Billeder Heimatblatt 2012

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Billeder Heimatblatt 2012

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www.heimathaus-billed.de

Billeder Heimatblatt 2012 Herausgegeben von der HOG Billed


Einladung zum Billeder Heimattag am 18. -19. Mai 2013 in Karlsruhe

20.

Eintritt frei! (Spende freiwillig)

Für die Zuhausegebliebenen wird am Samstag, 18.05.2013, zwischen 16:30-19:00 Uhr, das Treffen weltweit über das Internet übertragen unter: www.heimathaus-billed.de

Festprogramm * Samstag, 18. Mai 2013 10:00 Treffen der Landsleute in der Badnerlandhalle in Karlsruhe-Neureut 14:00 Festzug der Trachtenpaare und Blaskapelle durch Neureut, Abholen der Ehrengäste 15:00 Gottesdienst in der St. Judas-Thaddäus-Kirche 16:30 Begrüßung, Grußworte der Ehrengäste und Kulturprogramm in der Festhalle 20:00 Unterhaltungsabend in der Festhalle mit der Billeder Blasmusik und DJ Gerry Sonntag, 19. Mai 2013 10:00 Gedenkfeier am Billeder Denkmal auf dem Hauptfriedhof in Karlsruhe 11:00 Hauptversammlung der HOG Billed in der Gaststätte der Rintheimer Sporthalle Anschließend gemütliches Beisammensein, Ausklang des Treffens

*mögliche Änderungen und zeitnahe Infos finden Sie im Internet unter www.heimathaus-billed.de


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Billeder Heimatblatt 2012 Dezember 2012 | 25. Ausgabe

Inhalt

3 Vorwort, Werner Gilde 4 Aktuell 4 Grußwort, Michael Obert 5 25 Jahre Heimatblatt, Jürgen Stober 8 Der gute Ton, Hans Rothgerber 9 Danksagung, Brunhilde Klein 13 25 Jahre Denkmal der Billeder 14 Allerheiligen am Denkmal der Billeder 28 Brauchtum und Tradition 38 Rekord-Fest in Nürnberg, H. Rothgerber 52 Rückblick 76 Billeder Banatia-Schüler, J. Gehl u. Eichert 78 Schuhpasta-Clubs, Margarethe Weber 80 Der amerikanische Traum, A. Ebner 96 Die Welt ist groß, E. Martini 98 Nikolaus Schilzony, P. Krier 116 Dichtung - Dialekt 120 Billeder ABC, E. Martini 121 Alleritt Flammkuche, Erika Weith 124 Begegnungen 124 Brasilien Januar 2012, Marliese Knöbel 128 Südtiroler Dolomiten, E. Martini 134 Billeder Rentner unter sich, J. Muttar 136 Leistung und Würdigung 136 Billeder im Guinness-Buch, J. Herbst 140 Maria und Franz Roman, M. Weber 142 Peter Trendler, E. Martini 143 Diamantene Hochzeit H. u. K. Neumayer 144 Diamanthochzeit J. u. R. Schrottmann 145 Adam Tobias sen., ein Handwerker 147 Mathematiker Martin Mettler, J. Herbst 148 Nie stirbt das Lied! 150 Hans Jobba - ein Verseschmied, E. Martini 151 Spenden für die Heimatstube, J. Herbst 152 Keine Anerkennung für Deportierte 153 Statistik Russlanddeportierte, J. Herbst 157 Statistik

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Der Schwabenmaler in Billed, H. Rothgerber

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4. Banater Sommerfest in Karlsruhe, M. Müller

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Das 13. Schlachtfest unserer „Blech“ A. Tobias

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Die Banatia, Erziehungsund Lehranstalt W. Weber

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Zweimal Amerika und zurück, B. Hehn, J. Steiner

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70 Jahre seit dem Einzug unserer Landsleute zum deutschen Heer, P. Krier Fußball – ein Billeder Stiefkind?, E. Martini

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Impressum Herausgeber: Heimatortsgemeinschaft Billed e.V. | www.billed.de | heimathaus-billed.de Redaktion: Elisabeth Martini | Layout, Grafik und Satz: Hans Rothgerber | Druck: diedruckerei.de Umschlag: U1, U2, U4 Fotos H. Rothgerber, U3: Feldblumenstrauß, Malerei von Stefan Jäger


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Unser Heimatblatt

Grundsätzlich wird das Billeder Heimatblatt allen Landsleuten kostenlos zuge­stellt. Da wir jedoch für den Druck und den Versand je Buch 10 € leisten müssen, bitten wir Sie, soweit es möglich ist, eine Spende auf das Konto der HOG Billed, Nr. 111 791 Volksbank Karlsruhe, BLZ 66190000 zu überweisen. Ein entsprechender Überwei­ sungsschein ist beigelegt. Wir erwarten keine Spende von Landsleu­ ten mit geringer Rente, von Arbeitslosen und von den Landsleuten aus Billed. Wir freuen uns, dass wir Ihnen unser Heimatblatt als Zei­chen unserer Verbundenheit übermitteln können. Wir bitten jedoch um Verständnis dafür, dass wir wohlsituierten Landsleuten ohne Ge­genleistung die nächste Ausgabe nicht mehr zusenden können. Viele Überweisungen auf unser Konto können wir nicht einordnen. Daher unsere Bitte: Schreiben Sie auf den Überweisungsschein Vorname (auch der E­he­frau), Fami­ lienname und Ortschaft, Zweck.

In eigener Sache

Landsleute, deren An­schrift sich geändert oder in deren Familien ein Ereignis (Geburt, Hochzeit, Todesfall) stattgefunden hat, bitten wir um Mitteilung an Josef Herbst Freiligrathweg 14 76571 Gaggenau Tel.07225/76041, josef.herbst@billed.de Ihre Meinungen und Äußerungen zum Heimatblatt, Ihre Vorschläge und Ideen richten Sie bitte an die Redaktion: Elisabeth Martini Kronenstraße 36 76133 Karlsruhe Telefon 0721/379214 Druckfehler, Änderungen und Irrtümer vor­ behalten. Autorenbeiträge sind namentlich gekennzeichnet und die inhaltliche Verantwortung liegt bei diesen. Die Redaktion dankt allen diesjährigen Mitarbeitern für ihre Beiträge und Bilder und möchte gleichzeitig alle Landsleute auffordern, Artikel bzw. Anregungen für das Heimatblatt auch im nächsten Jahr zu senden.

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Mitglieder unserer HOG, die auch nach der Weihnachtszeit das Heimatblatt nicht erhalten haben, mögen sich unmittelbar an Josef Herbst wenden. Der sendet es Ihnen nachträglich zu.

Der Vorstand der HOG Billed

Gewählt am 11.06.2011 bei der Hauptversammlung in Karlsruhe Ehrenvorsitzender: Peter Krier Vorsitzender: Werner Gilde, Tel. 0721-863891 Stellvertreter: Josef Herbst, Tel. 07225-76041, Email: josef.herbst@billed.de Alfred Herbst, Tel. 0721-867834 Schriftführer: Adelheid Müller, Tel. 0721-1331547 Kassenwart: Jakob Muttar, Tel. 0721-784177, Email: j.muttar@web.de Beisitzer: Elisabeth Martini, Tel. 0721-379214 Johann Rothgerber, Tel. 0721-9613750 Hans Herbst, Tel. 07225-77233, Email: hans.herbst@billed.de Adam Tobias, Tel. 0721- 865315, Email: ea.tobias@web.de Ralf Gilde


Vorwort

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Liebe Landsleute, liebe Freunde! Ich freue mich, Ihnen die 25. Ausgabe unseres Billeder Heimatblattes vorstellen zu dürfen. Diese Jubiläumsausgabe blickt auf eine lebendige Gemeinschaftsarbeit zurück, deren Grundstein mit der Veröffentlichung der Festschrift zur Einweihung des Billeder Gedenkstein auf dem Karlsruher Hauptfriedhof 1987 begonnen hat. Seither erscheint unser Billeder Heimatblatt jährlich und bietet Lesenswertes von damals und heute. Dank der hervorragenden und zeitintensiven Arbeit der Redaktion und der vielen Gastbeiträge sind im Laufe der Jahre 25 einmalige Ausgaben entstanden, die viele historische sowie aktuelle Themen aufgegriffen haben. Unsere Mühen lagen immer darin, Erlebtes und Gelebtes in der alten und neuen Heimat und in der Fremde in unseren Erinnerungen lebendig zu halten und dies auch für die jungen Generationen (auch der einheimischen Bevölkerung) zu bewahren. Dass sich unser Heimatblatt über die Jahre einen sehr guten Ruf erarbeitet hat, beweist das Echo, das wir auf verschiedene Artikel erhalten. Allen aktiven und den inzwischen ausgeschiedenen oder verstorbenen Mitarbeitern des Billeder Heimatblattes darf ich für ihren unermüdlichen Einsatz danken. Sie haben ganz wesentlich zu der großartigen Entwicklung unseres Heimatblattes beigetragen. Ebenso wichtig ist die Unterstützung von unseren Landsleuten, ohne deren Spenden unser Heimatblatt nicht in seiner bewährten Form erscheinen könnte. Ich hoffe, dass dieses Buch auch noch weitere Landsleute zur aktiven Mitarbeit motivieren kann, da jeder Beitrag ein Geschenk an unsere Gemeinschaft ist. Vor allem aber eine besondere Möglichkeit, unser Traditionsblatt mitzugestalten. Für die kleine Welt unserer Gemeinschaft soll der bevorstehende Jahreswechsel Anlass bieten, Rückschau auf 2012 zu halten und Pläne für 2013 zu schmieden. Sie finden in dieser Ausgabe unter anderem Berichte über die stattgefundenen Aktivitäten im Jahr 2012: das Große Schwabentreffen in Ulm mit Auftritten unserer Trachtenträger, Seniorennachmittage in Karlsruhe, Herbstfest in Nürnberg, Auftritte der Trachtengruppe und Blasmusik in Donaueschingen, Fahrt nach Südtirol, Schlachtfest in Frankenthal, Allerheiligen am Billeder Gedenkstein in Karlsruhe. Ich möchte schon jetzt alle Billeder zu unserem Treffen 2013 am Pfingstsamstag einladen. Fühlt Euch herzlich eingeladen, nach Karlsruhe in die Badenerlandhalle zu kommen, gute Freunde oder Nachbarn zu treffen. Es ist ein guter Anlass, Erinnerungen auszutauschen und Neuigkeiten zu erfahren. Lasst uns zusammen ein schönes Fest feiern. Besonders für die jungen Billeder könnte es ein Anlass sein, zu unserer Gemeinschaft zu stoßen. Beim letzten Treffen waren einige dabei und ich hoffe, dass es vielleicht nächstes Jahr noch mehr werden. Vernetzt euch und gestaltet unsere Tradition mit. Ich würde mich freuen, wenn Sie unserem Heimatblatt und der Gemeinschaft treu bleiben und wünsche Ihnen ein schönes und gesegnetes Weihnachtsfest im Kreise der Familie und einen guten Start ins neue Jahr 2013. Viel Vergnügen beim Lesen! Werner Gilde Vorsitzender der Heimatgemeinschaft Billed


Aktuell

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Grußwort zum 25-jährigen Jubiläum des Billeder Heimatblatts

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Michael Obert, Bürgermeister Karlsruhe

Jahre „Billeder Heimatblatt“, das heißt zunächst einmal 25 Jahre ehrenamtliche, kontinuierliche Arbeit der Redaktion. Hierzu gilt zu allererst mein Respekt und mein herzlicher Dank denjenigen, die dies in den vergangenen 25 Jahren bewerkstelligt haben - Sie können stolz sein auf diese, auf ihre Leistung! Das „Billeder Heimatblatt“ - wobei „Blatt“ eine bescheidene Untertreibung darstellthandelt es sich doch in Wahrheit um ein rund 150seitiges „Jahrbuch“ - stellt nicht nur für alle Billeder eine wertvolle Erinnerungs- und Ereignisschrift dar, es geht weit darüber hinaus. Nicht nur die Billeder, nicht nur die Banater Schwaben, sondern alle Interessierten halten hier ein interessantes Zeugnis in Händen - ein geschichtliches, ein europäisches, ein gesellschaftliches Zeugnis. Und dies im doppelten Sinn: Einerseits enthält das „Billeder Heimatblatt“ viele wertvolle historische Berichte, Fotos und Dokumente, andererseits blickt es aber auch selbst auf eine 25-jährige Geschichte zurück und ist daher ein interessantes Nachschlagswerk

für die letzten 25 Jahre der Tätigkeit der Heimatgemeinschaft Billed. Ich wünsche Ihnen allen, vor allem der Redaktion und dem rührigen Vorstand Ihrer Heimatgemeinschaft, auch für die nächsten Jahre viel Stehvermögen, aber vor allem auch Freude am „Blattmachen“, damit uns das „Billeder Heimatblatt“ auch in den nächsten Jahren reich beschenkt mit Geschichte und Geschichten, mit den traurigen und freudigen Nachrichten des Lebens und mit all den Bildern aus der Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft!


Aktuell

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25 Jahre Billeder Heimatblatt

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Jürgen Stober, Ortsvorsteher Karlsruhe-Neureut

iebe Billeder Landsleute, der Gedanke, die Idee zur alljährlichen Herausgabe ei­ nes Heimatblattes hat sich in den inzwischen 25 Jahren seines Bestehens zu einer nicht mehr wegzudenkenden Lektüre für viele ihrer Lands­leute und Freunde entwickelt. Man wartet zum Jahreswechsel bereits sehnsüchtig auf die neueste, druckfrische Ausgabe, um darin zu blättern, sich über die verschiedenen Aktivitäten des zu Ende gehenden Jahres zu informieren und Erinnerungen an die alte Heimat wachzurufen. Das Heimatblatt ist so auch ein wunderbares Bindeglied zwischen Ihrer in alle Welt zerstreuten Gemeinschaft und Ihrer Billeder Ortsgeschichte. Ich freue mich, dass diese Initiative, die auf das Jahr 1987 zurückgeht, als zur Weihe Ihres Billeder Denkmals in Karlsruhe eine entsprechende Festschrift herausgegeben wurde, sich über die Jahre gehalten hat, und sich inzwischen reger Beliebtheit erfreut. Auch ich gehöre zu den eifrigen Lesern und interessiere mich vor allem für die Berichte über ihren ehemaligen Heimatort, über seine Geschichte, bis hin zur Flucht, Enteignung und Aussiedlung seiner Bewohner. Von

besonderer Bedeutung sind aber auch die zahlreichen Bilder, die in ihrem Heimatblatt abgedruckt werden. Sie sind bleibende Erinnerungen, die für ihre Gemeinschaft prä­gend waren und auch bleiben werden. Es bleibt deshalb zu hoffen und zu wünschen, dass es auch künftig immer wieder Landsleute gibt, die nicht nur lesen wollen, sondern auch künftig bereit sind, zu schreiben und damit festzuhalten, was ihnen aus ihrer persönlichen Sichtweise wichtig war und auch künftig ist. Mein herzlicher Dank geht des Weiteren an das überaus engagierte Redaktionsteam um Frau Elisabeth Martini und an Herrn Hans Rothgerber, der ebenfalls seit Jahren für Grafik und Satz Ihres Heimatblattes verantwortlich zeichnet, und dem Billeder Heimatblatt zu seiner unverkennbaren Erscheinung verholfen haben. Im Zusammenspiel aller Kräfte ist es mir deshalb nicht bange, dass das Billeder Heimatblatt auch in Zukunft Bestand haben wird. Meine besten Wünsche begleiten Sie dabei.


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25. Jubiläumsausgabe Billeder Heimatblatt

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iebe Leser, das Ihnen vorliegende Billeder Heimatblatt 2012 ist eine Jubiläumsausgabe. Seit 25 Jahren erscheint das Heft, das jährlich 1.300 Billeder Haushalte erreicht und längst „unser“ Buch, unser Heimatblatt geworden ist, mit dem sich alle Billeder, egal wo sie leben, identifizieren. Das Heimatblatt erhalten Angehörige unserer Gemeinschaft in Australien, in Nord- und Südamerika und in sieben Ländern Europas. Es ist nicht viel, was wir als unser aller Gemeinschaftsgut betrachten, wir haben unsere Heimatkirche, unsere Friedhöfe, unseren Kalvarienberg, unser Kriegerdenkmal, unser Denkmal in Karlsruhe und unser Heimatblatt. Das Billeder Heimatblatt ist längst unser Gemeinschaftsgut geworden. Während unsere Denkmäler aus Stein auf die Vergangenheit zeigen, an den Weg der Vorgenerationen und an den von uns bewältigten Weg erinnern, beschreibt unser Heimatblatt die Gegenwart, ist fast eine Momentaufnahme, ein Jahresbericht unserer Gemeinschaft, wobei immer wieder auch zurückgeschaut wird. Die erste Ausgabe war eigentlich eine Festschrift zur Weihe unseres Denkmals in Karlsruhe am 7. Juni 1987. Die gute Aufnahme des von Margarethe Pierre redigierten Buches bei den Landsleuten ermutigte uns, statt des bis dahin versendeten Weihnachtsbriefes, im Folgejahr ein Mitteilungsheft unter der Bezeichnung „Billeder Heimatblatt“ herauszugeben. Das Heft wurde erneut gut aufgenommen. Damit begann eine nun schon seit 25 Jahren anhaltende Herausgabe des Billeder Heimatblattes. Herausgeber des jeweils zu Weihnachten erscheinenden Heftes ist die Billeder Heimatgemeinschaft e.V. Für die Redaktion zeichneten nach Grete Pierre, Johann Gehl und Brigitte Hehn. Auch Wilhelm Weber, Her-

Aktuell Peter Krier

mine Schnur und Hans Herbst wirkten mit bei der Gestaltung des Heimatblattes. Seit nun mehr 15 Jahren hat Elisabeth Martini die Redaktion unseres Heimatblattes übernommen, während Hans Rothgerber dessen Satz, Grafik und Layout gestaltet. Es ist mittlerweile alljährlich ein schönes Buch geworden, vorzüglich gestaltet und inhaltlich ein niveauvolles Heimatblatt, das alle Billeder und viele Nachbarn anspricht. Die reiche Bebilderung mit Fotos bester Qualität, geschichtliche Themen, Brauchtum und Volkstum, Berichte von Veranstaltungen, Berichte aus Billed und nicht zuletzt die Familien-Nachrichten und Statistiken von Sepp Herbst machen das Heimatblatt zu einer wertvollen und interessanten Lektüre, die uns immer einen Hauch von Heimat und Verbundenheit mit der Gemeinschaft vermittelt. Freude empfinden wir beim Anblick der schönen Bilder von Trachtenfesten und Begegnungen, aber auch Trauer, wenn wir die Liste der von uns Gegangenen durchgehen, uns sie beim Lesen ihrer Namen und Hausnummern gedanklich vergegenwärtigen. Zum Jubiläum gratuliert man. In diesem Fall nicht dem Heimatblatt, sondern den Machern: Elisabeth Martini, der Redakteurin, die mit viel Sorgfalt die Texte auswählt, platziert und, wo Bedarf besteht, korrigiert und Hans Rothgerber, der uns von Mal zu Mal mit neuen Umschlagsgestaltungen, vielen schönen Bildern und einem professionellen Satz überrascht. Es gibt wenige Heimatblätter dieser Qualität. Dafür gilt es zu danken. Zu danken gilt es bei diesem Anlass auch den vielen Mitarbeitern, die ihre Texte in diesen 25 Jahren zur Verfügung gestellt haben und die ihre Fotos eingesendet haben. Viele bereitgestellte Fotos stellen bedeutende Ereig-


Aktuell

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Gruppenbild der Landsleute, die 2011 in Karlruhe zusammengekommen sind, um den Versand der Heimatblätter zu organisieren. Nach einer Stunde Arbeit waren die Heimatblätter an über 1300 Adressen weltweit versandbereit. nisse aus unserer Geschichte dar und haben dokumentarisch einen hohen Wert, wie auch das Heimatblatt selbst eine Dokumentation unseres Weges durch die Zeit ist. Letztlich geht es hier um ein Jubiläum für uns alle, denn Träger unseres Heimatblattes sind wir alle: die Gestalter, die Leser und die Spender. Das Heimatblatt ist unser aller Gemeinschaftswerk. Und es ist eine feste Klammer, die uns als Dorfgemeinschaft mit den in der Heimat Verbliebenen und mit allen in der Welt verstreuten Billedern verbindet. Es ist gut zu wissen, dass das, was wir als unser Gemeinschaftsgut betrachten: unsere Kirche, unsere Friedhöfe, unsere Wegkreuze, Kalvarienberg und Kriegerdenkmal, gut gepflegt sind und noch lange von denen künden werden, die sie errichtet haben. Und auch das Heimatblatt, das in zwei Dutzend bedeutenden Bibliotheken und Do-

kumentationsstellen vorliegt, dokumentiert den Weg unserer Gemeinschaft und unseres Dorfes. Das Buch ist auch ein Buch der Erinnerungen, der Erinnerungen der Herzen, wie Hermann Hesse Heimat definierte. Wir dürfen bei diesem Jubiläum schon ein bisschen stolz sein auf unser Heimatblatt, auf sein Erscheinungsbild und seinen Inhalt, wie auch auf das Jubiläum der 25. Erscheinung. Die 25 Ausgaben ergeben eine schöne Reihe im Bücherregal und ihr Inhalt umspannt 248 Jahre unserer Dorfgemeinschaft. So darf man wünschen, dass sich noch in weiter Zukunft Billeder oder Nachkommen von Billedern bereitfinden, das Billeder Heimatblatt fortzuführen, Beiträge zu schreiben, Fotos einzusenden, das Blatt redaktionell zu gestalten und dass unser Heimatblatt noch recht lange erscheinen, noch viele Jubiläen erreichen möge.


Aktuell

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Lautsprecheranlage für die Billeder Kirche von Pfarrer Horst Nickles von der Pfarrgemeinde St. Thomas in Karlsruhe-Grünwettersbach

Der gute Ton ist in die Kirche zurückgekehrt

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enn Werner und Gerlinde Gilde in den Urlaub nach Billed fahren, ist das meis­tens auch ein halber Arbeitsbesuch. Das hat nicht nur damit zu tun, dass Werner Vorsitzender unserer HOG ist, es ist vor allem sein Image als Ansprechpartner für sämtliche defekte elektrische Geräte und Apparate, auch für die im Hause des Herrn. Diesmal ist die Liste überschaubar. Der Dorfpfarrer klagt über die Lautsprecheranlage im Gotteshaus, die Predigt kommt nur noch verstümmelt durch, als ob der Leibhaftige daran geschraubt hätte. Und dann das elektrische Geläut der Glocken, wie es sich anhört, ist es eine Schande für die Gemeinde. Da hat vielleicht der Belzebub was draufgemacht. Kurz und gut, bei Pfarrer Horst Nickles, von der Pfarrgemeinde St. Thomas in KarlsruheGrünwettersbach, standen Erneuerun­gen bevor, und er war, sicher auch im Sinne des gemeinsamen Herrn, bereit, seine noch gute Laut­­sprecheranlage für ein „Vergelt’s Gott“ den Billeder Gläubigern zu überlassen. Damit war allerdings noch nicht viel erreicht. Die Anlage muss noch nach Billed und dort installiert werden. Also dreierlei, keine 3 Fliegen auf einen Schlag, sondern 3 Schläge auf eine Fliege, bis es soweit ist. Wie klar die neu installierte Anlage schließ-

Hans Rothgerber

lich klingt, stellt sich beim ersten Gottesdienst danach heraus. Der stellvertretende, in dieser Sache uneingeweihte Lovriner Pfarrer (der Billeder ist zu diesem Zeitpunkt in Deutschland stellvertretend) erschrickt offensichtlich über die himmli­sche Akustik in seiner Messe. Eine suuper Sache, wie vom Herrn. Der Defekt an dem elektrischen Geläut war dann auch einfach zu dia­g­­nos­­tizieren. Das Gestänge und die Zugseile sind leider kein Perpetuum Mobile. Sie sollten schon, einmal im Jahrzehnt, geschmiert werden. Dazu braucht man Fett und muss in den Glockenturm klettern. Eine letzte Sache konnte Werner so nebenbei noch in Ordnung bringen. Die defek­te Glühbirne in den „Vier Löchern“ austauschen. Das Problem hier war: „Nu avem becuri“. Wenn man glaubt, dass die Instandhaltungsarbeiten in der Billeder Kirche zu den Aufgaben der HOG gehören, irrt man. Und wenn man glaubt, dass die Pfarrgemeinde dort diese Arbeiten selbst erledigen kann, irrt man auch. Die Billeder Kirche würde heute, ohne den Rettungsschirm der HOG und den zusätzlichen, beherzten Einsatz einiger Landsleute, allein optisch und akustisch unserem Herrgott kaum Ehre machen. Ein Schirm für ein „Vergelt‘s Gott“.


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Bei der Installation der Lautsprecheranlage aus Deutschland in der Billeder Kirche. Foto: Gerlinde Gilde. Weitere Fotos unter: heimathaus-billed.de/besuch-august-2012

Danksagung des Kirchenrates der katholischen Pfarrgemeinde aus Billed

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iermit bedanken sich Herr Pfarrer Bonaventura Dumea und die katholische Pfarrgemeinde aus Billed bei allen, die dazu beigetragen haben, dass unsere Kirche mit einer kompletten Verstärkeranlage ausgestat­tet wurde. Besonderer Dank gilt Herrn Werner Gilde, der sich um die Beschaffung, die Zustellung und die Inbetriebnahme gekümmert hat. Während eines einwöchigen Aufenthaltes in Billed, zusammen mit seiner Frau, hat er die Installation mit unendlicher Geduld durchge-

Brunhilde Klein

führt. Dank seiner Leistung und Einsatzfreude führt die hochwertige Tonqualität nun zu einer erheblichen Verbesserung des Sprachverständnisses. An dieser Stelle bedanken wir uns herzlich auch bei Herrn Pfarrer Horst Lothar Nickles von der Pfarrgemeinde St. Cyriakus Stupferich und St. Thomas Grünwettersbach, der uns die Verstärkeranlage geschenkt hat. Herzlichen Dank und vergelt’s Gott.


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Es gibt immer was zu tun. Werner Gilde und Adi Csonti bei der Rasenpflege im Heimathaus. Fotos: Gerlinde Gilde Allabendliche Gesellschaft von Billedern und Heimathaus-Gästen in der Sommerlaube im Hof


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Aufnahme beim Austausch der Glühbirne in den „Vier Löchern“ Richtung Großjetscha 26.08.2012 um 6:01 Uhr an der „Schließ“. Um den Sonnenaufgang zu sehen, sind wir früh aufgestanden. Die Bäumchen im Vordergrund wurden von Erwin Csonti gepflanzt.


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Das Kleinjetschaer Kreuz in der Abendsonne im Mai 2012


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Während der Einweihung des Denkmals am 7. Juni 1987 bei strömendem Regen auf dem Karlsruher Hauptfriedhof

25 Jahre Denkmal der Billeder

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1987 wurde das Denkmal auf dem Karlsruher Hauptfriedhof eingeweiht

eim Billeder Heimattreffen in Karlsruhe zu Pfingsten 1983 wurde zum erstenmal über die Errichtung eines würdigen Denkmals für unsere Toten und für unser Heimatdorf Billed gesprochen. Die Idee fand bei vielen Landsleuten Zustimmung, Entscheidung wurde aber keine getroffen. Erst zwei Jahre später, beim Heimattreffen 1985, wurde die Errichtung eines Gedenksteins beschlossen. Die Entscheidung für den Standort Karlsruhe ergab sich, nachdem die Stadt Karlsruhe unserem Antrag auf Bereitstellung eines entsprechenden Areals bereitwillig entsprochen hat. Das Vorhaben war aber nur mit der Mithilfe aller Billeder Landsleute durchzuführen. Nach unserem Spendenaufruf zu Ostern und zu Weihnachten 1986 haben die Billeder großzügig gespendet. Von 340 Billeder Familien wurden 32.000,- DM gespendet. Da-

mit war die Finanzierung des Denkmals gesichert. Nachdem man sich über die Form des Denkmals geeinigt und als Material griechischen Marmor -Trigaches - gewählt hatte, wurde die Bildhauerwerkstatt Irmschler in Schweinfurt mit der Arbeit beauftragt. In einem Steinbruch in Kosani in Mittelgriechenland wurde ein Rohstein entsprechender Größe gefunden und noch im Winter nach Schweinfurt transportiert. Die Arbeiten am Stein begannen im Februar 1987. Die Bearbeitung des Reliefs wurde vom Bildhauer Warwera durchgeführt. Der 2,5 Tonnen schwere Stein wurde am 24. Mai 1987 nach Karlsruhe gebracht und dort auf dem Hauptfriedhof im Feld 37 aufgestellt. Am 7. Juni 1987 wurde das Denkmal unter großer Teilnahme der Billeder von Pfarrer Johann Palfi bei strömendem Regen geweiht.


Aktuell

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Allerheiligen 2012 am Denkmal der Billeder auf dem Karlsruher Hauptfriedhof

Zum 25. Mal Allerheiligen am Denkmal der Billeder

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s ist ein trüber, aber doch milder Herbsttag - und diesmal regnet es nicht! Das weiße Kreuz, umgeben von Blumensträußen und Kränzen, erhebt sich kontrastreich aus dem schön gepflegten grünen Rasen; rechts und links je eine Blumenschale mit herrlichen violetten und seitlich je ein ‚Rondo’ mit gelben Chrysanthemen. Ganz vorne zwei mit feinem Sand gefüllte Blumenschalen für Kerzen und ein kleiner Tisch für die roten Kerzenleuchten. Ein feierlicher Anblick. Am rechten Wegesrand steht ein VWBus, der lautlos den Strom für Mikrophon und Lautsprecher liefert. Der Chor der Banater Schwaben aus Karlsruhe, (57 Sängerinnen und Sänger) unter Leitung der Dirigenten Hannelore Slavik und Peter Meinhardt, formiert sich - Landsleute, Freunde und Gäste stellen sich schweigsam im Halbkreis um den Platz, denn pünktlich

um 14.00 Uhr verkündet ein Trompetenduo (Josef Blum und Sohn) den Beginn der Feierlichkeit. So beginnt der Bericht von Jakob Ballmann über die Allerheiligen-Veranstaltung vor dem Billeder Denkmal anno 1989. Daran hat sich im Grunde genommen bis heute nicht viel geändert, außer den Zahlen und der biologischen Uhrzeit. Rund einhundert Leute sind gekommen, inklusiv der Chor der Banater Schwaben Karlsruhe. Der zählte heute 17 Sängerinnen und Sänger. Die Gedenkfeiern für die Verstorbenen vor dem Denkmal sind auch ein Uhrzeiger der Gemeinschaft geworden, ein rückwärts Countdown, eine Rückwärtszählung zu nichts, d.h. zur vollkommenen Integration. Noch ist es nicht soweit. Totgesagte leben etwas länger.


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Weitere Fotos, Ansprachen und ein Presseartikel finden Sie im Internet unter: heimathaus-billed.de/allerheiligen2012 Gruppenaufnahme befreundeter Billeder am Heimattag an Pfingsten 2011 vor dem Denkmal auf dem Karlsruher Hauptfriedhof. V.l.n.r. Herta Rillig, Wilhelmine Schortje, Anna Mann, Katharina Muttar, Elisabeth Schwarz (Wilhelm), Barbara Wagner, Maria Kremling (DĂźpre), Jakob Schortje, Nikolaus Schortje. Foto: Johann Schwarz (Reutlingen), Eins. Wilhelmine Schortje


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Aktuell


Aktuell

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Allerheiligen 2012 auf dem Billeder Neugässer Friedhof. Fotos Elisabeth Martini. Weitere Fotos unter: www.heimathaus-billed.de/allerheiligen2012


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Der Schwabenmaler in Billed

bschon keine Bilder des Malers mit direktem Bezug auf Billed bekannt sind, könnten sich viele seiner Motive in unserem sowie in jedem anderen Banater Dorf abgespielt haben. Jäger zieht es eher in die Ortschaften der Banater Hecke, in denen die Uh­ren anders ticken. Dort ist das Sitten- und Brauchtumsleben in den ersten Jahrzehnten des 19ten Jahrhunderts noch gut erhalten. Ihn fasziniert das, was es bald nicht mehr geben wird, die gute, alte Zeit. 1910 hat sich Jäger im Hatzfeld der Donaumonarchie niedergelassen. Das fiel später an Rumänien. Und doch stehen vor und nach seinem Künstlerdasein auch Billeder. Seine Mutter Magdalena Schuller wurde in Billed, Hausnummer 317, geboren. 1861, als ihre Mutter stirbt, ist sie mit 6 Jahren die ältes­te von 4 Kindern. Mit einer anderen Ehefrau setzt ihr Vater, Anton Schuller, weitere 8 Kinder in die Welt, von denen 2 im Kindesalter sterben. Von den insgesamt 10 Kindern gibt es bei 6 keine weiteren Einträge in den kirchlichen Matrikelbüchern des Dorfes. Das bedeutet, dass sie Billed verlassen haben. Hausnummer 317 (seit 1927 ist es die Nr. 667 - zuletzt wohnte hier Josef Klein, Barbierer) liegt in der Neugasse. Dieser Straßenzug wurde lange nach der Ansiedlung angelegt. Hier wohnten vorwiegend Kleinhäusler, Tagelöhner und Landarbeiter. Man besitzt nicht viel, was zumindest den Vorteil hatte, dass man nicht viel verlieren konnte. So lebt es sich auch lockerer als bei den standesgeplagten Bauern vorn im Dorf. Gefeiert, geheiratet und verkehrt wird ohnehin getrennt. Jedenfalls sollen Feiern und Geselligkeiten in der Neugasse herzlicher und lustiger gewesen sein, so dass so mancher Bauernsohn sich gern hierher verirrte. Magdalena hatte auch nichts zu verlieren, als sie von ihrer Tante Barbara Heck und de-

Aktuell Hans Rothgerber

ren Ehegatten aus Tschene adoptiert wird, die immerhin Grund und Boden besaßen. Sie wird als zierliche Frau mit feinen Gesichtszügen, die sich städtisch kleidete, beschrieben. Als der 16 Jahre ältere Witwer Franz Jäger sie ehelicht, war sie 19. Großer Markt Man schreibt das Jahr 1939, und es ist ein milder Novembersonntag. Die Ernte ist ein­ gefahren, Kirchweih und Nachkirchweih ab­­ge­feiert, Allerheiligen ausgetrauert. Noch ein letztes dörfliches Ereignis steht bevor: der vierteljährliche „große Markt“ der Großgemeinde. Man kann sich jetzt voll auf die Geschäfte konzentrieren. Die Hutweide am östlichen Dorfrand wimmelt, nachdem sich der Frühnebel aufgelöst hatte, von Pferde­ge­spannen aus der Umgebung und von der Landstraße trödeln andauernd weitere ein. Es gibt nichts, was hier nicht gehandelt wird: Geflügel, Getreide, Gemüse, Getränke, Kleider, Obst, Vieh, Werkzeuge und auch Kunst. Für Jäger bringt so ein Markt immer wieder einen größeren Auftrag oder zumindest einen guten Geschäftskontakt. Sein Freund Eduard Böss, Biologielehrer in Hatzfeld, konnte eine Kutsche organisieren. So mussten sie nicht mit dem Zug den doppelten Weg mit den Umsteige-Wartezeiten in Kauf nehmen. Denn von Hatzfeld nach Billed gibt es keine direkte Zugverbindung. Den mitgebrachten Klapptisch bedeckt er mit dem von seiner Haushälterin frisch gewaschenen weißen Leinentuch. Darauf stapelt er seine Ware: ausgemalte Ölbilder sowie Skizzen und Entwürfe für individuelle Bestellideen. Und für den kleinen Geldbeutel, zum Schnäppchenpreis, kleinere Aquarelle. Er ist noch nicht ganz fertig, da hatte sich schon eine stämmige Bäuerin, Mitte 50, vor seinem Stand in Stellung gebracht.


Aktuell

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Stefan Jäger (1877-1962), Selbstbildnis

Magdalena Jäger, geb. Schuller. Die Mutter das Malers wurde 1855 in Billed geboren.

„Gut Morjet, Moler-Bacsi, ich sen et Marian aus der Saulännergass. Mei Tant aus Gertjanosch hat noch vorm Kriech bei Eich so e scheen Marienbild khaaft. Ich brauch jetz e groß Mutter-Gottes-Bild for meim Jingschte, dem Matz, de wo en die Neigass gheirat hat, sei Stub. Dass die aa mol was Teires han.“

„Aber, gute Frau, warum denn nicht?“

„Gut’ Morgen, gnädige Frau, so-so, in die Neu­ gass’ hat er gheiratet? Kennt Sie die geborene Schuller Katharina, meine Tante? Lassen Sie sie, bitteschön, von mir grüßen“. „Tehr ment et Schullersch Kathi. Das es awer jetz en Deitschsanktpeter, bei seiner Tochter. Weil, seit ehre Michel tot es, hat se jo khäne meh do. Tehr hat jo do Gmoltes aus’m Schnitt - wie die Leit sich frieher geploht han! Heit han mer jo zum Glick die Mähbinder. Ei, es das scheen, wann mer die Kerweih mol farwich gsiehn kann! Nor schaad, dass mer sich sowas net en die Stub hänge kann.“

„Also Jäger-Bacsi, wesst Tehr, mei Schwiegertochter, et Bewi, zieht schon die Tracht nimmi on wie frieher, geht nimmi en die Kerch wie frieher, hat de Zopp abgschnied und ich well gaar net saan, was noch alles. Awer iwer ehre Kredenz, do muss die heilich Maria hin, das es de letschte Streck. Well wo khä Glaawee es, es aa khä Herrgott net.“ „Da haben‘s aber recht!“ „Das lang engerohmte, mit de gsunde Hingle, das wär jo was for en die Kich, iwerm Spaarherd. Was koscht das, wann mer frohe därf?“ „Das ist ein neuer Hühnerhof, Öl auf Leinwad, 500 Lei bezahlt man dafür.“ „Jesusch Maria, met dem Geld kann mer di g’molte Hingle jo all lewendich kaafe?“


Aktuell

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Wochenmarkt in Hatzfeld, Öl auf Leinwand, von Stefan Jäger. Weitere Bilder des Schwabenmalers finden Sie im Internet unter heimathaus-billed.de/stefan-jaeger „Ja, weiß Sie denn nicht, dass Original-Ölbilder soviel wert sind!“

„Gnädige Frau, wenn ich Ihnen den Fehler verraten soll, kostet es doppelt.“

„Es jo gut, Herr Meister, ich hann jo nor gement.“ „Was koscht dann das klän, farwich Blaat met der Vortänzersch? Die Tracht es jo wie frieher, wie ich aa mol so e Kerweih-Mintsch waar, met ehm. Es awer nix gen, weger’m Feld.“

„Nee, nee, dann liewer nex saan.“

„Das Aquarell kostet für Sie 20 Lei. Aber nur weil es einen Fehler hat.“ „So billich, awer wo es de Fehler?“

„Awer, dass Tehr khä Heilichebiller meh molt? Was soll aus dere Welt noch wärre? Ich wär mol onser Hochwürden frohe, wo mer die Mutter Gottes noch am beschte kaafe kann.“ „Die Vortänzersch awer hol ich Eich ab. Die kommt mer in die Kich, iwer de katholische Wandkulenner. Do werd die Nochbersch mol Aue mache!“ „For zahle muss ich noch mei Niklos suche,


Aktuell de schaut noh Schweincher for‘t nächscht Johr on hat die Brieftasch met‘m Groß-Geld.“ „Aber beeilen‘s sich, wir werden sofort nach dem Mittagessen zurückfahren.“ „Herr Jäger, noch e Bitt‘ han ich: Saat meim Mann net, dass do e Fehler drenn es.“ „Also gut, aber nur solange er nicht ausdrück­ lich danach fragt!“ So ähnlich könnte es sich auf dem „Große Maark“ zugetragen haben, wo Jäger tatsäch­ lich gesehen wurde. Auch seine Bemerkun­ gen über Fehler in den Schnäppchenskiz­zen sind überliefert. Jakob Muttar, 1947 Schüler, kann sich an den Kunstmaler als Tabakkunde erinnern. Er ging zusammen mit seinem Vater zu dessen Atelier und war neugierig auf den damals schon sehr berühmten, jedoch öffentlichkeitsscheuen Alt­meister. Der malte gerade, wünschte eine Probepackung, konzentrierte sich anschließend auf die Staffelei und überließ die weitere Geschäftsabwicklung sei­ner Haushälterin. Die Selbstgedrehten mit dem in der Umgebung berühmten Billeder „geschwärzten“ aus dem „gebranntes Land“ genannten Fel­dern schmeckten dem Altmeis­ ter schließlich so gut, dass sie noch 2 Kilogramm nachliefern mussten. Auf verschlungenen Wegen, wie damals üblich, denn das war gefährlicher Schwarzhandel. Aber eine der Überlebenskünste der entrechteten und ausgeplünderten Billeder Deutschen in der unmittelba­ren Nachkriegszeit. Obwohl Jägers Bilder das bäuerliche Leben zum Thema haben, ist seine Kundschaft vorwiegend in bürgerlichen und intellektuellen Kreisen zu finden. Denn als Geldanlage kommt für den wirtschaftlich orientierten Heidebauern eher ein protziger Giebel in Betracht. Er kennt nicht den Wert eines Original-Gemäldes.

21 Anton Sehi, Miteigentümer der Billeder Ziegelfabrik und Unternehmer, hat 2 Ölbil­ der von Jäger erworben, sie sind auch hier reproduziert. Der damalige Preis dafür war vergleichbar mit dem einer Kuh. Es gibt noch einige Billeder, von denen be­kannt ist, dass sie im Besitz von OriginalJägerbildern sind: Fam. Franz Tobias, Fam. Michael Braun und Fam. Peter Krier. Der erste Ausstellungskatalog Anlässlich des 50. Todestages von Stefan Jäger organisierte Peter Krier am 28. April 2012 ein Symposium und eine Ausstellung von Original Stefan Jäger-Bildern im Banater Senio­ ren­­zentrum Ingolstadt. Mit 120 Bildern von 40 Leihgebern ist es die bisher größte Aus­­­stellung des Schwabenmalers. Der dabei entstandene Ka­talog mit insgesamt 165 Farb­­reproduktionen und 6 Vorträgen von Ste­fan-Jäger-Kennern ist überhaupt der erste Aus­stellungskatalog und bietet die bisher umfangreichste Ü­­ber­sicht über das Werk des Kunstmalers. Der Katalog kann beim Hilfswerk der Banater Schwaben für 15.-€, Versand inklusive, erworben werden. Da war doch noch was ... Wenn man sich bei unseren ehemaligen Nach­­barn im Banat umsieht, den Rumänen, den Serben, den Ungarn oder auch bei den Siebenbürger Sachsen mit ihrem 800-jähri­ gen kulturellen Bollwerk, wird man keinen ver­gleichbaren Milieumaler finden. 1962, unmittelbar nach seinem Tod, verfass­te Dr. Peter Pink eine Monographie des Künstlers, die er folgendermaßen abschließt: „Oh­ ne Zwei­­­fel hat der Kunstmaler Stefan Jäger seine Banater Schwaben über alles geliebt. Sein Lebenswerk ist ein grandioses Denkmal für sie, das wie ein Felsen stehen bleibt, auch wenn die Banater Schwaben in diesem Völkermeer untergehen sollten.“ So weit, so gut, könnte man meinen. Stefan Jäger hat seines getan, Dr. Pink hat darauf aufmerksam gemacht und die Banater


22 Schwaben sind gerade dabei, sich in einem Völkermeer, wenn auch einem anderen als befürchtet und angenehmer als gedacht, untergehen zu lassen. Aber wo ist der Fels in der Brandung, wo kann man das sehen, was der Künstler in über 60 Jahren gemalt hat? Das Problem liegt in der Natur der Sache. Jäger lebte vom Verkauf seiner Bilder, die durch den Exodus weltweit zerstreut sind. Für die Ausstellung in Ingolstadt war Peter Krier wochen­lang kreuz und quer durch Deutsch­land und Öster­reich unterwegs. Der daraus entstande­ne Ausstellungskatalog umfasst zwar einen allgemeinen Ü­­ber­blick, nur sind es vielleicht 10 Prozent von dem, was noch vorhanden ist. Einen, zeitlich ablaufenden, Schlüssel kann Dr. Peter Fraunhoffer aus Österreich noch bieten. Er führt seit Jahrzehnten ein Archiv mit inzwischen rund 2000 erfassten Bildern und Skizzen sowie ihren Besitzern. Möglich wäre die einmalige Ethnogra­phie ei­nes verschwundenen Volksstam­mes, entstanden aus Kolo­nisa­tions­­­­­­­ex­pe­ri­­men­ten der Habsburger Monarchie im 18. Jahrhundert.

Bibliographie Pink, Peter: Stefan Jäger - Ein Banater schwäbischer Kunstmaler, 1962 Podlipny-Hehn, Annemarie: Stefan Jäger, (Monographie) Kriterion, 1972 Gross, Karl-Hans: Stefan Jäger Maler seiner heimatlichen Gefilde, 1991 Gross, Karl-Hans: Stefan Jäger Skizzen, Studien und Entwürfe, 2004 Krier, Peter: Hommage an Stefan Jäger, Katalog, 2012 Wikete, Hans: Ortssippenbuch Billed, 2000 Auszüge aus dem Katalog „Hommage an Stefan Jäger“ von Peter Krier sowie weitere Informationen finden Sie unter: heimathaus-billed.de/stefan-jaeger

Aktuell

Im Schnitt, Öl auf Holz, 57x105 cm, Leihgeber: Hans Sehi Aus dem Ausstellungskatalog „Hommage an Stefan Jäger“ von Peter Krier Anton Sehi, Miteigentümer der Billeder Zie­ gel­­­fabrik und Unternehmer, hatte in der Zwi­ schenkriegszeit 2 Ölbilder von Stefan Jäger erworben. Der damalige Preis dafür war vergleichbar mit dem einer Kuh. Das Bild hat nebenbei auch die Baragan-Deportation mitgemacht. Hühnerhof Öl auf Leinwand, im Besitz von Dr. Christa Barth-Schoof (geb. Sehi) Weitere Hühnerbilder finden Sie unter: heimathaus-billed.de/huehner


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Beim Hühnerfüttern, Öl auf Leinwand, 48x86 cm, Leihgeber: Franz Tobias Aus dem Ausstellungskatalog „Hommage an Stefan Jäger“ von Peter Krier

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Allein die Hühnerhöfe Stefan Jägers werden auf ca. 100 geschätzt. Sie sind einzigartig in ihrer künstlerischen Qualität und könnten in jedem Kunstmuseum einen Platz haben.


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Stillleben mit Obst, Öl auf Leinwand, 70x111 cm; Leihgeber: Barbara und Peter Krier Aus dem Ausstellungskatalog „Hommage an Stefan Jäger“ von Peter Krier


Aktuell

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Auszüge aus dem Katalog „Hommage an Stefan Jäger“ von Peter Krier sowie weitere Informationen finden Sie im Internet unter: heimathaus-billed.de/stefan-jaeger


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Brauchtum und Tradition

Pfingsttreffen in Ulm, 26.05.2012 in der Ulmer Fußgängerzone: Das „Original Banater Echo“ spielt in der Eichelgasse für die Tanzgruppen aus Reutlingen und Karlsruhe. Fotos: Cornel Gruber Die Trachtengruppe der Banater Schwaben Karlsruhe beim Pfingsttreffen in Ulm unter der Leitung von Heidi Müller und Werner Gilde (die überwiegende Anzahl der Mitglieder sind Billeder), hier im Vordergrund bei den Tänzen in den Messehallen am 27. Mai 2012.


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Weitere Fotos vom Ulmer Treffen auf der Hompage der Tanzgruppe der Banater Schwaben Karlsruhe: www.tanzgruppe-banater-schwaben-karlsruhe.de Seit 1974 finden die traditionellen Pfingsttreffen der Banater Schwaben alle zwei Jahre in Ulm statt. Das diesjährige Motto hieß „Zukunft mit Tradition“.


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4. Banater Sommerfest in Karlsruhe - ein prominenter Erfolg

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m Samstag, dem 7. Juli 2012, wurde zum vierten Mal das Sommerfest des Kreisverbandes Karlsruhe der Landsmannschaft der Banater Schwaben mit der Trachtenblasmusikkapelle Billed-Alexander­hau­sen und den Tanzgruppen der Banater Schwaben Karlsruhe auf dem Gelände des FC Südstern gefeiert. Es fanden sich mehrere hundert Landsleute ein, noch mehr als im letzten Jahr. Das Angebot war traditionell: Kuchen, Torten, „Kipfel“, „Mititei“, Tanzvorstellungen der Kinder-, Jugend- und Erwachsenentanzgruppen sowie „Blechmusik“ von 13-20 Uhr. Eröffnet wurde das Sommerfest von Ingo Wellenreuther, Stadtrat in Karlsruhe, Vorsitzender der CDU Karlsruhe, Mitglied des Deutschen Bundestages u.a. Bericht von Melanie Müller Ein leichter Sommerwind schwebte über das Gelände, die Sonne zeigte sich von ihrer besten Seite. Der allseits bekannte und beliebte „Mici-Duft“ lag in der Luft und mit den Klängen der Billed-AlexanderhausenBlaskapelle war man angekommen beim Sommerfest in Karlsruhe. Hatte man dann einen guten und gemütlichen Platz in der Sonne oder im Schatten gefunden, konnte man schon das tänzerische Können unserer Kleinsten, der Erdbeergruppe, begutachten. Nachdem sie „schwowische“ Tänze gezeigt hatten, folgte ein moderner Tanz. Der Spaß war unseren Kleinen ins Gesicht geschrieben und sie ernteten viel Beifall der Zuschauer. Nachdem jeder, ob jung oder alt, das Tanzbein zu den Klängen der Blasmusik geschwungen hatte, folgte das, worauf sich jeder „Schwob“ freute, das Kuchenbuffet. Wieder einmal wurden die vielen gespendeten Torten und Kuchen von allen Seiten be-

wundert und warteten darauf, angeschnitten und verkauft zu werden. Auch der KSC-Präsident, Ingo Wellenreuther, ließ es sich nicht nehmen, unser Sommerfest zu besuchen, um einige Worte an uns zu richten und natürlich die Spezialitäten vom Grill und das klassische Stück Torte zu probieren. Gegen 17 Uhr sollte sich endgültig jeder einen Platz mit guter Sicht suchen. Denn mit einem großen Figurenaufmarsch von 18 Paaren präsentierte sich die Jugend- und Erwachsenengruppe. Mit ihren Dirndln und Trachtenhemden, neuen Gesichtern, guter Ausstrahlung und einer Menge Spaß tanzte die Gruppe 4 Tänze zur Live-Musik, gespielt von der Blaskapelle. Die Zuschauer schauten von oben auf den Platz herab und hatten somit die perfekte Sicht auf die zahlreichen Paare. Den Zuschauern gefiel die Darbietung und sie spendeten der Gruppe viel Applaus. Kurz darauf konnte man Zeuge eines kleinen Fußballturniers werden. Einige Väter der Kinder und Jugendlichen und die Jugendlichen selbst zeigten, dass sie auch Fußball spielen können. Zwei Teams lieferten sich ein gutes und faires Spiel, wobei die Anhänger der zwei Teams vom Spaß mitgerissen wurden, so dass auch hier eine super Stimmung aufkam. Der Abend unseres Sommerfestes klang erwartungsgemäß gut aus. Mit den letzten Klängen der Blasmusik verließen die zahlreich erschienenen Gäste das Gelände des FC Südsterns. Jedoch hatten die vielen freiwilligen Helfer auch beim Abbau noch viel Spaß. Ein großes Dankeschön geht an die Organisatoren, die Helfer, an den FC Südstern und natürlich an die vielen Gäste, die wir hoffentlich auch nächstes Jahr wieder auf unserem Sommerfest begrüßen dürfen.


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Ehrengast Ingo Wellenreuther, Stadtrat in Karlsruhe, Vorsitzender der CDU Karlsruhe, Mitglied des Deutschen Bundestages u.a. hier am Tortenbuffet. Foto: Pressestelle Ingo Wellenreuther


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Die Erdbeertanzgruppe der Banater Schwaben Karlsruhe Gruppenbild der Erwachsenen- und Jugendtanzgruppe der Banater Schwaben Karlsruhe auf dem Gelände des FC Sßdstern Karlsruhe


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Die Zuschauer schauten von oben auf den Platz herab und hatten somit die perfekte Sicht auf die Tanzpaare Fotos: Cornel Gruber

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Den weitesten Weg zum Sommerfest hatte Hans Martini, links, aus Australien. Rechts Edi Thรถresz. Die Verwandlung 1977-2012. Gruppenbild nach 35 Jahren beim Sommerfest v.l.n.r. Edi Thรถresz, Albert Braun und Hans Engrich


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Der jüngste Dirigent der Blaskapelle Wenn man„Mici“ riecht und die Klänge der Billed-Alexanderhausener-Blaskapelle hört, ist man beim Sommerfest in Karlsruhe angekommen.


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Rekord-Fest beim Nürnberger Fan-Club unserer „Blech“

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Musikanten, rund 130 Besucher, 30 Torten und 600 Kipfeln sind Eckdaten des 9. Herbstfestes der Billeder Blech (Trachtenblaskapelle Billed-Alexanderhausen), organisiert vom Fan-Club Nürnberg am 15. September 2012. Der Erlös vom Eintrittskarten- und Kuchenverkauf kommt jedesmal der Kapelle zugute. Mit dem Aufmarsch mit den, nach Banater Rezepten

Hans Rothgerber

selbst­ge­backenen Torten, wurde das „Mehlspeisebuffet“ eröffnet. Am schnellsten wurden die „Kipfeln“ verputzt. Das Fest in dem exklusiven Festsaal, der „Speisegaststätte Genossenschaftssaalbau“ am Matthäus-Herrmann-Platz 2, (die Gaststätte ist auch bekannt für ihre griechischen Spezialitäten) begann um 14 Uhr und war um Mitternacht noch immer nicht zu Ende.


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Familien, die Torten und „Kipfel“ gespendet haben: Deleanu Follmer Frombach Grapini Hebp Hipp Potche Pritz Quinkert J. Quinkert H. Quinkert E. Rothgerber Rugel Schiller Schwendner Tabar Wagner

Die Organisatoren der Veranstaltung: der Nürnberger Fun-Club unserer „Blech“ (Trachtenblaskapelle Billed-Alexanderhausen) Viele Gäste nahmen eine mehrere hundert Kilometer Anreise in Kauf. Gezeppelt haben auch zahlreiche Landsleute aus anderen Banater Ortschaften, mehrere Tische waren von Angehörigen der bekannten „Siebenbürger Blaskapelle Nürnberg“ belegt. Die Musik, die gespielt wurde, befindet sich auch auf den CDs 1 und 2 unserer Blaskapelle. Es sind jeweils 14 Stücke aus dem

alten Billed. Mit diesen Aufnahmen gelingt es unserer Blech, zugegeben mit nicht unerheblicher Unterstützung aus anderen Banater Ortschaften, wie Phönix aus der Asche, ein Denkmal der 170-jährigen Tradition der Billeder Blechblaskapellen zu setzen. Die alte Dorfgemeinschaft gibt es nicht mehr, aber ihre Blasmusik erreicht gerade einen neuen Höhepunkt.


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Das Fest begann um 14 Uhr und war um Mitternacht noch immer nicht zu Ende. Viele Gäste nahmen eine mehrere hundert Kilometer Anreise in Kauf.


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30 Torten und 600 Kipfel wurden von 17 Familien nach Banater Rezepten gebacken und gespendet. Der Erlรถs kommt wie jedes Jahr der Blaskapelle zugute.


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Der exklusive Festsaal der „Speisegaststätte Genossenschaftssaalbau“ am Matthäus-Herrmann-Platz 2. Die Gaststätte ist auch bekannt für ihre griechischen Spezialitäten.


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Die Musik, die gespielt wird, befindet sich auch auf den CDs 1 und 2 unserer Blaskapelle. Es sind die alten Lieder, die frĂźher schon in Billed gespielt wurden.

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Das 13. Schlachtfest unserer „Blech“ - ein Festmarathon

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enn die Banater Schwaben eine Dreifaltigkeit, die Leib und Seele zusammenhält, auszeichnet, dann sind es „Worscht“, Wein und Blasmusik. Genau das könnte man dem Frankenthaler Schlachtfest der Billeder „Blech“ (Trachtenblaskapelle Billed-Alexanderhausen) zur Seite stellen. Es ist inzwischen so beliebt, dass es auch von vielen Landsleuten aus anderen Banater Ortschaften besucht wird es ist zu einem Banater Fest geworden. Daher war es für die 13. Veranstaltung am 27. Oktober 2012 nicht einfach, bei dem begrenzten Platzangebot im Donauschwabenhaus Frankenthal, überhaupt Karten zu ergattern. Das große Festessen, mit Blasmusik und Tanzunterhaltung satt, beginnt am Mittag und hält bis nach Mitternacht. Dabei bringt ein Team von 2 Dutzend Helfern um die Metzgerprofis Franz und Sepp die besten Produkte der Banater Schweineschlacht auf die Tische. Die beliebteste Banater Wurst,

Adam Tobias

die Bratwurst („Brotworscht“), wird zusätzlich als Tombola verlost. Einen ganz großen Dank gebührt den Helfern, den Kuchenspendern und sonstigen Gönnern, die das Fest erst ermöglichten. Inzwischen ist auch eine Vorstellung der Tanzgruppe der Banater Schwaben Karlruhe fester Bestandteil des Unterhaltungsmarathons geworden. Und als Abwechslung brachte eine kleine Bläsergruppe der Blech auch Beat und Samba zusammen mit den Jugendlichen Patrick, Melanie und Michael. Auch Handwerker wirkten mit, sie schmiedeten bei einer Polka rhythmisch das Eisen. Vor 6 Wochen hatte auch das Zwillingsfest, das Herbstfest in Nürnberg , organisiert vom Fanclub der Blasmusikkapelle - mit Banater „Mehlspeise“ im Rahmenprogramm stattgefunden. Es ist eine großartige Leistung unserer „Blech“, die musikalische Tradition von früher hier auf hohem Niveau fortzusetzen. Man kann sagen: „Sie blüht noch einmal auf“!


Rückblick

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13:05 - Es geht los: Aufmarsch der Helfer mit dem Szekely (Sekei)-Gulasch. Fotos: Cornel Gruber 13:15 - Blick in die Küche, ins Revier der Metzgerprofis Franz und Sepp. Hier gibt es nur Arbeit, es darf nichts schiefgehen. Daher bekommen sie und die zahlreichen freiwilligen Helfer zu einem späteren Zeitpunkt von der Blaskapelle das sogenannte Helferfest spendiert.


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13:20 - Blick auf den Saal. Spektakuläre Aufnahmen aus der Vogelperspektive von Cornel Gruber In der Mitte ein Tisch mit Billedern über 70. Die Tischordnung erinnert an soziale Schichtung, wie sie in der alten Billeder Zeit bei festlichen Anlässen üblich war: Männer und Frauen jeweils auf einer Seite, jeder an seinem unverwechselbarem Platz in der Gemeinschaft.


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13:55 - Nach den Gästen kommt die Blaskapelle zu Tisch. Links unten Alt-Kapellmeister Jakob Glaser beim Prosten. 14:20 - Zuletzt, nachdem Gäste und Musikanten versorgt sind, kommen die Helfer zu Tisch und werden von den Musikanten bedient. Denn schlieĂ&#x;lich ist es das Fest der Blaskapelle.


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Begegnungen

16:00 - Es ist jetzt wieder etwas Platz im Bauch, jetzt kommt die „Mehlspeise“ (Kuchen und Torten). 16:45 - Abwechslung muss sein: Eine Gruppe der Kapelle bringt südamerikanische Rhythmen


Begegnungen

18:30 - Einmarsch der Trachtentanzgruppe Karlsruhe Die TanzvorfĂźhrungen der Trachtengruppe sind inzwischen ein Bestandteil des Festes.

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Begegnungen

Bei der Tanzgruppe mangelt es manchmal an Tanzpartner fĂźr gutaussehende Frauen 22:50 - Die Zeit der Tombola-Gewinner


Begegnungen

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Wenn die Bläser mal nicht blasen, geht´s weiter mit Disco: Heidi, Werner und DJ Gerry legen auf. 23:00 - Ans Nachhausegehen denkt man noch nicht - es ist ein Festmarathon.


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Rückblick

Die Banatia - größte und bedeutendste deutsche Erziehungs- und Lehranstalt für Jungen in Südosteuropa

Wilhelm Weber

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achdem infolge des Trianoner Friedensvertrags 1920 unsere ehemalige Heimat, der östliche Teil des Banats, Rumänien zugefallen war und die Karlsburger Beschlüsse die volle nationale Freiheit allen nationalen Minderheiten zusicherten, konnte auch im Schulwesen anstelle der ungarischen die deutsche Unterrichtssprache wieder eingeführt werden. Die Leitung der am 13. März 1921 gegründeten Deutsch-Schwäbischen Volksgemeinschaft hieß Volksrat und deren Geschäftsführung wurde Hauptamt genannt, war im Deutschen Haus untergebracht und entfaltete eine sehr ersprießliche Tätigkeit im Sinne der Erhaltung und Entwicklung des kulturellen Lebens der Banater Schwaben, besonders der Entwicklung der neu gegründeten deutschen Schulen. Von hier ging auch die Initiative zur Gründung eines großen deutschen Erziehungs- und Bildungsinstituts in Temeswar aus. Förderer aus den Reihen der Geistlichkeit und Vertreter der DeutschSchwäbischen Volksgemeinschaft, die die

große Zweihundertjahrfeier der Einwanderung organisiert haben, bildeten auch den Direktionsrat für die 1920 gegründete Deutsche Lehrerbildungsanstalt. Dieser Rat wurde zum Direktionsrat der katholischen deutschen Nationalschulen erweitert. Der Vorsitzende, Dr. Franz Kräuter, war auch Schulreferent des Deutsch-Schwäbischen Volksrats und der Kirche. Vom September 1919 wirkte in Temeswar neben der Ungarischen Höheren Realschule auch eine deutsche Abteilung, die Realgymnasium genannt wurde. Außer diesem funktionierte in Temeswar an der Höheren Handelsschule auch eine deutsche Sektion. Mangels Internaten mussten sich die deutschen Schüler dieser deutschen Schulabteilungen – überwiegend vom Lande kommend – in der Stadt Kost- und Quartierhäuser suchen, was für sie nicht immer von Vorteil war. Deshalb wurde seitens des Direktionsrats der katholischen deutschen Nationalschulen der Beschluss gefasst, für diese Schüler ein Schülerheim zu bauen, worin auch

Der erste Spatenstich für den Bau der Banatia im Winter 1924/25 auf dem Gelände, das die Diö­ zese zur Verfügung gestellt hat. Im Hintergrund das Priesterseminar. Foto: Banatia Festschrift


RĂźckblick

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Das Banatia-Gebäude nach seiner Fertigstellung1926, daneben das Priesterseminar

Bei der Einweihung der Banatia am 26. September 1926 hielt Bischof Dr. Augustin Pacha die Festansprache. Foto: Banatia Festschrift


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Rückblick

Das ursprüngliche Gebäude der Banatia aus dem Hof gesehen, bevor die Vergrößerungsanbauten erfolgten, d.h. noch vor dem Jahr 1930. Foto: Postkarte Auf dieser Ansicht sind die Vergrößerungsanbauten an dem dem Priesterseminar gegenüber liegenden Gebäudeflügel zu erkennen.


Rückblick die Katholisch-Deutsche Lehrerbildungsanstalt, die in einer Notunterkunft im Gesellenheim in der Fabrikstädter Tigergasse funktionierte, gemeinsam mit einer Übungsschule untergebracht werden sollte. 1924 war es dann soweit, dass auf einem der Römisch-Katholischen Diözese gehörenden Gelände, gegenüber dem Priesterseminar, ein entsprechend großes Internatsund Schulgebäude erbaut werden konnte, das Banatia benannt wurde. Eine Hausbau-AG wurde gegründet und ein Werbeausschuss kümmerte sich um das Zeichnen von Aktien: Eine Aktie, auch Baustein genannt, hatte den Wert von 1.000 Lei. In kurzer Zeit waren 20.000 Aktien gezeichnet und mit dem Kapital von 20 Millionen konnte nach den Plänen der Architekten Matthias Huber und Michael Wolf mit dem Bauen begonnen werden. Der erste Spatenstich erfolgte im Winter 1924 und kurze Zeit danach wurde im feierlichen Rahmen der Grundstein gelegt. Innerhalb von 2 Jahren stand der repräsentative Bau der Banatia, wurde 1926 eingeweiht und seiner Bestimmung übergeben. Damit ist sie das Symbol des Kulturwillens und der Selbsthilfe der Deutschen aus dem rumänischen Banat. Der großen Schülerzahl und der Neugründung von Schulen wegen musste der ursprüngliche Bau dreimal erweitert werden. 1930 wurde der dem Priesterseminar gegenüber liegende Seitenflügel mit 16 Klassenräumen vergrößert. 1935 ist der moderne Turnsaal mit Umkleide- und Turngeräteraum an den Festsaal angebaut worden. Die letzte Vergrößerung fand 1938/39 statt, als der rechte Gebäudeflügel mit noch 16 Klassenräumen erweitert wurde, unter diesen ein sehr heller Zeichensaal und 3 größere mit modernen Geräten ausgestattete Laboratorien. Anfangs beherbergte der Banatia-Bau ein Schülerheim mit 290 Plätzen, die Lehrerbildungsanstalt mit der Übungsschule und die

55 1. Klasse des im Aufbau befindlichen Römisch-Katholischen Deutschen Knabenlyzeums. All diese konfessionellen Lehranstalten unterstanden der bischöflichen Schulbehörde; der Direktor und der Subdirektor des Schülerheims mussten Priester sein, weil die gesamte Wirtschaft des Hauses von Notre-Dame-Schwestern geführt wurde. Bis 1942 war der Direktor des Schülerheims, der Lehrerbildungsanstalt und der Übungsschule Prälat Josef Nischbach. Die Inneneinrichtungsgegenstände wurden auch durch Spenden, also durch Selbsthilfe, angeschafft. Die Namen der Spender – Privatpersonen, Unternehmen wie auch ganze Dorfgemeinschaften – wurden namentlich auf Widmungstäfelchen eingraviert und an den gespendeten Gegenständen angebracht. Die Banatia ist damit ein eindrucksvolles Beispiel für die Selbsthilfe und das große Interesse der Banater Deutschen an der Entwicklung ihres Schulwesens, um ihren Nachkommen die bestmögliche Erziehung und Bildung angedeihen zu lassen. Bevor die Zubauten es vergrößerten, umfasste das Banatia-Gebäude 5 Ebenen: ein sich über die ganze Geschossfläche erstreckendes Souterrain, ein Hochparterre und 3 Obergeschosse. Im Souterrain waren untergebracht: die Wirtschaftsräume, ein besonderer Kühlraum für Milch und Fleisch, eine Backstube, eine Großküche, ein 30 Meter langer Speisesaal, die riesige Heizungsanlage, die auch Warmwasser lieferte, und ein Duschraum. Im Hochparterre befanden sich 6 Klassenzimmer, 2 Laboratorien, die Schulbibliothek, die Wohnung des Schülerheimdirektors, 2 Sprechzimmer für die Elternbesuche der Internatler, eine Garderobe und die Pförtnerloge. Im 1. Obergeschoss waren 6 Studierstuben, ein Zeichensaal, ein Arbeitssaal und je ein Büroraum für den Direktor des Schülerheims, den Verwalter und ein Dienerzim-


Rückblick

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Der Festsaal mit Altarnische (rechts) zur Kapelle. Foto: Banatia Festschrift mer. Im Westflügel befanden sich die Wohnungen der Notre-Dame-Schwestern, die für die Küche zuständig waren und die Wirtschaft führten. Im 2. und 3. Obergeschoss waren jeweils 8 Schlafsäle und 4 Waschräume, im 2. OG auch eine Krankenabteilung mit einer Pflegerin und einer Apotheke. Dem Westflügel schloss sich ebenerdig ein großer Festsaal mit einer Bühne an, rechts ging es zur Hauskapelle. An Nationalfeiertagen wurde in der Kapelle ein Tedeum zelebriert mit Ansprache des Geschichtsprofessors über die Bedeutung des betreffenden Feiertags. Währenddessen standen wir Schüler klassenweise geordnet der Kapelle zugewandt und waren oft ungeduldig, wenn noch Gedichte vorgetragen und die Staatshymne gesungen wurde, was viel von unserer Freizeit an diesem schulfreien Tag raubte. Ähnlich erging es uns Schülern an Sonntagen, wenn die verpflichtende Schülermesse im Dom, wohin wir von der Banatia auch

klassenweise gingen, der Predigt wegen zu lange dauerte. So war es auch an schulfreien kirchlichen Feiertagen. An 3 Tagen vor Ostern waren Exerzitien vorgesehen, die zwar schulfrei waren, aber den ganzen Tag ausfüllten mit religiösen Vorträgen in der Schule und mit Andachten im Dom oder auch im Festsaal vor der Altarnische. Nach der zweimal erfolgten Erweiterung des Ostflügels kamen noch 32 Klassenzimmer hinzu, mit Zeichensaal, 3 Laboratorien, Landkartenzimmer und Professorenkanzlei. An den Festsaal wurde noch der moderne Turnsaal mit Nebenräumlichkeiten errichtet. Selbstverständlich waren überall Toiletten und die Flure waren den Klassen gegenüber zum Hof hin erweitert, um den in den Pausen aus den Klassen strömenden Schülern bei schlechtem Wetter genug Platz zu bieten. Denn in den Pausen verblieben nur 2 diensthabende Schüler in der Klasse, um zu lüften, die Tafel abzuwischen, Kreide zu holen, eventuell aufzuräumen, wenn etwas he-


Rückblick

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Die Kapelle vom Festsaal aus in den Hof gebaut. An Nationalfeiertagen wurde in der Kapelle ein Tedeum zelebriert mit Ansprache des Geschichtsprofessors über die Bedeutung des betreffenden Feiertags. Foto: Postkarte Der 30 Meter lange Speisesaal des Schülerheimes im Souterrain untergebracht. Foto: Banatia Festschrift


58 rumlag. Über dem Umkleide- und Turngeräteraum befand sich das Musikinstrumenteund Probezimmer der Schülerblaskapelle. Zuletzt beherbergte der Banatia-Komplex 8 verschiedene Schuleinheiten und das Schülerheim, alle mit eigenen Direktionen und einer Gesamtzahl von über 1.100 Schülern. Wir Schüler mussten uns damit abfinden, dass wir auf der Straße und beim Un-

Rückblick terricht eine vorgeschriebene Schüleruniform mit auf dem linken Oberarm aufgenähtem Schulemblem mit Nummer tragen mussten. Nachdem die Deutsche Volksgruppe 1942 die Schule übernommen hatte, lockerte sich diese Vorschrift und die Schüleruniform wurde oft durch die DJ-Uniform ersetzt. Die rote Schülerkappe trugen wir weiterhin mit Stolz, auch wenn man uns spöttisch „Paradeisköpfe“ nannte.

Die verschiedenen Lehranstalten im Banatia-Gebäude in den Jahren 1926-1944 Die Katholisch-Deutsche Lehrerbildungsanstalt Als nach dem 1. Weltkrieg in den Schulen die deutsche Unterrichtssprache wieder eingeführt wurde, erkannte man, dass

man für einen entsprechenden Lehrernachwuchs zu sorgen hatte. Die Vorarbeiten waren abgeschlossen und Bischof Glattfelder konnte das staatliche Unterrichtsressort davon in Kenntnis setzen, sodass am 3. November 1920 der Unterricht in der Temes-

Gruppenbild mit Banatia Schülern des Internats aus der Studierstube 6 mit einigen Billedern: von unten in der 1. Reihe zweiter von links Josef Breitenbach, fünfter Josef Schackmann, 2. Reihe zweiter von links Johann Slavik, 3. Reihe zweiter von rechts Johann Welter (Siwasch), 4. Reihe fünfter von links Wilhelm Frick, 5. Reihe vierter von links Adam Muttar. Einsender des Fotos: Johann Slavik


Rückblick

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Gruppenbild mit Banatia-Schülern des Internats, die 1938/1939 die 1. Klasse des Lyzeums besuchten mit drei Schülern aus Billed: von oben in der 2. Reihe vierter von rechts Johann Slavik, fünfter von rechts Johann Braun, 3. Reihe dritter von rechts Josef Schackmann. In der Mitte sitzend Internatsdirektor Prälat Joset Nischbach. Rechts Studienleiter Stützl. Neben ihnen zwei ältere Schüler als Aufseher. Einsender des Fotos: Johann Slavik Klassenfoto meiner 5. Klasse des Banatia-Lyzeums im Schuljahr 1939/1940. In der Mitte unser Klassenvorstand Prof. Julius Amberg mit unserem Klassenprimus Eduard Teufel. Ich stehe in der 2. Reihe von oben ganz rechts.


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Eine von sechs Studierstuben im Banatia-Internat (Schülerheim). Hier eine Studierstube für Schüler der Unterstufe des Lyzeums. Foto: Banatia Festschrift

Klassenzimmer des Banatia-Lyzeums im Jahre 1930. Hier eine Klasse der Unterstufe. Gewöhnlich befand sich ein Schrank mit Büchern der Klassenbibliothek und anderen Materialien in der Ecke links von der Tafel. Am Katheder stehend Prof . Dr . Peter Schiff. Foto: Banatia Festschrift


Rückblick warer Tigergasse mit 55 Schülern in allen 4 Klassen, die auch im hauseigenen Internat wohnten, begonnen wurde. Stiftungen und Spenden ermöglichten die Ausbildung vieler Schüler, deren Eltern das Schulgeld und die Naturalien für die Internatsküche nicht aufbringen konnten. Bis zum Übersiedeln der Lehrerbildungsanstalt in die Banatia 1926 absolvierten 59 Junglehrer. Mit dem Umzug verbesserte sich nicht nur die Unterkunft und die Kost, sondern auch das Lernen in den für damalige Verhältnisse luxuriös ausgestatteten Klassensälen und Studierstuben. Prälat Josef Nischbach blieb weiterhin Direktor der Lehrerbildungsanstalt und übernahm auch die Direktion über das Schülerheim und die Übungsschule bis 1942, als die Deutsche Volksgruppe die Schulen übernahm und als Direktor der Lehrerpräparandie den Musiklehrer Hans Eck und zum Leiter des Schülerheims Turnlehrer Paul Kindl

61 einsetzte. Zur Zeit Direktor Nischbachs absolvierten 136 Junglehrer und in den letzten 2 Jahren 51, somit insgesamt 246 Lehrer, darunter keiner aus Billed. Josef Thöresz (554) war zwar Lehrer, absolvierte aber in der Banatia das Lyzeum und nicht die Lehrerbildungsanstalt. Johann Gehl (116) war im Schuljahr 1943/44 im vorletzten Jahrgang und Johann Slavik (683) im 1. Jahrgang der Banatia-Lehrerpräparandie, konnten diese aber nicht absolvieren, weil nach dem 23. August 1944 alle deutschen Schulen geschlossen wurden und in dem Banatia-Gebäude die Medizinfakultät der Temeswarer Universität untergebracht wurde. Die Übungsschule in der Banatia Unentbehrlich in der Lehrerausbildung waren die 4 Klassen der Übungsschule, wo die

Klassenraum der Lehrerbildungsanstalt, links neben der Tafel der Schrank mit der Klassenbibliothek, rechts das Harmonium. Foto: Banatia Festschrift


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Rückblick

Der Billeder Nikolaus Hummel, später Bischof in Wien, ist mein Klassenkollege, auf unserem Absolventenbild des Banatia-Lyzeums im Mai 1943 sechster von links in der unteren Reihe. Einige meiner Absolventenkollegen anlässlich des Ständchens bei Professoren und bekannten Mädchen, das traditionsgemäß am frühen Morgen nach dem Abschlussbankett stattfand.


Rückblick Schüler der Lehrerpräparandie Übungsunterricht zu halten hatten und Musterstunden der Übungsschullehrer beiwohnten. Einer der bedeutendsten Übungsschullehrer war Johann Wolf, der spätere Prof. Dr. Johann Wolf. Die Absolventen der Übungsschule konnten nach einer Aufnahmeprüfung das Lyzeum (Gymnasium) in der Banatia oder das Deutsche Staatslyzeum (ehemaliges Realgymnasium – nachheriges Lenau-Lyzeum) besuchen. Weil die Banatia-Übungsschule einen sehr guten Ruf hatte, wollten viele Eltern ihre Kinder dorthin zur Schule schicken. Weil die Klassenräume dementsprechend geräumig waren, zählten manche Klassen bis zu 50 Schülern. Das Deutsche Römisch-Katholische Knabenlyzeum Weil das schon bestehende Deutsche Staatslyzeum (ehemaliges Realgymnasium) nicht alle Schüler aufnehmen konnte, die sich zur Aufnahmeprüfung meldeten, wurde seitens des Direktionsrates der katholischen deutschen Nationalschulen beim Unterrichtsministerium der Antrag gestellt, in der Banatia ein deutsches konfessionelles Gymnasium eröffnen zu können. Zugelassen, konnte schon 1926 das Deutsche Röm.-Kath. Knabenlyzeum mit 40 Schülern den Unterricht aufnehmen. Das war das 2. deutsche Gymnasium in Temeswar, das Jahr für Jahr aufgebaut wurde. Der Andrang war dermaßen groß, dass in den 4 unteren Klassen in manchen Jahren sogar 4 Parallelklassen funktionierten und die oberen Klassen mit 40 Schülern belegt waren. Meine Abiturientenklasse zählte im letzten Schuljahr 1942/1943 noch 42 Schüler. Das Lyzeum nahm an verschiedenen Wettbewerben, Sportwettkämpfen, Schülerolympiaden u.a. immer erfolgreich teil. In meiner Klasse gab es Sportler, die in der Leichtathletik von keinem Gegner – ich nenne nur Hans Wiesenmayer – bezwungen wurden. Viele

63 Schüler betätigten sich auch auf kulturellem Gebiet, besonders nachdem Prof. Hans Walter 1941 die Deutsche Jugend-Spielschar gegründet hatte. Die Oberstufen hatten keine Parallelklassen, weil ein Großteil der Absolventen der Unterstufe andere Lehranstalten besuchten. Ähnlich verhielt es sich mit den meisten aus Billed stammenden Schülern der Banatia. Einige blieben schon bald aus, um in der elterlichen Landwirtschaft mitzuhelfen. Andere wieder besuchten die Ackerbauschule in Wojteg, um tüchtige Bauern zu werden. Einige wollten studieren, dazu mussten sie das Abitur bestehen. Das waren Johann Braun (306), Franz Haupt (431), Nikolaus Hummel (136), Peter Schwartz (462), Walter Steiner (450), Josef Thöresz (554), die durch ihr Studium Arzt, Tierarzt, Pfarrer, Bauingenieur, Lehrer wurden. Lehrkraft und stellvertretender Direktor war Dr. Hans Weresch neben dem bekannten Direktor Dr. Josef Schütz. Ab 1942 wurde er von dem Volksgruppen-Schulamt durch den Deutschlehrer Anton Valentin ersetzt und das Lyzeum auf Prinz Eugen Oberschule für Jungen umbenannt. 1942 betrug die Schülerzahl des Lyzeums 605 Schüler. Weil die Deutsche Volksgruppe vom rumänischen Staat als juristische Person des öffentlichen Rechts anerkannt wurde, durfte sie alle deutschen Schulen in eigene Verwaltung übernehmen. Das regelte das Gesetz 977 vom November 1941. Die oberste Schulbehörde war das Landesschulamt in Kronstadt, dem die einzelnen Kreisschulämter unterstellt waren. Die konfessionellen Schulen in Siebenbürgen, die der evangelischen Landeskirche unterstanden, wie auch die im Banat dem röm.-kath. Bistum unterstanden und alle staatlichen Schulen mit deutscher Unterrichtssprache wurden zu volksgruppeneigenen Schulen. Allein die Klosterschulen des Notre-Dame-Ordens verweigerten die Übergabe ihrer deutschen Klassen, obwohl fast alle ihre Schülerinnen die Klosterschulen


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Rückblick

Freiübungen der Banatia-Schüler auf dem Rapidsportplatz anlässlich des jährlichen Turnfestes. Im Hintergrund der Turm des Schlachthofes, links die beiden Türme der Fabrikstädter Milleniumskirche.

Banatia-Schüler marschieren durch Temeswar zum jährlichen Turnfest auf dem Rapid-Sportplatz


RĂźckblick

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Unsere Banatia-Spitzensportler und Leichtathleten. Vierter von links Junioren Landes- und Balkanmeister Hans Wiesenmayer, rechts der Billeder Peter Schwartz

Auf dem Banatia-Turnfest beim Sprung vom Sprungbrett Ăźber das quergestellte Pferd. Links der Turnprofessor Hans Wolfram Hockl.


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Rückblick

Maifeier der 1nternatsschüler mit Blasmusikkapelle um den im Schulhof aufgestellten Maibaum. Links das Gebäude des Festsaals, anschließend der große Turnsaal. Marsch der „premilitari“(Vormilitärs) zur Ausbildung auf den Exerzierplatz. Die Schüler der oberen Klassen mussten in eigenen Uniformen meistens sonntagvormittags zu dieser Ausbildung.


Rückblick

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Aufmarsch der Schülerkapelle beim Turnfest auf dem Rapid-Sportplatz. verließen und in der sogenannten Völkischen Mädchenschule, der das Gebäude des Lenau-Lyzeums (ehemaliges Realgymnasium) überlassen wurde, ihr Studium fortsetzten. Schuldirektoren wie Prälat Nischbach, Dr. Josef Schütz u.a., die der Volksgruppenführung nicht genehm waren, wurden abgesetzt und durch andere Lehrkräfte ersetzt. Das Deutsche Röm.-Kath. Handelsgymnasium Weil das Lyzeum mehr der theoretisch orientierten Bildung seiner Absolventen diente, fehlte es an einem wirtschaftlich-beruflichen Zweig. Dr. Peter Schiff erkannte, dass allgemeine und berufliche Bildung nebeneinander stehen müssten, um den Ansprüchen des damals großen wirtschaftlichen Wachstums der Banater Schwaben gerecht zu werden. Deshalb sollte das Bildungsangebot mit der 1936 erfolgten Gründung des Deutschen Röm.Kath. Handelsgymnasiums im Gebäude der Banatia erweitert werden. Es hatte 8 Jahr-

gänge und vermittelte das kaufmännische Grundwissen. Nach der Übernahme durch die Volksgruppe blieb Dr. Schiff weiterhin Direktor, nur die Schule hieß jetzt Wirtschaftsoberschule und hatte 350 Schüler. Die Deutsche Röm.-Kath. Lehrlingsschule Im Herbst 1937 konnte die Lehrlingsschule in der Banatia eröffnet werden. Die Initiatoren dieser Gründung waren Dr. Peter Schiff, der Direktor, und Ingenieur Hans Götter, Vorsitzender der Vereinigung der Banater Deutschen Gewerbetreibenden und Kaufleute. Infolge der guten Verbindungen zum Katholischen Jugendheim konnten viele vom Lande stammenden Lehrlinge in diesem Heim untergebracht werden. Die Lehrlingsschule mit einer Ausbildungsdauer von 3 Jahren hatte die Aufgabe, ihren Schülern Allgemeinbildung und die für ihren Beruf erforderlichen Fachkenntnisse zu vermitteln. Deshalb hatte sie eine Handelsabteilung und eine Gewerbeabteilung.


68 Der Deutsche Handelskurs Um die bereits abgeschlossene Berufsausbildung zu verbessern und eine anspruchsvollere Berufstätigkeit ausüben zu können, dienten die im Handelskurs erworbenen und vertieften Kenntnisse. Er war einjährig und der Lehrplan war berufsbezogen. Am Ende des Schuljahres wurde ein Abschlusszeugnis ausgefolgt. Den Handelskurs besuchten Jungen und Mädchen nach erfolgreichem Abschluss der 7. Volksschulklasse oder der dreijährigen Lehrlingsschule. Der erste Handelskurs begann im Herbst 1940 und zählte 60 Schülerinnen und Schüler. Insgesamt gab es 4 Absolventenjahrgänge. Die Deutsche Röm.-Kath. Gewerbeschule 1935 wandte sich die Organisation der deutschen Handwerker und Meister an den Direktionsrat der katholisch-deutschen Nationalschulen mit der Bitte, in der Banatia eine Gewerbeschule zu gründen, die am 1. September 1936 eröffnet wurde. Direktor der Schule war Architekt und Professor an der höheren Gewerbeschule Matthias Hubert, nach dessen Plänen seinerzeit die Banatia erbaut wurde. Diese Gewerbeschule war eine berufsbegleitende Schule, deren Schüler schon einen Beruf ausübten. Als Teilzeitschule wurde sie nur an einigen Tagen besucht, während die Schüler die anderen Tage der Woche in der Werkstatt verbrachten. Der Unterricht war 3-jährig mit einer gediegenen praktischen Ausbildung. Die Sekretärinnenschule In den 30er Jahren bestand ein Nachholbedarf in der Ausbildung von Bürokräften, weil die Wirtschaft sich rasant entwickelte. 1940 wurde ein Bildungsweg angeboten, der den Mangel an Bürokräften beheben sollte. Es war die Sekretärinnenschule, die in der

Rückblick Banatia angeboten wurde und nachmittags in den Klassenräumen funktionierte, in welchen am Vormittag Lyzeumsschüler Unterricht hatten. Der Besuch der Sekretärinnenschule dauerte 2 Jahre. Anspruch auf diesen Bildungszweig hatten Mädchen – Absolventinnen von mindestens 3 Gymnasialklassen. Das Bestehen der Abschlussprüfung befähigte zum sofortigen Berufsantritt. Die Klassenstärke betrug 40 Schülerinnen. 19401944 absolvierten 3 Jahrgänge die Sekretärinnenschule. Auf Wunsch vieler Eltern wurde 1930 außerhalb von Orawitza ein etwa 2 ha großes Gelände mit einer Villa, Parkanlage, Garten, großer Wiese und Wald angekauft und zu einem Schüler-Ferienheim umgestaltet. Bereits im Sommer 1930 konnten Schüler in 3 Gruppen zu je 40 im Ferienheim untergebracht werden. Auch ich war einmal 3 Wochen da, von wo aus wir viele Ausflüge nach Anina-Steierdorf, zur Buhui-Tropfsteinhöhle, zum See, zur Wallfahrtskirche in Ciclova und an andere Orte unternahmen. Professoren beaufsichtigten uns, führten unsere Ausflüge und Wanderungen an. Nachdem im Herbst 1942 die Lenau-Schule ihr Schulgebäude der Deutschen-Mädchen-Oberschule und Lehrerinnenbildungsanstalt überlassen musste, zogen die Lenau-Schüler in das Banatia-Gebäude ein. So waren beide deutsche Knabenlyzeen Temeswars unter einem Dach vereinigt. Es wäre noch einiges über den sprichwörtlichen Banatia-Geist zu berichten, der uns Schüler prägte und bis zum heutigen Tag unser Tun beeinflusst. Das Bildungsanliegen der Banatia-Schulen war nicht nur Wissensvermittlung, sondern auch die Erziehung zum Volkstum, zur sittlich-religiösen Gesinnung, zu Ehrfurcht und Verantwortung. Das zeichnete sich auch in der Heim- und Hausordnung des Schülerheims aus, die bis 1942 wie folgt war:


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Gruppenfoto der Banatia Sch체lerblasmusikkapelle. In der Mitte sitzend Kapellmeister Franz Klein. Foto: Banatia Festschrift Banatia-Sch체lerblaskapel1e in voller Aktion beim Marsch auf der Lloydzeile anl채sslich eines Nationalfeiertages. Musikanten in der Uniform der DJ-Organisation.


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Übungsschulklasse im Schuljahr 1932/1933 mit ihrem Lehrer Johann Wolf, dem späteren Prof. Dr. Johann Wolf Die große Küche des Internats mit Küchenpersonal und Notre-Dame-Schwestern. Hier wurde für über 300 Internatler und einige Lehrer Frühstück, Mittagessen und Abendbrot zubereitet. Foto: Banatia Festschrift


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Sch체lerinnen der deutschen Lehrerinnenbildungsanstalt bei einem Ausflug in den Temeswarer Jagdwald, 1943

Plausch zwischen Banatianern und Sch체lerinnen der deutschen M채dchenschule


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Schülerblasmusik bei einer Probe im Schulhof 1939. Einsender des Fotos: Johann Slavik Chorprobe des gemischten Chores mit Banatia-Schülern und Schülerinnen der Mädchenschule und dem Schülerorchester dirigiert von Prof. Hans Walter. Foto: Banatia Festschrift


73 Rückblick Uhrzeit Programm 6:00 Wecken, Morgenturnen, Waschen, Bettenbau 6:20 – 7:00 Morgengebet und Studienzeit 7:00 – 7:15 Kontrolle der Hausaufgaben durch Schüler-Aufseher und Studienleiter 7:15 – 7:45 Frühstück in 2 Gruppen 8:00 – 13:00 Unterricht 13:10 – 14:10 Mittagessen in 2 Gruppen 14:10 – 15:00 Freizeit (Sport, Musik, Basteln, Lesen usw.) 15:00 – 16:00 Studierzeit 16:00 – 16:45 gemeinsamer Spaziergang unter Führung der Studierstubenaufseher, Sport im Schulhof oder auf den angrenzenden, noch unbebauten Wiesen 16:45 – 17:00 Semmelausgabe und Jausenzeit 17:00 – 19:00 Studierzeit mit kurzer Pause 19:00 – 20:00 Abendessen und Freizeit 20:00 – 20:45 Studierzeit, für die Oberklassen bis 22:00 Uhr 20:45 Abendgebet 21:15 Schuhputzen, Waschen, Nachtruhe Nachdem das Schülerheim 1942 dem Volksgruppenschulamt unterstellt und Direktor Prälat Josef Nischbach dem neu eingesetzten Leiter des Schülerheims Prof. Paul Kindl weichen musste, änderte sich einiges am Tagesablauf, besonders was die Gebete und die kirchliche Seite anbelangt. Anlässlich des 70. Jahrestages des Bestehens der Banatia und im Rahmen der Kulturtage der Deutschen in Temeswar im November 1996 fand die feierliche Enthüllung und Einweihung einer Gedenktafel an der Vorderfront, neben dem Hauptportal der Banatia statt. In einem Symposium wurde dieser berühmten ehemaligen Schulanstalt gedacht. Die Inschrift lautet: Dieses Gebäude wurde von der „Banatia“ A.G. aus privaten Mitteln der Banater Deutschen errichtet und beherbergte in der Zeit von 1926 – 1944 bedeutende Bildungseinrichtungen für den Unterricht in der Muttersprache. Das Leitmotiv der Banatia-Schulen: „Gott fürchten, Vater und Mutter ehren, sich seines Volkstums entschlossen wehren, das sollen die Banatia-Schulen lehren.“ Bischof Sebastian Kräuter, einstiger Schüler der Banatia, lobte seine ehemalige Schu-

le: „Hier wurden wir erzogen zur Ehrfurcht, zur Verantwortung, zur Liebe zum GutesTun. Hier haben wir gelernt, das eigene Volk zu lieben und Achtung zu haben vor dem, der einem anderen Volke angehörte.“ Die Gedenktafel von 1996 an der Vorderfront der ehemaligen Banatia


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Postkarte mit der Banatia

Die Banatia noch vor der Enteignung. Im Mitteltrakt ganz oben unter dem Gesims ist die Aufschrift BANATIA sichtbar. Foto: Postkarte


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Die Banatia in den siebziger Jahren, als sich darin schon die Medizinische Fakultät befand. Foto: Postkarte

Das letzte von mir aufgenommene Foto der Banatia am 15. Februar 1998.


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Billeder Banatia-Schüler

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n dem Geiste der Banatia wurden auch zahlreiche Billeder Jungs erzogen, auch wenn sie nur 1, 2, 3, 4 oder 5 Jahre diese Anstalt besuchten: Julius Backhaus (396) Nikolaus Ballmann (395) Johann Billinger (373) Jakob Braun (478) Johann Braun (469) Johann Braun (306) Johann Braun (299) Michael Braun (478) Josef Breitenbach (491) Johann Eichert (44) Nikolaus Flesch (547) Peter Fliegl (135) Johann Frank (482) Wilhelm Frick (413) Nikolaus Gilde (118) Friedrich Gilde (118) Peter Hehn (440) Peter Hubert (305) Jakob Mann (563) Johann Mann (475) Klassenraum in der Banatia

Rückblick

Johann Gehl und Johann Eichert

Johann Mann Nikolaus Maurer Jakob Mumper Peter Mumper Peter Neiss Johann Pierre Josef Reiter Johann Sieber Johann Slavik Josef Schackmann Johann Schmidt Nikolaus Schmidt Peter Schwartz Robert Steiner Josef Thöresz Nikolaus Thöresz

(566) (430) (240) (378) (126) (346) (460) (71) (683) (26) (567) (421) (435) (450) (352) (352)

Von den ehemaligen 42 Billeder BanatiaSchülern sind nur noch 16 am Leben, die Informationen liefern können. Sollten deshalb Namen fehlen oder sonstige Fehler vorkommen, geschah es unsererseits nicht böswillig-absichtlich, sondern einfach nur aus Unkenntnis, wofür wir uns entschuldigen.


Rückblick

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Schulklasse in der Banatia - Josef Reiter (1921), mittlere Reihe rechts, Platz 3. Eins. Hans Eichert Handelsgymnasium, 2.b Klasse. Lehrer Dinier. Billeder: Johann Mann (566), 3. Reihe, 2. links; Josef Thöresz (252) 3. Reihe 5. v. links; Peter Neisz (126) letzte Reihe, rechts. Eins. Josef Thöresz (252)


Rückblick

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Schuhpasta-Clubs in den 30ern

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Margarethe Weber

ie Fotos stammen aus der Zeit Anfang der 1930er Jahre und zeigen Billeder Schulkinder als Mitglieder des „Schmoll-Pasta-Clubs“. Damals waren Schuhe teuer und tägliche Schuhpflege, das sogenannte „Wichsen“, angesagt. Das führte zu einem scharfen Wettbewerb zwischen zwei Schuhpasta-Marken: der etablier­ten Wiener Schmoll-Schuhcreme und der Temeswarer Pyram-Schuhcreme. Schmoll bewarb seine Produkte auch über die sogenannten Schmoll-Pasta-Clubs für Kinder und Jugendliche. Die Pyram-Pasta zog mit eigenen Pasta-Clubs nach. „Präsidentin“ des Billeder Schmoll-Pasta-Clubs war Christine Schuch verh. Frick, damals Schülerin der 7. Klasse. Die Kinder wurden mit kleinen Geschenken in den Clubs bei der Stange gehalten. Die Fa. CARL SCHMOLL wurde 1884 in Wien gegründet. Zunächst wurde „Stiefelwichse“ produziert. Die Schuhpaste wurde bereits in den Jahren 1900 bis 1905 dem „normalen“ Bürger angeboten. Mit Ende des zweiten Weltkrieges ist der Markt in Osteuropa verloren gegangen. 1968 wurde die Firma samt Markennamen verkauft und danach stillgelegt


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Bereits im Jahr der Gründung der Temeswarer Leda-Fabrik wurden unter anderem 37.000 Schachteln Schuhcreme verkauft. Ende 1932, der Umsatz ist durch die Wirtschaftskrise eingebrochen, beschließt die Eingentümerversammlung die Stilllegung. Trotzdem wird auf niedrigem Niveau und mit jährlichen Verlusten weiter produziert.


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Der amerikanische Traum

Rückblick

Änny Jobba, geb. Schultz, erinnert sich an ihre Zeit in Amerika 1929-1934 Annemarie Ebner, geb. Bentz, Ännys Nichte

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m 1900 und nach dem 1. Weltkrieg war Amerika ein beliebtes Ziel europäi­scher Einwanderer, denn dort mangelte es aufgrund der stark voranschreitenden Industrialisierung an Arbeitskräften. Auch viele Banater Schwaben wanderten nach Amerika aus. Sie alle hatten die Hoffnung auf eine bessere Zukunft und wollten dort entweder ein neues Leben beginnen oder in der Neuen Welt gutes Geld verdienen, um sich nachher in der Heimat etwas Neues, Besseres aufzubauen. Auch meine Großeltern Nikolaus Schultz und Elisabeth, geb. Braun, wagten den Schritt nach Amerika mit dem Ziel, dort in der Fremde Geld zu verdienen und zu sparen, um sich dann in ihrer Heimatgemeinde Billed eine bessere Existenz zu schaffen. Sie reisten 1929 mit ihrer jüngsten Tochter Änny (fünf Jahre alt) nach New York. Zwei ältere Schwestern meiner Großmutter, zwei Geschwister meines Großvaters sowie sein Onkel waren schon Jahre zuvor ausgewandert und hatten bereits in Philadelphia, New York, Brunswick, Cranford und New Haven Fuß gefasst. Durch den Briefwechsel mit den Verwandten erlangten meine Großeltern Kenntnis über die dortigen Verhältnisse, aber die Konfrontation mit dem Neuen und dem Ungewohnten war für sie dennoch eine Herausforderung. In Elisabeth-Stadt bei New York fanden meine Großeltern sofort Arbeit - mein Großvater in einem chemischen Werk, meine Großmutter in einer Konfektionsfabrik. Anfangs arbeitete mein Großvater körperlich sehr schwer, doch durch seinen unermüdlichen Fleiß und seine Ausdauer wurde er bald befördert und überwachte dann elektrische Maschinen.

In der Konfektionsfabrik, in welcher meine Großmutter arbeitete, wurden Herrenhemden gefertigt. Meine Großmutter bügelte Hemden, legte diese zusammen und packte sie einzeln ein. Nach kurzer Zeit fiel sie durch ihre Zuverlässigkeit sowie ihre einwandfreie und gewissenhafte Arbeitsweise auf, deshalb setzte man sie in der Endkontrolle ein. Alle Hemden wurden dort vor der Auslieferung einer Schlussprüfung unterzogen, denn nur einwandfreie Ware durfte die Fabrik verlassen. Änny erinnert sich an diese Zeit in Amerika und erzählt: „Ich waar jo selmols erscht fenf Johr alt, on kann mich nimmi an alles erinnre. Von der Fahrt of Amerika wäs ich norre noch, dass et aarich stark gstirmt hat on mer enere Kabine met vier Better waare - mei Mama, mei Tata, ich on a junge Bu, e Verwande. Zuerscht waare mer en Philadelphia, wo von meiner Mama e älter Schwester met ehre Familie gewohnt hat. Dann han mer ons in Elisabeth-Stadt niedergeloss, wo mei Eltre Aarweit gfonn han. Anfangs waar uns alles fremd on mer hat sich an die nei Umgebung erscht gewehne misse. Ganz stark hat mich beeindruckt, dass do so vill Autos gfahr sen, in de Heiser Gaaslicht waar un of der Gass oweds Gaaslaterne gebrennt han. Aa de Eiskaschte waar etwas Neijes for mich – ämol in der Wuch es e groß Auto metm Eis dorch die Gass gfaahr. Noh hat mer sich e große Brocke Eis kaaft on en e Box en de Eiskaschte geleht. Weil mei Eltre allezwaa in die Arweit gang sen, waar ich im Kennergaarte. Mei Mama hat mich morjets hingebrong on, wannse aus der Arweit komm es, hat se mich abgholl. Am Aanfang hats mer dorte gaar net gfall, weil ich die annre Kenner gaar net verschtann han; et es jo nor Englisch geredt gen on ich han vill gekresch.


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Änny (rechts) mit Großmutter Katharina Schultz, Schwester Barbara (links) und Cousine Katharina vor der Abfahrt in die Neue Welt Die Bremen (Bremen IV) war ein turbinengetriebener 4-Schrauben-Schnelldampfer der Reederei Norddeutscher Lloyd. Sie gewann 1929 das Blaue Band als schnellstes Schiff auf der Transatlantik-Route Europa–New York.


Rückblick

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Änny und ihre Eltern 1930

Änny in Amerika 1933

In der erscht Klass waar de Unerricht of Englisch. Awwer in der zwett Klass an re katholisch deitsch Schul es of Deitsch on of Englisch unerricht gen. Sogaar die gotisch Schrift hammer dorte gelehrt. Meim Tata eset mol offgfall, dass ich jo meter links Hand schreiwe ton. No esne zur Lehrerin gang on hat dere gsaat, dass sei Tochter meter rechts Hand schreiwe muss. Das esmer dann aarich schwer gfall. Heitzutaach tät mer das jo nimmi mache. Mei links Hand geht a heit noch vor. Bei uns net weit waar a Schwimm- on a Sportschul. Nomettachs sen ich efters met me Nochberschmädche, das waar schon etwas älter wie ich, dorte hingang. Wie ich et erscht Mol in der Schwimmschul waar, sen ich norre bis zu de Knechelcher ent Wasser gang, weil ich mich vorm tief Wasser gfärcht han. Beim Turne in der Sportschul waar ich jo verstohlnerweis, weil mei Tata et mer verbot

ghatt hat. Ämol beim Fangchjesspille sen ich, weil ich zrock gschaut han, in e Eisephoschte gelaaf. No es mer e Zant abgebroch un die Naasescheidewand gebroch. Derhem han ich mich net getraut, was zu saan, vor lauter Ängschtre, dass ich von meim Tata Hiwax krien. Mei Tata hat awwer doch gsien, dass mei Naas ganz dick gschwoll es – no es ne met mer zum Dokter gang. Schlee hats awwer kän gen. Metm Nochberschmädche han ich jede Taach gspillt. Wann ich dort waar on hemgang sen, dann hat dem Mädche sei Papagei emmer geruf: „Änny, come back“ (Änny, komm zurück). Am e Owed, et waar schon duschter, hadet bei uns an der Tier geklingelt. Ich sen gelaaf, for die Tier ofmache, weil ich der Määnung geween sen, daset onser Nochberschmädche es. Awwer ich sen so verschrock, draus hat e Negerbu gstann on de es noh awwer grad


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Familie Schultz (Mitte) mit Verwandten und Kerweihstrauß so verschrock wie ich, weil ich hart gschrie han. Dann hatne gfroot: “Do you need potatoes and tomatoes?” (Braucht ihr Kartoffeln und Tomaten?). Of die Ferien han ich mich schon emmer gfreit. No sen ich oft bei meim Großonkel on seiner Familie in Cranford geween - die haade e klään Farm. Dorte hadet mer aarich gut gfall. Ehre Kenner han in der Nochberschaft gewohnt on haade e Puikelzucht. Wann die Puikle et Fuuder kritt han, sen ich hingelaaf on han gholf. Paar Teech war ich aa mol bei der Familie Krauser (die waare aa aus Billed). Ich men, die haade e Molkerei. Iwwer de Herr Krauser han ich emmer Mister Jerich gsaat – no sen ich von de annre ausgelacht gen. De Mister Jerich hat zwaa oder drei Buwe ghatt. De jengschte waar de Jacky. De hat mich oft geärchert. Newerm Haus von Krausersch waar e Wassergraawe. Et Wasser waar net so tief.

Do sen de Jacky on ich mol ningang. Of ämol hat mich was an meiner Fäärscht gephetzt. Ich sen aarich verschrock on han gschrie - an meiner Fäärscht hat a Krebs ghonk. De hat sich feschtgebiss ghatt. Vill Zeit han ich met meim Gschwisterkent, em Nicky, verbrong. Mer han ons gut verstann on er hat mich aa Bizickel fahre gelehrt. In der Nochberschaft von uns waar a groß Zimentfabrik - dorte es mol Feijer ausgebroch. Die Flamme sen aus dem Gebeid hoch nausgschlaa, die Feierwehr es angfahr komm for lesche on ich han mich aarich stark gfärcht. Sogaar die Fenschterscheiwe an unsrem Haus sen ganz heiß gen. Gut kann ich mich noch erinnre, wie das Lindbergh-Baby entfehrt gen es. Ich men, das waar 1932 em Frihjohr. En alle Zeitunge hat mer derdriwer lese kenne on aa em Radio es dervon bericht gen. On e jede waar entsetzt, dass sowas passeert es.


Rückblick

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Passbild 1934: Änny und Eltern Met alle Verwandte haade mer e gutes Verhältnis on mer hat sich oft gegenseitich besucht. Dann es norre schwowisch geredt gen. Die Schwoweleit aus der Umgebung sen oft zammkomm on aa et Brauchtum es gepflegt gen. Jedes Johr hat mer - so wie derhem em Banat - Kerweih gfeiert - sogaar met Kerweihstrauß. Ämol hat aa mei Tata de Strauß letzeteert, das war 1933. Weil mei Tata krank gen es on mei Schwester, et Bewi, em Banat zrockgeblieb waar, han mei Eltre sich 1934 zur Rickkehr of Billed entschloss. Die Verwandte wollte mei Eltre iwwerrede, doch zu bleiwe on de Onkel Hans, meim Tata sei Bruder, hat gsaat: „Kloos, bleibt do, en Europa kommt e Kriech“, awwer mei Tata wollt unbedingt hem. Ich men, er hat aarich stark Hemweh ghatt. Von New York aus sen mer metm Schiff Bremen, das waar noch ziemlich nei, Richtung Deitschland. Die Bremen waar e rich-

tig groß Schiff - for iwwer 2000 Passagiere waar Platz. Sogaar e Schwimmbad on e Bibliothek waare of dem Schiff. Mei Tata hat mol verzählt, dass die Bremen en der Zeit et schnellscht Schiff zwischen Europa on New York waar. Et hat nor vier oder fenf Teech von New York bis Bremen gebraucht. Of der Iwerfahrt es ons et Schwesterschiff von der Bremen, die Europa, begegnet. Alle zwaa Schiffe sen langsam gfahr, han sich mete Schiffssirene begrießt on die Passagiere han sich zugewunk. Das war richtich scheen geween. Net so scheen war, dass ich seekrank gen sen. Mer es ganz schlecht geween on ich han norre Phannekuche on Eis esse kenne. Jede Morjet es en der Schiffskapell e Gottesdienscht abghall gen on jede Owed waar em große Saal Tanz. Korz vor Weihnachte 1934 sen mer in Bremen ankomm on dann metm Zug weidergfahr. Ich han mei groß Phupp derbei


Rückblick ghatt on war ganz stolz drof - die hat nämlich „Mama“ geruf on em Zug han die Leit gstaunt, weil die Phupp graad so wie e Baby ausgschaut hat. Noch en Bremen hat mei Tata e Kaart an die Verwande in New Haven/Michigan gschrieb – dervon e Auszug: In Kurzem teilen wir Euch mit, dass soweit alles gesund ist. Liss war am 1. Tag krank und Änny am 1. und 2. Tag. Ich habe mich immer gut gefühlt, habe immer gut „Gegengift“ genommen. Die Witterung war ausgezeichnet schön..., kein Sturm. Bedienung und Kost waren sehr gut... An Weihnachte 1934 waare mer dann derhem in Billed bei meiner Schultze Oma, on die Verwandtschaft hat uns besucht. Mei Eltre sen gaar net zur Ruh komm, sie han en äämfort von Amerika verzähle misse. Dort waaret halt schon vill fortschrittlicher wie damols en Billed. Em neij Johr sen ich aa schon en die Schul gang -en die drett Klass. Et waare meh Johrgäng in ääner Klass on die Frau Buding waar onser Lehrerin. Am erschte Schultaach han ich schon an der Tafel knieje misse, on ich han doch gaar nex aangstellt ghatt! Mei Eltre waare am Owed vorher em Wertshaus beim Tanze on haade mich metgholl. Die gressre Mädcher han das der Lehrerin am nächschte Morjet verzählt on dann han ich knieje misse. Das waar awwer aarich ungerecht, weil mei Eltre han jo net gewesst, dasse mich net häde metholle därfe. Die Kenner wollte emmer was iwwer Amerika wisse on han gfroot on gfroot... on ich sen gaar net fertich gen met verzähle. Awwer wie ich mol verzählt han, dass mer metm Auto dorch e Tunell onerm Wasser dorchgfahr sen, wollte phaar Kenner mer das gaar net glaawe on han gsaat, dass ich lieje ton. Das hat mich aarich gekränkt. Aus Amerika han ich Hefter on Schreibblocks metgebrong. Das Papier waar vill weißer, glatter on feiner wie das em Banat.

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Aktuelles Foto von Änny Drum wollte die Kenner von dem Papier noh han ich än Blaat no em anre rausgeriss on zulescht waar norre me de Deckel vom Heft iwwrich. Weil mei Kläder on Reck all kärzer waare wie die von de Billeder Mädcher, hat mei Mama die Kläder on Reck angelängt - das hat mer awwer iwwerhaupt net gfall on ich wollt die angelängte Sache nimmi aanzieje. Mei Eltre han sich korz Zeit späder met dem gspaarte Geld e Traam erfillt on en Billed das Wärtshaus vis-a-vis vom Bahnhof kaaft, awwer mei Tata es schon 1937 gstorb. En onsrem Wärtshaus han mei Mama on ich, wann ons käne verstehn hat solle, englisch gered. Noh hat mol e Stammgascht gsaat: „Deitsche Mädcher rede net englisch!“ De Mann es dann awwer noh em Kriech met seiner Familie of Amerika ausgewannert... Wann ich so zrockdenk, han ich schon e scheen Kentheit en Amerika ghatt on wammer en Amerika geblieb wäre, wär mer en meim Leewe vill Lääd gspart geblieb, aa die fenf Johr Laager en Russland.“


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Zweimal Amerika und zurück

Rückblick

Eine Banater Siedlergeschichte, erzählt am Beispiel des Bernhard Glaß Nachkommen sind in der ganzen Welt verstreut Brigitte Hehn und Johann Steiner

n Amerika war ich ein großer Mann. Wenn alle weg waren, habe ich auf der Post aufgeräumt.“ Diesen Spruch hat mancher Neugierige gehört, nachdem Bernhard Glaß vor 100 Jahren zum zweiten Mal aus Amerika nach Billed heimgekehrt war. Eigentlich wollte er in den USA bleiben. Doch auch sein zweiter Amerika-Aufenthalt ist anders verlaufen als geplant. Seine Frau hatte vom ersten Tag an, als sie den Fuß auf amerikanischen Boden gesetzt hatte, krankhaftes Heimweh, sodass er keinen Ausweg sah als die Reise nach Billed. Und als Bernhard Glaß Anfang Oktober 1913 in San Francisco seine Frau Anna mit der Nachricht überrascht, er habe die Karten für die Schifffahrt nach Europa gekauft, stirbt sie - vermutlich an Herzversagen. Im Oktober 2013 werden 100 Jahre vergangen sein, seit Bernhard Glaß zum zweiten Mal Amerika verlassen hat, um ins Banat heimzukehren. Zweimal ist Glaß mit dem Schiff über den Atlantik westwärts gefahren, und eben so oft ist er umgekehrt. Bernhard Glaß, den der Billeder Pfarrer nach seiner Geburt am 3. Dezember 1849 mit den Namen Bernardus Glaßz in die Kirchenbücher eingetragen hat, war ein humorvoller Mann mittleren Wuchses. Daran kann sich Katharina Gilde (Jahrgang 1919), seine älteste Urenkelin, noch erinnern. Aber Bernhard Glaß muss auch etwas eitel gewesen sein. Denn er hat sich nie fotografieren lassen mit der Begründung: Er habe so große Augen wie ein Tiger, und die gehörten nicht auf ein Foto. Und weil er dem Fotografen stets ausgewichen ist, wissen wir heute nicht, wie er ausgesehen hat. Doch Bernhard Glaß war gleichzeitig auch unternehmungslustig, selbstbewusst und aufgeschlossen. Davon zeugen

nicht nur die beiden Amerika-Aufenthalte. Er hat bestimmt zu jenen gehört, die über den Tellerrand oder den Billeder Kalvarienberg hinausgesehen haben. Die Geschichte des Bernhard Glaß aus der Sauerländergasse (Hausnummer 39) ist keine gewöhnliche. Denn Bernhard Glaß war, obwohl „nur“ Bauer, anscheinend ein ganz besonderer Mann, den Intelligenz, Humor und Entscheidungsfreude kennzeichneten. Eine seiner Ururenkelinnen beschreibt ihn so: „Ein warmes Herz haben. An sich glauben. Aufstehen, wenn man fällt. Kein Risiko scheuen. Weitermachen, wenn nichts mehr geht. Sich nicht verbiegen lassen. Das alles ist sein Vermächtnis. Für mich ist er ein Macher, der es geschafft hat, unter nicht immer einfachen Umständen, seine Familie zusammenzuhalten - so gut es eben ging -, seine vielen Kinder großzuziehen und etwas aus ihnen zu machen. Damit steht er als Sinnbild für eine Generation Banater Schwaben, die Anfang des 20. Jahrhunderts ihren Pioniergeist unter Beweis gestellt und Grenzen gesprengt haben.“ Bernhard Glaß´ Geschichte beginnt mit der Ansiedlung seines Ururgroßvaters, den wir in den Kirchenbüchern als Jacob Glas finden. Der 15-jährige Jacob gehört zu den Billeder Erstsiedlern. In Wien ist er am 28. April 1766 als Jacob Glaß registriert worden. Ebenfalls dort ist nachzulesen, dass er 1751 in Mittelwestern bei Alzenau im Spessart geboren wurde. Alzenau liegt östlich von Offenbach und nördlich von Aschaffenburg. Mittelwestern ist in heutigen Atlanten nicht mehr zu finden, dafür aber Oberwestern und Westerngrund. In den Billeder Kirchenbüchern ist ferner festgehalten, dass Jacob Glas mit der 1749 geborenen Margaretha N.


Rückblick

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Der Großdampfer Amerika, mit dem Anna und Bernhard Glaß 1910 den Atlantik überquert haben, ist 1905 in Belfast vom Stapel gelaufen und gehörte der deutschen Hapag-Reederei. 1905 war sie das zweitgrößte Schiff der Welt und das größte Schiff unter deutscher Flagge. ComputerGemälde von Tanja Hehn, Bernhard Glaß´ Urururenkelin, nach einer alten Ansichtskarte. verheiratet war. Woher sie stammt, ist nicht belegt. Aus dieser Ehe ist unter anderen Eberhard Glaas (Jahrgang 1772) hervorgegangen. Er ist Bernhard Glaß´ Urgroßvater, der den Mathias Glaßs (1803) und dieser wiederum den Joannes Glasz (1823) gezeugt hat. Joannes, der Susanna Velter geheiratet hat, ist der Vater des Amerika-Fahrers Bernhard Glaß. Bernhard Glaß gehört der vierten Generation an, die in Billed geboren wurde. Fünf weitere Generationen sollten folgen, die sechste wird überwiegend im Mutterland nach dem großen Exodus in und nach den kommunistischen Zeiten geboren, einige der fünften Generation aber schon wieder im Westen Deutschlands. Sein vorerst letzter Ururururenkel ist im vergangenen Herbst in

Bonn geboren worden. Der nächste wird das Licht der Welt ebenfalls in Bonn erblicken, wenn dieses Heimatblatt in Druck geht, der übernächste vermutlich im März 2013 in Tönisvorst am Niederrhein. Die Nachfahren des Bernhard Glaß sind inzwischen über die ganze Welt verstreut: von Australien über Europa bis in die USA. Die meisten leben in Deutschland, und davon wieder der Großteil in Karlsruhe. Mit den Schwestern Katharina (Jahrgang 1919) und Maria Gilde (1921) aus der Altgasse (483) leben noch zwei seiner Nachfahren im Banat. Es sind zwei seiner Urenkelinnen. Mit Elisabeth Rademacher, geborene Welter (Jahrgang 1927), Magdalena Sehi, geborene Gilde (Jahrgang 1924) und Katharina Steiner, geborene Gilde (Jahrgang 1922), leben drei seiner Uren-


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1903: Das Ehepaar Anna (28 Jahre alt) und Jakob (34) Mutard (heutige Schreibweise Muttar) mit ihren Kindern Jakob (3) und Susanne (7) kel in Deutschland. Folgende Urenkel sind schon gestorben: Barbara Haberehrn, geborene Welter (1922-1983), Adam Muttar (1924-1948) und Elisabeth Röhrich geborene Muttar (1927-1982). Wie viele seiner vier Urenkel in Australien noch leben, ist unbekannt. Ebenso unbekannt ist, welche seiner Nachkommen in den USA noch leben.

Als Bernhard Glaß am 4. Februar 1868 die 15-jährige Catharina Daniel aus dem Nachbardorf Knees heiratet, ist er gerade einmal 18 Jahre alt. In den kommenden 18 Jahren wird er 13 Kinder zeugen, von denen jedoch nicht einmal die Hälfte überleben und Nachkommen haben wird. Von den drei Kindern, die Catharina Daniel zur Welt bringt, sterben


Rückblick die beiden ersten. Sie selbst überlebt die dritte Geburt nicht einmal zwei Wochen. Sie ist erst 20 Jahre alt. Das Kind Catharina, geboren am 29. Dezember 1871, wird einmal Jakob Gilde aus der Altgasse (468) heiraten. Catharina Glaß-Gilde gehört zu der Generation, die kurz vor der Wende zum 20. Jahrhundert die Geburtenkontrolle im Banat einführt. Sie wird lediglich drei Kinder gebären, wovon das erste wenige Tage nach der Entbindung stirbt. Die beiden anderen Kinder - Maria und Jakob - werden ein hohes Alter erreichen. Catharina Gilde wird 1952 in der Verbannung in der Donautiefebene im Alter von 80 Jahren sterben. Ihre Tochter Maria Gilde (1995-1984) wird Johann Szlavik (1895-1985) heiraten. Deren Nachkommen sind Sohn Jakob (1919-2007), Enkel Ewald (1944) und Urenkelin Ingrid Szlavik (1975). Sofie Marie (2009), die Tochter von Ingrid, ist schon in Deutschland zur Welt gekommen und gehört zur zehnten Generation nach dem Ansiedler Jacob Glaß. Catharina Gildes Sohn Jakob (1896-1979) hat mit seiner Frau Katharina Köster (1902-1971) eine Tochter: Katharina (1922). Diese heiratet Johann Steiner (1920-2005). Ihr jüngster Sohn namens Werner (Jahrgang 1955) lebt in Tönisvorst am Niederrhein. Dessen Sohn Wolfgang (1979) ist noch in Billed geboren, sein Enkel Ben (2010) schon in Deutschland. Bernhard Glaß, mit 23 schon Witwer, heiratet zum zweiten Mal am 30. Juni 1872 Anna Holtz, 1854 im Nachbardorf Klein-Jetscha geboren. Mit ihr zeugt Bernhard Glaß zehn Kinder, davon sterben die meisten einige Tage nach der Geburt, andere nach Monaten, ein Mädchen wird drei Jahre alt. Am Leben bleiben vier Mädchen und zwei Jungen: Gertrud (Traudl), Anna (Nani), Susanna, Magdalena (Leni), Mathias (Matz) und Johann (Hans). Drei Töchter und ein Sohn werden Nachkommen haben. Der ältere der beiden Söhne wird nach dem Ersten Weltkrieg nach Amerika gehen und spurlos ver-

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Bernhard Glaß´ zweite Frau Anna Holtz (1854-1913) schwinden. Tochter Gertrud (1873-1901) wird Johann Gilde (1870-1948) heiraten und die Nachkommen Friedrich (1895-1940) und Johann (1896-1966) zeugen. Friedrich wird mit Katharina Krogloth (1899-1997) die Töchter Katharina (1919) und Maria (1921) haben, die auch heute noch in der Altgasse (Hausnummer 483) leben; sie haben keine Nachkommen. Johann wird Regina Hehn (1903-1985) heiraten, deren Tochter Magdalena, verheiratete Sehi (1924), lebt heute im Aachener Raum. Magdalena Sehis Tochter, Dr. Christa Barth-Schoof (1955), arbeitet in Aachen als Chemieingenieurin, ihre Tochter Claudia Barth (1981) als Ärztin. Sohn Hans (1951) ist ebenfalls Chemieingenieur. Seine Tochter Doris verheiratete Zimmer, ist Apothekerin, Sohn Alexander hat Maschinenbau studiert. Sie sind in Rastatt zu Hause. Klaß´ Tochter Anna (1875-1907) heiratet Jakob Muttar (1869-1939). Deren Tochter Susanna (1896-1983) heiratet Josef Welter (1895-1981), die zwei Töchter zeugen wer-


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Catharina Glaß-Gilde, die älteste Tochter des Bernhard Glaß (1871-1952) den: Barbara, verheiratete Haberehrn (19221983), und Elisabeth, verheiratete Rademacher (1927). Barbara Haberehrns Tochter Ilse (1942), verheiratete Hehn, hat zwei Söhne: Günther (1964) und Klaus (1969) haben beide Zahnmedizin studiert; Elisabeth Rademacher hat zwei Kinder: Sohn Johann (1950) und Tochter Hedwig (1954). Johann Rademachers älteste Tochter Roswitha ist noch im Banat geboren (1974), die zweite, Ramona (1976), schon in Karlsruhe – sie gehört zu

Rückblick den wenigen der neunten Generation, die nicht mehr im Banat zur Welt gekommen sind. Auch Timo, der Sohn von Hedwig Rademacher, ist schon in Deutschland zur Welt gekommen. Roswitha, verheiratete Stahl, ist inzwischen zweifache Mutter: Die Töchter Celine und Jasmin wurden 1998 und 2002 geboren. Ramona, verheiratete Graf, hat eine dreijährige Tochter: Fabienne wurde 2009 geboren. Anna und Jakob Muttars Sohn Jakob (1900-1991) - sie waren in der Hauptgasse (381) zu Hause - wird mit der ihm angetrauten Elisabeth Krogloth (1894-1974) einem Sohn und einer Tochter das Leben schenken. Sohn Adam Jakob (1924-1948) wird ohne Nachkommen bleiben. Tochter Elisabeth (1927-1982) heiratet Anton Röhrich (1930-2010), die zwei Enkel haben: Patrick (1988) studiert Jura in München und Tanja (1990) Kunst in Bremen. Mit Catharina, Gertrud und Anna hat Bernhard Glaß seine drei ältesten Töchter mit Bauern verheiratet. Susanna (1882) besucht das Gymnasium, stirbt aber im Alter von 20 Jahren an Tuberkulose. Die beiden Söhne, Mathias (geboren 1879) und Johann (1885), lässt er studieren. Der jüngste wird Lehrer. Um im Staatsdienst zugelassen zu werden, muss er einen ungarischen Namen annehmen. Er ersetzt Glaß durch Kertész (Gärtner) und heiratet die Billederin Elisabeth Donavel (1885). Der Entschluss des Sohnes, einen ungarischen Namen anzunehmen, kann der Vater überhaupt nicht verstehen. Bernhard Glaß wird immer wieder sagen: „Net mol, wann ich Haseteiwl hääsche tät, tät ich mich omtaafe losse (Nicht einmal, wenn ich Hasenteufel hieße, ließe ich mich umtaufen)“. Glaß-Kertész ist Lehrer in Segedin (Szeged) und wird zum Schulinspektor aufsteigen. Im Ersten Weltkrieg ist er Offizier in der ungarischen Armee. Seine Söhne Johann (1912) und Emmerich (1910) werden Berufsoffiziere und nehmen mit der ungarischen Ar-


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Treffen der Nachfahren des Bernhard Glaß mit ihren Ehepartnern 1935 in Billed, Kirchengasse 297: (in den Fenstern, von links) Johann Gilde (Enkel), Josef Welter, Jakob Muttar (Enkel), Jakob Gilde (Enkel), Friedrich Gilde (Enkel); (stehend) Regine Gilde, Magdalena Gilde-Sehi (Urenkelin), Susanne Muttar-Welter (Enkelin), Barbara Welter-Haberehrn (Urenkelin), Elisabeth Krogloth-Muttar, Barbara Bauer-Schäfer (nicht verwandt), Jakob Szlavik (Urenkel), Katharina Gilde (Urenkelin), Katharina Köster-Gilde, Maria Gilde (Urenkelin), Katharina KroglothGilde, Katharina Gilde-Steiner (Urenkelin), Maria Gilde-Szlavik (Enkelin); (sitzend) Elisabeth Glaß-Kertész, Johann Glaß-Kertész (Sohn), Catharina Glaß-Gilde (Tochter); (hockend) Elisabeth Muttar-Röhrich, Adam Muttar und Elisabeth Welter-Rademacher (alle drei Urenkel) mee am Zweiten Weltkrieg teil. Nach dem Krieg flüchtet die gesamte Familie. Elisabeth und Johann Glaß-Kertész finden in Dillingen an der Donau ein neues Zuhause. Die beiden Söhne wandern nach Australien aus und lassen sich in Sydney nieder. Johann ist geschieden, hat aber keine Kinder. Für seine Verdienste in der Armee wurde er mit dem Ritterkreuz mit Schwertern und Brillanten ausgezeichnet. Emmerich geht mit Frau und Tochter Juliká nach Australien. Johann heiratet in Australien ein zweites Mal. Seine Frau schenkt ihm zwei Söhne und eine Tochter, der eine wird Botaniker, der zweite Zahnarzt, die Tochter Arzthelferin. Juliká wird in Deutschland studieren. Der älteste Sohn des Bernhard Glaß, Mathi-

as, wird Apotheker in Budapest. Für sein Studium braucht er Jahre, in denen er seinen Vater finanziell bluten lässt. Katharina Gilde sagt, er sei ein Lebemann gewesen. Als der Vater ihm schon längst kein Geld mehr gibt, steckt ihm die Mutter immer wieder welches zu. Bis zum Schluss ist Bernhard Glaß sogar verschuldet, so dass er keinen Ausweg sieht als die Reise nach Amerika mit Tochter Magdalena. Sohn Mathias macht den Ersten Weltkrieg als Offizier der ungarischen Armee mit und geht danach mit seiner Frau nach Kalifornien zu Schwester Magdalena. Als Apotheker müsste er eigentlich in Budapest sein Auskommen haben. Vermutlich haben Schulden ihn bewogen, nach Amerika zu gehen und seinen Gläubigern zu entkommen.


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Familie Glaß-Kertész: (sitzend) Elisabeth und Johann mit Enkelin Juliká; (stehend von links) die Söhne Johann (Janni) und Emmerich (Imre) mit ihren Frauen Kurz darauf erhält Bernhard Glaß einen Brief aus San Francisco, in dem ihm seine Tochter anscheinend eine wichtige Mitteilung macht. Nachdem er den Brief gelesen hat, verbrennt er ihn und teilt der Familie mit, dass für ihn Sohn Matz (Mathias) gestorben sei. Weder er noch seine Tochter Magdalena werden Mathias je wieder erwähnen. Für den Rest der Familie bleibt er verschollen. Nachdem Bernhard Glaß seine drei ältesten Töchter versorgt und seine Söhne hat studieren lassen, versucht er vergebens, seine jüngste Tochter mit einem Bauern zu verheiraten. Sein Boden ist verteilt, sein Vermögen verbraucht, er ist verschuldet. Er hat sein letztes Hemd ausgezogen für seine Kinder. Deshalb beschließt er im Alter von 56 Jahren, mit der 19 Jahre alten Toch-

ter Magdalena (geboren 1887) nach Amerika zu gehen, um Geld zu verdienen und nach der Heimkehr Feld zu kaufen und sie zu verheiraten. Seine Frau lässt er in Billed zurück. Es ist die Zeit, als viele Banater Schwaben nach Amerika auswandern, weil sie daheim kein Auskommen mehr haben. Die Bevölkerung war trotz vieler Krankheiten und Seuchen in den vergangenen 50 Jahren fast explosionsartig gestiegen. Und die Geburtenkontrolle war eben erst eingeläutet worden. Bernhard Glaß geht mit Tochter Magdalena am 8. April 1906 in Bremen an Bord der Brandenburg mit dem Ziel Baltimore und Cincinnati. Ihre Reise endet jedoch in San Francisco. Und dann kommt es ganz anders, als Bernhard Glaß es in Billed geplant hat. Seine Tochter heiratet einen Lands-


Rückblick mann namens Josef Gänger (1885) aus Neubeschenowa und entscheidet, in Kalifornien zu bleiben. Nach der Auswanderung schreibt er seinen Namen Genger. Mit ihrem Mann, der gelernter Schneider ist, wird sie eine Sommerfrische aufbauen und zwei Mädchen das Leben schenken: Helen und Elisabeth. Bernhard Glaß kehrt 1908 nach Billed zurück, um sich am 14. März 1910 erneut einzuschiffen. Er ist inzwischen 60 Jahre alt, doch seine Unternehmungslust ist ungebrochen. Er geht in Hamburg an Bord des Riesendampfers Amerika, der den Atlantik in rund acht Tagen überquert. Die Amerika, 1905 in Belfast vom Stapel gelaufen, gehört der deutschen Hapag-Reederei (Hamburg-Amerikanische Packetfahrt-Actien-Gesellschaft) und verkehrt zwischen Hamburg und New York. 1905 ist sie das zweitgrößte Schiff der Welt und das größte Schiff unter deutscher Flagge. In der ersten bis vierten Klasse können 2.508 Passagiere befördert werden, wobei die vierte Klasse 1.750 Passagieren Platz bietet. Die Ausstattung ist sehr modern, es gibt Luxussuiten mit eigenen Badezimmern, elektrisch betriebene Aufzüge, einen Wintergarten. Die Amerika beherbergt das erste À-la-carte-Restaurant auf einem Schiff. Sie wurde 1957 abgewrackt. Auf der Schiffsliste der Amerika ist Bernhard Glaß allerdings mit dem Alter von 48 Jahren eingetragen. Vielleicht hat er geschummelt, denn es ist bekannt, dass Leute in New York nicht an Land durften, wenn sie zu alt waren. Diesmal ist seine Frau Anna dabei. Ihr vorläufiges Ziel ist New York, Endziel aber San Francisco, wo die Tochter inzwischen zu Hause ist. Doch dieser zweite Amerika-Aufenthalt wird für Bernhard Glaß nicht einfach. Seine Frau leidet unter Heimweh. Er hat deshalb nur noch ein Ziel: Genügend Geld zu verdienen, um die Heimreise antreten und einen Neuanfang in Billed wagen zu können.

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Hochzeitsfoto aus San Francisco: Bernhard Glaß´ Enkelin Helen Gänger nach der Trauung mit ihrem Mann Nick am 1. Mai 1932 Doch, als er die Fahrkarten für die Heimreise in Händen hält, stirbt seine Frau vor Freude oder Schreck. Das hat seine Enkelin Maria Szlavik immer wieder berichtet. Es ist der 3. Oktober 1913. Im selben Jahr ist Bernhard Glaß wieder in Billed, kauft das Haus mit der Nummer 714 an der Ecke Zwerch-/Blumengasse gegenüber dem Neugässer Friedhof. Neben dem Haus soll er auch ein paar Hektar Ackerland gekauft haben. Während seines ersten Amerika-Aufenthalts stirbt 1907 in Billed seine Tochter Anna an Tuberkulose. Wenn sich ihr Sohn Jakob Muttar an sie erinnert hat, wie sie in eine wärmende Decke gehüllt im Hausgang an der frischen Luft saß und Blut hustete, überkam ihn noch im hohen Alter eine Wehmut, die ihm Tränen in die


94 Augen trieb. Die liebe Mutter blieb ihm im Gedächtnis, wie sie immer ihre beiden Kinder betrachtete und ihre Spiele mit Seufzern begleitete, in deren Hauch bereits die Gewissheit der endgültigen Trennung lag. Anna Muttar wurde auf dem Neugässer Friedhof nahe der Totenglocke beerdigt, ihren Grabstein schmückte ein Bild auf einer ovalen Marmortafel, von blauen Vergissmeinnichtblüten umgeben, in einen vergoldeten Rahmen gefasst. Lange Zeit pflegte Tochter Susanna das Grab, bis zu ihrer Ausreise in den 70ern. Als Jakob Muttars Tochter Elisabeth im Winter 1982 gestorben ist, gibt es in Rumänien fast nichts mehr zu kaufen, schon gar keine Grabsteine. Jakob Muttar und seine beiden Enkel reisen 1985 nach Deutschland aus, sein Schwiegersohn, Anton Röhrich, der Billed erst später verlassen wird, bittet seinen Schwiegervater kurz darauf in einem Brief um die Erlaubnis, den Stein der Anna Muttar auf das Grab seiner Frau versetzen zu dürfen. Jakob Muttar willigt ein, bittet den Schwiegersohn aber, das Bild dem Stein zu entnehmen und nach Deutschland mitzubringen. So wurde die Grabstätte der Anna Muttar aufgegeben, der Stein versetzt und die Marmortafel mit ihrem Bild ein Jahr später nach Karlsruhe gebracht. Zurück ins Jahr 1907: Nur drei Monate nach dem Ableben seiner Frau Anna heiratet der Witwer Jakob Muttar erneut. Wenn in jener Zeit ein Ehepartner gestorben ist, war es üblich, dass nach wenigen Monaten oder binnen eines Jahres wieder geheiratet wurde - eine Notwendigkeit für das Fortbestehen der Bauernwirtschaft. Trost und Zuwendung finden der damals siebenjährige Jakob Muttar und seine 14-jährige Schwester Susanna nicht nur beim Vater und der Stiefmutter Barbara, sondern auch bei Großvater Bernhard Glaß, der ein warmes Herz hat. Weil Bernhard Glaß´ Enkelin Susanna in der Sauerländer Gasse einen Maisspeicher bauen will, verkauft Bernhard Glaß

Rückblick das Haus in der Blumengasse und stellt das Geld für das Vorhaben bereit. Dafür erhält er auf Lebzeit Wohnrecht im Haus Nummer 39 in der Sauerländergasse. Seit der Heimkehr aus Amerika lebt Bernhard Glaß mit der Witwe Elisabetha Neisz (1855-1941) in wilder Ehe. Kurz vor seinem Tod, am 27. Januar 1930, heiratet er diese, die danach das Wohnrecht zugesprochen bekommt. Bernhardt Glaß´ Enkelin wird diese seine dritte Frau vier Jahre lang bis zu ihrem Tod 1941 pflegen. Ein Teil der guten Gene des Bernhard Glaß ist anscheinend über Generationen weitergegeben worden. Nicht nur seine beiden Söhne haben studiert, weitere Nachkommen haben es ihnen gleich getan. Neben den schon genannten Beispielen seien noch erwähnt: Urururenkelin Ingrid Szlavik hat Betriebswissenschaften studiert, Ulrike Steiner Jura. Nach sehr erfolgreichem Jurastudium hat Timo Rademacher ein Stipendium für zwei Zusatzsemester in Oxford erhalten, wo er gegenwärtig weilt. Außer seinem Sohn Mathias ist bisher anscheinend kein Nachkomme aus der Reihe getanzt. Alle haben ehrbare Berufe erlernt und ihren Mann gestanden. Übrigens: Im Haus seines Enkels Jakob Muttar (Hauptgasse 381) stand bis 1985 die Schiffskiste des Bernhard Glaß auf dem Dachboden. Es war eine mit Eisenbeschlägen versehene große Holztruhe mit einem Schloss. In ihr bewahrte Bernhard seine Habseligkeiten auf seiner zweiten Rückreise von Amerika auf. Auch eine ziemlich starke Brille mit silbergrauer Fassung hatte er seinem Enkel Jakob hinterlassen. Dieser trug sie im Alter als Lesebrille und nahm sie bei der Aussiedlung mit nach Karlsruhe. Des weiteren blieb sein Spazierstock erhalten. Im Bericht seines Enkels Jakob heißt es weiter: „Wenn Verwandte aus Klein-Jetscha zu Besuch kamen, gefiel dies Bernhard Glaß nicht sonderlich, er empfand die Gäste als lästig.


Rückblick Wenn er sie sah, brummte er: «Da kommen sie schon wieder Überlast machen.» Seine Frau Anna schimpfte: «Bist du bald ruhig!» Aber Bernhard wiederholte zum Trotz umso lauter, damit auch die Gäste es hören konnten: «Da kommen sie schon wieder Überlast machen!»“ Bernhard Glaß wurde im Grab seiner ersten Ehefrau, Catharina Daniel, auf dem Sauerländer Friedhof beigesetzt. Seine Urenkelinnen Maria und Katharina Gilde haben das Grab gepflegt und 1989 aus Altersgründen aufgegeben. Und noch etwas: Glaß´ Vorname Bernhard hat sich in der Form Pärns als Spitzname für mehrere Familienzweige durchgesetzt.

95 Anmerkung der Verfasser: Ziel des Berichts war es keineswegs, über alle Nachfahren ausführlich zu berichten, sondern lediglich mit Beispielen zu belegen, was aus den Nachkommen des Bernhard Glaß geworden ist. Zu seiner Zeit war es etwas Ungewöhnliches, zwei Söhne studieren zu lassen und erst recht, eine Tochter aufs Gymnasium zu schicken. Dass so viele seiner späten Nachkommen studiert haben, ist teilweise auch den Kommunisten zu verdanken, die ihnen bewiesen haben: Man kann einem Menschen alles rauben, außer dem, was er gelernt hat. Anmerkung der Redaktion: Die Autoren dieses Beitrags gehören zu den Ururenkeln des Amerika-Fahrers Bernhard Glaß.

Auf der Heimfahrt von Amerika - Foto aus dem Nachlass von Elisabeth Steuer


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Die Welt ist groß – die Heimatliebe bleibt!

Rückblick

Elisabeth Martini

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m Austausch zu unserem „Billeder Heimatblatt 2011“ schickte mir mein ehemaliger Lyzeumskollege Robert Frank die bei ihnen gern gelesenen „Nachrichten – Vereinigung der Donauschwaben in Chicago“, ein zweisprachiges Monats-Informationsblatt mit buntem Allerlei. Die 1950 nach Amerika ausgewanderten Donauschwaben leben und feiern – durch Wasser und Welten von uns getrennt – auch dort, wo sie eine neue Heimat gefunden haben, unsere Feste im Jahresablauf, z. B. am 7. August den „Tag der Donauschwaben“ mit Frühschoppen und Familientreffen, Gottesdienst in deutscher Sprache, Mittagessen mit donauschwäbischen Spezialitäten, Krönung der Kornblumenkönigin und Unterhaltungsmusik – wie bei uns! Der Vereinskalender informiert die Leser monatlich über Veranstaltungen, Zielgruppen, Uhrzeiten usw. Außerdem werden Geburten, Hochzeiten, Todesfälle sowie schulische und berufliche Erfolge der Mitglieder angeführt, auch Spenden für gemeinnützige Zwecke. Gefeiert wurde z.B. auch das Lieblinger Kirchweihfest in Tracht, mit Kirchweihstrauß und Trachtenball. Gewürdigt wurden auch die 60 Jahre Donauschwaben in Brasilien (Entre Rios); man übernimmt auch Zeitungsartikel aus der Banater Post, z. B. „60 Jahre Baraganverschleppung – Gedenkveranstaltung in Karlsruhe“ von Walter Wolf. Mit großem Erfolg treten Künstler aus den deutschsprachigen Ländern Europas auf und werden gefeiert. Auch über die Geschichte und Renovierung der Wallfahrtskirche Maria Radna wird informiert und dafür zu Spenden aufgerufen. Bei Totenfeiern singt man altvertraute Kirchenlieder; Muttergottesmädchen in traditionellen weißen Trachten tragen die Muttergottes-Statue, man singt zu passender Gele-

genheit auch „Ich hatt’ einen Kameraden...“ Am meisten beeindruckt haben mich die Danksagungen der Abgänger der deutschen Wochenendschule, die nun schon 58 Jahre mit Erfolg Brücken zur alten Heimat baut. Schon 1953 – 3 Jahre nach der Sesshaftwerdung – wünschten die Eltern, dass ihre Kinder weiter Deutsch lernen, um auch an ihre Großeltern in Deutschland und Österreich schreiben zu können. Zuerst waren es nur 12 Kinder, doch von Jahr zu Jahr wurden es mehr, bis zu 365 in 8 Klassen. Zur Zeit sind es über 100 Kinder. Die Ansprachen der Abgänger dieser Schule, die die Kinder am Wochenende – wo andere frei sind – vom Kindergarten an spielend und singend in die deutsche Sprache einführt und weiter fördert, bringen Dankbarkeit und Ehrerbietung ihren Lehrern gegenüber zum Ausdruck, die in ihrer Arbeit hilfsbereit und geduldig sind, altersgerecht das Interesse für die deutsche Sprache wachhalten. Schön, wenn Schüler beim Abgang sagen : “Die vergangenen Jahre waren eine wunderschöne Zeit, ich werde oft daran denken und weiter Deutsch lernen, denn ich hoffe, dass ich eines Tages fließend Deutsch sprechen kann.“ „Ich liebe diese Schule. Die Lehrer und Lehrerinnen haben mich das Lesen und Schreiben gelehrt, sie haben mir die deutsche Sprache und Kultur beigebracht; es war auch viel Spaß dabei z. B. beim Kinder-Fasching, Muttertag, zu Weihnachten.“ „Wir haben auch viel Grammatik gelernt. Ich war die Beste von meinen Geschwistern und ich hoffe, weiter mit meiner Familie Deutsch zu sprechen, um es nicht zu vergessen.“ In dieser Schule wurde auch gesungen und musiziert, sodass ein Abgänger schrieb: „Diese Liebe für die deutsche Musik werde ich mein ganzes Leben lang ha-


Rückblick ben. Ich hoffe, mal nach Österreich zu fliegen und meine Verwandten zu besuchen, sodass ich mein Deutsch benutzen kann.“ Josefine Welsch hält fest: „Wir Donauschwaben haben unsere deutsche Muttersprache 250 Jahre in vielen Ländern mit Stolz und Würde erhalten.“ Und die Wochenendschule, die Opfer seitens der Schüler wie auch der Eltern, die ihre Kinder zum Schulzentrum bringen mussten, erforderte, hat ihren Beitrag erfolgreich geleistet, wenn man von Schülern hört: „Für mein ganzes Leben werde ich eine

97 gute Erinnerung an die DonauschwabenSchule haben.“ In der Nr12 von 2011 erinnert Peter Krämer an die Toten, die längst von uns geschieden sind: „Gedenket, was sie einst im Leben so viel geschaffen und getan, viel Freude, Lust uns doch gegeben, erinnert ihr euch noch daran?“ Vielen Dank, Robert, für die Sendung, ohne die wir nie solchen Einblick in euer Gemeinschaftsleben als Donauschwaben in Chicago bekommen hätten. Macht weiter so!

Vereinszeitung der Donauschwaben aus Chicago


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70 Jahre seit dem Einzug unserer Landsleute zum deutschen Heer

Rückblick

Peter Krier

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er bis dahin furchtbarste, erste technisierte Massenkrieg mit 8,5 Millionen Gefallenen auf den Schlachtfeldern und 7,7 Millionen vermissten Soldaten hat auch in unserem Heimatdorf tiefe Wunden geschlagen: 124 Söhne der Gemeinde waren in den Schützengräben von Verdun, in Galizien, am Isonzo und an der Piave geblieben. Andere sind an den Folgen jahrelanger Gefangenschaft gestorben. Mit dem Ende des I. Weltkrieges wurde die k. u. k. Monarchie zerschlagen, wir hatten nun, statt dem österreichischen Kaiser, dem rumänischen König zu dienen. Es hat lange gedauert, bis die tiefen Narben des Krieges zu heilen begannen. Langsam fasste man wieder Mut zum Leben und zur Weitergabe des Lebens. Als man 6 Jahre nach Kriegsende den Gefallenen ein Denkmal setzte, hatte sich am 5. Juni 1924 eine große, fast unüberschaubare Zahl Billeder versammelt. In Trauer und Ergriffenheit gedachte man der damals noch Helden genannten Gefallenen der Gemeinde, die als Opfer des Krieges im Felde geblieben waren. Die Teilnehmer bei der von unserem unvergessenen Märtyrer-Bischof Dr. Augustin Pacha vollzogenen Weihe ahnten nicht, dass es nur 15 Jahre später, 1939, erneut einen Krieg, einen zweiten Weltkrieg, geben wird, der noch technisierter, noch perfektionierter und mit noch größerer Schonungslosigkeit und Grausamkeit, bis zur Atombombe hin, diesmal auch gegen die Zivilbevölkerung, geführt werden sollte. Viele namhafte Historiker sind sich darüber einig, dass mit dem Friedensdiktat von Versailles die Zünder zur nächsten großen Katastrophe gelegt wurden, die dann auch gezündet wurden. Am 1. September 1939 begann mit dem Einmarsch der Deutschen

in Polen der II. Weltkrieg. Am 3. September 1939 erklärten Großbritannien und Frankreich Deutschland den Krieg. Die Lunten waren gezündet. Rumänien befand sich beim Kriegsausbruch zusammen mit der Tschechoslowakei und Jugoslawien in der Allianz „Kleine Entente“, die unter der Schirmherrschaft Frankreichs und Englands stand und sowohl gegen Deutschland wie auch gegen die UdSSR gerichtet war. Nach den schnellen Siegen der Deutschen über Polen und Frankreich näherte sich Rumänien dem Reich, wurde dessen Verbündeter und nahm an der Seite Deutschlands am Krieg gegen die UdSSR teil. Der Angriff auf Russland erfolgte am 22. Juni 1941. Rumänien hatte seine Streitkräfte wegen Spannungen mit Ungarn schon im Sommer 1938 mobilisiert, die dann in einer „latenten Mobilisierung“ in Form eines wechselhaften Einzugs, „Concentrare“ genannt, bis zum Kriegseintritt Rumäniens 1941 fortgeführt wurde. Mobilisiert und sofort im Kampfeinsatz waren zunächst die Jahrgänge 1910 bis 1922, später wurden auch die Jahrgänge ab 1902 bis 1925 eingezogen. Die rumänische Armee kämpfte im Frontabschnitt Süd unter eigener Heeresleitung. Bei den verlustreichen Kämpfen vor Odessa im August 1941 sind die ersten Billeder, Josef Gimpel und Franz Glassen, gefallen. Weitere 20 Billeder verloren bei der Erfüllung ihrer soldatischen Pflicht beim rumänischen Heer ihr Leben, wobei 10 vor Stalingrad gefallen sind, als die Rote Armee im Frontabschnitt der 3. und 4. rumänischen Armee durchgebrochen ist. Aufgrund der hohen Verluste wurde das Gros der rumänischen Streitkräfte nach Stalingrad ins Land zurückgenommen.


Rückblick

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Die Rekruten auf dem Weg zum Bahnhof Nach der wirtschaftlichen und politischen Wiedererstarkung Deutschlands, nach den Erfolgen in der Technik und dem Aufbau von Kulturbrücken zwischen dem Reich und den Volksdeutschen blickten die Banater Schwaben, wie alle Volksdeutschen, mit Bewunderung auf ihr Mutterland. Während die Älteren zur NS-Bewegung auf Distanz blieben, fand diese jedoch immer mehr Zustimmung bei der Jugend, die nach den Blitzsiegen in Polen und Frankreich weitgehend in Begeisterung überging. Vom Reich wussten sie nicht viel und wohl am allerwenigsten von den Dingen, die erst 1945 enthüllt wurden. Der Wunsch, im deutschen Heer zu dienen, wuchs bei vielen jungen Schwaben. Die Bedingungen im rumänischen Heer waren nicht gut. Die Truppe war schlecht ausgerüstet, die Verpflegung war schlecht und unzureichend, Offiziere und Unteroffiziere erpressten Bestechungsgelder; obwohl offiziell abgeschafft, gab es als Strafe noch Prügel im rumänischen Heer. Dies alles führte dazu, dass es für die große Mehrheit der Deutschen im rumänischen Heer kei-

ner großen Überredung bedurfte, um sich, sobald sich die Gelegenheit bot, dem deutschen Heer anzuschließen, zumal sie auch im deutschen Heer für die gleiche Sache zu kämpfen hatten. Im Reich hatte man die Idee einer allgemeinen völkischen Wehrpflicht zunächst zurückgestellt, die Volksdeutschen sollten in der jeweiligen Staatsarmee Kriegsdienst leisten. Dennoch waren schon ab 1941 Banater, auch Billeder, der Arbeits-Organisation Todt beigetreten, hatten sich der sogenannten „1000 Mann Aktion“ angeschlossen oder sind über verschiedene Dienststellen, manche auch durch Einzelaktionen, zum deutschen Heer gekommen. Nach der Niederlage von Stalingrad setzten sich die durch, die die Wehrkraft der Volksdeutschen zur Verstärkung, auch zum Ersatz der Verluste des deutschen Heeres forderten. Durch Verhandlungen der zuständigen Stellen in Berlin und Bukarest kam es am 12. Mai 1943 zum Abschluss eines Abkommens zwischen der Reichsregierung und der rumänischen Regierung hinsichtlich der Einreihung ru-


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Rückblick

Bei der Verabschiedung der Rekruten in Hatzfeld im Herbst 1943. „Stellen wir uns einen Zug mit 400 Billeder Männern in 10 Waggons vor. Davon sind nur 6 Waggons zurückgekommen“. mänischer Staatsbürger volksdeutscher Zugehörigkeit in die Deutsche Wehrmacht-SS. Das Abkommen ist seitens der Reichsregierung vom Außerordentlichen Gesandten Manfred Frhr. von Killinger und seitens der rumänischen Regierung von General Ioan Steflea, Chef des königlichen rumänischen großen Generalstabs, unterzeichnet. Mit dem Abkommen wurde bestimmt, dass rumänische Staatsbürger volksdeutscher Zugehörigkeit, die am 1. April 1943 das 17. Lebensjahr vollendet haben, sich in die Deutsche Wehrmacht-SS einreihen lassen können, dabei die rumänische Staatsbürgerschaft mit allen Pflichten und Rechten behalten. Es wurde ferner bestimmt, dass Offiziere, Unteroffiziere, Korporäle und Spezialisten davon ausgenommen sind und dass die Einzuziehenden schriftlich erklären müssen, dass sie sich freiwillig melden. Im Kap. II Abs. 3 des Abkommens wird bestimmt, dass

der rumänische Staat denen, die arbeitsunfähig werden sowie den Hinterbliebenen der Verstorbenen keinerlei Renten oder Unterstützungen zahlt, diese Verpflichtung ging zu Lasten des Deutschen Reiches. Die Musterungen fanden noch im Mai 1943 statt, eingezogen wurden die Gemusterten aus Billed anfangs Juli. Gemustert wurden Männer im Alter von 17 bis 35 Jahren, mit Abweichungen nach unten und nach oben. Aus Billed waren 396 Männer im II. Weltkrieg beim deutschen Heer, sie waren im guten Glauben, damit ihrer Heimat und ihrem Volk zu dienen. Um für die Volksdeutschen in der deutschen Armee Rechtssicherheit zu schaffen, erwarben diese durch einen Erlass, veröffentlicht im Reichsgesetzblatt 1943/I, S.315, die deutsche Staatsangehörigkeit. Über Hatzfeld, wo die Verabschiedung stattfand, kamen die Gemusterten nach Wien, wo eine zweite Musterung bevorstand. Während die ersten


Rückblick

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Banater Rekruten vor dem Wiener Arsenal, wo eine zweite Musterung bevorstand. Gemustert wurden Männer im Alter von 17 bis 35 Jahren, mit Abweichungen nach unten und nach oben. Freiwilligen bei der Musterung in Wien noch sowohl der Wehrmacht als auch der WaffenSS zugeteilt wurden, kamen alle Tauglichen des Einzugs ab Juni 1943 zur Waffen-SS. Diese war eine kämpfende Fronttruppe und ist nicht zu verwechseln mit der schwarz uniformierten SS im Reich. Die Divisionen der Waffen-SS unterstanden die ganze Kriegszeit dem Oberkommando der Wehrmacht. Unsere Landsleute waren nur einfache Soldaten, es gab in ihren Reihen so gut wie keine Offiziere oder Unteroffiziere. Von Wien kamen die Eingezogenen in Ausbildungslager, von wo sie nach nur einigen Wochen einer schon im Einsatz stehenden Division zugeteilt wurden. Sie waren an allen Fronten eingesetzt, haben an vielen verlustreichen Kämpfen teilgenommen und sind gefallen in Russland, in der Normandie, in Italien, Ungarn, Schlesien und vor Berlin. Unser Landsmann Nikolaus Laub (806) ist

im Banat, bei Komlosch gefallen. Viele Soldatenbriefe und Erlebnisberichte beschreiben das harte Leben in den Schützengräben, mit Hunger, Kälte und dem Kamerad Tod als ständiger Weggefährte. Sie berichten aber auch von Kameradschaft, Mut und Tapferkeit. Hier sei auf den Erlebnisbericht von Josef Breitenbach in den Ausgaben 16 und 17 unseres Heimatblattes verwiesen. Als die Waffen am 8. Mai 1945 endlich schwiegen, lag Europa in Schutt, Asche und Trümmern, 50 Millionen Menschen hatten den Tod gefunden, Hunderte Millionen unermessliches Leid erfahren. Unter den 378.000 gefallenen rumänischen Soldaten befanden sich auch 22 Billeder, die in der Erfüllung ihrer Pflicht ihr Leben hingeben mussten. Unter den mehr als fünf Millionen gefallenen deutschen Soldaten waren 82 Billeder. Wir Älteren haben sie noch gekannt. Beim Lesen ihrer Namen erinnern wir uns an ihre Ge-


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Gruppenbild mit 46 Billedern nach ihrer Grundausbildung. sichter und denken an ihr Schicksal. Ich erinnere mich noch gut an die Zeit, als die Todesnachrichten mit dem Satz „Für Führer, Volk und Vaterland“ in unsere Nachbarschaft kamen, als immer mehr Schulkameraden mit einer schwarzen Trauerbinde zur Schule kamen und alle paar Tage ein Requiem stattfand. Mit wenigen Ausnahmen kamen alle überlebenden Soldaten noch während des Krieges oder an dessen Ende in Kriegsgefangenschaft. Wenn es auch bei den Westalliierten grobe Verstöße gegen die Genfer Konvention des Roten Kreuzes und die Haager Landkriegsordnung gab, hatten die, denen es gelungen ist, in westliche Kriegsgefangenschaft zu kommen, ein weitaus besseres Los, als die, die in sowjetische Gefangenschaft kamen. Deren Leidensweg mit Hunger, Kälte, Krankheiten, Misshandlungen war die Hölle. Workuta, Celeabinsk, Asbest oder Magnetogorsk sind als Schreckensorte in unsere Geschichte eingeflossen. Einen wahren Todesmarsch hatten die gefangenen Angehörigen der Division Prinz Eugen in Titos Jugo-

slawien zu durchlaufen, dabei verloren auch einige Billeder ihr Leben. Nach fünf Jahren wurden die meisten Überlebenden frei, die Letzten durften 1955 in die Heimat. Rumänien hat bis 1956 die Aufnahme der Rückkehrer aus dem Westen verweigert, was dazu geführt hat, dass 86 Billeder im Westen geblieben sind. Die illegal eher Heimgekehrten, ob sie nun eine ordentliche Entlassung aus westlicher Kriegsgefangenschaft hatten oder nicht, waren Verfolgungen ausgesetzt. In den Jahren 1945 und 1946 wurden sie verhaftet, eingekerkert, mussten Zwangsarbeit leisten, einzelne sind in rumänischen Gefängnissen gestorben. Schützen konnte sie ab 1947, 1948 die Aufnahme als Arbeiter in Staatsbetriebe. Ab 1949 hörten die direkten Verfolgungen auf, vormalige Angehörige der Waffen-SS galten jedoch immerwährend als Staats- und Volksfeinde. Die Diskriminierung galt auch ihren Familien, ob es um Arbeitsplätze, Studienplätze oder um Wohnungen ging, sie wurden ausgeschlossen oder zurückgestellt. Es galt Sippenhaft: Wer


Rückblick Angehörige im ehemaligen deutschen Heer hatte, war vertrauensunwürdig, konnte keine Leitungs- oder Führungsfunktionen haben. Auch hier in Deutschland fand und findet eine pauschale Kriminalisierung ehemaliger Angehöriger der Waffen-SS statt. Dennoch beginnt man die historische Wahrheit von der politischen Wahrheit zu trennen. Man sollte Geschichte, wie die Historiker Ranke, Pastor und der große Momsen empfehlen, nur aus dem Geist der Zeit des Geschehens beurteilen. Damit kommt man zur Frage der Freiwilligkeit, die nicht mit einem einfachen Ja oder Nein zu beantworten ist. Man muss dazu die Ereignisse und Entwicklungen aus der damaligen Zeit betrachten. Sicher sind viele, vor allem die Jüngeren, mit großer Begeisterung freiwillig zum deutschen Herr gegangen. Viele sind willig mitgezogen, viele, vor allen die, die schon im Kriegseinsatz bei den Rumänen waren, sind unwillig mitgezogen und es hat auch echte Verweigerer gegeben, die dem Druck von Beschimpfungen und Schikanen nicht nachgegeben haben. Unser Landsmann Hansi Thöreß (399) war 16 Jahre alt, als er sich vom Zeitgeist mitreisen ließ und sich freiwillig zur Waffen-SS meldete. Dasselbe tat damals im gleichen Alter auch der Nobelpreisträger Günter Grass, wie er „Beim Häuten ‚seiner’ Zwiebel“ schreibt. Allerdings hatte Grass die Chance, sich von seiner damaligen Haltung zu distanzieren und vor allem hatte er das Glück, noch weitere 70 Jahre im Wohlstand zu leben, während Hansi Thöreß noch in den letzten Kriegswochen als 18-Jähriger gefallen ist. Wenn unsere Landsleute durch ihren freiwilligen oder unfreiwilligen Eintritt in das deutsche Heer Schuld auf sich und auf uns geladen haben, dann wurde diese 70 Jahre nach ihrem Einzug längst gesühnt. Jeder Fünfte hat in diesem Krieg sein Leben verloren, die Überlebenden haben in Kriegsgefangenschaft gelitten und geschuftet, sie wa-

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Die Auflistung der Gefallenen im 2. Weltkrieg auf dem Obelisk neben der Kirche ren verfolgt gejagt, unterdrückt, diskriminiert, pauschal stigmatisiert. Am Ende des Krieges durften wir unseren Gefallenen kein Denkmal im Heimatort errichten, Helden hatten wir keine mehr. Aber Opfer sind sie allemal, sie sind Opfer einer Wahnsinnspolitik, die sich hoffentlich nicht mehr wiederholen wird. Den Kriegsopfern unserer Gemeinde konnten wir in Billed und in Karlsruhe ein würdiges Denkmal setzten. Es gibt keinen Grund, nur hinter vorgehaltener Hand über den Einzug unserer Landsleute zum deutschen Heer vor 70 Jahren zu sprechen. Der 10. Juli 1943, an dem der Zug mit den Billedern von Hatzfeld Richtung Wien abfuhr, ist ein bedeutendes geschichtliches Datum für unsere Gemeinde. Stellen wir uns einen Zug mit 400 Billeder Männern in 10 Waggons vor, davon bleiben die Männer aus zwei Waggons im Felde und die aus mehr als zwei weiteren Waggons bleiben nach Kriegsende im Westen, kommen nicht mehr in die Heimat, holen, sobald es möglich wird, ihre Angehörigen zu sich. War dies der Anfang vom Ende?


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RĂźckblick

Strategie-Besprechung mit Bier in den 30er Jahren irgendwo im GrĂźnen mit Alexander Schrottmann, Jakob Lenhardt ( 6. links), Nikolaus Weber (5. links); Eins. Susanne Weber


Rückblick

H

Fußball – ein Billeder Stiefkind?

andball war der bevorzugte Sport der Billeder im Laufe der Zeit, sodass es der Fußball als solcher etwas schwerer hatte, sich auch durchzusetzen, wo es doch in den Endsechzigern hier sogar eine DamenHandballmannschaft gab, auf die Lyzeallehrerin Elisabeth Martini sehr stolz war. Heute jedoch hat alle Welt Ahnung von König-Fußball – meist mehr noch als der / die Schiedsrichter – , sieht Spiele im Fernsehen, im Stadion, auf dem Sportplatz, hört Kommentare im Radio oder spielt selbst – ob Männlein oder Weiblein -, denn seit Jahren sind es immer mehr Damen, die sich für diesen Sport interessieren, was auch die zahlreichen Stadionbesucherinnen belegen, nicht zu vergessen das große Interesse unserer Kanzlerin Angela Merkel für besondere Spiele beider Geschlechter.

105 Elisabeth Martini

Europa- und Weltmeistertitel sprechen ei­ ne deutliche Sprache diesbezüglich. Bevor wir einen Blick auf den Billeder Fußball werfen, wollen wir einen kurzen historischen Rückblick vornehmen. Laut Wikipedia entstand die heute millionenfach praktizierte / bewunderte Sportart aus älteren Vorläufern in der 2. Hälfte des 19. Jahrhunderts in Großbritannien und breitete sich ab 1880 in der Welt aus. Laut FIFA spielten schon 2006 über 265 Millionen Menschen in über 200 Ländern Fußball, davon über 38 Millionen in 325.000 Vereinen organisiert. Populär wurde das Spiel vor allem wegen der relativ einfachen Grund-Regeln sowie der einfachen Ausrüstung dafür. In Deutschland sind mehr als 6 Millionen Spieler in über 27.000 Fußballvereinen aktiv, außerdem etwa 4 Millionen Hobby-Ki-

Handballmannschaft der Lyzealschülerinnen 1969 mit Direktor Jivan


106 cker. Millionen Menschen besonders in Europa und Südamerika – gehen regelmäßig in Fußballstadien, noch mehr verfolgen die Spiele via Fernsehen, auch hat dieser Sport durch die wiederholten Erfolge der FrauenNationalmannschaften an Bedeutung gewonnen. Doch zurück zu den Anfängen: 1848 verfassten Studenten der Universität Cambridge die ersten Fußballregeln, wonach eine Mannschaft aus 15 bis 20 Spielern bestand. 1857 wurde FC Sheffield der erste Fußball-Verein der Welt. England gilt auch als das Mutterland des Fußballs, weil mit der 1863 in London gegründeten Football Assossiation (FA) der erste offizielle Fußballverband entstand mit umfassendem Regelwerk und nachhaltiger Förderung. 1870 begrenzte die FA die Spielerzahl auf 11; 1871 verbot der Verband allen Feldspielern das Handspiel, außer dem Torwart. 1872 wurde eine einheitliche Ballgröße festgelegt. Im selben Jahr wurde das erste offizielle Länderspiel in Glasgow zwischen Schottland und England ausgetragen (Endstand 0:0), auch der nationale Fußballwettbewerb wurde eingeführt, 2 Jahre später der Schiedsrichter als Unparteiischer. 1878 fand das erste Spiel bei Flutlicht in Sheffield statt; 1879 wurde die erste ProfiLiga in England gegründet, 1891 in Irland der Elfmeter ins Reglement aufgenommen. Seit 1897 kann ein Entscheidungsspiel bei einem Unentschieden verlängert werden; 1899 erlaubte der englische Verband auch den bezahlten Vereinswechsel. Auf dem Kontinent setzte sich der Fußball zuerst in der Schweiz durch dort studierende Engländer durch. Der älteste noch bestehende Klub, der 1879 auch von englischen Studenten gegründet wurde, ist der FC St. Gallen. 1895 formierten 11 Schweizer Klubs den Schweizerischen Fußballverband, der 1897-1898 die erste Schweizer Meisterschaft austrug.

Rückblick In Deutschland wurde Fußball erstmal 1874 vom Gymnasiallehrer Konrad Koch in Braunschweig eingeführt, hatte dabei schwer gegen das beliebte Turnen zu kämpfen. Im selben Jahr wurde auch in Dresden von dort lebenden Engländern der English Football Club gegründet. Erst während der Weimarer Republik er­ reichte der Fußball auch die Arbeiterschichten und wurde so zu einem Massenphänomen. 1900 wurde der Deutsche Fußball-Bund (DFB) gegründet und Fußball wurde olympische Disziplin. 1904 wurde ein Weltverband, die Federation Internationale de Football Association (FIFA) gegründet, die Länderspiele organisiert und internationale Regeln aufstellt. 1924 führte zuerst Österreich eine Liga für Berufsfußballer ein, der Mitropa-Pokal gilt als Vorläufer des heutigen Europa-Pokals. 1930 fand die erste FIFA-Weltmeisterschaft in Uruguay statt, an der 13 Mannschaften teilnahmen, Deutschland aus Kostengründen nicht. Die UEFA wurde 1954 in Basel gegründet. Für die Medien ist König-Fußball von großer Bedeutung, vor allem wenn es Aufsehenerregendes zu vermelden gibt wie Randale, Sperrungen, überragende Zuschauerzahlen in Stadien so z.B. 199.854 bei der WM 1950 im Maracana Stadion beim Spiel BrasilienUruguay. Laut Franz Klein in „Billed – Chronik einer Heidegemeinde im Banat in Quellen und Dokumenten 1765-1980“ entstanden nach dem 1. Weltkrieg in mehreren Heidegemeinden des Banats Fußball- und andere Sportvereine. Der erste deutsche Sportverein in Temeswar war „Rapid“. Wann in Billed der erste Fußballverein gegründet wurde, lässt sich heute schwer feststellen. Ein überliefertes Foto von 1928 zeigt die erste Billeder Fußballmannschaft mit dem im ganzen Banat bekannten Billeder


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Fest entschlossen, dass Spiel zu gewinnen! Nikolaus Mann (1.v.l.), Alex. Schrottmann (3.v.l.), Albert ThĂśresz (7. v.l.), Jakob Lenhardt (8.v.l.), Hans Bauer (6.v.r.), Wendel Russ (5.v.r.), Nikolaus Weber (1.v.r.) Eins. Jakob Schrottmann Die Oldboys, dabei Dr. Weber (hinten 1. links), Johann Linzer (hinten 3. links), Alexander Schrottmann (hinten 5. links), Michael Ortinau (sitzend 1. ganz rechts); Eins. Jakob Schrottmann


108 Schiedsrichter Alexander Schrottmann und den Mitbegründern des Billeder Fußballvereins Johann Ballmann und Nikolaus Mann. Anfang der 30er Jahre gab es dann in Billed: eine Jugendmannschaft (Zwergmann­schaft genannt), die Oldboys und die Kampfmannschaft; vorübergehend auch den Fußballklub der Handwerker und des Jugendvereins. Billeds erster und ältester Sportplatz - hält Franz Klein fest - befand sich neben dem Sägewerk und der Holzhandlung, gegenüber der Hanffabrik, wo die Jugend am Sonntag bei Sport und Spiel ihre Freizeit verbrachte. Dieser Platz – von der Gemeinde-Huttung kostenlos zur Verfügung gestellt – verfiel nach dem 2. Weltkrieg immer mehr, geriet in Vergessenheit. Die 2. und 3. Generation der Billeder Fußballer spielte 1930-32 in blau-weiß karierten

Rückblick Trikots, die 4. Generation um circa 1937 hatte längsgestreifte Trikots. 1932 lieferten sich die beiden Billeder Oldboy-Mannschaften während eines Pokalspiels einen erbitterten Kampf, aus dem die karierten Leibchen als Sieger hervorgingen. Schiedsrichter war Bäckermeister Hans Sauer (125 kg), der trotz Leibesfülle immer auf Ballhöhe war. Logischerweise brachte der 2. Weltkrieg eine Zäsur, zumal bei all den Sorgen und all dem Leid kaum an Sport und Spiel zu denken war. Eröffnet haben wir hiermit das Thema Billeder Fußball, das wir natürlich – trotz fleißiger Recherche – gewiss nicht erschöpfend behandeln konnten, sodass wir auf weitere Beiträge und Fotos mit ausführlichen Erläuterungen von Ihnen warten. Nur so wäre eine Fortsetzung möglich!

Alexander Schrottmann, Nikolaus Mann und (?) mit der Mannschaft, dazu gehörig: Michael Alexius (ganz vorn Mitte), daneben Josef Mann. Eins. Jakob Schrottmann


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Die Mannschaften beim Einlauf zum Freundschaftsspiel auf dem Spielplatz beim Sägewerk: Hans Martini, Hans Muttar, Peter Klein, Adam Wagner, Hans Thöresz u.a; Eins. Hans Martini Alexander Schrottmann mit Mannschaft in den 30ern: vorn 1.v.l. Albert Thöresz. Eins. Jakob Schrottmann


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Rückblick

„Vointa Biled“ 1960: sitzend 2. von rechts Adam Russ, stehend 2. v. links Johann Popescu. Eins. Johann Popescu 1962, Aktive gegen Oldboys: ganz links Hans Pierre, 4. oben links Johann Popescu, 7. o. links Josef Gallo, 3. o. rechts Adam Russ (Kapitän), 2. Reihe rechts Jakob Billinger, 3. links hockend Peter Rugel, rechts im dunkeln Anzug Parteibosse; Eins. Karl Balogh


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1966 auf dem Billeder FuĂ&#x;ballplatz vor dem Tor: ganz links Adam Russ; Eins. Adam Russ

1970 vor dem Spiel in Temeswar: In der Mitte die Schiedsrichter, links die Billeder Mannschaft mit Hans Undi u.5.v.l., Hans Gallo o.2.v.l., Adam Russ o.5.v.l. Eins. Hans Gallo


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Rückblick

Der Lebensweg von Kapellmeister Nikolaus Schilzony bleibt verschleiert

Peter Krier

D

ie Welt des Internet machte es möglich, dass wir weitere neue Daten aus dem bewegten Leben von Nikolaus Schilzony erfahren. Kapellmeister Schilzonys Urenkelin, Viky Shilzony, durchforschte digitalisierte Zeitungsarchive nach Spuren ihres Urgroßvaters und wurde mehrfach fündig. Viky ist im regen Briefwechsel mit Anna Mann geb. Vastag, der Urenkelin von Kapellmeister Michael Nußbaum, die uns neuere Daten über das schillernde Leben des begnadeten Musikers und Kapellmeisters überließ. Daraus ergeben sich Ergänzungen zum Lebensbild des Musikers, einiges bleibt jedoch widersprüchlich und ab 1927 verschwindet seine Spur im Dunkeln. (Siehe dazu auch den Bericht im Billeder Heimatblatt 2005, S. 70) Nikolaus Schilzony (es gibt 20 Schreibweisen dieses Namens) wurde am 25.01.1872 in Billed als illegitimer Sohn der Catharina Schilzong geboren, die laut Billeder Heimatbuch Wirtin auf dem Bahnhofsgasthaus war (wahrscheinlich jedoch erst nach 1890). Wo und von wem der kleine Schilzony musikalisch ausgebildet wurde, ist nicht bekannt. Wir wissen, dass Kapellmeister Lambert Steiner (1837-1914, siehe dazu auch den Bericht von Josef Herbst in diesem Heimatblatt) um diese Zeit in Billed junge Musiker ausgebildet hat. Möglich ist auch, dass er von Kapellmeister Michael Nußbaum (1866-1911) seine anfängliche Ausbildung erhielt oder von einem anderen uns unbekannten Musiker ausgebildet wurde, wahrscheinlich hat er jedoch eine Militärmusikschule besucht. Auf jeden Fall muss Schilzony sehr begabt gewesen sein. Über ihn schreibt die San Francisco Call am 17. Oktober 1897, dass er schon im Alter von 10 Jahren in Billed eine Kapelle dirigierte, mit 13 Jahren eine Militärkapelle leitete, wo, ist nicht

bekannt, allerdings soll Kaiser Franz Josef diese Schule besucht, dabei den Jungen gelobt haben. Nochmals fünf Jahre später wurde er angeblich zum Leutnant befördert und fungierte als eine Art Generalmusikdirektor. Auch wenn das Blatt hier möglicherweise übertreibt, war Nikolaus Schilzony sicher außerordentlich begabt. Ob Nikolaus Schilzony mit der Knabenkapelle Michael Nußbaums 1889 in Amerika war, ist nicht sicher belegt, es gibt allerdings ein Foto der Kapelle, auf dem er zu sehen sein soll. Michael Nußbaum war dann 1893-1896 ein zweites Mal mit einer Kapelle auf Tournee in den USA, an der auch Nikolaus Schilzony teilnahm. Die schon erwähnte San Francisco Call berichtet am 22. August 1897 von einem bemerkenswerten Auftritt der Kaiser-Franz-JosefMagyar-Husaren-Knaben-Kapelle, die unter der Leitung von Direktor Niklas Schilzonyi zwei Jahre unterwegs sei, im Orpheum Theater aufgespielt habe. Als Lehrer der Kapelle wird Michael Nußbaum genannt. Über den Auftritt der Kapelle berichtet auch die New York Times am 18. September 1898, wobei der Trommelvirtuose Michael Braun, als Jüngster der Kapelle, sehr gelobt wird. Überschwänglich wird vom Auftritt der Kapelle im Stadtpark der Musikstadt Wien vor angeblich 30.000 Zuschauern berichtet. Das Abschiedskonzert soll ein Gala-Fest gewesen sein, mit noch mehr Besuchern. Auch in Bremen gab es ein Festkonzert unter der Schirmherrschaft des Regierenden Bürgermeisters. Die Knaben sollen als Passagiere der ersten Klasse gereist sein. Das Blatt berichtet weiter über ihre üppige Verköstigung und vornehme Unterbringung in San Francisco. Auch ihr streng geregelter Tagesablauf, zwischen Schul- und Mu-


Rückblick

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Plakat mit Schilzonys Knabenkapelle in ungarischen Husarenuniformen auf Amerika-Tournee sikunterricht, Übung und Konzert, wird uns vermittelt. Zum Vortrag bringen sie neben der normalen militärischen Blasmusik beliebte Unterhaltungsmelodien, auch Teile italienischer Opern, ebenso ungarische Volksmusik. Wir erfahren aber auch, dass die Buben in ihrer Freizeit viele Briefe schrieben, denn, trotz aller gebotenen Genüsse, war auch das Heimweh immer dabei. Vor der nächsten Amerikareise heiratete Nikolas Schilzony Antonia-Anna Bader aus Anina, die dann die Kapelle auf ihrer nächsten großen Tournee begleitete. Aufbruch war am 19. Mai 1899 und Rückkehr nach Billed am 9. März 1901, wo die - laut Schiffsliste aus 24 jungen Billedern bestehende Kapelle - mit klingendem Spiel vom Bahnhof zum großen Wirtshaus zog. Auch diesmal reiste die Kapelle kreuz und quer durch Amerika und konzertierte sehr erfolgreich auf großen Bühnen in den Opernhäusern, verzauberte laut Zeitungsberichten die Zuschauer in den großen Städten. Auch über diese Reise gibt es Unklarheiten. Am 26. Juni 1901 wird in der Bronx New York ein Haus auf den Namen von Antonia Anna Schilzonyi eingetra-

gen. Am 16.01.1901 wird ihr Sohn Johann in Bronx New York geboren und am 10. März 1902 ebendort ihre Tochter Elisabeth. Von Johann ist bekannt, dass er mit seiner Mutter 1903 nach Billed kam. Nikolaus Schilzony scheint die Jahre 1901 bis 1904 im Banat verbracht zu haben, 1904 trieb es ihn jedoch wieder in die USA. Diesmal brach er mit einer aus 40 Freidorfer Jungen bestehenden Kapelle auf. Über Bremen, London und Liverpool erreichten sie mit dem Schiff Umbria am 30. April 1904 New York. Laut Passagierliste war diesmal auch Michael Nußbaum dabei. Wieder führt ihre Tournee durch die großen Städte Amerikas. Wie lange sie diesmal in Amerika blieben, ist nicht bekannt, allerdings spielte eine österreichische Military- Band unter Niklas Schilzonyi im Mai 1907 in Portland OR. Nach Unterlagen von Robert Rohr spielte diese oder eine andere Kapelle unter seiner Leitung 1909 in Chicago. 1910 bis 1911 war auch Michael Nußbaum ein letztes Mal in den Staaten, ob er mit Schilzony musiziert hat, ist nicht bekannt. Nußbaum ist nach seiner Rückkehr im August 1911 gestorben. Schilzony, der wahrscheinlich ohne Kapel-


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Rückblick

Schilzony mit einer Billeder Knabenkapelle aus der Zeit 1894-1896. Die Aufnahme stammt aus dem Nachlass von Mathias Hirsch (oben links). Dessen Tagebuch war eine der Quellen zu dem Buch von Robert Rohr „Unser klingendes Erbe“. le geblieben war, ist 1912 mit dem Titel Professor in Varietés aufgetreten. Ein Jahr später, im Dezember 1913, emigriert er aus Budapest in die USA. Interessanterweise gebärt seine Frau Antonia laut Billeder Familienbuch am 12.01.1915 einen Sohn, als dessen Vater Nikolaus Schilzony eingetragen ist. Ob er 1914 in Billed war? Indes ändert Nikolaus Schilzony seinen Lebensweg. Am 11. Januar 1916 heiratet er die zwischen 1883 und 1889 in Lettland geborene Seilartistin Gertrud Tatiana Koehler, er erklärt dabei, er sei ledig und wohne seit 1910 in den USA. Schilzony bemüht sich, die amerikanische Staatsbürgerschaft zu erhalten, dies gelingt erst nach vier Jahren, dabei lässt er auch seinen Namen auf Niklas Shilzony ändern. 1917 wird beider Sohn Frederic geboren. Wohl aus dieser Zeit stammt ein Foto, das

ihn in Husarenuniform mit Degen darstellt, ein Foto, auf dessen Rückseite Baron Shilzony steht. Seine zweite Frau Gertrud Shilzony ist 1974 in Mill Valley gestorben. Antonia Bader heiratet 1916 „nur civil“ in Billed Johann Schmidt, sie betrieb das Bahnhofsgasthaus und starb 1933 in Billed. Nikolaus Schilzony ist 1927 einfach aus seiner Familie verschwunden. Er soll nachher noch bei einer Zirkusband gespielt haben und wurde zuletzt mit einer Band bei der Weltausstellung 1939 in New York gesehen, danach verschwand seine Spur vollends. Er war ein geheimnisvoller Mann, schreibt seine Urenkelin. Dazu war er ein begnadeter Musiker, ein herausragender Kapellmeister, Musiklehrer und Regisseur, sogar Erfinder war er: 1918 hat er eine Rohrpfeife patentieren lassen. Er war eben auch ein Lebemensch, ein Musikant.


Rückblick

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Mathias Hirsch, geb. 1883, mit seinen Eltern Mathias und Margarethe Hirsch und seiner Schwes­ter Susanne. Mathias Hirsch war mit Kapellmeister Schilzonys Kapellen 1893 und 1899-1901 als Musiker auf Amerika-Tournee. Er wurde Berufsmusiker und blieb für immer in den USA.


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Der lange Weg

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as nahmen wir mit nach Ungarn, an die Wolga und unter die Karpaten? Was in zehn Jahrhunderten trugen wir über die Memel, die Donau hinunter und in die ukrainische Steppe? Ein Heimweh vielleicht, das den Trotz klein machte, und vielleicht eine Hoffnung, die sich die Füße wundlief. Unser Ziel war nicht eine fremde Herberge; wir blieben auf der Suche nach einer Pfälzer Kulisse für unseren Feierabend, hockten auf unserer Mundart wie alberne Hennen und bastelten an einem Traum.

Dichtung - Dialekt

Und gingen im Kreis und kamen wieder die Donau herauf und quer über die ukrainische Steppe westwärts. Einen vergreisten Traum von der Pfalz im Gepäck, heimgebracht in ein anderes Land. Wir lasten ihn ab und merken erst jetzt den Staub in den Traumfalten. Sind ohne Rüstzeug und der Ankunft noch ungewiss. Suchen uns im Pfälzer Spiegel und blicken hindurch, tasten den Rahmen ab nach neuen Wirklichkeiten. Unser alter Trotz tritt schüchtern auf der Stelle und stampft das Heimweh ein.

Versuchung im Treibhaus

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as aber bringen wir ein in die deutsche Niederlage? Was fügen wir der abendländischen Ruine hinzu? Schmerz lässt sich nicht verweigern, und die Aufrechnung zeigt inflationäre Tendenz. Wer weiß heute noch, wo Troppau liegt? Und als siebenbürgisches Merkmal geistert Graf Dracula über den Bildschirm der deutschen Seele. Welchen Sinn hätte ein Häufchen Heimaterde im überdüngten Blumentopf des westlichen Wohlstands? Die Weinrebe von der siebenbürgischen Kokel, über drei Grenzen geschmuggelt, treibt im ver-

Franz Heinz

späteten Frühling der Ahr nur schüchterne Zweige. Unnütz die Hoffnung, in westliche Gärten heimkehren zu können. Wir verbrauchen uns im Anpassen an Tulpenfelder und künstliche Teiche mit Schwänen. Lähmung sickert aus dem Rasen in unser Schuhwerk, dem Wind weichen wir aus in die vermeintliche Geborgenheit der Gewächshäuser. Vielleicht ist es das, was zu bestehen wäre zwischen Heimkehr und Anpassung ehemals östlicher Bauern: die Trägheit am Rande des Wohlstands und die heimliche Versuchung der Treibhäuser.

Das besondere Weihnachtsgeschenk

D

Franz Heinz

er Sohn war klein, kaum ein paar Jahre alt, am Weihnachtabend war es draußen kalt, im Zimmer warm und Tannenbaumgeruch; die Eltern schenkten ihm ein Märchenbuch,

Otto Aczel


Dichtung - Dialekt

117 das unterm Christbaum, neben Spielzeug lag und ihm beschleunigt hat des Herzens Schlag, weil dieses Buch er lang sich schon ersehnte und, blätternd drin, erwachsen er sich wähnte. Die Jahre flogen schnell und immer schneller, das Haar der Eltern wurde hell und heller. Der Sohn zog aus, er hatte selbst schon Kinder, die Eltern wurden alt und schwach geschwinder. An einer Weihnacht – Zeit war viel verflossen und Tränen in der Einsamkeit vergossen beschloss der Sohn, der Eltern zu gedenken und ihnen was Besonderes zu schenken. Es war kein Christbaum und es war kein Buch, es war viel schöner: Er kam zu Besuch.

Tiefflieger

Günter Kerner

schönes wetter ist flugwetter steil aufwärts in großer höhe bahnen ziehen wenden dann abkippen zum sturzflug schönes wetter ist wanderwetter mit dem großvater die straße an den bahngleisen entlang dort steht ein zug

schönes wetter ist flugwetter wenden dann abkippen zum sturzflug schönes wetter ist wanderwetter die sonne scheint

schönes wetter ist flugwetter in großer höhe bahnen ziehen wenden dann abkippen zum sturzflug schönes wetter ist wanderwetter entlang der eisenbahnwaggons soldaten die zur front müssen

schönes wetter ist flugwetter geschossgarben reißen die straße auf

schönes wetter ist flugwetter die sicht ist klar schönes wetter ist wanderwetter wir laufen


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Temeschburg 2000

Dichtung - Dialekt Karl Balogh

Ich bin wieder zurück, stehe im Zentrum, am Springbrunnen, werfe einige Pfennige hinein und wünsche der Stadt alles Gute. Mein Junge spielt mit dem Spritzwasser, macht sich dabei nass. Ich betrachte die römische Löwin und die Kathedrale. Gegenüber der Oper, bei Mc Donalds, essen wir eine Kleinigkeit: Pommes mit Ketchup. Vor uns die Oper, das Mercur-Kaufhaus: Man sieht noch immer die Einschüsse! Wir verweilen noch ein wenig. Vor der Oper, auf dem Opernplatz, spielt mein Junge mit den Tauben von Temeschburg.

Der Tag von gestern Der Tag von gestern, alle Tage und alle Jahre von früher sind vorbei, begraben in der Zeit. An ihnen kannst du nichts mehr ändern. Hat es Scherben gegeben? Schlepp sie nicht mit dir herum! Denn sie verletzen dich Tag für Tag, und zum Schluss kannst du nicht mehr leben. Es gibt Scherben, die wirst du los, wenn du sie Gott in die Hände legst. Es gibt Scherben, die kannst du heilen, wenn du ehrlich vergibst. Und es gibt Scherben, die du mit aller Liebe nicht heilen kannst. Die musst du liegen lassen.

Phil Bosmans


Dichtung - Dialekt

Jubelfeier

119 Franz Grillparzer

Der Mann bracht‘ es auf 70 gar; das heißt: Von seinem siebenten Jahr hat all sein Wirken von Kind bis jetzt nur eine Null ihm zugesetzt!

Värzicher

Z

waa Värzicher, de Adm on de Pheder, treffe sich, wie se graad värzich genn waare, en Billed. De Pheder – skeptisch on katholisch -, de Adm Realist on Atheist. Sie rede iwer Kenner, Zukunft on Deitschland, hat dir jo aa, selmols. De Pheder saat: „Et kann driwe net alles nor scheen on gut senn, gekocht geft dort aa nor met Wasser.“ Drof de Adm: „Aso, scheen on gut, ich kenn käne, wo zuruck komm es on sich beklaat hätt. No muss et doch driwe schon mol besser sen wie do!“ Mr gsieht jo, er hat Recht bhal, weil heitzutaach lewe alle zwaa en Deitschland, sen

Peter Neumann

gut iwer siebzich on sich noch net änich, ob et beim doppelte Värzichschte doppelt pollre werd. De Adm – zufride on noch emmer Realist wie Atheist -, de Pheder – skeptisch, awer noch katholisch. Jetz rede se iwer Enkls­kenner, was noch alles of die Rentner zukommt on et Enn. Mennt de Adm: „Alles scheen on gut, awer Lewe noh em Tod, an sowas kann ich net glaawe.“ Do saat de Pheder: „Zufride senn, scheen on gut es et do, awer driwe muss et doch besser sen, weil ich iwerhaupt käne kenn, wo zuruck komm es on sich beklaat hätt!“

Die Weiwer denke komplizeerter (ent Billedrische iwertraa)

E

Mann on e Fraa welle em Zelt iwernach­ te, baue ehr Zelt off on schloofe enn. Phaar Schtonne schpädr weckt de Mann sei Fraa on ment: Schau mol graad nuff en de Himml on saa mr, wascht gsischt! Die Fraa saat: Ich gsien Millione Schtääre. De Mann froot: On was denkscht du jetz? Die Fraa iwerleet e Minut: Astronomisch saat et mr, dass do Millione von Galaxien on Billione von megliche Planete senn. Astrologisch

saat et mr, dass de Saturn em Lewe schteht. Zeitmäßich gsiehn, saat et mr, dass et so vertl vier es. Theologisch saat et mr, dass onser Herrgott allmächtich es on mer klään on onwichtich senn. Meteorologisch scheint et so, dass mr morje e aarich scheene Taach hann werre. On was saat et deer? De Mann es e Moment ganz ruhich on saat dann: Praktisch gsiehn, saat et mr: Jemand hat onser Zelt gschtohl!


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Billeder ABC

Dichtung - Dialekt

Elisabeth Martini (Frick) Leseanleitung: aa – dunkles A; ä – offenes Billeder E; ph, th, kh - behauchte Laute Aabrhoor (Braue), apgschtan (schal), alleger (fit, gut gelaunt), alleritt (immer wieder), apsenaat (abweisend), Aawenner (Ackerwende), aanfremme losse (nach Maß bestellen), aarich (arg), Ärwusse (Erbsen), Ärtl (Ahle), Atzl (Elster), Assenteerung (Rekrutierung) Baatschi (Vetter), Bettzich (Federdecke), Biko (Stier), Blutzuckler (Blutegel), Cilli (Cecilie), Chreschtian (Christian), Chrischpindl (Schwächling), Churaasch (Courage) Demjon (eingeflochtene größere Flasche), dorschtrich (durstig), Dromm (großes Stück) Eecht (Egge), eschtemeere (ehren), ehe (ja), endle (einfassen), Esch (Asche) faawle (fabulieren), Fascheertet (Frikadellen), fechse (ernten), Futtilcher ((Klette) fratschle (Lebensmittel auf dem Markt verkaufen), fuchse (ärgern), fugeie (herumlaufen) Ganauser (Ganter), Gärwe (Hefe), Geewl (Giebel), Grienzeich (Petersilie), gmänerhand (gewöhnlich), Gallrei (vom Schwein für Sülze), Gatche (Unterhose), gummre (gieren) haptak stehn (gerade stehen), hääsche (heißen), Hämmermeische (Grille), Herrgottspi­ pel­che (Marienkäfer), Hees (Endstück des Schinkenknochens), hudle (verschlampen), hunze (schinden, missbrauchen) Ims (Imbiss), iwerhaaps (schätzungsweise), Iwerlejer (Tragbalken), Intree (Eintritt) jaan (jagen, treiben), jachte (toben, tollen), jakre (schnell fahren), jaunre (jaulen), Jeener (Januar), jeinre (greinen), joomre (jammern), jowwe (heroben), juchse (jauchzen) kaach (jäh), kaapse (gähnen), Kappr (Dill), kärkse (knarren), katschle (wackeln), Kelz (Schnake), Keiz (Seitentrieb), kruwlich (kraus), kurich (gierig), Krutze (Kerngehäuse) laane (tauen), Laat (Sarg), Laap (Laub), lappich (schlaff), lehne (leihen), Leicht (Beerdigung), lohlich (lau), leie (liegen), lummrich (schwabelig), lunze (faulenzen) maaje (besuchen), Maasoome (Mohn), Maltr (Mörtel), Märzkrichelche (Hyazinthe), Molter (Trog), Mosi (Kino), mocklich (mol-

lig), Muschkatle (Geranien), Muhaai (Kolbenhirse) Nascht (Ast), Naupe (Laune), Neni (Wes, Base), netze (gießen), nackaarschich (nackt), Nischtquaak (Kleinkind), niwr (hinüber), Nohlaafches (Fangen), nunner (hinunter) Ochtm (Atem), offtraan (servieren), Omort (Gurke), Ometz (Ameise), (sich) onnerschtehn (trauen, wagen), Orwesse (Essensreste), oschärich (klein), Owoda (Kindergarten) Paamphicker (Specht), pamble (baumeln),Parputche (Sippschaft), Patsche (Hausschuhe), peede (toasten), Phanz (Bauch), pitangeere (herumstrolchen), phismich (fuselig), Povl (Zeug) Quannewech (Feldweg), Quellkrompeere (Pellkartoffeln), quitsche (einzwängen), Quetsche (Zwetschke) Raatz (Serbe), Rampasch (Sauser), Reibholz (Streichholz), resch (kross), retreere (weglaufen), raulich (unterernährt), riwle (entkörnen), rudle (rütteln), rolze (herumwälzen) Schalemaadi (Silomais), schenne (schimpfen), schepp (schief), stipperlich (plötzlich), Schliwert (Span im Finger), schnausich (wählerisch), Storze (Wurzelstock) Tachtrapp (Traufe), täärisch (schwerhörig), Tack (Rohrmatte), Tazn (Untertasse), Thappe (Fußspuren), tempich (asthmatisch), Thorsch (Strunk), triwleere (antreiben) Ulaker (Klappmesser), unänich (verstritten), kä Unteetche (nichts), uratzich (zuwider) vrhoppasse (verfehlen), vrmupple (karikieren), vrstawert (verwirrt), vrplutzt (beschädigt) waljre (walken), Wärr (Maulwurfsgrille), wischt (hässlich), workse (würgen), wichse Xääres (Geschrei, Aufsehen), x-bänich (xbeinig), xund (gesund) Zaldaat (Soldat), Zannt (Zahn), Zaup (Hündin), zecke (Hunde necken), Zecker (Tragetasche), Zewe (Zehen), zeidich (reif), zugutzt (richtig gut), zuzle (nuckeln), zwärch (quer), Zwack (Astgabelung), Zweer (Zwirn), Zwettr (Strickjacke), Zellr (Sellerie)


Dichtung - Dialekt

W

Alleritt Flammkuche

ir mussten uns „dummle“ (beeilen) damit wir die Abfahrt des Busses ins Elsaß nicht verpassten. Aber „ehnder“ (bevor) wir nicht da waren, würde die Reise sicher nicht beginnen. Als ich dann im Bus neben dem „Tochtermann“ (Schwiegersohn) meiner Mutter saß, habe ich noch schnell die „Krälle“ (Perlen) an meinem Hals überprüft und schon konnte die Reise beginnen. „Sellmols“ (Damals) als wir diese Rundreise buchten, waren wir schon gespannt, was uns erwarten würde. Neben der wunderbaren Landschaft und den Sehenswürdigkeiten sahen wir auf manchem „Nascht“ (Ast) eine „Atzel“ (Elster) oder auch einen „Baampicker“ (Specht). Das Gebiet, das wir bereisten war sehr schön und auf keinen Fall „wischt“ (hässlich). Diese Reise in den Südwesten Deutschlands, ins Elsaß und die Schweiz brachte mich, wie man so schön neudeutsch sagt, zurück zu den Wurzeln. Denn all diese oben erwähnten Wörter kommen aus dem Alemannischen, eine Sprachform, die in diesen von uns bereisten Gegenden gesprochen wird. Zwar ist Billedrisch eine rheinfränkisch-moselfränkische Mundart, aber natürlich gibt es auch Einflüsse von anderen Dialekten, unter anderem eben auch aus dem Alemannischen. Denn die Auswanderer, die sich ins Banat aufmachten, kamen aus ganz Deutschland. Jeder sprach einen anderen Dialekt. Es musste also eine Sprache gefunden werden, die jeder verstehen und auch sprechen konnte. In sehr vielen Dörfern hat sich das Rheinfränkische, also das Pfälzische durchgesetzt, obwohl nicht in jedem Dorf die Leute aus den pfälzisch sprechenden Teilen Deutschlands die Mehrheit bildeten. Im Lothringischen sagt man zu Haus Huus, was nicht von allen Siedlern gleich gut verstanden wurde. Das pfälzische mied für

121 Erika Weith, geb. Leidecker

müde war besser zu verstehen als das hessische moid. Deshalb haben sich in diesen Fällen die verständlicheren Formen durchgesetzt. Doch andere Wörter aus den verschiedenen anderen Dialekten sind geblieben, wie z.B. die alemannischen Wörter Logel für kleines Fässchen, ball für bald, juchze für jauchzen und worgse für würgen. Im Gebiet von Arad haben sich vermehrt Siedler aus Bayern und Franken niedergelassen, deshalb wurde dort auch eine sehr vom Bayerischen geprägte Mundart gesprochen. Ich erinnere mich noch gut an unsere Besuche bei der Verwandtschaft in Glogowatz, wenn meine Tante nach der „Muada“ gerufen hat. Als Kind habe ich mich immer gefragt, wie es sein kann, dass man in Glogowatz so komisch gesprochen hat. Für mich war das Billedrische die wahre und einzige Mundart. Andere habe ich nicht gekannt. Und jetzt, wo ich mich mit den Banater Dialekten beschäftige, muss ich mein Urteil von damals dennoch nicht revidieren. In Billed hat das Pfälzische die Oberhand behalten, aber dennoch hat es auch starke Einflüsse des Moselfränkischen über­ nommen. So hat sich in Billed z.B. das moselfränkische „et“ für es und das erhalten, aber die Formen dat und wat für das und was sind verschwunden. Die Siedler aus der moselfränkischen Region, das ist das Gebiet nördlich des Hunsrücks, vor allem die Trierer Gegend, sprachen keine einheitliche Mundart, deshalb sind viele Merkmale zugunsten der rheinfränkischen, einheitlicheren und verständ­licheren Mundart verschwunden. Im Moselfränkischen sagte man z.B. he oder hen statt er. Das hat sich so nicht im Billedrischen erhalten. Dennoch gibt es Reste davon in der Form ne oder nur noch als n.


122 Drei Beispiele:„Es ne do?“, also „Ist er da?“ „Seim Weib hat ne gsaat, for was ne gischter net komm es.“ = Seiner Frau hat er gesagt, warum er gestern nicht gekommen ist. „Wann hatn die nei Gschicht verzählt?“ = Wann hat er die neue Geschichte erzählt? Auch die Bildung des Passivs mit Hilfe von gen = geben ist moselfränkisch. „Et es gfroot gen.“ = Es wurde gefragt. „De Sack es getraa gen.“ = Der Sack wurde getragen. Es gibt auch Wörter, die nur in Billed verwendet wurden und anderswo verschwunden sind, z.B. fludre für aufwirbeln und schlurpe für schlürfen, das aus dem Niederländischen slurpen kommt. Auch das moselfränkische Wort „steipe“ für abstützen hat sich gegenüber dem pfälzischen Wort „abstrewe“ behauptet. Insgesamt kann man sagen, dass das Billedrische zu den fescht-Mundarten gehört. In Deutschland bildet der Hunsrück die Grenze zwischen dem Moselfränkischen und dem Rheinfränkischen. Unterhalb des Hunsrücks wird das st als scht und oberhalb als st gesprochen. Dieses scht wird auch im Lothringischen und im Alemannischen gesprochen, sodass es sich in den meisten Dörfern des Banats durchgesetzt hat. Ebenso gibt es eine Apfellinie. Sie trennt mit einer Linie, die ungefähr bei Worms verläuft, die Mundarten in Apfel- und Appelsprecher ein. So gibt es auch im Billedrischen kein pf sondern nur ein p. Man sagt also: peife, plicke, Pehr, Peiler, Poschte und Peffer. Doch zum Koffer sagt man Kupfer. Das wurde allerdings aus dem Österreichischen übernommen. Wir haben also gesehen, dass die Siedler aus der Pfalz, dem Elsaß, aus Lothringen, aus Hessen und auch aus Bayern gekommen sind. Aber auch aus Franken kamen Kolonisten ins Banat. Es gibt einige Dörfer im Arader Kreis, in denen eindeutig fränkische Wörter verwendet werden. Dort gibt es z.B.

Dichtung - Dialekt Glegla für Glöckchen, haam für heim, maane für meinen, kumma für kommen. Diese Wörter klingen in meinen Ohren sehr vertraut. Denn auch bei uns in Fürth wird so geredet. Das bringt mich zu der Frage, was ich eigentlich bin. Bin ich eine Fränkin, bin ich eine Pfälzerin oder bin ich Schwowin oder gar eine Schwäbin? Letzteres kann ich eindeutig verneinen. Zwar heißen wir Banater Schwaben, aber Schwaben sind wir keineswegs. Es sind wohl auch Schwaben ins Banat ausgewandert, aber von deren Sprache hat sich so gut wie nichts erhalten. Es gibt kein einziges Dorf, in dem eine schwäbische Mundart gesprochen wird. Der Begriff „Schwabe“ wurde im 18. Jahrhundert bereits als Sammelbegriff für „Deutsche“ verwendet. Auch dass die Siedler in Ulm mit den Ulmer Schachteln in ihre neue Heimat aufgebrochen sind, hat vielleicht zur Verfestigung des Begriffes Schwaben beigetragen. Ja, was bin ich nun? Genauso wie die Siedler, also auch meine Familie, aus verschiedenen Gebieten des damaligen Deutschlands ins Banat kamen und ganz verschiedene Dialekte gesprochen haben, so bin auch ich ein Gemisch. Seit 50 Jahren lebe ich in Franken, bin hier aufgewachsen und spreche fränkisch. Dennoch bin ich auch eine Schwowin. Ich liebe die schwowische Sprache und da natürlich das Billedrische, weil „mr nor do et Maul so richtig voll holle kann“, wie mein Cousin Seppi es so treffend formuliert hat. Ach ja, auf unserer Reise ins Elsaß haben wir natürlich auch die kulinarischen Spezialitäten probiert. Und besonders hatte es uns der Flammkuche angetan. Den hätten wir alleritt, also immer wieder, essen können. Das hat mich wieder sehr an unsere Urlaube in Billed erinnert. Wenn die Oma Brot gebacken hat, gab es auch immer Flammkuche. Aus dem Brotteig wurden Fladen geformt und diese dann nach dem Brot im Ofen gebacken. Dann noch


Dichtung - Dialekt Fett und Salz drauf und fertig war der Genuss. In der Originalversion im Elsaß kommen auf den Flammkuche Zwiebeln, Speck und Sauerrahm. Auch das ist eine wirklich sehr gut schmeckende Art, den Flammkuche zuzubereiten. Eigentlich wundert es mich, dass sich diese Variante des Flammkuche in

1941 Drei Freundinnen Jahrgang 1926. v.l. Katharina Schackmann geb. Kasper, Maria Breitenbach, Maria Filippi geb. Breitenbach. Eins. Katharina Schackmann Die stolzen Mädels ahnen noch nicht was in einigen Jahren auf sie zukommen wird.

123 Billed nicht erhalten hat. Ob es solchen elsässischen Flammkuche in anderen Dörfern gegeben hat, habe ich noch nicht in Erfahrung gebracht. Wenn jemand dazu Informationen geben könnte, würde sich sehr darüber freuen Eure Wortschatzsucherin


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Begegnungen

Wir waren auch dabei – Brasilien Januar 2012

Marliese Knöbel (Wagner)

V

or 10 Jahren wurde erstmals von Herrn Juhn – einem ehemaligen Auswanderer aus dem serbischen Banat – eine Reise dahin organisiert. Er selbst lebt seit 1959? mit seiner Familie in Rastatt. Der hauptsächliche Anlass der Brasilienreise: 50 Jahre seit der Ansiedlung der nach dem zweiten Weltkrieg vertriebenen Donauschwaben in dem Gebiet um Entre Rios. Heuer war es somit die sechzigjährige Feier, welche meine Tochter und ich zum Anlass nahmen, uns dieser Reise anzuschließen… Um einiges nicht zu wiederholen, empfehle ich die Ausgabe von 2002 (Heimatblatt) zur Hand zu nehmen, bzw. den Reisebericht von Sepp Herbst, damit einer den anderen ergänzt. Ergänzt – ist vielleicht nicht ganz richtig. Sepp gab eine perfekte Beschreibung, während ich mehr meine spontanen Gefühle dazu äußere… Wir selbst hatten von Brasilien Bilder aus dem TV im Hinterkopf gespeichert, in welchen wir mit sehr viel Elend und Verkommenheit konfrontiert wurden. Die größten Wasserfälle als einmaliges Naturerlebnis ausgenommen. Umso überraschter und beeindruckt waren wir von den Gesamtbildern der besichtigten Region. Rio de Janeiro z.B. macht zum Großteil einen guten, sauberen Eindruck. Das Armenviertel sahen wir natürlich auch – aus dem Bus heraus – auf einer Anhöhe liegend. Meine unerbittliche Meinung dazu klingt vielleicht harsch, aber ich habe zu solchen Aspekten immer einen Satz parat: „Es liegt doch häufig an den jeweiligen Menschen selbst, ob sie den Ort ihrer Wohnungen rein und pfleglich halten oder alles hängen und liegen lassen.“ Vergleich: Unsere Baragan-Deportation auf freiem Feld. Unsere kleinen, selbst erbauten Häus-

chen machten keineswegs einen verlotterten Eindruck! Wir waren zwar arm, das Eine hat aber mit dem Anderen nichts zu tun! Nostalgische Erinnerungen erwachten in uns beim Betreten des breiten, feinen Sandstrandes an der Copacabana am Rande Rios - der Küste des Atlantik. Selbst die schönen Wellen waren vorhanden, und das Wasser war um 9 Uhr auch noch frisch. Eben wie in Mamaia vor vielen Jahren… Dass ich dann des Nachts eine Nierenkolik bekam, erwähne ich nur deshalb, weil es uns die Möglichkeit gab, ein Krankenhaus von innen zu sehen! Es war rein und das Personal freundlich, trotz der schwierigen Verständigung; der Urologe sehr kompetent. Auch das gehörte zu unseren Eindrücken. Wir verpassten dadurch die Besichtigung der riesigen Christus-Statue, aber nachmittags konnten wir mit der Gondel - hoch zum Zuckerhut - mit dabei sein. Zuckerhut ist nicht der aus Zuckerrohr – sondern ein Berg in dieser Form ! Was in den von uns bereisten Städten zum Ausdruck kam: Man denkt umweltfreundlich – mit so viel Grün wie möglich, sei es der Vogelpark oder der Urwald, welcher einst abgeholzt wurde. Da selbst leben etliche Wildtiere – wie Nasenbären, Affen, Echsen, Schlangen etc. sowie verschiedene Vogelarten. Die Müllsortierung ist uns auch aufgefallen, z.B. in den Wartehallen standen dazu immer gleich vier Behälter. Das größte Wasserkraftwerk der Welt unterstützt mit seinen Einnahmen verschiedene soziale und Naturprojekte. Man ist also auch hier hinsichtlich der Ausbeutung der Natur nachdenklicher geworden, versucht Leben zu schützen, zu erhalten - was nicht immer einfach ist. Wir sahen oftmals Termiten-Hügel an Stellen, welche den Leuten selbst wohl nicht im-


Begegnungen

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Banater in Rio: „Es waren 38 Personen in unserer Gruppe. Alles in allem: nette Menschen, davon sieben Billeder, fünf Einheimische aus dem Badener Raum, der Rest Banater“ mer behagten, aber geduldet werden mussten! Unsere „wilde Wasserfahrt“ in und unter den Wasserfällen war ein Riesen-Spaß! Wir (9 Leute aus unserer Gruppe) wurden dabei laut Pedro, dem zweiten Reiseführer, bitsche-batsche-nass! Das ergreifendste Erlebnis war natürlich der Besuch bei unseren Landsleuten in Entre Rios (zwischen den Flüssen) bei den Donauschwaben! Ich weiß gar nicht, wo beginnen? Das perfekte Fest in einem Luxuszelt mit RuheOase, mit einem fast sterilen Waschraum vor den etwa 20 Dixi-Klos. Mit dem echten Essen, wie eben bei uns, dem gefüllten Kraut, dem traumhaft guten Weißbrot, dem panierten Schnitzel mit Püree... – Mit der typischen „Mehlspeis“ (Süßspeisen): Dobos, Cremepitta, Wasserstrudel usw. Sehr gepflegt die Grünanlagen, das Kulturzentrum mit Bibliothek, Museum, Theater und Konzertsaal. Trachtenpaare mit schönen Trachten und sehr schönen Tänzen zur Musik im riesigen Zelt. Die jungen Leute sind nicht mehr alle echte „Schwaben“ – es sind

auch Brasilianer dabei. Aber alle waren von schöner Gestalt und schönem Aussehen. Vermutlich werden in etwa 20 – 30 Jahren Donauschwaben als solche nicht mehr anzutreffen sein. Als Abkommen wohl noch mit teils typischen Eigenschaften, aber ob die dann noch schwäbische Mundart sprechen? Die jungen Leute sprechen schon heutzutage lieber portugiesisch. Wenn sie weiterhin gemeinsam Volksfeste feiern und gemeinsam dem Alltag mit Wille und Fleiß gegenübertreten – dann wird das trotzdem weiterhin ein Aushängeschild in dieser Region bleiben. Die Natur hat hier schon jetzt manch dünklerem Elternpaar Babys mit leuchtendem Rothaar beschert. Das sieht faszinierend aus und die jungen Eltern sind wahrscheinlich sogar stolz darauf. Es muss ja nicht immer wie bei einer Kreuzung von Bienen passieren. Man nahm fleißige, aber aggressive Bienen und paarte sie mit faulen, aber friedfertigen. Was geschah? Die neue Züchtung war aggressiv und faul. Im Festzelt saßen Elke und ich einem älteren Ehepaar gegenüber. Der Herr sagte,


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Begegnungen

Die jungen Leute sind nicht mehr alle echte „Schwaben“ – es sind auch Brasilianer dabei. Aber alle waren von schöner Gestalt und schönem Aussehen. dass seine Enkel bei einem Besuch zuerst auf Portugiesisch beginnen. Dann sagt er: “Ich verstehe euch nicht so gut!“ So klappt es dann doch noch in Deutsch. Sein Schwiegerenkel, mit einem Baby auf dem Arm, kam an den Tisch. Er ist Brasilianer. Wir erfuhren auch, dass die Familien im Allgemeinen sehr zusammenhalten. Er und seine 3 Söhne bearbeiten das riesige Areal z.B. gemeinsam, jeder hat einen Bereich, aber die Einnahmen werden geteilt. Das hörten wir auch von anderen Familien. Ich finde das klasse. So muss man nicht zum Einkindersystem ausweichen, es ist genug für alle da. So weit, so viel wir dort herumfuhren, Äcker und nochmals Äcker. Der Spruch auf einer Gedenktafel ist auch gerechtfertigt: „Nicht mit dem Schwert, mit der Pflugschar erobert, Kinder des Friedens - Helden der Arbeit.“ Das taten andere Europäer Jahrhunderte davor… Ach ja, vor lauter Ackern und Rackern haben die Schwaben dort keine Zeit, Politik zu machen. Kein Bürgermeister, kein Parlamentarier, der sie und ihre Interessen vertritt. Ihre Steuerabgaben sind zwar die höchsten, aber über deren Zuteilung haben sie demgemäß keinen Einfluss. Diese fließen in andere Kanäle und das ist schade und zugleich ärgerlich.

Auch das brachten wir zur Sprache bei dem Paar am Tisch. Er meinte, vielleicht tun sie ja was bis zum Herbst, wenn wieder Wahlen sind… Die fünf Siedlungen sind richtige Musterbzw. Vorzeigehäuser. Alle schön in Farbe und Zustand. Der Rasen überall ganz glatt geschoren, vorgesehene Eingrenzungen für edle Blumen. Aber im Rasen selbst keine andere Farbe darin enthalten. Kein noch so winziges „wildes Blümchen“ darf sich darin einquartieren. Alles in allem sehr perfekt. So perfekt, dass es fast schmerzt – zumindest uns zwei Naturfanatiker. Denn auf unserem Grundstück (ist zwar riesig) hat die Natur selbst mehr Zutritt. Bei uns darf die Brennnessel, die Taubnessel und viele Wildblumen im Gras nach Lust und Laune durchwachsen – es freuen sich Hummeln, Schmetterlinge und weitere Insektenarten. Wir haben keine Termiten, aber Ameisenhügel. Es wird etappenweise Rasen gemäht, damit immer wieder ein Teil davon mit Blüten versehen ist. Als ich das in unserer Reisegruppe zur Sprache brachte, meinte jemand: „Sie sind wohl Grüne?“ „Wenn Grüne diese Anschauung bedeutet, dann sind wir es eben.“ Die Hauptsache, man will recht den-


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Der Friedhof, auf welchem Schmieds Vetter Klos und seine Frau Grete (geb. Seibert) ihre letzte Ruhe fanden. Durch Schenkung seinerseits gehört sein Elternhaus dem Deutschen Forum in Billed. ken und Rechtes tun, das sind wir zumindest bestrebt… Es waren 38 Personen in unserer Gruppe. Alles in allem: nette Menschen, davon sieben Billeder, fünf Einheimische aus dem Badener Raum, der Rest Banater. Während der längeren Busfahrten wurden auch Geschichten und Lustiges aus dem Leben erzählt. Herr Juhn erlebte die Ansiedlung drüben als junger Bursche; das war ganz schön, aus direkter Quelle etwas von damals zu erfahren. Z.B. hatten sie eine gute Fußballmannschaft. Mit den Brasilianern zu spielen, war eine Sache auf Leben und Tod! Wenn sie auch die Besseren waren, traute sich selbst der Schiedsrichter nicht, Recht zu sprechen. Die Brasilianer waren mit Pistolen bewaffnet und ballerten ganz schnell und gefährlich damit herum! Interessant auch die Weltmeisterschaft 1954 – (nicht nur für uns Deutsche in der Welt). Die Ungarn waren doch schuld an dem Ausscheiden der Brasilianer – und daher waren alle Brasilianer die emotionalsten Drucker für Deutschland – nur um die Niederlage der Ungarn auszukosten! Auch die gemeinsam verbrachten Abende in den Churrascaria’s (Grill-Restaurant) waren schön. Das I–Tüpfelchen war eine Sam-

bashow. Zu den sehr rassigen Brasilianerinnen mit ihrer Schokoladenfarbe und ihren sexy Gestalten sagte ich ganz verzückt: “Die sind graziös und anmutig wie die Gazellen in der Savanne.“ Beim Verlassen der Donauschwaben besuchten wir den Friedhof, auf welchem der Schmieds Vetter Klos und seine Frau Grete (geb. Seibert) ihre letzte Ruhe fanden. Das waren wir ihm und seiner schönen Geste schuldig – egal, wie und wem sein Elternhaus wahrscheinlich einst dienen wird! Durch Schenkung seinerseits gehört es dem Deutschen Forum in Billed. Es ist alles im Leben eine Frage der Zeit… Unser beider Zeit in Brasilien war nach zwei Wochen zu Ende, während der Rest noch eine Woche Badeurlaub machte. Für uns war das OK – schon wegen unseres Geschäftes. Wir werden etwas Auslese halten und versuchen, mit wenigen Bildern viel davon zu übermitteln. Es wird schwierig, weil Elke wahnsinnig Vieles festgehalten hat. (fast 900 Fotos und 5 Stunden Video). In eigener Sache: Wollte nur wenig schreiben, es wurde mehr. Hoffentlich gefällt es euch...


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Banater Schwaben in den Südtiroler Dolomiten

Z

um 9. Mal organisierten Werner und Gerlinde Gilde zwischen dem 28. September und dem 3. Oktober für ihre Landsleute in und um Karlsruhe eine unvergessliche Bus-Reise – diesmal nach Südtirol, in die Dolomiten. Wenngleich die Anreise durch Österreich, den Brenner, ins Pustertal bei herrlichem Spätsommerwetter erfolgte und wir auf derartiges Wetter auch für die folgenden 5 Tage hofften, so wurden wir leider enttäuscht, denn 3 davon waren regnerisch und erst gegen Ende unseres Dolomiten-Aufenthalts wurde es wieder sonnig. Felsenriesen mit weißen Mützchen grüßten uns, während Abhänge grün begrast oder bewaldet unser Auge ergötzten, immer wieder Burgen oder Burgruinen auftauchten. Wegen eines Autobahnstreiks erreichten wir unser Ziel mit einiger Verspätung, konnten auch den Altstadtbummel durch Sterzing erst am Tag unserer Heimreise nachholen. Am Sonnenplateau Reischach bei Bruneck – eingebettet zwischen den „Grünen Al-

Elisabeth Martini

pen“ mit idyllischen Almen im Norden und den schroffen Felsnasen der Dolomiten im Süden – liegt unser Reiseziel, das Rubner Hotel Rudolf, ein 4-Sterne-Urlaubsparadies, wo Herzlichkeit und Gastfreundschaft ganz groß geschrieben werden. Einzigartige Naturkulisse mit perfektem RundumService. Nach totalem Schlafkomfort wurden wir täglich durch ein überreiches Frühstücksbuffet mit einheimischen Produkten verwöhnt und für den anstrengenden Tag entsprechend verköstigt. Ergänzend gab es am Abend, nach „strapaziösen“ Besichtigungen, - der Jahreszeit angepasst - ein üppiges, mehrgängiges Menü mit gutsortierten Weinen und sonstigen Getränken, dazu den Spruch des Tages, so z.B. den von Goethe: „Es gibt Menschen, die sich einbilden, was sie erfahren, verstünden sie auch.“ Nach der Rückkehr oder auch schon am frühen Morgen konnte man in der Vital-Oase entspannen und sich wohlfühlen: im Hallenbad mit Massagedüsen, im Whirl-Pool bei 35°C, in


Begegnungen

verschiedenen Saunen und Dampfbädern, an der Poolbar bei Obst, Tee und Mineralwasser, in der Ruhezone, bei Massage oder Kosmetikbehandlung. Am 2. Tag hat es beim Aufwachen noch geregnet, später haben sich die Wolkenschwaden entlang der Berghänge hingezogen, sich nur zeitweilig entladen. Auf dem Weg nach Bozen, der Hauptstadt der Autonomen Provinz Bozen, auf 250m Meereshöhe gelegen, mit etwa 105.000 Einwohnern - davon etwa 26% deutscher, 73% italienischer und 1% ladinischer Muttersprache - wurden wir 2 Stunden wegen eines Verkehrsunfalls aufgehalten, was wir auch in Fotos festgehalten haben. Bozen, eigentlich die „Stadt der tausend Dialekte“ ist überschaubar, mit beeindruckend schönem, mediterranem Flair und zahllosen Läden in der Laubengasse. Das Eis schmeckte auch bei Regen. Durch unseren Reiseführer Toni erfuhren wir viel Historisches über die Südtiroler, denen schon nach dem 1. Weltkrieg, beginnend mit Mussolini, viel Leid zugefügt wurde. Viele Italiener aus dem Süden wurden hier eingebürgert, während deutsch Sprechende nach Ös-

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terreich und Deutschland auswanderten, um der Italienisierung zu entgehen. Wir Banater Schwaben erkannten mitfühlend die Parallele zum eigenen Schicksal. Bozen hat romantische Gassen, Märkte, reges Treiben und ist fahrradfreundlich. Im Archäologischen Museum der Stadt liegt Ötzi, der Mann aus dem Eis; eine 5-klassige Schule trägt Goethes Namen, das Humanistische Gymnasium den Namen von Walther von der Vogelweide, dessen Standbild auch einem Platz seinen Namen verleiht. 1170 bei Wien geboren, führte Walther von der Vogelweide ab 1198, nach dem Tode seines Gönners, ein Wanderleben, das ihn nach Nordfrankreich, in die Steiermark, die Lombardei und ins Friaul führte, wo er stets am Hofe der deutschen Könige und Kaiser seine Minnelieder vortrug. Am Kalterer See hat es allen sehr gut gefallen, sowohl die südliche Naturkulisse, als auch die luxuriöse Ausstattung und in unserer Vorstellung sahen wir eine Bootsfahrt bei Sonnenschein doppelt schön. Die Verkostung in der Grappa-Brennerei hat uns allen ein Wärme- und Wohlgefühl verliehen, uns zu Einkäufen für besondere Gele-


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Es ist die 9. von Werner (links) und Gerlinde Gilde organisierte Reise der Banater Schwaben genheiten animiert. Auf dem Heimweg hat Toni uns auch erzählt , wie verzweifelt und verbissen die Südtiroler gegen Entwurzelung und den Verlust der Identität: Sprache und Traditionen gekämpft haben und noch kämpfen. Obwohl sie eine relative Autonomie errungen haben, gibt es immer noch Ziele, für die sie sich einsetzen. Haupterwerbsquellen sind : Tourismus, Viehzucht und Milchverarbeitung, Apfel- und Weinbau. Am 3. Tag ging’s bei verhangenem Himmel nach Meran, der zweitgrößten Stadt Südtirols mit etwa 39.000 Einwohnern, in einem Talkessel gelegen, von Bergen bis zu 3.337m umgeben. Dokumentarisch seit 857 erwähnt, seit dem 19. Jh. Kurort. In der Landesfürstlichen Burg verstarb 1445 der berühmte Minnesänger Oswald von Wolkenstein, der dort auf Besuch weilte. Die Tiroler Freiheitskämpfe 1809 brachten Meran wieder große Aufmerksamkeit. Das milde, mediterrane Klima und die reine Luft zogen auch die österreichische Kaiserin Elisabeth –

Sissi – immer wieder hierher – präsent auch heute durch die lebensgroße, sitzende Marmorfigur am Ufer des schäumenden PassaFlusses. In der Otto-Burg wohnte zeitweilig Franz Kafka. Sehenswert: Kurhaus, Kirchen, Stadttore, Altstadt mit Laubengasse, Kurpromenade, verschiedene Museen...Angeblich ist der Herbst die schönste Jahreszeit für den Besuch der „Gärten“ von Schloss Trauttmansdorff, des schönsten Gartens von Italien, 2006 Europas Garten Nr.6. Er vereint in einem natürlichen Amphitheater über 80 Natur- und Kulturlandschaften, vielfältige Themengärten und zahlreiche Kunstund Erlebnisstationen. Das beliebteste Ausflugsziel Südtirols begeistert durch die einzigartige Verknüpfung von Natur, Kunst und Kultur durch das Zusammenspiel von historischer und zeitgenössischer Architektur, abwechslungsreiche Veranstaltungen im Wandel der Jahreszeiten. In den Jahren 1870 und 1889 diente das Schloss Kaiserin Sissi für mehrere Monate als Rückzugs- und Erho-


Begegnungen lungsort (heute Museum). Entzückt haben uns die 175 Dahlien-Arten in verschiedenen Blütenformen und Farben; die Palmen und Zitrusgewächse, der bunte Blumenhang, jedoch auch der sympathische Garten-Führer, der sein gründliches Wissen witzig-humorvoll darbot und damit gut bei uns ankam. Eine Skulptur mit allen anatomischen Details präsentiert den Sündenfall gerechterweise als von beiden verschuldet: Eva kann den verbotenen Apfel nur deshalb pflücken, weil Adam sie im Nacken hochhält. Das „Törggelen“ am Sonntagabend war für uns etwas ganz Besonderes und wurde im festlichen Rahmen begangen. Seit jeher ist es in Südtirol Brauch, dass man im Herbst, nach Lese und Weinpressen, Helfer aus nah und fern zu einer ordentlichen „Marende“ eingeladen hat. Dabei wurde der nichtvergorene und der schon vergorene Most verkostet und üppig gegessen: Knödel, Kraut, Hauswürste, Gselchts, Speck oder Aufschnitt mit Kaminwurzen, Käse, zuletzt Krapfen und „Keschtn“ mit Butter. Die Bezeichnung „Törggelen“ kommt aus dem Lateinischen für Traubenpresse. Mit der Zeit kamen Schlachtplatten mit „Rippeln und Surfleisch“, herzhafte „Gerstesuppe“ zum gemütlichen Beisammensein mit Freunden dazu. Auch für uns war es ein sättigendesbeschwingtes Beisammensein bei Musik und Tanz. Nach Tiroler Vorspeisen, Pustertaler Gerstesuppe kam Spanferkelrollbraten mit Beilage, als Dessert Topfen-Pfirsichstrudel mit Vanillesauce, danach warme Kastanien, Trauben, Nüsse und Walzer, Polkas etc bis spät in die Nacht. Der Ausflug in die Bergwelt der Dolomiten verlief am nächsten Morgen - wetterbedingt nicht wie geplant. Zwar beeindruckten uns die Bergriesen mit ihren schroffen Hängen, seltsamen Formen und Farben, doch ganz oben hin, in die regenspendenden Wolkenschleier sind wir dann doch nicht gefahren, konnten auch nur selten aussteigen, um Enzian und

131 andere Bergblumen zu bewundern und Fotos zu machen. Geblieben ist uns die Sehnsucht, diese Wunderwelt einmal auch bei Sonnenschein zu bestaunen. Auch erkannten wir, warum es die Sportler sowie die Reichen und Schönen immer wieder hierher zieht, warum sie hier Zweitwohnungen haben, jedoch nur zeitweilig da sind. Das weltberühmte Cortina d’Ampezzo z. B. hatte bei unserer Durchfahrt fast alle Fensterläden geschlossen, kaum ein Mensch war zu sehen, in der Zeit zwischen Sommer- und Wintersaison. Die Erlebniswanderung am vorletzten Tag ließ manchen von uns ein wenig schwitzen, als es zu Fuß durch den Wald zur „Brettljause“ ging, die jedoch nicht auf Brettln, sondern auf Tellern serviert wurde, üppig war und bestens schmeckte. Bei Musik und Getränken kam Stimmung auf, man bedauerte den frühen Aufbruch, zumal sich auch die Sonne wiedermal zeigte. Das volle WellnessProgramm im Hotel entschädigte vollauf. Nach Gruppenbild und Verabschiedung ging es am letzten Tag schon recht früh los, da wir die Besichtigung und den Bummel durch Sterzing vom ersten Tag nachholen wollten. Es wurden Einkäufe getätigt, Essbares für unterwegs besorgt. Auch einen Bauernmarkt haben wir auf der Heimreise kurz besichtigt, wo großes Gedränge und dicke Luft herrschte, so dass ein Spaziergang an der frischen Luft vielen mehr zusagte. Das Fazit der Reise: Sie war für die Meisten schön, informativ, unterhaltsam, wofür den Organisatoren Gerlinde und Werner Gilde sowie der Firma Mayer-Reisen, den Fahrern Josef und Hermann ein dickes Lob gilt und herzlichen Dank, den Letzteren für das großartige Umfahren aller gefährlicher Situationen auf den zig Kurven und „Kehren“. Wir wünschen uns auch für die 10. Banater Busfahrt interessante Ziele, weiterhin gute Betreuung und besseres Wetter als diesmal, jedoch genau diegleiche gute Stimmung und Atmosphäre.


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Statistik

Ehemalige „Nochberschleit“ aus der Billeder Altgasse - Momentaufnahme Oben: „Paradeis“ und „Panz“ zum Abwinken. Hans Rieder auf seiner „Grechtichkeit“ in Billed. Unten: Bratkürbisse zum Abwinken und Entsorgen: Nikolaus Schortje, Nachbar bis in die 80er von Hans Rieder auf seinem Grundstück in Karlsruhe-Bulach. Rechts: Emiko, unsere erste Billeder Japanerin, Tochter von Yoko und Hans Hahn. Hans Hahn war bis in die 80er unmittelbarer Nachbar von Nikolaus Schortje und Hans Rieder. Er wohnt mit seiner Familie in Bologna und ihre 7-jährige Tochter trägt anlässlich eines japanischen Glaubensfeiertages (ähnlich Kommunion) eine besondere Kimono-Tracht. Die kostet soviel wie ein Kleinwagen und wird traditionell von den Schwiegereltern des Vaters bezahlt - ohne abzuwinken.


Statistik

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Begegnungen

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Beim Herbsttreffen waren 37 Personen dabei, die Frauen, wie immer, in der Mehrzahl.

Billeder Rentner unter sich

2013 kommt es zum 25-jährigen Jubiläum der Treffen

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ie schon in den vergangenen Jahren trafen sich Billeder Rentner auch 2012 zweimal zu gemütlichen Nachmittagen im Haus der Heimat Karlsruhe. Das erste Treffen fand an einem Mittwoch im April mit 42 Personen statt, davon 24 Frauen und 18 Männer. Beim Herbsttreffen im September waren 37 Personen dabei, die Frauen, wie immer, in der Mehrzahl: Das Verhältnis 21:16, wobei diesmal - zur Freude aller - auch 4 neue Rentner dabei waren. Als Hauptorganisator begrüßte Jakob Muttar die Anwesenden recht herzlich und legte gemeinsam mit ihnen die Termine für die Treffen 2013 fest. Ihm folgte Sepp Herbst – wie gewöhnlich – mit Gedichtevortrag und Informationen über Billed, Hochzeiten, Geburten, Sterbefälle u.a.

Jakob Muttar

Danach wurde bei allerlei Kuchen und „Bäckkipfeln“, die bei einem schwäbischen Treffen nicht fehlen dürfen, sowie Kaffee und anderen Getränken, serviert von Frau Bauer, der Leiterin des Hauses der Heimat, viel, sehr viel, erzählt. Sodass die 4 Stunden wie im Fluge vergingen. Und nach Hause ging man gut gelaunt und in der Hoffnung, wieder alle zu treffen, vielleicht noch mehr neu dazugekommene Rentner. Die Termine für 2013 sind: Mittwoch, der 24. April und Mittwoch, der 25. September. Damit das Rentnertreffen noch lange „lebt“, sind auch die jüngeren Rentner zum Mitmachen dringend eingeladen. Nur so können die Ausfälle, bedingt durch Krankheit und Tod, ausgeglichen werden.


Begegnungen

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Das erste Treffen fand an einem Mittwoch im April mit 42 Personen statt – davon 24 Frauen und 18 Männer. Fotos Jakob Muttar


Leistung und Würdigung

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Ein gebürtiger Billeder im Guinness-Buch der Rekorde

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Zum 175. Geburtstag des Musikers und Kapellmeisters Lambert Steiner Josef Herbst

ambert Steiner wurde am 09.03.1837 als drittes Kind von elf Geschwistern in Billed im Haus mit derzeitiger Nr. 266 geboren. Seine Eltern waren Karl Steiner *27.10.1812 +23.07.1882 und Susanna Pentz *19.03.1809 +02.10.1857, beide geboren und verstorben in Billed. Nur 4 Geschwister erreichten das Heiratsalter. Der Vater war Schuster und Messner. Auch Lambert erlernte bei seinem Vater das Schusterhandwerk. War man bislang der Meinung, Lambert Steiner hätte seine Musikausbildung beim Militär erhalten, so überraschte uns 1999 der Musikhistoriker Robert Rohr (*1922 +2008) mit einem Schreiben von Lambert Steiners Sohn, Birger Steiner, aus Schweden und weiteren schriftlichen Mitteilungen sowie auch von Bert Steiner, Birgers Sohn, mit weiteren aufgefundenen Dokumenten. Aus diesen lässt sich das Bild von Lambert Steiner etwas korrigieren und vor allem auch ergänzen. Lambert Steiner schrieb am 30. Januar 1858, einige Tage nach der Geburt seines zweiten Sohnes Michael, an die „KK. Militär Comißion“ einen Brief, worin er um Befreiung von der Militärpflicht bat, da er die Witwe Anna Donavel, geb. Zimmer, 1855 mit zwei kleinen Kindern geheiratet hat und mit ihr noch zwei eigene Kinder habe, zu deren Ernährung und zur Erhaltung der Wirtschaft er berufen sei. Auch erteile er in der Gemeinde seit einigen Jahren den hiesigen kleinen Kindern Musiklehre. Die Gemeinde Billed hat dieses Begehren mit einem Zeugnis unterstützt. Aus einem behördlichen Vermerk ist Steiners Befreiung von der Militärpflicht ersichtlich. Daraus ist auch ersichtlich, dass seine Musiktätigkeit nicht erst mit dem Jahre 1858 begann, wie man zuerst angenommen hatte.

Wie Steiner zu seiner musikalischen Tätigkeit gekommen ist, geht aus der Überlieferung seines Schülers Josef Schmidt (Reb) * 21.11.1894 +11.12.1969, Nr. 64 hervor, der nach Jahren als zweiter Kapellmeister der „Alten Musikanten“ Steiners letzte Billeder Kapelle übernommen hatte. Oft erzählte Schmidt seinen Kollegen, dass Steiner manchmal sagte: “Wenn ich Pfarrer geworden wäre, wäret ihr keine Musikanten geworden“. Da zwei ältere Geschwister starben, war er das älteste Kind in der Familie und ging deshalb mit seinem Vater zum Messdienen in die Kirche, wo seit 1845 und bis zu seinem Tode 1890 Paul Novak als Pfarrer tätig war. Dieser erkannte, dass Lambert Steiner sehr musikalisch und strebsam war, in der Schule gut lernte und deshalb wollte er, dass der junge Steiner Pfarrer werde. Weil aber nur noch Sohn Michael, geb.12. 08. 1838 und er lebten, da bis 1846 noch drei Kinder verstorben waren, ließ der Vater nicht zu, dass Lambert Pfarrer wurde. Seine Mutter starb mit 48 Jahren und sein Vater heiratete zum zweiten Mal 1858 die Witwe Maria Schneider, die 39 Jahre alt war, und mit ihr hatte er noch drei Kinder, von welchen das erste Kind verstarb. Jedenfalls ist es damit erwiesen, dass Steiners musikalische Kenntnisse von Pfarrer Paul Novak stammten. Lambert Steiner heiratete 19-jährig, wie schon anfangs erwähnt, am 13.11.1855 die Witwe Anna Donavel, geb. Zimmer (Szimert), mit zwei Kindern. Sie wurde am 15. 09.1832 in Billed geboren und verstarb am 11.11.1894 in St. Anna. Die zwei Söhne Nikolaus, *13.07.1856 und Michael *24.01.1858, wurden noch in Billed geboren. Die Familie übersiedelte 1858 nach Warjasch, wo Steiner schon 1857 seine erste Musikkapelle gründete, mit der er


Leistung und Würdigung

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Das Sanktannaer Blasorchester unter der Leitung von Lambert Steiner im Jahr 1890 viele Erfolge erzielte. In Warjasch lebte die Familie Steiner bis 1873, um danach nach St. Anna zu übersiedeln. In Warjasch wurden acht Kinder geboren: Johann *27.11.1859 +14.02.1873 Warjasch Josef *18.03.1861 +23.04.1864 Warjasch Katharina *12.03.1863 +18.02.1932 Sankt­ anna Jakob *12.06.1864 +19.09.1864 Warjasch Maria *14.07.1866 +13.02.1867 Warjasch Georg *22.02.1868 +1906 Rotterdam Franz *05.05.1870 +09.06.1886 Sanktanna Anna *16.10.1871 +22.06.1873 Sanktanna Franz Kreitler aus Sanktanna spendete im Jahre 1870 der Gemeinde 600 Forint zum Ankauf von Musikinstrumenten und zur Gründung einer Knabenkapelle. Der Kantorlehrer Franz Steuer und der Schuldirektor Johann Steuer boten dem Kapellmeister Lambert Steiner sehr gute Bedingungen, um in Sanktanna eine Knabenkapelle zu gründen und auszubilden. Dieses Angebot konnte er nicht ablehnen und so entstand in Sanktanna, wohin er samt Familie übersiedelte, eine Kapellmeisterdynastie mit segensreicher Breitenwirkung. Der arbeitsreiche und schöpferische Lebensweg führte den Billeder Lambert Steiner in viele Länder und auf mehrere Kontinente. Als er-

Lambert Steiner 1837-1914

ster Kapellmeister der Welt konzertierte er mit seinen Knabenkapellen auf drei Kontinenten, was ihm einen Eintrag in das Guinness-Buch der Rekorde einbrachte. Die Original-Urkunde kann bei Anton Bleiziffer in Freiburg eingesehen werden. In Sanktanna wurden der Familie Steiner noch zwei Kinder geboren: Anna *31.08.1873 +16.11.1907 Sanktanna Magdalena *24.06.1875 +25.01.1877 Sankt­­­a. Inzwischen wurde Lambert Steiner weit über die Grenzen des Banats bekannt. Er war mit seinen Knabenkapellen viel unterwegs. Von einer Tournee in die skandinavischen Länder, nach Oslo, Helsinki, Kopenhagen und (zum wiederholten Male) nach Stockholm, brachte er sich eine hübsche, um 33 Jahre jüngere, blonde, hochgewachsene Schwedin als Lebensgefährtin mit. Sie hieß Johanna Wilhelmina Abrahamsohn, war Flötenvirtuosin, spielte in seinen Kapellen mit und half auch auf Tournee beim Schulunterricht und bei der Ausbildung der Musikschüler. Sie heirateten erst am 29. 01. 1895, nach dem Tode von Steiners erster Frau. Dieser Ehe entstammt der Sohn Birger Steiner, der am 13. 12. 1892 in Aringsas, einem Stadtteil von Stockholm (Schweden), geboren wurde, und bereits mit zehn Jahren


138 vertrat er seinen Vater beim Dirigieren und spielte im Orchester B-Klarinette. Später wurde er Besitzer des größten Instrumentenund Musikaliengeschäftes in Stockholm. Er durfte den Titel „Kgl. Hoflieferant“ und „Hofmusikalienhändler“ führen und starb am 14. 12. 1976 in Stockholm. Unter Lambert Steiners erfahrener Leitung wurde die 1870 in Sanktanna gegründete Knabenkapelle bereits 1873 mit Gastspielreisen durch Deutschland, Schweden, (1876) Russland und US-Amerika bekannt. Im Jahre 1877 wurde ihr Konzert in BadEms von Kaiser Wilhelm I. mit Familie besucht und 1899 gab es überraschend ein Morgenständchen für Kaiser Franz Josef I. in Wien. Zu diesen Auftritten gibt es eindrucksvolle Dankesschreiben der beiden Kaiserhäuser. Aus dieser Zeit verblieben seinen Nachkommen zwei wertvolle Erinnerungsstücke: ein silberner Taktstock mit der Inschrift „Erinnerung an Riga 15.06.1876“ und ein großer Silberpokal mit der Inschrift „In dankbarer Erinnerung an die Konzerte dieses Sommers, Stockholm, den 17.09.1884.“ Auch ein Dankesschreiben vom 08. August 1896 vom russischen Roten Kreuz ist noch erhalten. Im Jahre 1901 übersiedelte Steiner nach Neu-Arad und gründete auch hier eine Jugendkapelle und lehrte Kornett in der Arader Musikschule. Mit seiner Kapelle konzertierte er oft in Budapest, aber auch in München, Hannover, Berlin, Hamburg sowie in Algerien und Marokko. 1903 wurde aber zum Höhepunkt seiner Musikerlaufbahn. Mit einer 54 Mann starken Jugendkapelle aus Sanktanna begann er eine Tournee durch Südafrika. Von Arad über Berlin und Hamburg nach Southampton (England) führte die 30-tägige Schiffsreise mit dem englischen Schiff „Galeka“ zuerst nach Kapstadt und von dort aus weiter in alle größeren Städte Südafrikas. Bei dieser Reise war seine junge Frau und Sohn Birger mit und ein ausgedienter Musikfeldwe-

Leistung und Würdigung bel, der auf die Ordnung bei den Musikanten zu achten hatte. Auch vom Budapester Nationaltheater war eine Tänzerin dabei, die zur Abwechslung, mit großem Erfolg, CsardasTänze vorführte. Ein Angebot, von Südafrika aus weiter nach Australien zu reisen, musste abgelehnt werden, da die Eltern die Rückkehr ihrer Kinder verlangten. Lambert Steiner wurde auch auf dieser Reise viel geehrt und vom englischen Gouverneur von SüdAfrika in dessen Loge eingeladen, wo er ihm seine Bewunderung über die Leistungen der jungen Musikanten ausdrückte. 1905 übersiedelte Lambert Steiner zurück in seine Geburtsgemeinde Billed, wo er wieder eine Knabenkapelle gründete. Laut einem Brief an seinen Schwiegersohn Karl Zimmermann nach Sanktanna, vom 24.05.1907, hatte er mit dem Billeder Orchester sein erstes Konzert am 5. Mai und das zweite zu Pfingsten. Beide waren erfolgreich. Mit dieser Kapelle, 40 Jungs im Alter von 8-14 Jahren, konzertierte er 1908 in London und 1909 in der Wilhelmshalle in Hamburg und in vielen Städten des Ruhrgebietes . 1910 folgte er dem Rufe von Baron Friedrich Lipthay nach Lowrin, wo er seine letzte Kapelle aufstellte. Inzwischen war er ja schon 73 Jahre alt und konnte keine größeren Konzertreisen mehr unternehmen. Sein letztes Konzert war am 28. Juli 1914, am Tage des Kriegsausbruches, in Hatzfeld. Lambert Steiner starb am 11. August 1914 in seiner Wahlheimat Sanktanna im Alter von 77 Jahren. Seine Frau und sein Sohn Birger lebten zuletzt in Lowrin, wo sie das Werk des berühmten Musikers weiterführten. Im Besitz der schwedischen Staatsangehörigkeit zogen beide 1916 zurück nach Stockholm. Die Dynastie Steiner Noch zu Lambert Steiners Lebzeiten traten dessen Söhne in seine musikalischen Fußstapfen. Wie schon oben erwähnt, brachte Steiners erste Frau, die Witwe Anna Donnawell, zwei Kinder mit in die Ehe: Phi-


Leistung und Würdigung lipp Donnawell, geb. 19.07.1850 und Joannes Donnawell, geb. 09.10.1851, gestorben 11.02.1857 in Billed. Philipp Donnawell wurde schon in Billed und Warjasch von seinem Stiefvater zum Musiker ausgebildet. Nach der Übersiedlung nach Sanktanna heiratete er Barbara Marksteiner und ließ sich in Pankota nieder, wo er eine Kapelle gründete. Dessen Sohn, Michael Donnawell, führte das Werk seines Vaters fort. Steiners erster Sohn Nikolaus, geb. 13.07.1856 in Billed, heiratete Margarete Daminger und war bis zu seinem Tode 18.08.1926 in Sanktanna Organist und Kantor und Aufbewahrer der Instrumente. Sein zweiter Sohn Michael, geb. am 24.01.1858 in Billed, heiratete in Sanktanna Barbara Rotmüller und bildete ab 1883 in Warjasch eine dritte Musikformation aus. Seine Konzertreisen unternahm er aber mit der zweiten Warjascher Kapelle, sowohl nach Berlin, Budapest, aber auch nach Bukarest, wo er mit großem Erfolg auftrat. 1897 übergab Michael in Warjasch eine vierte Schülergruppe an Franz Reb. Er war auch Leiter des Warjascher Männergesangvereins 1904 und Musiklehrer an der Bürgerschule in Großsanktnikolaus. 1910 zog er zurück nach Sanktanna, wo er eine neue Knabenkapelle gründete. Er starb während des ersten Weltkrieges. Georg Steiner, in Warjasch geb. am 22.02.1868, heiratete die Sanktannaerin Ida Rosalia Eich, ging nach Ketfel und gründete dort eine Knabenkapelle. Zurück nach Sankt­anna, ging er mit der dortigen Kapelle auf Gastspielreisen nach Petersburg, Riga, Warschau, Dortmund, Düsseldorf, Essen, Hannover, Bremen, Amsterdam. Er starb 1906 in Rotterdam in seinem 38. Lebensjahr an einer Lungenentzündung und wurde dort auch beigesetzt. Die Steiner-Dynastie brachte noch weitere Musiker hervor: Ein Enkel Lambert Steiners, Daniel Zimmermann, ließ sich als Schlag-

139 zeuger in Marienfeld nieder. Ein Urenkel, Walter Metzger, war Professor für Klavier am Konservatorium in Klausenburg. Lambert Steiner und seine Söhne haben Banater Musikgeschichte geschrieben. Viele ihrer Schüler sind Berufsmusiker geworden und haben es nicht nur in Zirkuskapellen, sondern in Musiktheatern verschiedener Länder und Städte, sogar bis nach Hollywood, geschafft. Es ist sehr schade, dass Lambert Steiners Tonträger und teils selbst komponierte oder für seiner Kapellen bearbeitete handschriftliche Noten verschollen sind. Anton Bleiziffer und Ferdinand Totterer recherchierten schon in den 70er Jahren über das Leben und Schaffen der Steiner-Dynastie und veröffentlichten 1972 in der Zeitung „Neuer Weg“ in vier Folgen die erste zusammenfassende Darstellung über deren Leben und Schaffen. Anton Bleiziffer war auch der Initiator für die Anbringung einer Marmortafel 2003 am Sanktannaer Kulturheim mit den Worten „Ehre, wem Ehre gebührt“. Seitdem trägt das Sanktannaer Kulturheim den Namen „Lambert Steiner“. Lambert Steiner sind auch 6 von 403 Seiten in dem 2011 in Rumänien erschienenen Buch von Dan Roman gewidmet unter: „Lambert Steiner - capelmaistrul din Cartea Recordurilor“. Literatur Franz Klein - Billed Chronik einer Heidegemeinde im Banat 1765-1980 Wilhelm Weber - Billeder Heimatblatt 1993 Robert Rohr - Unser klingendes Erbe Anton Bleiziffer - Wie’s daheim war. Begleitheft zum Tonträger 1999 Anton Bleiziffer - Heimatbrief Sanktanna 2004 Anton Bleiziffer - Banater Kalender 2012 Alf Kührt - Familienbuch Sanktanna, und Steiner Blasmusik Dietmar Giel - Familienbuch Warjasch Nick Tulius & Alex Leeb, Internet - Banat Biographies - Lambert Steiner Dan Roman - Oameni de seama ai Aradului, 2011


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Leistung und Würdigung

Unser bis 14. Juli ältestes Billeder Ehepaar: Maria und Franz Roman

s wurde zum Brauch, dass in unserem Heimatblatt über Billeder Persönlichkeiten, die in unserer Gemeinde wie im Alltag eine Rolle spielten oder spielen, berichtet wurde oder wird. Maria Roman (geb.Pierre) und Franz Roman haben am 8. September 1938 geheiratet. Im September 2012 hätten sie ihr 74. Ehejubiläum gefeiert, wenn Franz Roman nicht am 14.Juli, kurz vor seinem 99. Geburtstag (2. August), nach langem, in Geduld ertragenem Leiden, für immer eingeschlafen wäre. In Billed lebten sie in ihrem schönen Haus in der Hauptgasse, noch mit den Eltern. Da sorgten sie für die ganze Familie, besonders für ihre 3 Kinder, die sie zu charaktervollen, strebsamen Menschen erzogen. Für jeden: ob alt oder jung, Deutscher, Rumäne oder Ungar, hatten sie ein freundliches Wort, oft mit Humor. Wenn Franz Roman mit dem Fahrrad durch Billeds Gassen fuhr, erkannte ihn jeder an seiner hellen, klaren Stimme; ein herzliches „Guten Tag“ oder „Wie geht’s noch?“ schallte und kam von Herzen. Maria Roman (93) wurde am 20. August 1919 in Billed geboren, wo sie auch die Volksschule besuchte. Danach war sie 8 Jahre im Internat der Josefstädter Notre-DameKlosterschule, zuerst 4 Jahre im Gymnasium und die folgenden 4 Jahre in der Lehrerinnenbildungsanstalt, Abteilung Kindergärtnerin. 1938, nach bestandener Befähigungsprüfung, heiratete sie und gebar 1939 ihren ersten Sohn. Es kam ein zweiter Sohn und eine Tochter dazu. 1949, nachdem ab 1948 wieder deutscher Unterricht zugelassen war, wurde sie Lehrerin an der Billeder Schule. Von März bis November 1955 leitete sie als Fachkraft den deutschen Gemeindekindergarten im Mumper-Haus neben der Möbelhandlung.

Margarethe Weber (Divo)

Das Ehepaar Maria und Franz Roman Kolleginnen am Billeder LPG-Kindergarten 1972: v.l.n.r. Emmi Herrenreich, Maria Roman, Anna Petrescu (Direktorin) und Margarethe Weber


Leistung und Würdigung

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Am ersten Schultag 1963 werden von Maria Roman und Margarethe Weber die schulpflichtigen Kinder der Lehrerin der 1. Klasse Magdalene Bojar übergeben und zur Schule geleitet. Da ich im Herbst 1955 aus der BaraganDeportation nach Billed zurückkehrte und für mich an der Billeder Schule kein freier Posten war, versetzte mich das Schulamt an diesen Kindergarten und Maria Roman bekam eine Stelle am Ganztagskindergarten (Camin de zi) mit rumänischer Unterrichtssprache. 1956 trat sie eine Stelle im Kindergarten der LPG (Kollektivwirtschaft) an, die sie bis zu ihrer Pensionierung 1973 versah. Von Natur aus war Maria Roman für den Erzieherberuf geeignet, scheute keine Mühe und Verantwortung, um die ihr anvertrauten Kinder zu lehren und zu bilden. Von ihnen wurde sie gerne „Roman-Tante“ genannt, bis zur Rente und darüber hinaus von den Eltern und Kindern geliebt und geschätzt. Unsere Kollegin „Mitzi“ war in ihrer Arbeit genau und gewissenhaft, stand jedem hilfsbereit zur Seite, sowohl theoretisch als auch praktisch. So gab sie als Älteste oft gute Ratschläge und das Verhältnis zwischen uns Kolleginnen wurde immer enger. Nach ihrer Aussiedlung im Dezember 1985 wohnten die beiden in München, ge-

nossen die Schönheiten und Sehenswürdigkeiten dieser Großstadt. Auch in späteren Jahren machten sie täglich Spazierfahrten mit Bus, U- und Straßenbahn, um auch im hohen Alter noch unter Menschen zu kommen. Als das Alter sich immer bemerkbarer machte, standen und stehen ihre Kinder ihnen / ihr immer hilfreich zur Seite. Die während der Berufstätigkeit gewachsene Freundschaft festigte sich auch noch nach unserer Aussiedlung in die BRD. Wir trafen uns einige Male – als wir dazu noch in der Lage waren – und nutzen das Telefon heute als häufigstes Kommunikationsmittel, um das Interesse füreinander wach zu halten und uns über die freudigen und traurigen Familienereignisse auszutauschen. Ich denke, ich spreche im Sinne ihrer gewesenen Schülerinnen und Schüler, wenn ich auf diesem Wege für das mühevolle und hingebungsvolle Wirken von Maria Roman „Danke“ sage. Der Vorstand der HOG Billed schließt sich dem „Danke“ an und wünscht alles Gute.


Leistung und Würdigung

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Peter Trendler würde gerne die Störche wieder zählen

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chon vor Jahren haben wir auf den „Storchenzähler“ Peter Trendler aufmerksam gemacht, der inzwischen 85 geworden ist und sich zur Zeit leider nicht mehr voll und ganz seinem Hobby widmen kann, da ihm die Augen den Dienst versagen. Etwa 40 Jahre hat er sich mit Hingebung und Ausdauer damit beschäftigt, Ankunft und Abflug der Störche festzuhalten, Anzahl sowohl der Alt- als auch der Jungstörche, Hausnummer der Storchennester und Hausbewohner, Hochmaste mit Nestern usw. Deshalb hat sein „Storchenkatalog“ auch ausländische Forschungsinstitute zu Auswertungen angeregt. Seine akribisch genauen Aufzeichnungen werden zum Teil im Kreismuseum aufbewahrt, zum Teil noch in der Familie. Obwohl in der einst deutschen Gemeinde Billed laut Volkszählung von 2011 nur noch 92 Deutsche leben, mögen auch die Zugewanderten die Störche, sehen in ihnen - wie auch alle schwäbischen Generationen davor – die Frühlingsboten, die Lebens- und Glücksbringer, die sie freudig begrüßen. 2011 konnte Peter Trendler noch 21 Nester mit 56 Störchen zählen, die meisten im Kreis Temesch, scheinbar auch des gesamten Ba-

Elisabeth Martini

nats. Nicht immer gab es - infolge der Trockenlegung der Sümpfe - so viele Störche im Dorf, doch ihre Zahl nahm stetig zu. Selbst der amtierende Bürgermeister Leontin Duta hat in seinem Büro ein Storchennest mit 2 Alt- und 2 Jungstörchen, weil Störche einfach zur Gemeinde gehören. Auch verspricht er – sobald er nicht mehr Bürgermeister sein wird – den „Storchenkatalog“ weiterzuführen, was noch zu beweisen wäre. Zudem ist der Storch auch im Wappen der Gemeinde zu sehen, als Symbol neuen Lebens, das leider in Billed auf sich warten lässt, zumal Stillstand eher Rückentwicklung als Fortschritt bedeutet. Deshalb lebten 2011 hier nur noch 3175 Einwohner, weil viele weg- und andere nicht zugezogen sind. Trotz aller Liebe und Bewunderung für die Billeder Störche konnte Peter Trendler sie heuer nicht mehr zählen, da seine Augen ihm den Dienst verweigerten und er manchmal nur tastend vorankommt. Einmal wurde die Operation verschoben, im November war es so weit: Die Ärzte konnten ihm auf einem Auge die Sicht wiedergeben und damit hoffentlich auch Lebensfreude, was wir ihm von Herzen wünschen wie auch die Freude an den Billeder Störchen.


Leistung und Würdigung

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Diamantene Hochzeit von Helene und Karl Neumayer

„E

in Fest, das nur wenigen Ehepaaren vergönnt ist“ war Einschätzung des Ministerpräsidenten und Glückwunsch zugleich, der dem Jubelpaar sehr nahe ging. Glück- und Segenswünsche kamen außerdem vom Erzbischof, vom Bürger- und Seniorenverein wie auch vom einstigen Schulkollegium und vom Bauamt. Auf 60 gemeinsame Jahre zurückblicken zu können, ist wohl eine Gnade. Unsere Hochzeit 1952 fiel in eine schwere Zeit, was alle Altersgenossen wissen. Die Wunden des Krieges klafften noch weit offen. Wir beide waren erst kürzlich von Russland zurückgekehrt: Er nach 6 Jahren Gefangenschaft, ich nach 5 Jahren Verschleppung. Das Elternhaus fanden wir zwar noch vor, aber alles war anders geworden. Unser Sinn stand nicht nach einem Jubelfest, denn überall herrschte noch eine bedrückte Stimmung. Bekannte warnten uns vor einer öffentlichen Hochzeit in der Kirche im Hinblick auf unsere Stellen. So waren eben die Zeiten! Daher machten wir vorher mit dem Lugoscher Pfarrer, Pater Laschober, aus, unsere Trauung abends, bei einbrechender Dunkelheit

vollziehen zu lassen. In unserer Kirche gaben wir uns das Ja-Wort und erhofften bessere Zeiten. Im Gegensatz dazu war unsere Diamantene Hochzeit ein schönes Fest. Unser Pfarrer war ins Haus gekommen, feierte und sang mit uns. Unsere Nachbarin, Frau Ludwig, vormals Organistin im Banater Sanktandres, kam samt Mann und Heimorgel herüber und begleitete unsere beiden so liebgewordenen Lieder, die wir einstmals daheim und in Russland so gerne und oft sangen: „Ich bete an die Macht der Liebe...“ und das wunderschöne Lied zur Kommunion: „O Herr, ich bin nicht würdig...“ aus der Haydn-Messe. Pfarrer Dr. Koffler erteilte uns den Segen! Es war alles so sehr ergreifend und feierlich! Ein sehr bewegender Segenswunsch war noch kurz vorher mit der Post eingetroffen und wurde zum Abschluss verlesen: „Monde und Jahre vergehen und sind immer vergangen, aber ein schöner Moment leuchtet das ganze Leben hindurch.“ Fr. Grillparzer

Helene, geb. Feiler, und Karl Neumayer mit ihren Nachkommen bei ihrem 60. Hochzeitstag


Leistung und Würdigung

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Jakob und Ruth Schrottmann 2012

Jakob und Ruth Schrottmann 1952

Diamanthochzeit von Jakob und Ruth Schrottmann

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akob und Ruth Schrottmann konnten im April d. J. ihre Diamantene Hochzeit in Karlsruhe feiern. Das Paar traf sich zum ersten Mal 1947 in Beilngries, einem kleinen Städtchen im Altmühltal, in Bayern. Er, der geborene Billeder (389), kam aus französischer Kriegsgefangenschaft und, da seinerzeit eine Heimkehr nicht möglich war, fand in jenem Ort eine vorläufige Bleibe. Sie, Ruth Quednau, die mit ihrer Familie aus Ostpreußen geflüchtet war, landete ebenfalls in diesem Städtchen. Man lernte sich kennen und lieben, doch an eine Heirat war zunächst nicht zu denken. Erst sollte eine sichere Existenz geschaffen werden. Doch mit Arbeitsmöglichkeiten sah es in dieser Region damals schlecht aus. Jakob machte sich daher auf die Suche und landete schließlich in Karlsruhe, wo er als Buchhalter in einer Schmuckwarenfabrik anfangen konnte. Dabei kam ihm eine Billederin zu Hilfe, die sich nach ihrer Entlassung

aus russischer Zwangsarbeit mit ihrer Familie in Karlsruhe niederließ. Das war 1952. Jetzt wurde geheiratet, und man zog nach Karlsruhe, wo man sich recht bescheiden mit einer 1-Zimmerwohnung begnügen musste. Ruth arbeitete im selben Betrieb mit, bis 3 Jahre später der Sohn, Dieter, geboren wurde, und sie sich dann der Aufgabe als Hausfrau und Mutter widmete. Weitere 3 Jahre später kam Tochter Ria zur Welt und nun war die Familie komplett. Jakob wechselte inzwischen die Arbeitsstelle und ging zur Badischen Landesbausparkasse, wo er bis zu seiner Verrentung verschiedene verantwortungsvolle Tätigkeiten ausübte. Im Jahr 1960 hat die Familie ein Reihenhaus in dem neugegründeten Wohnviertel Waldstadt in Karlsruhe erworben, wo das Ehepaar heute noch lebt. Beide befinden sich, trotz des Alters von 89 und 82 Jahren, in verhältnismäßig guter gesundheitlicher Verfassung. Große Reisen, wie das früher in der Urlaubszeit üblich war, sind natür-


Leistung und Würdigung lich nicht mehr drin. Zu den Reisen gehörten damals auch einige Besuche in Rumänien, wo Jakob seiner Ruth auch Billed und sein Elternhaus zeigen konnte. Heute begnügt man sich mit kleineren Fahrten in die nähere Umgebung. Beide gehen aber auch einem Hobby nach, nämlich dem Singen. Er singt seit 55 Jahren in einem Karlsruher Männerchor, und beide gehören dem Chor der Banater Schwaben Karlsruhe an, dessen 1. Vorsitzender und Mitbegründer er ist. Die beiden Kinder sind verheiratet, leben aber im Ausland. Sohn Die-

145 ter auf den Philippinen und Tochter Ria in der Schweiz. Besuch aus der Schweiz erhalten sie des Öfteren, doch auch die auf den Philippinen Lebenden (Sohn, Schwiegertochter und Enkel) kommen jedes Jahr im Sommer, um die Jubilare zu besuchen. Der Vorstand der HOG Billed wünscht dem so rüstigen, lebensfrohen Jubelpaar weitere schöne gemeinsame Jahre, Freude am Singen und am Beisammensein in der Billeder Gemeinschaft.

Adam Tobias sen., ein Handwerker durch und durch

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chon in der Kindheit hat Adam Tobias (geb. 1933) die Technik fasziniert. Da er oft krank war und nicht zum Spielen mit anderen Kindern gehen konnte, hat er zu Hause gebastelt. Dann kam der unsägliche Krieg, der so manch einem die Kindheit und Jugend geraubt hat. Nach dem Krieg hat Adam eine Lehre beim Muhl-Spengler begonnen und dann einen Abschluss in Temeswar gemacht. Als Baublechner hat er in der S.M.T. – gesprochen Se.Me.Te - (Maschinen- und Traktorenstation) in Billed zu arbeiten begonnen. Mit der Zeit hat er sich dann der Autoblechnerei gewidmet, später auch Autos lackiert. Bei diesen Tätigkeiten bedurfte es auch gewisser künstlerischer Fähigkeiten, die er sich im Laufe der Jahre erarbeitet hat, zumal es damals an allem mangelte und man doch zurechtkommen musste. Dabei war das Endergebnis meist so perfekt, dass auch ein geübtes Fachmanns-Auge nicht erkennen konnte, welches nun das ramponierte Teil von vorher war. Ein schöneres Lob kann es gar nicht geben! Die besagten Fähigkeiten setzte er z. B. auch bei der Restaurierung des kaputtgeschla-

Adam Tobias jun. und Elisabeth Martini

genen Adlers vom Kriegerdenkmal in Billed ein, nachdem verschiedene Hochschul-Fachleute die Reparatur abgelehnt hatten. Der Adler mit dem Kreuz im Schnabel wurde ihm von Peter Krier in mehreren Teilen von Billed nach Karlsruhe gebracht, kaputtgeschlagen, weil einige Minderbemittelte sich davon Gold erhofften, wo er doch nur mit Goldbronze gestrichen war. Da dieser Adler jedoch weder geschweißt, noch gelötet werden konnte, wurde er halt mit viel Ausdauer geschraubt, genietet, geklebt, verspachtelt und wieder golden lackiert. Der, lange Zeit von den Kommunisten verbotene Adler, durfte erst in den 70er Jahren wieder angebracht werden und seit 1999 strahlt er durch die Leistung von Adam Tobias sen. wieder schön golden und wacht auf dem Obelisk über die immer weniger werdenden Kirchengänger der Gemeinde. Auch die Hauben für die Kreuzweg-Stationen auf dem Kalvarienberg in Billed hat er hier in seinem Schrebergarten gefertigt zum Schutz der renovierten Stationen. Der Baublechnerei blieb Adam Tobias hier in Deutschland bis zu seiner Pensionierung treu.


Leistung und Würdigung

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Adam Tobias und sein Steckenpferd: mechanische Uhren

Was jedoch wenige von diesem tüchtigen Fachmann wissen, ist, dass er ein Hobby hat, dem er mit aller Leidenschaft nachgeht: Er repariert mechanische Uhren in allen Variationen. Er hat auch welche, von denen er sich überhaupt nicht trennen will und kann. Noch weniger weiß man, dass er in seiner Jugend ein seetüchtiges Schiff gebaut hat,

das sein Sohn Adam in seiner Kindheit auch fahren ließ. Ein sogenannter Bimetallkessel, der mit einem Bunsenbrenner beheizt wurde, trieb das Schiff an, eine sehr einfache, aber sehr effektive Konstruktion. Auch ein Radio hat er sich mal gebastelt, das ohne Strom auskam, jedoch nur mit Telefonhörer abzuhören war: Eine Kiste mit Kupferspulen, die Sender suchte man mit einer Drahtspitze auf einem Naturmagneten – sehr einfach, aber funktionstüchtig. Noch jetzt – mit 79 Jahren - hat er im Schrebergarten seine kleine Werkstatt, in der er immer noch bastelt: entweder an Uhren oder an Flammkuchenöfen und anderem mehr. Sehr zur Freude seiner Gartennachbarn. Wir Billeder wünschen dem unermüdlichen Bastler auch weiterhin gute Einfälle, Ausdauer und Geduld, Erfolg in allem, was er unternimmt, natürlich auch physisches Wohlbefinden und Freude in der Familie und im Umgang mit den Mit-Menschen.


Leistung und Würdigung

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Der passionierte Mathematiker Martin Mettler (1936-2005)

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Jahre sind es nun schon, seit Martin Mettler, den wir wiederholt in unserem Heimatblatt zu Wort kommen ließen – hat er doch die Billederin Katharina Rugel geehelicht und viel Billeder Atmosphäre mitbekommen – für immer das Reich der Lebenden verlassen hat. Er war eine vielseitig begabte Persönlichkeit, doch wir wollen uns diesmal nur auf seine große Leidenschaft für die Mathematik beziehen. Bereits als Schüler war er Mitarbeiter der rumänischen Mathematik-Zeitschrift für Schüler „Gazeta de Matematica“ und erfolgreicher Teilnehmer an den MathematikOlympiaden, später als Lehrer auch Mitglied des Redaktionskollegiums dieser Zeitschrift bis zur Ausreise in die Bundesrepublik. Hier gründete er die einzigartige Mathe-Zeit-

schrift für Schüler „Monoid“, die er 20 Jahre lang herausgab. Zwischen 1990 und 1993 war er Leiter des Landeswettbewerbs Mathematik in Rheinland-Pfalz, ab 1991 Mitglied im Aufgaben- Ausschuss der Deutschen Mathematik Olympiade und in anderen Gremien zur Förderung mathematisch Begabter. Dafür erhielt Oberstudienrat Martin Mettler 2003 in München den begehrten Preis der Helmholtz Gemeinschaft Deutscher Forschungszentren. Zwischen 1992 und 2005 erschienen in der Monoid-Reihe 6 Bücher von ihm: Kollektaneen, Beweise und theoretische Fragen, Perlen, Formeln, Vom Charme der „verblassten“ Geometrie, Spiel und Spaß mit Mathe. Mit Letzterem haben auch die von Sepp Herbst in Mettlers Nachlass aufgefundenen „Mathematische Kuriositäten“zu tun.

Mathematische Kuriositäten. Aus dem Nachlass von unserem Gertianosch-Billeder Landsmann, Mathematiker Martin Mettler (466) Josef Herbst

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ultiplizieren wir die Zahl 12.345.679 mit 9, dann haben wir 111 111 111. • mit 18 ergibt es 222 222 222 • mit 27 haben wir das Ergebnis 333 333 333 • mit 36 werden es 444 444 444 • mit 45 wird 555 555 555 herauskommen • mit 54 haben wir 666 666 666 • und weiter mit der Multiplizierung mit 63, 72... • und schließlich mit 81, indem es in der letzten Zahl 999.999.999 ergibt. Die nächste zu multiplizierende Zahl ist stets + 9. • letztlich multiplizieren wir die Zahl 111.111.111 mit sich selbst, dann haben wir 12.345.678.987.654.321.

Titelbild des von Martin Mettler herausgegebenen Gertianoscher Heimatblattes.


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Nie stirbt das Lied!

Leistung und Würdigung

Was auch die Zeiten bringen, die Menschen werden immer singen.

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nter diesem Gesichtspunkt hat Frau Philomena Palmer im Namen der Sängergruppe Karlsruhe ihre Laudatio für Hannelore Slavik und Helmut Meinhardt nach 25 Jahren als Chorleiterin bzw. Chorleiter fokusiert und diese ausgezeichnet, „aus würdigem Anlass gefeiert und ihnen Achtung erwiesen.“ „Vor 28 Jahren wurde der Chor der Banater Schwaben von Herrn Pflanzer ins Leben gerufen und seit 25 Jahren dirigieren Sie diesen mit viel Enthusiasmus, Kraft und Freude. Auch wenn es mal bei dem einen oder anderen mit der Gesundheit haperte, haben Sie einander vertreten, ergänzt und mit viel Liebe die Chorproben durchgeführt. Ihre Arbeit ist nicht leicht, doch zusammen mit den Sängerinnen und Sängern haben Sie für die Ziele des Vereins gekämpft und sein Ansehen in der Öffentlichkeit gesteigert...In meiner kurzen Rede kann ich gar nicht alles aufzählen, was Sie in diesem Sinne in unzähligen Stunden alles geleistet haben. Das große Angebot an vielschichtiger Chorliteratur macht es Ihnen nicht leicht, die richtige Auswahl zu treffen, die den Anforderungen entspricht, den Sängern Freude bereitet und bei den Zuhörern Anklang findet. Ein paar Worte zu Ihrer Person: Sie, Frau Slavik, haben an den Universitäten Temeschburg und Klausenburg studiert und wurden Diplom-Musiklehrerin und Chorleiterin. Von 1978 bis 1985 waren Sie in Rumänien an der Grundschule in Betschkerek tätig, leiteten auch den katholischen Kirchenchor in Billed. Seit 1986 sind Sie in Karlsruhe und seit 2005 auch in Oberöwisheim als Chorleiterin tätig. Sie sind eine strenge, sehr ehrgeizige Chorleiterin und haben schon viele schöne Erfolge erzielt. Die Tätigkeit des Chores ist vielseitig, zumal er auch bei Hochzeiten, Geburtsfeiern und sonstigen besonderen Anläs-

Ehrenurkunden für die Chorleiter Hannelore Slavik und Helmut Meinhardt sen auftritt. Er nimmt auch immer am Programm zum ‚Tag der Heimat‘, zu Allerheiligen teil wie auch am jährlichen Treffen der Chöre der Banater Schwaben. Sie, Herr Meinhardt, haben am Musikkonservatorium in Klausenburg studiert und waren in Rumänien im Schuldienst und als Chorleiter tätig. Man hört, dass Sie ein sehr guter Lehrer in Rumänien waren, auch hier habe ich sehr viel Gutes über Sie als Musiklehrer und Dirigent gehört. Sie haben parallel zum Banater Chor 10 Jahre auch den MCH Ettligenweiher und den Typographia-Chor geleitet. Der Männerchor der Banater Schwaben wurde von Ihnen gegründet und Sie führen ihn mit Ehrgeiz und Zielstrebigkeit durchs Leben, auch seine Auftritte sind vielseitig.


Leistung und Würdigung

Sie, Frau Slavik, und Sie, Herr Meinhardt, widmen dem Verein viel Zeit und ich hoffe, es wird noch lange so sein. Zoltan Kodaly sagte: ‚Es gibt Räume der Seele, die nur durch Musik und Singen beleuchtet werden‘ und ich bin fest überzeugt, dass Sie auch weiterhin diese Räume der Seele mit Ihrem fröhlichen Singen beleuchten werden. Wer Ehre und Ansehen mehrt, der ist es wert,

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dass man ihn ehrt! Heute habe ich die Ehre, Ihnen im Auftrag der Sängergruppe Karlsruhe die Ehren-Urkunde des Deutschen Chorverbands für 25 Dirigentenjahre, die silberne Brosche bzw. die silberne Nadel zu überreichen – als sichtbares Zeichen des Dankes und der Verbundenheit. Herzlichen Glückwunsch!“ Der Vorstand der HOG Billed schließt sich diesem Glückwunsch an.


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Leistung und Würdigung

Hans Jobba - ein Billeder Verseschmied hat sich für immer verabschiedet

Elisabeth Martini

„M

ögen meine Gedichte all denen, die sie lesen, viel Freude bereiten und manch eine Erinnerung hervorrufen, denn es sind Gedanken, die ich schon in meiner Jugendzeit hatte, doch erst in späteren Jahren so richtig ausführen konnte, wie ich es wollte. Während ich früher immer durch andere Arbeiten verhindert war, kann ich mich heute voll dem Dichten widmen... Die Gedanken zum Dichten kommen mir meistens morgens während der Schlummerträume. Da kann man die schönste Musik komponieren und in Gedanken reimen... Leider kann ich in meinem Alter so manches nicht mehr nachholen. Wie immer: Ich bin auch mit dem zufrieden, was ich erreicht habe und machen konnte.“ So lautet seine Selbsteinschätzung in der 2005 fertiggestellten Sammlung seiner knapp 50 als „Werke“ zusammengefasster Reimdichtungen, auf die er sehr stolz war, zumal die dichtenden Bauern im Billed seiner Zeit nicht sehr zahlreich waren, eher rar. 1921 als Bauernkind in Billed geboren, nahm Hans Jobba schon sehr früh 3-4 mal pro Woche Violinunterricht, da auch Vater und Großvater dieses Instrument spielten. Mit 17 war er in der Musikkapelle von Michael Braun als Geiger tätig, kam anschließend zur rumänischen und dann zur deutschen Armee, machte einen Sanitäter-Lehrgang, wurde 6-mal verwundet, meinte jedoch dazu: „Es hätte noch schlimmer sein können.“ Heimgekehrt nach dem 2. Weltkrieg, war er bis 1960 Schmied und Schlosser, da er – enteignet wie alle seine Landsleute - nicht mehr Bauer sein konnte. Als Kassierer des Temeswarer Elektrizitäts-Werks kam er in jedes Billeder Haus, konnte Kontakt zu vielen

aufbauen. Nach Karlsruhe kam die Familie 1988, wo Hans Jobba als jovialer, aktiver Rentner 2 Kleingärten bearbeitete und rekordverdächtige Produkte erntete. Naturverbunden, freundlich-entgegenkommend und optimistisch war er ein Leben lang und versuchte diese Mentalität auch in Verse zu gießen, so nach der Devise: „Denken und Dichten, das macht mir Spaß... Manchmal kommt mir viel in den Sinn, man könnte glauben, dass ich ein Dichter bin.“ Dabei schuf er Bilder seiner Billeder Heimat, ließ persönliche Eindrücke in die Feder fließen, Gedanken und Gefühle wie Heimatliebe, Volks- und Naturverbundenheit, doch auch Selbstzweifel. Als Bauernkind aufgewachsen, im steten Kontakt zur Natur und abhängig von ihren Launen, widmete er auch der Sonne, der Lebensspenderin, anerkennende Verse: „Hab’ Dank, lieb’ Sonne, für den Strahl! Willkommen sei uns allemal und wärme unsre Herzen auf, so nimmt das Leben sonnigen Lauf.“ Auch dem Verfasser selbst hat das Schicksal trotz Schwierigkeiten „sonnigen Lauf“ beschert durch seine freundliche Art, mit Menschen umzugehen, vor allem aber durch die 65 glücklichen Ehejahre mit Katharina, geb. Eichert, den Kindern Katharina und Hans, den Enkeln und Urenkeln. Nicht nur seinem Garten hat er Verse gewidmet, auch dem Sperling, dem Spatzennest, den Schwalben, dem Storchennest, der


Leistung und Würdigung goldenen Ähre, dem Blümlein, wie es kaum ein anderer Billeder getan hat, so auch dem Wechsel von Tag und Nacht, dem Wechsel der Jahreszeiten. Überraschend-unüblich für den urwüchsigen Billeder Bauern ist seine Lust zu wandern: „Zum Wandern in den Wald und auf die Berge hinauf verspürte ich jedes Jahr die Lust und freute mich drauf. So weiter machen will ich, solange ich kann, das Ende kommt von allein und Gottes Segen dann.“ Die eigene Familie und seine Billeder Landsleute hat er natürlich auch mit Versen bedacht, weil sie ihm überaus wichtig waren und nahe standen. Zu Allerheiligen gedachte er ihrer: „So viele unsrer toten Billeder Leut’ sind in der ganzen Welt zerstreut, begraben dort in fremder Erde ohne Segen, auch ihnen möge Gott die ew’ge Ruhe geben.“

151 Seine Banat-Liebe brachte er im Gedicht „Sehnsucht“ zum Ausdruck: „Fort wir gingen dann von dir, schönes Heimatland, o glaube mir, ewig werden wir vermissen dich, grüßen und dir widmen ein Gedicht.“ Dabei vergaß er auch die Liebe zur neuen Heimat nicht: „Karlsruh ist für uns der schönste Ort, wo wir siedeln, finden viele Landsleut’ dort. Unser Traum ist wahr und unsre Freude groß, sind wir doch geborgen jetzt im Mutterschoß.“ Die durch den schmerzhaften Verlust betroffene Familie und die Billeder Ortsgemeinschaft haben sein Ableben beweint und sehr zahlreich von ihm Abschied genommen. Sein gewinnendes Wesen wird vielen in Erinnerung bleiben, wie auch seine Verse und Kompositionen ihn lange überleben werden. Gott wird in ihm einen kurzweiligen Gesprächspartner haben und ihm gern seine kleinen Sünden vergeben. Wir vermissen ihn....

Spenden für die Billeder Heimatstube

Josef Herbst

Helga Kerner aus Lauterbach Aus dem Nachlass ihres Vaters, Peter Thöres (312): Banat-Karte, Billeder Dorf-Karte, Bücher, Bilder und Video- Kassetten Katharina Braun aus Sulz (469) Ein Spinnrad Elisabeth Braun aus Rastatt (467) Eine Kaffee-Tasse um 1900 Hans Taugner aus Pforzheim (Alexanderhausen) Für die Billeder Sozialstation eine Musik-Box mit über 70 Langspielplatten Johann Steiner (297) 200 Exemplare von „Die Gräber schweigen“ Band 2, die gegen eine Spende für die HOGKasse weitergegeben werden können.


Statistik

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Russlandverschleppung (aller Männer im Alter von 16-45 und aller Frauen im Alter von 18-30 im Januar 1945) - Gemälde von Stefan Jäger. Rund 75.000 Rumäniendeutsche wurden als Reparation für die Kriegsschuld Deutschlands in die Sowjetunion zu Zwangsarbeiten verschleppt. Die überlebenden Sklavenarbeiter wurden erst 5 Jahre nach Kriegsende entlassen.

Keine Anerkennung für die letzten, noch lebenden, ehemaligen Russlanddeportierten

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as Verschleppungsunrecht als Kriegsfolgeschicksal ist bisher nicht gesondert entschädigt worden. Mit dem Argument des allgemeinen Kriegsfolgeschicksals sieht die derzeitige Bundesregierung „keinerlei Ver­anlassung zur Prüfung weiterer Entschädigungsansätze“. Und das sagt die schwarzgelbe Koalition. Von den Rot-Grünen gabs dasselbe, d.h. auch nichts. Auch keine symbolische Wiedergutmachung ist im Gespräch. Die Verschleppung unserer Landsleute, und dies ist wissenschaftlich belegt, war eine Reparationsleistung in Arbeitskraft für die Kriegsschuld Deutschlands. Von Rumänien, das damals bei der Verschleppung mitgewirkt hatte, bekommen die ehema-

ligen Zwangsarbeiter, die im Besitz der rumänischen Staatsbürgerschaft sind eine für dieses Land angemessene, Wiedergutmachung. Mehrmals schon wurde in unserem Heimatblatt auf die unmenschlichen Bedingun­gen hingewiesen, unter denen die Verschleppten arbeiten und leben mussten. Bedingungen, deretwegen viele dort verstarben oder - gesundheitlich so geschädigt waren - dass sie nach ihrer Entlassung, früher oder später, gestorben sind. Heute gilt unsere ganze Bewunderung und Hochachtung all denen, die zur Zeit noch in unserer Mitte weilen. Wir wünschen, dass solches Leid nie wieder über Menschen hereinbricht.


Statistik

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Statistik der Billeder Russlanddeportierten

Josef Herbst

Ehemalige Russlandverschleppte, die heute in der BRD leben Vorname, Name geborene 1. Margarethe Keller geb. Lauth 2. Maria Thöress geb. Scheer 3. Susanna Heinrich geb. Blum 4. Maria Pritz geb. Breitenbach 5. Elisabeth Slavik geb. Debacher 6. Eva Thöress geb. Maurer 7. Susanne Weber geb. Glasz 8. Ema Gross geb. Reinholz 9. 10. Margarete Weber geb. Divo 11. Elisabeth Rieder geb. Mager 12. Margarete Thöresz unv. 13. Magdalene Pilli geb. Reiter 14. Katharina Gagstädter geb. Schaljo 15. Magdalena Mayer geb. Steiner 16. Elisabeth Plennert geb. Mann 17. Katharina Wilhelm geb. Glassen 18. Katharina Graf geb. Schütz 19. Susanna Hahn geb. Filippi 20. Maria Dreier geb. Steiner 21. Maria Dolghi geb. Slavik 22. Helene Neumayer geb. Feiler 23. Elisabeth Potgorski geb. Schuch 24. Magdalena Sehi geb. Gilde 25. Anna Neumann geb. Uitz 26. Anna Jobba geb. Schulz 27. Georg Römer 28. Barbara Slavik geb. Karl 29. Klara Prunkl geb. Reinert 30. Margarete Freer geb. Muhl 31. Elisabeth Frank geb. Schmidt 32. Katharina Follmer geb. Gierscher 33. Elisabeth Weber geb. Weber 34. Elisabeth Baranya geb. Pfeifer 35. Käthe Hehn geb. Klein 36. Katharina Bojar geb. Knill 37. Katharina Mellinger geb. Bier 38. Maria Schwartz geb. Slavik 39. Elisabeth Kubitschko geb. Welter 40. Elisabeth Hehn geb. Mann 41. Maria Schortje geb. Zillich 42. Nikolaus Slavik 43. Elisabeth Mann geb. Schwarz 44. Josef Ballmann

Nr. 736 555 764 640 133 166 426 573 202 365 41 439 388 338 605 707 524 695 404 15 303 280 576 168 775 752 249 348 128 569 684 663 132 456 17 232 124 587 563 723 173 426 71

geboren 1915 1917 1919 1920 1920 1920 1920 1921 1921 1921 1921 1921 1922 1922 1923 1923 1923 1923 1923 1924 1924 1924 1924 1924 1924 1924 1925 1925 1925 1925 1925 1925 1925 1925 1925 1925 1925 1925 1926 1926 1926 1926 1926

Ortschaft Frankenthal Karlsruhe Hockenheim Frankenthal Dingolfing Karlsruhe Haar/München Freilassing Bielefeld Pfinztal Karlsruhe Königsbach Balingen Karlsruhe Singen Reutlingen Pocking Stuttgart Bad Aibling Stuttgart Freiburg Schwabach Langenwehe Frankfurt/Main Landshut Kahl/Rhein Frankenthal Dortmund Karlsruhe Traunreut Nürnberg Germering Nalbach Jesenwang Nürnberg Baddeckenstedt Mühlheim/Ruhr Ostfildern Mering Waltenhofen Jöhlingen Karlsruhe Traunreut


Statistik

154 45. Maria Prinz geb. Reichel 46. Anna Schragner geb. Schummer 47. Barbara Jost geb. Hehn 48. Maria Linzer geb. Backhaus 49. Margarete Neumann geb. Welter 50. Katharina Schackmann geb. Kasper 51. Anna Neiss geb. Quintus 52. Johann Gehl 53. Cäcilie Frekot geb. Ochsenfeld 54. Nikolaus Gilde 55. Anna Zimmer geb. Gergen 56. Magdalene Gängler unv. 57. Elisabeth Metzger unv. 58. Elisabeth Fackelmann geb. Lahni 59. Maria Breitenbach geb. Helfrich 60. Peter Jung 61. Elisabeth Lichtfusz geb. Pfersch 62. Jakob Müller 63. Adam Gagstädter 64. Susanne Rollinger geb. Hahn 65. Nikolaus Weber 66. Maria Neumann geb. Lahni 67. Elisabeth Rademacher geb. Welter 68. Peter Klein 69. Maria Biebel geb. Wilhelm 70. Hans Lichtfusz 71. Adam Rieder 72. Hans Sieber-Brach 73. Hans Eichert 74. Johann Slavik

791 607 472 396 72 26 183 116 781 118 292 625 593 824 491 142 345 103 388 691 431 137 389 697 731 345 361 71 460 452

1926 1926 1926 1926 1926 1926 1926 1926 1926 1927 1927 1927 1927 1927 1927 1927 1927 1927 1927 1927 1927 1927 1927 1927 1927 1927 1927 1928 1928 1928

Sindelfingen Mannheim Wesseling Ettlingen Ingolstadt Karlsruhe Traunreut Karlsruhe Waldkraiburg Karlsruhe Nürnberg Augsburg Ingolstadt Nürnberg Stuttgart Neuburg/Donau Feuchtwangen Singen Balingen Neuried Singen Homburg /Saar Karlsruhe Flachslanden Backnang Feuchtwangen Rastatt Erbach Karlsruhe Crailsheim

Ehemalige Russlandverschleppte, die heute in Billed und in anderen Ländern leben 75. Katharina Gilde unv. 76. Maria Schöplein geb. Plennert 77. Katharina Done geb. Schank 78. Maria Gilde unv. 79. Elisabeth Marx geb. Steuer 80. Magdalena Schrott geb. Laub 81. Elisabeth Gebel geb. Schank 82. Maria Slavik unv. 83. Johann Mayer 84. Anna Filips geb. Steuer 85. Elisabeth Balbierer unv. 86. Julius Hager 87. Peter Trendler 88. Erich Kaplan

483 719 728 483 62 806 585 393 502 849 584 238 304 654

1919 1919 1920 1921 1924 1924 1925 1926 1926 1926 1926 1928 1928 1928

Billed/Rum. Temeschburg/R. Hunedoara/Rum. Billed/Rum Billed/Rum. Billed/Rum Douchy/Frankr. Bakova/Rum. Billed/Rum. Gösing/Österr. Ploiesti/Rum. Tiream/Rum. Billed/Rum. Lakeland/USA

Anmerkung: Katharina Vollmer und Anna Neiss haben nach Billed geheiratet. Von 556 Russlanddeportierten lebten am 10. November 2012 noch 88.


Statistik

Melonenverkauf in den 70er Jahren in der Sauerländergasse. Eins. Adam Csonti In den 70er Jahren gab es noch Handwerker in Billed. Eins. Adam Csonti

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Zaungast beim Plausch, Aquarell, 26x20 cm, Leihgeber: Maria und Michael Braun Aus dem Ausstellungskatalog „Hommage an Stefan Jäger“ von Peter Krier

Statistik


Weihnachtsgedanken

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or rund 2000 Jahren kam Gott in der Gestalt eines Babys auf die Welt. Diese Geburt Jesu feiern wir Christen und nennen dieses Fest am Ende des Kalenderjahres Weihnachten. Das erste Wortglied „Weih“ stammt aus dem Germanischen „wiha“ für „heilig“, verwandt auch mit dem Verb „weihen“ und wurde im 12. Jahrhundert in einer Predigtsammlung erwähnt. Das zweite Wortglied „naht“ bezeichnet den Nachtanbruch nach der damaligen Zeiteinteilung. Martin Luther dachte dabei an „wiegen“ und bildete „Wygenachten“, „da wir das kindlein wygen“. Ob nun die heilige oder geweihte Nacht eine Nacht zum Kinderwiegen ist, sei mal dahingestellt. Warum kam Gott als Baby zu uns? Warum nicht als erwachsener Mensch, der schon vieles kann und weiß und über entsprechende Lebenserfahrung verfügt? Oft vergessen wir, wie wichtig und prägend eben die ersten Lebensjahre sind. Es ist uns meist nicht bewusst, dass ein Kind von allen Lebensjahren im ersten am meisten lernt. Die prägenden moralischen Werte und Verhaltensregeln werden uns im Kindesalter vermittelt: Sei fair, teile mit anderen. Tue anderen nichts Böses, entschuldige dich für dein Fehlverhalten. Räume auf, wenn du etwas in Unordnung gebracht hast. Achte auf den Verkehr, wenn du über die Straße gehst. Wasch dir vor dem Essen die Hände. Denke nach, bevor du sprichst. Konzentriere dich auf Wesentliches. Lerne etwas Sinnvolles. Der amerikanische Schriftsteller Mark Twain hat wie die meisten von uns folgende Erfahrung ge-

Hermine Schnur

macht: „Als ich vierzehn war, war mein Vater so unwissend. Ich konnte den alten Mann kaum in meiner Nähe ertragen. Aber mit einundzwanzig war ich verblüfft, wie viel er in sieben Jahren dazugelernt hatte.“ Doch nicht nur den erhobenen Zeigefinger und die mit zunehmendem Alter im Laufe der Lebensjahre sich verändernde Perspektive verbinden wir mit Kindheit. Es sind auch die lebensbejahenden und positiven Dinge, die uns beigebracht wurden. Singe jeden Tag ein bisschen, halte ein Nickerchen, spiele mit jemandem. Lache mit anderen, aber nicht über andere. Entdecke die Schönheit des geschriebenen Wortes. Male ein Bild. Achte auf die Wunder, die dich umgeben. Spür das Gras unter deinen Füßen, wenn du barfuß gehst. Schau und staune mit Kinderaugen. Freue dich am Samenkorn im Blumentopf, wie es wächst und gedeiht. Genieße den Duft einer wohlriechenden Blume oder des frisch gekochten Essens. Höre das morgendliche Vogelgezwitscher oder einfach nur die absolute Stille. Vielleicht ist Gott als Baby zu uns auf die Welt gekommen, um uns zu diesen ursprünglichen und einfachen Elementen des Lebens zurückzuführen und uns diese scheinbar unwichtigen Dinge in Erinnerung zu bringen. Vielleicht ist das auch eine Botschaft von Weihnachten: Vielleicht will das Jesukind in der Krippe uns sagen: Sei wie ein Kind, singe, spiele, lache, genieße, staune, SCHAU… In diesem Sinne: Abwechslungsreiche und erstaunliche Weihnachten mit Kinderaugen!


192 Inhaltsverzeichnis Vorwort, Werner Gilde................................................................................................................3 Grußwort zum 25-jährigen Jubiläum des Billeder Heimatblatts, Michael Obert................4 25 Jahre Billeder Heimatblatt, Jürgen Stober . ........................................................................5 25. Jubiläumsausgabe Billeder Heimatblatt, Peter Krier........................................................6 Der gute Ton ist in die Kirche zurückgekehrt, Hans Rothgerber...........................................8 Danksagung des Kirchenrates, Brunhilde Klein.......................................................................9 25 Jahre Denkmal der Billeder; ..............................................................................................13 Zum 25. Mal Allerheiligen am Denkmal der Billeder . .......................................................14 Der Schwabenmaler in Billed, Hans Rothgerber...................................................................18 Die Trachtengruppe der Banater Schwaben Karlsruhe beim Pfingsttreffen in Ulm.........28 4. Banater Sommerfest in Karlsruhe - ein prominenter Erfolg............................................30 Rekord-Fest beim Nürnberger Fan Club unserer „Blech“, Hans Rothgerber....................38 Das 13. Schlachtfest unserer „Blech“ - ein Festmarathon, Adam Tobias...........................44 Die Banatia, Wilhelm Weber.....................................................................................................52 Billeder Banatia-Schüler, Johann Gehl und Johann Eichert.................................................76 Schuhpasta-Clubs in den 30ern, Margarethe Weber..............................................................78 Der amerikanische Traum, Annemarie Ebner, geb. Bentz, Ännys Nichte.............................80 Zweimal Amerika und zurück, Brigitte Hehn und Johann Steiner.......................................86 Die Welt ist groß – die Heimatliebe bleibt!, Elisabeth Martini............................................96 70 Jahre seit dem Einzug unserer Landsleute zum deutschen Heer, Peter Krier..............98 Fußball – ein Billeder Stiefkind?, Elisabeth Martini...........................................................105 Der Lebensweg von Kapellmeister Nikolaus Schilzony, Peter Krier............................... 112 Der lange Weg, Versuchung im Treibhaus, Franz Heinz.................................................... 116 Das besondere Weihnachtsgeschenk, Otto Aczel................................................................. 116 Tiefflieger, Günter Kerner....................................................................................................... 117 Temeschburg 2000, Karl Balogh........................................................................................... 118 Der Tag von gestern, Phil Bosmans....................................................................................... 118 Jubelfeier, Franz Grillparzer ................................................................................................. 119 Värzicher, Peter Neumann ..................................................................................................... 119 Die Weiwer denke komplizeerter; Billeder ABC, Elisabeth Martini (Frick)....................120 Alleritt Flammkuche, Erika Weith, geb. Leidecker .............................................................121 Wir waren auch dabei – Brasilien Januar 2012, Marliese Knöbel (Wagner)....................124 Banater Schwaben in den Südtiroler Dolomiten, Elisabeth Martini.................................128 Billeder Rentner unter sich, Jakob Muttar............................................................................134 Ein gebürtiger Billeder im Guinness-Buch der Rekorde, Josef Herbst............................136 Maria und Franz Roman, Margarethe Weber (Divo)...........................................................140 Peter Trendler würde gerne die Störche wieder zählen,.....................................................142 Diamantene Hochzeit von Helene und Karl Neumayer,....................................................143 Diamanthochzeit von Jakob und Ruth Schrottmann,.........................................................144 Adam Tobias sen., ein Handwerker durch und durch, A. Tobias jun. und E. Martini......145 Der passionierte Mathematiker Martin Mettler, Josef Herbst............................................147 Nie stirbt das Lied! . ...............................................................................................................148 Hans Jobba - ein Billeder Verseschmied, Elisabeth Martini...............................................150 Spenden für die Billeder Heimatstube, Josef Herbst...........................................................151 Keine Anerkennung für die letzten noch lebenden Russlanddeportierten.......................152 Statistik der Billeder Russlanddeportierten Josef Herbst....................................................153 Statistik unserer Billeder Landsleute in Rumänien, Josef Herbst......................................157 Statistik unserer Landsleute weltweit, Josef Herbst............................................................160 Weihnachtsgedanken, Hermine Schnur.................................................................................190


Einladung zum Billeder Heimattag am 18. -19. Mai 2013 in Karlsruhe

20.

Eintritt frei! (Spende freiwillig)

Für die Zuhausegebliebenen wird am Samstag, 18.05.2013, zwischen 16:30-19:00 Uhr, das Treffen weltweit über das Internet übertragen unter: www.heimathaus-billed.de

Festprogramm * Samstag, 18. Mai 2013 10:00 Treffen der Landsleute in der Badnerlandhalle in Karlsruhe-Neureut 14:00 Festzug der Trachtenpaare und Blaskapelle durch Neureut, Abholen der Ehrengäste 15:00 Gottesdienst in der St. Judas-Thaddäus-Kirche 16:30 Begrüßung, Grußworte der Ehrengäste und Kulturprogramm in der Festhalle 20:00 Unterhaltungsabend in der Festhalle mit der Billeder Blasmusik und DJ Gerry Sonntag, 19. Mai 2013 10:00 Gedenkfeier am Billeder Denkmal auf dem Hauptfriedhof in Karlsruhe 11:00 Hauptversammlung der HOG Billed in der Gaststätte der Rintheimer Sporthalle Anschließend gemütliches Beisammensein, Ausklang des Treffens

*mögliche Änderungen und zeitnahe Infos finden Sie im Internet unter www.heimathaus-billed.de


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Billeder Heimatblatt 2012

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www.heimathaus-billed.de

Billeder Heimatblatt 2012 Herausgegeben von der HOG Billed


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