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Vor große Herausforderung gestellt
„Vor große Herausforderung gestellt“ Erfahrungsberichte zur Corona-Pandemie
Wie wurde die Corona-Pandemie an den Kliniken HochFranken erlebt, welche Erfahrungen wurden gemacht und was hat das Klinikpersonal besonders beschäftigt? Einige Einblicke.
Peter Wack, Vorstand Kliniken HochFranken:
„Die Corona-Pandemie hat unsere Kliniken in vielerlei Hinsicht vor eine große Herausforderung gestellt. Anfangs in China noch weit entfernt, wurde mit zunehmender Ausbreitung des Virus schnell klar, dass auch wir damit konfrontiert werden würden. Wir haben bereits frühzeitig begonnen, unsere Bestände an Schutzausrüstung, Desinfektionsmitteln und sonstigen Materialien aufzustocken, um Versorgungsengpässe zu vermeiden. Doch da war die Intensität der Pandemie noch nicht vorherzusehen. Ebenso haben wir noch vor Beginn der Pandemie in Deutschland die Mitarbeiter so gut als möglich über die Art des Virus, über Schutzmaßnahmen, unsere Materialbestände etc. informiert und entsprechend geschult. Zur Organisation aller Maßnahmen zur Bewältigung der Pandemie wurde dann eine standortübergreifende „Task Force“ etabliert.
In beiden Kliniken wurden Isolier- und Infektionsstationen eingerichtet und vor jedem Eintritt in das Patientenzimmer musste sich das Klinikpersonal komplett „verkitteln“. Aufgrund des enormen Verbrauchs an Mund-Nasen-Schutz, FFP-Masken, Schutzkitteln etc. hat sich dann die Materialsituation auch drastisch verschärft. Die Preise – sofern man überhaupt noch Material erhalten hat – haben sich teilweise verzwanzigfacht.
Zudem durften über mehrere Wochen alle einbestellten Patienten (Elektivpatienten), die keine Notfälle waren, nicht mehr behandelt werden. Die Kliniken haben zwar eine sogenannte „Leerstandspauschale“ für die nicht mehr belegbaren Betten erhalten. Diese wird die entstandenen Kosten für unsere enormen Mehraufwendungen und die entgangenen Einnahmen jedoch bei weitem nicht abdecken. Zudem wurden auch die Corona-Tests, die wir in großer Anzahl zu Beginn der Pandemie durchführen mussten, nicht finanziert und gingen somit zusätzlich zu Lasten der Klinik. Hierfür erhalten wir nun eine Finanzierung.
Inzwischen dürfen wir wieder Elektivpatienten behandeln, aber die Situation ist eine völlig andere als zuvor. Alle Patienten werden vor ihrer Behandlung getestet und dürfen nur mit einem negativen Testergebnis behandelt werden. Leider ist die Belegung der Kliniken auch noch relativ niedrig. Viele Patienten haben Angst vor einem Klinikaufenthalt und davor, sich dabei mit dem Virus zu infizieren. Wobei an dieser Stelle deutlich erwähnt werden muss, dass die Schutzmaßnahmen nirgends so gut sind und somit die Gefahr einer Infektion nirgends so gering ist, wie in den Kliniken.
Alle Beteiligten haben viel Erfahrung bei der Bewältigung dieser Krise gesammelt und sind somit gut für die Behandlung weiterer Patienten gerüstet. Wir hoffen allerdings alle sehr, dass es keine zweite größere Welle geben wird, auch wenn wir wohl alle noch eine ganze Zeit mit dem Virus leben und arbeiten müssen.“
Elke Förschler, Pflegedienstleitung Klinik Münchberg, und Nicole Hartenstein, stellv. Pflegedienstleitung Klinik Naila:
„Mit dem ersten COVID-19-Patienten an den Kliniken HochFranken haben wir den Pflegedienst komplett umgestaltet. Die älteren Mitarbeiter, die selbst zu einer Risikogruppe gehören, wurden aus den Corona-Bereichen herausgenommen. Die jüngeren Pflegekräfte übernahmen die Pflege und Versorgung der infektiösen Patienten, die nach und nach immer mehr wurden. Die Erfahrungen im Umgang mit dem Virus und bei der Behandlung und Versorgung der Erkrankten nahmen von Woche zu Woche zu und Ärzte und Pflegekräfte arbeiteten reibungslos zusammen. Mitarbeiter, die sich sonst nur selten im Haus begegneten, entwickelten sich unter dem Druck der Pandemiebedingungen zu leistungsstarken Arbeitsgruppen. Bestanden personelle Engpässe, wurde ausgeholfen –stations-, fach- und auch standortübergreifend. Persönliche Belange wurden dabei zurückgestellt und eine enorme Flexibilität gezeigt. Es gab ständig neue Herausforderungen, wozu natürlich auch die Knappheit der nötigen Materialien
gehörte. Wochenweise betraf dies immer wieder wichtige Artikel. Hier bestand dann natürlich auch die Sorge, sich und die Familie anzustecken.
Fazit der vergangenen Monate: Man hat sich engmaschig besprochen und unterstützt, berufsgruppenübergreifend ausgeholfen und viel dazugelernt. Ganz gleich, wie sich das Infektionsgeschehen entwickelt – das erworbene Wissen und die Erfahrungen der vergangenen Monate werden uns dabei helfen, unseren Versorgungsauftrag noch effektiver ausführen zu können.“
Jasmin Silva, Objektleitung, KSH:
„Das Coronavirus bedeutete anfangs jeden Tag aufs Neue eine Herausforderung für uns alle, da einfach die Erfahrung im Umgang mit einer Pandemie fehlte. Auch war bei allen Mitarbeitern des Reinigungspersonals anfänglich eine große Unsicherheit zu spüren, da man eine Ansteckung fürchtete und dies durch die Medien noch verstärkt wurde. Die tägliche Mehrarbeit, die veränderten Reinigungsabläufe sowie das aufwändige Ein- und Ausschleusen auf den Isolier- und Infektionsstationen haben die Mitarbeiter sowohl körperlich als auch psychisch an ihre Grenzen gebracht. Es mussten vermehrt Pausen gemacht werden, da das Atmen durch die FFP2-Masken über einen längeren Zeitraum sehr kräftezehrend war. Mit der Zeit hat sich die Angst vor einer Ansteckung jedoch gelegt und die veränderten Abläufe wurden zur Routine. Das Reinigungspersonal hat seine Aufgaben in dieser Zeit hervorragend gemeistert und ein sehr hohes Maß an Einsatzbereitschaft und Flexibilität gezeigt. Die Zusammenarbeit mit den einzelnen Stationen und der Umgang miteinander verliefen problemlos. Das Verantwortungsgefühl, sich selbst und andere zu schützen, war stark bei jedem Mitarbeiter zu spüren.“
Ute Hübner, Leitende Ärztin der Notaufnahme, Klinik Münchberg:
„Als am 20. März der Lock-Down in Kraft trat, war die Notaufnahme vorbereitet. Ein Konzept zur Patientensteuerung, um Infizierte von NichtInfizierten zu trennen, war erarbeitet, ein eigener Isolationsaufnahmeraum eingerichtet und alle Mitarbeiter auf das Anlegen der persönlichen Schutzkleidung geschult worden. Und nun warteten wir auf den Ansturm an COVID-19-Erkrankten, zumal die Führungsgruppe Katastrophenschutz die Klinik Münchberg zum COVID-19Schwerpunktkrankenhaus bestimmt hatte. Da in den Altlandkreisen Naila und Münchberg glücklicherweise wenig Infektionen auftraten, waren die Kapazitäten der Notaufnahme nicht ausgeschöpft, auch weil das „normale“ Patientenaufkommen dramatisch zurückging (ein Phänomen, das in allen Notaufnahmen Deutschlands zu verzeichnen war), begründet durch die Angst der Patienten, sich in einem Krankenhaus mit SARSCoV-2 anzustecken. Daher war die Arbeitsbelastung eher mäßig, die psychische Belastung hingegen hoch. Täglich wurden neue Beschlüsse seitens des Staates erlassen. Was heute galt, war am nächsten Tag bereits überholt. Immer auf dem neuesten Stand hinsichtlich aller medizinischen, rechtlichen und staatlichen Vorgaben zu bleiben, stellte alle Mitarbeiter vor große Herausforderungen. Hinzu kam die Angst, sich selbst oder Familienangehörige zu infizieren, zumal zu Beginn der Pandemie rasch Probleme bei der Beschaffung von Schutzausrüstung bestanden.
Nun leben wir bereits seit einem halben Jahr mit dem Virus und die Normalität ist in die Notaufnahmen zurückgekehrt. Wir haben in den vergangenen sechs Monaten viel gelernt und sind für eine zweite Welle, die im Herbst erwartet wird, gut gerüstet.“
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Dr. Jürgen Fisahn, Chefarzt Anästhesie und Intensivmedizin, Kliniken HochFranken:
„Während der Corona-Pandemie waren wir zum ersten Mal mit einer Erkrankung konfrontiert, die für uns alle völlig neu war und es so viele Betroffene gab, dass nicht nur spezielle Abteilungen der Universitätskliniken diese Patienten zu behandeln hatten, sondern auch kleinere Krankenhäuser. Die Herausforderung bestand darin, die Patienten möglichst optimal zu behandeln, ohne diese Erkrankung mit ihren Symptomen und Behandlungsstrategien in einem Lehrbuch nachschlagen zu können. Die Anspannung und auch die Angst vor dem, was uns da erwartet, waren anfangs groß, geprägt von Bildern und Berichten aus China und Italien. Glücklicherweise waren wir in Oberfranken nicht gleich zu Beginn mit
solchen Patienten konfrontiert. So konnten wir regelmäßig Informationen aus dem Süden Bayerns und auch aus Norditalien einholen, um aus den dortigen Erfahrungen zu lernen und uns eine Strategie zurechtzulegen. Wir waren zumindest theoretisch gut vorbereitet.
Als die ersten Patienten dann bei uns behandelt wurden, legte sich die erste Aufregung und es kehrte mit der Zeit eine gewisse Routine in der Behandlung von COVID-19-Patienten ein. Respekt vor dieser Erkrankung haben alle aber bis heute.
Es war eine sehr anstrengende Zeit. Nicht nur, dass man selbst mit sich und der Furcht vor einer möglichen Ansteckung beschäftigt war. Auch die Sorge um die Knappheit der notwendigen Ressourcen und um die Patienten auf unseren Intensivstationen, die fast alle einen sehr langwierigen und dramatischen Verlauf zeigten, zerrten an den Nerven der Mitarbeiter. Ebenso war der ewige Zweifel, ob die Therapie nun richtig war, da ja auf Erfahrungen nicht zurückgegriffen werden konnte, zermürbend.
Der Aufwand der intensivmedizinischen Behandlung dieser COVID-Patienten war immens, litten doch fast alle unter dem Versagen mehrerer Organe. Viele Patienten wurden mit all ihren Beatmungs-, Infusionsschläuchen und Überwachungskabeln mehrmals vom Rücken auf den Bauch gelagert und das täglich; in voller Schutzkleidung mit Atemschutzmaske ist hier viel Schweiß geflossen.
Leider haben trotz all dieser Anstrengungen auch bei uns nicht alle Patienten diese schwere Erkrankung überlebt. Doch der Großteil der Patienten konnte die Intensivstationen nach schwerem und langem Krankheitsverlauf teils Richtung Normalstationen, teils in spezielle Rehabilitationseinrichtungen verlassen.
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Wir alle fürchten ein Wiederaufflammen der Pandemie in Oberfranken, wissen aber nun in etwa, was uns gegebenenfalls erwartet und haben sehr viel dazugelernt. Am liebsten wäre es aber natürlich allen, wenn das neu erworbene Wissen nicht mehr zur Anwendung kommen muss. Für den Fall der Fälle wären wir aber gewappnet…“
Angela Wirth, Intensivstation, Klinik Naila:
„Es war eine sehr anstrengende Zeit – körperlich wie emotional. Das Arbeiten mit voller Schutzbekleidung war äußerst anstrengend und schweißtreibend und nach der Schicht war man einfach nur kaputt und fertig. Oft hat man die Sorge um die Patienten mit nach Hause genommen und sich weiter Gedanken gemacht, gebetet und gehofft, dass sie die Erkrankung überstehen. Da die Patienten ja zu der Zeit keinen Besuch bekommen durften, haben die Angehörigen einmal am Tag mit uns telefoniert. Später haben wir dann Patienten und Angehörige per Videoanruf „zusammengeführt“. Ärzte wie Pflegekräfte haben ihr Möglichstes für die Patienten getan und auch untereinander hat man sich unterstützt. Die Sorge, sich selbst anzustecken, ist immer irgendwo mitgelaufen, aber man hat dabei weniger an sich als an die Familie gedacht. Ich glaube, dass einige Corona mit anderen Augen sehen würden, hätten sie solch schwere Erkrankungsverläufe selbst gesehen bzw. miterlebt.“
Yvonne Pittel, Leitung Patientenservice, Kliniken HochFranken:
„Das Coronavirus und seine Auswirkungen haben auch die Mitarbeiter der Information und Patientenaufnahme stark betroffen. Die Schließung der Krankenhäuser für Besucher sowie die spätere Wiederöffnung unter strengen Auflagen führten sowohl bei unseren Patienten als auch deren Angehörigen zu Unsicherheiten, Unverständnis und teilweise Ärger. Diese Emotionen mussten die Mitarbeiter der Information, erste Anlaufstelle für die Angehörigen in unseren beiden Kliniken, jederzeit abfangen. Dies war und ist keine leichte Aufgabe. Zudem wurde die Situation während der Hochphase der Pandemie zusätzlich durch sich ständig ändernde Arbeitsabläufe und Vorschriften erschwert. Die Umsetzung der vielen gesetzlichen Änderungen, die sogar teilweise im Abstand von wenigen Tagen in Kraft traten, hatte zur Folge, dass sich die Arbeitsabläufe für die Bereiche Information und Patientenaufnahme stark gewandelt haben. Hier mussten sich die Mitarbeiter immer wieder umorganisieren. Dies gilt auch für die Mitarbeiter in der Patientenabrechnung, welche die gesetzlichen Regelungen über neue Zuschläge und Pauschalen sehr kurzfristig umsetzen mussten. Auch hier haben sich die Prozesse seitdem mehrmals gewandelt und sind von einem zeitlichen Mehraufwand gegenüber der Ausgangssituation geprägt.“
Herzlichen Dank an alle, die während der Corona-Pandemie an uns gedacht, uns in unserer Arbeit ermutigt und uns auf vielfältige Weise unterstützt haben. Unter anderem haben uns Bilder, ermutigende Worte, selbst genähter Mund-Nasen-Schutz sowie Blumen und verschiedenste Leckereien erreicht. Auch bei der herausfordernden Beschaffung von Schutzausrüstung gab es Unterstützung. Unter anderem wurden vom Restaurant Wagaya Einmalhandschuhe gespendet, pro-
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fessionelle Atemschutzmasken von der Firma Sata zur Verfügung gestellt und von der Deutsch-Türkischen Gemeinde Münchberg für die Anschaffung von Schutzausrüstung ein Scheck in Höhe von 800 € überreicht.
Als Dank für ihren Einsatz und als Zeichen der Wertschätzung durften Klinikmitarbeiter zudem bei einem exklusiven „Heldenkonzert“ der Band „Dorfrocker“ dabei sein. Für die HeldenkonzertTour, bei der die Band auf ihre Gage verzichtete, stand der Song „Stille Helden“ der „Dorfrocker“ Pate, der den Helfern der Corona-Krise gewidmet ist. Initiatoren und Veranstalter dieses Events waren Christian Findeiß, Stadtrat in Münchberg, sowie Alexander Zink, Verwaltungsrat der Kliniken HochFranken, Kreisrat und Stadtrat in Münchberg. Herzlichen Dank dafür! Und ein großes Dankeschön an alle, die durch ihre zahlreichen Spenden das Konzert inklusive kostenloser Speisen und Getränke für die Teilnehmer ermöglicht haben.