Billeder Heimatblatt 2021

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Inhaltsverzeichnis

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Billeder Heimatblatt 2021

heimathaus-billed.de

Herausgegeben von der HOG Billed


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Banater Hausgarten im Frühjahr. Links im Bild der QR-Code zum Video, in dem Brunhilde Klein ihren Hausgarten in Billed vorstellt. Das Video befindet sich auch auf heimathaus-billed.de.


Billeder Heimatblatt 2021

heimathaus-billed.de

Dezember 2021 | 34. Ausgabe

Inhalt 3 4 6 10 12 13 16 17 18 20 24 28 30 38 40 66 72 78 82 86 90 94 96

Vorwort, Werner Gilde Brief der österreichischen Botschafterin in Rumänien Konstanzer besuchen Billed, Birgitta und Konrad Fritz 24. Billeder Heimattag 2021 / Digital, Hans Rothgerber Grußwort von Gabriele Luczak-Schwarz Grußwort von Werner Gilde Wie die alte Heimat neu wurde, banat-tour.de Wenn die Paprika mit dem Mook, Sigrid Katharina Eismann Zu Besuch bei der „Billeder Heiderose“, Astrid Ziegler Zeitreise zurück in die Kindheit, Astrid Ziegler Mein erster Besuch in der Billeder Heimatstube, Brigitte Maxa Allerheiligen 2021 in Karlsruhe und Billed, Elisabeth Martini (Frick) Gedenkrede am Denkmal der Billeder, Stefanie Hehn Billeder Schule im Rückblick, nach Elvira Slavik Elvira Slavik, Elisabeth Martini Baudokumentation aus der Baragan-Deportation Astrid Ziegler 70 Jahre Bărăgandeportation, Werner Gilde Zauber der Kindheit - selbst im Baragan, Marliese Knöbl, Marlies Holzinger, Anna Mann u.a. Die Vogelperspektive, der Traum vom Fliegen, Hans Rothgerber Der Schwabenmaler bei den Heimattagen, H. Rothgerber Ein kommunistisches Musical in einer imperialen Festung, Hans Rothgerber Erstes Billeder Zivilopfer des 2. Weltkrieges, Anna Lind Seit 50 Jahren wird in Billed ununterbrochen Handball gespielt, Josef Thöres

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Das schwowische Band, Erika Weith, geb. Leidecker Ein Streifzug durch das Billeder Kirchenjahr, Barbara Franz Hirsch Familienfoto, Nikolaus Geisz Hirsch Family Photo, Nikolaus Geisz Mein erstes Fahrrad, Josef Herbst Die Schule, Josef Herbst Mein erster Weizenschnitt, Josef Herbst Der Eiskeller meiner Großeltern, Annemarie Ebner Der kleine Emil und der Mercy ..., Emil Knöbl Das kleine Glück, Brigitte Maxa Gedanken 2021, Karl Balogh Luschtiche Gschichte (billedrisch), Alfred Selpal Abgesang, Hans Günther Lauth besuch in der heimat, Hans Günther Lauth Schuld sind immer die Lehrer, Hans Günther Lauth sterbebilder, Hans Günther Lauth Vier Schneider in einer Familie, Helmut Heimann AMG-Stiftung: Wechsel an der Spitze des Verwaltungsrats, Peter-Dietmar Leber Erna Paler (Weber) - neue Vorsitzende des Aufsichtsrats der AMG-Stiftung, Elisabeth Martini Susanne Ballmann - 90 Lebensjahre ..., Elisabeth Martini Franz und Edeltraud Hunger - 50 Jahre glücklich verheiratet! Jakob Muttar Zum 100. Geburtstag von Margarethe Weber (Divo), Elisabeth Martini Frieher un jetz, Margarethe Weber (Divo) Der „Storchenvater“ Peter Trendler zählt keine Billeder Störche mehr..., Elisabeth Martini Schachmeisterschaft 2021, Alfred Selpal Statistik, Hans Herbst und Werner Tobias Dem Alter die Ehre 2021, Hans Herbst und Werner Tobias

Impressum Herausgeber: Heimatortsgemeinschaft Billed e.V. | heimathaus-billed.de Redaktion: Elisabeth Martini | Bildredaktion, Grafik, Layout und Satz: Hans Rothgerber | Auflage: 1.200


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In eigener Sache

Unser Heimatblatt

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rundsätzlich wird das Billeder Heimatblatt allen Landsleuten kostenlos zuge­stellt. Da wir für Druck und Versand je Buch 10.- € leisten müssen, bitten wir Sie, eine Spende auf das Konto der HOG Billed, IBAN: DE95661900000000111791 BIC: GENODE61KA1 zu überweisen, ein entsprechender SEPA-Überwei­sungsschein ist beigelegt. Achtung, er muss entsprechend ausgefüllt werden! Spenden können auch auf unser Paypal-Konto überwiesen werden. konto@heimathaus-billed.de Um ihre Überweisung einordnen zu können, schreiben Sie bitte auf den Überweisungsschein Vorname (auch der E­he­frau), Fami­lienname, Ortschaft und Zweck. Wir erwarten keine Spende von Landsleu­ten mit geringer Rente, von Arbeitslosen und von den Landsleuten aus Billed. Wir freuen uns, dass wir Ihnen unser Heimatblatt als Zei­chen unserer Verbundenheit übermitteln können. Wir bitten jedoch um Verständnis dafür, dass wir wohlsi­ tuierten Landsleuten ohne Ge­genleistung die nächste Ausgabe nicht mehr zusenden. Landsleute, deren An­schrift sich geändert oder in deren Familien ein Ereignis (Geburt, Hochzeit, Todesfall) stattgefunden hat, bitten wir um Mitteilung an Hans Herbst, Freiligrathweg 14, 76571 Gaggenau Tel. 07225-77233, hans.herbst@billed.de Ihre Meinungen und Äußerungen zum Heimatblatt, Ihre Vorschläge und Ideen richten Sie bitte an die Redaktion: Elisabeth Martini, Kronenstraße 36, 76133 Karlsruhe, Telefon 0721/379214 Druckfehler, Änderungen und Irrtümer vor­behalten. Au-

torenbeiträge sind namentlich gekennzeichnet und die inhaltliche Verantwortung liegt bei diesen. Die Redak­ tion dankt allen diesjährigen Mitarbeitern für ihre Beiträge und Bilder und möchte gleichzeitig alle Landsleute auffordern, Artikel bzw. Anregungen für das Heimatblatt auch im nächsten Jahr zu senden. Der Vorstand der HOG Billed Gewählt am 8.06.2019 bei der Hauptversammlung in Karlsruhe Ehrenvorsitzender: Peter Krier Vorsitzender: Werner Gilde, Tel. 0721-863891 Stellvertreter: Ralf Gilde: ralf.gilde@googlemail.com Schriftführer: Adelheid Müller, Tel. 0721-1331547 Kassenwart: Jakob Muttar, Tel. 0721-784177, Email: j.muttar@web.de Beisitzer: Elisabeth Martini, Tel. 0721-379214, Email: emartini@gmx.net Hans Rothgerber Email: joharo@gmx.de Hans Herbst, Tel. 07225-77233 Email: hans.herbst@billed.de Adam Tobias, Tel. 0721-865315 Email: ea.tobias@web.de Werner Tobias, Tel. 06138-941031 Email: wernertobias83@web.de Mitglieder unserer HOG, die auch nach Weihnachten das Heimatblatt nicht erhalten haben, mögen sich unmittelbar an Werner Gilde oder Hans Herbst wenden.


Vorwort Liebe Landsleute, liebe Freunde, nun hält uns die Pandemie schon fast zwei Jahre in ihrem Bann. Als ich Euch alle im vergangenen Jahr in meinem Vorwort zum Billeder Heimattag nach Karlsruhe eingeladen habe, war ich, wie viele andere auch, noch zuversichtlich, dass wir alle wieder gemeinsam in gewohnter Form feiern können. Keiner hatte gedacht, dass dies nicht möglich sein wird. Trotzdem fanden wir es sehr wichtig, Euch etwas zu bieten. Deshalb hatten wir uns entschieden, den Billeder Heimattag in digitaler Form stattfinden zu lassen. Viele Billeder und Landsleute haben sich am Pfingstsamstag vor einem Bildschirm eingefunden und waren so bei diesem besonderen, aber hoffentlich einmaligen Heimattag mit dabei. Wir haben von verschiedenen Seiten dafür Lob und Anerkennung erhalten. Unser Einsatz hat sich gelohnt. Im Laufe des Jahres sind auch verschiedene andere HOGs unserem Beispiel gefolgt und haben in digitaler Form ihre Traditionen am Leben gehalten Ende August wollte man in Billed 50 Jahre seit der Gründung des Handballvereins „Vointa Billed“ feiern. Auch diese Feier musste auf das Jahr 2022 verschoben werden. Alle ehemaligen Handballer sind zu dieser Feier herzlich eingeladen. Wer Interesse an einer Teilnahme hat, meldet sich bitte bei mir. Die Heimatgemeinschaft Billed gedenkt, eine Busfahrt zu diesem Anlass zu organisieren. Wir freuen uns auf jeden, der bei diesem Fest dabei sein möchte. Bitte rechtzeitig melden. Da wir im zurückliegenden Jahr nur wenige Veranstaltungen umsetzen konnten, ist es uns trotzdem gelungen, ein in meinen Augen interessantes Heimatblatt zu veröffentlichen. Ich bedanke mich bei allen, die wieder

3 aktiv am diesjährigen Heimatblatt mitgestaltet haben. In der Hoffnung, dass 2022 ein besseres Jahr für Veranstaltungen wird, lade ich Euch jetzt schon alle zu unserem großen Treffen an Pfingsten nach Ulm ein. Vielleicht können wir uns auch beim Herbstfest in Nürnberg oder beim Schlachtfest in Frankenthal treffen und endlich wieder gemeinsam feiern. Hierfür lohnt es sich immer, auf unserer Homepage https://www.heimathaus-billed.de/ nach den aktuellsten Ankündigungen und Informationen zu schauen. Das bevorstehende Weihnachtsfest und der Jahreswechsel bieten mir eine gute Möglichkeit, mich erneut bei allen aktiven Helfern und Spendern von Herzen zu bedanken. Mein besonderer Dank geht an alle unsere Mitglieder, die unseren Verein in irgendeiner Form unterstützen. Besonders möchte ich hier auch nochmal den Autoren der nachfolgenden Beiträge im diesjährigen Heimatblatt danken, ohne deren Engagement wäre die Herausgabe des Heimatblattes unmöglich. Großen Dank verdienen natürlich auch unsere zwei Redakteure Elisabeth Martini und Hans Rothgerber. Ohne ihren Einsatz wäre unser Heimatblatt in seiner Fülle und Qualität nicht möglich. Liebe Billeder, liebe Landsleute und Freunde, im Namen des Vorstands der HOG Billed e.V. wünsche ich Euch ein gesegnetes Weihnachtsfest und ein glückliches, gesegnetes Jahr 2022! Werner Gilde, Vorsitzender der HOG Billed PS: Teilt uns bitte Eure Geburten, Eheschließungen und Todesfälle mit. Ansprechpartener sind: Hans Herbst: hans.herbst@billed.de Werner Tobias: wernertobias83@web.de


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Aktuell

Brief der österreichischen Botschafterin in Rumänien Mag. Isabel Rauscher über ihren Besuch im Billeder Heimathaus Bukarest, 6. Juli 2021 Sehr geehrter Herr Vorsitzender der HOG Billed, Werner Gilde, Sehr geehrter Herr Vorsitzender des Deutschen Demokratischen Forums Billed, Adam Csonti, Liebe Freunde der Gemeinde Billed,

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nde Mai 2021 führte mich ein Arbeitsbesuch ins Banat: endlich konnte ich die längst überfällige, Corona-bedingt verzögerte Einweihung des neuen österreichischen Honorarkonsulats in Temeswar vornehmen. Der Bundespräsident der Republik Österreich Alexander van der Bellen hatte Herrn Georg Bardeau bereits im August 2020 als Honorarkonsul der Republik Österreich mit Zuständigkeit in den westlichen Landkreisen Temesch, Arad, Caraș-Severin, Bihor, Hunedoara und Mehedinti ernannt. Ich habe diesen Besuch ausgenutzt, um auch etwas hinter die Geschichtskulissen der Region zu blicken, die ja mit Österreich so vielseitig verflochten ist. In Lenauheim, Großsanktnikolaus und Hatzfeld begaben HK Bardeau und ich uns auf die Suche nach österreichischen Spuren. Der Abstecher nach Billed erwies sich dabei als „highlight“ unserer Fahrt durch die Banater Heide. Der herzliche Empfang durch Herrn Adam Csonti, der guten Seele des Heimathauses in Billed und Wissensbrunnen Banater Chronik, sowie seiner Frau vermittelte umso mehr ein Gefühl der Verbundenheit.

„Das Land war eine verödete Sumpflandschaft. Mit Ulmer Schachteln sind die Siedler donauabwärts ins Banat gefahren“, begann Herr Csonti seine Einführung in die Geschichte der Gemeinde Billed und somit in die Geschichte des Banats, das nach der Befreiung von den Türken im Zuge der theresianischen Schwabenzüge besiedelt wurde. Große Bewunderung für die so großartig dokumentierte Plakatausstellung — das reinste Vergnügen, auf die­ se Art und Weise auch mir bisher unbekannte Details zu erfahren! Ebenso für das besonders liebevoll eingerichtete Museum, eine wunderbare Veranschaulichung der Geschichte der Banater Schwaben, wie sie gelebt, gearbeitet, gefeiert, gelitten und getrauert haben. Ein herzliches Dankeschön Ihnen und allen fleißigen Händen, die dazu beitragen, dass Geschichte und Geschichten nicht nur für mich sondern insbesondere für die nachfolgenden Generationen erhalten bleiben! Mit herzlichen Grüßen, Isabel Rauscher Abbildung rechts Von links: Adam Csonti, Mag. Isabel Rauscher, Botschafterin der Republik Österreich in Rumänien und Georg Bardeau, Honorarkonsul der Republik Österreich in der Billeder Heimatausstellung. Foto: Roswitha Csonti


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Aktuell

Konstanzer besuchen Billed

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orona hat viele Pläne durchkreuzt. So auch den unsrigen, an der Amtseinführung unseres Sohnes Dominic Samuel Fritz als Bürgermeister von Timisoara im Oktober 2020 teilzunehmen. Wir mussten diese Reise verschieben, bis wir im Juli 2021 endlich von Konstanz ins Banat aufbrechen konnten. Unser Ziel war, neben dem lang ersehnten Wiedersehen mit Sohn Dominic und Schwiegertochter, tiefer in die Geschichte und Kultur des Banats und Siebenbürgens einzusteigen. Der Roman von Catalin Dorian Florescu „Jakob beschließt zu lieben“ war eine wunderbare Vorbereitung dafür. In dem Roman wird die Geschichte der Banater Schwaben anhand der Familie Obertin beginnend mit dem 30jährigen Krieg bis in die 50er Jahre erzählt. Nach zwei Wochen Reisen in Siebenbürgen und Banat, nach Tagen der Stadterkundung in Temeswar konnten wir am Tage vor unserer Abreise quasi eine Zusammenfassung all unserer Einblicke in die historischen Hintergründe der Banater Schwaben durch den Besuch des Heimathauses der HOG in Billed erfahren. Familie Csonti empfing uns mit unserem Sohn an einem sonnigen Augustsonntag. Zunächst besuchten wir die Ausstellung im Heimathaus. Die Dokumentation zu der Geschichte der Banater Schwaben in Billed mit all den Fotos, Grafiken und Informationen hat uns sehr beeindruckt. Es wurde uns bewusst, wie tüchtig die Vorfahren der Billeder das Land urbar gemacht, das Handwerk entwickelt, die Bildung ge-

Birgitta und Konrad Fritz

fördert, die Kultur entfaltet und sich für das Gemeinwohl eingesetzt haben. Aber auch die Not durch die Kriege, Vertreibung und Unterdrückung wurde deutlich. Die Darstellungen des Banater Malers Stefan Jäger – einige wurden in der Ausstellung ebenfalls gezeigt – vervollständigten auf besondere Weise die Erinnerungen an das Leben der Banater Schwaben. Herr Csonti zeigte uns nach der Führung die Vereinsräume in dem hervorragend renovierten ehemaligen Bauernhaus, sowie die freundlichen und einladenden Gästezimmer. Eindrücklich schilderte uns Herr Csonti die Aktivitäten des Vereins. Besonders die Arbeit der Sozialstation, geleitet von Frau Csonti, verdient höchste Wertschätzung. Alte Menschen werden mit Essen versorgt und man kümmert sich um die täglichen Bedürfnisse dieser Mitmenschen. Wir haben großen Respekt vor diesem Engagement, das sich nicht nur an die Dorfbewohner der deutschen Minderheit richtet. Diese Art der Verantwortung für das Gemeinwohl könnte Modell für viele andere Gemeinden werden, wo ältere Menschen sich selbst überlassen sind. Dass Gastfreundschaft bei den Billedern kein Fremdwort ist, durften wir als Abschluss bei Kaffee und Kuchen im Garten des Heimathauses erfahren. Ein herzliches Dankeschön an Herrn Csonti, seine Frau und an seine Tochter für die geschenkte Zeit und den Gedankenaustausch. Dieser Nachmittag war ein wunderbarer Abschluss unserer Reise. Die Eindrücke waren nachhaltig. Zu Hause angekom-


Aktuell

men, stellten wir gleich einen Vortrag mit Fotos unserer Erlebnisse zusammen, den wir im Freundes-und Bekanntenkreis mehrmals hielten. Einige Fotos stammen aus der Ausstellung des Billeder Heimathauses. So zieht die Geschichte der Deutschen in Billed damals und heute auch in unserem Raum weitere Kreise. Möge sich die Billeder Heimatgemeinschaft weiterhin ihren Gemeinsinn und Zusammenhalt bewahren. Konstanz, November 2021

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Abbildung Von links: Adam Csonti, Birgitta und Konrad Fritz (die Eltern von Dominic Fritz), Dominic Fritz (Bürgermeister von Temeswar) und Yiran Lin (die Partnerin von Dominic Fritz) in der Heimatausstellung der Billeder.


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Aktuell

Abbildung links Eintrag ins Gästebuch der Billeder Heimatausstellung von Dominic Fritz und seinen Eltern Abbildung rechts Der Kalvarienberg, das Wahrzeichen der Gemeinde Billed


Aktuell

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Billeder Heimattag 2021

Ralf Gilde führt die Regie am digitalen Heimattag. Rechts oben im Bild der QR-Code, der zum Video führt.

24. Billeder Heimattag 2021 / Digital

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er Heimattag 2021 wurde digital an Pfingstsonntag um 16:00 Uhr Live übertragen. Musik, Tanz, Ansprachen und Gedichte. In gewohnter Form, nur digital. Die Veranstaltung dauerte insgesamt 1 Stunde und 40 Minuten. Sie wurde über die heimathaus-billed.de und über Facebook auf YouTube verlinkt. Insgesamt gab es rund 1800 Aufrufe bisher, der Livestream wurde 43 mal „ge-

Hans Rothgerber

liket“. Die Zahl der Live-Teilnehmenden Terminals (Computer, Tablett, Smartphone) war dauerhaft über 100. Das Heimattag-Video kann auch über die Google Suche „Billeder Heimattag 2021“ sofort gefunden werden. Abbildungen rechts Kommentare und Chatverlauf beim digitalen Heimattag auf YouTube


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Billeder Heimattag 2021

Grußwort von Gabriele Luczak-Schwarz, Erste Bürgermeisterin von Karlsruhe

Meine sehr geehrten Damen und Herren, liebe Freunde, ich heiße Sie ganz herzlich willkommen zu Ihrem ersten digitalen Billeder Heimattag! Leider ist corona-bedingt ein persönliches Treffen in diesem Jahr nicht möglich. Es ist natürlich schade, dass wir nicht vor Ort beieinander sein können. Es ist stets was Besonderes, Ihre Musik, Ihre Tänze, Trachten und Traditionen „live“ zu erleben. Aber die Technik macht es möglich, dass wir zwar nicht zusammen, aber doch nicht alleine sind. Sie gestalten mit diesem virtuellen 24. Heimattag Ihr Motto „Im Heute leben, Wurzeln pflegen“ zukunftsorientiert, indem Sie Ihre alte Heimat Billed heute, am Pfingstsonntag, im Medium des 21. Jahrhunderts, im Internet über die Plattform Zoom feiern. Mit der Verlegung in die virtuelle Welt haben Sie zugleich ein „Raumproblem“ gelöst, denn die Badnerlandhalle Karlsruhe, in der 19 Ihrer Heimattage stattgefunden haben, wird derzeit saniert. Ich hoffe, dass wir 2023 diese Tradition in der Badnerlandhalle fortsetzten können. Eine andere Tradition besteht aber nach wie vor: Karlsruhe pflegt seit vielen Jahren gute Beziehungen ins Banat, in dem Billed liegt. Und Karlsruhes Partnerstadt Temeswar befindet sich nur 30 km von Billed. Sie pflegen mit Ihrer Heimatgemeinschaft traditionell die Beziehungen in Ihre alte Heimat nachhaltig, haben gute Kontakte zu den Verantwortlichen und Einrichtungen vor Ort und unterstützen diese in verschiedener Weise. Hier in Karlsruhe halten Sie die Erinnerung an Ihre alte Heimat wach: So jährte sich im vergangenen Jahr die

Deportation von rund 70.000 Deutschen aus Rumänien in die Sowjetunion zum 75. Mal. Sie gedachten dieses Verbreches gegen die Menschlichkeit mit einer würdevollen Feier am Billeder Denkmal auf dem Karlsruher Hauptfriedhof. Solche Gedenkveranstaltungen sind heute wichtiger denn je. Nur wenn die Erinnerung an die schlimmen Verbrechen der Vergangenheit aufrechterhalten wird, kann es gelingen, solches Unrecht in der Zukunft zu verhindern. Dies gilt gleichermaßen für Diktaturen und gerade auch für rassistische und diskriminierende Tendenzen, die wir leider auch in Deutschland immer wieder spüren. Freiheit, Demokratie und Solidarität müssen hier ganz klar entgegengesetzt werden und die Menschenrechte müssen weltweit eingehalten werden.


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Sie setzen sich für genau diese Werte mit Ihrem Wirken ein. Der Schriftsteller Franz Kafka sagte: „Wege entstehen dadurch, dass man sie geht.“ Gehen Sie Ihren Weg weiter, arbeiten Sie gegen das Vergessen, engagieren Sie sich für Ihre Ideale und seien Sie Wegweiser für die Gegenwart und die Zukunft! In diesem Sinne möchte ich Ihnen alles Gute wünschen

und Ihnen Danke sagen. Danke für Ihr großes Engagement. Danke dafür, wie sehr Sie nicht nur die Stadtgesellschaft von Karlsruhe bereichern. Ich wünsche Ihnen einen schönen virtuellen 24. Billeder Heimattag! Bleiben Sie gesund! Ich freue mich auf unser Wiedersehn!

Grußwort von Werner Gilde Vorsitzender der HOG Billed

Liebe Billeder Landsleute und Freunde, da es die Pandemie auch dieses Jahr nicht zulässt, dass wir uns im persönlichen Kontakt begegnen, haben wir uns vom Vorstand der Heimatgemeinschaft Billed in unserer letzten Sitzung dazu entschieden, den diesjährigen Heimattag zumindest in einer digitalen Variante stattfinden zu lassen. Wir alle hätten euch natürlich sehr gerne persönlich hier in Karlsruhe am Billeder Gedenkstein zu unserem 24. Billeder Heimattag begrüßt. Wir sind nun schon im zweiten Jahr, in dem unsere gemeinschaftlichen Aktivitäten durch die Gefahren des Coronavirus lahmgelegt sind. Durch all die Einschränkungen, die es so gibt, erinnert man sich gerade jetzt an Tage und Begegnungen, in den zurückliegenden, besseren Zeiten. Erstaunlich, für wie selbstverständlich man die Möglichkeit zu unseren kulturellen Veranstaltungen, das gesellige Beisammensein, die Umarmung, das Tanzen und das gemeinsame Lachen genommen hat. Ich denke nicht nur mir geht das so. Ich denke oft auch an unsere Heimat, das Banat, unser Dorf Billed, an all die schönen Feste, die wir dort und

auch hier in Deutschland gefeiert haben. Unsere Heimattage in Karlsruhe, das Herbstfest in Nürnberg oder das Schlachtfest in Frankenthal. Schöne Erinnerungen, die zum Glück in unserem jährlichen Billeder Heimatblatt festgehalten sind. Ich denke, nicht wenige haben in letzter Zeit immer öfter unsere Homepage, unter dem Namen Heimathaus-Billed. de besucht. Hier kann man besonders durch die vielen Berichte, Bilder, aber vor allem auch Videos, digital die Heimat erleben und in Gedanken zu Hause sein.


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Billeder Heimattag 2021

Grußworte von Bürgermeister OPRIȘA OVIDIU IOAN für den digitalen Heimattag der Billeder

Grußworte von Vizebürgermeister SORCA RĂZVAN CĂTĂLIN für den digitalen Heimattag der Billeder

Die Einschränkungen haben im gewissen Sinn auch Positives zustande gebracht: Eine Münchnerin und ein Karlsruher, beide mit Billeder Wurzeln und mit sich ergänzenden Voraussetzungen und Fähigkeiten, laden im Format der Digitalisierung unter dem Motto „Wie die alte Heimat neu wurde“ auf der Website banat-tour.de zu Interessantem an verschiedenen „Stationen“ im Banat von gestern und heute ein. Liebe Landsleute, so lange wir unsere Wurzeln, unsere Heimat, nicht aufgeben und sie im Herzen tragen, gehören wir zu ihr, wie sie zu uns. Dies ist der eigentliche Sinn unseres Heimattages, aber auch das Erlebte in Erinnerung zu behalten und an die jüngere Generation weiter zu geben. Heute feiern wir unseren 24. Heimattag und den 34. Geburtstag von unserem Billeder Gedenkstein. Dieser Stein markiert unseren Schicksalsweg. Dieser Weg führt von den Wurzeln in Billed nach Deutschland bis hierher nach Karlsruhe auf den Hauptfriedhof. In den harten Stein ist unsere Geschichte eingemeißelt.

Er verpflichtet uns zum Nachdenken, wohin Hass, Nationalismus, Unterdrückung und tiefe Unmenschlichkeit führen und mahnt uns alle, alles zu unternehmen, dass sich solche Ereignisse nicht wiederholen. Hier an diesem Stein gedenken wir auch unserer Verstorbenen, wir sind in Gedanken bei den Soldatengräber der beiden Weltkriege, wir denken an die Opfer der Russland Deportation und gerade in diesem Jahr an die Baragandeportierten. Vor genau 70 Jahren wurden am 18. Juni 1951 529 Billeder für fünf Jahre in den Baragan deportiert. 59 Billeder sind von dort nicht mehr zurückgekommen. Die Dörfer und Friedhöfe im Baragan sind eingeebnet. Vor Ort erinnert nichts mehr an diese grausame Zeit. Behüte uns unser aller Gott und gebe er uns die Kraft und Gesundheit, um uns bei der nächsten Begegnung oder beim nächsten Heimattag wiederzusehen. Ich grüße euch alle ganz herzlich in Billed, Deutschland, Österreich oder von wo auch immer ihr heute zuschaut. Bleibt gesund! Grüß Gott!


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Grußworte von Pfarrer Bonaventura Dumea

Festgottesdienst mit Heimatpfarrer Marius Frantescu

Grußworte von Adam Csonti, Vorsitzender des DFD Billed

Grußworte von Tanzlehrer Hansi Müller

Gedichtevortrag von Heidi Müller

Billed-Lied, gesungen von Edi Thöres


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Wie die alte Heimat neu wurde

banat-tour.de

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nfang März 2021 startete eine neue Internetseite mit der Adresse www.banat-tour.de. Das Motto der von Hans Rothgerber gestalteten Website lautet „Geführte Tour durch das Banat. Wie die alte Heimat neu wurde“. Rothgerber hatte schon mit der Billeder Homepage www.heimathaus-billed.de eine sehr beliebte Seite geschaffen. Das von der Münchener Gästeführerin Astrid Ziegler, einer gebürtigen Temeswarerin, ausgearbeitete Konzept der „Banat-Tour“ basiert auf einem imaginären Rundgang. Darin geht es um die alte Heimat gestern und heute, die mittels Texten, Fotos und Videos erschlossen wird. Astrid Ziegler reist seit fast zwanzig Jahren immer wieder ins Banat, wo sie in Paulisch ein sehr altes Anwesen, Familiensitz mütterlicherseits, ihr Eigen nennt. Hans Rothgerber macht im Billeder Heimathaus Interessierten Geschichte zugänglich, sowohl digital als auch an Ort und Stelle. Man könnte also von einer Achse Billed – Paulisch sprechen, entlang derer an verschiedenen Stationen in Zeit und Raum nicht nur Erinnerungen, sondern auch aktuelle Erlebnisse dokumentiert werden. Denn das Land hat beide geprägt und es ist wie eine Berufung, die Karin Gündisch, eine siebenbürgisch-sächsische Schriftstellerin, so formuliert: „Wir haben das Land verlassen, aber das Land hat uns nicht verlassen“. Es ist eine Tour zweier Banater, die sich in ihren Voraussetzungen und Fähigkeiten gegenseitig ergänzen: Astrid Ziegler, nach dem Studium von Geschichte und

Abbildung Links Astrid Ziegler (geb. Roman), rechts Hans Rothgerber. Fotos vor ihrer Aussiedlung aus Rumänien 1980 bzw. 1988.

Germanistik als erfahrene „Kulturvermittlerin“; Hans Rothgerber als Mediengestalter mit Berufserfahrungen in den Bereichen Foto, Video, Grafik- und Webdesign. Die Idee der Führung impliziert allerdings, dass nicht nur ein Guide spricht beziehungsweise schreibt, sondern eine Gruppe zusammen unterwegs ist. Auf banat-tour.de sind deshalb auch die Leser eingeladen, ihre eigenen Geschichten in Verbindung mit dieser besonderen Region zu erzählen oder die Beiträge zu kommentieren. Dass das Konzept ansprechend und überzeugend ist, zeigt die Tatsache, dass auch schon einige kompetente Banater Gastautoren gewonnen werden konnten. Geplant sind des Weiteren Buchveröffentlichungen, Ausstellungen und in Zukunft echte, real geführte Touren.


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Wenn die Paprika mit dem Mook

Sigrid Katharina Eismann

Reiselied Für Astrid in der Mohnkapsel sitze ich nun

Signalfarbe ausgelaufen Gedichte auf dem Schoß und der Schaffner zählt die Sonnenblumenkerne in der staubigen Loge

sorglose, störrische Zöpfe die Pionierkrawatte aus Polyester umgebunden erst gestern in der ruppigen Limousine durch die Kindheit gerast mit dem grünen Pfeil nach Billed ohne bilete oder in die Zitronenstraße Schulmodle in verschwitzten Uniformen Sonnen- und Wolkenkleidern an welcher Haltestelle sind sie ausgestiegen fragte ich den weißgekalkten Biereboom den alten Meister: in meinen Nestern in meiner Krone flirren Gesichter ihre Geschichten, Früchte atmen in den Dingen die uns singen fragile Stimmen im Gras Zuckerbirnen kaum gestrandet an der Wäscheleine ausgewandert verjährt, nicht verzagt

gären seidige Pflaumen Fallfrucht aus Leidenschaft mittendrin im Flieder nichts verschwiegen nostalgische Tinte ein rotes Tuch zartes und überreifes Spiel Leere und doch wieder Pipatsch am Feldrand Geschnatter die Wiese randvoll ein Leuchtstrudel der angeflammte Sockel so was wie Erde Notizen im Ziegelpulver so ein Zinnober sinnliche Orte kneten uns die Worte wie frisches Brot Sigrid Katharina Eismann, geb. 1965 in Temeswar, ist Lyrikerin, Autorin, Künstlerin und Übersetzerin. Nach dem Besuch des Nikolaus-Lenau-Lyzeums emigrierte sie 1981 mit ihrer Familie in die Bundesrepublik Deutschland. Ihr letztes Buch „Das Paprikaraumschiff“ ist 2020 erschienen.


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Veranstaltungen

Zu Besuch bei der „Billeder Heiderose“

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m April 2021 besuchten Hans Rothgerber und ich Billed und verbrachten einige Tage im dortigen Heimathaus (siehe banat-tour.de). Hans war damit beschäftigt, Grußbotschaften aus Kirche und Rathaus für den Billeder Heimattag aufzunehmen, ich konnte endlich die Heimatstube und die hervorragende Ausstellung zum 250-jährigen Bestehen/Jubiläum des Dorfes besichtigen. Einen unverhofften Einblick in lebendige banatschwäbische Kultur ergab sich für uns Besucher aus Deutschland, als wir erfuhren, dass die Billeder Tanzgruppe Heiderose ihre wöchentliche Probe wieder aufgenommen hatte. Selbst in den schweren Zeiten der Pandemie be-

Astrid Ziegler

müht sich die Gemeinde, selbstverständlich im Einklang mit den gesetzlichen Regelungen und Verordnungen, die Proben der Heiderose zu ermöglichen. Nach Rücksprache mit der Leiterin der Gruppe Edith Barta und Tanzlehrer Hansi Müller durften wir als Gäste zusehen. Seit vor zwei Wochen die Proben in Billed wieder offiziell genehmigt worden sind, trifft sich die Heiderose im örtlichen Kulturheim zu den Vorbereitungen für die Temeswarer Heimattage. Im Rahmen dieses Festes, das heuer digital stattfinden wird, soll nämlich auch ein Auftritt der Heiderose ausgestrahlt werden. Der Termin für die Aufzeichnung durch das rumänische Fernsehen


Veranstaltungen

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Abbildungen: links die Jugendtanzgruppe, rechts die Kindertanzgruppe bei der wöchentlichen Probe TVR1 Anfang Mai steht schon fest, die Gruppe ist hochmotiviert, eine gute Performance zu liefern. Während der Probe im wunderschönen Saal des Kulturheims fiel sofort auf, dass es hier professionell zugeht, beginnend mit dem Leiter Hansi Müller, der souverän Kommandos gab und uns nebenbei die Tänze erläuterte. Sogar die Kleinsten wirkten routiniert und mit viel Spaß bei der Sache. Nachwuchsprobleme gibt es bei der Heiderose nicht, die rumänischen Familien des Ortes nehmen das Kultur- und Freizeitangebot für ihre Kinder begeistert an. Und für die Jugendlichen sind die schwäbischen Tänze cool, selbst der junge Bürgermeister Ovidiu Oprișa ist langjähriges Mitglied und tanzte auch diesmal mit. Die Tanzgruppen, kleine und große, hatten das letzte Jahr

nach Möglichkeit genutzt. Wenn die Zahlen der Coronafälle niedrig waren, wurde geprobt oder es fanden Teambuilding-Maßnahmen statt. Glücklicherweise gab es laut Hansi Müller auch keinerlei Corona-Erkrankungen in den Reihen der Tänzer oder ihrer Familien. Die Heiderose ist bereit ab 1. Juni, wenn in Rumänien die Corona-Beschränkungen aufgehoben werden sollen, wieder aufzutreten. Verglichen mit den Banater Trachtengruppen in Deutschland verfügt der schwäbische Volkstanz im Banat damit über einen erheblichen Vorsprung. Abschließend kann man nur die Hoffnung äußern, dass diese wunderbaren tänzerischen Gemeinschaften im Banat und in Deutschland Bestand haben und bald wieder Fahrt aufnehmen können.


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Rückblick

In der Heimatstube in Billed: Zeitreise zurück in die Kindheit

Astrid Ziegler

Astrid Ziegler und die Trachtenpuppe vor dem Plakat der Heimatausstellung


Rückblick

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n Billed gibt es ein ganz besonderes Museum, das eigentlich mehr ist als eine Sammlung von Gegenständen aus früheren Zeiten. Steigt man die Stiege zur „Heimatstube“ hoch, betritt man eine Welt, in der die Zeit stehen geblieben zu sein scheint. Man gelangt in ein Haus, das so eingerichtet ist wie vor 100 Jahren. Unsere Großeltern und Eltern haben in den Schwabenhäusern in solchen Räumlichkeiten gelebt. Gleich neben der Treppe rechts befindet sich die Küche mit dem gemauerten Herd, auf dem Töpfe und Pfannen stehen, über dem ein gestickter Spruch hängt. Statt Waschbecken und Wasserhahn gibt es Krug und Waschschüssel. Und schon werde ich beim Anblick der alten Gegenstände wie durch eine Zeitmaschine in die Kindheit zurück versetzt. Ich sehe die Lissi Tante in Paulisch in ihren weiten Röcken, am Kopf ein schwarzes Kopftuch an so einem Holzofen stehen, auf dem ein großer Topf ist. Das Mittagsläuten war das Signal gewesen, schnell heim zu laufen, eine Uhr hatte ich nicht gebraucht. Ich denke auch an die Gerüche in dieser Küche, eines meiner Lieblingsgerichte war gekochter „Kukruz“, die Maiskolben, aus dem Garten frisch geerntet, wurden in den grünen Blättern gekocht. Sie rief: „Händ wasche, esse kumme!“ Ich erinnere mich an den Handgriff, mit dem ich kaltes Brunnenwasser aus dem Krug in die Schüssel schüttete, eine Wasserleitung gab es dort damals natürlich nicht! Das große Stück Kernseife war aus Schweinefett und Natronlauge selbst gemacht. Der nächste „Raum“ in der „Heimatstube“ ist das Schlafzimmer. Zwei wuchtige Holzbetten, bedeckt mit

21 hohen „Tuchenten“ (Federbetten) lassen erahnen, dass es nachts im Winter, wenn das Feuer im Ofen ausgegangen war, richtig kalt werden konnte. Ich weiß das aus eigener Erfahrung, denn in unserem Haus in Paulisch heizen wir mit dem gleichen uralten Ofen, der in der Heimatstube inzwischen zum Museumsstück geworden ist. Über den Betten hängen als einziger Wandschmuck die obligatorischen Heiligenbilder, denn die Leute waren sehr gottesfürchtig. Zwischen den Betten, wie süß: eine Wiege. Wer beruhigte das Kind und wurden die Babys, wenn sie unruhig waren, wohl auch ins Elternbett genommen? Aus Erzählungen habe ich gehört, dass die Säuglinge oft mit Mohn beruhigt wurden, die trockenen Kapseln, die auch zu meiner Zeit im Garten wuchsen, waren meine Rasseln. Im Kleiderschrank, zu dem man damals „Kasten“ sagte, hängen Kleider aus den Naturmaterialien Wolle, Baumwolle und Leinen, von örtlichen Schneidern und Schneiderinnen für ein halbes Leben kunstvoll gefertigt. Die Nähmaschinen, mit denen dieses „Gwand“ gefertigt wurde, sind auch in der Ausstellung zu besichtigen. Man sieht dort auch eine uralte Waschmaschine, die nicht nur voll ökologisch und klimafreundlich war, sondern, da mit Muskelkraft betrieben, auch gut für die Fitness. Die Stoffe fühlen sich fest an, als würden sie Halt geben in rauhen Zeiten. Interessant sich vorzustellen, wie es wäre, nur die paar Kleidungsstücke zu besitzen, die in diesen Schrank passen. Wenigstens musste man sich nicht viele Gedanken machen bezüglich der Garderobe; man schlüpft in das blaue Leinenkleid und geht ins Wohnzimmer, in die Stube. Dort würde ich gerne nochmal Karten spielen mit meinem Großvater. Mein Oti hat damals stundenlang

mit mir Sechsundsechzig gespielt. Ich sehe ihn mischen,


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Rückblick

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ich hebe ab, er deckt den „Trump“ auf, kein Mensch hätte damals gedacht, dass man bei diesem Wort mal an einen amerikanischen Präsidenten denken würde. Wir spielen passioniert, jeder von uns will die Partie gewinnen, am besten sieben mal hintereinander. Das großte Kinderglück war, wenn es gelang, den Gegner zum „Schneider“ zu machen. Über die Ecke, in der das alte Werkzeug und allerhand Alltagsgegenstände gelagert sind, die ich zum Teil auch noch von meinen Großeltern kenne, ist der kleine Rundgang durch die Ausstellung beendet. In der Billeder Heimatstube öffnet sich dem Gast nicht nur eine vergangene Welt, sondern man fühlt sich

sofort so geborgen wie zu Hause, nicht zuletzt dank der Gastfreundschaft der Familie Csonti vom Forum der Billeder Deutschen. Es ist dort alles vorhanden, was man in

einem Haushalt gebraucht hat. Für Besucher, die das bäuerliche Leben in den Banater Dörfern noch kennen gelernt haben, werden durch diese Exponate zahlreiche schöne Erinnerungen geweckt. Man würde sich dort am Liebsten einschließen lassen, um eine Zeit lang dort zu leben. Ohne elektrische Geräte, Fernsehen, Smartphone und Internet. Und darüber nachdenken, wie wenig man gebraucht hat, um glücklich zu sein. Abbildungen 1. Hans Rothgerber beim Fotografieren mit der 360-Grad-Kamera https://www.heimathaus-billed.de/mediengalerie/ fotos/471-heimatausstellung360) 2. Waschmaschine, gefertigt von den Handwerkern im Dorf


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Begegnungen

Besprechung vor der Videoaufnahme „Zeitreise in der Billeder Heimatstube“. Von links: Roswitha Csonti, Astrid Ziegler, Josef Freer und Brigitte Maxa. Das Video ist im Internet auf heimathaus-billed.de sowie banat-tour.de zu sehen.

Mein erster Besuch in der Billeder Heimatstube

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ein erster Besuch in der Billeder Heimatstube wird bestimmt nicht der letzte sein. Die Zeit dort war leider viel zu kurz und dennoch stand schnell für mich fest, dass ich nächstes Jahr zurückkehren werde. Willkommen gefühlt hatte ich mich schon, als ich auf dem Hof herzlich begrüßt wurde. Dieses gute Gefühl setzte sich fort, als ich Roswitha und Adam kennenlernte. Sepp kannte ich bisher nur aus seinen Videoclips. Der Rundgang durch das Museum, den ich mit ihm und Astrid machen durfte, war ein besonderes Erlebnis.

Brigitte Maxa

Unser Videodreh wurde zu einer Zeitreise in die Vergangenheit, eine Reise, die ich gerne mit diesem tollen Team fortsetzen möchte. Hans war ein wunderbarer Gastgeber in jeder Beziehung. Die Einblicke, die ich durch seine Ausführungen der Billeder Geschichte bekommen habe, waren faszinierend. Ein Ausflug nach Temesvar rundete diesen wunderbaren Tag ab. Es war für mich der erste Besuch dort. Mit Astrid, Sepp und Hans hatte ich gleich drei wunderbare Stadtführer dabei - so wurde auch der Spaziergang durch die Altstadt zum unvergesslichen Erlebnis.


Begegnungen

Auch wenn aus dem Brunnen am Domplatz nicht mehr das alte Heilwasser sprudelt, kann man dort seinen Durst löschen. Das Trinken vom Wasserstrahl muss jedoch wieder geübt werden. Von links: Josef Freer, Brigitte Maxa und Astrid Ziegler.

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Begegnungen


Begegnungen

Abbildung links 3 Generationen der Familie Quinkert im Heimathaus an Allerheiligen 2021. Im Hintergrund Roswitha und Adam Csonti.

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Abbildung oben Bratkartoffeln mit Bratkürbissen, Bratwurst und Speck. Nirgends schmeckt dies so gut wie im Heimathaus.


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Veranstaltungen

Allerheiligen 2021 in Karlsruhe und Billed

Elisabeth Martini (Frick)

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m 1. November, zu Allerheiligen, zieht es die Billeder und ihre Nachkommen – nach Möglichkeit – auf den Hauptfriedhof, ans Billeder Denkmal. Dort erleben sie ein Totengedenken ähnlich dem zuhause gefeierten. Trotz regnerisch-herbstlichen Wetters war es heuer um 14 Uhr recht angenehm, man brauchte keinen Schirm und windig war es auch nicht. In Billed war es gleichzeitig herbstlich schön, wie immer im Kontrast zum Karlsruher Wetter. Hier auf dem Hauptfriedhof lagen die goldbraunen Blätter nass auf dem Asphalt, auf Blumen und Gräser; ein Glück, dass der Blumenschmuck der Gräber nicht dem Frost zum Opfer gefallen war. Wieder stand dem Gemeinschaftsereignis der Billeder Werner Gilde als Organisator vor, agierte im Hintergrund und passte dasselbe den Corona-Restriktionen an: kein Chorgesang, keine Bläser. Dafür jedoch mobilisierte er die junge, selbstsichere, sprach-

gewandte Stefanie Hehn als Gedenkrednerin; Heidi Müller trug gekonnt-gefühlvoll das Gedicht „Allerheiligen“von Josef Albert Stöckl vor, Elisabeth Luckhaub verlas wie alljährlich die Gebete und Fürbitten sowohl für die lieben Verstorbenen als auch für die Lebenden. Die lange Liste der seit dem letzten Allerheiligen-Gedenktag aus dem Leben Geschiedenen verlas Werner Tobias mit genauen Angaben des Todestages, der Billeder Hausnummer, des Alters und des letzten Wohnorts. Die stille, eindrucksvolle Feier wurde untermalt und begleitet von den aufgenommenen Billeder Kirchenlieder, wobei die „Glocken der Heimat“ am meisten berührten, manches Tränlein verursachten. Beigewohnt haben der besinnlichen Feier zahlenmäßig mehr Billeder – und NichtBilleder - als 2020, was auch für 2022 optimistisch stimmt. Allen dankte Werner Gilde für Beitrag und Kommen.


Veranstaltungen

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Fotos: Cornel Gruber


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Veranstaltungen

Gedenkrede am Denkmal der Billeder

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iebe Gäste, ich will Sie zu unserer diesjährigen Gedenkfeier zu Allerheiligen, hier am Denkmal der Billeder in Karlsruhe, ganz herzlich willkommen heißen. Allerheiligen ist ein Fest des Erinnerns. Auch dieses Jahr

Stefanie Hehn

haben wir uns versammelt, um gemeinschaftlich unserer verstorbenen Ahnen zu gedenken. Zum Brauchtum und Glaube gehört auch Allerheiligen. Ich möchte mich bei Werner Gilde bedanken, dass er mir


Veranstaltungen angeboten hat, die diesjährige Ansprache zu halten. Ich habe das Angebot sehr gerne angenommen, obwohl ich anfangs Bedenken hatte, ob ich auch wirklich die richtige Person bin, um dieser Aufgabe gerecht zu werden. Ich bin in Stuttgart geboren und habe die Bräuche und Feste im Banat nie miterleben dürfen. Ich kenne sie aus Erzählungen meiner Eltern und Großeltern. Seit Jahren nimmt das Rot - das Leuchten der Kerzen auf dem Friedhof in Billed - am Himmel ab, die Blumen, selbst die Besucher der Gottesdienste und der Prozessionen werden im Banat immer weniger. Die mit Beton versiegelten Gräber nehmen von Jahr zu Jahr zu. Es ist sehr still geworden, an den Gräbern unserer verstorbenen Angehörigen im Banat. So wie es einmal war, wird es wohl nie wieder werden. Die Donauschwaben haben ihre Heimat verlassen. Die Heimat, welche von unseren Vorfahren erschaffen wurde. Sie haben Vieles zurück gelassen, was ihnen lieb und teuer war. Heimat lässt sich nicht in Koffer und Kisten packen. Heimat ist nicht nur ein Ort. Heimat ist ein Gefühl. Unsere Vorfahren haben im 18. Jahrhundert ihre ursprünglichen Herkunftsländer verlassen, in der Hoffnung, im Banat ein neues Leben aufzubauen. Allerdings waren am Anfang die Lebensbedingungen durch viel Leid geprägt. Deswegen sind wir dankbar und stolz, dass sie es

Abbildung links Stefanie Hehn bei ihrer Gedenkansprache an Allerheiligen 2021 auf dem Karlsruher Hauptfriedhof. Foto: Cornel Gruber

31 geschafft haben, den Grundstein für ein gutes Leben für die nächsten Generationen zu setzen. Ein Leben, geprägt von Fleiß, Glauben und auch Brauchtum, von gelebter Tradition und oftmals von Leid und Verzicht. Ich habe selbst nicht erleben können, wie der Toten im Banat an Allerheiligen gedacht wurde. Meine Eltern erzählten mir, die Feierlichkeiten waren besinnlicher. Die Vorbereitungen haben schon früh im Jahr begonnen mit dem Pflanzen der weißen Chrysanthemen, denn sie dienten als Grabschmuck. An Allerheiligen fand um 14.30 Uhr ein Gedenkgottesdienst in der Kirche statt. Anschließend zog die Prozession mit Musik durch den Ort zum Friedhof. Der Pfarrer sprach ein Gebet, die Friedhofsglocke läutete und die Gräber wurden gesegnet. Abends, beim erneuten Glockenläuten, traf man sich auf dem Friedhof zur Gedenkfeier. Der ganze Ort war auf den Beinen, um seiner Verstorbenen zu gedenken, um zu beten und zu trauern. Man traf sich, um sich zu erinnern, an die schönen Zeiten, die man gemeinsam mit den Angehörigen erleben durfte. Der Friedhof war ein Meer von Blumen und Kerzen. Die Familie, Freunde, Nachbarn und Bekannte, alle waren da. Jeder war jedem eine Stütze. Man war nicht alleine. Spät abends, wenn man sich auf den Heimweg begab, war der Himmel über dem Friedhof rot erleuchtet von den vielen Kerzen - diese schöne gemeinschaftliche Stimmung kann ich mir sehr gut vorstellen. Danke, dass ich hier sein durfte. Ich wünsche allen Anwesenden ein besinnliches und friedliches Allerheiligen und Allerseelen.


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Schulbilder


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Abbildungen links Gedenkveranstaltung an Allerheiligen im Jahr 2021 vor dem Denkmal der Billeder Deutschen auf dem Karlsruher Hauptfriedhof. Foto: Cornel Gruber

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Abbildung oben Gedenkveranstaltung an Allerheiligen im Jahr 2021 vor dem Denkmal der Vertriebenen auf dem Karlsruher Hauptfriedhof. Foto: Cornel Gruber


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Schulbilder


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Der Neugässer Friedhof an Allerheiligen 2021, Teilansicht


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Der Sauerländer Friedhof in Billed an Allerheiligen 2021


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Rückblick

Billeder Schule im Rückblick

nach Elvira Slavik

Von 1947 bis 1982 hier tätig, übrigens die erste und einzige Direktorin der deutschen Schule

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chon bei der Ansiedlung des Dorfes wurde 1765 in der Altgasse (heute Nr. 473) die erste einklassige Schule errichtet, die bis 1777 auch als Kirche diente; deshalb Haus und Familie auch heute noch „Schule“ genannt werden. 1791 kam dann eine zweite Schulklasse -Trivialschule genannt – hinzu, in der nur Lesen, Schreiben, Rechnen und Religion unterrichtet wurde. Schulpflicht (Maria Theresia) gab es nur für Jungs und zwar anfangs nur in den Wintermonaten, später 8-9 Monate, auch für Mädchen. 1800 kam der Unterricht aus der Altgasse in die neben der Kirche erbaute Schule; 1826 wurde eine dritte Klasse genehmigt: zwei Knaben- und eine Mädchenklasse. 1848 (auch heute über dem Eingang sichtbar) wurde an derselben Stelle die heutige „alte Schule“ erbaut mit 3 Knaben- und 1 Mädchenklasse; 1857 kam eine Lehrerwohnung und ein Schulzimmer – eine Mädchenklasse - hinzu. 1858 gab es in 5 Klassen 683 Schüler; 1877 unterrichtete man in 7 Klassenräumen; ab 1890 gab es 4 Knabenund 4 Mädchenklassen, sodass 1892/93 mit 851 Schülern der Höchststand erreicht wurde, mehr als 100 pro Klasse. Ab 1877 unterrichteten hier auch Lehrerinnen. Ab 1852 funktionierte ein Kindergarten, „Spielschule“ genannt. 1892-1950 gab es in Billed auch eine Lehrlingsschule. Von 1765 bis 1878 war der Unterricht in Deutsch, da-

nach in Ungarisch, selbst die Namen der Schüler wurden ins Ungarische übersetzt, das gesamte Schul- und Staatswesen wurde magyarisiert und das bis zum Ende des 1. Weltkrieges. Trotzdem haben die Banater Deutschen ihre Identität, ihre Sprache, Sitten und Bräuche bewahrt. 1919/20 begann wieder der Unterricht in deutscher Sprache, auch Rumänisch (die Staatssprache) wurde eingeführt. 1926/27 erfolgte der Übergang vom vorherigen sechszum siebenklassigen Schulsystem und wegen kleinerer Schülerzahl zu gemischten Klassen (Knaben und Mädchen). Ab 1935 existierte auch eine Abteilung mit rumänischer Unterrichtssprache mit einem, später zwei rumänischen Lehrern. 1944 brach das deutsche Schulwesen im Banat zusammen, ab Herbst wurden alle deutschen Lehrkräfte entlassen, 1946/47 wieder eingestellt, mussten aber rumänisch unterrichten. 1947/48 wurde wieder Deutsch in den Klassen 1-3 eingeführt (Elvira Slavik übernahm die Klasse 2B). Durch die Schulreform von 1949 wurden alle Schulen verstaatlicht und den mitwohnenden Nationalitäten muttersprachlicher Unterricht gesichert. In Billed existierten ab 1948/49 eine deutsche und eine rumänische Siebenklassenschule mit eigener Schulleitung. Trotz Vormittags- und Nachmittagsunterricht reichten die Räume der „alten Schule“ nicht mehr aus.


Rückblick

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Schulgebäude in Billed: Alte Schule, Braun-Schule und Neue Schule Deshalb bekam die deutsche Schule das Braun-Haus zugeteilt, das durch großen Einsatz der Eltern für den Unterricht hergerichtet wurde – heute leider vergammelt. 1959 wurden alle selbständigen deutschen Schulen zu Abteilungen der rumänischen Schulen mit gemeinsamer Schulleitung, der deutsche Schulleiter wurde so zum Stellvertreter. 1965 wurde der verpflichtende achtklassige Unterricht eingeführt und1970 auf 10 Klassen erweitert. In den Klassen 1-4 unterrichteten Lehrer, Absolventen eines pädagogischen Lyzeums; in den Klassen 5-8-10 Fachlehrer (Professoren genannt), Absolventen eines 3-45-jährigen Studiums. Seit 1967 bietet die „neue Schule“ beste Lernbedingungen, auch anhand der modernen Labors und Kabinette. Bis 1890-94 ist ein ständiges Anwachsen der Schü-

lerzahl dokumentiert, danach ein ununterbrochenes Absinken bis heute: 1985 gab es den Deutschunterricht nur noch in den Simultanklassen 1/3, 2/4, 5/6, 7/8; nach 1989 besuchten die Schüler nach der 4. Klasse entweder das „Lenau-Lyzeum“ in Temeswar oder die rumänische Abteilung. 2004/05 existierte nur noch eine einzige Klasse mit deutschem Simultanunterricht für die Schüler der Klassen 1-4, 2006 mit 10 Schülern; seit 2016 gibt es auch diese nicht mehr, genau wie der deutsche Kindergarten seit 2018 nicht mehr existiert. An Schülermangel leidet auch die rumänische Abteilung. Die Schülerzahl in den Klassen 1-4 liegt etwas über 20, die der Klassen 5-8 auch unter 20. Zwischen 1963 und 1972 gab es in Billed auch ein theoretisches Lyzeum mit den Klassen 9-12 in rumänischer Sprache mit erfolgreichen Absolventen.


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Rückblick

Elvira Slavik

Elisabeth Martini

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lvira Slavik, geboren 1927 in Johannisfeld, als Tochter des aus Billed stammenden Apothekers Johann Slavik und der Postmeisterin Elvira Katharina Slavik. Sie besuchte die Grundschule in ihrem Geburtsort und danach bis 1941 das römisch-katholische Lyzeum der Klosterschule Notre-Dame in Temeschburg/Josefstadt. Mit 14 startete Elvira die pädagogische Ausbildung der Notre-Dame Klosterschule in Temeswar und schloss diese mit dem Lehrerdiplom 1947 ab. Ab 1950 war sie Fachlehrerin am zweiten Zyklus für die Fächer Erdkunde und Geschichte und wurde gleichzeitig als erste Frau zur Direktorin dieser Schule mit einer fast 200-jährigen deutschen Tradition ernannt. Sie bekleidete dieses Amt bis zum Zusammenschluss der deutschen und rumänischen Abteilung im Jahre 1959. Danach war sie Fachlehrerin für Naturwissenschaften. In den Jahren 1960 bis 1964 bildete sich Frau Slavik über ein Fernstudium an der Universität Klausenburg weiter, um stets auf der Höhe der Zeit zu sein. Von 1974 bis 1978 war sie stellvertretende Direktorin der Billeder Gesamtschule und wurde mehrfach ausgezeichnet, 1965 mit dem Titel „Vorbildliche Lehrerin“ und Auszeichnung II. Grades sowie mit einer Verdienst-Auszeichnung 1974. Die komplette Dienstzeit von Elvira Slavik fiel in die kommunistische Ära. In der neuen, erdrückenden Lage dieser Ära waren Lehrer gefordert, die unter den schwierigen Voraussetzungen für den Erhalt der Muttersprache, der Sitten und Bräuche eintraten. Sie wirkte auch in dem Bewusstsein, der Sprach- und Kulturgemeinschaft

Elvira Slavik im Alter von 94 Jahren der Deutschen anzugehören. Während dieser Zeit ist sie zu einer Institution geworden. Es war zum Großteil ihr Verdienst, dass in Billed über die ganze Zeit eine deutsche Abteilung für die gesamten acht Grundschuljahre erhalten blieb. Die Schulleiterin Elvira Slavik kämpfte unermüdlich dafür und vertrat immer eine starke Position, wenn es um ihre Lehrerschaft ging, zu der sie ein kollegiales Verhältnis pflegte. Noch heute spricht sie voller Bescheidenheit über ihre Leistungen der damaligen Jahre. Sie stellt stets das Kollegium in den Vordergrund und lobt den Eifer und die Hingabe, wodurch das gemeinsam Erreichte überhaupt erst möglich wurde.


Rückblick Nicht zuletzt wurden im Team auch die Schulfeste ausgerichtet, ebenso Chor-, Tanz- und Sportwettbewerbe auf regionaler und überregionaler Ebene. Unvergessen blieben in ihrer Erinnerung die Radfahrten ins Umland, ins Heimatmuseum nach Lenauheim sowie Ausflüge ins Banater Bergland und zur Donauklamm mit Besichtigung der Insel Ada Kaleh. In ihre Anfangs-Zeit fiel auch die Umgestaltung des ehemaligen Braun-Anwesens in eine Schule. Auch dies wurde mit vereinten Anstrengungen gemeistert, unter Einbindung der Elternschaft, der Schüler und Lehrer, die ohnehin schon für zahlreiche Aufgaben in der Gemeindeverwaltung herhalten mussten. Es waren nicht nur theoretische und praktische Kenntnisse, die Frau Slavik ihren Schülern auf den Weg mitgeben wollte, vielmehr sah sie sich in der Pflicht, diese Schüler zu ehrlichen, rechtschaffenen Menschen zu erziehen. Sie hat natürlich die selbst erfahrenen deutschen Tugenden wie Fleiß, Pünktlichkeit und Ordnungssinn weitervermittelt, aber auch Respekt und Hilfsbereitschaft. Meine Klasse hatte Frau Slavik als Klassenlehrerin - sie unterrichtete uns in den Fächern Biologie, Anatomie, Chemie und Landwirtschaft. Gerade letzteres Fach fand ich besonders interessant. Da Elvira Slavik neben dem theoretischen Unterricht auch die Verantwortung für das schuleigene Gewächshaus samt Gemüsegarten hatte, mussten diese mitbetreut werden. Ich erinnere mich mit Freude an die Stunden im Frühjahr, wenn man mit ein paar Schülern vom Unterricht befreit wurde, um für die Aufzucht junger Pflänzchen Pikiertöpfe zu pressen. Die Begeisterung war weit geringer, wenn wir dazu bestimmt wurden, das Gemüse auf dem Markt und im Dorfzentrum an den Mann

41 zu bringen. War das peinlich! Schließlich war man schon 13 ... In all den Jahren, bis zu ihrer Pensionierung 1982, hat Frau Slavik viele Generationen Billeder Kinder unterrichtet. Dabei war das Verhältnis zwischen Lehrerin und Schülern nicht immer ungetrübt. Natürlich mussten auch Regeln beachtet werden und das Thema Disziplin war für sie schon immer ein besonderes. Auch, und zuallererst, mit sich selber war sie sehr diszipliniert und forderte dasselbe von allen Beteiligten an der Erziehung ihrer Schüler - niemals war sie für halbe Sachen zu haben. Hielt man die Lehrerin Elvira Slavik zu seiner Schulzeit für streng und unnahbar, so erkannte man im Erwachsenenalter eine ganz andere Seite der Person Elvira Slavik. Einfühlsam und besonnen, ist sie immer sehr freundlich, aufgeschlossen und humorvoll. Sie lässt kein Treffen aus und fühlt sich ihren Billedern stets verbunden. Sooft wir uns begegnen, ist sie immer sehr aufmerksam und erkundigt sich interessiert und teilnahmsvoll nach ihren früheren „Schäfchen“ und deren Familien. Seit ihrer Übersiedlung in die Bundesrepublik lebt Frau Slavik in Augsburg in der Nähe ihrer Familie. In ihrem Wesen junggeblieben, unternimmt die agile Jubilarin immer wieder Studienreisen quer durch Europa. Zwischen Sizilien und Sardinien bis Moskau und Sankt Petersburg genießt sie gerne auch mal mit ihren Nichten die neue Freiheit. Ein herzliches „Vergelt‘s Gott!“ im Namen aller Billeder Landsleute für das aufopferungsvolle Lebenswerk, verbunden mit den besten Wünschen für viele weitere gesunde und zufriedene Jahre.


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Lehrkräfte der Billeder Schule (deutsche und rumänische Klassen) 1950-1955. Aus dem Bilderalbum von Elvira Slavik


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Die 7. Klasse (mit deutscher Unterrichtssprache) 1956 mit Klassenlehrerin Maria Jobba Aus dem Bilderalbum von Elisabeth Martini


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Russischer Sprachkurs für den Lehrkader und Billeder Frauen. Aus dem Bilderalbum von Elvira Slavik.


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Lehrerinnen der Billeder Allgemeinschule im Juni 1961. Rechts im Bild Elvira Slavik. Aus dem Bilderalbum von Elvira Slavik.

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Einladung der Schuldirektorin Elvira Slavik zum Kirchweihfest 1957. Aus dem Bilderalbum von Elvira Slavik.


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Schülerausflug am Donau-Engpass im Juli 1959. Aus dem Bilderalbum von Elvira Slavik.


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Lehrer der Billeder Allgemeinschule der Klassen 5-8 (deutsch und rumänisch) auf der Treppe zur „Kanzlei“ im Hof der Braunschule 1965: Peter Thoma (Mathematik), Elena Anghe­luța (Geschich-

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te/Erdkunde), Lucia Popa (Zeichnen), MariaSchaljo (Mathematik), Nicoleta Kottler (Russisch), Carmen Zamfirescu (Bio­logie), Elvira Slavik (Biologie/Erdkunde), Franz Trendler (Deutsch), HansSchmidt (Musik)


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Lehrer der Billeder Allgemeinschule der Klassen 5-8 (deutsch und rumänisch) im Jahr 1966


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Die Jahrgänge 1945-46 im Schuljahr1958-1959. Aus dem Bilderalbum von Elvira Slavik.


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Der Jahrgang 1952 / 1964-1967. Aus dem Bilderalbum von Elvira Slavik.


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Die VII-D Klasse im Schuljahr 1968/69 mit Lehrerin Elvira Slavik. Aus dem Bilderalbum von Elvira Slavik.


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Die VII-B Klasse im Schuljahr 1968/69 mit Lehrerin Elvira Slavik. Aus dem Bilderalbum von Elvira Slavik.


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63 Absolventen der 8. Klasse 1974-1978 Von links nach rechts: Horst Zahorecz Gerhard Mann Hans Lay Robert Fischer Horst Sas Walter Muhl Erwin Csonti Hans Tobias Horst Matthias Alfred Klein Nikolaus Lay Alfred Herbst Hans Frank Almut Wagner Christa Donawell Simona Ungh Gerlinde Metzger Erika Lay Elke Schütz Rita Mumper Edith Balogh Erika Schiller Lehrer Hans Pierre Christa Plennert Marianna Sandor (Ciobanu) Elvira Szlavik Maria Schaljo Elena? Lebegioara Eva Mager Lidia Pasule Lucia Popa Frick Elisabeth Schnur Erwin


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Veranstaltungen


Veranstaltungen

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Absolventen des Billeder Lyzeums 1967-1971 mit Klassenlehrerin Elisabeth Martini


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Rückblick

Baudokumentation aus der Baragan-Deportation

Astrid Ziegler

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or einiger Zeit hat mir mein Vater Hans-Herbert Roman ein für unsere Familie sehr wertvolles Schreiben anvertraut. Es handelt sich dabei um den letzten Brief seines Großvaters Johann Pierre aus Billed, den er aus der Baragan-Tiefebene an seine drei Enkelkinder geschrieben hatte. Der Ingenieur und Heimatforscher sowie seine Frau Elsa Pierre waren wie viele andere zum Billeder Bahnhof beordert und am 21. Juni 1951 ins Nirgendwo der Baragan Steppe deportiert worden. Auf meine Frage nach dem Warum, weshalb man zwei alte Menschen, schon über 60 Jahre alt, vor den Augen ihrer Enkelkinder in einen Viehwaggon steckt und ins Unbekannte bringt, zuckte mein Vater mit den Schultern. „Sie waren Großbürger und Intellektuelle, für die neuen kommunistischen Machthaber in Rumänien feindliche Elemente“. Man wollte solche „personae non gratae“, solche unerwünschte Bürger des Landes aus der Grenzregion zu Jugoslawien, wo Tito inzwischen eine für Rumänien verdächtige Politik betrieb, entfernen. Statistiken nennen 40.000 Deutsche, Rumänen, Ungarn, Mazedonen, Juden, Bulgaren und andere, die betroffen waren. Sie sollten in der Baragan Steppe neue Dörfer bauen, wie es die Vorfahren der Banater Schwaben einst im Banat getan hatten. Vom Säugling bis zu den Alten wurden die Leute mit ihrer Habe in die Waggons gepfercht und auf offenem Feld ausgeladen. Dort hausten sie in notdürftig gebauten Hütten, bis sie nach großen Anstrengungen und Kosten kleine, ärmliche Häuser bauen konnten.

In dieser Situation schreibt mein Urgroßvater nun an meinen Vater. Schon auf den ersten Blick fiel mir das Außergewöhnliche an diesem Brief auf. Das achtseitige Schreiben ist bebildert und bei genauem Hinsehen erkennt man auf den schwarz-weiß Fotos die Dokumentation seines Hausbaus! Zu den Bildern, die er selbst gemacht hatte und in Galați entwickeln ließ, liefert er die Beschreibung des jeweiligen Bauabschnittes in sauberer und leserlicher Schrift. Daraus ergibt sich sogar eine brauchbare Anleitung zum Bau eines schilfgedeckten Lehmhauses. Da stellt sich unwillkürlich die Frage, warum tat er das? Und warum schickte er die Dokumentation des Hausbaus an die Enkelkinder und nicht etwa an die Tochter? Um die Motivation seines Schreibens zu verstehen, muss man sich nochmal die Situation beim Abschied am Billeder Bahnhof vor Augen führen. Die weinenden Enkelkinder und die verzweifelte Tochter sehen hilflos zu, wie die Alten weggebracht werden. Wir wissen das aus den Aufzeichnungen der Großmutter Elsa Pierre, die in dem Buch „Und über uns der blaue endlose Himmel“ darüber schreibt. Johann Pierre versucht nun, in dem Brief für die Kinder eine „Normalität“ herzustellen und sie durch die Baudokumentation zu beruhigen. Es findet sich darin kein Wort der Klage und keine Schilderung der Verzweiflung. Rationalisierung war in der Krise für ihn ein Mittel der Bewältigung. Trotz Krankheit und Alter bewährt er sich als Überlebenskünstler 100 Tage lang in der abgebildeten Hütte. Im Brief zeigt er, dass er Bauherr eines Hauses ist, dessen Entstehung er plant, koordi-


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Abbildung Ingenieur Johann Pierre mit Krawatte und seine Frau Elsa mit ihrem fertigen Haus.


68 niert und überwacht. Voller Stolz berichtet er seinen Enkeln darüber. Auf dem letzten Bild sind meine Urgroßeltern mit dem fertigen Haus zu sehen. Johann Pierre steht aufrecht und sorgfältig mit Hemd und Krawatte gekleidet davor, seine Frau Elsa blickt aus dem Fenster. Das Tragen der Krawatte, dieses Symbols einer bürgerlichen Existenz, deren man die Deportierten ja berauben wollte, wirkt wie ein Akt des Widerstands. Er beweist Haltung und die Haltung gibt ihm Halt. Sein letzter Brief, der gleichzeitig die erste Post war, die mein Vater bekam, hat für uns Vermächtnis-Charakter. Er ermahnt zum Schluss seine Enkel Franzi, Hänschen und Christa, fleißig zu lernen und lädt sie ein, zu ihm zu Besuch zu kommen. Doch dazu sollte es nicht mehr kommen. Ihr Großvater war ein paar Monate nach dem Schreiben tot. Er verstarb ohne medizinische Versorgung wohl an einer Hepatitis, die er sich im Baragan unter den schlimmen Lebensbedingungen der Deportation zugezogen hatte. Sein Tod verhinderte auch die Fertigstellung der Billeder Dorfmonografie, die er so gerne vollendet hätte. Uns bleibt heute nur der Brief und seine Botschaft, sich nicht unterkriegen zu lassen. Die Fähigkeit, Krisen zu bewältigen, nennt man Resilienz. Die Menschen, die in den Baragan deportiert worden waren, waren nicht nur Opfer, sondern haben die schlimme Situation mit Würde bewältigt. Ihr Leid, aber auch ihre Tatkraft, dürfen nicht vergessen werden. Abbildung Die Seiten 4 und 5 von insgesamt 8 des Briefes von Johann Pierre über den Hausbau in der Deportation.

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Abbildung Hausbau in Brateș, Aufnahme von Ing. Johann Pierre


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Rückblick Gedenkveranstaltung 70 Jahre Bărăgandeportation

Ansprache von Werner Gilde

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ir haben uns hier versammelt, um einen Kranz niederzulegen und an die grauenvolle Zeit der Bărăgan Deportation zu erinnern. Der Höhepunkt der kommunistischen Repressalien in Rumänien wurde mit der Bărăgan Deportation im Juni 1951 erreicht. Unter dem Vorwand der Bedrohung Rumäniens durch den jugoslawischen Diktator Tito, der aus der von den Sowjets beherrschten kommunistischen Einheitsfront ausgeschert war, wurden in der Grenzzone zu Jugoslawien auf einer Breite von 25-35 km 12.791 Familien mit über 40.300 Menschen deportiert. Die Deportation erfolgte auf den Beschluss Nr. 344/ 15. März 1951 des Ministerrates der Rumänischen Volksrepublik. Hauptinitiatoren waren zwei der führenden RKP Leute: Ana Pauker, damals Außenministerin, und Teohari Georgescu als Innenminister. Mehr als die Hälfte der Verschleppten gehörte zur deutschen Minderheit in Rumänien, sprich zu den Banater Schwaben. Es waren am 18. Juni auf den Tag genau 70 Jahre her, seit in meinem Geburtsort Billed 529 Personen deportiert wurden. 59 Billeder fanden dort ihre letzte Ruhestätte. Von meiner Familie waren 26 davon betroffen. Im Bărăgan hat man 4 Familienmitglieder zu Grabe getragen. Ich persönlich bin erst 1960 geboren. Ich spreche aber trotzdem hier an dieser Stelle über das Unrecht, das meiner ganzen Familie angetan wurde. Ich bedanke mich bei

Ansprache von Werner Gilde anlässlich der Gedenkveranstaltung am 18. Juni in Mannheim meinen Großeltern und Eltern für die Auskunft und den privaten Geschichtsunterricht, den ich von ihnen erhalten habe. Schon Tage vor dem 18. Juni hat man sich im Dorf gefragt, was denn die große Zahl von Viehwagons am Billeder Bahnhof soll. Es wurde gerätselt und gemunkelt. Keiner wusste Bescheid.


Rückblick Am Sonntag, den 17. Juni gab es das jährliche Fest in der Dorfschule, bei welchem feierlich die Zeugnisse ausgehändigt wurden und die Kinder in die wohlverdienten Ferien entlassen wurden. Barbara Lenhardt, damals 14 Jahre alt, war dabei, da für sie ein neuer Lebensabschnitt hätte beginnen sollen. Sie wollte die Oberstufe des Gymnasiums in Temeswar besuchen, um anschließend Sport und Mathematik zu studieren. Als man ihr das gute Zeugnis aushändigte, konnte sie noch nicht wissen, dass ihr Lebenstraum schon am darauffolgenden Tag eine ganz andere Wendung nehmen würde. Im Hause Gilde wurde gehofft, dass bei einer erneuten Deportation, dann wenigstens die ganze Familie betroffen ist. Vor sechs Jahren, im Januar 1945, wurde ihr Mann Friedrich und mein Onkel Nikolaus für fünf Jahre als Zwangsarbeiter nach Russland deportiert. Hier sprechen wir von 80.000 Personen der deutschen Minderheit in Rumänien zugehörig. Meine Oma, die sich auf ihren 44. Geburtstag gefreut hatte, wusste an diesem Sonntag noch nicht, dass sie diesen am Bahnhof in Billed verbringen wird. Irgendwie fand meine Oma keinen Schlaf und hat nachts am Schlafzimmerfenster auf die Straße geschaut. Sie konnte einige Häuser entfernt eine Gruppe Menschen sehen, die mit einer Taschenlampe die Hausnummer anleuchteten. Es hat auch nicht mehr lange gedauert, bis mit dem Gewehrkolben ein Soldat an ihre Haustür klopfte. Es mussten alle im Haus Anwesenden antreten und ihre Namen wurden vorgelesen. Man hat ihnen gesagt, dass sie zwei Stunden Zeit hätten, um Nötiges zu packen. Ein schönes Geburtstagsgeschenk, das sie zeitlebens nie vergessen hat.

73 Barbara Lenhardt erreichte zusammen mit ihrer Familie nach einer langen Reise in einem Viehwagon, zusammengepfercht mit Hausrat und Tieren, den Ort Fetesti. Von hier wurden sie auf ein noch nicht abgeerntetes Baumwollfeld gebracht und jeder Familie wurde ihr Hausplatz zugewiesen. Barbara Lenhardt hatte ihren Traum noch nicht aufgegeben und erfahren, dass man am Bahnhof in Fetesti eine Prüfung ablegen kann für weiterführende Schulen. Sie hat mit anderen Jugendlichen diese Prüfung gemacht. Als sie aber die Ergebnisse erhielten, stand dort, dass die Kinder von Deportierten keine weiterführenden Schulen besuchen dürfen. Nun war ihr schulischer Lebensweg vorbei. Nach dem Hausbau hat Barbara zusammen mit ihrer Schwester und dem Vater beim Aufbau von einem Wasserschutzdamm an der Borcea gearbeitet. Mit Pferd und Wagen wurde Erde von einem zugewiesenen Ort abgegraben, aufgeladen und beim neuen Deich abgeladen. Im Winter war diese Arbeit nicht möglich, so hat Familie Lenhardt Schilfmatten für verschiedene Anwendungen gewebt. Bei der Bäuerin Magdalena Gilde war die Fahrt in den Bărăgan durch ein tragisches Ereignis für kurze Zeit gestoppt. Da der Zug mit den Viehwagons eine Überlänge hatte, hat ein Wechselwärter die Gleiswechsel vorzeitig umgelegt, so dass der hintere Teil mit einigen Waggons entgleiste. Wilhelm Weber wurde durch die offene Waggontür herausgeschleudert und lag von einem Waggon am Arm eingeklemmt auf dem Boden. Man wollte ihm den Arm abtrennen, aber in letzter Minute wurde er mit einem Eisenbahnwagenheber aus seiner Lage befreit und in ein Krankenhaus gebracht, von wo er nach seiner Genesung zur Familie nach Dâlga kam.


74 Magdalena Gilde hat im Bărăgan als Tagelöhnerin auf einer Staatsfarm gearbeitet und sich um ihre Schwiegereltern und Haushalt gekümmert. Ihr Mann hat als Fuhrmann bei dieser Staatsfarm gearbeitet. Der Sohn hat, nachdem das Haus fertig gebaut war, erfahren, dass man trotz DO-Stempel (domiciliu obligatoriu) im Ausweis am Donau Schwarzmeerkanal arbeiten kann und gutes Geld verdient. Er hat bis zu seiner Einberufung zum Militär dort gearbeitet. Was vielleicht noch zu erwähnen wäre, ist, dass die Leute sich am Anfang über die Einheimischen gewundert haben, die immer im Trab mit ihren Fuhrwerken durch die neuen Siedlungen fuhren. Erst später kam heraus, dass man ihnen gesagt hat, diese neuen Siedler seien alle Verbrecher. Als sie aber sahen, wie fleißig die Leute sind und was in den Hausgärten so alles geerntet wurde, hat sich das Blatt schnell gewendet. So mancher Banater Schwabe wurde sogar gefragt, um das Schwein bei einheimischen Familien nach Banater Art zu schlachten und zuzubereiten. Das war nun eine kurze Schilderung von meiner Familie und ihrer Zeit im Bărăgan. Die aber sicherlich stellvertretend für viele Schicksale zu sehen ist. So wie meiner Familie erging es vielen Bărăgan-Deportierten. Die Ausgehobenen wurden mit Familie, spärlichem Hab und Gut, in Güterwaggons unter Bewachung von Miliz und Militär in den Bărăgan, in die trostlose Steppe an der Unteren Donau, transportiert. Man setzte die verschreckten, entkräfteten Menschen einfach auf den Feldern aus. Angesiedelt wurden die Verschleppten mit ihren Familien im Gebiet der Landeskreise Calarasi, Ialomita, Braila und Ga-

Rückblick latz. Hier bauten die Verschleppten 18 Dörfer auf: Latesti, Pelican, Ezerul, Dalga, Dropia, Bumbacari, Valea Viilor, Brates, Rachitoasa, Valaea Calmatuiului, Salcami, Viisoara, Fundata, Movila Galdaului, Olaru, Schei, Mazareni, Zagna. Im ersten der qualvollen, für die Banater unheimlichen Bărăganwinter hausten die neuen Steppenbewohner notfalls in Erdlöchern, die mit Schilf zugedeckt waren, später entstanden dann die aus Lehm gestampften Hütten, ebenfalls mit Schilfdächern. Alle Verschleppten waren an die schweren, langen Winter, mit haushohem Schnee, an den Dauerfrost und an die starken Schneestürme (crivat) nicht gewöhnt. Zu den lebenswichtigen Dingen gehörte außer den Lehmhütten noch die Erschließung eines Brunnens. Die Deportierten durften sich nur in einem Umkreis von 15 Kilometern vom Wohnort bewegen. Besuch von auswärts war strengstens verboten. Die Deportierten waren unter dem Status des Zwangsaufenthalts (in ihren Personalausweisen über dem Lichtbild mit D.O. (domici­ liu obligatoriu) vermerkt in der Landwirtschaft, auf dem Bau, in kleinen Handwerksbetrieben, bei Entwässerungsarbeiten tätig. Etwa 1600 Deportierte fanden ihr Grab in der Bărăgansteppe, 629 davon waren Deutsche. Die zurückgelassenen Siedlungen wurden zum Großteil von den rumänischen Behörden zerstört. Ich möchte an dieser Stelle das Gedicht von Mathias Kandler vortragen: Bărăganfriedhof Sollscht du mol uf Giurgeni kumme, net such der Oma ihre Grab.


Rückblick Ke Friedhof meh, ke Kreiz, ke Blume, Nor windverwehtes Kukruzlaab. For sie war ke Glockeleite. Jetzt noch ke Ruh in der Erd. Bet mei Kind e Vaterunser, Unser Omas sin des wert. Such net no Gräwer, net no Hiwle, Du finscht nix meh im Bărăgan. Verdort sin Ros` un Tulpezwiewle, Geblieb is Leed, aus Menschewahn. Im Zusammenhang mit der Aufnahme Rumäniens in die Vereinten Nationen 1956 durften die Deportierten auf eigene Kosten in ihre Heimat zurückkehren. Zurück in der Heimat mussten sie wieder bittere Erkenntnis ziehen. Ihre Felder waren enteignet, in den Häusern waren Zugewanderte einquartiert, sie selbst wurden einfach in die Kollektivwirtschaft als Mitglieder aufgenommen. Mit den Großbauern wurde anders verfahren, diese wurden erst nach weiteren 10 Jahren Bărăgan, 1964 entlassen. Zu den bekanntesten Persönlichkeiten aus den Reihen der Rumäniendeutschen, die während der Bărăgan Verschleppung geboren wurden, zählen bekanntlich Horst Samson und Gerhard Ortinau, zwei Banater deutsche Schriftsteller: Horst Samson wurde 1954 im Dorf Salcâmi geboren, wo seine Eltern und Großeltern, aus Albrechtsflor stammend, deportiert waren. Gerhard Ortinau wurde 1953 in Borcea, Kreis Calarasi geboren, seine Familie kehrte 1956 ins Heimatdorf Sackelhausen zurück. Erst nach der Wende, 1990, konnte in Temeswar die Stif-

75 tung „Vereinigung der ehemaligen Bărăgan-Deportierten“ gegründet werden, die sich seither kontinuierlich um die Erforschung der Ereignisse, um das Gedenken an die Deportation, um die Wiedergutmachung des Unrechts, die Entschädigungen und die anstehenden Rechte der Verschleppten kümmert. Nach der Wende wurden sowohl in Rumänien als auch hier in Deutschland viele Bücher und Berichte veröffentlicht. Auch dieses Jahr in den letzten Ausgaben der Banater Post. Unser Billeder Heimatforscher und Betroffener Wilhelm Weber hat auch mit seinem Buch dazu beigetragen. Die Dokumentation über die Deportation in die Bărăgan-Steppe Rumäniens wurde von Wilhelm Weber aufwendig und akribisch bis in kleinste Details recherchiert. Zahlreiche Zeitdokumente, Karten, Tabellen und Fotos, dargestellt auf 399 Seiten, sozusagen eine Anatomie dieser beispiellosen kommunistischen Säuberungsaktion im Rumänien der Jahre 1951-1956. Briefe, Erlebnisberichte und selbst Ministerialbeschlüsse aus jener Zeit des Stalinismus erinnern auch an Werke von Franz Kafka, dem Albtraum-Erzähler aus dem vergangenen Jahrhundert. „Und über uns der blaue endlose Himmel“ von Wilhelm Weber ist 1998 im Eigenverlag der Landsmannschaft der Banater Schwaben erschienen und war schnell vergriffen. Daher hat die Heimatgemeinschaft der Billeder mit dem Einverständnis des Herausgebers sowie des Autors beschlossen, diese erschütternde Dokumentation im Netz zugänglich zu machen. In einer Widmung schreibt unser Landsmannn und Heimatforscher Wilhelm Weber:


76 „Wir Betroffene der Bărăgan-Deportation müssen dafür sorgen, dass auch unsere Nachkommen über dieses uns zugefügte Leid und Unrecht Bescheid wissen“. Was aber auch erwähnt werden soll, ist Folgendes: Rumänien hat nicht nur das Unrecht anerkannt, sondern den Betroffenen eine finanzielle Entschädigung anerkannt. Das gilt bis heute, kürzlich erst wurde sie auf die Kinder der politisch Verfolgten ausgedehnt, sofern die Eltern gestorben sind. Damit hat das Land eine Ausnahmestellung erreicht, wenn man Vergleiche mit anderen Staaten in Südost- oder Mitteleuropa anstellt, die ihre deutsche Minderheit nach dem Krieg oft noch wesentlich schlechter behandelt haben. Gebe Gott, dass die Menschheit aus den grausamen Ereignissen des 20. Jahrhunderts etwas gelernt hat und sich solche menschenunwürdige Taten nicht wiederholen.

Abbildung Deportierte in Brateș, Aufnahme von Ing. Johann Pierre

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Zauber der Kindheit - selbst im Baragan

Marliese Knöbl, Marlies Holzinger, Anna Mann u.a.

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indheit ist die Zeit der Unbeschwertheit, der Sorglosigkeit, des Frohsinns, derWohlbehütheit durch die Familie, auch unter schwersten Bedingungen, im Baragan! Viele Baragankinder stellen rückblickend fest: Wir waren auf unsere Art glücklich, viel frei und doch auch im Schoß der Familie geborgen. In der Erinnerung waren das meine schönsten Jahre! (M. Holzinger) Es war staubig und schrecklich heiß, es gab nur Mitzis Milch als Erfrischungsgetränk, dazu das freie Feld und darauf viele solcher Haufen von Möbeln, Tieren und Menschen...Unsere Mutter weinte und schluchste, so hatten wir sie noch nie gesehen und hatten Angst, sie könnte sterben.Vati redete auf sie ein: ‚Mama, net kreisch! Solang mer et Graas for onser Sopp selwer roppe kenne, geht et ons net schlecht.‘ (Erfahrung als russischer Kriegsgefangener) Daraus die Entschlossenheit, das Beste aus der misslichen Lage zu machen, vor allem die mitgebrachten Tiere versorgt zu wissen, wo die Kinder als Hüter der Familie nicht nur halfen, sondern selbst im kühlen Schatten sich wohler fühlten, Freundschaften schlossen, was den Kindern viel leichter als den Erwachsenen gelingt. Das ist glückliche Kindheit: Geborgenheit durch die Eltern, doch auch Freiraum zum Spielen mit anderen Kindern und Zeit zum Nichtstun. Unter dem ersten Dach musste Platz für Ziege, Hühner, Schwein und Familie sein, alle brauchten Schutz vor Hitze und Wind. Das eigentliche Haus war bei den meisten vor dem Winter soweit fertig, nur feucht war es auch noch... Marliese Knöbl (Wagner) erinnert sich außer­dem:

Ich selbst empfinde noch heute, nach so vielen Jahren, dass es ein reiches Familienleben war. Die Enge wurde nicht als Last empfunden, sie schmolz uns zusammen. Es war eine Kindheit in einer heilen Familie. Der Unterricht war anfangs nur bis zur vierten Klasse möglich, die etwas älteren Kinder wurden schon zu leichteren Arbeiten herangezogen: hüteten Vieh, schafften Wasser herbei, was mit manchem Unerwünschten einherging. Man war stolz, auch helfen zu können, man war flink, verschüttete aber oft einen Teit des wertvollen Wassers für Familie und Tiere. Dabei versuchte man, wie Kinder schon sind, allerlei Kunststücke zu machen, wenngleich Glas zu Bruch ging. Die Eltern brachten meist Verständnis auf (A. Mann). Ja, Ferien im heutigen Sinne, mit Reisen in die ganze Welt, gab es natürlich nicht: Wir kleinere Mädels hatten doch unsere Ziegen, für ihre vollen Panzen zu sorgen und dabei zu spielen – eigentlich eine heitere und unbeschwerte Zeit. Was ich jedoch 5 Jahre ohne Minderwertigkeitskomplex tat, war mir nach der Heimkehr nach Billed jedoch nicht mehr zumutbar, weil man sich auch als Kind dem Umfeld anpasst. Zu Weihnachten gab es im Baragan nicht mal einen Christbaum, geschweige denn Geschenke. Nur einmal bohrte der Vater Löcher in einen Besenstiel und steckte mitgebrachte Tannenzweige hinein – unser unvergesslichster Christbaum! An Spielzeug hatten wir von zuhause: ein Kartenspiel, ein Schachbrett, eine Puppe, paar Buntstifte, geborgtes


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Foto und Text aus dem Brief von Ing. Johann Pierre am 7. Oktober 1951 an seine Enkel „Schließlich schicke ich Euch noch eine Kindergruppe, in welcher Ihr alle Kinder kennt, die zwei Vastag-Mädels, die Steiner Schwesti, die Steiner Anna, Haberer Ilse und Marko Marie; sie stehen vor dem Eingang der Vastag-Hütte und sind recht froher Laune.“ Lesematerial, Lust zum Zeichnen. Selbstgemachte Kukruz- und Maisstängelpuppen beflügelten die Phantasie der kleinen Mädchen, die vom Frühjahr bis in den Herbst in Gottes freier Natur spielten, nur in schwarzer Sporthose und kleinem Turnhemd, ohne Schuhzeug, sodass die Füße eine dicke Haut bekamen, Schutz gegen Stoppel-

feld und Akaziendornen. Jedoch wurden auch den Kindern altersgemäße Arbeiten zugeteilt und dadurch schrittweise Einblick in die Arbeitswelt, ohne die kein Dasein gesichert war. Im Baragan waren wir alle gleich vom Schicksal betroffen. Aus meiner Sicht gab es keine Neider, kein Hass


80 – Schicksale waren jedoch verschieden! Auch Hartgetroffene sangen nach schwerer Tagesarbeit ihr Kind todmüde in den Schlaf, andere mussten teils vom Mitleid ihrer Mitmenschen ihr Dasein fristen. Schulkinder hatten nur im Winter Unterricht, im Sommer gingen sie Baumwolle pflücken oder Mais bestäuben, verdienten mit Musizieren bei Gelegenheitsfeiern etwas Geld, manche auch für die Heimreise zur Firmung. Selten liest man solch positive Bewertung eines Lehrers wie die von Franz Keller, einem wunderbaren Menschen, von dem alle seine Schüler viel gelernt haben, auch durch Privatunterricht, wodurch vielen nach der Heimkehr der Besuch des Lyzeums möglich war. Er erzog sie zu pflichtbewussten Menschen, zu Freunden, die auch auferlegten „Hausarrest“ von ihm hinnahmen, obzwar es sehr schmerzte, nicht in die „Reih“ gehen zu dürfen. Aufgefallen ist, dass einige seiner Schüler besser deutsche Balladen zitieren konnten als die meisten Daheimgebliebenen. Auch im Baragan ließ sich die Jugend Musik und Tanz nicht nehmen, selbst wenn es im Akazienwald war, wo es so herrlich duftete, wenn die Akazien blühten und an die Heimat erinnerten. Behilflich waren Mädchen auch durch Beten und Singen bei Beerdigungen an Orten, wo es keinen Pfarrer gab. Für die Eltern und Großeltern war es eine äußerst schwierige Zeit, Kinder nahmen das Ganze unbekümmerter auf, der Spieldrang siegte, die kindliche Lebensfreude! Abbildung rechts Ein Foto mit Seltenheitswert: Verordnete Ernsthaftigkeit statt kindliche Lebensfreude. Kindergarten in Insuratei-Noi. Billeder Mädchen: oben ganz links - Kathi Schiller, mittlere Reihe rechts außen - Anna Mumper, zweite links - Anna Schiller, neben ihr Anna Schwarz, unten Mitte - Helga Haupt zu Besuch im Kindergarten. (Foto aus dem Archiv von Helmut Reiter.)

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Mit der HI8 Sony-VideoCam, damals der beste und teuerste Consumer-Camcorder, beim Anflug auf Billed. Zum Filmen später wurde die Schiebetür des Hubschraubers aufgemacht, obwohl der Sicherheitsgurt defekt war.

Die Vogelperspektive, der Traum vom Fliegen

Hans Rothgerber

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n meiner Jugendzeit träumte auch ich vom Fliegen. Beflügelt durch Kinofilme, flog ich im ehemaligen Billeder “Groß’-Werthaus”, heute Kulturheim, von der Bühne aus mit großen Gänseflügeln über eine mich bestaunende Gesellschaft. Nur der Stopp vor der gegenüber liegenden Wand gelang mir nicht, meistens wurde ich dabei wach.

Fliegen ist spektakulär, wenn man unter sich die Landschaft sieht. Die Vögel können das, daher auch der Name Vogelperspektive. Im Billed der 80er Jahre fotografierte ich hauptsächlich aus der Normalperspektive, stehend, das Auge am Sucher. Manchmal noch aus der Froschperspektive, der Name sagt, wie das aussieht. Ein bisschen Vogelperspek-


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Im Hubschrauber im Frühjahr 1993 über Billed tive ging aus dem Giebelloch oder vom Hambar (Scheune). Im Kommunismus war das fast schon Spionage. Als ich einmal die Billeder Hanffabrik von der Straßenseite, also von öffentlichem Gelände aus, aufnahm, bekam ich Ärger. Der Pförtner hatte mich gesehen und sofort Alarm geschlagen. Dringlich zum Bürgermeister bestellt, musste ich mich rechtfertigen und einwilligen, sowas nicht wieder ohne Genehmigung zu machen. (“să nu mai faci așa ceva fără să întrebi!”) Zehn Jahre später war die Welt auch in Billed vom Kopf

auf wackelige Beine gestellt. Für ein Video über die Geschichte der Gemeinde konnten wir 1993 einen Hubschrauber buchen. Der Flug vom Nutzflughafen „Cioca“ vor Temeswar an der Torontaler Landstraße wurde für mich Erstflieger zum Abenteuer. Schon als ich den Sicherheitsgurt anlegen wollte, winkte der Pilot ab: “Lass das, der ist eh kaputt.” Hätte ich auch noch den Krach und die Vibrationen vor­ausgesehen, ich hätte es mir vielleicht anders überlegt. Meine beiden Kollegen Hans Herbst und Michael Rath


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85 aber, mit ihren Kameras im Anschlag, strahlten Zuversicht aus. Im schaukelnden Copter, mit viel Angst im Nacken, entschädigte immerhin die echte Vogelperspektive. Gefährlich wurde es beim Filmen, denn die Fenster waren zu hoch, schmutzig und spiegelten. Daher musste die Schiebetür einen guten Spalt geöffnet werden. Im kalten Luftzug hielt ich den Atem an, als ich mich nur mit Schulter und Beinen in der Schieflage der Kurven abstützte. Dabei rollten auch einige Cola-Flaschen von Bord, die der Pilot nachher vermissen wird. Mit den Aufnahmen im Kasten machten wir uns nach der Landung sofort auf den Weg nach Deutschland. Den tiefen Rundflug über Billed haben auch die Dorfbewohner unmittelbar mitbekommen. Beschäftigte in der ehemaligen Kollektivwirtschaft z.B. bekamen Panik, sie vermuteten einen Inspektionsflug des neuen Patrons. Die Tiere auf den Höfen hatten ein Problem mit dem großen Vogel. Kurz darauf kamen auch Angehörige der Nachfolgeorganisation der Securitate in die Gemeinde, um die Sachlage zu klären. Es gab also auch damals noch genug Pförtner, die Meldung machten. So entstanden die ersten Farbaufnahmen von Billed aus der Vogelperspektive. Sie sind heute als Be­standsaufnahme interessant, da sich inzwischen viel geändert hat. Auch die oben erwähnte Hanffabrik gibt es nicht mehr, sie ist wie vom Erdboden verschluckt, sie ist Geschichte.

Teilansicht von Billed im Frühjahr 1993.


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Der Schwabenmaler bei den Heimattagen der Banater Deutschen in Temeswar

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ch stehe auf dem Temeswarer Opernplatz, auf dem Platz, der mir häufig eine wohlige Gänsehaut beschert. Denn man spürt, dass hier, inmitten von markanten Gebäude-Gesichtern, man selbst vorübergehend auch bedeutend wird. Vielleicht fühlen das auch die vielen Menschen, denen körperlich durch die Hitze noch einiges mehr abverlangt wird. Die zahlreichen Trachtenpaare der Banater Schwaben zum Beispiel, die ein Exempel sind, wie aufwändig Schönheit sein kann. Nur Frauen, die jemals eine Banater Kirchweihtracht getragen haben, können beurteilen, wie schön Leiden macht oder wie schön es ist zu leiden. Man könnte sich den lieben langen Tag an solchen Betrachtungen berauschen. Aber nicht auf der Jagd nach schönen Bildern, die, falls sie erfolgreich sein will, keine Sekunde aus den Augen verlieren darf. Und der Jäger sollte auch keine Perspektive scheuen, wenn er Klicks auf digitalen Plattformen nach einem Event bekommen möchte. Möchte man in Temeswar einen Bekannten treffen, dessen Name oder Anschrift einem abhanden gekommen ist, bekommt man die größte Chance am Nabel und Nadelöhr der Stadt, der Alba Iulia Straße. Dort werkelt auf einer Bank, schwarz gekleidet, ein hagerer alter Mann mit altmodischem Hut. Zuerst denke ich, er hantiert mit chinesischen Stäbchen, tunkt in So-

Hans Rothgerber

ßen. Dann erinnere ich mich an die alten Malerpinsel, Utensilien lange vor der Digitalisierung. Als ich spontan meine Kamera auf den Maler richte, droht er mit dem Zeigefinger: Das dürfen Sie nicht! Guter Mann, sage ich, wir befinden uns hier auf öffentlichem Gelände, Sie können mir nicht verbieten, die Wand hinter ihnen zu fotografieren. Stimmt, entgegner er, aber ich kann Ihnen verbieten, die Wand zu fotografieren, wenn ich vor ihr stehe und Sie diese gar nicht sehen können. Also schön, antworte ich verstimmt, aber glauben Sie ja nicht, dass ich es auf Sie abgesehen habe, weil sie besonders sind. Mein Lieber, erklärt er, selbst wenn Sie mich hundert- oder tausendmal fotografieren, es ist immer dasselbe. Es ist Spreu neben der Dreschmaschine und noch lange kein Teig, geschweige denn Kuchen. Essen Sie lieber eine Bratwurst dort drüben am Kiosk, dann haben Sie auch etwas davon. Da fällt es mir wie Schuppen von den Augen: Herr JägerBacsi, ich bitte um Verzeihung, ich hatte Sie nicht erkannt. Ist schon gut, Landsmann, Sie können ja nicht wissen, dass das, was Sie als Bilder bezeichnen, eigentlich mit Maschinen bedrucktes Papier ist. Oder ein anderes Beispiel: haben Sie schon mal einen Felsbrocken als Skulptur bezeichnet? Sehen Sie, zunächst muss das überflüssige Material abge-


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Fotomontage: Büste von Stefan Jäger und Trachtenträger bei den Heimattagen 2019 in Temeswar. Foto: banat-tour.de

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meißelt werden, dann bekommen Sie eine sogenannte Plastik. Reisen Sie nach Griechenland und Italien und schauen Sie, was vor 2000 Jahren ausprobiert wurde, machen Sie das mal nach. Und wenn Sie das können und sich noch immer für die Fotokamera entscheiden, dürfen Sie mich, so oft Sie mögen, fotografieren. Inzwischen schallt Blasmusik durch die hohe enge Gasse, ein langer Zug hatte sich in Gang gesetzt. Abgewendet frage ich, aber Herr Jäger, dort drüben marschieren unsere Landsleute in diesen einmaligen barocken Trachten, die Sie tausende Male gemalt haben. Warum soll ich die denn nicht fotografieren? Da der Schwabenmaler mir nicht antwortet, drehe ich mich um. Die Bank ist leer. War das gerade eine Fata Morgana im heißen Temeswar? Ich muss mich beeilen, beinahe hätte ich den fulminanten Aufmarsch der Banater Deutschen vor der Oper, der Gänsehaut verursacht, verpasst. Der Banater Maler Stefan Jäger (1877-1962), auch Schwabenmaler genannt, war als besonders kamerascheu bekannt.

Abbildung Tanzpause, Ölmalerei von Stefan Jäger. Reproduktion: banat-tour.de


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Als Soldat in Arad 1974, daneben die von der Marosch umflossene Arader Festung.

Ein kommunistisches Musical in einer imperialen Festung

Hans Rothgerber

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n der sternförmigen theresianischen Arader Festung leistete ich 1973/74 meinen Militärdienst. Das Bauwerk mit strategisch ausgefeilten Vorwerken, von der Marosch umflossen, war eine der bedeutendsten Festungen der Habsburger gegen die Osmanen. Wir waren ein Jahrgang mit rund 80 Studenten der Temeswarer Mechanik Fakultät. Und wir waren ein Abbild der Nationalitäten rund 50 Jahre nach dem Zerfall der Donaumonarchie: neben Rumänen in der Mehrzahl

noch Ungarn, Deutsche, Juden, Serben, Mazedonier, Roma, Slowaken. Aus meinem Etagenbett, einem von rund 40 im Raum, konnte ich die ehemalige doppeltürmige franziskanische Festungskirche, die nun als Depot diente, sehen. Von offizieller Seite wurde über die k.u.k.-Geschichte dieser Festung nicht gesprochen. Erst viel später, durch das Internet erfuhr ich wichtige historische Ereignisse, die in dieser Festung stattgefunden


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Tor zur Arader Festung 1915 hatten. Hier wurden z.B. die Anführer der ungarischen Revolution von 1848 hingerichtet. Auch der Attentäter von Sarajevo Gavrilo Princip, dessen Tat 1914 mit zum Ausbruch des 1. Weltkrieges geführt hatte, war hier inhaftiert gewesen. Die Studentenkompanie, der ich angehörte, wurde von der Kommandantur als intellektuell eingestuft und sollte von Drill möglichst verschont bleiben. Als Ausgleich sollten wir umso mehr patriotische Kulturveranstaltungen gestalten. Eine besondere Aufführung ist mir in Erinnerung geblieben. Es handelte sich um ein Musical mit Militärkapelle und Chor, in dem die Befrei-

ung des Landes von den deutschen Faschisten inszeniert wurde. Die Aufführung war Teil einer großangelegten Propaganda-Kampagne. Als deren Höhepunkt wurde dem rumänischen Diktator im März 1974 ein Zepter verliehen. Es war eine Kopie der Insignie des ehemaligen rumänischen Königs Ferdinand. Das Zepter wurde dadurch zu einem Symbol des rumänischen Nationalkommunismus umfunktioniert, der damit zusätzlich aufgewertet wurde. Beim geplanten Musical waren unsere Vorgesetzten für das “Casting” zuständig. Häufig machten die Offi-


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Rekruten für die rumänische Armee 1923 des Geburtsjahrganges 1903 mit der Musikkapelle Ma­ thias Braun. Ganz rechts stehend der Kapellmeister Braun, daneben Quinkert Toni. (aus „Billed - Musterdorf Maria Theresias im Banat in Bildern und Dokumenten 1765- 1987“)

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„Alte Musikanten“ nannte man im Dorf die Musiker, die als Kinder mit sogenannten Knabenkapellen um 1900 auf einer mehrjährigen Tournee durch Europa und Amerika unterwegs waren. (Foto und Text: Werner Gilde)


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Friedrich Gilde, ein weiterer Billeder beim Militärdienst in der Arader Festung als „călăraș“ (Reiter), aber in der Zwischenkriegszeit. Wer sein Reitpferd mitbrachte, brauchte nur eine kürzere Zeit zu dienen. Das Pferd musste jedoch danach im zivilen Leben 6 Jahre lang gepflegt und erhalten bleiben, da es eine spezielle Ausbildung für den Kampf erhalten hatte. (Foto und Text: Werner Gilde)


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ziere im Umgang mit den ihnen Untergeordneten makabre Späße. Sie kamen auf die Idee, dass den deutschen Faschisten ein echter Deutscher spielen sollte. Aufgrund meines Aussehens und der Tatsache, dass nach 12 Klassen in der deutschen Schule Rumänisch für mich immer noch eine Fremdsprache war, war ich für sie für diese Rolle prädestiniert. Mit einer Holzattrappe als Gewehr sollte ich die tapferen Verteidiger des Vaterlands im Rhythmus patriotischer Lieder aggressiv tanzend angreifen. Die Choreografie sah vor, dass ich zuletzt von ih-

nen besiegt wurde und vernichtet am Boden lag. Ich war schockiert, denn ich hatte weder Begabung fürs Schauspielern noch für’s Tanzen. Glücklicherweise hatten das auch die Regisseure schon bei der ersten Probe erkannt. Die Rolle des Faschisten spielte schließlich ein rumänisch national gesinnter Kollege mit schauspielerischem Talent so überzeugend, dass er stehenden Applaus bekam. Durch den so glaubwürdig gespielten Hitleristen war der Sieg erst vollkommen.

Erstes Billeder Zivilopfer des 2. Weltkrieges

Anna Lind geb. Thöresz

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as an diesem 7. April 1941 in Billed geschah, kann ich nur aus Erzählungen von meiner Mutter, Tanten und Nachbarn wiedergeben. Ich, Anna Lind, geb. Thöresz, wurde erst ein Jahr nach dem Unfall geboren. Meine Eltern haben nur selten über dieses schwerwiegende Ereignis gesprochen. Vor allem meinem Vater fiel es besonders schwer darüber zu reden. Erst als ich älter wurde, konnte ich das Unglück begreifen und die Trauer meiner Eltern verstehen. Die deutsche Wehrmacht befand sich auf dem Balkanfeldzug und die Nachricht, dass die Verpflegung der Soldaten sehr knapp war, veranlasste die Dorfbewohner Pakete zu packen, um sie den Soldaten zu überreichen. Als der kilometerlange Militärzug die Billeder Hauptstraße erreichte, warfen die wartenden Menschen die Pa-

kete auf die fahrenden Wägen. Die Soldaten winkten dankbar zurück und freuten sich sehr über Brot, Kuchen, Schinken, Wurst, Wein und Zigaretten. Auch mein Bruder Jakob Thöresz, geb. 12.02.1931 war dort. Er kam mit seinem Spielkameraden Packi Sepp zur Ecke bei Peter Schwarz in der Hauptgasse. Jedoch verloren sie sich, aufgrund der vielen Menschen, aus den Augen. Es flogen viele Pakete durch die Luft. Und dann passierte es: ein Päckchen fiel zu Boden, Jakob hob es auf und wollte es auf den fahrenden LKW werfen, doch ein überholendes Motorrad mit Beiwagen erfasste ihn und schleifte ihn noch mehrere Meter weit mit. Der gesamte Militärzug wurde gestoppt und nach einer raschen Lösung für die Fahrt ins Krankenhaus ge-


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sucht. Ein Billeder namens Botjan machte sich mit seinem Privatfahrzeug mit meiner Mutter und ihrem schwer verletzten Sohn auf dem Schoß auf den Weg ins Krankenhaus nach Temeschburg. Jedoch noch auf dem Weg dorthin erlag mein Bruder seinen schweren Kopfverletzungen. Auch dass Jakob eine sehr würdevolle Beisetzung hatte, wurde mir erzählt. Meine Eltern wohnten zu diesem Zeitpunkt noch in der Kreuzgasse, Hausnr. 119. Soldaten trugen den Sarg, von Trauermärschen der deutschen Militärmusikkapelle begleitet, von dort zum Friedhof. Das ganze Dorf trauerte mit und so kamen viele Menschen zur Beerdigung. Der Trauerzug erreichte bereits das Grab, als die letzten Trauernden den Hof meiner Eltern verließen. Nach der Beisetzung fragte der verantwortliche Heeresführer meinen Vater, welches Urteil er sich für den Motorradfahrer wünschen würde. Mein Vater gab dem Fahrer jedoch keine Schuld und sagte, dass auch eine Verurteilung seinen Sohn nicht wieder zurück bringen würde. Der Motorradfahrer selbst fühlte sich zu Dank verpflichtet und hat meinem Vater seine Anschrift hinterlassen mit der Bitte sich zu melden, wenn er oder seine Familie in Not kommen und Hilfe benötigen sollte. Mein Vater hat jedoch nie Gebrauch davon gemacht. Abbildung Aufnahme von Jakob Thöresz anlässlich seiner Kommunion


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Seit 50 Jahren wird in Billed ununterbrochen Handball gespielt

Josef Thöres

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m Herbst des Jahres 1971 bitten Hans Frank und Josef Thöres den Sportlehrer Hans Pierre, sich einer neuen Handballmannschaft anzunehmen. Pierre kann auf gute Spieler bauen. Dazu gehören Georg Frekot als Kreisläufer und Hans Neiss als Spielführer, so Pierre, es seien seine bis dahin talentiertesten Spieler gewesen, die er je trainiert hat.

Zu diesen jungen Spielern stoßen weitere junge Billeder, die das Publikum immer von neuem begeistern. Dazu gehören: Helmut Hehn, Werner Billinger, Michael SortocKlein, Constantin Deleanu, Jakob Klein, Werner Steiner. Einer der Mitbegründer kann sich an einen besonders schönen Tag erinnern. Zur Belohnung für den dritten Tabellenplatz in der Temeswarer Kreismeisterschaft wur-


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Abbildung links Handballmannschaft 1974. Obere Reihe von links nach rechts: J. Klein, Hehn, Neiss, Pierre, Frank, Deleanu, Steiner; untere Reihe von links nach rechts: Frekot, Thöres, H. Klein, Sortoc- Klein, Billinger. Dieses Foto entstand am 15. September 1974, vor dem Spiel Vointa Billed-Elektrometal Temeswar, Ergebnis: 26- 8.

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Abbildung oben Wurftechnik. Gleichzeitig kann man an dem Foto erkennen, unter welchen Konditionen damals Handball gespielt wurde. Das Spielfeld war im Freien, der Belag war zu Beginn eine schwarze Schlacke, danach rote Schlacke, bis dann später ein Bitumen-Belag aufgebracht wurde. Die Kreislinie war weißes, feines Kalkpulver, das immer von neuem aufgetragen wurde. Großer Nachteil war, dass beim Darauftreten immer ein Fußabdruck zu sehen war. Bei einem Tor wurde dies als ungültig erklärt.


98 den die Mitglieder des Teams mit dem CAP- LKW von A. Beck für 2 Tage zum Berg Semenic gebracht. Den Urlaub hatte sich die Mannschaft verdient. Der Spielplan der Handballkreismeisterschaft begann meist im März, dauerte bis Ende Mai als Hinrunde, während die Rückrunde Ende August begann und bis Anfang November des jeweiligen Jahres dauerte. In den Anfangsjahren des Billeder Handballs kannte man den „ Kempa“- Wurf noch nicht, aber es gab eine Reihe von verschiedenen Wurftechniken, die man heute mit dem Harz am Ball gar nicht mehr ausführen könnte, so wie der von Helmut Hehn. Aus einem Bericht vom 13.01.1976 der Handballabteilung hat die Generalversammlung, mit einheitlicher Mehrheit der Stimmen, die Übernahme in die Obhut der CAP Billed genehmigt. Da wurden auch einige Unstimmigkeiten in der Mannschaft angesprochen und Missstände angeprangert. Aus einem Bericht vom Jahr 1982 ist ersichtlich, dass der Trainer H. Pierre nach der Hinrunde 1981 aufgegeben und Nikolaus Frekot das Ganze übernommen hat. Etwas „Einmaliges“ ist der Billeder Mannschaft auch passiert. Im Jahr 1981 beim Spiel gegen Großsanktnikolaus wurde der Schiedsrichter beleidigt und angegriffen, daraufhin wurde der Verein bestraft. Die Hinrunde von 1981 der Heimspiele musste auf einem neutralen Spielfeld in Neubeschenowa ausgetragen werden. Am Ende der Meisterschaft belegte Billed den dritten Platz hinter Technometal und Comertul Großsanktnikolaus. Unvergessen bleibt für den Billeder Jahrgang 1960 die Gründung einer 2ten Handballmannschaft im Jahr 1983. Diese neu gegründete Mannschaft konnte das er-

Rückblick ste Spiel sogar gegen Vointa Billed gewinnen, was zu einem zweiten Spiel geführt hat - und da gingen sie leer aus. Es war eine gute Idee und eine schöne Zeit, jedoch wurde die Mannschaft nach ca. 3 Spielen wieder aufgelöst. In all den 50 Jahren hat Voinţa, Billeds Handballmannschaft es nicht geschafft, in eine höhere Liga aufzusteigen, auch wenn jahrelang die führenden Mannschaften aus Temeswar ein Gastspiel in Billed fürchteten. “ Eine Gemeinde wie Billed, mit geringem wirtschaftlichen Potential, könnte sich solche Sprünge nicht leisten“, sagte Csonti am 28. August 2002 der Banater Zeitung. Durch den Weggang von Leistungsträgern hat sowohl der Billeder als auch der Banater Handball stark gelitten. Viele Mannschaften haben sich aufgelöst und sind von der Bildfläche verschwunden. Das hatte auch Auswirkungen auf den nationalen Handballsport, meinte der damalige Präsident Cristian Gatu im Jahr 2005. Zur Erinnerung an das Jahr 1995, es gab da im Kreis Temesch noch sechs Handballmannschaften, davon zwei in Billed. In der ersten Mannschaft von Billed spielten: Boldura, Toma, Tomescu, Ghertan, Lambrecht, Andronic, Legendi, Gidea, Silaghi; in der zweiten Mannschaft: Draia, Faur, Ulmeanu, Csonti, Szabo, Neamt, SortocKlein, Stefurk und Verzele. Eins darf man auch nicht vergessen, dass die Billeder Handballmannschaft mit Adam Csonti zum Jahresfest vom 12. - 19. Juni 1995 der deutschen Minderheiten in Dänemark eingeladen war. Es beteiligten sich 146 Mannschaften auf 14 Spielfeldern. Gespielt wurde auf Rasen, eine für die Billeder ungewohnte Situation,


Rückblick

Abbildung Spielerliste 1976

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Abbildung Spielerliste aus dem Jahr 1982, nur noch drei Spieler der alten Mannschaft waren dabei.


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die sie vor besondere Herausforderungen stellte und die sie meisterte. Vointa Billed siegte im ersten Spiel 8 : 4 gegen den SC Sonderburg und verlor das zweite Spiel mit 5 : 3 gegen SC Saxburg, welcher auch als Turniersieger hervorging. Die 23. Auflage des Pipatsch- Pokals, vom August 1997, fand in Billed statt. Nach 25 Jahren als aktiver Handballer wurde ein langer Traum des Billeder Vereinsvorsitzenden, Trainers und Spielers Adam Csonti wahr: Billed wurde zum ersten Mal Trophäen-Gewin-

Rückblick

Abbildung Handballmannschaft Jahrgang 1960 Obere Reihe von links nach rechts: Edmund Klein, Erwin Klein, Hans Hehn, Hans Pierre, Roland Russ, Hans Rugel, Nikolaus Lahni; Untere Reihe von links nach rechts: Karl Balogh, Werner Gilde, Werner Keller ner. Seit der Gründung des Pipatsch- Turniers war Vointa Billed immer mit dabei. Seit einem Vierteljahrhundert machte die Mannschaft in der Temescher Kreismeisterschaft mit, achtmal waren die Billeder Veranstalter


Rückblick

Abbildung Die Billeder Handballmannschft in den 70er Jahren Stehend von links: Georg Frecot, Helmut Hehn, Werner Billinger, Josef Thöreß, Trainer Hans Pierre, Hans Neiß, Hans Frank, Jakob Klein, (hockend) Hans Klein, Adam Csonti, Hans Schmidt, Werner Steiner, Jakob Groß, Michael SortocKlein, Nikolaus Frecot, Dietmar Welter, Peter Hehn, (liegend) Werner Rieder und Hans Klein des Pipatsch-Turniers (davon gleich viermal nach 1989), aber ein Sieg im Endspiel blieb ihnen versagt, obwohl

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das Team gleich mehrmals im Halbfinale bzw. im Finale stand. Einige Ergebnisse von diesem Turnier: BilledReschitza 18 : 12; Billed- Temeswar 15 : 9; Billed- Perjamosch 16 : 10 und im Finale Billed- Lowrin 22:18. Ein Lob mit Dankeschön geht nicht nur an die aktiven Spieler, Initiatoren und Betreuer, die von Anfang bis heute, in guten und in schweren Zeiten, alles gegeben haben, sondern an alle Unterstützer, die mit ihrer Leidenschaft den Verein Jahrzehnte unterstützt haben. „Sie“ hatten immer ein Herz für den Billeder Handball.


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Rückblick Statistik der Pipatsch-Turniere 1. Platz

2. Platz

Ergebnis

3. Platz

4. Platz

1

1974

Jahr

Jahrmarkt

Ort

Lugosch

Lowrin

11:6

Technometal

Jahrmarkt

2

1975

Lugosch

Lugosch

Vointa Timisch

28:14

Billed

Wiseschdia

3

1976

Billed

Lugosch

Lowrin

12:8

Technometal

Hatzfeld

4

1977

Großsanktnikolaus

Lugosch

Hatzfeld

14:12

Großsanktnikolaus

Technometal

5

1978

Neubeschenowa

Hatzfeld

Lugosch

22:20

Technometal

Großsanktniko

6

1979

Jahrmarkt

Lugosch

Hatzfeld

15:11

Hatzfeld

Billed

7

1980

Billed

Hatzfeld

Wiseschdia

17:11

Billed

Lugosch

8

1981

Wiseschdia

Hatzfeld

Wiseschdia

17:10

Jahrmarkt

Hatzfeld

9

1982

Hatzfeld

Hatzfeld

Lugosch

13:11

Technometal

Lugosch

10

1983

Großsanktnikolaus

Großsankt

Technomet

27:23

Lugosch

Hatzfeld

11

1984

Lugosch

Großsankt

Lugosch

19:17

Technometal

Hatzfeld

12

1985

Großsanktnikolaus

Autoturis

Strugul Arad

19:18

Großsanktnikolaus

Jahrmarkt

13

1986

Lugosch

Großsankt

Autoturism

15:11

6 Martie

Lugosch

14

1987

Billed

Großsankt

Billed

28:17

Reschitza

Lugosch

15

1988

Lowrin

Lowrin

Wiseschdia

17:16

Hatzfeld

Perjamosch

16

1989

Billed

Multi Tem

Pecica

20:8

Jahrmarkt

Reschitza

17

1990

Billed

Multi Tem

Billed

18:14

Autoturisme

Lowrin

18

1991

Billed

Videocol

Multim

Billed

Lowrin

19

1992

Temeswar

Videocolo

Pecica

Billed

Lowrin

20

1993

Lowrin

Videocolo

Hagenbach

Lowrin

Pecica

21

1994

Billed

Logosch

Billed

16:16

Lowrin

Pecica

22

1995

Großsanktnikolaus

24

1997

Billed

Billed

Lowrin

22:18

25

1998

Billed

Großsankt

Billed

Uzdin

23:17

23

26

1999

Lowrin

27

2000

Hatzfeld

28

2001

Großsanktnikolaus

29

2002

Billed

30

2003

Hatzfeld

Lugosch


Rückblick

Abbildung oben Die Billeder Handballmannschft in den 80er Jahren

103

Abbildung unten 50 Jahre Handball in Billed, Jubiläumsfeier


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Rückblick

Abbildung: Ansicht der Küchenzeile in der Ausstellung im Billeder Heimathaus

Das schwowische Band

P

izza, Spaghetti, Schäufele, fränkische Bratwürste, Weißwurst, Falafel, Zaziki, Kässpatzen, Leberkäs, all das essen wir gern. Wir sind neugierig, was in anderen Kulturen und in unserer fränkischen Heimat gekocht wird. Wir bereiten es auch zu und es schmeckt uns. Doch wenn wir alle bei unserer Mutter zusammenkommen, kann es nur ganz bestimmte Gerichte geben. Denn da wünschen wir uns alle schwowisches Essen. Wir, das sind meine Geschwister, mein Schwager, meine Nichte mit ihrer Familie, mein Neffe, mein Mann und ich. Jeder hat sein Lieblingsgericht, manchen schmeckt das eine besser als das andere, aber schwowisch muss es sein. Dann gibt es Saueresse, gfilltes Kraut, Blechkrumbiere, Supp un Soß: mal Kerschesoß, mal Gabrsoß, mal Pardeissoß oder auch mal Krensoß. Auch Krumbiersupp, gfillte Paprika, Juvetsch un Fascheertes, Reisfleisch, franzesische Krumbiere, Nuss- und Maasoomenuddle, Schneeknedle, Kipfle, Krappe und Langosch stehen auf unserer Liste der beliebtesten schwowischen Gerichte. Wir sind alle integriert in unser Leben in Franken und

Erika Weith, geb. Leidecker

Oberbayern. So sind nur meine Mutter, meine Schwester und ich im Banat geboren. Aber ein starkes schwowisches Band verbindet uns alle. Die Erinnerungen an Billed, die Erzählungen darüber und die unvergleichlichen Gerichte der alten Heimat. Mein kleiner Großneffe Levi, 5 Jahre alt, hat ein absolutes Lieblingsessen, das er immer und zu jeder Tageszeit essen kann: Bohnesupp. Wenn zu Hause Bohnensuppe gekocht wird, muss er immer dabei sein und mithelfen. Man hat fast das Gefühl, er muss es überwachen, damit alles seine Richtigkeit hat. Wenn die Suppe dann auf dem Tisch steht, isst er sie mit einer Hingabe, dass es einem ganz warm ums Herz wird. Meine Großnichte Neele, 8 Jahre alt, sollte in der ersten Klasse aufschreiben, was ihr Lieblingsgericht ist. Und was schreibt sie in ihr Heft: „Krumbira Nudler“. Ob wohl irgendjemand verstanden hat, was das für ein Gericht ist? Wahrscheinlich nicht. Für uns jedoch war es der Beweis, dass das schwowische Band noch besteht, auch wenn unsere Lebenswirklichkeit heute weit weg vom Banat ist.


Rückblick

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In Billed 1967


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Rückblick

Die Wallfahrtskirche Maria-Radna und das Klostergebäude im Frühjahr 2021. Links der QR-Code zu einem Video mit Astrid Ziegler und Brigitte Maxa über Erinnerungen an Maria Radna.


Rückblick

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Ein Streifzug durch das Billeder Kirchenjahr

E

s gab viele Angebote das ganze Jahr über. Es begann im Winter mit der Kreuzwegandacht, die in der Fastenzeit am Sonntagnachmittag stattfand. Der Chor sang die schönen Fastenlieder, der Pfarrer ging von einer Station zur anderen und betete den Kreuzweg. Dann folgte der Karfreitag. Am Morgen fand die Karfreitagsmesse statt, nachmittags war die Grablegung. Das Heilige Grab befand sich links neben dem Haupteingang, das empfanden wir als einen sehr geheimnisvollen Ort, als wir noch Kinder waren. In der Nachkriegszeit war das Heilige Grab für ca. ein Jahr vorne in der Kirche, wo der Taufbrunnen stand. Da betete vermutlich so manche Mutter, die Mann oder Kind im Krieg oder in Russland verloren hatte. Die Einwohner von Billed waren straßenweise eingeteilt, zur Anbetung zu kommen. Die Schulkinder beteten den Schmerzhaften Rosenkranz vor, die Singmädchen sangen die „Fünf Wunden“ und die anderen Kirchenbesucher beteten ebenfalls. Das Heilige Grab war immer schön mit Frühlingsblumen geschmückt. Am Samstagabend war dann die Auferstehungsprozession, woran das ganze Dorf teilnahm. Der Weg führte mit Blasmusik durch bestimmte Gassen, in den Fenstern waren Kerzen angezündet worden. Die Maiandachten im Mai waren für viele Leute die schönste Zeit des Kirchenjahres. Diese Andacht besuchte ich schon mit meiner Urgroßmutter, um die schönen Marienlieder zu hören. Der erste Kantor, an den ich mich erinnern kann, war der Dorflehrer Herr Hager. Später dann, als Maria Jost, Susi Ballmann und Magdi Roos

Barbara Franz

und andere Kantorinnen waren, habe ich schon aktiv im Kirchenchor mitgesungen. Es sind sehr schöne Erinnerungen, die uns auch in der Zeit in der „neuen Heimat“ niemand nehmen kann. Ein großes Ereignis war in den letzten Jahren unsere Radna-Pilgerfahrt, so um den 15. August oder Anfang September. Früher pilgerten die Menschen zu Fuß oder mit dem Pferdewagen zu diesem Wallfahrtsort, in meinen jungen Jahren fuhren wir mit dem Zug. Zuletzt, bis zu meiner Ausreise, wurden Busreisen organisiert. Während der Fahrt wurde der Rosenkranz gebetet und gesungen. Der Kreuzweg in Radna führte leicht bergauf, ungewohnt für uns Bewohner der Ebene. An den einzelnen Stationen wurde gebetet und gesungen. Unvergesslich sind die Radna-Fahrten, an denen die Blechmusik teilnahm, unter der Leitung von Jakob Groß, weil sie religiöse Zeremonien musikalisch unterstützten, was dem Ganzen einen besonders feierlichen Rahmen verlieh. Im Oktober fanden dann die Rosenkranzandachten statt, die aber nicht so gut besucht waren. An Weihnachten wurde oft ein Krippenspiel aufgeführt, was immer als besonders empfunden wurde. Die altbekannten Weihnachtslieder kamen alle an die Reihe, u.a. „Der Friedensfürst“. Nach der Mette stieg die Solistin Hannelore Slawik (Ortinau) und / oder andere Musiker in den Kirchturm und spielten das weltberühmte, unvergleichliche Weihnachtslied „Stille Nacht“. Das sind meine schönen Erinnerungen an das Billeder Kirchenjahr, ohne Anspruch auf Vollständigkeit.


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Rückblick

Hirsch Familienfoto

U

nser Stammbaum stammt von Christopher Hirsch, der 1766 von Oppenheim nach Billed, Rumänien, auswanderte. Die Stammlinie besteht aus den Nachnamen Hirsch, Herbstler, Zimmer und Müller. Das in Rechnung gestellte Gebiet wurde von Deutschen besiedelt, die entlang der Donau reisten und Donauschwaben genannt wurden. Wir haben ein großartiges Foto aus dem Jahr 1924, das (in der Mitte sitzend) Mathias Hirsch 1864-1944 enthält, verheiratet mit Barbara (Herbstler) Hirsch 1862 bis 1928. Dann Töchter (links) Barbara Hirsch (Noll) 1898 - 1973 mit Jacob Noll 1898 - 1960 und (rechts) Elisabeth Hirsch (Maurer) 1893 bis 1982 mit Peter Maurer 1893 - 1948. Dann der junge Peter Mauer 1914 bis 2003, Mathias Noll 1921 - 1944 und Barbara Maurer 1919 2019. Meine Großmutter Barbara Noll war zum Zeitpunkt dieses Fotos tatsächlich schwanger mit meiner Mutter Margaretha Geisz (Noll). Sie lebten in Haus Nr. 9 im südöstlichen Teil der Stadt am Fluss. Elisabeth & Peter Maurer wanderten 1925 zunächst nach Kanada und bald darauf in die USA aus. Nachdem sie in einigen Städten gelebt hatten, ließen sie sich in Detroit, Michigan, nieder. Der Herr hat sie mit 9 Kindern gesegnet, die in nur wenigen Generationen 21 Enkelkinder und 40 Urenkelkinder hatten.

Nikolaus Geisz (Rochester Hills, Michigan)

Barbara & Jacob Noll verloren ihren Sohn Mathias im Zweiten Weltkrieg, wanderten jedoch 1944 mit ihrer Tochter Margaretha nach Ried in Österreich aus, um den Russen und der kommunistischen Übernahme zu entkommen. Mein Vater Johann M Geisz und Margaretha sind nur wenige Blocks entfernt aufgewachsen. Nach dem Zweiten Weltkrieg heirateten sie und gründeten eine Familie. Glücklicherweise wurden sie von Peter Maurer, dem Jungen auf dem Foto, unterstützt, und durften sie in die USA auswandern. Im April 1951 segelten Barbara und Jacob mit einem „Liberty Ship“ über den Atlantik. Dann, im September 1951, überquerten Margaretha, Johann M und die Söhne Johann P und Nikolaus in zehn Tagen den Atlantik, um sich mit Familienmitgliedern in Detroit, Michigan, zu treffen. Johann war Schneider von Beruf und Margaretha Schneiderin und sie konnten für ihre Familien sorgen und ihre Träume erfüllen. Ihre aktive christliche Erziehung sorgte für ein Leben voller Glauben und hatte das große Glück, starke familiäre Bindungen zu haben. Margaretha wurde im November 2019 95 Jahre alt und hat acht Urenkel. Sie spricht sehr gut von ihrer Kindheit in Billed und wünscht sich, jeder könnte sie besuchen. Eigentlich könnte es immer noch sehr ähnlich aussehen und sich so anfühlen, wie sie sich erinnert.


Rückblick

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Originalbeitrag in Englisch

Hirsch Family Photo

O

ur family tree dates back to Christopher Hirsch who migrated from Oppenheim, Germany to Billed, Romania in 1766. The family line consists of last names of Hirsch, Herbstler, Zimmer and Muller. The Billed area was settled by Germans who traveled along the Danube River and were called Danube Swabians. We have a great photo taken in 1924 which includes (center seated) Mathias Hirsch 1864-1944 married to Barbara (Herbstler) Hirsch 1862 to 1928. Then daughters (left) Barbara Hirsch (Noll) 1898 - 1973 with Jacob Noll 1898 - 1960 and (right) Elisabeth Hirsch (Maurer) 1893 to 1982 with Peter Maurer 1893 - 1948. Then young Peter Mauer 1914 to 2003, Mathias Noll 1921 1944, and Barbara Maurer 1919 - 2019. My grandmother Barbara Noll was actually pregnant with my mother Margaretha Geisz (Noll) at the time of this photo. They lived in House #9 on the south east part of town by the river. Elisabeth & Peter Maurer migrated first to Canada and soon after to the United States in 1925. After living in a few cities settled in Detroit, Michigan. The Lord has blessed them with 9 children who had 21 grandchildren and 40 great grandchildren in just few generations.

Nikolaus Geisz (Rochester Hills, Michigan)

Barbara & Jacob Noll lost their son Mathias, in WWII, but with daughter Margaretha migrated to Ried, Austria in 1944 to escape from the Russians and communist takeover. My father Johann M Geisz and Margaretha grew up just blocks away. After WWII they got married and started a family. Fortunately, they were sponsored by Peter Maurer, the young boy in the photo, and then they were allowed to migrate to the United States. In April 1951 Barbara and Jacob sailed across the Atlantic on a ‘Liberty Ship’. Then in Sept 1951 Margaretha, Johann M and sons Johann P and Nikolaus crossed the Atlantic in ten days to meet up with family members in Detroit, Michigan. Johann was a tailor by trade and Margaretha a seamstress and they were able to provide for their families and fulfill their dreams. Their active Christian upbringings provided faith-filled lives and were very fortunate to have strong family ties. Margaretha turned 95 in November 2019 and has eight great grandchildren. She speaks highly of her childhood in Billed and wishes everyone could visit. Actually, it might still look and feel very close to what she remembers.


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Rückblick Abbildung rechts Familienbild aus dem Jahr 1924. In der Mitte sitzend Mathias Hirsch 1864-1944, verheiratet mit Barbara (Herbstler) Hirsch 1862 bis 1928. Dann Töchter (links) Barbara Hirsch (Noll) 1898 - 1973 mit Jacob Noll 1898 - 1960 und (rechts) Elisabeth Hirsch (Maurer) 1893 bis 1982 mit Peter Maurer 1893 - 1948. Dann der junge Peter Mauer 1914 bis 2003, Mathias Noll 1921 - 1944 und Barbara Maurer 1919 - 2019. We have a great photo taken in 1924 which includes (center seated) Mathias Hirsch 1864-1944 married to Barbara (Herbstler) Hirsch 1862 to 1928. Then daughters (left) Barbara Hirsch (Noll) 1898 - 1973 with Jacob Noll 1898 - 1960 and (right) Elisabeth Hirsch (Maurer) 1893 to 1982 with Peter Maurer 1893 - 1948. Then young Peter Mauer 1914 to 2003, Mathias Noll 1921 - 1944, and Barbara Maurer 1919 - 2019. Abbildung links Margaretha wurde im November 2019 95 Jahre alt und hat acht Urenkel. Sie spricht sehr gut von ihrer Kindheit in Billed und wünscht sich, jeder könnte sie besuchen. Eigentlich könnte es immer noch sehr ähnlich aussehen und sich so anfühlen, wie sie sich erinnert. Margaretha turned 95 in November 2019 and has eight great grandchildren. She speaks highly of her childhood in Billed and wishes everyone could visit. Actually, it might still look and feel very close to what she remembers.


Rückblick

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Rückblick

Billeder Mädchen in der Zwischenkriegszeit mit ihren Fahrrädern


Rückblick

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Mein erstes Fahrrad

N

un möchte ich erzählen, wie ich zu meinem ersten Fahrrad kam. Großvater Hubert war auch in der Lokalpolitik tätig und ein sehr guter Redner. Ich war das letzte Jahr im Kindergarten, da hat mich Großvater mitgenommen in die Schule, denn die Schulinspektion war angesagt und da war er als Mitglied des Gemeinderats der Bürgerlichen Partei auch eingeladen. Für mich war das Ganze neu, sollte ich doch erst im September in die erste Klasse kommen. In der großen Klasse in der Schule waren die Lehrer, ältere Schüler, die Honoratioren der Gemeinde und der Schulinspektor. Alle saßen vor den Kindern, nur ich stand brav neben meinem Großvater und dem Lehrer vor der Klasse. Die Schüler wurden in Rechnen, Erdkunde, Geschichte und Deutsch geprüft und zuletzt in Gedichte- Aufsagen. Es gab für die Lehrer und Schüler viel Lob vom Schuldirektor, vom Bürgermeister und vom Inspektor. Am Ende seiner Rede sagte der Inspektor: „Wer möchte noch zum Abschluss ein schönes Gedicht aufsagen?“ Es meldete sich keiner. Da habe ich ganz brav die Hand gehoben und mich gemeldet. Der Inspektor zeigte mit der Hand, dass ich vortreten solle, was ich dann auch tat. Ich verneigte mich und sagte: Bauerngebet Ich hab den brachen Boden umgebrochen, Du hast ihn reif gemacht in wenigen Wochen.

Josef Herbst

Ich hab‘ der Furche kaltes Korn gegeben, Du hast es aufgeweckt mit Sturm und Regen. Ich steh’ am Feld, das Korn schon riecht wie Brot, Du stehst darüber starker, guter Gott. Wir halten zusammen, Du und ich. Was kann da kommen über Dich, noch mich? Am Ende wurde ich von allen Seiten gelobt und der Schulinspektor fragte mich, wie ich heiße, und in welche Klasse ich gehe? Ich sagte in unserem Dialekt: „ Ich sen em Herbst Hans sei Sohn un häsch Seppi. Ich komm, wann die Schul angeht, in die erscht Klass.“ „Schön, schön“, sagte der Inspektor, „und wer hat dich das Gedicht gelehrt?“ Ich sagte und zeigte auf meinen Großvater: „Mei Großvater, de Rackibrenner (Schnapsbrenner) Hubert“. Mein Großvater wurde von der Runde beglückwünscht und ich durfte nach Hause gehen, denn die Männer blieben noch beisammen. Am nächsten Tag ging mein Großvater in die Hauptgasse zum Schwartz in das Fahrradgeschäft und ich bekam als Belohnung ein Kinderfahrrad. Als ich schon gut fahren konnte, lernte die Hälfte der Kinder unserer Gasse das Radfahren mit meinem Rad.


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Rückblick

Die Schule

D

er Jahrgang 1933 wurde im September in die erste Klasse eingeschult. Unser Lehrer war Herr Johann Henz. Bücher, Bleistift und Hefte hatten wir noch keine, sondern Schiefertafel, Griffel und Schwamm. Auf der einen Seite der Tafel waren Karos zum Rechnen und auf der anderen Seite Linien zum Schreiben. Bücher bekamen wir erst, als wir die Buchstaben gelernt hatten. Auch das Einmaleins lernten wir schon und so musste es die ganze Klasse schon am Morgen vor Schulbeginn aufsagen. Und dies taten wir Tag für Tag bis zur vierten Klasse. Jeder der Schüler konnte es von 1x1 bis 10x10 aufsagen und somit rechnen. Die Methode, mit welcher der Lehrer uns die einzelnen Buchstaben lehrte, lockt uns heute noch ein Schmunzeln hervor. Für den Buchstaben „A“ legte er die Hände wie beim Beten zusammen vor die linke Schulter, legte den Kopf darauf und sagte „aaaaa“ (als schlafe er, und wie gut das tut). Als wir das „i“ lernten brachte er eine Kerze mit, zündete sie an. Er fuhr mit dem Finger über die Flamme, zog den Finger rasch zurück, als wäre er erschrocken und sagte „iiiii“. Die Kerze mit der Flamme sieht aus wie ein „i“ mit dem Punkt oben. Wir lernten erst die Selbstlaute und dann die Mitlaute. Der Lehrer schrieb uns die Buchstaben mit Kreide an die Tafel und wir mussten sie auf die Schiefertafel abschreiben.

Josef Herbst

Einer unserer Kollegen hat von seinem älteren Bruder gelernt, den Mädchen die Schiefertafeln mit einem Tropfen Öl einzureiben, damit der Griffel nicht greift. Wir hatten Erfolg, der Lehrer aber ist darauf gekommen, weil nur die Mädchen nicht mehr schreiben konnten. Sie mussten ihre Tafeln zuhause erst einmal gründlich mit Seife und Wasser reinigen, damit man wieder darauf schreiben konnte. Für uns Jungs hatte das ein Nachspiel- wir durften am nächsten Tag nicht in der Pause in den Hof, sondern mussten neben den Bänken in der Klasse knien. Nach und nach lernten wir die Mitlaute und auch Wörter schreiben. Auch durften wir Hefte und Bleistifte, Radiergummi und Spitzer dabei haben, und jeder bekam auch eine echte „Buckeltasche“ (Schultasche für auf den Rücken schnallen). Ich bekam eine aus Blech. Sie war zwar etwas schwerer, dafür aber stabil und man konnte im Winter damit den Hang bei Engrichs hinunter rutschen wie auf dem Schlitten.

Abbildung rechts Völkerball im Pausenhof der Billeder Alten Schule in den 1940er Jahren


Rückblick

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Rückblick

Im Schnitt (Weizenernte), Malerei von Stefan Jäger


Rückblick

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Mein erster Weizenschnitt

W

ir hatten 1948 im Herbst 4 Joch (1 Joch = 0,575ha; 1 Hektar = 100 Ar) mit Weizen angebaut, der im Sommer 1949 geerntet werden sollte. Da alle landwirtschaftlichen Maschinen der Bauern enteignet waren, musste mit der Sense geerntet werden. Ich hatte von Großvater Hubert zwei Sensen bekommen. Eine zum Mähen von Gras und Klee und eine nur für Halmfrüchte: Weizen, Gerste, Hafer usw. Es waren zwei Markensensen aus Österreich „Tip Top Schwedenstahl“. Großvater lehrte mich auch, sie zu „dengeln“, sie durch Klopfen auf dem Dengelstuhl scharf zu machen und sie mit dem Wetzstein dann zu schärfen. Und so ging es in den Weizenschnitt. Die Seile zum Binden der Garben hatten wir schon aus Lieschen, die wir im Fluss geschnitten hatten, zuhause gemacht. Sensenwurf und Sensenbogen hatte ich auch von Großvater bekommen und so fehlte nur noch die Technik des Mähens. Vater Lambert hatte darin auch keine große Erfahrung und so hat es uns der Schwager von Vater Lambert, Michael Stadtfeld, erst einmal gezeigt. Er und Vaters Schwester Elisabeth waren auch bei der Ernte dabei. Mutter hat hinter mir „gekleckt“ (das Gemähte zu Garben gelegt), Vaters Schwester Elisabeth war hinter Vater, Schwester Marie hat die Seile gelegt und Michael hat die Garben gebunden und schon teilweise zu Haufen gesetzt.

Josef Herbst

Wir waren im „Kleinen Flur“, dort waren die Felder 400 m lang. (Von einem Gewann-Weg zum anderen). Wir hatten es wie alle anderen auf ca. 200 m aufgeteilt, damit man eher zum Wagen zum Wasser kam. Mit jedem Maden der Sense ging es besser. Damals wusste ich noch nicht, welch‘ gute Sense ich hatte. Neben uns erntete Steiner Martin (Wilbergs) *1887. Er war Rasierer und verdiente sich und seiner Familie in der Erntezeit das Brot für das ganze Jahr. Er machte Pause, kam herüber und sagte: „Seppi geh an meinen Wagen und bring‘ uns die eingekühlte Schnapsflasche.“ Er nahm meine Sense und probierte sie aus und ich ging wie angesagt zum Wagen und brachte den Schnaps. Nachdem jeder einen Schluck getrungen hatte, ging es weiter. Ich wollte meine Sense, als ich merkte, dass sie stumpf wird, mit dem Wetzstein schärfen. Doch ich hatte keinen Erfolg. Da kam der Veter Martin wieder rüber und sagte: „Die Frau, einen Pinsel oder Bürste und die Sense gibt man nicht aus der Hand.“ Er hatte meine Sense mit Knoblauch eingerieben und daran greift kein Wetzstein. Er hat mir seine Reserve- Sense gegeben und meine zu Mittag gedengelt und wieder in Ordnung gebracht. Die Sensen haben wir auch mit in den Baragan genommen.


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Rückblick

Der Eiskeller meiner Großeltern

M

einen Großeltern Elisabeth und Nikolaus Schultz gehörte ab 1935 das Gasthaus mit der Kegelbahn vis-a-vis vom Bahnhof. Meine Tante Anna Jobba (et Schultze Änny) erzählte uns vor einigen Jahren vom Eiskeller, nachdem meine Kinder mal wieder was von „friejer“ hören wollten. „Selmols hat et noch khe elektrische Kiehlschrenk genn. For dass mer em Sommer gekiehlte Getränke (vor allem Bier) ausschenge hat khenne, hat mer Eis gebraucht. Et es en onsrem Eiskeller en der Neigass gelagert gen.“ Der Eiskeller meiner Großeltern befand sich im Hof ihres Hauses in der Neugasse Nr. 729 (hier wohnte später Familie Undi), „ofm Tenn, am Scheed zum Schank/DoneHaus“. Der Eiskeller war im Schatten von Bäumen unterirdisch angelegt – ca. 3 m tief, 4 m breit und 6 m lang. Die Wände waren rundherum mit Ziegelsteinen gemauert und mit „Schtokketur“ (Schilfrohrrmatten mit Lehm verbunden) und Stroh isoliert. Nach unten konnte das Schmelzwasser im Boden versickern. Der Eingang zum Eiskeller war klein. Von oben wurde er durch ein dickes Schilfrohrdach, das bis zum Boden reichte, gedämmt. Um Natureis zu gewinnen, brauchte es eine längere Frostperiode. Dann konnte der Eiskeller in wenigen Tagen gefüllt werden. „Em Wender, wann et Neigässer Wasser zugfror war on et Eis etwa 25 - 30 cm dick war, hat mer et gebroch. Das war a schwäri Arweit on alles es met der Hand gemach gen.“ Das „Neigässer Wasser“ war hinter der Neugasse und der

Annemarie Ebner

Blumengasse. Daran können sich wahrscheinlich nicht mehr viele Billeder erinnern. Große Brocken wurden aus der Eisdecke herausgebrochen und mit Eishaken ans Ufer gezogen, dort mit Hilfe von „dreizwingiche Gawwle (die Zwinga ware wie Kralle nunnerzus geboo)“ auf den Pferdewagen oder -schlitten aufgeladen und dann zum Eiskeller gebracht. „Do hat mer et Eis iwwer Bredder en de Keller retsche geloss. For dass die Eisstecker besser zsammgfreere, hat mer of jedi Schicht Eis gut Salz gschtraut. Zuletscht hat mer das Ganzi met Stroh/Schilf gut zugedeckt. Et Eis hat bis zum näkschte Wender reiche misse. Im Gasthaus meiner Großeltern gab es zur Kühlung der Getränke und so mancher Lebensmittel dickwandige und gut „isoleerte Eiskaschte. Sie waare aus Holz, weiß lackeert on han of vier Holzfieß gschtann. Onne em Boddem von de Eiskaschte war a Loch. So hat et Wasser vom offgelaante Eis en a Gfäß ablaafe khenne. Enwenzich en de Eiskaschte war rondrom verzinktnes Blech“. Sie hatten Kühlfächer und einen Einsatz/Behälter, in den man das zerkleinerte Eis füllte. Ein solcher „Eiskaschte“ ist mir gut in Erinnerung geblieben. Er stand noch geraume Zeit bei meiner Oma in der Speis. Nach dem Krieg wurde der Eiskeller meiner Großeltern nicht mehr genutzt. Wenn meine Schwester und ich in der Neugasse bei der Kathigood und dem Hanspatt waren, sind wir öfters mit Kathi und Franz um den Eiskeller geschlichen, um viel-


Rückblick

leicht doch mal nach unten schauen zu können. Doch weit gefehlt, der Keller war durch das dicke Schilfrohrdach rundherum dicht. Etwa 1960/61 wurde der Eiskeller endgültig zugeschüttet. Franz erinnert sich noch daran, „dass Nochberschleit Schutt en et Loch geworf han on dass ne derbei war, wie sei Ota metm Waan Erd for Offille gebrong hat.“

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Abbildung: „Es ist Ware gekommen“ (A venit marfă) Links im Bild die unverkennbare Fassade des ehemaligen Warenhauses der Familie Tenner. Auch hier, bei Nr. 241, befand sich ein Eiskeller. Nach 1949 ist hier die Konsumgenossenschaft (Cooperativa) eingezogen. Später wurden die Räumlichkeiten als Wirtshaus, Geschäft und Lagerraum genutzt. Das Aquarell ist nicht signiert, erkennbar ist jedoch der Malstil unseres Heimatmalers Stefan Jäger. (Text: Hans Rothgerber)


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Rückblick

Meine Eltern haben 1964 einen schwarzen Mercedes 170 gekauft, es war noch ein Vorkriegsmodell.

Der kleine Emil und der Mercy - haben Autos eine Seele?

Emil Knöbl

H

eute erzähle ich euch die Geschichte unseres liebsten Familienautos. Meine Eltern haben 1964 einen schwarzen Mercedes 170 gekauft, es war noch ein Vorkriegsmodell. Er hatte Platz

ohne Ende, einen starken Motor und riesige, sehr bequeme Sitze. Leider war es immer schwierig, den Motor zu starten - wenn er aber lief, hat er uns nie im Stich gelassen. Bei einem so großen, schweren Auto mussten die


Rückblick Bremsen immer Schwerstarbeit leisten, dabei waren es nur kleine, zu schwach konzipierte Trommelbremsen meistens funktionierten sie eh nicht. Den Benzingeruch im Auto haben wir auch stets kostenlos genossen. Die Schläuche waren irgendwo immer undicht. Und doch liebten wir unseren Mercy. Liebevoll wurde er jeden Sonntag mit viel Wasser und Seife gewaschen, gehegt und gepflegt. Er war unser ganzer Stolz. Und er liebte uns. Man hatte in ihm stets das Gefühl der Geborgenheit, der Zuverlässigkeit. Man spürte förmlich seine Gedanken: “Macht Euch keine Sorgen, mein Motor bringt Euch sicher zum Ziel, meine Karosserie ist stark und beschützt Euch im Notfall!“ Ob Autos eine Seele haben? Ja, unseres hatte eine - das spürten wir in jedem Augenblick. Er hatte noch die Lenkradschaltung, rechts neben dem riesengroßen Lenkrad. So hatte ich Platz genug, stehend eingeklemmt zwischen Mutti und Vati am Verkehr aktiv teil zu nehmen. Meine Nasenspitze ragte gerade über den Bord hinaus. Meine Aufgabe war es zu erkennen, ob die uns entgegenkommenden Autos mit Abblend- oder Fernlicht fuhren. Und ich nahm meine Aufgabe sehr ernst. „Vati, der kommt mit Abblendlicht, ich schalte jetzt das Fernlicht um, auf Abblendlicht!“ Ich betätigte den weißen Bakelit-Schalter: „So, jetzt fahren wir auch mit Abblendlicht!“ Sobald das Auto vorbei war, schaltete ich wieder zurück auf Fernlicht. Unser Mercy hatte zwei sehr große, starke Scheinwerfer, damit konnte man auch bei Nacht sehr gut sehen. Ich kann mich noch sehr gut an eine Fahrt nach Herkulesbad erinnern. Sie dauerte ewig, da der alte Mercedes ja nicht mehr so schnell fahren konnte. Schnell fahren war

121 auch wegen der schlechten Bremsen nicht ratsam. So waren die meisten Reisen sehr zeitintensiv. Mein Vater musste stets mit der Motorbremse arbeiten, aber wegen der großen Übersetzung war es auch damit kaum möglich, den schweren Wagen zu stoppen. Deshalb hatte meine Mutti im Fußraum stets einen großen Stein liegen und wenn der Mercy schon ganz langsam fuhr, sprang sie heraus und warf den Stein vor das Rad. So kam das Auto dann zum Stehen. Ja, und weil die Fahrt so lange war, haben meine Schwester und ich hinten auf dem Sitz rumgespielt. Tagsüber konnte ich hinten entspannen, denn ich musste ja nicht den Lichtschalter betätigen - hahaha. Und während wir auf dem Sitz rumsprangen und mit einem Ball spielten, sah ich im Rückfenster ein Motorrad mit Beiwagen hinter uns herfahren. Der Motorradfahrer winkte uns zu und wir winkten fröhlich zurück. Je öfter ich zu ihm hinsah, desto mehr erkannte ich, dass sein hektisches Winken einen ganz anderen Sinn hatte, als uns zu belustigen. Er deutete stets mit einer Hand zum linken Hinterrad. Also guckte ich links hinten aus meinem Fenster und siehe da, unser Hinterrad rollte fast gänzlich neben uns her - das habe ich so noch nie gesehen. „Vati, schau mal, unser Hinterrad läuft neben uns her - das will uns überholen!“ Mein Vater kurbelte das Fenster runter - einen Seitenspiegel hatte unser alter Mercy ja nicht - und schaute nach hinten raus. Noch heute sehe ich sein kreidebleiches Gesicht. Er zog sofort soweit wie möglich nach rechts und begann mit dem unsäglichen Bremsmanöver. Die Motorbremse half noch dazu und nach einer halben Ewigkeit


122 konnte Mutti endlich rausspringen, und den Stein vor das Rad werfen. Der Mercy stand. Als wir ausstiegen und uns das Phänomen betrachteten, brach das Rad endgültig aus der letzten Halteschraube und unser Auto stand schief da. Das Rad hatte bis zur letzten Umdrehung gehalten, dann erst ist es von der Nabe gefallen. Angst nein, Angst hatten wir keine. Unser Mercy wird uns schon heil zum Ziel bringen. Daran hatten wir keinen Zweifel. Er hat das Rad festgehalten, bis wir in Sicherheit waren. Ja, unser Mercy - unser Schutzengel. Gut in Erinnerung habe ich auch eine Fahrt nach Billed. Wir fuhren zu Lissi-Tante und Adam-Onkel. Zwischen dem alten Feldflugplatz und Kleinbetschkerek wurde die Fahrbahn neu asphaltiert. Rechts daneben hatten die Bauarbeiter größere Kieshaufen so ca. alle 10 bis 15 Meter aufgetürmt. Und gerade hier, mitten in dieser Baustelle bemerkte Vati, dass die Beifahrertür nicht gut geschlossen war. „Schließ die Tür richtig, nicht dass diese noch aufgeht und so gegen einen Steinhaufen schlägt!“ sagte er noch zu Mutti, die versuchte, sie zu schließen, aber die große schwere Tür gab nur ungern nach und so schaffte sie es nicht, bei voller Fahrt. Vati hielt sich mit der linken Hand am Lenkrad fest und beugte sich zu Mutti rüber. Gemeinsam zogen sie an der schweren Tür und siehe da, die Tür war zu - geschafft. Jetzt konnte nichts mehr passieren. Aber schon wurde Vati wieder kreidebleich - denn plötzlich hatte er das lose Lenkrad in der Hand. Dieses war aus der Halterung gebrochen. Unser Mercy war schlagartig ohne Lenkung und fassungslos schauten sich die beiden an. Vati begann mal wieder mit dem unendlichen

Rückblick Bremsmanöver, mehr konnte er ja in dem Fall nicht tun ein Lenken war schließlich nicht mehr möglich. Der Mercy fuhr selbstständig ganz nach rechts, verließ die Fahrbahn und steuerte auf einen Steinhaufen zu. Kurz davor umfuhr er diesen links und rollte dem nächsten entgegen. Diesen umfuhr er rechts und schon folgte ein weiterer. Wie im Slalom umfuhr er drei Hürden und blieb dann endgültig vor dem vierten Haufen stehen. Wir schauten uns an. Was bitte war das? Wieso ist unser Auto allen Steinhaufen ausgewichen? Gibt es solche Wunder? Wie war das möglich? So vielen Leuten wir diese Geschichte auch erzählten, keiner wusste dieses Phänomen einzuordnen. Und doch ist es genauso geschehen. Ich wusste es besser. Ich streichelte den Kotflügel unseres Wagens und flüsterte ihm zu: “Danke Mercy, Du beschützt uns. Mit Dir kann uns nichts geschehen!“ Und er wärmte meine Hand, ich konnte ihn so richtig spüren. Ein Schutzengel und ein guter Freund. Unser Mercy. Vieles haben wir noch mit ihm erlebt - stets ging alles gut aus. Wie eine treue Seele war er immer für uns da. Aber irgendwann… „Nein Vati, bitte verkauf unseren Mercy nicht. Er ist doch so ein gutes Auto!“ Dicke Tränen standen in meinen Augen. Doch sein Entschluss war bereits gefallen. Vati machte sich letztendlich doch zu große Sorgen um unsere Sicherheit. Und er suchte nach einem Käufer, denn die Schulden für das Auto mussten auch so schnell wie möglich zurückbezahlt werden. Herr Ibrahimowich hatte für das Darlehen 19% Zinsen verlangt - eine Tilgung auf Raten hatte er abgelehnt. Eine rasche Rückzahlung musste irgendwie ermöglicht werden. Und wieder mal wollte der Mercy nicht anspringen.


Rückblick

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Und doch liebten wir unseren Mercy. Liebevoll wurde er jeden Sonntag mit viel Wasser und Seife gewaschen, gehegt und gepflegt. Er war unser ganzer Stolz.


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Unser Mercy wurde vom Filmstudio Bukarest aufgekauft. Im Hintergrund das Verwaltungspalais der Kreispräfektur, damals Sitz der Regionlen Zentrale der Kommunistischen Partei


125 Vati bastelte am Motor herum, als plötzlich der Kühler unerwartet ansprang und der offene Propeller ihm ein Glied des rechten Zeigefingers abschnitt. Alles voller Blut und wir standen wie angewurzelt da. Vati umwickelte seinen Finger sofort mit einem Tuch und, da der Motor nun mal lief, fuhr er schnell ins nächste Krankenhaus und ließ sich verarzten. Natürlich weinte ich um meinen Vati, natürlich bedauerte ich seinen abgeschnittenen Finger und seine Schmerzen. Aber irgendwie dachte ich - vielleicht hat der Mercy mitbekommen, dass er verkauft werden sollte und hat sich damit ein klein wenig gerächt? Konnte unser Mercy spüren, was um ihn herum passiert? Hatte er kurz vor seinem Verkauf seine Liebe zu uns verloren? Durch den lädierten rechten Zeigefinger war Vati in seiner Arbeit als Goldschmied schon recht stark beeinträchtigt. Zum Glück hatte er zwei Wochen zuvor, bei einem Versicherungsagenten eine Police unterschrieben. Dieser wollte gar nicht glauben, dass er jetzt schon, nach so kurzer Zeit bereits eine hohe Summe an meinen Vater auszahlen musste. Er überprüfte alles sehr akribisch - alles war in Ordnung und die Versicherung musste für seine Berufsbeeinträchtigung aufkommen. „Ja, Herr Knöbl, es ist alles rechtens, Sie hatten ja ein unglaubliches Glück. Erst musste ich Sie wochenlang überreden, eine Versicherung abzuschließen und kaum haben Sie unterschrieben, ist schon ein Schadensfall eingetreten. Wir bezahlen Ihnen die Summe. Nur ersuche ich Sie, mir ein klein wenig zu helfen. Ich überreiche Ihnen das Geld in der Öffentlichkeit, die Leute sollen sehen, dass sich eine Versicherung lohnt. So kann ich neue

Kunden gewinnen und auch ein wenig davon profitieren. Wir machen die Übergabe im Capitol Kino.“ Und so war es dann auch. Es lief ein guter Film, das Kino war voll - ausverkauft. Bevor der Film startete, sind der Versicherungsagent und mein Vati auf die Bühne und die unglaubliche Summe von 25.000 Lei wurde unter großem Trommelwirbel meinem Vater übergeben. Das war echt viel Geld. Sehr viel Geld. Meine Eltern konnten Herrn Ibrahimowitch ausbezahlen - und es blieb sogar noch Geld übrig, um einen neuen Moskwitch zu kaufen. Mit ordentlichen Bremsen, funktionierendem Motor und festem Lenkrad. Ein schönes Auto. Ein gutes Auto. Aber auch mit Seele? Wir werden sehen. Aber erstmal kreisten meine Gedanken nur um den Mercy. War es Fügung, dass er meinen Vater verletzte? War es Absicht? Wollte er uns vor seinem Abschied noch etwas Gutes tun? Hat er uns in seinen letzten Tagen nochmal so kräftig helfen wollen? Hat er uns so geliebt? Ich werde unseren Mercedes nie vergessen. Er war uns ein treuer und lieber Begleiter und Beschützer - unser Mercy. Nie wieder habe ich ein Auto so geliebt. Er wurde vom Filmstudio Bukarest aufgekauft. Da durfte er noch in manchem Film mitmachen und viel Aufregendes erleben. Irgendwann haben wir ihn aus den Augen verloren und er hat vielleicht seine ihn liebende Familie aus Temeswar schon längst vergessen. Hat er eine neue liebe Familie gefunden? Lebt er noch? Geht es ihm gut? Denkt er noch manchmal an uns zurück? Ich schon! Lektorat: Werner Tobias


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Rückblick

Fotomontage: in der Mitte die kleine Brigitte mit einer Orange in der Hand vor dem Weihnachtsbaum

Das kleine Glück

I

ch weiß bis heute noch nicht, wie es wirklich aussieht, woher es kommt, warum es mich manchmal plötzlich verlässt. Aber ich weiß ganz genau, wie es sich als Kind angefühlt hat. Ich sehe es vor meinen Augen, ich kann sogar noch seinen wohlriechenden Duft wahrnehmen: Das unsagbar schöne, kleine Glück. In den 70er Jahren sind wir in unserem Dorf im Banat

Brigitte Maxa

mit wenig materiellen Sachen aufgewachsen. Dafür waren wir frei, konnten uns phantasievoll entfalten und haben uns dabei sicher und geborgen gefühlt. Ich habe schon früh gelernt, auch kleine Dinge wahrzunehmen und diese zu schätzen. Frisch austreibendes Grün im Frühling erfreute nicht nur meine Augen, es wärmte auch meine kleine Seele. Beim Anblick der allerersten Schneeglöckchen und Veilchen konnte ich vor Freude jauchzen. Die


Rückblick wärmende Sonne, der erste Schmetterling, der durch die lauen Lüfte flog, meine Freunde, mit denen ich nach dem langen Winter endlich draußen spielten konnte - es waren die einfachen Dinge, die mich glücklich machten. Unvermittelt wurde ich an dieses intensive Gefühl erinnert, als ich neulich in unserem alten Familienalbum geblättert hatte, nicht ahnend, auf welchen Schatz ich stoßen würde. Ich hatte schon fast vergessen, dass es nun schon seit neununddreißig Jahren im Schrank bei meinen Eltern lag. Beim Durchstöbern der teilweise losen Fotos fiel mir ein Schwarzweißbild auf. Es zeigt mich als kleines Mädchen vor einem mit Salonzucker geschmückten Tannenbaum. Etwas schüchtern lächelnd und festlich gekleidet stehe ich da. An das rote Kleid kann ich mich noch gut erinnern und auch an die dicke Baumwollstrumpfhose, die ständig rutschte. Ich weiß auch noch, dass ich gerne Zöpfchen getragen habe. Die weißen Schleifchen mochte ich sehr, die bekam ich nur an besonderen Tagen ins Haar gebunden. Beim Anblick der schwarzweißen Lackschuhe kommen aber weniger schöne Erinnerungen hoch. Diese und all die folgenden Schuhpaare der Vorschulzeit waren für mich jedes Mal ein Anlass für ausgiebige Trotzreaktionen, lautstarke Heulszenen bis hin zur Verweigerung, Lackschuhe jeglicher Art anzuziehen. Von den Schuhen wanderte mein Blick wieder zurück zu meinem Gesicht. Ich musste lächeln, als ich den kurzen Pony sah. Den trage ich immer noch gerne, kurz geschnitten und gerade. Doch plötzlich erregte noch etwas anderes meine Auf-

127 merksamkeit. Was halte ich da fest umklammert? Es ist eine große Orange, die in meiner kleinen Hand fast überdimensional wirkt. Diese hatte ich erst gar nicht so richtig wahrgenommen. Ich überlegte, wieso ich nicht mit einer Puppe auf dem Arm oder mit einem anderen Spielzeug fotografiert wurde. Dies wäre wahrscheinlich passender zu dem festlichen Anlass gewesen. Während ich über die Orange auf dem Bild nachdachte, merkte ich, dass mir richtig warm ums Herz wurde. Ein Gefühl von Freude stieg in mir auf. Die Orange weckte plötzlich viele Erinnerungen in mir. Man muss wissen, dass man in Zeiten des Kommunismus Orangen und Bananen nur selten kaufen konnte. Mit viel Glück ergatterte man das begehrte Obst in der Zeit vor Weihnachten. Besser noch, man hatte Beziehungen oder man kannte eine Verkäuferin. War dies der Fall, wurden schnell, wie von Zauberhand, die begehrten Früchte unter dem Ladentisch hervorgeholt. Wie viele andere rare Produkte waren Orangen rationiert und wahrscheinlich nicht erschwinglich. Gerade weil sie so selten waren, stellten sie für uns Kinder etwas ganz Besonderes dar. Zitrusfrüchte wurden damals wohl hauptsächlich aus Israel importiert, denn sie hatten einen schönen goldenen Aufkleber, der darauf hinwies. Ich bat meine Mutter mir vorzulesen, was mit großen Buchstaben dort stand. Beeindruckt wiederholte ich das Wort mehrmals laut: JAFFA, JAFFA, JAFFA. Es klang nach einem fernen, verzauberten und vielversprechenden Land. Ich brachte es nicht übers Herz, diesen kostbaren Aufkleber wegzuwerfen. Folglich verzierten zahlreiche glänzende JAFFA-Pi-


128 ckerl jahrelang noch unseren Küchenschrank, bis sie irgendwann unter einem neuen dicken Lackanstrich verschwanden. Nachdem die Orangen aufgegessen waren, machte man sich in den Familien an die Resteverwertung. Heutzutage würde man von Nachhaltigkeit sprechen. Davon wussten wir damals nichts, wir wollten bloß nichts ungenutzt wegwerfen. Die Fruchtschalen wurden von uns Kindern meistens noch zwischen den Fingern sorgsam ausgedrückt. Dabei strömte ein betörender Orangenduft aus. Das klebrige Öl rieben wir uns freudestrahlend auf die Haut. In unserer Phantasie war dies ein besonderes Parfüm, eines, das jedes kleine Mädchen, wenn auch nur für kurze Zeit, in eine feine Dame verwandelte. Selbst die ausgedrückten Schalen wurden noch nicht weggeworfen. Man legte sie auf den Ofen zum Trocknen und so breitete sich noch tagelang ein feiner Duft in der Küche aus. Als sie dann endlich wie kleine verschrumpelte Tierchen aussahen, warf man sie ins Feuer. Dort verbrannten sie mit lautem Zischen und verströmten ihren zarten Wohlgeruch, wie ein Abschiedsgruß aus unbekannten und unerreichbaren Ländern. Gehörte ich auch mal zu den Glücklichen, die eine Orange ihr Eigen nennen durfte, folgte eine ganze Reihe von Handlungen, ja sogar von Herausforderungen. Erst bewunderte ich sie gebührend und roch immer wieder daran. Vorsichtig ritzte ich mit dem Fingernagel die dicke Schale ein und freute mich über den intensiven Duft, den sie ausströmte. Irgendwann aber, kam dann unabwendbar der große Augenblick für mich: Ich wollte wenigstens

Rückblick eine Weile der Versuchung widerstehen, die Orange nicht aufzuessen. Anfangs schlich ich um sie herum, dann versuchte ich, mich abzulenken. Schließlich kam es jedoch, wie es kommen musste: Ich wurde schwach und bat einen Erwachsenen, sie für mich zu schälen. Dabei war ich sehr erleichtert, denn ich musste nicht mehr standhaft sein. Am Küchentisch sitzend, sah ich gebannt zu, wie erst kreisförmig ein Stück Außenhaut am Stielansatz weggeschnitten wurde, um kurz danach mit der Messerspitze Längsschnitte in die dicke Haut zu ritzen. Die wie Blütenblätter aussehenden Schalen wurden dann vorsichtig gelöst und zur Seite gelegt. Die Frucht wurde in Spalten aufgeteilt und kreisförmig auf einen Teller platziert. Jetzt galt es noch, die weißen, bitteren Fäden zu entfernen. War dies getan, begann ich mit strahlenden Augen und mit viel Genuss und gehörigem Appetit, ganz langsam kauend, die einzelnen Orangenspalten zu verspeisen. Dabei schloss ich die Augen vor Glück. Mmmm... wie lecker sie doch schmeckten. An den süß-sauren Geschmack des Fruchtfleisches nach dem ersten Biss kann ich mich noch gut erinnern. Es war eine Geschmacksexplosion auf meiner Zunge. Die Orange war so lecker, etwas Besseres konnte ich mir damals beim besten Willen nicht vorstellen. Plötzlich erinnerte ich mich, dass es die Orange war, die bei der Aufnahme des Fotos das Lächeln in mein Gesicht gezaubert hatte. An ein angenehmes Gefühl von Wärme, sogar an kribbelnde, unvergessliche Glücksmomente unter dem Baum konnte ich mich entsinnen, kleine Dinge, die ich schon längst vergessen hatte. Ich schloss die Augen


Rückblick und gab mich diesem kostbaren Moment ganz hin. Ich hätte nicht vermutet, dass der Anblick einer Orange auf einem Foto aus Kindertagen solche starken Sinneseindrücke bei mir wachrufen würde. Es waren damals flüchtige Momente der Freude, ja sogar Augenblicke des Glücks. Sie waren einfach, schön und kostbar. Und heute, als erwachsene Frau, gebe mich gerne, wenn auch nur für kurze Zeit, diesem schönen Gefühl hin. Im Laufe meines Lebens hat sich das, was mich jeweils glücklich gemacht hat, oft verändert. Gelegentlich bin ich losgezogen und habe versucht, das ganz große Glück

129 zu finden. Manchmal glaubte ich, es gefunden zu haben und plötzlich war es dann wieder weg. Es war ein langer Lernprozess, eine Rückbesinnung auf bereits Erlebtes und intensiv Gefühltes. Inzwischen weiß ich, dass das kleine Glück überall ist und dass man es findet, wenn man nur aufmerksam ist. Das intensive Gefühl, welches ich damals empfunden habe, als ich eine Orange zu Weihnachten geschenkt bekam, steht jetzt in meinem inneren Genuss-Archiv ganz oben. Ab und zu hole ich es hervor, dann zaubert es mir ein Lächeln ins Gesicht, es ist dann mein ganz persönlicher Glücksmoment.

Brigitte Maxa, links im Bild, (vor ihrer Ausreise nach Deutschland lebte sie in Paulisch), bei ihrem Besuch in der Billeder Heimatstube. Zusammen mit Astrid Ziegler, Bildmitte, und Josef Freer haben sie sich auf eine Zeitreise in ihre Kindheit begeben. Das dabei aufgezeichnete Video ist auf banat-tour.de zu sehen. Im Foto rechts oben befindet sich ein QR-Code, der auch zum Video führt.t


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Dichtung

Gedanken 2021 Eine Ewigkeit scheint es her zu sein, sich einfach mal zu begegnen, sich unbefangen auf die Schulter zu klopfen, Mut und Trost zu spenden oder sich ein kleines Küsschen auf die Wange zu schenken, zeigen zu können, ich hab euch lieb, bin für euch da. Einsam ist der Blick durchs Fenster. Es ist ruhig, zu ruhig! Die Familie, Freunde und Bekannte sind irgendwo da draußen: Jeder für sich. Die Stimme durchs Telefon versöhnt meine Gedanken und nährt meine Hoffnung. Der Glaube im Herzen, für immer zusammen zu sein.

Es wird wieder kommen...

Schön wird es sein, Menschen auf der Straße feiern zu sehen, sich umarmen und lachen, keine Masken mehr tragen, sich schöne Dinge sagen! Freude über das Ende der Einsamkeit, vergessen die Traurigkeit. Lieder werden angestimmt: Glaube, Hoffnung, Liebe: Dass es für immer so bliebe!

Karl Balogh


Malereien von Karl Balogh

Portrait, Malerei von Karl Balogh

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Malereien von Karl Balogh


Malereien von Karl Balogh

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Vortänzerpaar, Malerei von Karl Balogh


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Kirchweihpaare im Heimathaus, Malerei von Karl Balogh


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Dialekt

Luschtiche Gschichte (billedrisch) Pankraz un te Äpplmoj

M

anchmol im Johr es of Billed e Äpplmoj mit seim Waan mit Äppl un Biere dorchs Dorf gfaar, um geger Frucht un Kukrutz enzutausche. Un well ne an eem Taach net alle Gasse gschafft hat, hat ne im Dorf iwernachte misse. In te Vorstadt an te Spitz hat ne sich of em Graas sei Nachtlager ofgebaut un uner em Waan gschloof. Te Pankraz hat te ganze Owed em Äpplmoj sei Prozedur beowacht un sich gedenkt, en te Nacht tie Äppl un Biere zu stehle. Tief en te Nacht hat ne sich angschlich un well ne e gelehrte Waaner waar, hat ne sich am Waan aa blind ausgekennt. Te Äpplmoj hat gschnorcht wie e Trommsää, to hat te Pankraz langsam tie Bremsch geleest un te Waan vorggschob, bis et Raad of em Äpplmoj sei Hoor gschtann es. Jetzt hat ne sich seeleruich tie Äppl un Biere holle kenne. Te Äpplmoj es dann wackrich gen un hat gflucht wie e Berschtebinner un gschennt wie e Rohrspatz, hat awer nix mache kenne. Seit damols waar te Pankraz em ganz Dorf berihmt. Beim Militär Teil 2

T

e Pankraz waar noch bei de Wach von de Kaserne un zwischendorch han se immer Freizeit ghat. To hat schon mol te Balwerer ne tie Hoor gschniet un jemand hat gsaat, wann mer sich te Kopp rasiert, wachse tie Hoor besser. Das hat te Pankraz aa han wille un te Balwerer hat ne plackich gscheert un no te Kopp noch ingseeft un aa

Alfred Selpal

angfang zu rasiere. Wie te Balwerer schon tie Hälft wegrasiert ghat hat, ruft e anre Soldat: Befehl von Offizeer, te Balwerer soll sofort hin komme. Befehl es Befehl, to hat te Pankraz jetzt warte misse, awer te Balwerer es nimi zuruck komm, so tass sich te Pankraz nor noch te angetrockelte Schaum abwäsche hat kenne. No re Weil es te Offizeer komm for tie Wach wechsle un all han misse zur Inspektion stramm stehn. Beim Pankraz hat ne jo gleich gsiehn, tass te ganz verratzelt waar un genießlich driwer gelacht. Jetzt es em Pankraz et Licht aangang, das waar jo te Offizeer, dem wo ne mol et schussbereit Gwehr uner tie Naas ghal hat, un te sich nor rewanscheert hat. Im Nachhinein hat te Pankraz aa triwer lache kenne, well: ,,Wer net iwer sich selbscht lache kann, te hat ke Humor‘‘ Bei te Schweinschlacht

S

chon als Kind waar te Pankraz immer bei seim Patt beim Schweinschlachte, un schon beim Rumwerfe fors Steche immer debei sen misse. Te Schlachter waar immer te Bruder von seim Patt. Vor em Steche hat et immer e Raki gen, manchmol aa zwaa. Wie et Schwein abgstoch waar, es et en tie Molter ghomm un mit heiß Wasser driwergschott gen. Manchmol hat et no noch gezawlt, dann hat mer nohsteche misse un et es schon mol vorkomm, tass mer heiß Wasser in tie Stiwle gritt hat. Wer sei Stiwle net schnell genuch ausziehe hat kenne, hat sich aa verbrieht. Das es aa schon mol beim Wälze vorkomm. No‘m Abbriehe es et Schwein


Dialekt

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In der Speisekammer noch schnell abgschaabt gen, bevor et em Schopp am Balke ofghonk gen es. Waar te Balke zu schwach, hat mer e Steipe gsetzt. Aa tie Flachse han misse gscheit freigschniet gen, so tass se net abreiße un et Schwein noml in tie Molter fallt. No tem wu et Schwein schon ofgschniet waar, han sich all e Spiess met Fleisch em Feier gemach, awer te Pankraz waar schnausich un hat nix wille. Do hat sei Patt gsaat: ,,Wer net will, te hat schon‘‘. Awer tie Arweit es bei vill Helfre schnell gang, so tass et jo bald zum Esse gen hat. Do hat te Pankraz schon e gude Hunger ghat un aa vill gess. Do hat sei Patt gsaat: ,,Wann mer eemol gut esst, hat mer for te ganze Taach, wann mer eemol gut schlacht, hat mer for e ganz Johr, un wann mer eemol gut heirat, hat mer for e ganz Lewe‘‘. Bei de Arweit han die Männer, Wein mit Sodawasser gspritz, getrunk. Do froot te Pankraz, wieso se te Wein net kloor trinke. Do saat sei Patt de Spruch vom Goethe, wie ne em Wertshaus von Bsoffne ausgelacht gen es: ,,Wasser allein macht stumm, das beweisen im Teiche die Fische

Wein allein macht dumm das beweisen die Herren am Tische und weil ich von beiden nicht will sein trinke ich Wasser gemischt mit Wein‘‘ Zum Schluss han se noch te Worscht em Kessel mit leichtem Feier gekocht. De Schlachter hat Holz angeleet un is immer zwischendorch zu de Weiwer in tie Kich zum Tratsche gang. Do hat em Pankraz sei Patt mol nohm Worscht gschaut un gsien, dass e paar verpatscht waare. Die leere Därm hat te Pankraz of e Kochleffel ghängt un wie te Schlachter zuruck kommt, saat te Pankraz: ,,die sen for te Schlachter‘‘. Wie tie Arweit fertich waar, han tie Männer noch Kroogle gspillt un debei es schon mal hitzig diskutiert gen. Te Pankraz hat immer zugschaut un, wie ne sich mal inmische hat wille, saat te Schlachter: ,, Kiwick, halts Maul‘‘. Am Owed sen all hem gang un manchmol sen se noch ins Wertshaus ,,zum Didusca‘‘ nin. Wie te Pankraz groß waar, waar et Wertshaus visavi ,,zur Zorita‘‘ un wie ne vom Schlachte hem gang es, hat ne immer an das Lied vom Udo Jürgens gedenkt: ,,…Griechischer Wein


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Dichtung

Abgesang Gerade drei Monate war es her, dass der Vater in einem Krankenhaus der ehemaligen Kreisstadt verstorben war. Der Mietvertrag bestand noch, da der vereinbarte Kündigungstermin überschritten worden war und der Wohnungsbesitzer auf seine Rechte bestanden hatte. Wir waren an einem Samstag angereist, um die Wohnung aufzulösen. Einen Hauptteil hatte bereits mein Schwager Heiner erledigt, der Handtücher, Bettwäsche und andere Textilien an eine Flüchtlingsunterkunft in einem benachbarten Ort weiter verschenkt hatte. Die brauchbaren Möbel und Geschirr hatte ein Sozialarbeiter für jung verheiratete Paare aus Rumänien und dem Kosovo organisiert und ich war froh, dass die Einrichtungsgegenstände noch weiter in Gebrauch sein würden und nicht, wie in unserer „Wegwerf-Gesellschaft“ üblich auf dem Müll gelandet waren. Wir befanden uns also schon in einer weitgehend leeren Wohnung und nur noch Bücher, Bilder und persönliche Gegenstände erinnerten an den Verstorbenen. Mittlerweile war die Mutter der Vermieterin dazu gekommen und jammerte über die Eigenheiten meines Vaters und dass die angemieteten Räume verschmutzt und sehr renovierungsbedürftig seien. Sie hatte ihn zwar bis zu seinem Ende immer gut versorgt, sich aber ihre Dienste sehr angemessen entlohnen lassen. Mein Vater war diesbezüglich stets ein großzügiger Mensch gewesen, der sich nur ungern etwas schenken ließ. Mittlerweile hatte ich den Eindruck gewonnen, dass diese Frau immer noch Kapital

Hans Günther Lauth

aus dem abgelaufenen Mietverhältnis schlagen wollte. Ihre Schauergeschichten über den Verstorbenen ließen mich kalt, da ich dies doch ihrer sehr bescheidenen Intelligenz zuschrieb. Mit ihrer Tochter, die der eigentliche Vertragspartner war, einigte ich mich schnell auf einen Verzicht hinsichtlich der geleisteten Kaution und damit war das Thema erledigt. Die Bilder, größtenteils von meiner verstorbenen Schwester gemalt, gingen wieder in den Fundus meines Schwagers über und die verbliebenen Bücher waren doch sehr veraltet, bzw. nicht mehr aktuell. Die würden, nachdem sie auch von Rumänen oder Albanern kaum genutzt werden könnten, entweder in eine Sozialinitiative von Langzeitarbeitslosen, die in der Metropole einen SeconhandBuchladen betrieben oder in eine Altpapiersammlung gelangen. Für uns blieben nur noch zwei Körbe mit persönlichen Erinnerungen: Fotos, Urkunden vom Sportverein oder Gegenstände wie Taschenmesser, Ferngläser etc.. Besonders betroffen machte mich ein kleiner Stapel mit Sterbebildern, die mein Vater gesammelt hatte. Bis auf eine Person waren mir alle Verstorbenen persönlich bekannt und mir wurde auf einmal sehr deutlich bewusst, dass hier meine Kindheit und Jugend im Heimatort auf einen kleinen Stoß von Zetteln zusammengeschrumpft war. Mittlerweile waren es ja auch schon 40 Jahre her, dass ich von zu Hause weg gegangen war. Die Generation der Verstorbenen war nicht mehr und ihre Kinder und Enkel kannte ich nicht mehr. Ich war zu


Dichtung

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einem Fremden im Geburtsort geworden und nach dem Ableben meines Vaters wird sich das noch verstärken. Nach zwei Stunden war die Wohnung gänzlich leer. Wir verabschiedeten uns von den Vermietern, die wir vermutlich nicht mehr sehen würden und verließen das Domizil des letzten Familienangehörigen. Nichts erinnerte mehr an ihn, außer zwei Körben mit einigen Utensilien seines Lebens. Sein Dasein war abgewickelt – die „Datei gelöscht“ und nur in unserem Bewusstsein würde er noch einige Zeit weiterleben. Am Ende eines 93-jährigen Lebens blieben nur zwei Körbe mit Erinnerungen.

Hans Günther Lauth hat väterlichseits seine Wurzeln in Billed, wurde aber in Falkenstein, im Landkreis Cham, 1952 geboren und arbeitete nach beruflichen Zwischenstationen in Regensburg, München, Fürth und Aschaffenburg, zuletzt als Berufsschullehrer in Wiesau, in der nördlichen Oberpfalz. In seinen Gedichten, Geschichten, Fotografien und Lichtmalereien spiegelt er die Schönheit der oberpfälzischen Landschaft, aber auch das Selbstbewusstsein der Menschen an der Grenze zu Franken und Böhmen. https://grenzlauthe.jimdo.com

besuch in der heimat war wieder mal in meinem heimatort um nach dem tod des vaters seine konten aufzulösen und seine letzte formale existenz abzuwickeln der bank-angestellte erzählt mir zunächst etwas von der geschichte des ortes und übersieht die tatsache dass ich hier geboren wurde und aufgewachsen bin im laufe seiner formalen arbeit teilt er mir den

Hans Günther Lauth

neuesten tratsch aus dem dorf mit und übersieht die tatsache dass ich die genannten personen gar nicht mehr kenne am schluss schenkt er mir ein buch des heimatvereins über den ort meiner jugend ich bedanke mich und weiß dass ich nur mehr als fremder in der heimat war


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Dichtung

Schuld sind immer die Lehrer

Hans Günther Lauth

enn in den letzten Jahren irgendwo in Deutschland etwas Bewegendes mit Jugendlichen passierte, war eine der ersten Fragen:“Was haben die Lehrer dagegen getan?“ Ganze Heerscharen von nicht ausgelasteten Psychologen, Parlamentariern der hinteren Ränge, profilneurotischen Journalisten etc. zerbrachen sich die meist vorurteilsbehafteten Köpfe, um eine Schuld der Schulen festzustellen. Diese Denkweise greift natürlich auch in das Alltagsleben ein, wie man aus der folgenden Geschichte ersehen kann.

W

stark zugesetzt und so kam es, wie es kommen musste: Kurz vor der Ausfahrt Falkenberg kam die Meldung seiner Kameraden: „Herr Laauuuth, an S. is schleeeecht.“ Mein Hinweis, dass es nur noch einige Kilometer bis zur Endstation wären und er bei einer Verunreinigung den Bus eigenhändig säubern müsste, war wirkungsvoll. Der Schüler S. konnte zwar den sogenannten „Würfelhusten“ nicht mehr vermeiden, aber er löste sein Problem, in dem er seinen Rucksack einer gewissen Dichteprüfung unterzog.

Vor einigen Jahren besuchten wir mit zwei Klassen von Baulehrlingen eine Fachmesse in München. Auf dem Heimweg wurde die schon routinemäßige Frage an mich gestellt, ob sich unsere Burschen ein (oder mehrere) Bierchen beim Busfahrer kaufen könnten, was von mir aber aus guten Gründen nicht erlaubt wurde. Nach einer Pause am Rasthof in Fürholzen fuhren wir weiter in Richtung Heimat und es wurde in den hinteren Rängen des Busses immer lustiger. Als dann bei Regensburg die ersten Schlachtgesänge angestimmt wurden, kontrollierten meine Kollegen und ich einmal die hinteren Sitzreihen und siehe da, einige Spezialisten hatten sich während des Halts mit einer ganzen Palette Dosenbier eingedeckt, das sie einem benachbarten tschechischen Busfahrer abgekauft hatten. Leider war zu diesem Zeitpunkt der Biervorrat aber bereits vertilgt und die Auswirkungen unterschiedlich. Besonders unserem „Spezialfreund“ Peter S. hatte die tschechische Braukunst

In Wiesau angekommen, stellten wir jedoch fest, dass S. in keinster Weise mehr in der Lage war, mit seinem Moped nach Hause zu fahren. Seine Gesichtszüge waren ihm weitestgehend entglitten und sein Teint ließ mehr den Hinweis auf den sogenannten „Tod von Altötting“ zu. Also haben wir sein Fahrzeug zuerst in der Schule sichergestellt und es traf nun meinen Kollegen Wolfgang D., den betrunkenen Schüler nach Haus zu fahren, da er zufällig in der gleichen Ortschaft wie er wohnte. Die Mutter, die schon mit meinem Kollegen die Grundschule besucht hatte und auch dort nicht gerade für die Hochbegabtenförderung ausersehen wurde, kommentierte dann das Fehlverhalten ihres Sohnes mit den Worten: „Warum gebt´s denn dem Buam so viel zu trinken, wo ihr doch wisst´s, dass er nicht vertragt?!“ Wieder einmal waren also die Lehrer an einem Problem mitschuldig geworden....


Dichtung

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sterbebilder

beim nachlass meines vaters ein stapel sterbebilder kleine bedruckte zettel mit foto mit dem geburtsdatum mit dem sterbedatum und einem sinnspruch das leben reduziert auf ein kleines stück papier die personen waren mir alle bekannt ein teil meiner jugend ein teil der dorfgeschichte ich bin traurig und betroffen weil in absehbarer zeit auch mein leben so zusammengefasst dargestellt werden wird als kleiner bedruckter zettel mit foto mit dem geburtsdatum mit dem sterbedatum und einem sinnspruch

Hans Günther Lauth


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Rückblick

Fundstück über Billeder bei der Durchsicht alter Zeitungen

Vier Schneider in einer Familie Helmut Heimann, Neue Banater Zeitung vom 09. Mai 1986, Auf dem Lande zu Hause

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on weit und breit kommen die Kunden in die Schneiderei der Billeder Genossenschaft für Produktion, Warenaufkauf und -absatz, die im Handelskomplex der Großgemeinde untergebracht ist. Dies trifft nicht nur auf die umliegenden Ortschaften wie Klein- oder Großjetscha, Schandra sowie Uihel zu, sondern auch in Temeswar und in den Nachbarkreisen hat sich längst herumgesprochen, dass in der von Meister Adam Csonti (54) geleiteten Werkstätte Qualitätsarbeit geleistet wird. Der Name Csonti ist schon seit vielen Jahren zum Gütezeichen in dieser Branche geworden. Dies gilt jedoch nicht nur für Vetter Adam, der seit nunmehr 36 Jahren in diesem Beruf tätig ist, sondern auch für seine Gattin Margarethe (49) und die Söhne Adam (29) und Erwin (22), die allesamt hier tätig sind. Vier Schneider also in einer Familie – eine für heutige Verhältnisse recht seltene Sachlage. Der Umgang mit Zwirn und Nadel hat diesem fleißigen Handwerkerquartett Anerkennung eingebracht. Zusammen ist man immer bestrebt, den vorgesehenen Warenproduktionsplan, der sich auf ungefähr 15 000 Lei beläuft, zu erfüllen. Natürlich ergeben sich auch Schwierigkeiten, doch noch immer ist es der Csonti-Familie gelungen, die aufgetretenen Hindernisse erfolgreich aus dem Weg zu räumen und mit neuem Elan ans Tagwerk zu gehen. Viel hätte nicht gefehlt, damit es nicht zu dieser bewundernswerten Familientradition gekommen wäre. Den Anfang machte natürlich der Vater, dessen Wunschtraum

es als Kind schon immer war, Seiler zu werden. Doch nicht immer kommt es im Leben, wie man es sich vorstellt. So ging er bei Schneidermeister Johann Bauer in Schandra drei Jahre lang in die Lehre und ebenfalls dort begann er in der Konsumgenossenschaft seine berufliche Laufbahn. Nach dem Militärdienst heiratete er, zog nach Billed, wo er bis 1962 zu Hause arbeitete und dann der Schneiderei, der KG, deren Leiter er seit zwölf Jahren ist, beitrat. In seine Fußstapfen traten auch seine beiden Söhne Adi, der ursprünglich Elektriker werden wollte, seit 1975 hier tätig ist, sowie Erwin, der ebenfalls die UCECOM-Berufsschule absolvierte und seit drei Jahren in der Schneiderei des Handelskomplexes arbeitet. Auch in der knapp bemessenen Freizeit gibt es eine Menge Arbeit. Vetter Adam ist nämlich auch ein Meister im Gemüsebau und in der Bienenzucht. In seinem großen Hausgarten werden hauptsächlich Tomaten und Paprika gezogen. Seit mehr als dreißig Jahren schon, aber ohne die Hilfe seiner Söhne Adam und Erwin sowie deren Gattinnen Roswitha, die in der Buchhaltung des Billeder agroindustriellen Einheitsrates arbeitet, und Ingrid, Kindergärtnerin der LPG-Einheit, wäre dies kaum möglich. Am glücklichsten ist Vetter Adam jedoch, wenn Enkelin Melitta auf Besuch kommt. Beim Spiel mit der Kleinen vergisst er dann für einige Zeit die Probleme und Sorgen des Alltages und schöpft neue Kraft für die bevorstehenden Aufgaben, deren es genug gibt.


Rückblick

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Platz für Neues: Das baufällige Gebäude der ehemaligen „BraunSchule“, im Bild oben, wurde abgerissen. Foto: Roswitha Csonti


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Rückblick

Das im Bau befindliche „cabinet medical“ (Arztpraxis), im Hintergrund die neue orthodoxe Kirche.


Rückblick

Die neue Aufbahrungshalle am Sauerländer Friedhof

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Leistung und Würdigung

Billeder in Nordrhein-Westfalen beim „Fuchsen“ Von links: Jakob Klein, Walter Engrich aus Hilden, Hans Hahn, Hans Rademacher aus Wesseling/Köln und Hans Werhof aus Langenfeld. Aufnahme in Solingen bei Kleins im Keller.


Leistung und Würdigung

Billeder im Heimathaus beim „Krakeln“ Von links: Adam Csonti, Hans Rieder, Erwin Rieder, Hans Keller und Nikolaus Faur

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Leistung und Würdigung

AMG-Stiftung: Wechsel an der Spitze des Verwaltungsrats

Peter-Dietmar Leber

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n Temeswar fand am 9. Juli die Mitgliederversammlung der Adam-Müller-Guttenbrunn-Stiftung statt. Mitglieder sind das Hilfswerk der Banater Schwaben, das Demokratische Forum der Deutschen im Banat und die Landsmannschaft der Banater Schwaben. Nach der Mitgliederversammlung tagte der Verwaltungsrat der Adam-Müller-Guttenbrunn-Stiftung. Der langjährige Vorsitzende des Verwaltungsrats der Stiftung Peter Krier stand aus Altersgründen nicht mehr zur Verfügung. Ihm folgt im Amt Erna Paler, geborene Weber, die in Temeswar lebt. Sie ist die Tochter des Autors des Bărăgan-Buches „Und über uns der blaue endlose Himmel“, Wilhelm Weber. Ihre Stellvertreter sind die Vorsitzenden des Deutschen Forums und der Landsmannschaft. Dem Rat gehören ferner an: Nikolaus Rennon, Herbert Grün, Dieter Probst und Helmut Weinschrott. Landsmannschaft und Hilfswerk der Banater Schwaben danken Peter Krier für seinen jahrzehntelangen Einsatz auf landsmannschaftlicher und karitativer Ebene auch auf diesem Weg. Dr. Fernbach ehrte ihn mit einer hohen Auszeichnung des Banater Forums, Landsmannschaft, Hilfswerk und Adam-Müller-Guttenbrunn-Stiftung mit jeweils einem Bild mit Banater Motiv. Der Abschied vom Amt gestaltete sich entsprechend sehr emotional. Die Verabschiedung wurde nach dem Besuch der deutschen Altenheime und Sozialstationen in Temeswar, Bakowa, Sanktanna, Großsanktnikolaus und Billed im Heimatort von Peter Krier durchgeführt. Seiner Nachfol-

Roswitha Csonti und Peter Krier während der Abschiedsfeier im Billeder Heimathaus gerin im Amt, die auch aus Billed stammt, wünschen wir alles Gute und sichern ihr unsere Unterstützung zu. Hilfswerk und Landsmannschaft haben dem Direktor der deutschen Sozialeinrichtungen und seiner Frau, Helmut und Anni Weinschrott, sowie den Leitern und Mitarbeitern in Temeswar, Bakowa, Sanktanna, Großsanktnikolaus und Billed für ihren Einsatz in der schweren Zeit während der Corona-Pandemie gedankt. Alle Einrichtungen waren direkt und indirekt davon betroffen.


Leistung und Würdigung

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Erna Paler (Weber) - neue Vorsitzende des Aufsichtsrats der AMG-Stiftung

Elisabeth Martini

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ächtig stolz sind wir Billeder darauf, dass eine ehemalige Billederin, Erna Paler, geb. Weber, Tochter des von uns hochgeschätzten Forschers und Buchautoren Wilhelm Weber, das Erbe des ebenfalls aus Billed stammenden Peter Krier als Vorsitzende des Aufsichtsrats der AMG-Stiftung antritt. „Mit Freude bin ich bestrebt, der umfangreichen Tätigkeit von Herrn Krier gerecht zu werden und sie erfolgreich weiterzuführen. Vorerst bin ich dabei, mich mit den Strukturen der Stiftung vertraut zu machen.“ Geboren 1956, hat sie in einer Lehrer-ForscherFamilie die Voraussetzungen gehabt, durch schulische Leistungen in Billed und am Lenau-Lyzeum in Temeswar die Basis für ein erfolgreiches Studium der Wirtschaftswissenschaften zu schaffen. Ehrgeizig und wissensdurstig hat sie dann in Temeswar Karriere gemacht, durch systematische Weiterbildung auf sich aufmerksam gemacht. Im Dezember 2016 war sie zuletzt Finanzdirektorin / Kaufmännische Leiterin bei Dräxlmaier GmbH Temeswar. Im Januar 2017 ist sie in Rente gegangen, wobei anschließend ihre kleine Enkelin für Abwechslung und Trubel sorgte. Zumal der langjährige Vorsitzende des Verwaltungsrats der Stiftung Peter Krier nicht mehr zur Verfügung stand, dankte man ihm für seinen jahrzehntelangen Einsatz auf landsmannischer und karitativer Ebene. Es folgte ihm im Amt Erna Paler, die in Temeswar wohnt und alle Voraussetzungen dafür mitbringt. Ihr wünschte man alles Gute und versprach Unterstützung. Die feier-

liche Verabschiedung des langjährigen Vorsitzenden Peter Krier erfolgte danach im ForumHaus in Billed und gestaltete sich sehr emotional: Dr. Fernbach ehrte ihn mit einer hohen Auszeichnung des Banater Forums; Landsmannschaft, Hilfswerk und AMG-Stiftung mit jeweils einem Bild mit Banater Motiv. Die Billeder freut es, sie schließen sich dem Dank und den guten Wünschen an.


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Leistung und Würdigung

Susanne Ballmann - 90 Lebensjahre erfüllt von Musik und Gesang

Elisabeth Martini

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ie Billeder waren und sind ein musikalisches Völkchen, das auch gern in Chören der Banater mitsingt,beim Gersthofer Chortreffen natürlich dabei ist. Zurück geht dieses Chorsingen auch auf die Tradition des Kirchenchors, der bis zum politischen Umsturz meist vom Dorfschullehrer als Organist und Chorleiter organisiert wurde. So kam es, dass bereits 7-8-jährige, stimmbegabte Mädchen für das Chorsingen begeistert wurden und es ein Leben lang blieben, wie auch Susanne Ballmann, geborene Decker. Nach dem 2. Weltkrieg übernahmen nach und nach Frauen die Orgel und den Chor, zumal Lehrer in der Kirche nicht mehr tätig sein durften. Das Kirchen-Chorsingen blieb die einzige Möglichkeit, etwas für die gebeutelte Dorf-Gemeinschaft – bei Hochzeiten, Beerdigungen etc. - zu tun, außer Kirchen- auch Volkslieder zu singen und so zu erhalten. Musik und Gesang hat die Menschen immer schon zusammengeführt, so auch heute. Susanne Ballmann, geboren am 23. Juli 1931, war eins der Billeder 8-jährigen „Singmädcher“, das ein Leben lang der Musik und dem Gesang treu geblieben ist, Stimme und organisatorisches Können eingesetzt hat, um andere Menschen zu begeistern, mitzureißen, dabeizubleiben. Zur schönen Stimme kam bei ihr der Ehrgeiz: Sie lernte Akkordeonspielen, später in Temeswar auch das Orgelspiel, was sie befähigte, in der Heimatgemeinde

schon mit 18 Jahren Kantorin sowie Kirchenchorleiterin zu werden. Nur die Erziehungszeit der Kinder zwang sie zur Unterbrechung, so dass sie erst nach 20 Jahren wieder diese verantwortungsvolle Aufgabe übernahm, sie leider schon 1980 wegen der Übersiedelung nach Deutschland in Billed aufgab. InTraunreut hat sie mit Familie ein neues Zuhause gefunden, wo sie 1981 überredet wurde, den Banater Chor Traunreut zu gründen, der ursprünglich nur 15, später über 30 Mitwirkende zählte, die aus etwa 20 Ortschaften des Banats stammten. Nach einer durch die Umstände bedingte Unterbrechung nahm Susanne Ballmann ihre Chorleiter-Tätigkeit 1992 wieder auf, das vielseitige Repertoire: Volks-, Kunst- und Kirchenlieder, begeisterte die Mitwirkenden und kam gut beim Publikum an. Seit 1998 nahm die Traunreuter Singgemeinschaft mit Erfolg am Bundestreffen der Banater Chöre in Gersthofen teil, auch gestaltete sie die großen Kirchenfeste in Traunreut, erfreute die Bewohner des Altenheims mit ihren Darbietungen. 2011, beim30-jährigen Chorjubiläum, schlussfolgerte


Leistung und Würdigung

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Der Banater Chor Traunreut mit Dirigentin Susanne Ballmann, links im Bild, in der Stadthalle Gersthofen beim 19. Bundestreffen der Banater Chöre 2016. Foto: Cornel Gruber Susanne, dass sie mit der Zeit nicht nur Chormitglieder, sondern auch Freunde geworden sind, die sich gerne zu Proben, Geburtstagsfeiern, Ausflügen usw. treffen. Viel ist dem Einsatz und der nie erlahmenden Begeisterung für die Musik und den Gesang, der Ausdauer und dem organisatorischen Talent „unserer Susi“ zu verdanken. Geschätzt, geehrt, oft auch bewundert, musste Susanne al-

tersbedingt doch auch mal zurücktreten, mehr im Häuslichen den Ausgleich finden nach einem ereignisreichen, zeitweise durch die Umstände erschwertes Dasein. Wir Billeder sind mächtig stolz auf sie, die auch im hohen Alter noch leistete und begeisterte! Wir und vor allem der Vorstand der HOG Billed wünschen ihr weiterhin Wohlbefinden, Freude am Leben und an all dem, was sie tut und noch schöne Jahre.


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Leistung und Würdigung

Der Chor der Banater Schwaben Karlsruhe 1994 unter der Leitung von Hannelore Slavik bestand zu dieser Zeit aus 73 Mitgliedern aus 28 Dörfern, darunter 16 Billeder. Einsender. Anna Martini

Klassentreffen der Jahrgänge 1936, 1937, 1938 im Burghof Karlsruhe. Einsender: Anna Martini


Leistung und Würdigung

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Stillleben im Heimathaus, links oben die Tafel, die sich neben dem Eingang zu den Räumlichkeiten befindet.

Franz und Edeltraud Hunger fünfzig Jahre glücklich verheiratet!

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m 30. Januar 2021 feierten Edeltraud Hunger, geborene Schmidt, und Franz Hunger in Samambaia, Entre Rios (Zwischen den Flüssen), Brasilien, im Kreise ihrer Kinder und Enkelkinder ihre goldene Hochzeit, 50 gemeinsame Jahre durch dick ud dünn, durch Hochs und Tiefs. Edeltraud Schmidt wurde in Hersching, Österreich, geboren, wohin ihr Vater Nikolaus Schmidt aus der Kriegsgefangenschaft und ihre Mutter Margarete Seibert aus der Russland-Deportation kam. Beide Eltern waren Billeder: Der Vater war der ehemalige Besitzer des Hauses, das jetzt das Deutsche Forum beherbergt, das Billeder Heimathaus, wo ein Schild die Besucher darauf aufmerksam macht. Die Eltern von Franz Hunger, Johann und Magdalena, stammten aus dem serbischen Banat. Beide Fami-

Jakob Muttar lien wanderten 1951 durch eine Schweizer VermittlungsAgentur nach Brasilien aus. Ihre Kinder besuchten die Schule in der Kreisstadt Guarapuava und heirateten vor 50 Jahren. Sie bekamen zwei Söhne, die beide studierten: Horst Computerwesen, Helmuth Agrarwirtschaft. Franz und Edeltraud haben vier Enkelkinder, die ihnen sehr viel Freude bereiten. Zur Zeit betreibt Franz noch mit Leidenschaft Landwirtschaft, Edeltraud ist Hausfrau und kümmert sich um den Garten; einmal pro Woche geht es zum Kartenspiel mit Gleichgesinnten. Der Vorstand der HOG Billed wünscht ihnen weiterhin ungetrübtes Familien-Glück, Gesundheit, Wohlergehen und immer wieder schöne Erinnerungen an die einstige Heimat, ans Banat.


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Leistung und Würdigung

Zum 100. Geburtstag von Margarethe Weber (Divo)

Elisabeth Martini

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ie gedacht und doch geschafft: 100 so abwechslungsreiche, oft unmenschlich schwere, doch auch glückliche, erfolgreiche, verantwortungsvolle Jahre im Dienste der Kinder, ihrer Erziehung zu guten Menschen, zur Heimatliebe und Tradition. 5 Jahre Russlandverschleppung, 5 Jahre Baragan-Verbannung konnten Lebenswillen und Tatkraft nicht brechen, es gab immer einen hoffnungsvollen Neubeginn: Familienglück, Genugtuung im Beruf, Geborgenheit in der Billeder Dorfgemeinschaft, für die sie ihr ganzes Sein einsetzte, das Leben der Billeder kannte, deren Mundart sprach und darin ihre Heimatliebe mit jedem Detail verdeutlichte.

Ihre Lebensgeschichte kann man im Heimatblatt 2011 nachlesen, zu ihrem 100. Geburtstag wollten wir an ihre Fähigkeit erinnern, typisch früheres Billeder Leben mit dem jetzigen in Deutschland zu vergleichen, Erinnerungen zu wecken, nostalgisch zu stimmen. Für ihr weiteres Leben wünscht der Vorstand der HOG Billed Margarethe Weber noch schöne Jahre und dankt für all das Gute, das sie in den ihr anvertrauten Kindern weiterleben ließ.

Frieher un jetz Et war derhem doch immer scheen, wie alle Billeder in Billed geween. E jede hat Haus, Hoff un Garte khat, e gut Bett, gedeckte Tisch, ze esse satt. Mer han gäre un vill gearweit, die ganz Wuch, zu jeder Zeit. Et Lewe war a mit Sorche verbun, mer hat et Geld net uf der Gass fun. Awer wamer gsien hat, dass et ufwärts geht, hat mer umso meh Mut un Kraft angeleet. Wamer so iwerleet un zuruckdenkt,

Margarethe Weber (Divo)

ohne Hand angeleet, war uns nix gschenkt. Do ware kä Motore un Maschine, net emol die Bleistiftmine. Mit Thinte un Feder hamer gschrieb, die Wäsch uf der Wäschrumpl gerieb. Im Bichleise hamer die Holzkohle gschwenkt, iwrem Bichle efter die Himeter versengt. Unrem Kessl war Feier for die Wäsch koche, net so wie do, wu mer se nor in die Maschin muss stoppe.


Leistung und Würdigung Drbei kenne mer ruhich in de Supermarkt gehn, wo mer alles fertig ze kaafe krien. De Bauer is mit Pheer un Waan uft Feld gfahr, mit de Eecht un am Pluch 2 bis 3 Schar. Die Frucht un Gerscht hat ne mit der Sens abgemach, die Garwe uf de Waan gelaad wie in e Fach. Do hats khäsch um 4-5 Uhr ufstehn, dass mer noch in de Stall kann fiedre un melke gehn. Vonre Melkmaschin hat noch käne was gewisst, un de Mähdrescher hat aa noch käne vermisst. Trotz der schwer Arweit ware die Baure gsunde Leit, han se doch immer in der frisch Luft un in der Sunn g’arweit. A de Handwerker hat frieh de Tach angfang, dass er doch oweds was ufweise kann. Ob Schuster, Tischler, Moler oder Schneider, mit Nodl, Nagl, Hammer un Pensl komme se immer weider. Wamer im Haus etwas zu repariere khat hat, hat mer dem Handwerker net a die Anfahrt gezahlt. Gut war et frieher un is a jetz, wamer vill selwer mache kann, no brauch mer net so oft rufe de Handwerksmann. Na un wie mer als Kinner gspillt han, do is als bis oweds spot scheen gang. Grawemännche, Nolafches, Gewelballe un Verstoppelches, bloßfießich im Stab rumlaafe hat gut getun de Schlimme un de Brave. Mer han net e Termin for spille ausmache misse,

155 net de Spilltach per Telefon feschtsetze misse. Do war no’m Esse et Leni vor de Tier un hat gsaat: „Lissi, kummscht spille mit mer?“ Ja, die Zeide han sich stark geänert, net nor do, - in alle Länner. Die Kids tun liewer vor der Kischt uf der Couch rumleie, Computer spille, SMS un e-maile. Awer das brauche se a in der Schul un iwerall, in jedem Beruf - international. Vergesse derfe mer die Hausfraue net, do is e große Unerschit zwischn frieher un jetz. Zum Beispil tun mer do die Erwesse in e Reindl läre, bissi Zwiwl un Grienzeichbläder zu de waiche Khäre un schun is e gut Supp ufm Tisch un drno e „lecker“ gebrotne Fisch. De hat mer derhem ender fange misse aus de Lacke, Bäche oder Fliss, derno abschawe, putze un no erscht brode. Die hiesich Fischwertschaft, die muss mer lowe: ausm Gschäft in die Phann un glei uf de Tisch, e gude Grumbiersalat passt zu dem gude Fisch. Derhem simer mim Weidling in de Garte gang and anre End, bis an die Spinn-Erwesse dran, dort hamer gsucht un geroppt, bis de Weidling war voll, e frisch Zwiwl, e Grienzeichblaat un was sonscht noch nin soll. Derno zruck in die Kich, die Erwesse plikke, dass alles beizeide fertich is, musst mer sich schicke. Aa die Bohne hamer so misse roppe, Schleiße abziehe, wäsche, schneide un koche.


156 Na un de Salat un de Spinat hamer geroppt Blaat for Blaat, dann gut wäsche, abquelle un hacke, koche un die Imbrenn mache. Do geft die Grienspeis um halwer zwelf ufgetaut, mit bissi Rahm un e Spichelai um zwelf Uhr schon ausm Teller schaut. No’m Paprika, der Paradeis brauch mer nor greife, mer krit se immer ze kaafe, die „Halbreife“. Derhem hamer die Planze ender mol gsetzt, se anghauft, Pheel gschlaa, genetzt, Grawe gezoo un gut gewässert, drum ware die Unsriche a besser. Ja, von morjets bis oweds warmer im Garte, ganz graade Furche ziehe, säe, hacke... warte! Awer die Arweit hat sich immer gezahlt, net nor Grienzeich un Grumbiere, aa Obst haade mer satt: Mer han Omorte, Kersche, Prunier, Aplkuse ingeleet, vill Leckwar gekocht von frieh bis spät. Jetz brauche mer das alles nimmi mache, ze kaafe kriet mer immer all die Sache. Mer brauche a kä Schwein meh schlachte, kä Feld for Viehfuder pachte, kä Speck un Schunke int Salz lee, kä Worschtfleisch in de Darm drehe. Das kriet mer alles im Supermarkt no Wunsch, awer dem Sach e gude Gschmack gen, is Banater Kunscht! Samschtachs hamer sauwer gemach im Haus, do han misse alle Fetzeteppiche raus.

Leistung und Würdigung Die hamer gebeidlt, de Staab rausgekloppt, do war kä Staubsauger, kä Wischmopp. De Hoff un die Gass hamer bis an de Grawe gekehrt, do hat kä „Müllauto“ de Dreck wechgfehrt. Derno ware die Gasse sauwer un blank, mit Stolz sen mer noh dorch unser Billed gang. Ja, manch gut Gewohnheit hamer dort geloss, weil mer do in Deitschland anerscht lewe muss. Das häscht, mer komme do leichter dorcht Lewe, weil mer a uf e ganz aner Art strewe. Awer mer vergesse unser Heimat nie un nimmer, unser scheen Billed bleibt uns for immer! Tach for Tach semer zufride un dankbar, dass et Schicksal mit uns doher is gfahr. Mer sen zwar iwerall in Städt un Derfer verstraut, awer e jede hat sich e gemitlich Nischt gebaut, von wo aus er zum Billeder Treffe fahrt, zum Kerweifescht mit der Eintrittskart. Do ka’mer mit de Billeder kreische un lache no Herzensluscht, schwowisch verzähle so von der Bruscht. Zum Schluss miss mer uns noml verabschiede un vonaner trenne un dankbar sen, dass mer mitnaner for unser Tote bete han kenne.

Abbildung rechts Auf der Tenne der Familie Csonti im Frühjahr


Leistung und Würdigung

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Leistung und Würdigung

Abbildung rechts Peter Trendler im Jahr 2012 im Heimathaus Abbildung oben Brütender Storch in der Billeder Altgasse 2021


Leistung und Würdigung

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Der „Storchenvater“ Peter Trendler zählt keine Billeder Störche mehr...

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iederholte Male hat unser Heimatblatt auf die rund 4 Jahrzehnte konsequenter, akribischer Zählung der Billeder Störche durch Peter Trendler aufmerksam gemacht. Jetzt sollen / müssen andere diese schöne Aufgabe übernehmen, denn die Boten des Frühlings und Symbole der Fruchtbarkeit werden von den Billedern erwartet und, wie liebe Bekannte, im Herbst wieder verabschiedet. Trendlers „Störche-Katalog“ hielt alle Häuser fest, auf deren Schornstein ein Storchennest war, auch jeden Strom-Hochmast, worauf die Nester immer zahlreicher wurden. Genau vermerkt wurden Alt- und Jungstörche, deren Anzahl nach Wasserstand der Gegend schwankte. Peter Trendler wurde 93 Jahre alt, war seit seinem 85. Lebensjahr leider nicht mehr imstande, dieser schönen

Elisabeth Martini

Leidenschaft nachzugehen, Augenprobleme und andere Altersleiden hinderten ihn daran. Jedoch sein „Storchen-Katalog“ regte sogar ausländische Forschungsinstitute zu Auswertungen an, ein Teil desselben wird im Kreismuseum oder in der Familie aufbewahrt. Früher war er stets der Erste, der die ankommenden Störche sah und aufschrieb, später machten ihn auch die Dorfbewohner darauf aufmerksam, zumal alle seine Störche-Leidenschaft kannten, die zwar durch die Russland- und Baragan-Deportation unterbrochen, aber nicht ausgelöscht wurde. Einige Tausend Störche hat er liebevoll gezählt, genau vermerkt, ob und wohin sie wiederkommen, ja, er war tatsächlich der Billeder „Storchenvater“, dem wir danken und ihn als solchen in liebevoller Erinnerung behalten wollen.


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Statistik

Schachmeisterschaft 2021 der Banater Schwaben

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ie 2015 unter der Schirmherrschaft der Landsmannschaft der Banater Schwaben gestartete Schachmeis­ terschaft ist 2021 schon in die siebte Runde gegangen und konnte auch zu einem erfolgreichen Abschluss gebracht werden. 2021 sind wieder neue Spieler hinzugekommen. Leider konnten wegen der Corona-Pandemie die meisten geplanten Turniere nicht ausgetragen werden. Das einzige Analogturnier konnte noch im September im Haus der Donauschwaben in Haar ausgetragen werden. Das von Alfred Selpal betreute Schach-Turnier wurde von Bruno Neusatz gewonnen, der sich damit den 1. Platz der allgemeinen Rangliste gesichert hat. Innerhalb der Online-Gruppe konnten der Pokalwettbewerb im Ko. System so wie auch die Meisterschaft, in drei Leistungsgruppen aufgeteilt, ausgetragen werden. In der Online-Meisterschaft konnte Paul Deme (Temeswar) seinen Meistertitel von 2020 wieder erfolgreich verteidigen. Das Endspiel im Online-Pokal wurde von unserem Billeder Landsmann Werner Billinger gewonnen, der gegen Reinhold Becker (Lenauheim) mit 1,5 zu 0,5 erfolgreich gewesen ist und somit sich die Berechtigung erkämpft hat, an einem künftigen Elite-Turnier innerhalb unserer Meisterschaft teilzunehmen. Auch in der OnlineC-Gruppe, wo Werner auch teilgenommen hatte, konnte er auf Platz eins abschließen und wird in der nächsten Saison in die B-Gruppe aufsteigen. Ein weiterer Billeder Erfolg konnte unser Landsmann Harald Lenhardt verbuchen, der den 1. Platz der Online-B-Gruppe erreicht hat und somit in die A-Gruppe aufsteigen wird.

Alfred Selpal

Turniere 2021 und die Plätze 1 bis 4 1.

München 28.08.

Online-Pokal 2021

Bruno Neusatz /Lippa

Werner Billinger /Billed

2. Josef Reingruber /Glogowatz Reinhold Becker /Lenauheim 3.

Eugen Stein /Tolwad

Eugen Stein /Tolwad

4. Werner Rollinger /Warjasch Konstantin Tryfon/Temeswar

Online-Meisterschaft Abschlusstabelle 2021 1. 2. 3. 4. 5. 6. 7. 1. 2. 3. 4. 5. 6. 7. 1. 2. 3. 4. 5. 6. 7.

Name

Heimatort

Paul Deme Reinhold Becker Reinhard Kaiser Eugen Stein Konstantin Tryfon Franz Labling Fabian Kowatsch B-Gruppe Harald Lenhardt Jürgen Reingruber Andreas Mihalko Werner Rollinger Simon Göpfrich Günther Kratochwill Werner Staar C-Gruppe Werner Billinger Reinhardt Kutschera Alfred Selpal Franz Stefan

Temeswar Lenauheim Kleinjetscha Tolwad Temeswar Temeswar Temeswar

A-Gruppe

Billed Paulisch Darowa Warjasch/Bakowa Sanktanna Warjasch Birda/Liebling Billed Knees Billed Warjasch

Jonas Rackl

Neuarad

Leonid Schurr

Großmehring

Stefan Wohlrab

Nürnberg


Statistik

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Der Kalvarienberg an der Torontaler Landstraße


192 Vorwort, Werner Gilde..........................................................3 Brief der österreichischen Botschafterin in Rumänien.....4 Konstanzer besuchen Billed, Birgitta und Konrad Fritz......6 24. Billeder Heimattag 2021 Hans Rothgerber..................10 Wie die alte Heimat neu wurde, banat-tour.de..................16 Wenn die Paprika mit dem Mook, Sigrid Katharina Eismann....................................................17 Zu Besuch bei der „Billeder Heiderose“, Astrid Ziegler.......................................................................18 In der Heimatstube in Billed: Zeitreise zurück in die Kindheit, Astrid Ziegler............................................20 Mein erster Besuch in der Billeder Heimatstube, Brigitte Maxa..................................................................... 24 Allerheiligen 2021 in Karlsruhe und Billed, Elisabeth Martini (Frick).................................................... 28 Gedenkrede am Denkmal der Billeder, Stefanie Hehn......................................................................30 Billeder Schule im Rückblick, nach Elvira Slavik.............38 Elvira Slavik, Elisabeth Martini..........................................40 Baudokumentation aus der Baragan-Deportation, Astrid Ziegler.......................................................................66 70 Jahre Bărăgandeportation, Werner Gilde........................................................................72 Zauber der Kindheit - selbst im Baragan, Marliese Knöbl, Marlies Holzinger, Anna Mann u.a.............78 Die Vogelperspektive, der Traum vom Fliegen, Hans Rothgerber...................................................................82 Der Schwabenmaler bei den Heimattagen, Hans Rothgerber...................................................................86 Ein kommunistisches Musical in einer imperialen Festung, Hans Rothgerber.......................................................90 Erstes Billeder Zivilopfer des 2. Weltkrieges Anna Lind geb. Thöresz........................................................94 Seit 50 Jahren wird in Billed ununterbrochen Handball gespielt, Josef Thöres............................................................96

Inhaltsverzeichnis Das schwowische Band, Erika Weith, geb. Leidecker........104 Ein Streifzug durch das Billeder Kirchenjahr, Barbara Franz...................................................................107 Hirsch Familienfoto, Nikolaus Geisz ..............................108 Hirsch Family Photo, Nikolaus Geisz .............................109 Mein erstes Fahrrad, Josef Herbst.....................................113 Die Schule, Josef Herbst....................................................114 Mein erster Weizenschnitt, Josef Herbst...........................117 Der Eiskeller meiner Großeltern, Annemarie Ebner.......118 Der kleine Emil und der Mercy - haben Autos eine Seele? Emil Knöbl........................................................................120 Das kleine Glück, Brigitte Maxa......................................126 Gedanken 2021, Karl Balogh...........................................130 Luschtiche Gschichte (billedrisch), Alfred Selpal.............136 Abgesang, Hans Günther Lauth........................................138 besuch in der heimat, Hans Günther Lauth.....................139 Schuld sind immer die Lehrer, Hans Günther Lauth......140 sterbebilder, Hans Günther Lauth, ..................................141 Vier Schneider in einer Familie, Helmut Heimann.........142 AMG-Stiftung: Wechsel an der Spitze des Verwaltungsrats, Peter-Dietmar Leber..............................148 Erna Paler (Weber) - neue Vorsitzende des Aufsichtsrats der AMG-Stiftung, Elisabeth Martini .......149 Susanne Ballmann - 90 Lebensjahre erfüllt von Musik und Gesang, Elisabeth Martini.............................150 Franz und Edeltraud Hunger - fünfzig Jahre glücklich verheiratet! Jakob Muttar.................................153 Zum 100. Geburtstag von Margarethe Weber (Divo) Elisabeth Martini...............................................................154 Frieher un jetz, Margarethe Weber (Divo).........................154 Der „Storchenvater“ Peter Trendler, E. Martini ...........159 Schachmeisterschaft 2021, Alfred Selpal..........................160 Statistik, Hans Herbst und Werner Tobias..........................163 Dem Alter die Ehre, Hans Herbst und Werner Tobias.......170


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In Erinnerung an die „Dorfbalweerer“: Sepp lässt sich in der Heimatstube von Jakob „balweere“. Rechts der QR-Code zum Video. Das Video befindet sich auch auf heimathaus-billed.de.

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Dem Alter die Ehre 2021, Hans Herbst und Werner Tobias

42min
pages 172-196

Der „Storchenvater“ Peter Trendler zählt keine Billeder

1min
page 161

Franz und Edeltraud Hunger - 50 Jahre glücklich verheiratet! Jakob Muttar

1min
page 155

Schachmeisterschaft 2021, Alfred Selpal

6min
pages 162-164

Susanne Ballmann - 90 Lebensjahre ..., Elisabeth Martini

2min
pages 152-154

Erna Paler (Weber) - neue Vorsitzende des Aufsichtsrats der AMG-Stiftung, Elisabeth Martini

1min
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AMG-Stiftung: Wechsel an der Spitze des

1min
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Vier Schneider in einer Familie, Helmut Heimann

3min
pages 144-149

Schuld sind immer die Lehrer, Hans Günther Lauth

2min
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Abgesang, Hans Günther Lauth

2min
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Luschtiche Gschichte (billedrisch), Alfred Selpal

4min
pages 138-139

besuch in der heimat, Hans Günther Lauth

1min
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Der kleine Emil und der Mercy ..., Emil Knöbl

8min
pages 122-127

Das kleine Glück, Brigitte Maxa

6min
pages 128-131

Der Eiskeller meiner Großeltern, Annemarie Ebner

2min
pages 120-121

Mein erster Weizenschnitt, Josef Herbst

2min
page 119

Die Schule, Josef Herbst

2min
pages 116-118

Ein Streifzug durch das Billeder Kirchenjahr, Barbara Franz

2min
page 109

Erstes Billeder Zivilopfer des 2. Weltkrieges, Anna Lind

2min
pages 96-97

Hirsch Familienfoto, Nikolaus Geisz

2min
page 110

Hirsch Family Photo, Nikolaus Geisz

3min
pages 111-114

Das schwowische Band, Erika Weith, geb. Leidecker

1min
pages 106-108

Ein kommunistisches Musical in einer imperialen

2min
pages 92-95

Der Schwabenmaler bei den Heimattagen

3min
pages 88-91

Die Vogelperspektive, der Traum vom Fliegen

2min
pages 84-87

Zauber der Kindheit - selbst im Baragan

4min
pages 80-83

Billeder Schule im Rückblick, nach Elvira Slavik

3min
pages 40-41

70 Jahre Bărăgandeportation, Werner Gilde

8min
pages 74-79

Baudokumentation aus der Baragan-Deportation

3min
pages 68-73

Elvira Slavik, Elisabeth Martini

6min
pages 42-67

Mein erster Besuch in der Billeder Heimatstube

1min
pages 26-29

Gedenkrede am Denkmal der Billeder, Stefanie Hehn

3min
pages 32-39

Allerheiligen 2021 in Karlsruhe und Billed

1min
pages 30-31

Zu Besuch bei der „Billeder Heiderose“ , Astrid Ziegler

2min
pages 20-21

Grußwort von Gabriele Luczak-Schwarz

1min
page 14

Wie die alte Heimat neu wurde, banat-tour.de

1min
page 18

Wenn die Paprika mit dem Mook

1min
page 19

Konstanzer besuchen Billed, Birgitta und Konrad Fritz

2min
pages 8-11

Brief der österreichischen Botschafterin in Rumänien

1min
pages 6-7

Grußwort von Werner Gilde

3min
pages 15-17

24. Billeder Heimattag 2021 / Digital, Hans Rothgerber

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pages 12-13

Vorwort, Werner Gilde

2min
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