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Trauerfeier: Theologe gibt Tipps in Corona-Zeiten
„Abstand mit Anstand“
Theologe gibt Tipps zu Trauerfeiern und Bestattungen in Corona-Zeiten
Wie spreche ich mein Beileid aus? Wie begegne ich den Angehörigen? Was muss ich auf dem Friedhof beachten? Corona-Beschränkungen und Beileidsbekundungen, verträgt sich das? Der Bremer Pastor und Trauerexperte Klaus Dirschauer weiß Rat.
BREMEN Die Hand geben – geht gerade nicht. Umarmen - in Corona-Zeiten ganz schlecht. Und überhaupt: Abstand ist angesagt – auch bei Trauerfeiern und Bestattungen auf dem Friedhof. „Trauernde sind aber auf Nähe und Beistand angewiesen“ , sagt der Bremer Pastor, Trauerexperte und Buchautor Klaus Dirschauer (84). Unter dem Titel „Herzliches Beileid“ hat er einen „Knigge für Trauerfälle“ geschrieben, mit dem er nicht nur vor Fettnäpfchen bewahren will, die in der Kirche oder auf dem Friedhof am offenen Grab lauern. Dirschauer ermutigt auch, trotz Corona-Beschränkungen auf Trauernde zuzugehen. Der evangelische Theologe rät zum „Abstand mit Anstand“ und betont: „Das Klagen braucht Kompagnons. “ In der Corona-bedingten Distanz müssten Bestattungsrituale in der Kirche und am Grab zwar notgedrungen anders aussehen. „Aber sie sind deshalb nicht weniger wichtig. “ Zum Beispiel beim Trauerzug auf dem Friedhof, dem sich auch jemand anschließen kann, der aufgrund einer zahlenmäßigen Beschränkung nicht in die Kirche gekommen ist. „Auf dem Friedhof ist ja mehr Platz – und der Gang zum Grab muss nicht stumm bleiben, er kann gestaltet werden, beispielsweise durch ein Gebet oder eine Psalmlesung. “ Wo räumliche Nähe nicht möglich ist – und nicht nur in diesen Fällen , rät Dirschauer zur klassischen Form des KondolenzBriefes oder der Beileids-Karte. Eine WhatsApp-Nachricht oder ein Eintrag über Facebook gehen für ihn jedenfalls gar nicht. „Zwischen dem Unterhaltsamen und Flüchtigen, Albernen und Spaßigen, ja, unter so viel Makulatur jetzt plötzlich der Tod, der Ernstfall des Lebens?“ der Pastor schüttelt den Kopf. Kondolieren sei eben eine nachdenkliche Kommunikation, „eine verbale Intimität auf Abstand“ .
Dann kommt für Dirschauer wieder der Anstand ins Spiel, der für ihn in diesem Fall mit einem „Medienwechsel“ verbunden ist, mit dem Griff zum Briefbogen und zum Füllfederhalter. Vorstellbar sei noch ein persönliches Kondolenzschreiben, das einer E-Mail anvertraut werde. Aber grundsätzlich sei es gut, nach passenden Worten zu suchen – und sich darin auch mit dem Verstorbenen und dem trauernden Angehörigen zu beschäftigen. Wer keinen Anfang findet, kann in Dirschauers Brevier in einer Neuauflage aus dem Münchner Claudius-Verlag nachschlagen und Anregungen übernehmen.
„Der Tod wird in Kliniken, Alten- und Pflegeheimen versteckt, viele sind unsicher, wie sie sich Menschen gegenüber verhalten sollen, die von einem Todesfall betroffen sind“ , hat Dirschauer erfahren. Eine Unsi-
Beerdigungen sind in Corona-Zeiten nur noch im engsten Familienkreis möglich – Trauerfeiern mit Reden und Musik dürfen nicht stattfinden. Foto: Sebastian Willnow/dpa cherheit, die schon bei Kleinigkeiten anfängt. „Kann man den Trauernden auf der Straße eigentlich mit ‚guten Tag‘ begrüßen?“ , fragt Dirschauer und gibt auch gleich die Antwort: „Besser ist es, einen Augenblick stehenzubleiben, dem Gegenüber ohne Umschweife seine Anteilnahme auszusprechen. Das geht auch mit Corona-Abstand. “
Selbstverständliche Traditionen, wie die Kleiderordnung für die Trauerfeier, die kurze Verbeugung vor dem Sarg in der Kirche, der Eintrag ins Kondolenzbuch – diese und andere Rituale sind vielen Menschen fremd geworden. Dirschauer ruft sie wieder in Erinnerung. „Es sind Traditionen mit einem tiefen Sinn, die den Umgang miteinander erleichtern und dem Trauernden helfen, wieder ins Leben zurückzufinden. “
Wie reagiere ich auf eine Todesanzeige? Wann darf ich Hut oder Mütze tragen, wann nicht? Was passiert in der Kapelle oder in der Aussegnungshalle? – Dirschauer weiß auf alles eine Antwort. Und er weiß Rituale wie den Erdwurf am Grab zu deuten: „Erde zu Erde, Asche zu Asche, Staub zu Staub – das erinnert an eine Zeit, in der die Angehörigen den Toten noch selbst begruben. “ Mit seinem Ratgeber wirbt er dafür, nach der Beerdigung mit Trauernden in Verbindung zu bleiben. „Das erste Trauerjahr ist die Zeit der kleinen Abschiede nach der Beerdigung. Geburtstage, Ostern, Weihnachten – alles passiert nun erstmals ohne den Verstorbenen. Da ist Beistand gefragt. “ Und er rät auch dazu, sich rechtzeitig mit dem eigenen Tod zu beschäftigen, beispielsweise eine Namensliste für Benachrichtigungen im Todesfall anzulegen. Er selbst ist schon einen Schritt weiter: Seine Frau und er haben längst ein Grab mit einem Stein. Ihre Geburtsdaten sind bereits eingemeißelt. epd