Essay heidi noack nicole roesch

Page 1

Erziehungswissenschaftliche Fakultät Grundschullehramt

Anwendung und Erschließung fachwissenschaftlicher und didaktischer Grundlagen des Sachunterrichts Heike Rauhut 3. Fachsemester

Ästhetische Bildung bietet verschiedene Zugangsweisen und methodische Ansätze für den inklusiven Sachunterricht von Heidi Noack und Nicole Rösch


Problemaufriss Das Schulsystem in Deutschland weist viele Widersprüche in der Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention auf. In dieser werden unter anderem Regelungen zur inklusiven Bildung festgelegt. Ziel ist „der gemeinsame Schulbesuch von behinderten und nicht behinderten Kindern in einer Regelschule als Normalfall“1. Diese Regelung ist in Deutschland nur unzureichend umgesetzt. Wir haben einen Mangel an Unterrichtskonzepten, Materialien und didaktischen Konzepten für inklusive Bildung in Deutschland. Besonders der Sachunterricht eignet sich für den inklusiven Unterricht, da er fächerübergreifend, lebensweltbezüglich und eine Schnittstelle für das forschende Lernen ist. Wir nehmen an, Ästhetische Bildung bietet verschiedene Zugangsweisen und methodische Ansätze für den inklusiven Sachunterricht.

Begriffserklärungen Zunächst erläutern wir genannte Fachbegriffe, die für folgende Argumentation relevant sind. Sachunterricht Der

Sachunterricht

beinhaltet

fünf

verschiedene

Perspektiven,

die

sozialwissenschaftliche, die naturwissenschaftliche, die geografische, die historische und die technische Perspektive, und ist daher ein fächerübergreifendes Fach in der Grundschule für die Vorbereitung auf die weiterführenden Fächer in der Sekundarstufe. SchülerInnen sollen die Kompetenzen erwerben, „ihre Umwelt sachbezogen zu verstehen […] und sich darin zu orientieren, mitzuwirken und zu handeln“2.

Damit

sind

beispielsweise

Sozialkompetenz,

Lern-

und

Methodenkompetenz und Selbstkompetenz gemeint. Diese Standards sind allerdings nicht mit dem inklusiven Sachunterricht kompatibel, da nicht jedes Kind diese Kompetenzen aufgrund seiner Voraussetzungen entwickeln kann. Aus diesem Grund sind richtungsweisende Kompetenzen notwendig, die sich auf jedes Kind individuell ausrichten. 1

http://www.behindertenrechtskonvention.info/inklusion-3693/,aufgerufen am 01.03.2016 Perspektivrahmen Sachunterricht, Gesellschaft für Didaktik des Sachunterrichts, Verlag Julius Klinkhardt Bad Heilbrunn 2013, S.9 2

2


Inklusion Was ist eigentlich Inklusion? Man spricht immer von Integration, welches aber unbedingt vom Begriff Inklusion abgegrenzt werden muss. Integration bedeutet, dass die „2-Schulen-Theorie“ aufgelöst wird, also die Auflösung der Förderschule und der gemeinsame Unterricht aller Schüler an Regelschulen stattfindet. Dennoch bleibt die „2-Gruppen-Theorie“ bestehen, also die Trennung zwischen förderbedürftig und nicht förderbedürftig. Die Schüler müssen sich nach wie vor an die Bedingungen der Schule anpassen. Wohingegen Inklusion neben der „2-Schulen-Theorie“ auch die „2Gruppen-Theorie“ ablehnt. Hierbei wird die Heterogenität der Schüler akzeptiert, wertgeschätzt

und

als

Bereicherung

geachtet.

Demnach

werden

die

unterschiedlichen Bedürfnisse und Voraussetzungen der Schüler beachtet und die Schule passt sich den Schülern an. Inklusiver Unterricht ist gekennzeichnet durch eine didaktische Diagnostik, die eine Individualisierung und Differenzierung der Lehrund Lernprozesse der SchülerInnenermöglicht mit dem Ziel einer grundlegenden Bildung und Schaffung einer geeigneten Lernumgebung 3.Der Sachunterricht kann unter Einbeziehung von Inklusion die Auseinandersetzung der Kinder mit ihrer individuellen Lebensweltintensiver zulassen.

Inklusiver Sachunterricht Simone Seitz setzte sich mit dieser Thematik auseinander und entwickelte Leitlinien für einen inklusiven Sachunterricht in der Grundschule. Sie spricht von „ästhetischen und körperbasierenden Zugangsweisen“4, welche für alle Schüler von Relevanz sind. Damit ist unter anderem sinnliches Wahrnehmen, emotionales Erleben und das Begegnen mit sich und anderen gemeint. Als weiteren Punkt nennt sie die Beziehung der Kinder untereinander und dass man ihnen die Möglichkeit gewähren soll, voneinander zu lernen, beispielsweise im Gespräch. Des Weiteren beschreibt Seitz, den nötigen Freiraum für die Schüler zu gewähren, um vielfältige Deutungsmuster der Kinder in den Unterricht mit einzubeziehen und durch Interpretation und Diskussion Wissen aufzubauen. Darüber hinaus erwähnt sie die Gewährleistung 3

Seifert, Liebers 2013, BIWI 1 VL 6, Folie 18 Simon, Toni; Gebauer, Michael: Inklusiver Sachunterricht konkret: Chancen, Grenzen, Perspektiven, widerstreit-Sachunterricht, Ausgabe18/Oktober 2012 4

3


„individueller Lern- und Entwicklungszeiten“5. Dabei sind individuelle Lernwege grundlegend, die sich auf verschiedenen Repräsentationsebenen abspielen, worauf wir später näher eingehen. Zuletzt erachtet sie die Einbeziehung verschiedener und flexibler Lernräume, wie in Form der Natur, die Umwelt und verschiedene Institutionen als unverzichtbar. Claudia Schomacker spricht ebenfalls von ästhetischen Zugangsweisen im Sachunterricht, was so viel bedeutet wie Sinnstiftung und Verantwortung für Mitmenschen und Umwelt. Sachunterricht darf nicht nur vorgefertigtes Wissen vermitteln, sondern die Kinder lernen über ihre Wahrnehmung die Phänomene der Welt kennen. Es ist ein ursprüngliches Verstehen für die Kinder, da die eigenen Erfahrungen zum Erkenntnisprinzip werden6. An dieser Stelle erhält der Begriff der Ästhetik an Bedeutung und lässt uns den Sachverhält besser beleuchten.

Ästhetik, Ästhetisches Lernen/Forschen Der Begriff Ästhetik weist mehrere Facetten auf, zum einen wird er in weiten Teilen der Gesellschaft auf das Schöne und Äußere, also die Charakterisierung von Gegenständen begrenzt. Zum anderen beschreibt es die sinnliche Wahrnehmung und Erkenntnis von Wirklichkeiten, ganz gleich, ob sie schön oder hässlich sind7. Eine ästhetische Erfahrung dient zur Persönlichkeitsbildung und trägt zu einem IchWelt-Verständnis bei8. In einer solchen Erfahrung erlebt die Person sich selbst in Auseinandersetzung mit dem Lerngegenstand, wobei sich der Erfahrene kennenlernt und selbst spürt. Dabei lernt jedes Kind auf seine Art und Weise, auf der „Grundlage ihrer individuellen biologischen Dispositionen“ 9. Dieses ästhetische Denken wird als „Verbindungselement zwischen Wahrnehmung und Erkenntnisbildung“10 gesehen, 5

Simon, Toni; Gebauer, Michael: Inklusiver Sachunterricht konkret: Chancen, Grenzen, Perspektiven, widerstreit-Sachunterricht, Ausgabe18/Oktober 2012 6 Schomacker, Claudia: Mit allen Sinnen…, oder? Über die Relevanz ästhetischer Zugangsweisen im Sachunterricht, aus Basiswissen Sachunterricht von A. Kaiser und D. Pech, Schneider Verlag Hohengehren GmbH 7 Schäfer, Gerd (2006): Kinder brauchen Spiel & Kunst, Hildegard Bockhorst, kopaed 2006 8 Dietrich, Cornelie, Krinninger, Dominik; Schubert, Volker (2012): Einführung in die ästhetische Bildung. Weinheim u.a. Beltz Juventa 9 Liebau, Eckart(2013): Ästhetische Bildung: Eine systematische Annäherung, Springer Fachmedien Wiesbaden 2013 10 Freeß, Doris (2002): Ästhetisches Lernen im fächerübergreifenden Sachunterricht. Naturphänomene wahrnehmen und deuten. Baltsmannsweiler: Schneider Verlag Hohengehren

4


welches dem sinnentleerten Wissen entgegensteuert und nachhaltiges Wissen ermöglicht. Dies macht eine individuelle Aufgabenstellung nötig, da jeder Schüler einen persönlichen Sinn und Bezug herstellen muss. Das heißt die Lehrkraft muss an die Interessen der Kinder anknüpfen, um eine Selbstbestimmung zu ermöglichen, Motivation zu erzeugen und diese aufrecht zu erhalten. Das schafft eine nachhaltige, anregende Lernumgebung11und lässt Kinder zu Beobachtern ihrer Lebenswelt werden. Eine Methode zur Ermöglichung ästhetischen Lernens ist das Ästhetische Forschen. Im Zentrum dieser Forschung stehen das forschende Subjekt, also die SchülerInnen und deren Erfahrungen und Erkenntnisse12. Dabei liegt der Fokus auf die Vernetzung der Forschungsfelder: Alltagserfahrung, Kunst, Wissenschaft und ästhetische Praxis. Auf diese Weise wird an „Bekannte[m] angeknüpft und führt zu individuellen Neue[m]“13. Diese Art der Forschung basiert auf fünf Phasen, die stets dynamisch sind und ineinander greifen. Sie beginnt mit der Frage- bzw. Themenfindung, welche erforscht werden soll. Die Schüler setzen sich mit dem gefundenen Thema auseinander,

forschen,

sammeln

und

erfahren.

Anschließend

bereiten

sie

gesammeltes Material auf, präsentieren und reflektieren es. Essentiell dabei sind die Freiwilligkeit und die Einbeziehung der Schüler in die stetigen Prozesse.

Modell

der

Repräsentationsebenen

und

didaktisch-methodische

Inszenierung im inklusiven Sachunterricht von Michael Gebauer und Toni Simon14 Der

Lerngegenstand

im

Sachunterricht

kann

man

inklusiv

mittels

Repräsentationsebenen gestalten, wie wir schon im Abschnitt zum inklusiven Sachunterricht zu Simone Seitz angekündigt haben. Auf diese Ebenen wollen wir jetzt genauer eingehen, welche im Modell „Repräsentationsebenen und didaktisch11

Simon, Toni; Gebauer, Michael: Inklusiver Sachunterricht konkret: Chancen, Grenzen, Perspektiven, widerstreit-Sachunterricht, Ausgabe18/Oktober 2012 12 Leuschner, Christina: „Die fünf Phasen der Ästhetischen Forschung“ aus der Publikation „Selbst entdecken ist die Kunst- Ästhetische Forschung in der Schule“ C. Leuschner, A. Knoke (2012), Kopaed-Verlag 13 Kämpf-Jansen, Helga (2002): Ästhetische Forschung: Wege durch Alltag, Kunst und Wissenschaft. Zu einem innovativen Konzept ästhetischer Bildung. Köln: Salon Verlag. 14 Simon, Toni; Gebauer, Michael: Inklusiver Sachunterricht konkret: Chancen, Grenzen, Perspektiven, widerstreit-Sachunterricht, Ausgabe18/Oktober 2012

5


methodische Inszenierungen im inklusiven Sachunterricht“ von Michael Gebauer und Toni Simon zu finden sind. Das Modell zeigt „vielfältige, mehrperspektivische Zugänge

zu

einem

Lerngegenstand

anhand

verschiedener

Repräsentationsebenen“15. Es existiert die kommunikativ-interaktive Ebene, bei der die Schüler im Dialog zur Umwelt treten, mit dem Ziel eine Aufmerksamkeit herzustellen und in Beziehung zu treten.

Dazu

gehören

beispielsweise

Interviews,

Befragungen,

Rollenspiele,

Gespräche und unter anderem Theater. Die sensorische ist eine weitere Ebene, bei der der Gegenstand im Fokus tritt und sinnlich erfahren wird, in Form von Riechen, Hören, Schmecken, Sehen und Tasten. Bei der enaktiven Ebene beschäftigt sich der Schüler mit dem Lerngegenstand durch die Auseinandersetzung mit konkreten Teilgegenständen. Dazu zählen Sammeln, Ordnen, Kategorisieren, Experimentieren, Reparieren und Nachweisen. Die Zugangsweise durch bildliche Darstellungen und Vorstellungen wird zur ikonischen Ebene gezählt, in der Abbildungen geordnet, beschrieben, verglichen und betrachtet werden. Zuletzt beschreiben Simon und Gebauer die symbolische Ebene, wobei eine Zugangsweise mittels des Mediums der Schriftsprache in der Auseinandersetzung mit dem Lerngegenstand stattfindet. Dazugehörig sind beispielsweise Grafiken und Tabellen zu erklären, zu verstehen und zu zeichnen. So bietet das eben vorgestellte Modell viele Methoden zur Umsetzung von Inklusion im Sachunterricht, wobei jedem Schüler die Möglichkeit geboten wird, individuelle Zugangsweisen zum Lerngegenstand zu erfahren, indem alle Kinder alle Ebenen durchlaufen können, aber nicht zwingend müssen.

Beispiel ästhetisches Lernen im inklusiven Sachunterricht Zur Verdeutlichung des Sachverhalts stellen wir nun ein mögliches Beispiel aus der Praxis vor. In unserem Beispiel sollen sich die Schüler mit dem Thema Ruinenauf der Ebene der Forschungsfelder der Ästhetischen Forschung auseinandersetzen. Nachdem wir die einzelnen Forschungsfelder einmal näher betrachtet haben, folgt in unserer Argumentationsreihe die Einbettung der Forschungsfelder in das Modell des

15

Simon, Toni; Gebauer, Michael: Inklusiver Sachunterricht konkret: Chancen, Grenzen, Perspektiven, widerstreit-Sachunterricht, Ausgabe18/Oktober 2012

6


inklusiven Sachunterrichts nach Simon und Gebauer, um damit unsere These zu unterstützen16. Zur Alltagserfahrung zum Thema Ruinen führen die Kinder eine Expedition im Umfeld durch und suchen persönliche Bezüge zu diesem Thema. Die Kinder sammeln und ordnen Dinge aus der unmittelbaren Umgebung der Ruine und ordnen diese, beispielsweise Steine und Pflanzen. Weiterhin regen die Schüler ihre eigenen Sinne an und nehmen die Gerüche der Ruinen wahr, tasten die alten Gemäuer und sehen architektonische Besonderheiten. Dieser Bereich der Sinneswahrnehmung ist im Modell von Simon und Gebauer auf der sensorischen Ebene angesiedelt. Des Weiteren ist das Sammeln direkt auf der enaktiven Ebene einzuordnen. Schüler sollen ihre eigenen Gedanken und Assoziationen formulieren, wie beispielsweise Mythen, Sagen und Lieblingsgeschichten über Ruinen erzählen, was sich in dem Modell als kommunikativ-interaktive Ebene zeigt. Zum Forschungsfeld der Kunst haben die Schüler die Möglichkeit, Experten wie Architekten und Stadtführer zu treffen und individuelle Fragen zur Kunsthistorik und zur passenden Epoche der Ruine zu stellen. Dazu gehört auch ein mögliches Rollenspiel, indem die Kinder typische Handlungen aus der Blütezeit des Gebäudes nachempfinden können. Der Wissenserwerb durch Interviews, Gespräche und ein Rollenspiel wird ebenfalls im Modell des inklusiven Sachunterricht in der kommunikativ-interaktiven Ebene repräsentiert. Zur Lernort-Erweiterung, neben den Ruinen, können die Schüler in ein Museum, in die Galerie oder ins Kino gehen, die das Thema mit aufgreifen. Außerdem haben die Schüler die Möglichkeit, die Ruinen zu fotografieren, zu zeichnen, Modelle zu planen und nachzubauen. Diese ästhetischen Zugänge sind gleichermaßen im Modell zum inklusiven Sachunterricht auf der ikonischen Ebene zu finden. Das Forschungsfeld der Wissenschaft bietet gleichsam Varianten zum Thema der Ruinen. Wie auch in der Kunst können Schüler Experten im Gespräch befragen, wie beispielsweise Bauingenieure, Botaniker und Statiker, wobei wieder die Ebene der kommunikativ-interaktive Ebene abgedeckt ist. In der Wissenschaft sollen die Schüler recherchieren, in der Bibliothek und im Stadtarchiv nach Informationen zu

16

Simon, Toni; Gebauer, Michael: Inklusiver Sachunterricht konkret: Chancen, Grenzen, Perspektiven, widerstreit-Sachunterricht, Ausgabe18/Oktober 2012, Abbildung 3, siehe Anlage 1

7


Bauplänen, ehemaligen Bewohnern und Eigentümern suchen. Im Modell ist gleiches beschrieben in der enaktiven Ebene, in der gesammelt, geordnet und kategorisiert wird. Zur Auswertung, Erklärung und Beschriftung der gefundenen Statistiken, Grafiken und Darstellungen haben wir die symbolische Ebene im Modell beschrieben. Darüber hinaus können die Kinder wissenschaftliche Berechnungen anstellen in Bezug auf Flächen- und Volumenberechnung der Ruine. Die ästhetische Praxis als letztes Forschungsfeld dient zur Aufbereitung der gesammelten Informationen in komplexer, künstlerischer Weise. So können die Schüler zum Beispiel ihre Modelle durch Licht und Ton in Szene setzen und für andere zugänglich und ästhetisch erfahrbar machen. Dadurch wird Geschaffenes und neues Wissen reflektiert und kritisch hinterfragt, was die nachhaltige Bildung und die Sinnhaftigkeit für die Schüler fördert. Unser Beispiel verdeutlicht, dass viele Elemente des inklusiven Modells nach Simon und Gebauer in der ästhetischen Bildung auffindbar sind und sich gegenseitig ergänzen und begünstigen.

Fazit Zusammenfassend stellt sich heraus, dass das Arbeiten mit ästhetischen Mitteln den inklusiven Sachunterricht fördert. Es lassen sich viele positive Effekte herausstellen wie die Kompetenzförderung, welche durch Auseinandersetzung mit den eigenen Interessen entsteht. Damit sind unter anderem die Selbst-, Methoden- und Sozialkompetenzen gemeint, welche die Kinder in ständiger Weise weiterentwickeln und erproben können. Weiterhin lässt sich mithilfe der ästhetischen Bildung eine nachhaltige Wissensbildung feststellen, da sich die Schüler aus eigenem Interesse sich einem Thema nähern und damit befassen. Das führt zu einer emotionalen Besetzung des Themas und die SchülerInnen sind darin versiert. All dies zeichnet das nachhaltige Wissen aus, welches ein stetiges Ziel sein sollte. Des Weiteren werden mittels dieser ästhetischen Zugangsweisen, wie sie im Text beschrieben wurden, typische Rollenmuster aufgebrochen, der Umgang der Schüler miteinander verändert und weitere Chancen preisgegeben. Die Schüler erlangen unter anderem Selbstvertrauen, was wiederum Basis für eine individuelle Meinungsäußerung und Konfliktbewältigung sein kann. Ästhetische Bildung kann mit Inklusion eine große Anzahl an Lehr- und Lernmöglichkeiten eröffnen und dadurch lässt sich 8


Differenzierung im Sachunterricht präziser gestalten und ausführen. Das Lernen aus dem Lehrbuch ist nun nicht mehr nur Hauptbestandteil des Unterrichts, sondern die individuellen Lebenswelten, welche mittels individueller Lösungswege beschritten werden können und richtungsweisende Kompetenzen erfüllen. Und die Heterogenität der Kinder dient so als Bereicherung für alle und somit auch für die gemeinschaftliche Arbeit. Weiterhin als positiv zu erachten, ist die Erweiterung der Lernorte. Diese Option bietet eine große Vielfalt an Konfrontationen der SchülerInnen mit einem Thema und beflügelt bzw. bekräftigt eigene Ideen und Fähigkeiten. Es eröffnet

sich

ein

fächerübergreifender,

forschender

Unterricht,

was

den

Sachunterricht ausmachen sollte, in denen heterogene Gruppen ein angenehmes Lernen erfahren und ihre Welt erfassen. Ästhetische Bildung und Inklusion beziehen sich aber nicht nur auf die Unterrichtsgestaltung, sondern sind stark personell abhängig. Das heißt, damit Inklusion im Sachunterrichtmittels ästhetischer Bildung gelingen kann, sind unter anderem Bildungspolitiker, die Lehrkräfte, die Eltern und die Schüler selbst gefragt. Es ist ein dynamischer Prozess, der viel von den Akteuren abverlangt. Zum einen existieren zurzeit mangelnde Voraussetzungen, zum Beispiel personell, räumlich, finanziell und organisatorisch. Zum anderen fehlen inklusive didaktische

und

methodische

Konzepte

und

Unterrichtsmaterialien

zur

Verwirklichung der ästhetischen Bildung im inklusiven Sachunterricht. Darüber hinaus sind Probleme im Bildungssystem zu erkennen. Diesbezüglich sind Bildungsstandards und Kompetenzmodelle für eine Lehrperson verpflichtend. Andererseits hat sie auch die Aufgabe die individuellen Lernvoraussetzungen der Schüler zu beachten und den Unterricht zu differenzieren und diese in Konsens zu bringen. Beides ist kaum für eine Lehrperson gleichermaßen umzusetzen. Zusätzlich folgen einige „neue“ Grundsätze für die handelnden Akteure. Um die ästhetischen Zugangsweisen im inklusiven Sachunterricht umzusetzen, bedarf es jedoch vermehrt gegenseitiges Verständnis und Geduld. Die Pädagogen müssen das neue Rollenverständnis, nicht nur Wissensvermittler zu sein, annehmen und sich den Bedürfnissen der heterogenen Gruppen fügen. Alle Akteure dürfen ihre Erwartungen an die gemeinschaftliche Arbeit nicht zu hoch ansetzen. Da mögliche Konflikte und Hindernisse unausweichlich sind, können diese aber auch immer als Bereicherung und Weiterentwicklung gesehen werden. Somit ist ästhetische Bildung inklusiver Sachunterricht.

9


Anlage 1

10


Quellenangaben Dietrich, Cornelie, Krinninger, Dominik; Schubert, Volker (2012): „Einführung in die ästhetische Bildung“. Weinheim u.a. Beltz Juventa Freeß, Doris (2002): „Ästhetisches Lernen im fächerübergreifenden Sachunterricht. Naturphänomene wahrnehmen und deuten.“Baltsmannsweiler: Schneider Verlag Hohengehren Kämpf-Jansen, Helga (2002): „Ästhetische Forschung: Wege durch Alltag, Kunst und Wissenschaft. Zu einem innovativen Konzept ästhetischer Bildung.“ Köln: Salon Verlag. Leuschner, Christina: „Die fünf Phasen der Ästhetischen Forschung“ aus der Publikation „Selbst entdecken ist die Kunst- Ästhetische Forschung in der Schule“ C. Leuschner, A. Knoke (2012), Kopaed-Verlag Liebau, Eckart (2013): „Ästhetische Bildung: Eine systematische Annäherung“, Springer Fachmedien Wiesbaden 2013 Perspektivrahmen Sachunterricht(2013), Gesellschaft für Sachunterrichts, Verlag Julius Klinkhardt Bad Heilbrunn 2013, S.9

Didaktik

des

Schäfer, Gerd (2006): „Kinder brauchen Spiel & Kunst“, Hildegard Bockhorst, kopaed 2006 xxs Schomacker, Claudia: „Mit allen Sinnen…, oder? Über die Relevanz ästhetischer Zugangsweisen im Sachunterricht“, aus Basiswissen Sachunterricht von A. Kaiser und D. Pech, Schneider Verlag Hohengehren GmbH Seifert, Liebers(2013), BIWI 1 VL 6, Folie 18 Simon, Toni; Gebauer, Michael(2012): „Inklusiver Sachunterricht konkret: Chancen, Grenzen, Perspektiven“, widerstreit-Sachunterricht, Ausgabe18/Oktober 2012 http://www.behindertenrechtskonvention.info/inklusion-3693/, aufgerufen am01.03.2016

11


Turn static files into dynamic content formats.

Create a flipbook
Issuu converts static files into: digital portfolios, online yearbooks, online catalogs, digital photo albums and more. Sign up and create your flipbook.