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VERBORGENE TALENTE
Da schlummert was in mir
Wann haben Sie das letzte Mal jemanden als besonders begabt in etwas bezeichnet? Oder haben Sie bei sich schon ein verborgenes Talent erkannt? Begabungen schlummern überall, denn egal ob groß oder klein – talentiert kann jeder sein.
Es ist offensichtlich, dass die Leute mit ihren Fähigkeiten und Fertigkeiten ebenso verschieden sind wie nach Größe und Gewicht.
CYRIL NORTHCOTE PARKINSON (1909–1993) O b beim Singen unter der Dusche, beim Basteln mit den Kindern oder beim Frisbeespielen im Park – jeder von uns hat sich sicher schon mal gefragt, worin die eigenen Fähigkeiten liegen und ob nicht noch weitere Begabungen in einem stecken. Nur was ist überhaupt ein Talent und wie erkenne ich es? Von Talent sprechen wir, wenn wir bei einer Tätigkeit scheinbar mühelos sehr gute Ergebnisse erzielen. Doch neben klassischen Begabungen wie Musik, Sport oder Kunst gibt es noch sehr viel mehr Bereiche, in denen wir brillieren können. Bewahren Sie in hitzigen Diskussionen einen kühlen Kopf? Haben Sie stets ein offenes Ohr für Ihr Umfeld? Oder fallen Sie durch Ihre bedingungslose Hilfsbereitschaft auf? Auch vermeintlich unscheinbare Dinge können Talente sein.
Unsere Begabungen zeichnen sich dadurch aus, dass wir sie von Geburt an in uns tragen. Manche entdecken wir früher, einige erst später. Auf manche stoßen wir von selbst, auf andere werden wir von unseren Mitmenschen aufmerksam gemacht. Manchmal sind wir nahezu blind für die eigenen Begabungen. Wie wir unsere Fähigkeiten einschätzen, ist nicht immer deckungsgleich mit der Wirklichkeit. In manchem sind wir begabt, ohne es zu wollen oder gar zu wissen. Anderes würden wir gern beherrschen, können es aber nicht.
Wann auch immer wir welches Talent entdecken, jedes will gefördert und beachtet werden. Nur so kann es sich vollends entfalten. Um in etwas wirklich erfolgreich zu sein, gehört zudem jede Menge Übung dazu. Kein Wunder also, dass viele heute bekannte Musiker, Sportler oder Künstler schon von klein auf gefördert wurden. Da wir gerade im Kindesalter nicht nur sehr neugierig, sondern auch besonders lernfähig sind, lohnt es sich, Talente früh zu erkennen. Doch auch im Alter sollten wir aufmerksam dafür sein, was uns gut gelingt und leicht von der Hand geht. Denn es ist nie zu spät, eine Begabung zu entdecken! Wir zeigen Ihnen, worauf Sie bei sich und Ihren Kindern achten sollten, um bisher verborgene Talente zu suchen, zu finden und zu unterstützen. ›
Nie zu spät
Ist es als Erwachsener zu spät, um noch ein Talent bei sich zu entdecken und dieses auszubauen? Keineswegs. Denn sogar, wenn Elternhaus, Schule oder andere Faktoren dem in jungen Jahren im Weg standen, sind wir in der Lage, uns in jedem Alter zu erforschen und neu zu entdecken. Das liegt zum einen daran, dass Talent so vieles sein kann – von der konkret messbaren Leistung, über soziale Fähigkeiten bis zum handwerklichen Geschick. Zum anderen daran, dass viele Talente unentdeckt bleiben, weil sich einfach nie die Gelegenheit ergab, sie auszuleben. Oder haben Sie bereits jede Sportart, jedes Musikinstrument, jeden Beruf ausprobiert? Natürlich nicht. Woher sollen wir also genau wissen, was wir alles können?
Talente suchen …
Besonders hilfreich können Talente natürlich bei der Berufsfindung sein. Oft verfolgen wir heute ja ohnehin unsere Interessen oder üben Jobs aus, bei denen unsere Begabungen nützlich sind. Gerade bei jungen Menschen, die noch unsicher sind, welche berufliche Laufbahn sie einschlagen sollen, kann die Erforschung der eigenen Talente die erste Stufe der Karriereleiter sein. Aber auch im weiteren Verlauf des Arbeitslebens kann es durchaus sinnvoll sein, sich immer wieder zu fragen, ob die aktuelle Tätigkeit den eigentlichen Stärken entspricht. Dann können Sie abwägen, wie wichtig Ihnen deren Ausübung im beruflichen Alltag ist oder ob es Ihnen genügt, diese im anderen Umfeld auszuleben. Manche Talente taugen möglicherweise nicht einmal dazu, Geld damit zu verdienen – trotzdem sind sie deshalb nicht weniger wert.
… und finden
Aber wie erkenne ich denn nun als (junger) Erwachsener meine wahren Talente? Welche Wege führen mich zur Erkenntnis dessen, was ich besonders gut kann? Die Antwort ist einfach: ausprobieren. Denn wie oben geschildert, treten viele Begabungen nur allein deshalb nicht zutage, weil sich die Gelegenheit nicht ergibt. Also schnappen Sie sich einen Pinsel, belegen Sie einen Tanzkurs oder besuchen Sie einen Workshop. Ganz egal, was Ihre erste Intuition ist: Die reine Lust darauf sagt schon viel über Ihre Begabungen aus. Und selbst wenn Sie feststellen sollten, dass Ihr vermeintliches Talent nicht vorhanden ist, so haben Sie es zumindest versucht und können sich auf andere Dinge fokussieren. Besonders interessant: Auch Schwächen auszumachen und dazu zu stehen, kann ein Weg zum wahren Talent sein. Denn so können Sie sich in womöglich gegensätzliche Richtungen orientieren. Was auch immer Sie anstreben, wichtig dabei sind Mut, Zeit und Geduld. Neue Wege zu gehen, erfordert immer auch, die alten zu verlassen – und das geschieht meist nicht von heute auf morgen.
Andere einbeziehen
Sie wissen überhaupt nicht, wo Sie anfangen sollen zu suchen? Möglicherweise liegen die Talente bei Ihnen vielmehr in Charaktereigenschaften, statt in Dingen, die man praktisch ausüben kann. Dann kann ein weiterer guter Weg für die Feststellung von Begabungen die Auseinandersetzung mit anderen sein. Wenn Sie also selbst nicht so genau wissen, wo Sie anfangen sollen, kann es sehr gewinnbringend sein, andere danach zu fragen. Sprechen Sie Ihre Mitmenschen gezielt darauf an, was sie an Ihnen schätzen. Das funktioniert übrigens auch umgekehrt: Sobald Sie sich Gedanken über die Stärken und Schwächen anderer machen, gewinnen Sie auch über sich selbst mehr Klarheit.
Buchtipp
„Werde verrückt: Wie du bekommst, was du wirklich-wirklich willst“
von Veit Lindau
Für Bestsellerautor Veit Lindau ist wahrer Erfolg die Erfüllung des ganz individuellen Lebenswunsches. Man findet ihn, indem man ausgetretene Pfade verlässt und regelrecht „verrückt“ wird – nur so erkennt man, was man wirklich-wirklich will, kann authentisch zu seinen Idealen stehen und hat die Kraft und Ausdauer, seinen Wunsch auch in die Tat umzusetzen. Neben persönlichen Erfahrungen und Fallgeschichten anderer Erfolgsmenschen präsentiert Lindau in bewährter Manier praktische Übungen und ein motivierendes Toolkit, das am Ende zu wahrem Erfolg verhilft. Außerdem im Buch enthalten: sieben Meditationen zum Downloaden.
Goldmann Verlag, 10,00 € ISBN: 978-3-4422-2255-1
Bei GLOBUS und unter globus-buchshop.de erhältlich. Einfach in Ihrer Markthalle abholen oder bequem nach Hause liefern lassen.
5 hilfreiche Fragen zum Entdecken der eigenen Talente:
1. Was hat Ihnen schon als Kind
Freude gemacht? 2. Wobei vergessen Sie die Zeit? 3. Was mögen andere an Ihnen? 4. Wobei werden Sie um Hilfe gefragt? 5. Was haben Sie bereits durch
Ihre Fähigkeiten geschafft?
Nicht nur das persönliche Umfeld kann Ihnen bei der Suche weiterhelfen. Auch viele professionelle Coaches haben sich aufs sogenannte Talentscouting spezialisiert, bei dem sie helfen, die Persönlichkeit zu reflektieren und Veränderungen anzustoßen. Oft werden dabei auch Fähigkeiten entlarvt, die Ihnen bereits bewusst waren, die Sie aber nie als Talente wahrgenommen haben.
Begabt von Anfang an
Wir alle kommen mit bestimmten Begabungen auf die Welt, die durch Faktoren wie Vererbung, Lebensumstände und Umwelteinflüsse geprägt werden. Letztlich entscheiden unsere Lebensumstände darüber, welche davon sich wie stark entfalten. So kann es passieren, dass ein besonders bewegungsfreudiges Kind in seinem natürlichen Drang zum Klettern, Springen oder Radfahren eher gebremst oder gefördert wird. Denn einige Talente werden leicht übersehen, nicht wertgeschätzt oder sind negativ konnotiert (wie beispielsweise ein körperlich sehr aktives Kind). Doch wir alle sind unterschiedlich und unsere Begabungen können sich auf vielfältige Weise zeigen. Nicht immer sind sie leicht erkennbar und auch je nach Alter, Umgebung und Entwicklungsphase wechseln die Interessen im Laufe der Kindheit und das Kind lebt seine Talente in unterschiedlicher Intensität aus.
Gemeinsam ist allen Begabungen, dass sie Spaß und Begeisterung auslösen – und zwar von innen heraus. Diese positiven Gefühle sind außerdem die Grundlage dafür, dass das Kind an einem Thema dranbleibt. Druck, Stress und Überforderung sind deshalb in jedem Fall kontraproduktiv. Doch natürlich bildet sich nicht jedes Interesse ganz von allein aus: Woher soll das Kind wissen, ob es Spaß am Klavierspiel empfindet, wenn es das nie ausprobiert? Verschiedene Dinge zu testen, kann deshalb hilfreich sein. Aber auch hier gilt es, die Interessen des Kindes zu berücksichtigen.
So erkennen Sie die Talente Ihres Kindes
Beobachten Sie das Verhalten, die Interessen und die natürliche Entdeckerfreude des Kindes möglichst unvoreingenommen. Mit welchen Handlungen kann es sich ewig beschäftigen? Worin geht es förmlich auf? Wovon erzählt es begeistert? Wie verfolgt es seine Interessen?
… und so können Sie es unterstützen
Zeigen Sie Interesse an den Tätigkeiten, die Ihr Kind gerne mag. Wenn Sie zum Beispiel gemeinsam malen, basteln oder bauen, stärken Sie gleichzeitig Ihre Bindung. Die intrinsische Motivation – also die Motivation aus eigenem Interesse – können Sie steigern, indem Sie Ihrem Kind echte Wertschätzung und Anerkennung für seine Bemühungen und sein Tun entgegenbringen. Zu viel Lob oder Belohnungen können bewirken, dass Kinder zunehmend von äußerer Motivation geleitet werden und „gefallen“ möchten, statt aus eigenem Interesse etwas zu lernen und zu üben. Gleiches gilt übrigens auch für Erwachsene – echte Wertschätzung fühlt sich einfach viel schöner an als ein schnell ausgesprochenes Lob.
Wie Kinder wirklich lernen
André Stern ist Autor, Journalist, Komponist, Musiker und Gitarrenbauer – und hat weder eine Schule besucht, noch wurde er zu Hause unterrichtet. Alles, was er kann, lernte er auf die gleiche Weise: spielend. Der gebürtige Franzose nennt sich selbst „Botschafter der Kinder“ und wünscht sich eine vertrauensvollere Haltung von Erwachsenen gegenüber Kindern. Sie wollen spielen und sie wollen lernen – das sei nicht voneinander zu trennen. „Unser Gehirn ist nicht optimiert für die Speicherung von Informationen, sondern für die Lösung von Problemen,“ konstatiert er in zahlreichen Interviews. Und da ist etwas dran: Oder wie viel wissen Sie noch aus Ihrer Schulzeit? Experten gehen davon aus, dass wir rund 80 Prozent davon wieder vergessen. Was sich hingegen über längere Zeit einprägt, ist in den meisten Fällen mit bestimmten Emotionen und besonderen Erinnerungen verbunden. Bedeutet: Wenn wir spielen, tun wir dies mit Freude – und dann lernen wir automatisch etwas dabei.
Mehr über André Stern, seine Arbeit und seine Bücher erfahren Sie unter andrestern.com
Formulierungshilfen für
Wertschätzung statt Lob
Statt: „Das hast du toll gemacht/gemalt/ gebastelt!“ Lieber: „Das hat dir viel Spaß gemacht, oder?“/„Du hast es ganz allein geschafft und bist jetzt ganz schön stolz, oder?“/ „Ich bin ganz beeindruckt, wie du malst. Da bist du selbst ganz glücklich, oder?“