Julia Schäfer Unsere Frau in Minsk und ihre Mitbringsel 1.) Vorraussetzungen: Als wir 2003 zu unseren ersten Reisen in die Kulturellen Territorien aufgebrochen sind, standen vor uns Ziele wie Warschau, Vilnius, Riga, Tallinn, Budapest, Prag, Brünn, Zagreb, Bratislava, Ljubljana, Sofia und Minsk. Hinter den meisten Orten verbargen sich für mich lediglich medial vermittelte Bilder, doch nie war ich selbst dort gewesen. Kaum dort angekommen, verschwanden diese Vor-Bilder schon wieder und wurden durch zum Teil völlig neue Realitäten ersetzt: die Innenstadt von Tallinn beispielsweise glich vielen Altstädten Deutschlands (was ich nie erwartet hätte) und drei Straßen von Vilnius’ sanierter Altstadt entfernt, zerfielen die Häuser; Slowenien besaß schneebedeckte Berge und Ljubljana war eine auffallend wohlhabende Stadt usw.. Auf diesen Reisen tauchte bei uns der Wunsch nach einem/einer BotschafterIn und Korrespondenten/in auf, der/die zwischen uns und den am Projekt der Kulturellen
Territorien beteiligten Ländern vermittelnd reisen würde. Jemanden, der von uns Dinge und Geschichten sammelte, um sie im östlich gelegenen Ausland zu zeigen und von ihnen zu berichten. Andersherum sollte die Korrespondenz darin bestehen, uns nach einer jeweiligen Reise aus den bereisten Ländern und von den Menschen zu erzählen. Als Unsere
Frau in Minsk wurde Antje Schiffers zur Korrespondentin, Diplomatin und Ethnographin in einem. 2.) Vorbereitungen und die Suche nach Mirbringseln als Repräsentanten: Gewöhnlich nimmt man, wenn man in ein anderes Land verreist, und man weiß, dass man bei jemandem zu Gast ist, ein Gastgeschenk (Mitbringsel) mit. Normalerweise verweisen Gastgeschenke auch auf ihre Herkunft. In unserem Falle hatten wir anfangs häufig Schokolade dabei, die in einzeln verpackten Täfelchen Ansichten der Stadt zeigten. Bald jedoch waren auch wir dazu übergegangen, unsere gemeinsam mit Iris Reuther herausgegebene Postkartenedition „7x7x Leipzig“ als Mitbringsel zu verteilen. Hier konnten wir zumindest schon ein anderes Bild Leipzigs mit in die bereisten Länder bringen. Auf 49 Postkarten sieht man Gebäude, Stadtviertel und Übersehenes, was sich so dem Touristen/der Touristin im offiziellen Stadtbild und dessen medialer Verbreitung nicht zeigen würde, weil hier auch Probleme wie u.a. Leerstand und der Umgang mit der Vergangenheit abzulesen sind. Die Idee von Antje Schiffers knüpfte an diesen Anspruch - ein breit gefächertes Bild eines Ortes zu zeigen - an. Sie recherchierte nach den Aufgaben einer Botschafterin/Korrespondentin und bereitete sich intensiv auf die Reisen nach Bulgarien, Mazedonien, Rumänien, Moldawien, Weißrussland, Litauen, Lettland und Estand vor: In ihrer Position hat sie sich und uns im Vorfeld gefragt: „Ist ihr Land der