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Titelthema
Coronavirus 2019 (COVID-19) Versorgung von COVID-19-Patienten an den Kliniken HochFranken
COVID-19 ist eine durch das neuartige Coronavirus hervorgerufene Infektionskrankheit. Die Ansteckung erfolgt in der Regel durch Tröpfcheninfektion über die Atemwege. Nach Infektion kommt es bei den meisten Patienten zu milden, grippeähnlichen Symptomen. Ein Teil der Fälle zeigt jedoch schwerste Krankheitsverläufe mit Lungenentzündung, Versagen der Atmungsorgane oder dem Ausfall anderer lebenswichtiger Organsysteme (zum Beispiel Herz oder Niere). Nach einer rasanten, weltweiten Verbreitung erklärte im März 2020 die Weltgesundheitsorganisation den Ausbruch dieser Erkrankung zur Pandemie.
Am 31. Dezember 2019 wurde die Weltgesundheitsorganisation (WHO) erstmals über die Häufung von Fällen einer neuartigen Lungenentzündung mit teilweise schwerem Verlauf in der chinesischen Stadt Wuhan informiert. Als Erreger dieser Erkrankung konnte ein Virus aus der Gruppe der Coronaviren, das sogenannte SARS-CoV-2 (= Severe Adult Respiratory Syndrom-Coronavirus-Typ-2) identifiziert werden. Die entsprechende Erkrankung trägt heute den Namen COVID-19 (= Coronavirus Disease 2019). Die Verbreitung dieser Viruserkrankung über den gesamten Erdball vollzog sich innerhalb weniger Wochen und die WHO erklärte am 11. März 2020 den weltweiten COVID-19-Ausbruch offiziell zu einer Pandemie. Der rasante Anstieg der Fallzahlen und der teilweise sehr schwere Krankheitsverlauf bei COVID-19Patienten stellt nun das weltweite Gesundheitswesen vor eine so bisher nicht gekannte Herausforderung. In Europa waren Anfang 2020 Italien und Spanien die am schwersten von der Pandemie betroffenen Länder. Der erste Fall einer Infektion in Deutschland wurde am 28. Januar 2020 berichtet.
Bislang sind in Deutschland 290.466 Erkrankungsfälle bestätigt worden. Von diesen gelten 254.225 als genesen, 3,3 Prozent der Patienten sind verstorben (Stand: 30.09.2020). Zum Vergleich: Die normale Grippe/ Influenza hat eine Sterblichkeit von 0,1-0,2 Prozent. Die Sterb-
lichkeit der „Spanischen Grippe“ wird heute auf circa 2,5 Prozent geschätzt. Die Tabelle zeigt die Alters- und Geschlechtsverteilung der bis Ende September 2020 an das Robert-Koch-Institut übermittelten Todesfälle.
Krankheitsverlauf und Symptome
Das COVID-19 auslösende SARS-CoV-2-Virus befällt menschliche Zellen und nutzt diese für seine eigene Vermehrung. Dies führt letztendlich zum Absterben der befallenen Zellen und somit zu einer Schädigung von
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- Verminderte Funktion oder Nierenversagen
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Organen. Die Aufnahme des Virus geschieht über ein in der Zellmembran verankertes Eiweiß, den sogenannten ACE-2-Rezeptor, der dem Virus die Aufnahme in die Zelle ermöglicht. Die höchsten Konzentrationen dieses Rezeptors finden sich beim Menschen in Zellen der Nasenschleimhaut und der Lunge, in geringerem Maße auch in Zellen der Blutgefäße, in Nerven- und Herzmuskelzellen und im Darm. Das Verteilungsmuster dieser Rezeptoren hilft uns zu verstehen, warum bestimmte Organsysteme bei COVID-19-Patienten in Mitleidenschaft gezogen werden. Nach einer SARS-CoV2-Infektion kommt es nach einer mittleren Inkubationszeit von fünf bis sechs Tagen bei den meisten Patienten (81 Prozent) lediglich zu grippeähnlichen Symptomen mit Abgeschlagenheit, Fieber und trockenem Husten. Schnupfen gilt übrigens als ein eher seltenes Symptom. Etwa 30 Prozent der Patienten beklagen eine vermehrte Speichelsekretion oder einen Verlust des Geruchssinns. Abbildung 1 zeigt die bei COVID19 auftretenden Symptome.
Etwa 14 Prozent der Patienten erleiden einen schwereren Krankheitsverlauf. Hier steht vor allem die Beteiligung der Lungen mit Luftnot und selten auch Bluthusten im Vordergrund. Eine beginnende Schädigung anderer Organe wie der Nieren, des Nervensystems oder des Herzmuskels wird ebenfalls beobachtet. Schwerste Verlaufsfälle, die eine Behandlung auf der Intensivstation notwendig machen, werden bei fünf Prozent der Patienten beobachtet. Es kommt hier zum Ausfall lebenswichtiger Organsysteme, allen voran der Lunge.
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Aber auch die Nieren, der Herzmuskel oder das zentrale Nervensystem können betroffen sein. Bei diesen Patienten wird diskutiert, ob eine Schädigung der inneren Gefäßwände und eine Störung der Blutgerinnung das Organversagen begünstigen. So wurde in Autopsien verstorbener COVID19-Patienten eine Häufung von Lungenarterienverschlüssen und Schäden an den Abb. 2: Gesunde Lungenareale sind im CT Gefäßen der Niere be- dunkel bis schwarz. Die hellgrauen, flächiobachtet. Vor allem an gen Areale entsprechen krankhaften Verder Lunge führt hier änderungen (rot umrandet). Die beiden das Mischbild von oberen Patienten zeigten einen milden Gefäßschädigung und Krankheitsverlauf und nur geringe Verändirektem Organscha- derungen am Lungengewebe. In den unteden (bedingt durch die ren CT-Aufnahmen zeigen große Anteile Lungenentzündung) der Lunge krankhafte Veränderungen. zu einer dramatischen Beide Patienten waren an einer schweren Einschränkung der COVID-19-Lungenentzündung erkrankt. Atemfunktion. Diese Verschlechterung des Sau- Pandemie ein COVID-19erstoffaustausches führt bei eini- Schwerpunktkrankenhaus etabgen der schwerstkranken CO- liert und ein Hygienekonzept zur VID-19-Patienten zu einer le- Gewährleistung der Isolation infibensbedrohlichen Situation. zierter Patienten erarbeitet. Kann die ausreichende Sauer- Nachdem an den Kliniken Hochstoffversorgung von Herz oder Franken am 13. März 2020 Gehirn auch durch die erhöhte erstmals ein Patient positiv auf Zufuhr von Sauerstoff nicht mehr das neuartige Coronavirus gegewährleistet werden, ist eine testet wurde, haben wir an den maschinelle Beatmung notwen- Standorten Naila und Münchberg dig, um das Überleben des Pati- inzwischen mehr als 75 COVIDenten zu ermöglichen. Abbildung 19-Patienten stationär behandelt. 2 zeigt CT-Aufnahmen der Lun- Insgesamt verstarben 23 Patienge von vier COVID-19-Patienten. ten, das mittlere Alter der verstorbenen Patienten lag bei 82 Jahren (mittleres Alter der übrigen Diagnose und Therapie an Patienten 71 Jahre). Elf der den Kliniken HochFranken COVID-19-Patienten mussten intensivmedizinisch betreut wer-
Am Standort Münchberg wur- den und benötigten eine intenside nach Ausbruch der Corona- ve Atemtherapie oder gar eine
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künstliche Beatmung (zehn von elf Fällen). Verglichen mit anderen schwerkranken Patienten, zeigt sich bei COVID-19 oft ein sehr langwieriger Krankheitsverlauf. Dies erfordert vom gesamten Behandlungsteam ein hohes Maß an Geduld, da erwartete Therapieziele oft nur verzögert erreicht werden. Eine weitere Herausforderung ist die konsequente Durchführung des Infektionsschutzes. Das Tragen der persönlichen Schutzausrüstung ist unerlässlich, um die Verbreitung der Infektion zu verhindern. Bei Eingriffen an den Atemwegen kommen an den Kliniken HochFranken auch spezielle Masken mit Atemfiltern zum Einsatz. Abbildung 3 zeigt Mitarbeiter der Intensivstation in Münchberg mit der entsprechenden Schutzkleidung.
Eine ursächliche Behandlung der COVID-19-Erkrankung ist nach wie vor nicht möglich. Wie bei den meisten Viruserkrankungen existiert keine Therapie, die das Virus direkt bekämpfen oder abtöten kann. Für die in den Medien vielfach diskutierten experimentellen Therapien (zum Beispiel Malariamedikamente wie Hydroxychloroquin oder die Plasmaersatztherapie) gibt es bislang keine belastbaren Studienergebnisse. Auch wenn bestimmten Therapieformen bereits eine Wirksamkeit unterstellt wurde, ist letztendlich immer noch nicht erwiesen, ob tatsächlich ein therapeutischer Nutzen – und vor allem eine sichere Anwendbarkeit für alle Patienten – vorliegt. Daher müssen diese Behandlungsoptionen weiter in klinischen Studien weltweit überprüft werden. Seit Beginn der COVID-19-Pandemie erfolgt deutschland- und weltweit ein Informationsaustausch zwischen Ärzten und Kliniken. Auch die ärztlichen Mitarbeiter der Kliniken HochFranken der Abteilungen für Innere Medizin und für Anästhesie und Intensivmedizin beteiligten sich an diesem Austausch, um COVID-19-Patienten bestmöglich und entsprechend der Leitlinien führender nationaler und internationaler Fachgesellschaften zu versorgen.
Die Diagnose der COVID-19-Erkrankung ist nicht immer einfach zu stellen und letztendlich ist die Datenlage zu dieser neuartigen Erkrankung immer noch lückenhaft. Hier konnten sich die Kliniken HochFranken mit zwei wissenschaftlichen Fachartikeln in die Forschung einbringen. Diese wurden nach internationaler Begutachtung im „Journal of Medical Virology“ und im „Journal of Community Hospital Internal Medicine Perspectives“ veröffentlicht. Wie wir beobachten konnten, liefert der sogenannte PCR-Test oder „Corona-Abstrich“ in den meisten Fällen durchaus korrekte Ergebnisse. Dennoch kann bei einem kleinen Teil der Patienten das Ergebnis negativ ausfallen, auch wenn COVID-19 vorliegt (sogenannter falsch-negativer Befund). Wir stellten außerdem fest, dass viele Befunde, die bislang als COVID-19-spezifisch erachtet wurden, auch bei Patienten mit anderen Erkrankungen vorkommen können.
Impfung
Bislang existiert kein Impfstoff zum Schutz vor COVID-19. Allerdings befinden sich nach Angaben der WHO derzeit über 150 Impfstoff-Kandidaten in Entwicklung, 21 davon bereits in vorklinischen oder klinischen Studien. In England und Brasilien haben nun Studien begonnen, in denen die Sicherheit und Wirksamkeit bestimmter Impfstoffe an Personen im Alter von über 18 Jahren untersucht werden. Die Ergebnisse dieser und weiterer Studien bleiben abzuwarten. Ob und vor allem wann dann schlussendlich ein Impfstoff zur Verfügung stehen wird, ist wohl frühestens nach Abschluss dieser Studien abzuschätzen.
Dr. med. Martin Schiller, Oberarzt Innere Abteilung, Klinik Münchberg
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