füllmengen steigen kontinuierlich: nur 15 Jahre nach seiner vollständigen Zerstörung erreichte Gerolsteiner erstmals Platz eins unter allen deutschen Mineralbrunnen.
68
In DIE WELT
neubeginn nach deM 2. weltkrieg: der weg zuM Marktführer Wie sollte es nun weitergehen? Für die wenigen verbliebenen Angestellten war klar, dass sie „ihren Sprudel“ wieder aufbauen wollten. Die Verbundenheit der Belegschaft mit dem Unternehmen wird deutlich, wenn man sich vor Augen hält, welche Strapazen der damalige leitende Angestellte Gottfried Schäfer auf sich nahm. Er lief drei Tage lang zu Fuß von Köln nach
Der Gerolsteiner Sprudel hatte einen
tung die damaligen Verantwortlichen und
Gerolstein, um am Wiederaufbau des
Balanceakt vor sich. Einerseits sollte das
Angestellten erbrachten. Bis 1959 konnte
Unternehmens mitzuwirken. Gemeinsam
Werk wieder aufgebaut werden, um die
die Zahl der Füllungen mit insgesamt
mit dem damaligen Werksmeister Imken
Produktion weiter zu steigern.
43.243.248 sogar mehr als versiebenfacht
und einigen Arbeitern begann er im Juni
werden. Damit erreichte der Gerolsteiner
1945 mit den Aufräumarbeiten. Die Pro-
Sprudel erstmals Platz eins unter allen
bleme, die die Belegschaft dabei hatte,
deutschen Mineralbrunnen, und das nur
sind kaum vorstellbar. Weder Unterkünfte
15 Jahre nach seiner vollständigen Zer-
noch genügend Baumaterial oder Ersatz-
störung. Unternehmen und Marke vertei-
teile für Maschinen waren vorhanden.
digen diese Führungsposition bis heute.
Dennoch gelang es, eine der drei Füll-
Lediglich Ende der 1970er bis Mitte der
maschinen zu reparieren und die Werks-
1980er Jahre musste Gerolsteiner sich zeit-
gebäude herzurichten. Bis Ende 1946
weise mit Platz zwei zufriedengeben.
konnten 900.000 Flaschen gefüllt und vertrieben werden. Das Unternehmen erlebte seinen neuanfang. Zu Beginn
Valentin van Horn
des Jahres 1947 beschäftigte Gerolsteiner
Anderseits mussten die nationalen Märkte
schon wieder 47 Angestellte und 1948
beworben und neu erschlossen werden,
trat mit Valentin van Horn ein neuer
um trotz Mangelwirtschaft genügend
Geschäftsführer sein Amt an. Van Horn
Kunden zu akquirieren. Dies gelang van
verstand es, das Unternehmen und
Horn. Die Füllmengen wuchsen konti-
die Marke innerhalb der deutschen
nuierlich. 1950 erreichte man schon wie-
Brunnenlandschaft wieder ganz nach
der knapp 6 Millionen Füllungen. Diese
vorne zu bringen.
enorme Steigerung zeigt, welche Leis-
In DIE WELT
69
Vom Garagenverkauf bis zum Getränkeabholmarkt – Mineralwasservertrieb im Wandel In den 1960er und 1970er Jahren reisten Vertriebsmitarbeiter noch vorzugsweise mit der Bahn. So konnten sie das Hauptvertriebsgebiet Saarland und den südlichen Teil von Nordrhein-Westfalen mit dem Schwerpunkt Köln abdecken und bis ins Ruhrgebiet reisen. Das damalige Vertriebsgebiet war in fünf
Anfang der 1970er stellte Gerolsteiner für
Anders als heute spielten Großabnehmer
Bezirke eingeteilt. Man arbeitete regional,
den Raum Ostwestfalen seinen ersten
eine wichtige Rolle für den Mineralwasser-
nicht branchen- oder vertriebsspezifisch.
fest angestellten Verkaufsmitarbeiter ein.
absatz. Absatzpartner waren die großen
Der Lebensmitteleinzelhandel, die Geträn-
Später wurden dann die Gebiete über
Industrien an Rhein und Ruhr und im Saar-
keabholmärkte und die Gastronomie wur-
Verkaufsleiter mit einer eigenen Ver-
land wie die Kohle- und Stahlwerke sowie
den über regionale Außendienstler betreut.
triebsmannschaft organisiert.
die Bundesbahn-Sozialwerke und die
Der Stern auf Tour: ein
Elektro- und Kraftwerksbetrei-
Gerolsteiner Lieferwagen
ber. Neben diesen Werksliefe-
in den 1970er Jahren.
rungen hatten Hausverkaufsstellen einen bedeutenden Anteil am Mineralwasserabsatz. Das waren Privatleute, die von ihren Eigenheimen aus die Nachbarschaft mit Bier und alkoholfreien Getränken vesorgten. Allein die Brauerei Beck & Co. verfügte im Ruhrgebiet über 3.000 Hausverkaufsstellen. Aus diesen sogenannten Garagenverkäufen
entwickelte
sich
wahrscheinlich auch der heutige Getränkeabholmarkt. Auch Trinkhallen und Kioske bildeten eine eigene Schiene für die
70
in die welt
Vermarktung. Die Gastronomie war als Ver-
verkauf vorherrschte, wurden jedoch nur
Key-Accounts im Gerolsteiner Vertrieb.
triebsweg für Mineralwasser längst nicht so
bescheidene Mengen Mineralwasser pro
„Heute präsentiert sich Gerolsteiner über-
bedeutsam wie heute. Das Produkt musste
Einkaufsstätte abgesetzt.
all dort, wo der markenbewusste Kunde
erst an Stellenwert gewinnen und ein fester Bestandteil der Trinkkultur werden. Für die Marke Gerolsteiner erwies sich die Gastronomie seit den 1980er Jahren als Türöffner in Richtung Handel und damit als Chance, sich über die Kernabsatzgebiete hin-
Aus diesen sogenannten Garagenverkäufen entwickelte sich wahrscheinlich auch der heutige Getränkeabholmarkt. Auch Trinkhallen und Kioske bildeten eine eigene Schiene für die Vermarktung.
einkauft“, erklärt Geschäftsführer Axel Dahm. 2011 wurden über den traditionellen Lebensmittelhandel 36 Prozent
der
Gerolsteiner
Absatz-
menge vertrieben, über Getränkeabholmärkte 26 Prozent und über SB-Warenhäuser 20 Prozent. Wichti-
aus zu etablieren. Über die Präsenz in
Erst als sich im Lebensmittelhandel Groß-
ger Logistikpartner des Unternehmens ist
Restaurants und Bars steigerte sich der
flächen durchsetzten, die Zahl der Pkw in
der Getränkefachgroßhandel. Wie im Han-
Bekanntheitsgrad der Marke und wurde
Deutschland stieg und man Lebensmittel
del ist es Gerolsteiner auch im Außer-
für neue Handelspartner attraktiv. Zur
zunehmend per Auto einkaufte, verbrei-
Haus-Markt gelungen, die Position des
selben Zeit gewann auch die Hotellerie als
tete sich der kistenweise Absatz von
Marktführers zu erringen. Im Bereich
Imageträger an Bedeutung. Um 1990 wur-
Mineralwasser. Im Verbund mit der wach-
Restaurants liegt das Mineralwasser aus
de bei Gerolsteiner daher eine eigene Ab-
senden Bedeutung von Mineralwasser als
der Vulkaneifel auf Platz drei der Gastro-
teilung ins Leben gerufen, die gezielt den
Alltagsgetränk führte das zu einer tief
nomie-Wassermarken.
Bereich der Topgastronomie und -hotel-
greifenden Veränderung des gesamten
lerie bearbeitete. Die Breitengastronomie
Mineralwassergeschäfts.
betreuten regionale Außendienstler. Natürlich trug auch bereits in den 1960er und
Mit den Veränderungen in der Handels-
1970er Jahren der Lebensmittelhandel zum
landschaft etablierte sich Anfang der
Absatz bei. Da zunächst Einzelflaschen-
1990er Jahre auch die Zentralisierung über
in die welt
71
der internationale durchbruch Das Exportgeschäft rückte nach dem Zweiten Weltkrieg zunächst deutlich in den Hintergrund. Dennoch begann schon Anfang der 1950er Jahre der Versand des Gerolsteiner Sprudel nach Luxemburg, Belgien, Frankreich, nordafrika und in die USA. Im Laufe der Jahre und Jahrzehnte kamen
Regionen weltweit verfügbar zu sein. Am
ketten als neukunden gewonnen. Das
einige Länder und Regionen hinzu, so
Verhältnis Export zu deutschem Markt
Geschäft in den Benelux-Staaten entwi-
exportierte das Unternehmen zeitweise
änderte das jedoch nichts: Die Marke
ckelte sich derart positiv, dass 1991 ein
sogar nach Belgisch-Kongo und auf
wuchs vor allem im heimischen Markt.
Gebietsverkaufsleiter für diese Region ein-
die Philippinen.
gestellt wurde. Seither werden Belgien, Erst Ende der 1980er Jahre, mit Eintritt
Luxemburg und die niederlande von einer
des neuen Geschäftsführers Dr. Peter
eigenen Vertriebsmannschaft betreut.
Traumann, änderte sich der Stellenwert des internationalen Geschäfts im Unter-
Auch abseits der großen Tourismus-
nehmen. Gerolsteiner war eine starke
regionen sollten Kunden gewonnen wer-
nationale Marke geworden und wollte
den. Dazu präsentierte man das Unterneh-
dies auch zukünftig bleiben. Peter Trau-
men und die Marke auf zahlreichen
mann war jedoch bewusst, dass die
internationalen Messen in Paris, Barcelona
Wachstumsraten auf dem inländischen
und den USA.
Markt nicht dauerhaft steigen konnten wie in den Jahrzehnten zuvor. Um das Unternehmen zukunftsfähig zu halten, bedurfte es neuer Absatzmärkte. Und diese lagen im Ausland. Dr. Peter Traumann
72
In DIE WELT
1989 schuf er eine eigene Abteilung für
Wie schon zu Beginn des 20. Jahrhun-
das Exportgeschäft, die mit ihren Aktivi-
derts diente das Auslandsgeschäft dem
täten auch dem deutschen Touristen-
Image der Marke. Der Mineralbrunnen
strom folgte: In beliebten Reisezielen wie
war stolz darauf, in vielen Ländern und
den Mittelmeerländern wurden Hotel-
„Der internationale Bereich bedurfte einer strukturellen Veränderung, um eine gewichtigere Rolle innerhalb der Unternehmensstrategie zu spielen.“ Dr. Peter Traumann, ehemaliger Vorsitzender der Geschäftsführung, Marketing und Vertrieb, Gerolsteiner Brunnen
Gerolsteiner zu Beginn des 20. Jahrhunderts: Die Marke wuchs im heimischen Markt und verschiff te mit zunehmendem Erfolg ins Ausland.
In DIE WELT
73
„Internationales Geschäft, so wie ich es verstehe, bedeutet, dass ich in einem Land unverzichtbar werde, zumindest in meinem Segment, ob es groß oder klein ist, und zwar idealerweise unter den Top 3.“ Axel Dahm, Vorsitzender der Geschäftsführung, Marketing, Vertrieb und International, Gerolsteiner Brunnen
Auch im Land der aufgehenden Sonne geschätzt: Gerolsteiner Werbeanzeige in Japan.
74
In DIE WELT
2008 übernahm Axel Dahm den Vorsitz der Geschäftsführung. Mit ihm erfuhr der internationale Bereich erneut neue Impulse. Für Axel Dahm hatte und hat der natio-
bisher auf Kerngebiete konzentriert. Mit
nale Wassermarkt zwar oberste Priorität,
individuellen Kampagnen soll die Marke
jedoch sieht auch er – vor dem Hinter-
auf den verschiedenen Märkten positio-
grund eines gesättigten Inlandsmarktes –
niert werden. Regional Manager betreuen
die Chancen im internationalen Geschäft.
die Gebiete Asien, nord- und Südamerika sowie Europa, Mittlerer Osten und Afrika.
„Angesichts der demografischen Entwicklung wird es für uns kaum möglich sein, hier in Deutschland mittelfristig noch dynamisch wachsen zu können. Deshalb glaube ich, dass es eine ganze Menge Sinn macht, Schritt für Schritt im Ausland auch neue Märkte zu erschließen.“ Axel Dahm, Vorsitzender der Geschäftsführung, Marketing, Vertrieb und International, Gerolsteiner Brunnen In Japan beispielsweise ist Gerolsteiner – erst 2005 mit dem japanischen Partner Sapporo eingeführt – inzwischen das meistgetrunkene
importierte
kohlen-
säurehaltige Mineralwasser und kann mittlerweile, Axel Dahm
nicht
zuletzt
aufgrund
der Marktführerschaft im Heimatmarkt
Um das Wachstumspotenzial in bestehen-
Deutschland, von sich behaupten, „The
den Exportländern wie auch in neuen
world´s no. 1 sparkling natural mineral
aufstrebenden Regionen auszuschöpfen,
water“ zu sein.
ist das internationale Geschäft stärker als
In DIE WELT
75
VERPACKUnG UnD InnOVATIOn
„Die Verpackung spielt eine große Rolle. Doch was den Verbrauchern wirklich wichtig ist, ist der Inhalt und dass sich dieser in ihren Lebensalltag optimal integriert.“ Axel Dahm, Vorsitzender der Geschäftsführung, Marketing, Vertrieb und International, Gerolsteiner Brunnen
Vom Stempel zum Etikett: Schon immer schmückte der Stern die Gerolsteiner Gebinde.
78
verpackung
Vom Tonkrug bis zur PET-Flasche – 125 Jahre innovative Verpackungen der Marke Gerolsteiner Verpackungen spielen bei Getränken von jeher eine elementare Rolle, denn sie schützen das Produkt vor biologischen, klimatischen und mechanischen Einflüssen. Außerdem erlauben sie einen wirtschaft-
Liter
wurden
braunen Färbung, einen Blick auf den
lichen Arbeitsablauf – angefangen bei der
bereits vor ihrer Brennung durch einen
Inhalt. Der Wechsel zu den industriell
maschinellen Verpackung über den Trans-
Stempel mit dem Gerolsteiner Markenzei-
gefertigten Glasflaschen hatte auch für
port und die Lagerung bis zur marken-
chen versehen. Per Tauchverfahren befüllt
den Gerolsteiner Sprudel Vorteile: Sie
gerechten Präsentation im Handel.
und mit einem Siegelverschluss abgedich-
waren nicht nur günstiger, sondern auch
tet, boten sie die erste sichere Verpackung
leichter und weniger bruchanfällig als die
für natürliches Mineralwasser.
bis dahin eingesetzten Tonkrüge. Dies
Als Wilhelm Castendyck vor 125 Jahren den Gerolsteiner Sprudel ins Leben rief, wird er sich über viele Dinge den Kopf zerbrochen haben. Etwa wie das Produkt genau heißen sollte, welches Markenzeichen es tragen würde oder wie er den Sprudel bekannter machen könnte. Nach einer geeigneten Verpackung musste er jedenfalls nicht lange suchen, denn Tonkrüge waren 1888 noch immer die Standardver-
Mineralwasser
fassten,
Der Wechsel zu den industriell gefertigten Glasflaschen hatte auch für den Gerolsteiner Sprudel Vorteile: Sie waren nicht nur günstiger, sondern auch leichter und weniger bruchanfällig als die bis dahin eingesetzten Tonkrüge.
packung für Mineralwasser. Gerolsteiner
Ab der Jahrhundertwende begann sich
bezog seine Tonkrüge aus dem Kan-
mit der Glasflasche eine neue Getränke-
nenbäckerland,
Kulturlandschaft
verpackung durchzusetzen. Für den Ver-
zwischen Westerwald und Mittelrhein-
braucher bot die Flasche viele Verbes-
tal, die seit dem 15. Jahrhundert über-
serungen gegenüber dem Tonkrug: Sie
regional für ihre Töpferware bekannt
war handlicher, wiederverschließbar und
war. Die Tonkrüge, die bis zu einem
ermöglichte, trotz ihrer grünen oder
einer
verringerte die Transportkosten erheblich und erlaubte den kostendeckenden Verkauf in weiter entfernte Gebiete. Mit den Glasflaschen änderten sich auch die Verschluss-Systeme: Konnten TonkrügeSiegel nach dem Öffnen nicht wieder verwendet werden, bot der sogenannte Innenverschraubverschluss die Möglichkeit, die Glasflasche mit Hilfe eines Dichtgummis wieder zu verschließen.
verpackung
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„Auch sonst werden wir ständig bemüht sein, in jeder Hinsicht ,vorn’ zu bleiben. So können unsere Kunden in Zukunft im Interesse einer schnellen und bequemen Abfertigung auf Wunsch mit Paletten beliefert werden. Die leichten, handlichen Kunststoffkisten werden in immer weiteren Bezirken eingesetzt werden.“ Valentin van Horn, ehemaliger Geschäftsführer, Gerolsteiner Sprudel
400.000 Füllungen pro Schicht: die Gerolsteiner Hebelverschlussflasche.
80
VERPACKUnG
Bei der Anfang der 1950er Jahre eingeführten Bügelflasche war der Hebelverschluss direkt an der Glasflasche befestigt, benötigte aber nach wie vor einen austauschbaren Gummiring. Erst der Drehverschluss der Brunnenein-
Die neuen Kisten waren auch bei den
dukt sämtliche dieser Stufen erfolgreich
heitsflasche der Genossenschaft Deut-
Kunden beliebt – mussten sie sich doch
durchlaufen hatte, wurde anhand der
scher Brunnen (GDB) bot 1970 eine prak-
nun nicht mehr mit den schweren und
prognostizierten Absatzchancen über die
tische Alternative. Auch die technischen
sperrigen Holzkisten abmühen.
tatsächliche Markteinführung entschie-
Möglichkeiten hatten Einfluss auf die Wahl
den – ein System, dessen Aufbau noch
des Verschluss-Systems: Bis in die 1960er
Die
Jahre mussten Hebelflaschen mangels
Deutschland für einen Wandel von einem
maschineller Möglichkeiten von Hand
Verkäufer- zu einem Käufermarkt, in dem
geschlossen werden. Eine Mammutauf-
sich die Ansprüche und Bedürfnisse der
gabe – denn innerhalb einer Acht-Stun-
Verbraucher ständig änderten. Die Ge-
den-Schicht wurden bis zu 400.000
tränkeindustrie und vor allem ein Mar-
Flaschen abgefüllt.
kenanbieter wie der Gerolsteiner Sprudel
Wirtschaftswunderzeit
sorgte
in
heute Bestand hat.
musste vermehrt in die Entwicklung neuer Für den Transport der ersten Glasflaschen
Produkte und Verpackungen investieren,
wurden noch sperrige Holzkisten genutzt,
um sich von anderen Marken abzugren-
die nicht nur schwer waren, sondern auch
zen und am Markt zu bestehen. 1965 legte
häufig defekt oder demoliert an ihrem
das Unternehmen erstmals Richtlinien
Zielort ankamen. Erst ab den 1960er
für die Produktentwicklung fest: neue
Jahren setzte Gerolsteiner testweise die
Produkte und Geschmacksrichtungen
ersten Transportpaletten und Kunststoff-
wurden zunächst getestet, mit moder-
kisten ein. Mit den aufkommenden Kunst-
nen Marktforschungsmethoden auf ge-
stoff kisten ließen sich die vormals perso-
schmackliche Eignung geprüft und zum
nal- und zeitintensiven Verladeprozesse
Probeverkauf in ausgewählten Testmärk-
nun schneller und bequemer abwickeln.
ten angeboten. Erst wenn ein Pro-
VERPACKUnG
81
Bei der Entwicklung neuer Produkte standen die Wünsche des Verbrauchers im Vordergrund, die wiederum gesellschaftlichen Trends folgten. So sorgte die „Reisewelle“ für eine erhöh-
Mit den geplanten Einwegverpackungen
ter in einer Kartonumhüllung ein Vorläufer
te nachfrage nach Zitrusfrüchten, was
sollten die Konsumenten ihren Durst auch
der heutigen Tetraverpackung war, konnte
1966 zur Einführung von Gerolsteiner
unterwegs löschen können. Geeignete Ab-
sich im Praxistest durchsetzen. Zu groß war
Grapefruit führte. Der „Gesundheitstrend“
nehmer wären vor allem mobile Verkaufs-
die Geschmacksbeeinträchtigung der ers-
brachte das kohlensäurereduzierte Gerol-
stellen, Tankstellen oder Campingplätze
ten Eisendosen, zu hoch die Bruchquote
steiner „Tafelwasser“ hervor, den Vorläufer
gewesen, aber auch Supermärkte, Waren-
bei den Einwegglasflaschen und zu groß
des heutigen Gerolsteiner Medium.
häuser
der nachteil, das Mineralwasser durch
und
Lebensmittelgroßhändler.
Die vorgeschlagene Dosenverpackung Die Broschüre „Gerolsteiner Informatio-
stieß beispielsweise bei den großen
nen“ berichtet 1968 davon, dass innerhalb
Luftfahrtgesellschaften auf Interesse.
der Getränkeindustrie ein rasanter Sortimentswechsel einsetzte und bestehende Produkte immer weiter verbessert wurden. Die Innovationen waren für den Gerolsteiner Sprudel eine Chance, die Marke mit dem roten Stern zu profilieren.
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VERPACKUnG
die Verpackung nicht sehen zu können.
„Wir haben gelernt, Verpackung bei Mineralwasser möglichst klar und transparent zu machen. Denn Wasser ist absolut klar und weil es ein Naturprodukt ist, will der Verbraucher es auch sehen können.“ Bernd Engelhaupt, ehemaliger Geschäftsführer Technik, Gerolsteiner Brunnen
Dazu gehörte auch die Gestaltung des
Im Vergleich zu Glasflaschen war sie
Etiketts, das einen möglichst hohen Wie-
leichter, konnte nicht zerbrechen und ließ
dererkennungswert haben sollte. In den
sich aufgrund ihres geringen Umfangs
1960er Jahren versuchte Gerolsteiner erst-
besser transportieren. Praxistaugliche Lö-
mals, neue Verpackungsmaterialien aus
sungen konnten aber in den 1960er Jah-
Einwegglas, Blech, Kunststoff oder Papier
ren noch nicht gefunden werden: Weder
einzusetzen. Ausschlaggebend dafür war
die Dose noch die Einwegglasflasche
die gestiegene Mobilität der Verbraucher.
noch der „Cubitainer“, der als Plastikbehäl-
„Als erster Brunnen führten wir ein natürliches Mineralwasser mit wenig Kohlensäure in einer grünen Flasche ein. Wir nannten es Tafelwasser, wohl wissend, dass dies eigentlich eine Bezeichnung für künstliches Mineralwasser war. Mit dem Begriff Tafelwasser wiesen wir auf einen besonderen, damals noch nicht üblichen Verwendungszweck hin: dem Konsum von Mineralwasser zum Essen. Aus dem Tafelwasser wurde die über Jahrzehnte sehr erfolgreiche Gerolsteiner Stille Quelle und das heutige Gerolsteiner Medium.“ Rolf Hermes, ehemaliger Verkaufsdirektor, Gerolsteiner Brunnen
Begleiter zum Essen: Gerolsteiner Tafelwasser, Vorläufer des Gerolsteiner Medium.
VERPACKUnG
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Als bedeutende branchenweite Mineralwasserverpackung kann sicher die Brunneneinheitsflasche der Genossenschaft Deutscher Brunnen gesehen werden. „Wir glauben mit einiger Sicherheit an-
die neu entwickelte Perlenflasche mit nur
Die uniforme Verpackung ließ jedoch nur
nehmen zu können, daß diese Flasche
26 Pfennig zu Buche schlug. Auch die
wenig Spielraum für individuelle Vertriebs-
sich im Markt durchsetzen und die bis-
Transporteure und Getränkegroßhändler
und Marketingmaßnahmen. Als Marke war
herige 0,7-Liter-Hebelflasche verdrängen
profitierten von der standardisierten Ver-
es schwierig, zwischen den identisch
wird“, lautete auch die Einschätzung des
packung, bestehend aus Glasflasche,
präsentierten Wässern hunderter anderer
Gerolsteiner Sprudel, der bereits während
Kunststoff kasten und Holzpalette.
Mineralbrunnen hervorzustechen. Abge-
der Entwicklungsphase an der Gestaltung mitwirkte. Bereits im Januar 1970 begann das Unternehmen mit der Auslieferung der 0,7-Liter-Einheitsflasche mit Drehverschluss und setzte damit als einer der ersten deutschen Mineralbrunnen auf das neue Gebinde. Schon nach kurzer Zeit war die „Perlenflasche“ mit ihrem unverwechselbaren Perlendekor am Flaschenhals bei den Verbrauchern beliebt – auch weil der
VERPACKUnG
sehen von dem eigentlichen Produkt konnte man sich nur durch die Etiketten und individuell bedruckbare Verschlüsse abheben. Für den Gerolsteiner Sprudel war es deshalb umso wichtiger, an einer verbesserten Flaschenausstattung zu arbeiten und die Aufmerksamkeit erregende Wirkung des Markenzeichens „Roter Stern“ zu erforschen. Im Sommer 1974 brachte der Gerolsteiner
neue Drehverschluss im Vergleich zur
Weil nahezu die gesamte Branche auf das
Sprudel mit der „Plasti-Shield-Flasche“
alten Hebelflasche einfacher zu bedienen
einheitliche System setzte, konnten ein-
eine neue Getränkeverpackung auf den
und bedeutend hygienischer war. Für die
heitliche Förderfahrzeuge für alle Paletten
deutschen Markt. Die Besonderheit dieser
deutschen Brunnenbetriebe bedeutete
genutzt werden. Ein weiterer Vorteil für
in den USA entwickelten Einwegflasche
die Einheitsflasche ein enormes Einspar-
die Händler war die verkaufsfördernde
lag in der Verbindung einer herkömm-
potenzial:
Wirkung der Qualität versprechenden
lichen Glasflasche mit einem Styropor-
Brunneneinheitsflasche.
Schutzmantel, der bei besserer Stabilität
Eine
Hebelverschlussflasche
kostete 50 Pfennig im Einkauf, während
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Schon nach kurzer Zeit war die „Perlenflasche“ mit ihrem unverwechselbaren Perlendekor am Flaschenhals bei den Verbrauchern beliebt – auch weil der neue Drehverschluss im Vergleich zur alten Hebelflasche einfacher zu bedienen und bedeutend hygienischer war.
„Wir waren alle identisch: 100 andere Brunnen in Deutschland mit einheitlichen Flaschen, Kisten und Verschlüssen. Das hatte natürlich riesige Handlings- und Kostenvorteile, aber innovativ war das sicher nicht.“ Bernd Engelhaupt, ehemaliger Geschäftsführer Technik, Gerolsteiner Brunnen
den Glasanteil deutlich verringerte. neben dem verminderten Transportgewicht bot die Styropor-Ummantelung einen um mehr als 30 Prozent höheren Isolationseffekt. Die neuen Flaschen waren deshalb nicht nur leichter, sondern hielten die Getränke auch länger kühl als es Glasflaschen konnten. Dennoch musste die „Plasti-Shield-Flasche“ schon im folgenden Jahr wieder aus dem Sortiment genommen werden, weil die herstellende Glashütte die Produktion einstellte und ein Import dieser Flaschen aus Amerika zu kostspielig gewesen wäre. Heute setzt Gerolsteiner im internationalen Geschäft auf verschiedene Leichtglasflaschen, die nach dem Prinzip der damaligen „PlastiShield-Flaschen“ funktionieren.
Der Klassiker: Die „Perlenflasche“ der Genossenschaft Deutscher Brunnen kam 1970 auf den Markt.
VERPACKUnG
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gourMet erobert die gastronoMie Als einer der ersten deutschen Mineralbrunnen führte Gerolsteiner 1992 eine exklusive Flasche für die Gastronomie und Hotellerie ein: die Gourmetflasche. Das hochwertige und durchsichtige
tritts nur wenig attraktiv erschien. nach
das neue Gourmetsortiment 1992 auf-
Flaschengebinde unterstrich dabei den
über 20 Jahren im Einsatz wurde 1977 mit
bauen. Der von Gerolsteiner geprägte
Anspruch, gerade auch in der Gastrono-
dem Austausch der markanten Einbrand-
Begriff „Gourmet“ ist bis heute zum
mie die führende Marke auf dem deut-
flasche begonnen. Die neuen Gastro-
unbestrittenen Synonym für spezielle
schen Markt zu werden. Die edle Ver-
nomieflaschen behielten die gewohnte
Gastronomiegebinde geworden.
packung sollte den Qualitätsanspruch
Vichy-Form bei, waren aber mit Papier-
unterstreichen. Ihren Vorgänger hatte die
etiketten versehen.
heutige Gourmetflasche in der 0,25-LiterEinbrandflasche, die in den 1950er Jahren
Es war Willi Schmittem, der als Verkaufs-
auf den Markt kam. Ihren namen ver-
leiter für Gastronomie und Großverbrau-
dankte die Flasche ihrem Etikett und der
cher 1983 den Bedarf der gehobenen
angedeuteten weißen Spitzenmanschette
Gastronomie an kohlensäurereduzierten
im Halsbereich, die fest in die Flasche
Mineralwasser
eingebrannt war. Damit war die Ein-
die Einführung von Gerolsteiner Stille
brandflasche einzigartig und sorgte für
Quelle in der 0,125-Liter-Gourmetflasche
einen hohen Wiedererkennungswert des
und schuf damit ein neues Marktseg-
Gerolsteiner Sprudel in der Gastronomie.
ment. Er war es auch, der bereits 1984
erkannte.
Er
forcierte
eine spezielle Tischkühlbox für den
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VERPACKUnG
Die verschiedenen Etikettenversionen
Gerolsteiner Sprudel entwickelte und
hatten sich wortwörtlich in die Flaschen
die Marke innerhalb kürzester Zeit in
eingebrannt. So konnte es vorkommen,
der
dass sich in einem Kasten unterschiedlich
etablierte. Seine Kühlbox verkaufte sich
etikettierte Gebinde wiederfanden, was
allein in den ersten fünf Jahren über
aus Sicht eines einheitlichen Markenauf-
10.000 Mal. Auf diesem Erfolg konnte
Konferenz-
und
Tageshotellerie
„Ein großer Schritt war für mich die Einführung der Gastro-Individualflasche, die wir als erstes deutsches Mineralbrunnenunternehmen eingeführt haben. Diese schöne Formflasche hat großen Erfolg in der Gastronomie, weil es eben ein wirklich schönes Gebinde ist.“ Hans-Jürgen Mertes, ehemaliger Geschäftsführer kaufmännischer Bereich, Gerolsteiner Brunnen
Von der Einbrandflasche bis zum Gourmetgebinde: Gerolsteiner auf dem Weg zu einer der führenden Gastronomiemarken.
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die MineralwasserverPackung wird neu erfunden Es gibt nur wenige Innovationen in der Mineralbrunnenindustrie, über deren revolutionären Charakter sich alle einig sind. Bei der im Jahr 1998 eingeführten 1-Liter-
damaligen
überhaupt
mitgebracht, wo sich ähnliche Flaschen
Mehrwegflasche aus Polyethylentereph-
Kunststoff verpackungen akzeptiert hät-
bei den Verbrauchern sehr gut verkauf-
thalat (PET) ist dies jedoch der Fall:
ten, war im Übrigen auch nicht abzu-
ten. nachdem er seine beiden Geschäfts-
Zu groß waren die Auswirkungen auf die
sehen. Eine 1979 durchgeführte Studie
führerkollegen von der Idee überzeugte
gesamte Mineralwasserbranche, nach-
des Bundesministeriums für Forschung
hatte, gab es kein Zurück mehr.
dem Gerolsteiner als erster Brunnen-
und Technologie über die bevorzugten
betrieb eine PET-Flasche für kohlensäure-
Getränkeverpackungen kam zu dem
haltiges Mineralwasser auf den Markt ge-
Ergebnis, dass die deutschen Verbraucher
bracht hatte.
Pfandflaschen bevorzugten. An zweiter
Konsumenten
Stelle wurden Einwegflaschen genannt, Doch wie so oft in der 125-jährigen
erst danach folgten Dosen-, Papier- und
Markengeschichte liegen die Anfänge
schließlich Kunststoff verpackungen.
viel weiter zurück – im Fall der Kunstder 1960er Jahre war das Unternehmen
„Die Entscheidung war gefallen: vorwärts und durch – Kapitulieren stand nicht im Plan.“
der Frage nachgegangen, ob Kunststoff-
Dr. Peter Traumann, ehemaliger Vorsitzender der Geschäftsführung, Marketing und Vertrieb, Gerolsteiner Brunnen
stoff flasche sogar 30 Jahre: Bereits Ende
flaschen sich als Verpackung für kohlen-
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VERPACKUnG
säurehaltige Getränke eignen könnten.
Anfang der 1990er Jahre beschäftigte
Die Ergebnisse waren jedoch ernüch-
sich
ternd, weil die damals eingesetzten
Dr. Peter Traumann ganz neu mit der
Kunststoffe den Geschmack verfälschten
Entwicklung einer Mehrweg-Getränke-
und
hochwertige
verpackung aus PET für Mineralwasser.
Mineralwasser der Marke Gerolsteiner
Die Idee dazu hatte er von einer
nicht in Frage kamen. Inwiefern die
Geschäftsreise in die Vereinigten Staaten
deshalb
für
das
der
damalige
Geschäftsführer
„Zu viele Neuheiten können ein Unternehmen ganz schön alt aussehen lassen und zu wenig Neuheiten lassen ein Unternehmen auf jeden Fall alt aussehen. Ohne Innovationen und ohne Weiterentwicklung lässt sich keine Marke erhalten.“ Dr. Peter Traumann, ehemaliger Vorsitzender der Geschäftsführung, Marketing und Vertrieb, Gerolsteiner Brunnen
Revolutionierte die Mineralwasserbranche: die erste PET-Mehrwegflasche für Mineralwasser.
VERPACKUnG
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„Es gab aber Dr. Traumann, der sagte, das machen wir, das Ding ziehen wir durch. Du stellst mir die Flasche auf den Tisch, und ich verkaufe die. Und dann gab es Herrn Mertes, der sagte, Engelhaupt, wenn das Ding in die Hose geht, haben wir ein Problem. Ich trage das alles mit, aber Sie müssen mir garantieren, dass das qualitativ stimmt. Ich sagte, Herr Mertes, vorher kommt die Flasche nicht auf den Markt.” Bernd Engelhaupt, ehemaliger Geschäftsführer Technik, Gerolsteiner Brunnen
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VERPACKUnG
Damit begann 1993 ein langwieriges und schwieriges Unterfangen, denn die handelsüblichen PET-Flaschen waren damals weder geschmacks- noch geruchsneutral. Die anfängliche Schwierigkeit bestand
Folienetikett über die PET-Flasche zu
angesehen werden. Die PET-Mehrweg-
zunächst darin, die Rohstoff hersteller
bringen, das war schon abenteuerlich; es
flasche legte den Grundstein für eine
für die notwendige Entwicklung eines
wieder runterzubekommen, das war
deutschlandweite
geschmacksneutralen PET-Granulats zu
noch abenteuerlicher“, beschreibt Bernd
brachte Gerolsteiner dem Ziel, eine
gewinnen. Die größte Herausforderung
Engelhaupt den Prozess. Trotz aller Hin-
nationale Marke zu werden, einen
war es jedoch, gegen die Widerstände
dernisse und einer fünfjährigen Entwick-
großen Schritt näher.
der deutschen Brunnenindustrie, der
lungszeit war die 1998 eingeführte
Umweltverbände und der Lebensmittel-
1-Liter-PET-Mehrwegflasche nichts Ge-
einzelhändler eine individuelle Lösung
ringeres als einer der wichtigsten Meilen-
für die Marke Gerolsteiner zu entwickeln.
steine in der 125-jährigen Geschichte der
Die spezifische Gestaltung betraf nicht
Marke Gerolsteiner.
nur die PET-Flasche selbst, sondern auch
„Im Grunde genommen waren wir immer Vorreiter – und das war eine spannende Geschichte. Denn wir hatten ein Ziel, bei dem wir sicher waren, es zu erreichen, auch wenn auf allen Ebenen eigentlich nur dagegen geschossen wurde.”
die Flaschenausstattung, bestehend aus Etikett und Verschluss. Gerade im Bereich der Etikettierung wurde eine neue Lösung benötigt, weil sich die bisher genutzten Klebstoffe nicht für Kunststoff eigneten. Es wurden deshalb Folieneti-
Distribution
und
Bernd Engelhaupt, ehemaliger Geschäftsführer Technik, Gerolsteiner Brunnen
ketten und eine spezielle Maschine ent-
Die neue PET-Flasche war nicht nur leich-
wickelt, die mittels eines Wasserstrahls
ter als ihre Glaskonkurrenz, sondern
die Etiketten auch wieder rückstandslos
gleichzeitig unzerbrechlich – zwei Eigen-
entfernen konnte, ohne die Flasche dabei
schaften, die von den Verbrauchern seit-
zu beschädigen. „Das neu entwickelte
dem als geradezu selbstverständlich
VERPACKUnG
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glas erlebt eine renaissance Trotz des durchschlagenden Erfolgs der PET-Verpackung hatte Glas nach wie vor seinen treuen Kundenstamm. Im Jahr 2010 komplettierte Gerolsteiner sein Verpackungssortiment um eine 1-Liter-Glas-Mehrwegflasche in einem handlichen 6er-Kasten. Das neue Glasgebinde war die erste bundesweite neueinführung einer Glasflasche im Jahr 1970. Es spricht vor allem
„Das Unternehmen muss die Verpackungen bringen, die der Verbraucher wünscht, dann ist es erfolgreich.“
diejenigen Verbraucher an, die Mineral-
Hans-Jürgen Mertes, ehemaliger Geschäftsführer kaufmännischer Bereich, Gerolsteiner Brunnen
verpackung seit der Brunneneinheits-
wasser aus Glasflaschen bevorzugen. Mit der Gerolsteiner Klassikflasche haben sie eine zeitlose Alternative zum Einheitsgebinde erhalten. Damit werden die Gerolsteiner Mineralwässer und Erfrischungsgetränke auf Mineralwasserbasis in den drei heute gängigen Gebinden Glas-Mehrweg, PETMehrweg und PET-Einweg angeboten. Doch während sich die Verpackungen im Laufe der Zeit immer wieder den Kundenwünschen anpassten, hat sich am Gerolsteiner Mineralwasser und seiner ursprünglichen Qualität nichts geändert.
92
VERPACKUnG
„Gerade die marken- und qualitätsbewussten Verbraucher empfinden Glasflaschen als höherwertige Gebinde für Mineralwasser und entscheiden sich gezielt dafür.“ Axel Dahm, Vorsitzender der Geschäftsführung, Marketing, Vertrieb und International, Gerolsteiner Brunnen
Zeitlose Alternative für Ästhetiker: die Gerolsteiner Glas-Mehrwegflasche.
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93
1888
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1900
1936
1958
1970
1998
2008
2010
VERPACKUnG
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„Die Investitionen in innovative Abfülltechnologie, modernste Lagerkapazität und optimierte Abläufe, die der Gerolsteiner Brunnen alle aus eigener Kraft getätigt hat, sind Teil unserer Qualitätsstrategie und sichern auch für die Zukunft die Wettbewerbsfähigkeit des Unternehmens am Standort Gerolstein.” Ulrich Rust, Geschäftsführer Technik, Gerolsteiner Brunnen
Grundstein des Gerolsteiner Erfolgs: motivierte Mitarbeiter und modernste Maschinen.
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VERPACKUnG
investitionen für die zukunft Entscheidende Voraussetzung für den Erfolg des Unternehmens und der Marke Gerolsteiner war neben der Produkt- und Verpackungsentwicklung immer auch eine hohe Innovationsbereitschaft im Bereich Technik. Den Konsumentenbedürfnissen folgend,
eine hohe Flexibilität beim Bedienen der
entwickelt sich Gerolsteiner seit 2007 vom
nachfrage. Die neue Technik und Logistik
klassischen Mineralbrunnen zum moder-
gewährleisten, dass der Standort euro-
nen Abfüller von Mineralwasser und Er-
paweit einzigartig für die Zukunft ge-
frischungsgetränken. Doch um die kom-
wappnet ist. Profitieren werden davon
plexe Verpackungsvielfalt bedienen zu
Kunden und Konsumenten, Mitarbeiter
können, mussten die erforderlichen Strukturen erst geschaffen werden. Im Jubiläumsjahr 2013 wird dieses wohl bedeutendste Investitionsprogramm in der 125jährigen Geschich-
Die neue Technik und Logistik gewährleisten, dass der Standort europaweit einzigartig für die Zukunft gewappnet ist. Profitieren werden davon Kunden und Konsumenten, Mitarbeiter und das Unternehmen.
und
das
Unter-
nehmen. Möglich wurde dieses umfangreiche Projekt durch ein durchdachtes Konzept, hoch
motivierte
Mitarbeiter in der Umsetzung
und
durch Gesellschaf-
te abgeschlossen und damit ein neues
ter, die an die Zukunft der Marke
Kapitel für Gerolsteiner aufgeschlagen.
glauben und – wie in den vergangenen
Produktion, Verladung und Versand von
125 Jahren – bereit sind, das Unternehmen
Einweg- und Mehrwegprodukten wur-
zu unterstützen.
den gänzlich neu strukturiert und für beide Verpackungsformen eigene Bereiche geschaffen. Das ermöglicht nicht nur kurze Wege, effiziente Abläufe und
VERPACKUnG
97
HERKUnFT UnD QUALITÄT
der regen Macht den anfang Wasser, Luft und Sonne sind die drei wichtigsten Elemente, die Leben auf der Erde überhaupt erst ermöglichen. Der Mensch, dessen Körper je nach Alter zu 50 bis 80 Prozent aus Wasser besteht, benötigt es für seine eigene Funktionsweise ebenso wie zur Kultivierung seiner nahrung. Wasser kommt als niederschlag auf die Erde, versickert oder fließt ins Meer, verdunstet und kommt erneut als Regen oder Schnee zurück. Teil dieses Wasserkreislaufes ist auch das Gerolsteiner Mineralwasser.
Was so einfach klingt, beruht auf geologischen Besonderheiten der Region Gerolstein und ist mit vielen gezielten Qualitätsmaßnahmen verbunden. Sein Weg führt es durch den Boden der Westeifel bis tief in die Gerolsteiner Mulde und wieder hinauf, wo es in Flaschen abgefüllt wird und seine Konsumenten findet. Beides macht das Gerolsteiner Mineralwasser zu einem „Wasser mit Stern“.
100
HERKUnFT
Zeugen bis heute vom Vulkanismus in der Eifel: die Maare.
HERKUnFT
101
Der Schatz aus der Vulkaneifel Deutschland zählt in Europa zu den Ländern, die über viele Mineralwasservorkommen verfügen. Innerhalb Deutschlands gehören das
wie entsteht Mineralwasser eigentlich?
noch nicht in verschiedene Kontinente
Rheinland mit Eifel, Taunus und Ruhr-
Und was unterscheidet Gerolsteiner Mine-
geteilt war. Die Erdoberfläche war über-
gebiet, der Schwarzwald, Westfalen und
ralwasser von anderen Mineralwässern?
wiegend im Meer versunken, und die Eifel
der Harz zu den mineralwasserreichen
glich eher einer Insel, die aus diesem
sche Wässer sind vorwiegend calcium-
Das bekannteste davon ist Gerolsteiner aus der Vulkaneifel. Es ist sowohl durch Dolomit als auch Vulkanismus geprägt, was es zu einem ganz besonderen Wasser macht.
und sulfatreich. In Norddeutschland herr-
Mineralwasser entsteht aus Oberflächen-
Jahrtausenden Erdplatten übereinander-
schen salzhaltige und gering minerali-
wasser, insbesondere Regenwasser. Rund
schoben, wurden diese versteinerten Riffe
sierte Mineralwässer vor, während die
20 Prozent des Niederschlags finden ihren
herauf- und herabgedrückt. So entstan-
Schiefergebirgswässer durch den Vul-
Weg in tiefere Erdschichten und versickern
den die bis heute weithin sichtbaren
kanismus viel Kohlensäure, Magnesium
durch Klüfte, Risse und Spalten im Gestein
Gerolsteiner Dolomitfelsen und das unter-
und Hydrogencarbonat enthalten. Da-
langsam in der Tiefe. Die Besonderheit
irdische, mineralhaltige Devongestein. Milli-
neben gibt es noch einige wenige
des Gerolsteiner Mineralwassers besteht
onen von Jahren später folgte die Zeit des
Wässer, die durch Dolomitgestein sehr
in dem Aufeinandertreffen calcium- und
Vulkanismus. Das Hauptvulkanfeld liegt
calciumhaltig sind. Das bekannteste da-
magnesiumreicher devonischer Gesteins-
zwischen Hillesheim, Dockweiler, Daun
von ist Gerolsteiner aus der Vulkaneifel.
schichten mit Kohlensäure vulkanischen
und Gerolstein, wo sich die zwei Vulkan-
Es ist sowohl durch Dolomit als auch
Ursprungs. Das mineralhaltige Gestein
gebiete Westeifel und Hocheifel kreuzen.
Vulkanismus geprägt, was es zu einem
stammt aus einer Zeit vor etwa 350 Millio-
ganz besonderen Wasser macht. Aber
nen Jahren, als die Landschaft geologisch
Gebieten. Die mineralische Zusammensetzung, und damit der Geschmack der Wässer, hängen von den vorherrschenden Erd- und Gesteinsschichten im jeweiligen Quellgebiet ab und sind daher regional sehr unterschiedlich. Süddeut-
102
herkunft
Meer herausragte. Vor allem lag die Eifel zu dieser Zeit noch südlich des Äquators. In dem karibischen Klima bildeten Muscheln und Korallen Kalkriffe, die in der Folgezeit gemeinsam mit Überbleibseln von Panzerfischen und weiteren Tieren versteinerten. Dadurch dass sich in den folgenden
Vor 350 Millionen Jahren lag die Eifel südlich des Äquators.
HERKUnFT
103
„Wir befinden uns in einer von der Geologie bevorteilten Region, und das allein sehe ich als Marketingkonzept, was uns nach vorne gebracht hat. Die Strategien, die dahinterstanden, ob die Werbung, die Flasche oder der Vertrieb, sind mit Sicherheit wichtig, aber das Produkt selbst ist der Ursprung des Erfolgs.“ Paul Surges, langjähriger Mitarbeiter des Gerolsteiner Brunnen im Bereich Technik
Vulkanische Kohlensäure löst Calcium und Magnesium aus dem Dolomitgestein.
104
HERKUnFT
In Gerolstein sickert der Niederschlag zuerst durch den Mutterboden, die oberste Erdschicht, dann durch Dolomitgestein und zuletzt durch eine Schicht dolomitischen Kalks. Die darunter liegende Schicht roten
hohen Grad der Mineralisierung, denn erst
Nordosten bei Hohenfels. Auf ihr befin-
Sandsteins stoppt die Versickerung, da
durch die Kohlensäure können die Mine-
det sich heute auch das Werksgelände
das Material wasserundurchlässig ist. So
ralien aus dem sonst wasserunlöslichen
des Gerolsteiner Brunnen. Das Gerolsteiner
entsteht auf dieser Gesteinsschicht etwa
Dolomitgestein herausgelöst werden.
Mineralwasser ist also Ergebnis natürlicher,
200 Meter unter der Erdoberfläche das Tiefenwasservorkommen, das als Mineralwasser gewonnen wird. Die darin enthaltene Kohlensäure ist ebenfalls Folge des Vulkanismus: Tief im Erdinneren befindet sich noch heißes Magma, das nur langsam
Das Gerolsteiner Mineralwasser ist also Ergebnis natürlicher, klimatisch-geologischer Prozesse der letzten Millionen Jahre.
abkühlt. In seinem Erkaltungsprozess kann
Aus diesem Grund ist ein Wasser mit
es Kohlenstoff nicht aufnehmen. Der freie
viel natürlicher Kohlensäure, wie der
Kohlenstoff verbindet sich dann mit Sau-
Gerolsteiner Sprudel, üblicherweise stär-
erstoff und steigt als Gas (Kohlendioxid)
ker mineralisiert als andere Mineralwässer.
klimatisch-geologischer Prozesse der letzten Millionen Jahre. „Wir müssen dem lieben Gott danken, dass er diese Region geschaffen hat – mit diesem unglaublich guten Rohstoff“, so Ulrich Rust, Geschäftsführer Technik des Gerolsteiner Brunnen.
durch dieselben Gesteinsklüfte auf, durch die das Regenwasser herabsinkt. Das Was-
In Gerolstein beendet das ursprüngliche
ser verändert sich während des Herab-
Oberflächenwasser nach 50 bis 100 oder
sinkens also in dreierlei Weise: Es wird
mehr Jahren seinen Weg in die Tiefe und
gereinigt und gefiltert, nimmt das Gas in
sammelt sich in der etwa 12 mal 5 Kilo-
sich auf und löst Mineralien. So wandelt
meter großen Gerolsteiner Mulde – eine
es sich von einstigem Oberflächenwasser
geologische Gesteinsformation, die in
in wertvolles Mineralwasser. Mit der Koh-
der Tiefe wie eine Art Kessel geformt ist.
lensäure hat es dabei eine besondere Be-
Sie erstreckt sich vom Südwesten etwas
wandtnis: Sie ist verantwortlich für den
westlich von Lissingen aus bis nach
herkunft
105
die feinen unterschiede beiM geschMack Gerolsteiner Sprudel und Gerolsteiner Medium gehören mit über 2.500 mg gelösten Mineralstoffen je Liter zu den hoch mineralisierten Wässern, Gerolsteiner naturell ist mit 885 mg im Vergleich zu seinen kohlensäurefreien Pendants ebenfalls einer der Spitzenreiter. Menge und Art der Mineralien in Mineral-
Dosis täglicher Mineralstoff zufuhr zugrun-
Geschmack der Mineralwässer. Einige In-
wässern hängen von der Schichtung der
de, so deckt ein Liter Gerolsteiner Sprudel
haltsstoffe sind dabei besonders heraus-
verschiedenen Gesteine und dem Vorhan-
bereits ein Drittel des Calciumbedarfs
stechend:
densein von Kohlensäure ab. Das Wasser
sowie ein Viertel des Magnesiumbedarfs.
Sulfatwerte als bittere note nieder, die
der Gerolsteiner Mulde ist calcium- und
Dabei kann der Körper die im Mineralwas-
Kombination von natrium und Chlorid
magnesiumhaltig. Legt man die von der
ser gelösten Stoffe sehr gut aufnehmen.
dagegen, die den Kochsalzgehalt des
Deutschen Gesellschaft für Ernährung für
Die unterschiedliche mineralische Zusam-
Wassers ausmacht, schmeckt salzig. Das
Jugendliche und Erwachsene empfohlene
mensetzung ist verantwortlich für den
Gerolsteiner Mineralwasser enthält von
süß
106
HERKUnFT
sauer
salzig
So
schlagen
sich
bitter
hohe
solchen Inhaltsstoffen lediglich sehr gerin-
Inhaltsstoffe aufzuspüren. Carl Remigius
Castendyck wandte sich daher nicht
ge Mengen. Stattdessen verbinden sich
Fresenius hatte 1848 ein Anwendung-
zufällig direkt nach Gründung des
Calcium, Magnesium, Hydrogencarbonat
orientiertes chemisches Laboratorium
Gerolsteiner Sprudel an Fresenius und
und natürliche Quellkohlensäure zu einem
gegründet, das für Behörden, Privatper-
legte damit den Grundstein für eine bis
leichten, ausgewogenen Geschmack.
sonen, Handel und Industrie chemische
heute andauernde Zusammenarbeit.
Analysen durchführte. 1849 tätigte er Eine hohe Mineralisierung steht in
seine erste Mineralwasseranalyse für
Deutschland in gutem Ruf und wird
einen Brunnen im Taunus und konnte
von vielen Konsumenten als entschei-
bereits Werte bis zu vier Stellen hinter
dender Vorteil gegenüber Leitungswas-
dem Komma messen.
ser geschätzt. Dies war jedoch nicht immer so, denn Mineralstoffe und ihre Herkunft mussten erst einmal entdeckt und verstanden werden. Schmecken, Riechen, Schauen und Verdunsten waren lange Zeit die hauptsächlichen „Analysemethoden“ zur inhaltlichen Bestimmung
Schmecken, Riechen, Schauen und Verdunsten waren lange Zeit die hauptsächlichen „Analysemethoden“ zur inhaltlichen Bestimmung des Wassers.
des Wassers. Als Erster vermutete Johann
Auch hygienisch-bakteriologische Unter-
Günther von Andernach Mitte des
suchungen gehörten zur Angebotspalet-
16. Jahrhunderts, dass Mineralwasser
te des Instituts. Das Chemische Labora-
seinen Inhalt aus dem Gestein bezieht.
torium Fresenius in Taunusstein erlangte
Der Chemie, die sich im 19. Jahrhundert
schnell auch international großes Anse-
als eine der neuen Wissenschaftsdiszipli-
hen durch Analysemethoden mit hohem
nen etablierte, gelang es schließlich, die
wissenschaftlichem Anspruch. Wilhelm
HERKUnFT
107
kleine wasserkunde Die Mineral- und Tafelwasserverordnung (MTVO)– das „Grundgesetz“ der Mineralbrunnen. Mineralwasser unterliegt strengen recht-
beschlossenen Eckdaten wurden 1934
lichen Bestimmungen. Traditionell wurde
durch die Tafelwasserverordnung gesetz-
dabei in Deutschland viel Wert auf die
lich fixiert und galten bis zu ihrer teil-
Menge der Mineralstoffe gelegt. Das 1907
weisen Revision durch die Europäische
erschienene Bäderbuch, ein Standard-
Gemeinschaft 1980. Die Änderungen
werk für Mineralbrunnen mit einem
wurden nötig, da es durch unterschied-
„Verzeichnis
aller
Mineralquellen, Seebäder und Luftkurorte“,
listete
die
Menge der gelösten
Eine erste grundsätzliche Regelung zu Mineralwasser waren die Nauheimer Beschlüsse von 1911.
Mineralwasser
über zu
Problemen im internationalen Handel
gekommen war. 1984 wurde die EU-Richt-
Eine erste grundsätzliche Regelung zu
linie über die MTVO in deutsches Recht
Mineralwasser waren die nauheimer
umgesetzt. Zuletzt 2006 ergänzt und
Beschlüsse von 1911. Hier hatte sich die
aktualisiert, bestimmt die MTVO, welche
Mineralwasserbranche auf grundlegende
Wässer sich wie nennen dürfen, welche
Begriffe und Verfahrensweisen zu ver-
Grenzwerte einzuhalten sind und welche
schiedenen Wassersorten und Deklara-
Verfahren in der Produktion erlaubt sind.
tionen geeinigt. Die nauheimer Beschlüs-
Sie sorgt daher dafür, dass Wasser, das
se bauten auf dem Bäderbuch auf und
als „natürliches Mineralwasser“ in den
legten für Mineralwasser fest, dass es
Handel gelangt, grundsätzlich eine hohe
über mindestens 1.000 mg gelöste Mine-
Qualität hat.
als freiwillige Übereinkunft der Branche
HERKUnFT
stimmungen
Mineralien in den einzelnen Wässern auf.
ralien verfügen musste. Die in nauheim
108
liche nationale Be-
Qualit채t steht von jeher an erster Stelle: Gerolsteiner Labor in den 1970er Jahren.
HERKUnFT
109
Dass Mineralwasser in seiner korrekten Bezeichnung „natürliches Mineralwasser“ heißt, hat seinen Grund in der Geschichte. „natürliches Mineralwasser” musste vom
werden. nur sehr wenige genau fest-
jedes Heilwasser eine gesundheitsprophy-
„künstlichen Mineralwasser“ abgegrenzt wer-
gelegte Bestandteile wie Eisen und Schwefel
laktische oder heilende Wirkung z. B. durch
den, das bis zu Beginn des 20. Jahrhunderts
dürfen, da sie den Geschmack oder das
eine außergewöhnliche Konzentration eines
noch eine Rolle spielte. Heutzutage ist Mine-
Aussehen beeinträchtigen, durch festge-
bestimmten Wirkstoffs nachgewiesen wer-
ralwasser bestimmt als ein Wasser, das aus
legte Verfahren entfernt werden. Bereits ge-
den muss. Hierfür müssen umfangreiche
einem unterirdischen, vor Verunreinigungen
ringe Mengen an Eisen flocken aus, sodass
Tests durchlaufen werden. Tafelwasser war
geschützten Wasservorkommen stammt,
die im Wasser schwimmenden Eisenpartikel
noch in der Tafelwasserverordnung von
zu einer bräunlichen
1934 der Oberbegriff für Mineralwasser,
Trübung des Wassers
mineralarmes
führen. Die Behandlung
Mineralwasser. Seit der MTVO von 1984 ist
muss auf dem Etikett
es der moderne Begriff für künstliches Mine-
als
oder
ralwasser und grenzt sich daher von natür-
„entschwefelt“ vermerkt
lichem Mineralwasser klar ab. Tafelwasser ist
frei sein und bis in die Verpackung auch
werden. Außerdem darf dem Mineral-
quellenungebundenes Wasser. Es kann
bleiben, was Behörden durch wiederholte
wasser Kohlensäure entzogen und zuge-
aus Mineralwasser, Meerwasser, Trinkwasser
Tests sichern. Es darf im Gegensatz zu Trink-
setzt werden.
oder Wassermischungen hergestellt werden
aus natürlichen oder künstlich erschlossenen Quellen gewonnen und direkt am Quellort abgefüllt wird. Es muss mikrobiologisch einwand-
Neben Mineralwasser gibt es weitere Wassertypen, die für Konsumenten nicht immer leicht zu unterscheiden sind.
„enteisent“
wasser nicht desinfiziert werden, allerdings
110
HERKUnFT
Wasser
und
künstliches
und es dürfen ihm Stoffe, insbesondere Sal-
wirkt die Kohlensäure auf natürliche Weise
neben Mineralwasser gibt es weitere Was-
ze und Kohlensäure, zugesetzt werden.
konservierend. Der natürliche Mineralien-
sertypen, die für Konsumenten nicht immer
Quellwasser wiederum unterliegt ähnlichen
gehalt des Wassers darf nur leichten
leicht zu unterscheiden sind. Heilwasser ent-
Bestimmungen wie Mineralwasser, muss
Schwankungen unterliegen, und für die-
spricht hinsichtlich der Vorgaben zur Quelle
jedoch nicht amtlich genehmigt werden
jenigen Wässer, die weniger als 1.000 mg
und zur Gewinnung den Bestimmungen für
und weniger strengen Auflagen hinsicht-
gelöste Mineralien enthalten, muss eine
Mineralwasser. Es unterliegt aber dem Arz-
lich einer konstanten Mineralienzusammen-
ernährungsphysiologische Wirkung belegt
neimittelrecht und dieses besagt, dass für
setzung genügen.
Gut geschützt: Vom Ursprung bis in die Flasche Die Qualität des Tiefenwassers in der Gerolsteiner Mulde ist weitgehend das Ergebnis eines Naturprozesses. Dennoch kann und muss man einiges zu seinem dauerhaften Schutz tun. Die Reinheit einer Quelle garantiert noch nicht,
In der Gerolsteiner Mulde,
dass das Wasser auch in dieser Form in
einem 12 mal 5 Kilometer
der Flasche und beim Verbraucher an-
großen Gebiet zwischen
kommt. Dabei bilden verschiedene Ge-
den Orten Lissingen im
setze wie die Mineral- und Tafelwasserver-
Südwesten und Hohenfels
ordnung die Basis des Wirtschaftens und
im Nordosten, liegen die
beziehen viele Akteure, von Ämtern bis
Gerolsteiner Quellen.
hin zu geprüften Instituten, in den Produktionsprozess ein. Die Mineralwasserabfüllung unterliegt damit einer ständigen Prüfung durch das Unternehmen und externe Institutionen. Der Gerolsteiner Brunnen hat sich zu einem Nachhaltigkeitsprogramm verpflichtet, das in vielen Aspekten über das gesetzlich geforderte Maß hinausgeht. Es besteht aus vier Säulen: Quell- und Produktschutz, Umweltschutz, Gesundheit und Wohlbefinden sowie soziale Verantwortung. Für den Bohr- und Füllprozess sind insbesondere der Quell- und Produktschutz sowie der Umweltschutz relevant.
herkunft
111
Quellschutz bei der Förderung Die Qualitätssicherung beginnt bereits vor der wirtschaftlichen Nutzung der Quelle, im Verlauf des dafür notwendigen Genehmigungsverfahrens. Daran beteiligt sind die Geologischen
Der
sich
zu den Erdvorräten Stellung beziehen und
Landesämter, die das Einzugsgebiet mit
schon früh aktiv darum gekümmert,
die „dauernd maximal gewinnbare Menge
seinen Fließrichtungen zu den Quellen
ein Versiegen des Wasserbestandes der
an Mineralwasser und Kohlensäure“ ermit-
prüfen und messen. Sie legen unter
Gerolsteiner Mulde zu vermeiden. Das
teln, „ohne dass Raubbau betrieben und
Berücksichtigung des durchschnittlichen
älteste überlieferte hydrologische Gut-
ohne dass der Quellenmechanismus ge-
Niederschlags, der in Gerolstein bei etwa
achten stammt von Geologierat Dr. Dieter
stört wird“. Die nachhaltige Förderung des
700 Liter je Quadratmeter jährlich liegt,
Pfeiffer vom Niedersächsischen Landes-
Mineralwassers ist bis heute Thema des
fest, welche Wassermenge maximal ent-
amt für Bodenforschung in Hannover.
Unternehmens. Professor Dr. Frank Sirocko,
nommen werden darf: nämlich lediglich so viel, wie durch Versickern wieder nachkommt. Am Genehmigungsverfahren beteiligt ist auch die Wasserschutzbehörde, die das Wassernutzungsrecht erteilt. Auch sie prüft die maximale Fördermenge, indem bei den Pump-
112
herkunft
Gerolsteiner
Brunnen
hat
Der Gerolsteiner Brunnen hat sich schon früh aktiv darum gekümmert, ein Versiegen des Wasserbestandes der Gerolsteiner Mulde zu vermeiden.
Geologe an der Universität Mainz und Fachkenner der Eifeler Hydrogeologie, betont, dass Brunnenbetriebe eine besondere Verantwortung für die Region haben: „Ihre Mineralwasserförderung kann, selbst bei Erfüllung aller Auflagen und Einhaltung aller Regelungen, Konsequenzen
proben Pegelmessungen des Wasser-
Das Unternehmen beauftragte ihn 1968
für die Trinkwasserversorgung der Region
spiegels durchgeführt werden. Diese
damit zu prüfen, inwiefern eine Erhöhung
haben. Gerolsteiner gehört dabei zu
Messungen dienen der Limitierung der
der Füllzahlen möglich sei. Demnach
denjenigen Betrieben, die dieser Ver-
geförderten Menge, sodass ein zu star-
war Gerolsteiner der Ansicht, dass die
antwortung durch vorausschauendes und
kes Absinken des Wasserspiegels verhin-
Abfüllung einer „haushälterischen Bewirt-
nachhaltiges Verhalten gerecht werden.“
dert wird. Pegelmessungen begleiten
schaftung“ bedürfe und sie sich nicht
auch die nach der Genehmigung erfol-
„schädigend auf die gesamten Mineral-
Eine
gende Wasserförderung und sichern die
wasservorkommen“
Gerolsteiner
stets mit einer Probebohrung, um die
Einhaltung der maximalen Fördermenge.
Mulde auswirken dürfe. Pfeiffer sollte
Qualität des Wassers und seine Verfüg-
der
Mineralwasserförderung
beginnt
„Ich glaube, es gibt kaum einen in der Branche, der sich seine Quellen so intensiv anschaut, wie wir das tun, und die entsprechenden Konsequenzen aus den Ergebnissen zieht: von der Quellreinigung bis zur Quellpflege usw. Das ist natürlich mit einem sehr hohen personellen und auch finanziellen Aufwand verbunden – aber das ist es auf jeden Fall wert.“ Ulrich Rust, Geschäftsführer Technik, Gerolsteiner Brunnen
barkeit zu erfahren. Erst wenn der Test erfolgreich war, das Wasser also dem gewünschten Grad an Mineralisierung entspricht, beginnt der eigentliche Brunnenbau. Dazu werden Edelstahlrohre in den Boden eingelassen, die mit Schlitzen versehen sind. Durch diese dringt in den unteren Gesteinsschichten das Wasser in den Bohrhals. Um die Schlitze herum wird ein Kiesbett angelegt und das Rohr nach oben gegen Oberflächenwasser abgedichtet. Je nach geologischer Formation sind die Quellen unterschiedlich tief. In der Bundesrepublik Deutschland sind 80 Prozent der Quellen weniger als 80 Meter tief, in Gerolstein kommt das Wasser aus einer Tiefe von etwa 120 bis 180 Metern.
Erst wenn die Probebohrung (hier 2003) erfolgreich ist, das Wasser also der gewünschten Mineralisierung entspricht, erfolgt der Brunnenausbau.
HERKUnFT
113
Produktschutz in der Abfüllung Die Produktsicherung ist eine anspruchsvolle Aufgabe. Alle an der Abfüllung beteiligten Maschinen, Materialien und Verpackungsteile müssen genauestens daraufhin geprüft sein, dass sie keine Schadstoffe oder Geschmacksstoffe an die Produkte abgeben. Sie müssen ständig penibel gereinigt
nische Entwicklung und Ressourcen bei
werden und anschließend muss sicher-
Gerolsteiner, ähnlich: „Über die Häufigkeit
gestellt sein, dass auch das Reinigungs-
von Tests ist in der Mineral- und Tafelwas-
mittel komplett ausgewaschen ist. Eine
serverordnung in den meisten Fällen
von der Umwelt weitgehend abgeschot-
nichts Konkretes festgelegt. Wir versu-
tete Umgebung beim eigentlichen Füll-
chen, die Analysen in unserem Hause so
prozess sorgt für eine hygienische Abfül-
durchzuführen, dass wir immer einen
lung. Zudem kommt modernste Tech-
Schritt voraus sind. Nicht nur was die
nologie zum Einsatz: Ein sogenannter
Häufigkeit, sondern auch was die Tiefe
Sniffer prüft bei 25.000 Flaschen pro
und die Anzahl der Analysen angeht.“
Stunde jede einzelne Flasche auf Fremdgerüche. Gerolsteiner scheut sich aber
Gerolsteiner lässt sein Wasser nicht
auch nicht, ganz neue Wege zu gehen:
nur durch das Institut Fresenius in
Ein Vollflaschen-Inspektor kann Fremd-
Taunusstein prüfen, sondern führt täglich
körper sogar in den bereits befüllten Fla-
auch eigene bakteriologische Untersu-
schen erkennen. So haben die Ver-
chungen durch, und zwar als Stufen-
packungen bis zum Verkauf eine Vielzahl
kontrolle: An jeder Stelle des Produktions-
von Qualitätsprüfungen durchlaufen.
prozesses werden Proben vom Produkt selbst wie auch vom Trinkwasser entnom-
Mikrobiologische Tests begleiten den
men, das bei der Reinigung der Flaschen
gesamten Füllprozess. Die Vorgaben aus
eingesetzt wird.
Gesetzen und Verordnungen stellen dabei das „Minimumlevel“ dar, so Ulrich Rust. Dies sieht Dr. Thomas Hens, Leiter Tech-
114
herkunft
„Wir wollen eine Abweichung nicht erst feststellen, wenn sie im Produkt auftritt, sondern prüfen im Vorfeld sehr genau, sodass das fertige Produkt unseren Qualitätsansprüchen entspricht.“ Ulrich Rust, Geschäftsführer Technik, Gerolsteiner Brunnen
Modernste Technik: In der Gerolsteiner Produktion werden in der Stunde je nach Anlage bis zu 60.000 Flaschen befüllt.
HERKUnFT
115
„Die Region macht uns aus, der Name ist Programm bei uns. 80 Prozent unserer Mitarbeiter kommen aus einem Umkreis von 20 Kilometern. Insofern ist unser Unternehmen nicht nur größter Arbeitgeber, sondern hat auch eine Verantwortung für die Region.“ Joachim Schwarz, Geschäftsführer kaufmännischer Bereich, Gerolsteiner Brunnen
Zeugen der Erdgeschichte und Wahrzeichen der Stadt: die Gerolsteiner Dolomitfelsen.
116
HERKUnFT
uMweltschutz in der region Auch in 100 und mehr Jahren soll aus der Gerolsteiner Mulde noch bestes Wasser gewonnen werden können. Gerolsteiner hat erkannt, dass die Maß-
Abbau, ein Vetorecht; ebenso beim An-
begrenzt. Man muss sie sich vorstellen wie
nahmen hierzu bereits jetzt ergriffen wer-
bringen von Erdwärmesonden, denn sie
eine Badewanne mit Zuflüssen, die kon-
den müssen, denn es ist das Regenwasser
machen die Erdschichten durchlässig, so-
tinuierlich geprüft werden müssen.“
von heute, das die Generationen nach uns
dass Oberflächenwasser schneller in Tie-
als Mineralwasser trinken. Hierzu gehört
fenwasserreservoirs übergehen kann.
der aktive Umweltschutz des Unterneh-
Ulrich Rust hat sich deshalb Vorsorge auf die Fahne geschrieben: „Die Kunst be-
Das Hand-in-Hand-Arbeiten mit der Verbandsgemeinde, den Landwirten und der Landesregierung soll die Gerolsteiner Umwelt nachhaltig für das natürliche Mineralwasser erhalten.
steht darin, künftige Risiken frühzeitig zu
Gebiet Gerolstein ist die Existenzgrund-
Gerolsteiner hat außerdem erfolgreich
400 hauseigenen Analysen der Produkte
lage der Marke. Das Hauptaugenmerk gilt
angeregt, dass die Wasserversorger in
und des Produktionsweges – sowohl
hierbei dem Gebiet der Gerolsteiner
der Region sämtliche Kanalisationssys-
mikrobiologischer als auch chemisch-
Mulde. Durch hydrogeologische Unter-
teme überprüfen und, wo erforderlich,
technischer Art – gehört das Unterneh-
suchungen weiß Gerolsteiner genau, wo-
erneuert haben. Dr. Thomas Hens ist
men in der Branche zu den Spitzenreitern
her das Wasser in die Mulde sickert, und
durchaus optimistisch, dass ein wirksamer
in Sachen Produktsicherheit.
diesen Einzugsbereich schützt das Unter-
Schutz des Gerolsteiner Mineralwassers
nehmen. So hat Gerolsteiner für dieses
wie in den letzten 125 Jahren gesichert
Gebiet mittlerweile bei Projekten zur
werden kann. Immerhin, so erläutert er,
Rohstoffgewinnung, wie z. B. dem Lava-
sei „die Gerolsteiner Mulde räumlich
mens mit ganz unterschiedlichen Maßnahmen: Das Hand-in-Hand-Arbeiten mit der Verbandsgemeinde, den Landwirten und der Landesregierung soll die Gerolsteiner Umwelt nachhaltig für das natürliche Mineralwasser erhalten. Umweltschutz betreibt Gerolsteiner schon allein in eigenem Interesse, denn die natur im
erkennen, um diese dann zu beseitigen. Da müssen wir ständig dranbleiben und uns weiterentwickeln – getreu dem Motto: Was muss ich heute tun, um morgen noch dabei zu sein? Unsere Konsumenten erwarten sichere Produkte von uns, das ist unsere Mission.“ Mit täglich über
HERKUnFT
117
KOMMUnIKATIOn
„Nur Echt mit dem roten Stern“ – Markenbildung bis in die 1930er Jahre In seiner 125-jährigen Geschichte hat sich Gerolsteiner als die führende Mineralwassermarke in Deutschland etabliert.
120
kommunikation
Werbung und Kommunikation waren hier-
tendyck dieser besonderen Ausgangs-
In den folgenden Jahrzehnten blieb
bei stets von größter Bedeutung, denn
situation bewusst war, belegen die weni-
Gerolsteiner seiner Werbestrategie treu,
damals wie heute gilt: „Auch das beste
gen erhalten gebliebenen Unterlagen aus
auch wenn sich die Schreibweise der Wer-
Produkt verschwindet aus dem Bewusst-
dieser Zeit. Er schaltete bereits kurz nach
beslogans im Laufe der Zeit veränderte.
sein der Verbraucher, wenn es nicht stän-
der Gründung Zeitungsannoncen zur Qua-
So konnte man z. B. in den schwarz-wei-
dig präsent ist, kommuniziert und be-
lität des Gerolsteiner Sprudel. In Werbe-
ßen Werbeanzeigen des ausgehenden
worben wird“, so Bernd Engelhaupt,
anzeigen dienten medizinische Gutachten
19. Jahrhunderts lesen: „nur ächt mit dem
ehemaliger Geschäftsführer Technik des
als Gütesiegel. Mit einem selbst kreierten
rothen Stern“. Die stark textorientierten
Gerolsteiner Brunnen.
Markenzeichen individualisierte Casten-
Anzeigen aus der Gründerzeit wurden
Mit einem selbst kreierten Markenzeichen individualisierte Castendyck seinen Gerolsteiner Sprudel: Der achteckige, rote Stern mit Löwen wurde zum unverwechselbaren Markenzeichen.
dyck seinen Gerolsteiner Sprudel: Der acht-
um die Jahrhundertwende mit grafischen
eckige, rote Stern mit Löwen wurde zum
Abbildungen aufgelockert.
Die Eifel selbst bot in den Anfangsjahren
zeugen konnten. Eine lohnende Investi-
nur geringe Absatzmöglichkeiten, und die
tion: Am 27. September 1892 bedankten
erhöhten Transportkosten ins Saarland
sich die Schwestern des Marien-Kranken-
oder ins Ruhrgebiet, mit ihren Industrien
hauses in Hamburg-Hohenfelde in einem
und den Großstädten, ließen sich nur
Brief für die wohltätige Lieferung; sie be-
durch höhere Preise finanzieren. Dass sich
stellten weitere Sprudelflaschen und baten
der Unternehmensgründer Wilhelm Cas-
„gütigst den Preis dabei zu bemerken“.
unverwechselbaren Markenzeichen. Wenig später stellte das junge Unternehmen Krankenhäusern kostenlose Probeflaschen zur Verfügung, damit sie sich von der Qualität der Marke Gerolsteiner über-
„Die Kommunikationsinstrumente verändern sich über die Jahre – am Anfang Printmedien, später Fernsehen und heute Social Media. Aber eines verändert sich nicht: Die Marke – sie muss unterstützt und lebendig gehalten werden.“ Dr. Peter Traumann, ehemaliger Vorsitzender der Geschäftsführung, Marketing und Vertrieb, Gerolsteiner Brunnen
Werbeanzeige aus den 1890er Jahren.
KOMMUnIKATIOn
121
Später gewannen illustrierte Zeitschriften immer mehr an Popularität und ermöglichten dank neuer Druckverfahren detailreiche, großflächige und teilweise auch farbige Werbung.
122
KOMMUnIKATIOn
Wie die Beispiele aus dem Druckbereich
der traditionellen Printwerbung setzte
Entstehung der vulkanischen Umgebung
zeigen, setzte Gerolsteiner stets auf aktu-
Gerolsteiner auf innovative Kommunika-
Gerolsteins und stellte anschließend die
elle Trends und die jeweils modernsten
tionsmaßnahmen: nachdem sich Werbe-
technischen Förderverfahren und den
technischen Möglichkeiten. Es waren die
filme in Deutschland etabliert hatten, kam
Abfüllvorgang vor. Auch wenn die damali-
farbigen Annoncen, Etiketten und Plakate,
der „rote Stern“ auf die große Kinolein-
gen Werbefilme teilweise im Kino gezeigt
die dem Gerolsteiner Markenzeichen im
wand. Der erste Werbefilm wurde 1926 in
wurden, richteten sie sich in der Regel
Laufe der Zeit zu einem besonders
Auftrag gegeben. Wie zur damaligen Zeit
eher an ein Fachpublikum und wurden
hohen Wiedererkennungswert verhalfen
üblich, handelte es sich dabei eher um ei-
häufig auf Ausstellungen, Messen und
und es dadurch zu einem Synonym für
nen kurzen Dokumentarfilm als um einen
Tagungen vorgeführt.
die hohe Qualität des Mineralwassers
klassischen Werbespot. So erklärte der
werden ließen. Doch auch außerhalb
Werbefilm eingangs die erdgeschichtliche
Werbeplakat um 1910.
KOMMUnIKATIOn
123
„trinken sie täglich ein glas“ – Markenaufbau zwischen wirtschaftswunder und wiedervereinigung nachdem das Werksgelände im Dezember 1944 durch Bombenangriffe nahezu vollständig zerstört worden war, stand in der unmittelbaren nachkriegszeit zunächst der Wiederaufbau des Mineralbrunnens im Vordergrund. An groß angelegte Werbekampagnen war
Weibgen, der 1954 als Leiter der Werbe- und
falen, Rheinland-Pfalz und Saarland auszu-
in der Anfangszeit nicht zu denken. Sie
Vertriebsorganisation eingestellt wurde. In-
bauen sowie neue Märkte zu erschließen.
wären auch gar nicht notwendig gewesen,
nerhalb weniger Jahre etablierte er professi-
Die Abteilung selbst bestand zu dieser Zeit
denn die allgemeine nachfrage nach
onelle Strukturen im Marketingbereich.
aus ihrem Leiter Hans Weibgen, seinem
Mineralwasser überstieg zu jener Zeit das
Assistenten Rolf Hermes, ab 1975 selbst
Angebot bei Weitem. Dies änderte sich erst
Vertriebsleiter, und fünf Außendienstmit-
mit der nach und nach erfolgten Instand-
arbeitern. Ihnen gelang in den folgenden
setzung der Abfüllanlagen, der Einführung
Jahren, die auf Qualität setzende Kom-
der Deutschen Mark 1948 und dem darauf-
munikation wieder zu etablieren und die
hin beginnenden Wirtschaftswunder. In
Bekanntheit der Marke zu vergrößern.
dieser Zeit konzentrierte sich der Sprudel-
Zu den sichtbaren Ergebnissen dieser Pro-
absatz hauptsächlich auf den regionalen
fessionalisierung gehörte der Markenre-
Umkreis und die Werkslieferungen an die
launch von 1961, der den Gerolsteiner
großen Industriestandorte an Rhein, Ruhr
Sprudel mit Stern kurz und knapp auf GS
und Saar. Doch mit steigenden Einkom-
reduzierte. Dieser neue, dem Zeitgeist ent-
men verlangten die Kunden nach einem
sprechende Schriftzug wurde auf den
größeren Warenangebot – der König Kunde
Dr. Hans Weibgen
großen Werbekampagne bekannt ge-
wollte sich wieder etwas leisten und aus vie-
124
KOMMUnIKATIOn
Flaschenetiketten platziert und mit einer
len Produkten wählen können.
Dazu gehörten jährlich aufgestellte Marke-
macht. Eine Besonderheit dieser Kampagne
Für die Marke Gerolsteiner bedeutete dieser
tingpläne, grundlegende Marktforschung
war ihre deutschlandweite Verbreitung, ob-
Wandel von einem Verkäufer- zu einem Käu-
und die Zusammenarbeit mit profes-
wohl Gerolsteiner Sprudel zu dieser Zeit nur
fermarkt, dass sie dem Handel und den Kon-
sionellen Werbeagenturen. Ziel war es,
im regionalen Umkreis und den größeren
sumenten gegenüber besser vermarktet
Gerolsteiner als Marke zu positionieren,
Städten des südwestlichen Ruhrgebiets
werden musste. Diese Aufgabe erhielt Hans
die Hauptabsatzmärkte nordrhein-West-
erhältlich war.
„Ja, was hat der Marke die Entwicklung beschert? Was hat sie bisher so gut funktionieren lassen? Es ist in erster Linie der Konsument, der darüber entscheidet.“ Rolf Hermes, ehemaliger Verkaufsdirektor, Gerolsteiner Brunnen
Spiegelt den Zeitgeist wider: Anzeige in den Jahren 1961–62.
KOMMUnIKATIOn
125
„Wir haben sehr früh auf Marketing und Vertrieb gesetzt und sind auch mit Rundfunkwerbung sehr früh gestartet. Ich kann mich erinnern, dass ich schon in den 50er Jahren Werbung von Gerolsteiner Sprudel im Rundfunk gehört habe – als einzigem Mineralwasser überhaupt.“ Hans-Jürgen Mertes, ehemaliger Geschäftsführer kaufmännischer Bereich, Gerolsteiner Brunnen
Individuelle Art zu werben: Tragetaschen mit Stern-Logo.
126
kommunikation
Ab 1966 ging das Unternehmen mit der Kampagne „Trinken Sie täglich ein Glas Gerolsteiner“ neue Wege. Diese Aufforderung wurde in den kari-
sendern Westdeutscher Rundfunk und
geblieben sein. Der damals schon legen-
kierenden Werbeanzeigen humorvoll be-
Saarländisches Fernsehen konnte der
däre Moderator Frank Elstner rief viermal
gründet, wie zum Beispiel mit dem Kom-
Gerolsteiner Sprudel die wichtigsten Ver-
täglich dazu auf, in den Geschäften nach
mentar: „Oder besitzen Sie selbst eine
kaufsgebiete kostengünstig abdecken.
Getränken mit dem Gerolsteiner Stern zu
klare Bergquelle in der Eifel? Herzlichen
Um den Wiedererkennungseffekt der
suchen. Die Gewinner wurden täglich
Glückwunsch! Dann können Sie das Geld
Fernseh- und Radiospots zu gewährleis-
gezogen und erhielten 100 DM, ebenso
natürlich für was anderes ausgeben!“ Zur
ten, wurden das typische Geräusch des
der
gleichen Zeit gewannen Werbemaßnah-
Wassereinschenkens und erstmals eine ei-
Produkte gefunden wurden. Mehr als
men in Funk und Fernsehen an Bedeu-
gens für Gerolsteiner komponierte Melo-
25.000 Geschäfte und über eine halbe
tung, nicht nur weil sich dank dem
die eingesetzt. Natürlich durfte auch der
Million Menschen nahmen an diesem
„Wirtschaftswunder“ immer mehr Men-
Slogan „Gerolsteiner mit dem Stern“ in
Gewinnspiel teil.
schen ein Radio oder einen Fernseher
keinem Spot fehlen.
Getränkehändler,
bei
dem
die
leisten konnten, sondern auch weil mit relativ geringem Kostenaufwand eine
Vielen Zeitgenossen wird das „Gerolsteiner
Mit Humor auf den Punkt
große Werbereichweite erzielt wurde.
Suchspiel“ in Zusammenarbeit mit Radio
gebracht: Werbekarikatur 1966.
Mit Radio Luxemburg und den Fernseh-
Luxemburg in besonderer Erinnerung
kommunikation
127
Die 1970er Jahre standen im Zeichen außergewöhnlicher Werbemaßnahmen mit Heißluftballon und dem Werbebus „Rollender Gerolsteiner“. Zu den bekanntesten Maßnahmen zählte
Im Dezember 1976 hatte der „Rollende
begannen bereits in den 1950er Jahren
die 1970 gestartete Werbekampagne „Die
Gerolsteiner“ seine Premiere: ein um-
mit dem Kauf des Gerolsteiner Brunnen
sommerfrischen Gerolsteiner kommen“,
gebauter Lkw, der für eine Bar, einen
Flamm & Co. Nach langen internen Ver-
bei der erstmals ein Gerolsteiner Heißluft-
Kühlraum und sogar ein Mini-Kino Platz
handlungen übernahm der Gerolsteiner
ballon als Werbemedium eingesetzt wur-
bot. Dieser Promotion-Bus konnte von
Sprudel am 1. Januar 1969 auch den Gerol-
de. Fast 35.000 Einzelhändler beteiligten
Getränkemärkten angefordert werden,
steiner Schlossbrunnen.
sich an dieser Verkaufsförderungsmaß-
um vor Ort mit kostenlosem Ausschank,
nahme, indem sie in ihren Läden Luftbal-
Gewinnspielen und vielen Überraschun-
Als Mehrheitseigner des Schlossbrunnen
lons mit Gerolsteinerflaschen aufhängten.
gen für Unterhaltung und höhere Ab-
wurde nun auch die Bitburger Brauerei in
satzzahlen zu sorgen. Die Kommunika-
den Gesellschafterkreis aufgenommen.
tions- und Werbemaßnahmen der 1960er
Über die Jahre hinweg entwickelte sich
und 1970er Jahre haben dazu beige-
hieraus eine erfolgreiche Partnerschaft,
tragen, dass das Unternehmen fast jedes
was sich beispielsweise im gemeinsamen
Jahr überdurchschnittliche Wachstums-
Gastronomieauftritt seit 1979 ausdrückte.
raten erzielen konnte.
Auf diesem Wege konnte Gerolsteiner in
Die Kommunikations- und Werbemaßnahmen der 1960er und 1970er Jahre haben dazu beigetragen, dass Gerolsteiner Sprudel fast jedes Jahr überdurchschnittliche Wachstumsraten erzielen konnte.
128
kommunikation
nur drei Jahren 800 neue GastronomiekunDer Gerolsteiner Sprudel war zwar nicht
den gewinnen und seinen Umsatz um fast
das einzige Mineralwasser aus der Stadt
15 Prozent steigern. Im Jahr 1984 kam es
Mit Schaufensterdekorationen und Ver-
Gerolstein oder gar der Vulkaneifel, aber
schließlich zur sogenannten Gerolsteiner
kaufsdisplays machten die Kaufleute
sicherlich das bekannteste. Um diese
Elefantenhochzeit, der Fusion der beiden
sprichwörtlich „die Landebahn frei“. In den
Position zu stärken, galt es, die örtlichen
verbliebenen Gerolsteiner Mineralwasser-
folgenden Jahren kam bei den Händlern
Wettbewerber hinter sich zu lassen. Erste
brunnen Gerolsteiner Flora und Gerolsteiner
vor Ort und auf vielen Volksfesten sogar
Bemühungen des Unternehmens, die
Sprudel. Erstmals waren damit alle
ein echter Heißluftballon zum Einsatz.
lokalen Konkurrenten zu übernehmen,
Gerolsteiner Brunnenbetriebe in einem
Diemerfrischen r som e n i e t s l it dem Stern o r e G m ...
einzigen Unternehmen vereint. Für die Markenführung bedeutete dies einen Meilenstein. Statt sich gegen die namentlich nahezu gleich lautenden Wettbewerber abzugrenzen, konnten die erfolgreiche qualitätsorientierte Kommunikation und die innovativen Werbemaßnahmen dafür eingesetzt werden, den regional verankerten Namen Gerolsteiner zu einer nationalen Marke auszubauen.
Gerolsteiner geht in die Luft: Werbeballon 1970.
Hier geht’s zu einem Gerolsteiner Klassiker: Scannen Sie den Code mit Ihrem Smartphone und sehen Sie den TV-Spot „Oscar Wilde“ aus dem Jahr 1983!
kommunikation
129
Dein Durst kann was erleben – die Marke wird zum emotionalen Durstlöscher Die 1990er Jahre stellten eine der größten Herausforderungen für die Marke Gerolsteiner dar, denn Gerolsteiner sollte jetzt deutschlandweit vermarktet und mit einem differenzierten Markenprofil ausgestattet werden, das seinen einzigartigen Geschmack in den Mittelpunkt stellt. Marktforschungsergebnisse
aus
dem
Dank der 1998 gestarteten Kampagne
Gerolsteiner Markenbildes. Seit 2008 haben
Jahr 1992 zeigten, dass die Verbraucher
„Dein Durst kann was erleben“ und der
die marken- und werbetechnische Rück-
Gerolsteiner einerseits als sympathisch,
Einführung der PET-Flasche konnte sich die
besinnung auf die traditionelle qualitätsbe-
Vertrauen erweckend und preiswürdig em-
Marke Gerolsteiner bis zur Jahrtausend-
tonende Kommunikation und die informie-
pfanden, andererseits als „Gralshüter des Rein-
wende als erfrischender Durstlöscher
rende Aufklärungskampagne dazu geführt,
heitsgebotes“ erlebten, dessen Geschmack
weiterentwickeln.
dass die bisherigen Umfragewerte noch
und natürliche Qualität zwar außer Zweifel
einmal deutlich gesteigert werden konnten.
ständig und ehrlich zu bewerben. Die
Seit über 20 Jahren lässt Gerolsteiner die Wirkung seiner Werbemaßnahmen und das Markenimage mittels Umfragen und interviewbasierter Analysemethoden untersuchen.
hierfür 1993 entwickelte Werbekampagne
Ab dem Jahr 2000 behielt die Marke
Seit über 20 Jahren lässt Gerolsteiner die
„Gerolsteiner einfach vollkommen“ konnte
ihren Kern als heimatverbundenes deut-
Wirkung seiner Werbemaßnahmen und das
die Sympathie- und Vertrauenswerte und das
sches Urgestein, erfrischendes, vitalisieren-
Markenimage mittels Umfragen und inter-
von den Verbrauchern empfundene Preis-
des und sprudelndes Mineralwasser. Die
viewbasierter Analysemethoden untersu-
Leistungs-Verhältnis bis 1997 um jeweils
Verbraucher verstanden Gerolsteiner mitt-
chen: Die Werbemonitore des Marktfor-
mehr als 20 Prozent steigern. Dennoch führte
lerweile als innovativen Marktführer. 2001
schungsinstituts TNS und die tiefenpsycho-
die Kampagne auch dazu, dass Gerolsteiner
erreichte die Marke bei den wichtigen Attri-
logischen Verbraucherinterviews des Insti-
vermehrt als Marke wahrgenommen wur-
buten Sympathie, Vertrauen und Preis erst-
tuts rheingold zeigen die Entwicklung der
de, die weniger alltagstauglich war als
mals über 50 Prozent. Heute bildet die
Markenwerte und erlauben, daraus strate-
mehr besonderen Anlässe vorbehalten war.
sprudelnde Frische das Herzstück des
gische Konsequenzen abzuleiten.
standen, aber als Marke etwas angestaubt und wenig dynamisch wahrgenommen wurde. Darauf aufbauend, versuchte Gerolsteiner in den folgenden Jahren, die natürliche Qualität des Mineralwassers noch stärker zu betonen und die Marke dabei doch boden-
130
kommunikation
Die Marke Gerolsteiner wird in aktuellen Befragungen von mehr als der Hälfte der Befragten als erfrischend und sympathisch beschrieben, deren Produkte ihren Preis wert sind und auf deren Qualität vertraut werden kann.
„Ich glaube, dass die Marke wirklich den Unterschied ausmacht. Das ist nicht nur Qualität, sondern auch ein Lebensgefühl, was Marken vermitteln. Man kauft da eben auch eine Welt mit, mit der man sich identifiziert.“ Joachim Schwarz, Geschäftsführer kaufmännischer Bereich, Gerolsteiner Brunnen
Film ab für den TVSpot „Jogger“ (1998): Einfach den Code mit Ihrem Smartphone abscannen, zurücklehnen und genießen!
Durstlöscher und Erlebnisgetränk: Gerolsteiner Printanzeige 1998.
KOMMUnIKATIOn
131
Bereits im Jahr 1996 stellte Gerolsteiner, als erster deutscher Mineralbrunnen überhaupt, eine eigene Internetseite ins Netz.
Gerolsteiner Bandenwerbung „auf dem Betzenberg“.
132
kommunikation
Ziel war es, für die damals noch neu-
Sommerspiele von Atlanta. Als Haupt-
öffentlichen – natürlich mit Gerolsteiner
modisch „Surfer“ genannten Besucher
sponsor des Deutschen Leichathletik-
Sprudel gemixt.
eine virtuelle „Gerolsteiner Erlebniswelt“
Verbands berichtete Gerolsteiner in einer
zu schaffen, die neben grundlegenden
eigenen Kolumne tagesaktuell über die
Im Jahr 1998 startete Gerolsteiner als ers-
Informationen rund um die Marke, die
Höhepunkte der Spiele von Atlanta.
ter Getränkehersteller in Deutschland ei-
Produkte und das Unternehmen auch in-
Darüber hinaus gab es verschiedene
nen Onlineshop, über den Mineralwasser
teraktive Inhalte bieten sollte. Die Inter-
Gewinnspiele rund um die Sommer-
und Erfrischungsgetränke direkt im Inter-
netseite ging am 19. Juli 1996 online,
olympiade und die Möglichkeit, selbst
net bestellt werden konnten. Um die
pünktlich zur Eröffnung der Olympischen
erstellte
eigene Internetseite unter den Verbrau-
„Surfer-Cocktails“
zu
ver-
chern bekannt zu machen, wurde die Inter-
lich der Radrennen waren es vor allem die
netadresse ab 1996 fester Bestandteil der
zahlreichen Auftritte des Team Gerolsteiner
Flaschenetiketten. Heute ist Gerolsteiner auf
bei verschiedensten Veranstaltungen, die
vielfältige Weise im Internet aktiv und
der Marke ein Gesicht gaben – sie erlebbar
bietet seinen Kunden viele Möglichkei-
machten. Während der Tour de France
ten, sich zu informieren und den interak-
2008 ging Gerolsteiner auch medial neue
tiven Kontakt zu dem „Wasser mit Stern“
Wege: Vor jeder Tagesschau wurde ein
zu suchen.
20-sekündiger Spot ausgestrahlt, der
Steht für die Gerolsteiner
tagesaktuell kuriose und interessante
Markenwerte: Tennisprofi
Zu dem modernen Bild der Marke und
Erlebnisse des Team Gerolsteiner nahezu
Andrea Petkovic.
einer erheblichen Steigerung der Bekannt-
in Echtzeit präsentierte. In den zehn
heit haben auch die Erfolge im Sportspon-
Jahren zwischen 1998 und 2008 feierte
soring beigetragen. Schon früh nutzte
das Team Gerolsteiner insgesamt 250 Sie-
Gerolsteiner sportliche Ereignisse zu Wer-
ge und verhalf der Marke Gerolsteiner zu
bezwecken: Bereits in den 1960er Jahren
einem modernen Image und einer großen
waren Gerolsteiner Werbebanner im
Popularität. Auch heute spielt Sportmarke-
Kaiserslauterner Betzenberg-Stadion zu
ting weiter eine Rolle in der Markenkom-
sehen. Das Sportmarketing gewann An-
munikation: Andrea Petkovic passt als
fang der 1980er Jahre an Bedeutung, als
Weltklasse-Tennisspielerin und als Mensch
sich Gerolsteiner im Sponsorenpool der
zu den Gerolsteiner Markenwerten wie
deutschen Ski-Nationalmannschaft enga-
Entschlossenheit, Modernität und Aufrich-
gierte. Erfolgreich war auch das Engage-
tigkeit. Gleichzeitig steht sie auch für die
ment im Profiradsport ab 1998. Neben den
einzigartige Qualität des Mineralwassers.
täglichen Fernsehübertragungen anläss-
kommunikation
133
„Wir wollen Teil des Alltags der Menschen sein, und Social Media, auch alles, was unter dem Stichwort neue Medien kursiert, ist für viele, gerade für junge Menschen, heute ein ganz wesentliches Element ihres Alltags.“ Axel Dahm, Vorsitzender der Geschäftsführung, Marketing, Vertrieb und International, Gerolsteiner Brunnen
Qualität mit
Das beliebteste Mineralwasser Deutschlands.
Ursprünglich rein und reich an wertvollem Calcium, Magnesium und Hydrogencarbonat.
Was Gerolsteiner besonders macht: Die Kampagne „Wasser mit Stern“ informiert
Täglich sorgfältig geprüft von der Quelle bis zur Flasche.
Wie ist Ihr Wasser mineralisiert? Finden Sie es heraus!
über Herkunft, Mineralisierung und Geschmack des Mineralwassers.
Im direkten Dialog mit den Konsumenten:
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Social-Media-Massnahmen erweitern die Verbraucher* Verbindungskosten gemäß Mobilfunkvertrag.
Kommunikation.
134
KOMMUnIKATIOn
Das Wasser mit Stern. Vergleichen Sie Gerolsteiner mit über 1.000 anderen Wässern in Deutschland: www.mineralienrechner.de
zurück zuM koMMunikativen fokus auf Qualität Die 2009 gestarteten Kampagne „Das Wasser mit Stern“, bei der wieder die hohe Mineralisierung und der gute Geschmack des Mineralwassers im Mittelpunkt stehen, bildet den Kern der strategischen Rückbesinnung auf die einzigartige Qualität des Gerolsteiner Mineralwassers. Die Informationskampagne, die sich vom
Social-Media-Maßnahmen. Dazu gehören
sumenten die für sie empfohlene tägliche
Werbespot bis zum Flaschenetikett auf
neben Facebook und anderen sozialen
Trinkmenge anhand individueller Fakto-
allen kommunikativen Medien wieder-
netzwerken, bei denen Gerolsteiner in
ren wie körperliche Aktivität, Wasser-
findet, setzt auf die Bedeutung der Mine-
den direkten Dialog mit den Konsumen-
gehalt der nahrung oder Wetterbe-
ralisierung, den Herkunftsfaktor Vulkanei-
ten tritt, auch die Smartphone-App „Was-
dingungen mit der Smartphone-App
fel und den Geschmack des Mineral-
sertest“ und die Internetseite „mineralien-
„Trinkcheck“ berechnen und ein persön-
wassers. Ihr Ziel ist es, die überlegene Pro-
rechner.de“, die es den Verbrauchern er-
liches Trinktagebuch führen.
duktqualität des Gerolsteiner Mineralwas-
möglichen, die mineralische Zusammen-
sers neu zu verdeutlichen. Eine immer
setzung von über 1.000 Wässern zu ver-
bedeutendere Rolle spielen dabei die
gleichen. Darüber hinaus können die Kon-
TV-Spot mit Stern: Scannen Sie den Code mit Ihrem Smartphone und schauen Sie sich den aktuellen Film aus 2012 von Gerolsteiner an!
KOMMUnIKATIOn
135
„Ich finde es erstaunlich. Es gibt sicherlich nicht viele Unternehmen, die eine so lange Lebensgeschichte haben. Ich bin überzeugt, das Unternehmen ist unverändert sehr gut aufgestellt und Mineralwasser ein Produkt, was immer noch eine große Zukunft hat. Insofern bin ich ganz optimistisch für das Unternehmen.“ Hans-Jürgen Mertes, ehemaliger Geschäftsführer kaufmännischer Bereich, Gerolsteiner Brunnen
Mit der 2010 gegründeten Initiative „Team mit Stern” unterstützte Gerolsteiner bereits über 90 Kinder- und Jugendprojekte in der Region.
Team mit Förderung von Kinder- und Jugendprojekten in der Region.
Bewerben Sie sich jetzt bis zum 15. Juni 2010 unter www.team-mit-stern.de
Gesucht: Team mit Stern. • Worum geht’s? Gerolsteiner fördert ab sofort Kinder- und Jugendprojekte in den Verbandsgemeinden Gerolstein und Hillesheim. • Zweimal im Jahr verleiht Gerolsteiner die Auszeichnung „Team mit Stern“ an die besten Projekte – verbunden mit einer einmaligen attraktiven Förderung. • Vorschläge? Dann bewerben Sie sich noch bis zum 15. Juni auf unserer Aktionsseite unter www.team-mit-stern.de und lassen Sie Ihr Projekt fördern! In Kooperation mit
136
KOMMUnIKATIOn
Seit mehreren Jahren engagieren sich sowohl die Mitarbeiter als auch das Unternehmen Gerolsteiner bei verschiedenen sozialen Aktionen. Seit 2005 unterstützt Gerolsteiner die
regionalen Mineralbrunnen zum Markt-
Bedingungen und Möglichkeiten ange-
Villa Kunterbunt in Trier, die eine ganzheit-
führer in Deutschland und sogar zur
passt, aber dennoch grundlegend beibe-
liche medizinische Betreuung für schwer
weltweiten nummer eins bei natürlichem,
halten. Vielleicht war der Schlüssel zum
und chronisch kranke Kinder und deren
kohlensäurehaltigem Mineralwasser ent-
Erfolg die Treue zu diesen Werten – das
Familien anbietet. Außerdem arbeitet
wickelt.
Gerolsteiner Mineralwasser hat sich in all
Gerolsteiner mit den Westeifel Werken zusammen und fördert die Integration gehandicapter Menschen in der Region. Der Erlös der jährlichen Unternehmensweihnachtsfeier geht an die Kindergärten und Schulen in und um Gerolstein. Zahl-
Zahlreiche Projekte für Kinder und Jugendliche unterstützt Gerolsteiner auch im Rahmen der Initiative Team mit Stern.
reiche Projekte für Kinder und Jugendliche
Die Grundlagen hierfür legte bereits der
unterstützt Gerolsteiner auch im Rahmen
Gründer Wilhelm Castendyck, indem er
der Initiative Team mit Stern. neben den
das besonders mineralisierte Mineralwas-
ausgelobten Fördergeldern übernehmen
ser zu einem Markenprodukt entwickelte.
Mitarbeiter Patenschaften für die kultu-
Der Erfolg lag vor allem in dem Bewusst-
rellen und sozialen Aktionen. Auch im Ju-
sein, dass Gerolsteiner nur als Markenpro-
biläumsjahr wird sich Gerolsteiner weiter
dukt bestehen würde. Die sich daraus
engagieren und ruft zur Bewerbung mit
ergebende Marken- und Kommunika-
kreativen Projektideen für das Team mit
tionsstrategie, ein klares Qualitätsverspre-
Stern auf.
chen mit innovativen Werbemaßnahmen
den Jahren jedenfalls nicht verändert.
zu verbinden, wurde seitdem von jeder In seiner 125-jährigen Markengeschichte
Geschäftsführergeneration neu interpre-
hat sich Gerolsteiner von einem kleinen
tiert, an die jeweiligen zeithistorischen
KOMMUnIKATIOn
137
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Bild S. 101
TW Gerolsteiner Land Tourismus und Wirtschaftsförderung GmbH, Gerolstein.
Bild S. 103
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Register
147
dank Günter Birnbaum
GfK SE, nürnberg
norbert Dube
TnS infratest, München
Bernd Engelhaupt
Geschäftsführer Technik Gerolsteiner Brunnen (bis 2007)
Dr. Thomas Hens
Leiter Technische Entwicklung und Ressourcen Gerolsteiner Brunnen
Rolf Hermes
Vertriebsdirektor Gerolsteiner Brunnen (bis 2005)
Thomas Klever
Gerolstein
Jens Lönneker
rheingold, Institut für Markt- und Medienanalysen, Köln
Hans-Jürgen Mertes
Geschäftsführer Finanzen Gerolsteiner Brunnen (bis 2004)
Irene Rohles
Sekretärin der Geschäftsführung Gerolsteiner Brunnen (bis 2003)
Prof. Dr. Frank Sirocko
Institut für Geowissenschaften, Johannes-Gutenberg-Universität, Mainz
Paul Surges
Leiter Bautechnik/Service Gerolsteiner Brunnen (bis 2011)
Dr. Peter Traumann
Vorsitzender der Geschäftsführung, Marketing, Vertrieb Gerolsteiner Brunnen (bis 2002 und 2007/08)
IMPRESSUM Herausgeber
Gerolsteiner Brunnen GmbH & Co. KG, Gerolstein, 2012
Text Norman Lippert, Johannes Schuck, Dr. Petra Spona,
Gesellschaft für Unternehmensgeschichte, Frankfurt am Main
Redaktion
Heike Görres, Gerolsteiner Brunnen, Anke Gebhardt-Pielen, PR-Beratung Bonn,
Johannes Schuck, Gesellschaft für Unternehmensgeschichte
Konzeption/Gestaltung
deepblue networks AG, Hamburg
Litho/Satz/Produktion
K&S Repro GmbH, Bad Kreuznach
Druck
Offsetdruck Ockel GmbH, Kriftel/Taunus