Billeder Heimatblatt 2015

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Billeder Heimatblatt 2015

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Billeder Heimatblatt 2015 heimathaus-billed.de

Herausgegeben von der HOG Billed


Streifzug durch das alte Billed Ausstellung der HOG Billed und des Forums der Billeder Deutschen im Heimathaus

Wärmebild der Billeder in Deutschland Konzept, Bildauswahl, Texte und Gestaltung Hans Rothgerber Übersetzung, geschichtliche Daten Hans Martini Lektorat, Übersetzung Elisabeth Martini Organisation, Technik Adam Csonti Roswitha Csonti Werner Gilde Peter Krier Josef Herbst Restauration Objekte Silke Csonti Heidi Müller Norbert Müller Josef Freer Barbara Wagner

Biled, Nr. 421, Rumänien Öffnungszeiten 13:00-15:00 Uhr Kontakt: 0040 727 667 887

Spenden Ausstellung Josef Breitenbach Elisabetha Buscha Adam Csonti Ingrid Csonti Josef Freer Irene Henz Josef Herbst Josef Hubert Brunhilde Klein Marliese Knöbl Matilde Mann Anna Mann Johann Martini Barbara Mutter Josef Pfeiffer Nikolaus Rennon Barbara Schwarzmann Elisabeth Thöresz Werner Tobias Hans Weber Theresa Weber Wilhelm Weber Helmuth Weinschrott


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Billeder Heimatblatt 2015 Dezember 2015 | 28. Ausgabe

Inhalt 2 3 4 24 26 50 57 65 66 70 72 74 76 78 90 93 100 101 108

In eigener Sache Vorwort, Werner Gilde Billeder Heimattag an Pfingsten 2015 Minister und Oberbürgermeister im Heimathaus, Roswitha Csonti Das Fest der Feste in Billed, Elisabeth Martini Ansprache zur Eröffnung der Heimatausstellung, Peter Krier Billeder Scholle, Heimatpfarrer Marius Frantescu In Memoriam an das Schicksal der Banater Schwaben, Marliese Knöbl Die Uhr tickt, Helmut Slavik Heimattage Baden-Württemberg in Bruchsal, Cornel Gruber Karlsruher aus dem Banat beim Stadtgeburtstag Tag der Heimat in Karlsruhe, Cornel Gruber Sommerfest 2015, Cornel Gruber Schlachtfest 2015, Adam Tobias Rentnertreffen in Karlsruhe, Jakob Muttar Allerheiligen 2015 am Denkmal der Billeder, Werner Tobias Broschüre über die Russlanddeportation, Werner Gilde In Frankfurt (Oder) auf den Spuren der Heimkehrer, Peter Krier Übergabe-Vertrag aus dem Jahr 1909, Hans Martini

113 Übergabe-Vertrag aus dem Jahr 1920, Hans Martini 116 Über den Billeder Kriegerverein, Hans und Elisabeth Martini 118 Dorfrundgang 1924, Peter Krier 120 Renovierung der Billeder Kirche, Peter Krier 124 Weitere Details zur Baragandeportation, Josef Herbst 126 Der grausame Lakl, Peter Krier 146 Kein goldener Oktober in der goldenen Stadt Prag, Elisabeth Martini 152 Peter Krier zum 80. Geburtstag, Elisabeth Martini 156 Auszeichnung für Heidi Müller 157 Anna Mahler, eine selbstlose Frau kommt zur Ruhe, Adam Csonti 158 Hundertjährige im Kommen, Maria Muhl 160 Wir erinnern uns an Peter Thöress, Peter Krier 161 Ein Hoch auf die 105-jährige Susanna Ballmann 162 Schachmeisterschaft der Banater Schwaben, Alfred Selpal 164 Statistik unserer Billeder Landsleute in Rumänien, Josef Herbst 166 Statistik unserer Landsleute weltweit, Josef Herbst 172 Dem Alter die Ehre, Josef Herbst 190 Weihnachtsgedanken, Hermine Schnur

Impressum Herausgeber: Heimatortsgemeinschaft Billed e.V. | heimathaus-billed.de Redaktion: Elisabeth Martini | Layout, Grafik und Satz: Hans Rothgerber | Auflage: 1.500 Stück Umschlaggestaltung: Hans Rothgerber


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In eigener Sache

Unser Heimatblatt

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rundsätzlich wird das Billeder Heimatblatt allen Landsleuten kostenlos zuge­stellt. Da wir für Druck und den Versand je Buch 10.- € leisten müssen, bitten wir Sie, eine Spende auf das Konto der HOG Billed, IBAN: DE95661900000000111791 BIC: GENODE61KA1 zu überweisen, ein entsprechender SEPA-überwei­sungsschein ist beigelegt. Achtung, er muss entsprechend ausgefüllt werden! Um ihre Überweisung einordnen zu können, schreiben Sie bitte auf den Überweisungsschein Vorname (auch der E­he­frau), Fami­lienname, Ortschaft und Zweck. Wir erwarten keine Spende von Landsleu­ten mit geringer Rente, von Arbeitslosen und von den Landsleuten aus Billed. Wir freuen uns, dass wir Ihnen unser Heimatblatt als Zei­chen unserer Verbundenheit übermitteln können. Wir bitten jedoch um Verständnis dafür, dass wir wohlsituierten Landsleuten ohne Ge­genleistung die nächste Ausgabe nicht mehr zusenden. Landsleute, deren An­schrift sich geändert oder in deren Familien ein Ereignis (Geburt, Hochzeit, Todesfall) stattgefunden hat, bitten wir um Mitteilung an Josef Herbst, Freiligrathweg 14, 76571 Gaggenau Tel.07225/76041, josef.herbst@billed.de Ihre Meinungen und Äußerungen zum Heimatblatt, Ihre Vorschläge und Ideen richten Sie bitte an die Redaktion: Elisabeth Martini, Kronenstraße 36, 76133 Karlsruhe, Telefon 0721/379214 Druckfehler, Änderungen und Irrtümer vor­behalten. Autorenbeiträge sind namentlich gekennzeichnet und die inhaltliche Verantwortung liegt bei diesen. Die Redaktion dankt allen diesjährigen Mitarbeitern für

ihre Beiträge und Bilder und möchte gleichzeitig alle Landsleute auffordern, Artikel bzw. Anregungen für das Heimatblatt auch im nächsten Jahr zu senden. Der Vorstand der HOG Billed Gewählt am 24.05.2015 bei der Hauptversammlung in Karlsruhe Ehrenvorsitzender: Peter Krier Vorsitzender: Werner Gilde, Tel. 0721-863891 Stellvertreter: Josef Herbst, Tel. 07225-76041, Email: josef.herbst@billed.de Alfred Herbst, Tel. 0721-867834 Schriftführer: Adelheid Müller, Tel. 0721-1331547 Kassenwart: Jakob Muttar, Tel. 0721-784177, Email: j.muttar@web.de Beisitzer: Elisabeth Martini, Tel. 0721-379214, Email: emartini@gmx.net Johann Rothgerber, Email: joharo@gmx.de Hans Herbst, Tel. 07225-77233, Email: hans.herbst@billed.de Adam Tobias, Tel. 0721- 865315, Email: ea.tobias@web.de Ralf Gilde, ralf.gilde@googlemail.com Mitglieder unserer HOG, die auch nach Weihnachten das Heimatblatt nicht erhalten haben, mögen sich unmittelbar an Josef Herbst wenden. Mitteilung Banater Ahnenforscher: Das Familienbuch Hatzfeld kann auf Bestellung bei Josef Michels Tel. 07724 7122, email: jomichels@ gmx. de, geliefert werden.


Vorwort

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Liebe Landsleute und Freunde

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enn bei den Festumzügen der Heimattage BadenWürttemberg, an denen wir seit Jahren mit unserer Trachtengruppe und Blaskapelle teilnehmen, manch Neugieriger fragt: „Wer seid ihr Banater Schwaben denn“, würde ich am liebsten antworten: „Wir sind eigentlich von hier, wir waren nur kurz weg“. Denn in der jagenden Zeit ist eine Geschichte wie die unsere nicht so nebenbei zu vermitteln. Das Interesse an der alten Heimat und am Schicksal unserer Vorfahren hat indes nicht nachgelassen. Ihre Spuren sind im heutigen Dorfbild noch gut sichtbar. „Wie in einem lebendigen Museum“ wird in einer Banater Publikation ein Dorfrundgang bewertet. Obwohl der Exodus 25 Jahre zurückliegt, sammelten sich in diesem Jahr erstaunlich viele, bedeutende Tangenten zu unserer Vergangenheit, Kultur und Tradi­tion. Daher eine kurze Auflistung: Auftritte • 20 Auftritte der Trachtengruppe Karlsruhe, zwei davon wurden im Fernsehen gesendet • auf 6 Veranstaltungen spielte unsere Blaskapelle • 19 Auftritte des Chores der Banater Schwaben Karlsruhe, darunter seit Oktober 2014 allein 10 beim Badischen Staatstheater Reisen • Busreise nach Prag mit rund 100 Teilnehmern • Busreise nach Billed mit 50 Teilnehmern Veranstaltungen • Heimattreffen in Karlsruhe an Pfingsten • Sommerfest in Karlsruhe • 250-Jahrfeier seit der Gründung der Gemeinde in Billed mit über 100 Teilnehmern aus dem Westen • Schlachtfest in Frankenthal

• Zweimal Rentnertreffen in Karlsruhe • Allerheiligen am Denkmal in Karlsruhe Ausstellungen • Die Geschichte der Musik auf 50 großformatigen Abbildungen beim Pfingsttreffen in Karlsruhe • Dauerausstellung über die Geschichte der Gemeinde mit 34 bebilderten Großtafeln und zahlreichen Ausstellungsgegenständen im Heimathaus Veröffentlichungen • Broschüre über die Russlanddeportation ins Deutsche übersetzt und gestaltet von Billedern • Zweisprachige Festbroschüre zur 250-Jahrfeier • Heimatblatt in einer Auflage von 1.500 Stück • 40 Beiträge von 15 Autoren auf unserer Internetseite heimathaus-billed.de mit rund 13.000 Besuchern und 150.000 Seitenaufrufen in diesem Jahr Besucher im Heimathaus Innenminister von Baden-Württemberg Reinhard Gall, Oberbürgermeister von Karlsruhe Dr. Frank Mentrup, Kulturbürgermeisterin der Stadt Ulm Iris Mann, DZMDirektor Christian Glass, eine Delegation der Freiwilligen Feuerwehr aus Menzingen sowie Gäste aus Deutschland, Frankreich, Schweiz, USA. Es ist, als ob durch den zeitlichen Abstand die Einzigartigkeit unserer Geschichte mit ihren extremen, beispielhaften und beispiellosen Facetten uns bewusster und bedeutender geworden ist. Ich denke, das wird auch die 28. Ausgabe belegen können. Allen Lesern ein frohes Fest und einen Guten Rutsch! Werner Gilde, Vorsitzender der Heimatgemeinschaft Billed


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Heimattag 2015

Billeder Heimattag an Pfingsten 2015 Grußwort von Jürgen Stober, Ortsvorsteher von Neureut

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ehr geehrter Herr Vorsitzender Gilde, sehr geehrter Herr Bürgermeister Obert, liebe Billeder Heimatortsgemeinschaft, werte Ehrengäste, meine sehr verehrten Damen und Herren, ja auch ich freue mich, dass ich Sie als Ortsvorsteher von Neureut, sozusagen als Hausherr, hier in unserer Badnerlandhalle Neureut begrüßen und willkommen heißen darf. Nach dem wiederum tollen Festumzug der Kirchweihpaare durch Neureut und dem anschließenden Gottesdienst in der Kirche St. Judas-Thaddäus möchte ich mich ganz herzlich für Ihre freundliche Einladung zu Ihrem Heimattreffen bedanken. Ich bin gerne Ihrer Einladung gefolgt und überbringe Ihnen auch die Grüße unseres Neureuter Ortschaftsrates sowie unserer Neureuter Einwohnerschaft, die zum Teil ja Jürgen Stober, Ortsvorsteher von Neureut auch wieder entlang der Straße gestanden haben, und die sich auch alle zwei Jahre schon auf Ihren Umzug freuen. mit auch seine stete Verbundenheit mit Ihnen unterstreicht. Ja, meine sehr verehrten Damen und Herren, das Jahr Im Jahre 1765 hatte Kaiserin Maria Theresia den 2015 ist – wir hörten es ja bereits – ein ganz besonderes Ort Billed gegründet, hat deutsche Siedler angezogen Jahr. Und zwar nicht nur für Karlsruhe, das in diesem und als Musterdorf angelegt. Billed hat sich über viele Jahr mit zahlreichen Veranstaltungen seinen 300. Stadt- Jahrzehnte zu einer deutschen Großgemeinde weitergeburtstag feiert, sondern auch für Ihre Heimatgemeinde entwickelt. Sie alle kennen die Geschichte Ihrer HeiBilled, im Banat, im heutigen Rumänien. mat besser als ich sie jemals erfahren könnte. Sie haDenn Billed, Ihr Heimatort – Sie wissen es ja alle – be- ben die blühenden, die schönen Zeiten Ihrer Jugend geht in diesem Jahr ebenfalls ein ganz besonderes Jubilä- miterlebt, und Sie zehren noch heute davon. um: Sie feiern 250 Jahre seit der Gründung, seit der Ansiedlung im Banat. Ich freue mich deshalb auch über den Ihre Erinnerungen gehen aber auch zurück in die JahBesuch des Vorsitzenden des „Demokratischen Forums re des zweiten Weltkrieges, an 1944, an die Flucht von der Deutschen in Billed“, Herrn Csonti, der aus Ihrer zahlreichen Billeder Familien vor der Sowjetarmee. Heimatgemeinde Billed hierher gekommen ist und da- Für die damals in Rumänien Zurückgebliebenen


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Am 23. Mai 2015 im Foyer der Badnerlandhalle 1. Werner Gilde mit Bürgermeister Michael Obert und der Reporterin von den Badischen Neuesten Nachrichten (BNN) in der Ausstellung mit 50 großformatigen Fotos über die Musikgeschichte der Billeder. 2. Der 4jährige Adrian Schimpf (Mutter Henrike, geb. Holz, 188) vor dem von Hans Ballmann aus der Kirchengasse maßstabsgetreu gebastelten langen Billeder Pferdewagen. Im Hintergrund die Ausstellung mit Fotos der legendären Billeder Kapellmeister, die mit ihren Knabenkapellen vor über 100 Jahren vor Königen und Kaisern und quer durch Europa, Amerika und Südafrika konzertierten.

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Heimattag 2015 1. Susanna Heinrich, geb. Blum, (764) im Alter von 96 Jahren eine der ältesten Teilnehmerinnen und ihre Tochter Barbara Schwarzmann (rechts) freuen sich, hier noch ein Stück alte Heimat erleben zu können. Susanna Heinrich musste ihre 3 Kleinkinder zurücklassen und ihr Mann war im Krieg gefallen, als sie 1945 zu 5 Jahren Zwangsarbeit in die Sowjetunion deportiert wurde. Sie und ihre Kinder waren unter den Ersten, die in den 60er Jahren das Land verlassen hatten.

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2. Hans Mathis ist mit Ehefrau aus Ried im Innkreis, Österreich, angereist. Er war 6 Jahre alt, als seine Mutter mit ihm 1944 vor der Roten Armee aus Billed flüchtete. Hans Mathis ist der erfolgreichste Texter und Komponist mit Billeder Wurzeln, für uns hat er das Billed-Lied geschrieben. Insgesamt sind rund 1.300 Lieder von ihm auf LP/CD erschienen. Sein größter Erfolg, „Der Abschied von der Mutter“, war in den 60er Jahren ein Dauerbrenner in den Hitparaden. 3.Transport und Arbeitsgeräte mit Pferdeantrieb im früheren Dorfleben in maßstabsgetreuen Modellen von Hans Ballmann. Sie werden danach einen Platz in der Heimatausstellung in Billed bekommen. Im Hintergrund das Ballmannhaus in der Billeder Kirchengasse 3


Heimattag 2015 begannen schlimme Jahre der Entrechtung, der Verschleppung und Diskriminierung, die ihren Willen, in den alten Siedlungsgebieten dennoch auszuharren, entscheidend geschwächt haben, und was in den folgenden Jahrzehnten zwangsläufig in einer Massenauswanderung endete. Sie haben hier bei uns wieder Fuß gefasst und damit auch wieder eine „neue Heimat“ gefunden. Ihre Ortsgemeinschaft Billed feiert dazu in 2-jährigem Rhythmus den inzwischen 21. Billeder Heimattag. Und dieser Heimattag hat für Sie ja eine ganz besondere Bedeutung. Er ist ein Fest der Herzen und vor allem der Erinnerung an Ihre alte Heimat. Er ist Ausdruck des Wiederfindens einer in aller Welt zersprengten Dorfgemeinschaft, deren ursprüngliche Heimat noch allen in guter Erinnerung ist. Sie konnten zwar aus dem Banat nicht viel mitbringen, aber Sie haben Ihr kulturelles Gut, sie haben Ihre Trachten, sie haben die alten Lieder, vor allem auch Ihre Blasmusik – der Sie heute ja eine eigene Ausstellung gewidmet haben – und vieles anderes mehr mitgebracht. Ihr Festhalten an der eigenen Identität und das Engagement, mit dem sie Ihren kulturellen Schatz pflegen, waren und sind eine enorme menschliche Leistung, vor der ich immer wieder großen Respekt habe. Und Heimat, das ist zunächst einmal der Lebensraum, in dem wir aufgewachsen sind und erste Erfahrungen sammeln konnten. Aber einen vertrauten Umkreis kann man immer wieder finden, wo wir Bindungen eingehen, wo wir gut aufgenommen und behandelt werden, wo wir einfach verwurzeln können. Sie, meine sehr verehrten Damen und Herren, haben hier bei uns Wurzeln geschlagen; immerhin gibt es im Raum Karlsruhe etliche Familien aus Billed, die sich

7 hier besonders wohl fühlen. Ganz besonders freue ich mich natürlich auch darüber, dass auch hier in unserer Ortschaft Neureut einige Familien aus ihrer Billeder Heimatortsgemeinschaft sesshaft geworden sind. Und Ihnen ging es anfangs ebenso, wie vielen anderen Heimatvertriebenen vor Ihnen. Der Start war nicht immer leicht, aber sie haben nicht resigniert. Sie hatten, ganz im Gegenteil, einen festen Willen, sich ein neues Leben aufzubauen. Sie wollten wieder Normalität herstellen, Sie wollten ein neues Heim, einen neuen Arbeitsplatz, Sie wollten in Frieden neuen Fuß fassen. Mit Fleiß, mit Strebsamkeit und vor allem auch mit dem Willen zur Integration haben Sie es letztlich geschafft und können stolz darauf sein. Um aber in unserer heutigen, immer schnelllebigeren Zeit, die Spuren der Herkunft und der Identität dennoch zu bewahren und an unsere Jugend weiterzugeben, bin ich froh, dass es Gemeinschaften, wie die Ihre gibt, die sich dieser sehr wichtigen und bereichernden Aufgabe verschrieben haben. Ich finde es geradezu beispielhaft, dass die Billeder Heimatortsgemeinschaft, dass Sie, meine Damen und Herren, Ihre Traditionen mit diesem alle zwei Jahre stattfindenden Heimattreffen immer wieder in Erinnerung rufen, dass Sie hier zusammenkommen, dass Sie hier Zusammengehörigkeit und Traditionsverbundenheit pflegen und somit auch weitergeben. In diesem Sinne wünsche ich Ihrer heutigen Veranstaltung einen weiterhin guten Verlauf, vergnügte Stunden, einen schönen Abend mit Ihrem Brauchtumsund Kulturprogramm und morgen früh eine schöne Gedenkfeier und eine gute Hauptversammlung.


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Aus der Ausstellung über die Geschichte der Musik in Bildern 1. Die Blaskapelle gestaltet auch in den 80er Jahren bei allen Dorf- und Familienfesten wie Kirchweih, Fasching, Bälle, Taufe, Hochzeit, Begräbnis u.a. die festliche Umrahmung. 2. „Spritzpause“ bei einer Hochzeitsfeier in den 80er Jahren. Auf dem Tisch Hochzeitswein und Sodawasser. In der kleinen Flasche gab es Schnaps. Die Person mit der weißen Schürze war sozusagen als „Leibkellner“ der Blaskapelle abgestellt. 3. Die Hochzeitsfeier (1965) ging bis in den frühen Morgen. Wenn es besonders schön war, wurde, statt nach Hause zu gehen, noch einer drauf gesetzt. Die Musikanten waren gleichzeitig Entertainer. 4. Das Orchester Braun, auch „Streich“ genannt, in den 60er Jahren. Insgesamt waren sie 6 Musikanten (siehe Beschriftung Trommel).

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1. Der Kirchweihzug auf dem Weg zur Feuerwehrremise in Karlsruhe-Neureut zum Einladen der Ehrengäste. 2. Mit den Ehrengästen in der Neureuter Feuerwehrremise. Im Vordergrund das Körbchen mit den mit Rosmarin und Bändern geschmückten Äpfeln für die Ehrengäste, wie es früher im alten Billed Brauchtum war. 3. und 4. Ursprünglich hatten die Auswanderer den Rosmarin vom Rhein mitgebracht. Fotos: Cornel Gruber


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1. Der Trachtenzug auf dem Weg in die St. Judas Thaddäus Kirche in Karlsruhe-Neureut. Der Umzug der Trachtenpaare mit der Blaskapelle bildet jedesmal den Höhepunkt der Veranstaltung. 2. Peter Schweininger, Bildmitte, mit Kamera in Stellung. Kein einziges Treffen hat er verpasst, er ist aus dem Kirchweihgeschehen der Billeder nicht wegzudenken. 3. Festgottediens in der St. Judas Thaddäus Kirche in Karlsruhe-Neureut. 4. Links unten Kimberly mit Tante Carmen aus den USA, daneben Elisabeth Herbst. Ihr Billeder Hubert-Urgroßvater ist schon in den 30er Jahren als Jugendlicher in die USA ausgewandert, als er zum rumänischen Militärdienst sollte. Denn dort gab es damals die für ihn unerträgliche Prügelstrafe. Bei ihrem 10-tägigen Besuch hatten sie sich noch alles angesehen, was Deutschlandbesucher aus den USA so auf ihrer Agenda haben.


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1. Der Chor der Banater Schwaben Karlsruhe umrahmt musikalisch den Festgottesdienst 2. Unter den Anwesenden befinden sich auch zahlreiche Banater Landsleute.

3. Festgottesdienst mit Heimatpfarrer Robert D체rbach, selbst Banater Schwabe aus Hatzfeld, bei einer unter die Haut gehenden Predigt in der St. Judas Thadd채us Kirche in Karlsruhe-Neureut.


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Gruppenbild der Trachtenguppen der Banater Schwaben Karlsruhe vor der Badnerlandhalle beim Billeder Heimattag 2015.


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Gruppenbild mit der Trachtenguppen der Banater Schwaben Karlsruhe, der Blaskapelle Billed-Alexan­derhausen und den Ehrengästen vor der Badnerlandhalle beim Billeder Heimattag 2015.


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19 Grußwort von Adam Csonti, Vorsitzender des Forums der Billeder Deutschen

ls Erstes möchte ich mich für die Einladung zum heutigen Treffen bedanken. 250 Jahre sind seit der Gründung unserer Heimatgemeinde vergangen. Es war eine geschichtlich bewegte Zeit, die so manches Opfer von unseren Vorfahren abverlangt hat. Nach den ersten 150 Jahren des Aufbaus, als der Leidensweg mehrerer Generationen ein Ende zu nehmen schien und das Streben nach Wohlstand und Zukunft seine Früchte tragen sollte, wurden sie von den Kriegen und Ereignissen des 20. Jahrhunderts belastet. Die heile Welt der schwäbischen Dorfgemeinschaft war auf einmal durcheinander. Was dann geschah, ist jedem von uns bekannt. Bis zur Zersplitterung und letztendlich zur Auflösung unserer Billeder Dorfgemeinschaft war es nicht mehr weit. Als einer, der die letzten 50 Jahre miterlebte, erinnere ich mich noch an den Beginn der Auswanderung, wie traurig es war, als Kind, Spielfreunde, Klassenkollegen und später Sport- oder Jugendfreunde zu verabschieden. Dann der große Schock 1990, als in kurzer Zeit 500 Landsleute Billed verließen. Ich versuchte, gegen den Strom zu schwimmen und als Mitbegründer des deutschen Forums und der Sozialstation jenen nützlich zu sein, die ihre Heimat nicht verlassen wollten oder aus Altersgründen ein Neuanfang nicht Foto: Festansprachen in der Badnerlandhalle, eine der schönsten Festhallen in der Region. Ganze Tischreihen sind jedoch unbesetzt geblieben.

mehr wagten. Zu ihnen entstand eine fast familiäre Beziehung, die jedoch durch ihr Ableben eine weitere schmerzhafte Trennung nach sich zog. Auch für die Ausgewanderten war es sicherlich nicht einfach, sich an ein neues Umfeld anzupassen, Misstrauen auszuräumen, Heimweh zu überwinden u.a. Trotz allem ist uns die Zusammengehörigkeit zur Billeder Ortsgemeinschaft erhalten geblieben. Kirche, Friedhof, Schule oder Elternhaus sind unauslöschlich in der Erinnerung eines jeden Einzelnen. Da wir Billeder heute in der ganzen Welt zerstreut leben, sind wir dankbar, dass es die Heimatortsgemeinschat gibt, die, durch ihr Wirken über die Bindeglieder Heimatblatt und die Internetseite heimathaus-billed.de, die Erinnerung an unsere Geschichte lebendig hält. Die Sozialstation und das Forum erfreuen sich ebenfalls ihrer großzügigen Unterstützung. Dafür ein herzliches Dankeschön. Die 250 Jahre seit der Ortsgründung wollen wir auch in Billed feiern. Das Fest, welches zwischen dem 28.08.2015-30.08.2015 stattfinden wird, soll ein Fest der Erinnerung und des Wiedersehens, oder für die junge Generation, ein Spurensuchen werden. Der Billeder Gemeinderat und das Forum der Billeder Deutschen freut sich auf Euer kommen. Abschließend möchte ich noch die Grüße des Billeder Bürgermeisters Cristian Felician David, des Gemeinderates sowie der noch in Billed verbliebenen Landsleute überbringen. Und dem heutigen Fest ein Gutes Gelingen wünschen.


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1. Einmarsch der Jugend- und Erwachsenen-Trachtengruppen der Banater Schwaben Karlsruhe in die Badnerlandhalle. 2. Kulturprogramm mit Tanzvorführungen auf zwei Ebenen, es singen Dietmar und Melitta Giel. 3. Edi Thöress singt das von Hans Mathis komponierte Billed-Lied. 4. Josef Herbst, unser lebendes Einwohnermeldeamt, kennt nicht nur alle in über 500 Ortschaften zerstreuten Billeder, er ist auch Entertainer. Sein hier vorgetragenes Kurzgedicht nennt sich Abschied und besteht aus einem einzigen Satz: Auf Wiedersehen!

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Gedenkfeier an Pfingstsonntag 1. Der Chor der Banater Schwaben Karlsruhe unter der Leitung von Hannelore Slavik singt seit Jahrzehnten bei den Feierlichkeiten vor der Billeder Gedenkstätte. 2. Peter Krier während seiner Ansprache vor dem Denkmal der Billeder auf dem Karlsruher Hauptfriedhof an Pfingstsonntag 3. Ein Bläsersextett unter der Leitung von Adam Tobias umrahmte die Veranstaltung auf dem Hauptfriedhof

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4. Bei der Hauptversammlung der Billeder Heimatortsgemeinschaft am 24.05.2015 wurde der alte Vorstand neu gewählt. Fotos: Norbert Müller


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Besucher im Heimathaus

Minister und Oberbürgermeister im Heimathaus

Roswitha Csonti

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nnenminister Gall besuchte vom 30. Juli bis 2. August das Banat in Begleitung einer Delegation, der Dr. Frank Mentrup, Oberbürgermeister der Stadt Karlsruhe, Peter-Dietmar Leber, Bundesvorsitzender der Landsmannschaft der Banater Schwaben, Vertreter des Instituts für donauschwäbische Geschichte und Landeskunde Tübingen (Prof. Dr. Reinhard Johler, Leiter und Dr. Mathias Beer, Geschäftsführer), der Donauschwäbischen Kulturstiftung des Landes Baden-Württemberg (Vorstandsvorsitzender Hans Beerstecher und Geschäftsführer Dr. Eugen Christ) und des Innenministeriums (Thomas Berger, Leiter der Zentralstelle und Herbert Hellstern, Leiter der Abteilung 4) sowie Tom Høyem, Direktor der Europäischen Schule Karslruhe, angehörten. Es war der erste Besuch von Innenminister Reinhold Gall im Banat. Vor dem Start ihrer Agenda besuchten sie am Donnerstag Abend noch die Billeder. Am Freitag standen Gespräche mit Bischof Martin Roos und den Vertretern der deutschen Minderheit im Banat auf dem Programm. Am Samstag traf er den Temeswarer Bürgermeister Nicolae Robu, den Kreisratsvorsitzenden Titu Bojin und den Präfekten Eugen Dogariu. Unterzeichnet wurde ein Doppelabschlussprogramm „Bachelor Wirtschaftsinformatik“ zwischen der WestUniversität Temeswar und der Hochschuhe Karlsruhe – Technik und Wirtschaft. Danach ging es zur Kirchweih nach Sanktanna und zur Segnung der Renovierungsarbeiten der Wallfahrtskirche in Maria Radna, zu der auch Bundesbeauftragter Koschyk angereist war.

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1. v.l.n.r. Adam Csonti, Reinhold Gall MdL, Innenminister des Landes Baden-Württemberg, Frank Mentrup, Oberbürgermeister der Stadt Karlsruhe und Tom Høyem, Direktor der Europäischen Schule Karslruhe vor dem Billeder Heimathaus. 2. Werner Gilde hat für die hohen Gäste eine kleine Ersatzausstellung vorbereitet, die eigentliche Heimatausstellung für die 250-Jahrfeier befindet sich noch in Arbeit. 3. Ansprache von Frank Mentrup, Oberbürgermeister der Stadt Karlsruhe, der auch schon letztes Jahr das Heimathaus besucht hatte. Über 500 Karlsruher haben Billeder Wurzeln.


Besucher im Heimathaus

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Das Fest der Feste in Billed

Billed feierte vom 28. bis 30. August seinen 250. Geburtstag Elisabeth Martini

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dam Csonti fand, dass es wahrscheinlich das größte Fest war, dass die Billeder erleben können. „Ein dreitägiges Fest mit Dutzenden Jugendlichen in banatschwäbischen Trachten, mit echter Blasmusik, die die alte und neue Bewohnerschaft der Gemeinde gemeinsam in festliche Stimmung brachte, im Gleichklang veranstaltet von der Kommunalverwaltung, dem DFD Biled und der HOG Deutschland“, schrieb Balthasar Waitz in der Banater Zeitung. 1765 unter Maria Theresia angesiedelt, haben Billed und die Billeder Höhen und Tiefen erlebt in seiner 250jährigen Existenz; es war Musterdorf von Anfang an, blieb es auch im Kommunismus. Das 1990 unter Adam Csonti gegründete Ortsforum gehört seit Jahren mit seiner regen Gemeinschaftstätigkeit zu den Musterforen des DFD im Banat, durch die Sozialstation mit Küche, das moderne Heimathaus, die Kulturveranstaltungen, die vorbildhafte Friedhofspflege usw.

Dem dreitägigen Fest gingen langwierige Vorbereitungen voraus: bauliche Veränderungen an der Heimatstube, das Sammeln, Reinigen und Gruppieren der Ausstellungsobjekte, das Anfertigen der ausdrucksstarken Fotos, ihre zweisprachige Beschriftung, das Erstellen einer Billed-Geschichte und einer Geschichte des historischen „Kastells“, die gutdurchdachte, bebilderte Einladungsbroschüre mit Programmablauf des Festes usw. Die per Bus angereisten Musiker, Trachtenpaare und Mithelfer aus Deutschland trafen schon Mittwoch in Billed ein, wurden gut bewirtet, bevor sie – ohne Trachten und Instrumente – in den Temeswarer Hotels Central und Timisoara untergebracht wurden. Hier gab‘s StadtBesichtigungen und kulinarische Genüsse. Trotz großer Hitze machten die Meisten Donnerstag die Fahrt zum Wallfahrtsort Maria Radna mit, waren von der Außenrenovierung der Kirche und des Museums tief beeindruckt, vor allem auch von den erläuternden Worte


Das Fest der Feste in Billed des Pfarrers Reinholz, der auf alle ihm gestellten Fragen kompetent und geduldig antwortete, viel Wissen vermittelte. Weniger überzeugend war sein junger Kollege, der durch das weitläufige, dreistöckige, teilweise fertig renovierte Museum – das vormalige Altenheim – führte. Zum Glück ist der größte Teil der Renovierung geschafft, doch bleibt noch manches zu tun, auch was das Innere der Kirche betrifft sowie das Umfeld. Bei der anschließenden Besichtigung eines Weinguts in Paulisch gab es Informationen der verschiedensten Art, die Organisator Werner Gilde für die des Rumänischen Unkundigen gekonnt ins Deutsche übersetzte. Äußerst gelungen war der anschließende Gulasch-Abend mit Weinprobe. Schon jetzt erwiesen sich die angereisten Billed-Gäste als lustige, prompt auf Wein und Musik reagierende Menschen, besonders Werner Gilde tat sich als „Entertainer“ hervor, indem er sang, animierte und unterwegs Witze zum Besten gab, im Wechsel mit dem Busunternehmer Helmut Feil. Kein Wunder, dass es sehr spät war, als die Gruppe in Temeswar ankam. Am Freitag, dem 28. August, erfolgte eine Busfahrt zum Jäger- Gedenkhaus in Hatzfeld, zum Lenau- und Puppen-

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1. Vorbereitungen für viele Gäste: Uzu Gorea lässt bei seinem Nachbarn Erwin, links, ein Schwein nach traditioneller Art schlachten. Mit von der Partie sind unter anderen Sepp und Wali, bekannt aus den Gai-Videos. 2. Zwei Tage vor den Veranstaltungen ist der Feil-Bus mit den Festteilnehmern aus Deutschland eingetroffen. Adi Csonti begrüßt den 82-jährigen Josef Herbst, den eine Fußverletzung nicht von der Reise abhalten konnte.

3. Silke Csonti, rechts, mit ihren Freundinnen Laura Galateanu und Raluca Stoica haben einen alten, schwäbischen Pferdewagen nach tagelangem Schrubben und Streichen für die Feier auf Hochglanz gebracht. Darauf ein Paar in der letzten Billeder Tracht vor 100 Jahren. Zusammen mit dem Pferdewagen bilden die Trachtenpuppen sozusagen das Wahrzeichen der 250-Jahrfeier im Heimathaus. Sie werden danach die Heimatausstellunge hüten.


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Trachten-Museum in Lenauheim, über Groß- und KleinJetscha nach Billed zurück. Am Nachmittag fand der Besuch der Ahnengräber statt, zuerst auf dem Neugässer und dann auf dem Sauerländer Friedhof. Die Prozession – voraus die Tanzgruppe - ging jeweils vom Friedhofseingang zum Trauermarsch der Blasmusik zu den jeweiligen Kreuzen, wo Kränze niedergelegt, Gebete gesprochen, Gedichte vorgetragen und Chorlieder gesungen wurden. Berührende Reden hielten auf dem Neugässer Friedhof Heide Müller, auf dem Sauerländer Friedhof Werner Gilde. Anzumerken ist, dass

beide Friedhöfe gehegt und gepflegt aussehen, viele Grabsteine von Moos und Schmutz gereinigt sind, so als hätten auch unsere Vorfahren ihr Festtagskleid angelegt. Es wäre schön, wenn auch andere Nachfahren – selbst oder vermittels anderer – ihren Vorfahren alle 5-10 Jahre das Festtagskleid anlegen würden. Der Transfer von einem zum anderen Friedhof erfolgte per Bus auf der zu diesem Anlass noch kurz vorher geteerten Bahnhofsgasse. Im Anschluss an den Friedhofsbesuch fand in der gutbesuchten katholischen Kirche eine ökumenische An-


Das Fest der Feste in Billed dacht statt mit Dorfpfarrer Bonaventura Dumea, Gastpriester Marius Frantescu – Sohn Billeds – und Pope Marius Ruscu. Das angekündigte Festkonzert beeindruckte sehr: Der orthodoxe Mädchenchor unter der Leitung von Frau Dana Ruscu sang sehr schön wie auch Melitta und Dietmar Giel. Das Streichquartett „Con anima“ der Musikfakultät Temeswar unter der Leitung von Dr. Johann Fernbach entlockte den andächtig Zuhörenden stürmischen Applaus – ungewohnt in der Billeder Kirche. An allen 3 Jubiläumstagen war Mihaela Sandor – Billederin, an der Temeswarer Uni tätig - eine dezente, überaus adäquate Übersetzerin der deutschen Aussagen ins Rumänische. Der Kirchenbesuch und das Konzert waren für viele ein Höhepunkt der Feier, ein Genuss. Der Grill-Abend brachte Stärkung, Unterhaltung, Tanz, Wiedersehensfreude. Und es wurde wieder spät. Natürlich hatte das Fest auch seine sportliche Seite: Das Handballturnier zwischen 6 Mannschaften um den Pipatschpokal gewann nach zähen Kämpfen Vointa II Biled.

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1. Die Mädels der Jugendtanzgruppe aus Karlsruhe beim Abendessen im Hof. Sie kennen die alte Heimat aus den Erzählungen ihrer Eltern, nun ist sie zum Anfassen. 2. Am wahrscheinlichsten würden die Trachtenträger Hans (insgesamt 2798 mal in Billed) und Kathi (1907 mal) heißen. Melitta (Tochter der Familie Adam Csonti) pinselt dem Schwaben-Model im edlen Schurak, gespendet von Mathilde Mann, zeitgemäße Schminke. Die Haare wurden von Heidi Müller frisiert.

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Das Fest der Feste in Billed

Nische in der Heimataustellung: Stuhl-, Tisch- und Bettmรถbel aus den 1930er Jahren, ein alter Schubladenkasten mit Hausaltar, ein alter Kleiderschrank, eine Frauentracht und eine Kirchweihtracht.


Das Fest der Feste in Billed Die Abordnung von 6 Kameraden der Freiwilligen Feuerwehr Kraichgau Abt. Menzingen wurde vom Bürgermeister Cristian David mit Brot und Salz empfangen, konnte sich ins goldene Buch der Gemeinde eintragen; im angrenzenden Feuerwehrhaus erfolgte die feierliche Übergabe der gespendeten Ausrüstungsgegenstände und der dringend benötigten Funkgeräte. Nach Danksagung und dem Wunsch nach noch engerer Zusammenarbeit wurde das neueingerichtete Feuerwehrmuseum besichtigt und anschließend der Pensionistenklub mit rumänischer Spinnstube und Gesang. Als weiterer Höhepunkt des Geburtstagsfestes fand die feierliche Eröffnung der Heimatstube im Forumshaus statt, wo es nun, außer der Sozialstation, den Gästezimmern, auch einen Rundgang durch das alte Billed anhand von Bildern und Gegenständen zu besichtigen gibt. Einführende Worte zur Eröffnung gab es vom Ehrenvorsitzenden der HOG Billed, Peter Krier, der auf die Einzigartigkeit der Heimatstube verwies, deren Verwirklichung großen Aufwand erforderte, vor allem das so anschaulich gestaltete Bildmaterial aus den verschiedensten Zeiten und Bereichen durch Hans Rothgerber und Mitgestalter im Parterre und die vielen, von unsren Vorfahren benutzten Möbel, Gebrauchsgegenstände u.a. im Obergeschoss, geordnet nach Bereichen, zum Teil auch beschriftet, beim Eingang auch eine Liste der Spender. Es liegt auch eine zweisprachige Liste der ausgestellten Objekte im Ordner vor. Außerdem liegt ein Dorfplan vor und historisches Dokumentationsmaterial über das Banat, die Gemeinde Billed, das vom totalen Ruin gerettete Kastell, erstellt wurde das Material von Hans Martini. Das Trachtenpaar auf dem frisch gestrichenen Bauernwagen vor dem Eingang zur Heimatstube wirkte authentisch: sie mit Schurak und hochgestecktem Zopf, er mit

33 silbernen Leibelsknöpfen und Hut, beide beeindruckten und luden zur Besichtigung ein. Die Stellwände – chronologisch angeordnet – von der Ansiedlung 1765 – mit Porträts und Rolle von Maria Theresia, Prinz Eugen, Graf Mercy; Aussiedlungsgebieten, mit dem Weg auf der Donau ins Banat, erste Häuser, Dorf- und Flurplan, die unvorstellbar hohe Todesrate der Erstansiedler. Sehr anschaulich dargestellt durch Hans Rothgerber die Rolle und Funktion der Arbeit der Billeder im Laufe der Zeit, ihr Verhältnis zum Tierbestand. Kirche und Schule werden in ihrer Bedeutung und Entwicklung gezeigt, als Ergänzung des mühevollen Lebens die Kirchweih, die veschiedenen Bälle, Vereine und natürlich die Musik mit den berühmten Knaben-Kapellen der Vergangenheit sowie ihr Werdegang bis heute. Im Mittelteil der Bildpräsentation wird auf die Selbstbewusstwerdung der Banater verwiesen, auch auf die Wirren des Zweiten Weltkrieges und seiner katastrophalen Auswirkungen: Verschleppung in die Sowjetunion und den Baragan. Die Fotos veranschaulichen auch die Ceausescu-Ära mit Überlebensstrategien, Freikauf von staatlicher und privater Seite. Die Ausstellung veranschaulicht auch die Sport- und Chortätigkeit, die der freiwilligen Feuerwehr, den Hanfund Tabakanbau. Die im Obergeschoss ausgestellten Gebrauchsgegenstände haben eher historischen Wert, sind heute meist nicht mehr im Gebrauch. Die meisten Besucher, denen Kenner der Ausstellung zusätzliche Erläuterungen gaben, waren beeindruckt, freuten sich über noch Bekanntes, fragten nach scheinbar Unbekanntem, lobten über alles den Gestalter Hans Rothgerber und alle Helfer, versprachen wiederzukommen, um sich gründlicher über die Geschichte Billeds zu


34 informieren, die vorläufig nur in rumänischer Sprache als Lesematerial vorliegt, aber bald auch in Deutsch zu lesen ist, wie auch die Geschichte des Kastells, beide von Hans Martini erarbeitet. Am Samstagnachmittag war der Festumzug der Trachtentanzgruppe aus Karlsruhe, der Billeder Trachtentanzgruppe als auch der rumänischen Volkstanzgruppe aus Billed, die vom Handballplatz bis zur Altgasse zur Blechmusik marschierten. Am Nachmittag fand die Festversammlung im Kulturheim statt, umrahmt von der Musik der Billed-Alexanderhausener Blaskapelle, die auch die rumänische und deutsche Hymne spielte. Es begrüßten recht herzlich Bürgermeister Cristian David und DFDB-Vorsitzender Adam Csonti all die Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens aus Rumänien und Deutschland. Auch Werner Gilde begrüßte die Gäste und verwies auf wichtige, den Meisten unbekannte historische Tatsachen, sodann ergriffen das Wort: Im Auftrag des Bundesvorstandes der Landsmannschaft der Banater Schwaben überreichte die stellvertretende Bundesvorsitzende Christine Neu und Bundesvorstandsmitglied Werner Gilde dem Forumsvorsitzenden Adam Csonti, mit Frau Roswitha, für unermüdliches Wirken zum Wohle der Landsleute die Adam-Müller-Guttenbrunn-Medaille, die höchste Auszeichnung für Nicht-Mitglieder der Landsmannschaft der Banater Schwaben; Peter Krier wurde von Marliese Knöbl für seine Verdienste zum 80. Geburtstag der Maria-TheresiaTaler überreicht. Die Ernennung der Ehrenbürger Billeds: 1. Sebastian Florin Cean: nach Amerika ausgewandert, hat er Spenden für den Bau der orthodoxen Kirche in Billed gesammelt

Das Fest der Feste in Billed 2. Marius Ruscu, Pope, unterstützt nach Kräften den Kirchenbau 3. Rade Reja, war Pope in Billed, Buchautor 4. Josef Herbst, geehrt für seine Tätigkeit zum Wohle der Banater Schwaben 5. Werner Gilde, Vorsitzender der HOG Billed, Mitorganisator der Jubiläumsfeier 6. Adam Csonti, Vorsitzender des DFDB, Mitbegründer der Sozialstation Biled, Mitglied des Gemeinderats, Vermittler zwischen Rumänien und Deutschland. Jubiläums-Plaketten gingen an: Ralph Maruhn, Ovidiu Gant, Calin Ionel Dobra, Marian Constantin Vasile, Adrian Negoita, Florin Ravasila, Sorin Supuran, Luchian Savu, Bonaventura Dumea, Johann Fernbach, Erwin Josef Tigla, Michael Szellner, Dagmar Siclovan, Christine Neu, Peter Krier, Werner Gilde, Josef Herbst, Nikolaus Rennon, Helmut Weinschrott, Norbert Hansmann, Horst Martin, Adam Tobias, Heidi Müller, die Feuerwehr von Kraichgau, Elisabeth Martini, Johann Rothgerber, Dietmar Giel, Gitu Vasiu, Marius Frantescu, Mihaela Sandor, Bute Moisuc. Das für die Gäste im Forums-Hof aufgebaute Buffet war überwältigend, da kam jeder zu Genuss und Sättigung, an Getränk fehlte es auch nicht, auch nicht an guter Laune. Diese gab es hier zum dazu parallel verlaufenden Tanzabend im Kulturheim. Zuerst zur Blasmusik, danach übernahmen die Brüder Gitu und Petru Vasiu mit Retro-Musik aus der „Luceafarul“-Zeit. Und zeitgleich gab es auf dem Handballplatz für die Jugend Disco-Musik. Auch wieder späte Rückkehr ins Temeswarer Hotel. Und Sonntagmorgen dafür schon früh Frühstück, Auschecken und Fahrt nach Billed, Trachten anlegen, Einladen der Ehrengäste: des Bürgermeisters Cristian David, Grigore Goreas und des Sponsoren Eugen Supuran.


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Vom Ökohaus zum Barockgiebel 1. Kolonistenhaus von Franz Ferch. Die Siedlerhäuser waren alle gleich. Baumaterialien waren Lehm, Rohr und Holz aus der Umgebung. Heute würde man die Bauweise als „ökologisch-fortschrittlich“ bezeichnen. 2. Die meisten Bauernhäuser hatten klare Proportionen, im

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Giebelfeld stand die Jahreszahl der Fertigstellung und der Name der Bauherren. Der Wohlstand zwischen den beiden Weltkriegen ermöglichte Neubauten. Die Fassade widerspiegelt nun die gesellschaftliche Stellung. 3. Aufnahme 1993. Ursprünglich gab es nur je 6 Siedlerhäuser auf 2 gegenüberliegenden Seiten der Quadrate. 3


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Kirchweihbilder in der Heimatausstellung 1. Das 채lteste bekannte Kirchweihbild aus dem Jahr 1903 2. Feld, Arbeitsger채te, Vieh und H채user hatte man ihnen genommen, und, was noch schmerzlicher war, 556 Billeder, darunter ihre Geschwister oder Eltern, waren Zwangsarbeiter in der Sowjetunion auf unbe2

stimmte Zeit. Die Kirchweih ist ihnen jedoch geblieben. 23 Kirchweihpaare der herangewachsenen Jungend veranstalteten im Oktober 1948 nach langer Zeit wieder ein Fest. F체r einen geputzten Kirchweihhut hat es allerdings nicht gereicht, die bescheidene Feier war im Stefi-Kino. (Einsender Hans Eichert)


Das Fest der Feste in Billed Überall wurde reichlich Speis und Trank angeboten, zur Blechmusik getanzt. Es war Festtagsstimmung und alles Volk lief den Trachtenträgern und der Musikkapelle unter der Leitung von Adam Tobias hinterher zur Kirche. Inzwischen fand auch das Mini-Fußballturnier zwischen 6 Mannschaften statt, das mit dem Sieg der Billeder „Maracana“-Mannschaft endete. Ein besonderer Höhepunkt der 3-tägigen Feier war die Festmesse in der dem heiligen Michael gewidmeten Billeder Kirche, an der auch Bürgermeister Cristian David und Ovidiu Gant, die Trachtenträger und viele Gläubige teilgenommen haben. Tief berührt hat durch Art und Sprache das Dorfkind – jetzt Pfarrer – Marius Frantescu, der genau wusste, wie man Heimat definieren, näher bringen kann. Schon unsere Vorfahren – unterstrich er – haben im Herzen ihre Heimat mitgebracht und hier wieder ausgepackt, was lange gedauert hat, aber zielstrebig erreicht wurde. Bereitgestellt hatte der Pfarrer eine Schüssel mit Billeder Erde, von ihm „Billeder Scholle“ genannt: kostbar, schwarz, entstanden durch Arbeit und Liebe, durch den Fleiß der Ahnen, und er schloss mit den Worten: „Hab‘ Dank, Billeder Scholle, für deine Treue!“ Auch der Kirchenchor hat unter der Leitung von Brunhilde Klein sowohl in der Kirche als auch auf den Friedhöfen Meisterhaftes geleistet, vor allem durch die „Glocken der Heimat“ manche Träne fließen lassen. Danke. Nach der Festmesse erfolgte im Beisein der erwähnten Obrigkeiten die feierliche Kranzniederlegung am Kriegerdenkmal, das 1924 vom Schwabenbischof Augustin Pacha eingeweiht und im Jahre 2000 für die Opfer des II. Weltkrieges und der beiden Deportationen erweitert wurde. Der Ehrenvorsitzende der HOG Billed, Peter Krier, der viel für die hilfs- und pflegebedürftigen Landsleute

37 getan hat, unterstrich in seiner Rede die Idee des Gedenkens als Brücke zwischen Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft: „Das Gedenken an die Toten ist ein Aufruf für Frieden.“ Die Kranzniederlegung nahmen Bürgermeister Cristian David und Werner Gilde zu den Klängen der Bläsergruppe - Geschwister Tröster - „Ich hatt‘ einen Kameraden“ vor und beide verließen symbolhaft, wie ein Versprechen, Hand in Hand, die Gedenkstätte. Zur Mittagszeit gab es zur Stärkung im Kulturheim ein 3-Gänge-Menü, wohlschmeckend, reichlich, Dobosch und Kaffee dazu. Geschmeckt hat es bestimmt allen. Nach dem Festessen fand zum ersten Mal in Billed eine Auto-Rallye und Karting- Show statt, an der sich 10 Champions aus dem Kreis Temesch beteiligten – auch zwei weibliche, die alle viel Applaus ernteten, sodass es auch den Vorschlag gab, diese Sportart in Billed zur Tradition zu machen. Trotz großer Hitze war am Nachmittag viel Publikum auf dem Handballplatz, im Schulhof, zum Festprogramm der Kultur- und Trachtengruppen erschienen. Diese boten zum Abschluss typisch deutsche (Rosmareiner, Warjascher Spatzen, Billeder Heiderose), rumänische (Billed), serbische (Kleinbetschkerek) Tänze dar, wobei die deutschen zuletzt gemeinsam zum Kathiländler und den Veilchenblauen Augen nur so über den Platz gewirbelten. Das mehtfache An- und Umziehen der Trachtengruppen erfolgte in einem Klassenraum der renovierten Alten Schule und erforderte Routine, um termingerecht erscheinen zu können zu den zahlreichen Auftritten. Gegen Abend nahmen die Busfahrt-Gäste, nach Festtagen mit prall gefülltem Programm, müde, aber auch zufrieden, dabei gewesen zu sein, Abschied von den anderen Gästen, vom Kalvarienberg (was schon Tradition


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Hinter dem eisernen Vorhang 1945-1989

Abschied im Kalten Krieg 1965 (Aus der Heimatausstellung) Sensationelle Aufnahme von Johann Keller aus den USA beim Abschied auf dem Bahnhof nach seinem Billedbesuch. Hunderte Familien sind durch Krieg und Kriegsfolgen von ihren Angehรถrigen durch den Eisernen Vorhang getrennt. Wie soll es weitergehen? Die Einen hatten die Heimat, aber keine Freiheit, die Anderen die Freiheit, aber keine Heimat.


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geworden ist), vom 250-jährigen Heimatdorf, das weiterhin gedeihen und Jubiläen feiern soll. Damit war für die Dorfbewohner das Fest noch nicht zu Ende. Es gab am Himmel eine Flug-Show, wonach der Bürgermeister die Hora eröffnete mit bekannten Solisten. Bis spät in die Nacht herrschte Hochstimmung und als endgültiger Abschluss gab es um Mitternacht ein großartiges Feuerwerk. Dass es ein positives Miteinander von Deutschen und Rumänen in Billed gibt, bewies die Jubiläumsfeier, was auch Hartmut Koschyk, der Beauftragte für Aussiedlerfragen und nationale Minderheiten der Bundesregierung, in seinem Grußwort unterstrich, nachdem er 2014 Billed besucht hatte. Gewiss war diese Feier eine Gemeinschaftsleistung aller Billeder - ganz gleich, ob im Ausland oder in Rumänien - ein Zusammenwirken vieler Köpfe, Hände und Mittel, denen allen herzlich gedankt sei. Auch denen, die öffent-

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lich nicht genannt wurden, aber Tolles geleistet haben: Edith Barta und ihre Schwester, die alle Trachten der Billeder Kinder und den Strauß vorbereitet haben und Leiterin der Jugendtanzgruppe war; Hansi Müller, Choreograph; Hans Martini, der die Geschichte des Banats, Billeds und des Kastells zur Verfügung gestellt hat; Mariana Oprisa, Kulturheim-Direktorin, die seitens der Gemeinde für den reibungslosen Ablauf des Festes sorgte; Silke Csonti, Laura Galateanu, Raluca Stoica, die den alten schwäbischen Pferdewagen geschrubbt und gestrichen, auf Hochglanz gebracht haben; Barbara Wagner, Marliese Knöbl, Barbara Krier, die die Gebrauchsgegenstände der oberen Etage der Heimatstube gereinigt und ansehnlich gemacht haben, dem Küchenpersonal und allen, die ihren Beitrag geleistet haben: Vergelt‘s Gott! Auch Australier, Hans Blum und seine Frau, waren dabei! Es war ein denkwürdiges Fest.


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Am Freitag, dem 28.08.2015, auf den Friedhöfen 1. Prozession zur Kapelle auf dem Neugässer Friedhof mit Pfarrer Bonaventura Dumea und Pfarrer Marius Frantescu. 2. Gebete und Kranzniederlegung im Gedenken an die Vorfahren, Heidi Müller hält eine Ansprache.

3. Die Gedenkveranstaltung vom Neugässer Friedhof wurde auf dem Sauerländer Friedhof wiederholt. Links im Bild der niedergelegte Kranz am Obelisk für die fern der Heimat Verstorbenen. Werner Gilde hält eine Ansprache über die 250 Jahre bewegte Geschichte unserer Vorfahren. Der Billeder Kirchenchor und die Blaskapelle gestalten die musikalische Umrahmung. Foto: Cornel Gruber


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Veranstaltungen am Freitagabend in der katholischen Kirche 1. Ă–kumenische Andacht mit den Pfarrern Bonaventura Dumea, Marius Frantescu und Marius Ruscu 2. Der Chor der Billeder orthodoxen Kirche unter der Leitung von Dana Ruscu

3. Das Streichquartett der Temeswarer Musikhochschule unter der Leitung von Professor Johann Fernbach 4. Drei der vier mit der Geschichte der Gemeinde und der Kirchengeschichte beschriftete Marmortafeln 5. Melitta und Dietmar Giel während ihres Auftrittes auf dem Chor der Kirche


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1. Grillparty am Freitag im Heimathaus mit Bier und Blasmusik in einer warmen Sommernacht. 2. Viele der G채ste, die hier zusammengekommen sind, hatten sich seit Jahrzehnten aus den Augen verloren. 3. Wiedersehen am Bierausschank: Michael Jung aus Karlsruhe und Hans Blum aus Australien. 4. Ein Ringelspiel aus vergangenen Zeiten auf der Festmeile scheint heute eine Mutprobe f체r Jugendliche zu sein. Im Hintergrund die orthodoxe Kirche im Bau.


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Veranstaltungen am Samstag, dem 29.08.2015 1. Ständchen der Blaskapelle vor dem Gemeindehaus. Foto: Cornel Gruber 2. Nach dem traditionellen Empfang mit Salz und Brot begrüßt der Bürgermeister die Ehrengäste aus dem In- und Ausland. 3. Die Delegation der offiziellen Gastgeber und Ehrengäste besucht die mit viel Herzblut eingerichtete Ausstellung des Rentnervereins mit Gebrauchsgegenständen aus dem früheren Dorfleben sowie die Vorführung einer rumänischen Spinnstube im Rentnervereinslokal. Foto: Cornel Gruber 4. Besichtigung der Feuerwehrausstellung, die Delega­tion der Freiwilligen Feuerwerhr aus Menzingen übergibt den Billedern feuerwehrtechnische Ausrüstungen. Foto: Cornel Gruber


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Veranstaltungen am Samstag, dem 29.08.2015 1. Peter Krier bei seiner Ansprache im Forum der Billeder Deutschen.

2. Erรถffnung der Heimatausstellung im Heimathaus. Fotos: Cornel Gruber 2


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3. Die offizielle Festsitzung am Samstagnachmittag im Kulturheim. Ansprachen hielten der deutsche Konsul in Temeswar Ralf Maruhn, Ovidiu Gant, Abgeordneter im rum채3

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nischen Parlament, Prof. Dr. Johann Fernbach, Vorsitzender des DFDB. Die Festrede der HOG Billed hielt Peter Krier.


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Ansprache zur Eröffnung der Heimatausstellung

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amens der Veranstalter, des demokratischen Forums der Deutschen in Billed und der Billeder Heimatgemeinschaft begrüße ich Sie alle recht herzlich zur Eröffnung der Heimatausstellung – so haben die Veranstalter, wie ich meine zutreffend, die hier vorgestellte Ausstellung genannt. Heimatausstellung über Billed, aus Anlass der 250-Jahrfeier der Gründung der Gemeinde. Die hier im Wirtschaftsgebäude eines ehemaligen Bauerhofes eingerichtete Ausstellung präsentiert über zwei Geschosse die Gründung der Gemeinde Billed durch deutsche Siedler vor 250 Jahren und ihre Entwicklung, mit ausgewählten Ansichten bis zur heutigen Zeit. Wobei im Erdgeschoss eine Bild- und Textpräsentation versucht, diese Entwicklung der Gemeinde darzustellen, während im Obergeschoss eine gegenständliche Ausstellung die Lebensweise der Deutschen in Billed versucht darzustellen. Es handelt sich hier nicht um eine historisch-wissenschaftliche Ausstellung über die politische Gemeinde Billed, sondern um die Entwicklung der Gemeinde im Blickwinkel auf die deutsche Bevölkerung, ihren Weg, ihre Kultur, ihren Werdegang, ihre Heimat. Meine Damen und Herren, wir Europäer unterscheiden uns kaum oder nur gering durch äußerliche Merkmale. Was Völker und Volksgruppen unterscheidet, ist ihre Kultur. Hier Kultur nach der Definition des deutschen Philosophen Johann Gottfried Herder, gemeint als Summe der typisch feststellbaren Lebensformen einer Bevölkerung, einer Volksgruppe oder eines Volkes, wie: Sprache, Glaubenskultur, Familie, Arbeitskultur, Feldund Tierpflege mit dem reichen Schatz an Volkskultur, Musik, Liedern, Tänze und vielfältigem Brauchtum. Dies

Peter Krier

haben die „Macher“ der Ausstellung versucht darzustellen, mit dem ihnen zur Verfügung stehenden Ausstellungsmaterial in dem vorhandenen Raum. Wer sich heute als Geschichts- und Heimatforscher mit einer Landschaft befasst, wird immer mehr Abstand zur nur Staats-Fürstengeschichte nehmen und sich zunehmend mit der Geschichte des Volkes in allen Lebensbereichen zu befassen haben. Bedenken wir, dass Billed in diesen 250 Jahren fünf Staaten angehörte und zeitweise von fremden Mächten besetzt war. Die Geschichte der Menschen ist verbunden und erkennbar an und mit der Geschichte der Dinge. Mit den Dingen, die sie geschaffen haben, die ihren Alltag geprägt haben. So ordnen wir z.B. anhand gefundener Tonscherben eine Menschengruppe einer Kulturstufe zu. So werden sie zum Beispiel unter den Exponaten eine Tabaksnadel finden, die zum Aufschnüren - Einreihen der geernteten Tabaksblätter benutzt wurde. Sie erinnert uns an die Tabakkultur, mit der sich ein Großteil der Billeder Kleinbauern befasste. Die Arbeit mit dem Tabak begann am Ende des Winters mit dem Ausstreuen der Samen auf das Mistbeet und endete mit dem Glätten und Binden der Blätter, dem „Bischeln“, wieder im Winter. Die Arbeit dauerte das ganze Jahr, die ganze Familie war damit beschäftigt, auch die Kinder halfen mit. Erst an den letzten Jahrestagen wurde geliefert und der Jahresverdienst der Familie ausbezahlt. So hat jeder ausgestellte Gegenstand seine Geschichte. Designer der Ausstellung, Bild- und Textgestalter ist Johann Rothgerber, die Tabelle mit den bedeutenden Ereignissen aus der Geschichte der Gemeinde hat Hans Mar-


Das Fest der Feste in Billed tini geliefert, während Elisabeth Martini für die Übersetzungen zeichnet. Den volkskundlichen Teil der Ausstellung haben weitgehend Roswitha und Adam Csonti gestaltet, technische Arbeiten, Beleuchtung usw. ha-

51 ben Werner Gilde und Norbert Müller geleistet. Unter den vielen Leihgebern von Exponaten, sie sind auf einer Tafel aufgelistet, erwähnen wir die Familie Weinschrott vom AMG-Haus.

Am 23. und 24. Oktober waren Iris Mann, Bürgermeisterin für die Fachbereiche Soziales, Bildung und Kultur bei der Stadt Ulm, zusammen mit dem Direktor des Donauschwäbischen Zentralmuseums (DZM) in Billed. Familie Csonti führte durch das Heimathaus und die Ausstellung zum 250jährigen Ansiedlungsjubiläum. Frau Mann, die auch

Vorstandsvorsitzende des DZM ist, war von der materialreichen Dokumentation und von den vielen Billeder Exponaten beeindruckt: Beides gibt einen guten Überblick über die Entwicklung dieser deutschen Gemeinde im Banat. Iris Mann und Christian Glass waren auf einer dreitätigen Informationsreise in der Batschka und im Banat. Christian Glass, Direktor des DZM


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Veranstaltungen am Samstagabend 1. Buffet für die geladenen Gäste im Heimathaus 2. Tanzabend im Kulturheim mit der Blaskapelle 3

3. Abschließend spielen Petre und Georg Vasiu von den ehemaligen Luceafarul. Zeitgleich gibt es Disco auf dem Sportplatz der Schule.


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Das Fest der Feste in Billed Veranstaltungen am Sonntagvormittag Der Umzug der Trachtenpaare aus Billed und Deutschland zum Einladen der Ehreng채ste auf dem Weg zum Gemeindehaus


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Bild oben: Einladen und Ehrentanz bei der Familie Gorea, sie hatten über die Festtage die meisten Gäste aus dem Westen. Bild unten: Einladen und Ehrentanz bei der Unternehmerfamilie Supuran, die auch Förderer der Veranstaltung ist.


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Festgottesdienst in der Kirche. Ansprache von Heimatpfarrer Marius Frantescu, Priester in der Pfarreiengemeinschaft Griesbach-Oberhausen-Englmannsberg.


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Billeder Scholle

von Heimatpfarrer Marius Frantescu

Billeder Scholle - wenn ich dich mit offenen Augen betrachte, ist es kaum zum Glauben, dass du schon 250 Jahre alt bist. Billeder Scholle – so schwarz wie Ebenholz und so kostbar wie abertausende von Tränen. Vieles könntest „Du“ uns erzählen über deine Entstehung und deinen Werdegang. Billeder Scholle – entstanden durch den Fleiß unserer Vorfahren. Getränkt mit vielen Schweißperlen der Mittagssonne und umhüllt von herzlichem Kinderlachen. Billeder Scholle – schwer erkauft mit Blut und Liebe. Viele Opfer hast du verlangt, bis aus deinem Inneren reiche Frucht hervorkam. Billeder Scholle – bei deinem Anblick erblühte jedes Herz, sogar das unseres Herrn erfreute sich, wenn die Kornblumen und die Pipatsch in voller Pracht zu seiner Ehre blühten. Billeder Scholle – du Begleiter unserer Ahnen. Aus deiner Mitte ist viel Leben hervorgegangen und oft hast du dich geöffnet, um unsere Lieben zu bergen. Billeder Scholle – so darf ich dich heute nochmal sehen – auf der meine Wiege stand. Dich nochmal durch meine Hand gleiten lassen und deinen Duft in mir aufnehmen. Billeder Scholle – hab Dank für deine Treue.


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1. Links unten im Bild die Ehrengäste aus Deutschland. Für die Feuerwehrleute aus Menzingen, die Trachtenpaare und die Ehrengäste in ihren offiziellen Garderoben ist der Aufenthalt im kühlen Gotteshaus, draußen sind es 36° im Schatten, sicherlich ein Segen. 2. Nach der Festmesse erfolgte die feierliche Kranzniederlegung am Kriegerdenkmal, das 1924 vom Schwabenbischof Augustin Pacha eingeweiht und im Jahre 2000 für die Opfer des II. Weltkrieges und der beiden Deportationen erweitert wurde.

3. Die Kranzniederlegung nahmen Bürgermeister Cris­tian David und Werner Gilde zu den Klängen der Bläsergruppe - Geschwister Tröster - „Ich hatt‘ einen Kameraden“ vor. Danach hält Peter Krier, Ehrenvorsitzende der HOG Billed, eine Gedenkansprache. Umrahmt wurde die Gedenkveranstaltung vom Billeder Kirchenchor. Zum Mittagessen gibt es anschließend im Kulturheim ein 3-Gänge-Menü. Fotos: Cornel Gruber


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1. Umzug der Billeder und Karlsruher Trachtenpaare in schwäbischer Kirchweihtracht durch die Hauptgasse. Veranstaltungen am Sonntagnachmittag 2. Ein weiterer Höhepunkt der Jubiläumsfeier war das Kulturprogramm am Sonntagnachmittag auf dem Sportplatz der Schule mit Tanzvorführungen von insgesamt 10 Trachten- und Tanzgruppen in schwäbischen, rumänischen und serbischen Trachten. 3. Schwerpunkt des Kulturprogrammes war eine Choreographie der 4 schwäbischen Trachtengruppen. Die Gemeindeverwaltung hatte dafür extra einen Tanzlehrer aus Temeswar beauftragt. 4. Die Trachtengruppen Karlsruhe und Banat gemixt beim großflächigen Aufmarsch, im Hintergrund warten weitere Tanzgruppen auf ihren Einsatz.

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62 Veranstaltungen am Sonntagabend 1. Gruppenbild in der Abendsonne am Kalvarienberg, dem Wahrzeichen der Gemeinde Billed. 2. Feierlicher Abschied der Jubiläumsteilnehmer auf dem Kalvarienberg bei einem Sonnenuntergang, der seit der Dorfgründung vor 250 Jahren derselbe geblieben ist. 1

Das Fest der Feste in Billed 3. Unterhaltungsabend mit Stars der rumänischen Volksmusikszene der Region auf der Bühne in der Dorfmitte. Fotos: Cornel Gruber Das Dorf „Billiet“ wurde sozusagen aus dem Boden gestampft, die ersten 32 Häuser wurden ab Oktober 1765 errichtet, die restlichen 220 ein Jahr darauf.


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R端ckblick

Sonnenuntergang am Kalvarienberg im August 2015


Rückblick

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In Memoriam an das Schicksal der Banater Schwaben

Marliese Knöbl

Vor 250 Jahren zogen unsere Ahnen wagemutig ins Unbekannt‘, in Wahrheit: ein versumpftes, armselig Land. Doch es gab für sie kein Zurück, es blieb nur die Hoffnung auf künftiges Glück. Aber Hunger und Seuchen in größter Not brachten Unzähligen von ihnen den Tod. Mit viel Ausdauer und Fleiß wurde dieses Stückchen Welt zu einem blühenden, reichen Feld. Ihr Dorf - musterhaft, sauber gepflegt und schön niemand gedachte, von hier einst wegzugehen... Dann, auf Grund des Zweiten Weltkrieges, erfreuten sich andere des großen Sieges. Der stolze Schwabe wurde entwürdigt, geknechtet, beraubt, den Siegern war ja alles erlaubt... Man nahm ihm sein Hab und Gut, sein Feld, das er so vorbildlich fast zwei Jahrhunderte hat bestellt. Als Taglöhner sollte er sich hier nun plagen: All das wollte er nicht weiter ertragen. Er hat Mittel und Wege ersonnen, bis er der sozialistischen Willkür entronnen. Schweren Herzens kehrte er zum einstigen Ursprung zurück, erhoffte sich bei Seinesgleichen mehr Zukunftsglück. Wiedermal war er auf sich, seine Ausdauer, seinen Fleiß gestellt: So kennt man den Banater Schwaben in der ganzen Welt! Da, wo er seine Ziele mit Ehrgeiz erreichen kann, da steht er überall vorbildlich seinen Mann. Aber wird nicht auch er vom Völkergemisch irgendwann aufgesogen werden? Verschwinden dann Ausdauer, Fleiß und Ordnung für immer auf Erden? Mein schon oft wiederholter Satz dazu: „Mit ihm verschwindet – Gott sei Dank – auch die Melkkuh!“ Es wäre heute aber falsch nur an uns, die weggingen, zu denken, wir würden Unrecht tun und die Hiergebliebenen kränken. Manch alter Mensch sah im Weggehen keinen Sinn und Zweck. Hätten sie es geschafft, wären Junge wie Kleins oder Csontis weg? Sie kümmern sich um deren tägliche Belange und vieles mehr, das schätzen wir bestimmt alle sehr. Sie sind das Aushängeschild der Billeder Schwaben. Wir sind froh und dankbar, dass wir sie haben! (August 2015)


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Auftritte

Das Badische Staatstheater am in Karlsruhe am Ettlinger Tor

Die Uhr tickt Der Chor der Banater Schwaben Karlsruhe beim Badischen Staatstheater Helmut Slavik

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urückblickend war es eine wunderbare Erfahrung, die der Chor im Rahmen der Aufführung des Theaterstücks „Die Uhr tickt“ des rumänischen Dramaturgen Stefan Peca machen durfte. Dieser hatte dafür an beiden Orten, sowohl in Deutschland als auch in Rumänien, recherchiert und ein humorvolles sowie virtuoses Stück für zwei rumänische und zwei deutsche Schauspieler geschaffen, welches über Grenzen hinweg Generationen miteinander verbindet. In einer einzigartigen Kooperation haben sich das Ba-

dische Staatstheater Karlsruhe und das Temeswarer Nationaltheater zusammengetan, um das Stück, das eine der größten Herausforderungen Europas behandelt, die kontinuierliche Überalterung der Bevölkerung, zu beleuchten. Darsteller waren Sabina Bijan und Colin Buzoianu vom Nationaltheater Temeswar sowie Sophia Löffler und Jan Andreesen vom Badischen Staatstheater Karlsruhe. Die Sängerinnen und Sänger des Chores der Banater Schwaben Karlsruhe, mit ihrer Dirigentin Hannelore Slavik, waren in


Auftritte

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Gruppenbild im Studio des Badischen Staatstheaters Karlsruhe. Foto: Dietmar Giel dem Stück nicht nur Mitwirkende, sondern vielmehr auch Vertreter einer Personengruppe, um welche es handelt. Die anfänglichen Zweifel, eine Zusammenarbeit mit Profis überhaupt zu wagen, wurden durch die innigen Bitten und Zureden des Dramaturgen Michael Gmaj und des Regisseurs Malte Lachmann vom Badischen Staatstheater Karlsruhe, letztendlich verworfen. Und so kam es, dass der Chor in zehn Vorstellungen, von Oktober bis Februar dieses Jahres, den Anfang sowie das Ende des Theaterstücks mitgestaltete. „Die Uhr tickt“ ist ein modernes Stück, eine interaktive Vorstellung. Innerhalb von 60 Minuten altert das Publikum zusammen mit den Darstellern. Es wird mit diversen Entscheidungen konfrontiert, über die es befinden muss.

Über Fragen, die das Altern betreffen, wie z. B.: „Wollen Sie noch im hohen Alter arbeiten?“, entscheidet das Publikum mit seinen Antworten darüber, welche Szene gespielt wird. Peca Stefan hat neben Prolog und Epilog neun Szenen geschrieben, die aber nie alle in einer Aufführung gezeigt werden konnten. Somit wurde durch die Wahl der Zuschauer jede Vorstellung einzigartig. Aufgeführt wurde das Theaterstück im Studio des Badischen Staatstheaters Karlsruhe, vor einem zahlenmäßig begrenzten Publikum, welches jedoch durchaus begeistert war, von der interessanten Mischung sprachlicher und musikalischer Passagen des Stücks, sowie der Mitwirkung von jungen Profis und Laien reiferen Alters. Eröffnet wurde die Vorstellung durch den Chor mit Liedern unserer Banater Komponisten „Schöne Rosen“


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von Hans Walter und „So jung wie heute“ von Walter Michael Klepper. Danach verlässt der Chor die Bühne, um erst wieder zum Ende des Stücks die Besucher mit dem Abba-Song „Mich trägt mein Traum“ zu erfreuen. Bei den Klavierklängen des Schauspielers Jan Andreesen erscheint der Chor erneut auf der Bühne. Solistisch unterstützt wurde er, jeweils in wechselnder Besetzung, von Melitta Giel, Irmgard Holzinger-Fröhr, Isolde Reitz und Eva Wasmer, die durch ihre wunderbaren Stimmen dem

Schluss des Theaterstücks zu einem Glanzpunkt verhalfen. Während der letzten Strophe animierte unsere Dirigentin das Publikum zum Mitsingen. Darauf folgte die Einladung durch die Schauspieler an alle, sich bei einem Gläschen Sekt und einer Schwarzwälder Torte auszutauschen und zu unterhalten. Unsere Sängerinnen wollten es jedoch nicht bei der einen Schwarzwälder Torte belassen und dem Publikum ein wenig den kulinarischen Geschmack des Banats ver-


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mitteln, indem einige von ihnen für jede Vorstellung ca. 150 Kipfel gebacken haben. Für die letzte Vorstellung kamen dann noch einige unserer Banater Kuchen und Torten dazu, so dass es ein richtiges Abschlussfest wurde. Auch wir, die Sängerinnen und Sänger wurden seitens der Schauspieler und des Theaterpersonals sehr aufmerksam und freundlich behandelt, so dass immer eine sehr gute und freundschaftliche Atmosphäre herrschte und alle mit Begeisterung auch weitermachen würden. Nach dieser gemeinsamen Erfahrung wäre man auch sei-

tens des Theaters nicht abgeneigt, auch in Zukunft wieder in einem gemeinsamen Projekt aufzutreten. Abbildungen 1. Der „Musengaul“ vor dem Badischen Staatstheater. Geschaffen ursprünglich unter dem Titel „Trojanisches Pferd“ von Jürgen Goertz, steht die Skulptur heute sinnbildlich für das Staatstheater. Unscheinbar von außen, gefüllt mit einer explosiven Kulturmischung. 2. Das Karlsruher Schloss ín der Adventszeit


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Heimattage Baden-Württemberg in Bruchsal

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ie Trachtengruppen der Banater Schwaben Karlsruhe mit der Blaskapelle Billed-Alexanderhausen befanden sich unter den rund 90 Gruppen aus Fahnenschwingern, Trachtenverbänden, Musikkapellen und Wägen mit 2800 Aktiven, die auf einer 2 Kilometer langen Zugstrecke durch die Innenstadt bis zum Schloss zo-

gen. Unter den Gästen auf der Tribüne vor dem Rathaus befand sich auch Ministerpräsident Winfried Kretschmann. Die Veranstaltung wurde auch im SWR übertragen, die Banater sind in der SWR-Mediathek ab Minute 13 zu sehen.

Heimattage Baden-Württemberg in Bruchsal

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ie Trachtengruppen der Banater Schwaben Karlsruhe mit der Blaskapelle Billed-Alexanderhausen befanden sich unter den rund 90 Gruppen aus Fahnenschwingern, Trachtenverbänden, Musikkapellen und Wägen mit 2800 Aktiven, die auf einer 2 Kilometer langen Zugstrecke durch die Innenstadt bis zum Schloss zo-

Cornel Gruber

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gen. Unter den Gästen auf der Tribüne vor dem Rathaus befand sich auch Ministerpräsident Winfried Kretschmann. Die Veranstaltung wurde auch im SWR übertragen, die Banater sind in der SWR-Mediathek ab Minute 13 zu sehen.


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Karlsruher aus dem Banat beim Stadtgeburtstag

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arlsruhe ist 300 Jahre alt. Diesen runden Geburtstag feierte die Stadt mit einem 15-wöchigen Festivalsommer mit insgesamt 500 Veranstaltungen. Eine dieser Veranstaltungen wurde am 11.08. vom Bund der Vertriebenen gestaltet. Die Banater Schwaben Karlsruhe mit Chor, Solistinnen und Tanzgruppen waren dabei die Hauptakteure im für das Fest errichteten VeranstaltungsPavillon im Schlossgarten. Pfarrer Hermann Kraus machte die Moderation mit geschichtlichem Hintergrund, die Banater Schwaben wurden von Dietmar Giel vorgestellt. Musikalisch umrahmt wurde die Feier von der Heilbronner Trachtenkapelle der Siebenbürger Sachsen.

1. Spektakuläre Lichtshow vor dem Karlsruher Schloss am Abend der großen Eröffnungsshow und im gesamten Festivalsommer. Ein Partnerprojekt von KA300 und dem ZKM waren sie das Highlight des Karlsruher Stadtgeburtstages. 2. Der Chor der Banater Schwaben Karlsruhe unter der Leitung von Hannelore Slavik 3. Die Tanzgruppe der Banater Schwaben Karlsruhe unter der Leitung von Heidi Müller und Werner Gilde 4. Potpourri mit den Solistinnen Melitta Giel und Irmgard Holzinger-Fröhr, Bruno Scarambone und den „Banater Schwabenkindern“.


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Tag der Heimat in Karlsruhe

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er Tag der Heimat fand am 26.09.2015 in der Badnerlandhalle in Karlsruhe-Neureut statt. Die Festrede hielt Bernd-Bernhard Fabritius (4), Präsident des Bundes der Vertriebenen und Mitglied des Deutschen Bundestages. Beim Kulturprogramm wirkten mit der Chor der Banater Schwaben Karlsruhe unter der Leitung von Hannelore Slavik (1), die Solistinnen Melitta Giel, Irmgard Holzinger-Fröhr (3) und Isolde Reitz, am Klavier Bruno Scarambone, die „Banater Schwabenkinder“ unter der Leitung von Dagmar Österreicher, die Tanzgruppen der Banater Schwaben Karlsruhe (2) sowie der Chor der Russlanddeutschen „Lieb Heimatland“. Umrahmt wurde das Programm von der Billed-Alexanderhausener Blaskapelle (5) mit den Solisten Melitta und Dietmar Giel, Moderation Melitta Giel.

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Sommerfest 2015

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m Samstag, dem 12. Juli 2015, wurde das 7. Sommerfest des Kreisverbandes der Banater Schwaben Karlsruhe gefeiert. Rund um die Gaststätte des FC Südstern Karlsruhe gab es Blasmusik der Billed-Alexanderhausener Kapelle, Tortenbuffet, Mititei (gegrillte Hackfleischröllchen) Tanzvorführungen der Trachtengruppen Karlsruhe und ein Sommerwetter wie in Urlaubsprospekten. Die Veranstaltung war ganztägig, getanzt wurde noch nach Sonnenuntergang.

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1. Urlaubswetter vor der Sportgaststätte des FC Südstern. Hauptattraktion der Veranstaltung, die Blaskapelle BilledAlexanderhausen. 2. Blumen für Helga Ebner und Angela Schmidt für die Leitung der Erdbeertanzgruppe, die nun von Melanie Müller (links) und Bianca Göpfrich (rechts) übernommen wird. 3. Die Mititei oder Mici, ein Nationalgericht in Rumänien, sollen im Restaurant „Hanul La Iordachi“ in Bukarest im 19. Jahrhundert erfunden worden sein, nachdem die Wurstdärme ausgegangen waren. 4. Tanzvorführungen der 3 Banater Trachtengruppen 5. Getanzt wurde noch nach Sonnenuntergang. 1


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Schlachtfest 2015

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lechmusik, Worscht un Wein, das sind des Schwaben bekanntesten und liebsten Wörter. Wenn diese drei Sachen stimmen, dann ist er glücklich. Wir haben am 24. Oktober in viele glückliche Gesichter geschaut. 1999 wurde das erste Schlachtfest von uns, den Musikanten, organisiert. Wir wollten mit diesem Fest an das Brauchtum der Banater Schwaben erinnern und aufleben lassen, da das Schweineschlachten, neben Geburtsund Namenstagen, zu einem Familienfest im Spätherbst geworden war. Das Schlachtfest in Frankenthal hatte seinen gewohnten Ablauf, trotzdem war jedes Jahr ein wenig anders. Symbo-

Adam Tobias

lisch holten wir bei Josef Dinjer und Franz Klein so um 11.30 Uhr die Wurst ab. Da spielte die Blaskapelle ein kleines Ständchen unter dem Nussbaum, bei Dinjers im Hof. Serviert wurde dabei der unvergleichliche, gute Griebenkuchen von Frau Dinjer und andere süße Mehlspeisen. Wein und Schnaps sind eine Selbstverständlichkeit und wurden immer dankbar angenommen. Mittagessen im Donauschwabenhaus gab’s wie immer um 13 Uhr. Dieses Mal verwöhnte uns Sepp mit Bratwurst, Kartoffelpüree und Kraut, was wie immer vorzüglich schmeckte. Nachmittags konnte man sich an dem reichhaltigen Kuchenbüfett bedienen. Die zahlreichen


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Abbildungen 1. Wurstmachen für das Fest: die Helfer haben sich für die intensiven Vorbereitungen extra Urlaub genommen. Für sie beginnt das Fest noch vor dem Fest. 2. Ein Himmelreich der Würste Kuchen wurden wie immer von den Helferinnen, den Musikantenfrauen und von vielen Gästen gespendet. Dazu konnte man auch eine Tasse Kaffee genießen. Anschließend fand ein kulturelles Programm statt. Es tanzte die Tanzgruppe Banater Schwaben Karlsruhe unter der Leitung von Heidi Müller und Werner Gilde. Die Kinder von Anton und Arlene Hell (geb. Mann) trugen einige Stücke auf dem Akkordeon vor, was sehr gut beim Publikum ankam. Die Zwei, mit den größten Instru-

menten, zeigten, dass die Tuba nicht immer das schwerfällige Stück Blech sein muss, welches bei der Blasmusik immer nur den Wechselbass spielt. Günther Klein und Adam Tobias spielten den „Rumänischen Tanz Nr. 2“ von Ionel Dumitru und ein Stück, welches in Billed immer wieder gern gehört wurde, die „Bassisten Polka“, bearbeitet für zwei Tuben. Unser Eddy van der Billed sang zwischendurch ein paar Stücke, die von ihm um getextet wurden, darunter die Hymne des Festes: „Es ist Schlachtfest in Frankenthal“. Beim Abendessen, als die Schlachtplatte serviert wurde, hat sich jeder wie „derhm gfielt, uf der Schlacht“… und war mit den Gedanken bei den Schlachtfesten der letzten Jahre und vielleicht auch bei den Schlachtfesten in der alten Heimat.


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Wie jedes Jahr gab es 10 Tombola Preise zu gewinnen, welche die kleinen Besucher des Festes ziehen durften. Da es um Mitternacht noch zwei Geburtstagskinder gab, unter anderen einer von uns, Alfred Klein, spielten wir zu später Stunde noch ein Ständchen. Es war an dem Tag wahrlich ein Marathon der Blasmusik, denn wir trafen uns schon um 10 Uhr am Morgen und haben fast 14 Stunden Blasmusik vom Feinsten geboten. Um Mitternacht war noch lange nicht Schluss, es ging weiter, bis in die frühen Morgenstunden mit unserem beliebten DJ Gerry, der die neuesten Hits auflegte und die Stimmung zum Brodeln brachte. Den Helfern und Helferinnen, die ihren Beitrag wieder mit Bravour leisteten, den Organisatoren, den Kuchenspendern, allen Gästen und natürlich den Musikanten

ein herzliches Dankeschön. Haben mal wieder alle zusammen dazu beigetragen, dass wir ein schönes, unvergessliches Schlachtfest erleben durften. Abbildungen 1. Aufmarsch der Blaskapelle in Frankenthal am späten Vormittag vor dem Anwesen der Familie Dinjer. Nach dem Ständchen werden die Gäste mit dem beliebten Griebenkuchen, Mehlspeisen, Wein und Schnaps bewirtet. 2. Traditionelles Gruppenbild der Blaskapelle mit Sepp Dinjer unter dem Nussbaum - es ist das bisher bestens Gelungene. 3. Das Mittagessen für die Musikanten: Bratwürste mit Kartoffelpüree und Kraut.


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Abbildungen 1. Vor und nach dem Essen und auch während der Mahlzeiten wird immer wieder getanzt wenn die Musik spielt. 2. Tortenbuffet mit insgesamt 32 Torten am späten Nachmittag. 3. Meistens spielt die Blaskapelle die alten Lieder von früher, die auch auf 2 CDs aufgenommen worden sind. 4. Die Torten wurden von Frei­willigen gespendet und der Erlös kommt der Blaskapelle zugute.


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Abbildungen 1. Auftritt von Fabio und Maxima, dem Musikanten-Nachwuchs der Familie Hell (Mann). 2. Tuba Duo spielt spezielle Stücke für die größten Instrumente der Blechblaskapelle. 3. Entertainer Edimann bringt exklusive, neue Schweineschlachtlieder, die eigens für den Anlass von ihm getextet wurden. 4. 17:30 Uhr - traditionelle Tanzvorführungen der Trachtengruppe Karlsruhe bringen neuen Schwung in die Veranstaltung. 5. Jüngster Teilnehmer war ein weiteres Enkelkind von Kapellmeisten Jakob Gross.


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Abbildungen 1. Cover der professionell gestalteten CD-Produktion von Arlene Hell (geb. Mann), die sich hiermit einen Traum erfĂźllt. Aufgenommen wurden zeitgenĂśssische Schlager aus dem Repertoire von Helene Fischer, Andrea Berg, u.a.

2. Der Musikanten-Nachwuchs der Familie Hell, Fabio und Maxima, bei ihrem Auftritt beim Schlachtfest. Sie durften auch schon auf der CD ihrer Mutter mitsingen. 3. Widmung auf dem CD-Inlay Weitere Infos unter www.arlene-hell.de


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Abbildungen 1. Zum Abendessen wird in der Küche die sogenannte „kalte Platte“ mit mehreren Wurstsorten vorbereitet. 2. Nachdem alle an den Tischen bedient wurden, kellnern die Musikan­ ten nun für die Helfer. 3. Um 22 Uhr stehen die 10 Tombo­ la-Gewinnter des 16. Schlachtfestes fest. 4. Aufnahmen die lange nach Mitternacht entstehen, wenn Hartgesottene mit Kettentänzen noch einmal in Schwung kommen.


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Rentnertreffen in Karlsruhe

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eniorentreffen sind immer eine Gelegenheit zum ausgedehnten Plaudern, zum Austausch von FamilienInfos - ob positive oder weniger positive. Das Frühjahrtreffen (Fotos 1. und 2.) fand am 15. April 2015 mit 30 Personen statt, davon 16 Frauen und 14 Männer, in ungezwungener, guter Stimmung. Das Herbsttreffen fand, wie programmiert und bekannt gegeben, am 15. September 2015 mit 24 Personen statt (Foto 3.), wovon es 16 Frauen und nur 8 Männer waren. Scheinbar liegt es den Frauen mehr, aus dem Haus zu gehen, alte Bekannte zu treffen, Neues zu erfahren, eigenes Leid zu klagen.

Jakob Muttar

In dieser angenehmen Atmosphäre walteten jedesmal Jakob Muttar und Sepp Herbst gekonnt ihres Amtes, brachten neueste Billed-Informationen, witzige Einlagen, Termine der nächsten Treffen. So z.B. das nächste Frühjahrs-Treffen, festgelegt auf den 20. April 2016, und das Herbst-Treffen am 21. Sept. 2016. Zu diesen Treffen laden die Organisatoren recht herzlich alle ein, die gern mit Billedern „uner sich“ sein möchten, die gesundheitlich fit genug sind, aber auch die jüngeren Rentner, die noch nie dabei waren und bestimmt angenehm überrascht sein werden.

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Abbildungen 1. Der Eingang zum Karlsruher Hauptfriedhof im Stil eines rÜmischen Triumphbogens. 2. Die Begräbniskapelle des Karlsruher Hauptfriedhofes befindet sich auf einem nach dem Muster der Campi Santi angelegten Hof, der von einer Gruftenhalle im Renaissancestil umgeben ist. 3. Ansprache von Werner Tobias vor dem Denkmal der Billeder auf dem Karlsruher Hauptfriedhof an Allerheiligen 2015. Foto: Cornel Gruber


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Allerheiligen 2015 am Denkmal der Billeder

Ansprache vonWerner Tobias

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ie dunkle Jahreszeit mit kurzen, trüben Tagen, die mit dem November beginnt, macht manch einem zu schaffen. Sie sorgt bei vielen von uns für eine gedämpfte Stimmung, die sich aufs Gemüt legt. Doch sind es auch die ersten Novembertage, wenn unsere Gedanken mehr als sonst unseren lieben Verstorbenen gelten. Seit vielen Jahren leben die meisten Billeder in der Bun-

desrepublik Deutschland. Inzwischen hat wahrscheinlich jede Familie auch hier in der neuen Heimat schon eines seiner Mitglieder zu Grabe getragen. Wir kommen zusammen auf dem Friedhof und beten für sie, auf dass ihre Seelen Ruhe finden mögen im Herrn. In unserer Erinnerung leben sie weiter. Wenn wir am Grab Kerzen anzünden, Blumen niederlegen und still im Gebet verharren,


94 fühlen wir uns ihnen nahe. Unser Glaube sagt, dass nicht der Tod das letzte Wort hat, sondern Christus, der die Seelen erlöst und ihnen Frieden schenkt in Gott. Wir treffen uns seit nunmehr 28 Jahren an diesem Gedenkstein, den wir Billeder, zur Erinnerung an unsere Heimat und stellvertretend für unsere Gräber im Banat, errichtet haben. Doch was bedeutete Heimat für uns Banater? Der aus Hatzfeld stammende Nikolaus Franzen hat den für uns so prägenden Begriff sehr treffend in den folgenden Versen festgehalten: Hier trieft der Schweiß der nimmermüden Schwaben, Den Boden, den sie segnend mit dem Pflug Einst schwer den Sümpfen abgerungen haben, Bis endlich er die reiche Ernte trug. Wo blühend dann die Schwabendörfer standen, Inmitten Ackerfeldern segenschwer, Geraubt von einer Macht aus fremden Landen, Ist Heimat für uns Schwaben nun nicht mehr. Ich hatte die Gelegenheit, auf dem Neu-Beschenowaer Heimattreffen vor drei Wochen, die Interpretation dieser Verse auf dem Akkordeon vorgetragen von unserem aus Dolatz/Klein-Betschkerek stammenden Pfarrer Peter Zillich, in einem ergreifenden Gottesdienst zu erleben. Im Refrain hieß es dort: „Hier jauchzt mein Herz dir großer Schöpfer zu, wie groß bist Du, wie groß bist Du…“ Im August 2015 hat unsere Heimatgemeinde Billed den 250. Jahrestag seit der Gründung durch die Siedler des Zweiten großen Schwabenzuges unter Maria Theresia begangen. Hervorragend organisiert, wurde dieses einma-

Veranstaltungen lige Ereignis über drei Tage in Würde gefeiert. Dabei galt es daran zu erinnern, wo unsere Geschichte ihren Ursprung genommen hat, das Werk unserer Vorfahren zu ehren und für ihre geleisteten Opfer zu danken. Diese, unsere Ahnen, haben mit sehr viel Fleiß, Ausdauer und harter Arbeit das geschaffen, was für acht folgende Generationen Heimat bedeutet hat. Denen, die sich fürs Bleiben entschieden haben, wünschen wir, dass Billed ihnen für immer eine sichere Heimstatt bietet. Unsere Lebensgeschichte ist eng miteinander verwoben. Wir alle haben dort unsere Kindheit verbracht, gewirkt und gearbeitet, glückliche und auch traurige Stunden gemeinsam erlebt und tragen in uns das Billed-Gen, das uns alle verbindet. Unsere Lebenswege haben sich in alle Richtungen entwickelt und trotzdem, wie auch diese Gedenkfeier zeigt, fühlen wir uns immer noch zusammengehörig. Die beiden Friedhöfe in Billed sind, dank guter Fürsorge vor Ort, in einem vorbildlichen Zustand. Die Gräber dort gehören zu uns und stellen das letzte sichtbare Zeugnis der Existenz unserer Ahnen dar. Deshalb können und werden sie nicht in Vergessenheit geraten. Wie viele Tausend haben dort ihre letzte Ruhestätte gefunden? Sie und alle unsere Verstorbenen sind uns nur vorausgegangen, den Weg, der uns noch bevorsteht. Mögen wir alle dafür sorgen, dass das Billed-Gen noch lange in uns und unseren Nachkommen weiterlebt. Wie es schon auf dem Stein eingraviert steht, so gedenken wir auch heute in Ehrfurcht, Dankbarkeit und Liebe all unserer Toten auf den Friedhöfen hier und in der Heimat, der Gefallenen der beiden Weltkriege und Opfer auf der Flucht und in der Zeit der Russland-Deportation, deren Gräber oft niemand kennt. Ebenso gedenken


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Bild oben: Gemeinsames Beten mit Elisabeth Luckhaup. Bild unten: Der Chor der Banater Schwaben Karlsruhe singt die zu dieser Feierlichkeit seit Generationen 端blichen Kirchenlieder. Fotos: Cornel Gruber

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Veranstaltungen wir derer, die aus der Baragan-Verschleppung nicht mehr heimgekehrt sind, sowie unserer verstorbenen Landsleute in aller Welt. Wie es unser Ehrenvorsitzender Peter Krier in seiner bemerkenswerten Ansprache am Billeder Kriegerdenkmal im August formuliert hat, so möchte ich heute auch an die vielen nicht-Billeder Opfer der Kriegshandlungen damals rund um Billed erinnern Rumänen, Ungarn, Sowjetkämpfer - und nicht zuletzt an die gefallenen deutschen Soldaten, die dort ihr Leben gelassen haben. Wörtlich sagte er: „Vor ihnen verneigen wir uns und blicken dankbar nach oben, dass wir nun schon seit zwei Generationen in unserem Europa in Frieden leben dürfen“. Das ist nicht selbstverständlich und deshalb wollen wir alles dafür tun, dass dies auch für die kommenden Generationen so bleibt. Unsere Forderung an die Mächtigen und Verantwortlichen dieser Welt, ebenso wie an alle Menschen kann nur sein, mit Bedacht und Umsicht mit diesem hohen Gut umzugehen. Herr, gib allen unseren Verstorbenen die ewige Ruhe, Herr - lass sie ruhen in Frieden. Abbildungen 1. Das Denkmal der HOG Billed auf dem Karlsruher Hauptfriedhof. Fotos: Cornel Gruber 2. Nach der Veranstaltung der Billeder findet am Vertriebenenkreuz eine weitere Gedenkfeier statt, sie wird vom SWR aufgezeichnet. 1

3. Auch die Veranstalung am Vertriebenenkreuz wird vom Chor der Banater Schwaben Karlsruhe umrahmt.


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Abbildungen 1. Die Familie Muttar vor dem Grab ihrer Angehörigen in unmittelbarer Nähe des Billeder Denkmals. 2. Gräberreihe von Billeder Verstorbenen nahe dem Denkmal auf dem Karlsruher Hauptfriedhof. 3. Auf dem Neugässer Friedhof in Billed an Allerheiligen 2015. 4. Auf dem Sauerländer Friedhof in Billed an Allerheiligen 2015. Fotos: Roswitha Csonti.


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Broschüre über die Russlanddeportation

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ie Broschüre „Der weite Weg ins Ungewisse. Die Deportation der Deutschen aus Rumänien in die Sowjetunion“ ist eine Übersetzung aus dem Rumänischen. Sie ist das Ergebnis eines von jungen rumänischen Wissenschaftlern mit der Unterstützung der Landsmannschaft und von der Europäischen Union finanzierten Forschungsprojektes zur Deportation. Dabei wurden zahlreiche Zeitzeugen befragt und die Antworten wissenschaftlich ausgewertet.

Werner Gilde

Die Publikation in rumänischer Sprache wurde ehrenamtlich von Angehörigen der Billeder HOG übersetzt: Jakob Mager, Elisabeth Martini, Hermine Schnur, Werner Tobias, Hans Rothgerber und Werner Gilde. Die Broschüre wurde bei der Gedenkveranstaltung am 17. Januar 2015 im Haus der Begegnung Ulm vorgestellt und kann bei der Landsmannschaft der Banater Schwaben erworben werden.


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In Frankfurt (Oder) auf den Spuren der Heimkehrer

Peter Krier

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m Jahre 2015 erinnern viele Veranstaltungen an die Deportation der Deutschen aus Südosteuropa zur Zwangsarbeit in die Sowjetunion vor siebzig Jahren. Es ist von 35000 bis 38000 verschleppten Frauen und Männern aus den Reihen der Banater Deutschen auszugehen. In der südöstlichen Ukraine, im Donezgebiet, aber auch jenseits des Urals, bis zum Kaukasus und zum nördlichen Eismeer, mussten sie in Kohlengruben, in der Schwerindustrie, auf Baustellen, beim Transport und auch beim Holzschlag Schwerstarbeit leisten. Geschunden durch harte Akkordarbeit bei absolut unzureichender Ernährung und bitterem Hunger, bei sibirischer Kälte und fehlendem Arbeitsschutz, Schikanen und Misshandlungen ausgesetzt, geplagt von Läusen und Wanzen und bedrückt von quälendem Heimweh, sind viele Deportierte an Körper und Seele erkrankt. Besonders in den ersten zwei Jahren der Deportation war die Sterberate erschreckend hoch.

schreiben, was sie erleiden und durchstehen musste, gibt Anna Herrmann zu bedenken.

Viele ehemalige Deportierte haben ihren Leidensweg niedergeschrieben oder bei verschiedenen Veranstaltungen mündlich darüber berichtet. So auch Anna Herrmann, die in einer Kohlengrube in Donez in einem nur 70 Zentimeter hohen Schacht gebückt oder kriechend Normarbeit leisten musste. Bei Nichterfüllung der vorgegebenen Leistung wurde die Brotration reduziert – eine unmenschliche Maßnahme angesichts des ständigen Hungers, unter dem die Zwangsarbeiter zu leiden hatten. Mit nassen Kleidern, die im Winter am Leib anfroren, musste sie nach Schichtende drei Kilometer bis zum Lager zurücklegen. Worte würden nicht ausreichen, um das zu be-

Hier war Frankfurt an der Oder unmittelbar nach Kriegsende zu einem gigantischen Umschlagplatz für Millionen Menschen geworden. Hier wurden ab Mai 1945 von den Sowjets Kriegsgefangene und Internierte gesammelt, die Transporte zusammengestellt und nach Osten weitergeleitet. In Frankfurt gesammelt und von hier weitergeleitet wurden auch ehemalige sowjetische Zwangsarbeiter und Kriegsgefangene. Gleichzeitig kamen ab Juni 1946 aus dem Osten hunderttausende Menschen an, anfangs meist in einem katastrophalen Gesundheitszustand, denn erstes Kriterium für eine Frühentlassung der Kriegsgefangenen, Internierten und zur Arbeit deportierten

Da die Schwerkranken keine Arbeitsleistung mehr erbringen konnten, empfahl Lawrenti Berija, der Volkskommissar für Innere Angelegenheiten der UdSSR, Diktator Stalin, diese Menschen zu entlassen, zumal sie keinen Nutzen mehr brachten und nur Kosten verursachten. Stalin stimmte zu, und so wurden ab Herbst 1945 Transporte mit Invaliden und Schwerkranken zusammengestellt und in die Heimat befördert. Sofern sie die Reise überlebten, erreichten die Rumäniendeutschen die Heimat über Marmaroschsiget oder Jassy. Doch ab 1946 verweigerte Rumänien auf Veranlassung von Innenminister Teohari Georgescu die Aufnahme der Heimkehrer. Die aus der Deportation entlassenen Deutschen aus Rumänien wurden fortan in die Sowjetische Besatzungszone Deutschlands abgeschoben.


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Abbildungen 1. Deportierte aus dem Banat nach ihrer Ankunft im Heimkehrerlager Frankfurt/Oder. Die durch Krankheiten und Unterernährung Arbeitsunfähigen wurden von den Sow­jets bis 1948 in die Ostzone (spätere DDR) entsorgt. 2. Dieselben Deportierten vor ihrer Entlassung aus dem Lager als Staatenlose in die Ostzone, da sie offiziell nicht nach Rumänien in ihre Heimatorte zurück durften. 3. Theateraufführung im Juli 1949 in Stalino (heute Donezk). Im 5. Jahr der Deportation hatte sich der gesundheitliche Zustand der Zwangsarbeiter erheblich verbessert und es gab Kulturprogramme - freilich im Sinne der kommunistischen Umerziehung. Das seltene Foto zeigt Banater und Siebenbürger Deutsche, darunter auch viele Billeder, in ihren Sonntagskleidern. Im Hintergrund das Lagergebäude.

Zivilisten war für die Sowjets die völlige Arbeitsunfähigkeit. In noch größerer Zahl trafen in der alten brandenburgischen Regierungshauptstadt Millionen Vertriebene und Umgesiedelte aus den deutschen Ostgebieten und Polen ein. Während die einen mit unbekanntem Ziel nach Osten wegfuhren, wurde Frankfurt für die anderen zum Symbol für das Ende der Gefangenschaft und Zwangsarbeit und das Tor zur Freiheit. Für viele tausende Heimkehrer war es aber auch „End-Tor“ ihres Lebens. Um dieser vielen Toten, darunter mehrere hundert Banater Schwaben, zu gedenken, hat das Hilfswerk der Banater Schwaben am 11. und 12. April eine Gedenkfahrt nach Frankfurt an der Oder organisiert. Die Reisegruppe zählte zwanzig Teilnehmer. Auf der Hinfahrt besichtigte die


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Gruppe die Stadt Dresden mit ihren architektonischen und künstlerischen Sehenswürdigkeiten. Durch den malerischen Spreewald ging es dann weiter nach Frankfurt an der Oder. Auch dort gab es am zweiten Tag zunächst eine Stadtrundfahrt mit Führung, bevor sich die Gruppe auf die Spuren der Heimkehrer begab.

auch auf dem Hauptfriedhof der Stadt. Die Heimkehrer wurden registriert, ihre Entlassungspapiere wurden nochmals geprüft, wonach sie ihre „Spravka“, ihren Entlassungsschein, erhielten. Manche, zum Beispiel frühere SSAngehörige, wurden aber auch wieder in die Sowjetunion abgeschoben.

Als erstes wurde der Verladebahnhof Schubert-Straße besichtigt, wo die Mehrzahl der in Frankfurt eintreffenden Transporte entladen wurde. Für die kranken und elendig aussehenden Heimkehrer hatte man außerhalb der Stadt Entladerampen gebaut, um sie nicht am Personenbahnhof durchschleusen zu müssen. Von hier erreichten sie nach einem Fußmarsch von etwa drei Kilometern das Kriegsgefangenenlager 69 in der ehemaligen Hornkaserne. Das Lager wurde von sowjetischen Soldaten streng bewacht und war von hohem Stacheldraht umgeben. Hier wurden die Heimkehrer entlaust und gebadet und einer gesundheitlichen Untersuchung unterzogen. Schwerkranke kamen in Krankenhäuser der Umgebung. Auf der Reise oder im Lager Verstorbene wurden auf dem Nuhnenfeld hinter dem Lager beerdigt, manche

In der Hornkaserne, heute Polizeipräsidium, haben beherzte Menschen eine Dauerausstellung mit dem Titel „Willkommen in der Heimat“ eingerichtet, die die Situation der Stadt zur damaligen Zeit darstellt und den Weg der Heimkehrer anhand vielfältiger originaler Exponate, Ton- und Videoinstallationen dokumentiert. Ausgestellt sind viele Fotos, Schriftstücke, Landkarten und Gegenstände, beispielsweise eine „Bufaika“ oder aus Konservendosen oder Blechstücken gefertigtes Essbesteck. Beeindruckend ist der kleine Holzkoffer der 16-jährigen Eva-Maria Stege, mit einem spartanischen Inventar und einem Blatt Papier mit der Aufschrift „Skoro domoi“ (Bald nach Hause). Eva-Marias Hoffnung sollte sich jedoch nicht mehr erfüllen, sie starb im Lager. Neben der Ausstellung erinnert ein vom Heimkehrerver-


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band gestiftetes und 1998 vor der Hornkaserne errichtetes Mahnmal für den Frieden an die Rückkehr von fast zwei Millionen deutschen Kriegsgefangenen und Zivilinternierten über Frankfurt an der Oder. Auf einer Edelstahlstele steht unter anderem: „Wir Heimkehrer mahnen! Völker entsagt dem Hass – versöhnt Euch! Dient dem Frieden in Freiheit – baut Brücken zueinander!“ Aus der Hornkaserne kamen die Heimkehrer nach einigen Tagen in das sechs Kilometer entfernte Heimkehrerlager Gronenfelde, das unter deutscher Verwaltung stand. Hier wurde eine erneute Registrierung vorgenommen und der weitere Transport organisiert. Die in der Westzone Beheimateten wurden über die Zonengrenze Richtung Friedland entlassen, die in der Sowjetzone Wohnenden entließ man in ihre Heimat. Die Heimatlosen – Internierte, Vertriebene, Flüchtlinge – kamen in eines der über 50 Lager in der Sowjetzone. Von den 22 hölzernen Baracken, davon 15 für die Unterbringung der Heimkehrer, die 1946 das Lager Gronenfelde bildeten, ist heute nichts mehr zu sehen. Allein ein Denkmal auf dem einstigen Lagergelände erinnert an das Schicksal der Heimkehrer. Auch die an-

Abbildungen 1. Frankfurt (Oder) 1945: durch Bomben und Brandstiftungen war die Stadt zu 93% zerstört. 2. In der Hornkaserne, wo die Gefangenen von sowjetischer Seite ihre Entlassungspapiere bekamen, heute Polizeipräsidium, haben beherzte Menschen eine Dauerausstellung mit dem Titel „Willkommen in der Heimat“ eingerichtet. Neben der Ausstellung erinnert ein vom Heimkehrerverband gestiftetes und 1998 vor der Hornkaserne errichtetes Mahnmal. 3. Von den 22 hölzernen Baracken, davon 15 für die Unterbringung der Heimkehrer, die 1946 das Lager Gronenfelde bildeten, ist heute nichts mehr zu sehen. Nur ein Stein erinnert an das einstige Heimkehrerlager, das unter deutscher Verwaltung stand. Auch die anderen Lager um Frankfurt sind verschwunden, die um die Lager entstandenen Friedhöfe wurden aufgehoben. 4. Die Habseligkeiten der 16-jährigen Eva-Maria Stege und ein Blatt Papier mit der Aufschrift „Skoro domoi“ (Bald nach Hause). Sie starb im Lager.


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Rückblick deren Lager um Frankfurt sind verschwunden, die um die Lager entstandenen Friedhöfe wurden aufgehoben. Die dort Beerdigten wurden zwischen 1958 und 1975 exhumiert und in einem großen Gemeinschaftsgrab auf dem Hauptfriedhof beigesetzt.

Banater Elegie

Josef Gabriel d.J. († 15. Januar 1947) So tiefe Sehnsucht lebt in uns. Wir schauen oft Zur Straße hin, die gegen Westen führt. Der Ahnherr hat einst sehr dem Osten zugehofft, Nun hat ein Heimweh uns mit heißer Hand berührt. Dort, wo das Mutterhaus, ist eigener der Raum Umschirmter Stadt und Dorf und Berg und Land und Strom Dort wird zur Tat, was uns nur Sehnsucht bleibt und Traum. An unseren Gliedern ist das Mal von manchem harten Jahr. Argwöhnisch misst der Fremde unseres Geistes Tritt. Erfreut uns auch die Helle unsres Pfluges Schar, wann glückt unsrer Sense je ein großer Schnitt? Und Schätze liegen brach dem Spaten zugelost, doch ihm, der tiefer ginge, droht der Fremde Fron. Und unsre Gärten wachsen wild. Kalt weht der Ost. Es kerbt in uns das Gleichnis vom verlorenen Sohn.

So führte denn auch der Weg der Besuchergruppe am Ende zu diesem Friedhof. Über 12.000 verstorbene Heimkehrer sind hier in mehreren Gemeinschaftsgräbern und einer Vielzahl von Einzelgräbern beigesetzt. Die größte Grabstelle mit 7610 Grablegungen befindet sich auf und um einen Hügel, auf dem eine Stele an die Toten der beiden Weltkriege erinnert. Vor diesem Denkmal hat sich die Gruppe zu einer kurzen Gedenkfeier versammelt. Es kann davon ausgegangen werden, dass bis zu 10.000 der Unseren über Frankfurt in die Freiheit kamen. Wie viele dort gestorben sind, ist nicht bekannt, es sind mehrere Hundert. Der bekannte Schauspieler Ottmar Strasser (1905-2004), auch er vom Schicksal der Deportation zur Zwangsarbeit in die Sowjetunion betroffen, fragt in einem Gedicht: „Wo ruhen sie, nach langem Darben, / die in Russlands Lagern starben / und in fremder Erde liegen, / weil Stacheldraht nicht leicht zu biegen?“ Sie sind verscharrt bei Stalino, Jenakievo, Slaviansk und vielen anderen Orten in der heutigen Ukraine und in Russland, sie liegen bei Jassy, auf dem Armenfriedhof in Marmaroschsiget und Hunderte auch in Frankfurt unter dem großen Hügel. Ihrer und aller durch die Russlandverschleppung zu Tode Gekommenen gedachte der Ehrenvorsitzende des Hilfswerks der Banater Schwaben, Peter Krier, in seiner Ansprache. Es folgte eine Kranzniederlegung im Namen aller Banater Schwaben und Siebenbürger Sachsen.


Rückblick

Barbara Wagner, die die Gebete sprach, erinnerte daran, dass sie damals, als ihre beiden Eltern verschleppt wurden, ein dreijähriges Kind war. Sie habe ihre Eltern nicht gekannt, als diese zu Hause ankamen, nachdem sie durch die Lager in Frankfurt geschleust worden waren und den weiten Weg nach Rumänien angetreten hatten. Unter diesem großen Grabhügel ist auch unser Heimatdichter Josef Gabriel der Jüngere beigesetzt. Schwerkrank wurde er im Winter 1946 aus der Deportation entlassen und starb kaum vierzigjährig am 15. Januar 1947 in Frankfurt an der Oder, fern von seiner Familie, von seiner Banater Heimat und seinen Landsleuten, deren Landschaft und Leben er in seinen Gedichten sprachkünst-

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Kranzniederlegung im Namen aller Banater Schwaben und Siebenbürger Sachsen, aus deren Mitte Hunderte in dem großen Gemeinschaftsgrab auf dem Hauptfriedhof bestattet sind. lerisch gestaltet hat. Josef Gabriel d.J. wurde zunächst auf dem Nuhnenfriedhof beigesetzt, später wurden seine Gebeine in das große Gemeinschaftsgrab verlegt. Über ihn, sein Schicksaal und sein Werk sprach der Vorsitzende des Hilfswerks der Banater Schwaben, Nikolaus Rennon. Auch sein Vater kam über das Lager Gronenfelde in die Freiheit. Zum Abschluss der Feierstunde trug Brigitte Rennon zwei Gedichte von Josef Gabriel d.J. vor, unter anderem seine „Banater Elegie“, und legte ein Blumengebinde an seiner Grabstelle nieder.


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Rückblick

Übergabe-Vertrag aus dem Jahr 1909 Legalisiert von Thöresz Jakob, Sekretär Altersversorgung der Bauern in Billed durch einen Vorbehalts-Übergabe-Vertrag (auch zur Vorbeugung von Erbstreitigkeiten) welcher am zu Ende gesetzten Jahre und Tage zwischen den Eheleuten Nikolausz Szlavik und Gattin Elisabeta, geb. Bosch, dann Witwe Barbara Hahn, geb. Rothen, als Eltern und Übergeber einerseits, dann den jungen Eheleuten Peter Hahn und Gattin Agnesz, geb. Szlavik, Billeder Insassen als Kinder und Übernehmer andererseits nachstehenderweise verabredet und rechtsgültig geschlossen wurde: 1. Es übergeben die Eheleute Nikolausz Szlavik mit Gattin Elisabeta, geb. Bosch, die im G.P.Z. 1285 der Gemeinde Billed unter A I Top.Parc. Nr. 764/1575-1576/1926 und 1984 beschriebene eine halbe urb. Session Extravillanum samt entfallendem Huttungsanteil und des grundbuchlich noch nicht einverleibten Kleegartens schuldenfrei auf ewig und immerwährende Zeiten als gemeinschaftliches Eigentum ihrer Kinder, den jungen Eheleuten Peter Hahn und Gattin Agnesz, geb. Szlavik, - die Mutter Barbara Hahn, geb. Rothen, aber übergibt von der in G.P.Z.924 der Gemeinde Billed unter A I Top.Parc. Nr. 955/a/1176-1177/a 1498/b, 1862/a und 2142/b beschriebenen halben urb. Session Extravillanum die ihr angehörige Hälfte samt Huttungs- und Kleegarten-Anteil ihrer Schwiegertochter Agnesz Hahn, geb. Szlavik, und geben beide Übergeber zugleich ihre Einwilligung , dass die Übernehmer sich das Eigentumsrecht hinzu auch im

Hans Martini

Grundbuche zu ihren Gunsten ohne alle ferneren Einvernehmungen einverleiben lassen können. 2. Die Eheleute Peter Hahn und Gattin Agnesz, geb. Szlavik, übernehmen oben bezeichnete Realitäten, treten aber erst am 1.Nov. Des Jahres 1911/elf/ in den faktischen Besitz und Genuss derselben, weshalb sie auch dann angefangen alle darauf entfallenden Abgaben und Lasten zu zahlen und zu leisten haben. Auch gibt die Mutter Barbara Hahn, geb. Rothen, ihren oben genannten Kindern Peter Hahn mit Gattin Agnesz, geb. Szlavik, den Betrag von 2.000 Kr. Gage (zweitausend Kronen), welcher Betrag am 1. Nov. 1911 /elf/ zu erlegen ist. 3. Die Übernehmer sind verpflichtet ihren Eltern, den Übergebern, auf deren Lebensdauer nach den oben beschriebenen Realitäten nachstehenden Vorbehalt alljährlich getreu und pünktlich alles zur gehörigen Zeit nach ortsüblichem Gebrauche verabzufolgen als: a) An die Eheleute Nikolausz Szlavik mit Gattin Elisabeta, geb. Bosch, nach der im G.P.Z. 1285 beschriebenen Realitäten nach dem Ableben der Eheleute Filip Puljer mit Gattin Barbara, geb. Szlavik, beginnend alljährlich 9,5/ neun ganze und einen halben/Meterzentner reinen Weizen, ebenso viel Kukuruz in Körnern und zwar ist der Weizen stets gelegentlich des Drusches, der Kukuruz aber im Monate März zu liefern; dann von vierzig Kreuz Weizen das Stroh und die Spreu und schließlich müssen die Vorbrhalts-Körner vermahlt oder auf die üblichen Verkaufsplätze verführt werden.


Rückblick Auch gebührt ihnen jener Teil des Kleegartens, welcher über einhundert Quadratklafter ist zur lebenslänglichen Nutznießung. Solange die Eheleute Filipp und Barbara Puljer aber leben, bekommen die genannten Eltern an Vorbehalt nur alljährlich anderthalb Meterzentner reiner Weizen, ebenso viel Kukuruz in Körnern und anstatt Stroh und Spreu alljährlich zehn Kronen Bargeld. b) An die Mutter, Witwe Barbara Hahn, geb. Rothen, nach der in G.P.Z. 924 beschriebenen ganzen halben urb. Session, nachdem auf deren anderen Hälfte der Übernehmer Peter Hahn als Eigentümer bereits erscheint nach dem Ableben der Witwe Barbara Mann, geb. Geiss, beginnend alljährlich 7,5 / sieben ganze und einen halben /Meterzentner reinen Weizen, ebenso viel Kukuruz in Körnern, und zwar ist der Weizen stets gelegentlich des Drusches, der Kukuruz aber im Monate März zu liefern; dann drei Fuhren Stroh, einen langen Wagen voll Spreu, einhundertfünfzig Bund Kukuruz-Laub; die Vorbehaltskörner vermahlen oder aber auf die üblichen Verkaufsplätze verfahren; dann das lebenslängliche Nutzungsrecht der Hälfte des Kleegartens und schließlich solange die Witwe Barbara Mann, geb. Geiss, lebt alljährlich zehn Kronen Bargeld. Die Übernehmer willigen hiermit auch ein, dass diese soeben beschriebenen Ausbedinge zugunsten der bezugsberechtigten Eltern grundbuchlich sichergestellt werden. 4. Für den Fall, wenn über kurz oder lang eins oder das andere der jungen Eheleute ohne Kinder zu hinterlassen absterben sollte, wurde festgesetzt, dass der Überlebende des ganzen vorhandenen Vermögens bleibt, ist jedoch verpflichtet, die Hälfte dieses Vermögens nach gepflogener gerichtlichen Schätzung in Barem an die Erben

109 des Verstorbenen zurück zu zahlen, und zwar die Hälfte dieser Hälfte sogleich , die andere Hälfte aber erst nach dem Ableben des Überlebenden. 5. Die bei diesemVertrage Vorkommenden, wie immer ihr Name, haben die Druckkosten an Schreib-, Stempel- und Bemessungsgebüheren zu tragen: Zur Hälfte die Eltern Nikolausz Szlavik mit Gattin Elisabeta, geb. Bosch, zur anderen Hälfte aber die Mutter Barbara Hahn, geb. Rothen. Urkunde dessen unsere eigenhändige Fertigung in Gegenwart der erbetenenZeugen. Billed, am 30. November 1909 Von uns als Zeugen: Unterschriften: Unterschriften Szlavik Nikolaus Schwarz Nikolaus Szlavik Elisabetha, geb. Bosch Tittampel Peter Barbara Hahn, geb.Rothen Groß Johann Übergeber Iacob Thöresz Hahn Peter Hahn Agnes, geb. Szlavik Übernehmer Anmerkung der Redaktion: Besucher aus Österreich haben anlässlich unserer 250Jahr-Feier bestätigt, dass es bei ihnen diese Art der Übergabs-Veträge zwischen den Generationen auch heute noch gibt. (Das Dokument wurde zur Verfügung gestellt von Johann Gehl, übertragen aus dem Altdeutschen von Hans Martini)


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Zwei Generationen der Bauernfamilie Muttar 1903 - Anna Muttar (geb. Glasz, 1875-1907), Jakob Muttar (1900-1991), Susanna Muttar (1896-1983) und Jakob Muttar (1869-1939)

R端ckblick

Bild rechts 1927 - Elisabeth Muttar (geb. Krogloth 1894-1974), Elisabetha (1927-1982), Adam Muttar (1924-1948) und Jakob Muttar (1900-1991)


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Theresa und Hans Fuss mit Tรถchtern Maria (11) und Anna (3) 1941. Hans Fuss starb im Alter von 74 Jahren in Billed, Theresa im Alter von 81 Jahren in Karlsruhe


Rückblick

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Übergabe-Vertrag aus dem Jahr 1920 5. März Legalisiert 594/1920 Thöresz Jakob- Sekretär, Siegel der Gemeinde Billed Altersversorgung der Bauern in Billed durch einen Vorbehalts-Übergabe-Vertrag welcher an zu Ende gehendem Jahre und Tage zwischen Katharina Thöresz, geb. Reiter und Anton Joszt mit Gattin Anna, geb. Mann, Billeder Insassen als Eltern und Übergeber einerseits, dann den jungen Eheleuten Josef Thöresz mit Gattin Anna, geb. Joszt, Billeder Insassen als Kinder und Übernehmer andererseits nachstehenderweise verabredet und rechtsgültig geschlossen wurde. 1. Es übergibt die Mutter Katharina Thöresz, geborene Reiter Cf.P.Z. 193 der Gemeinde Billed unter AI Top. Parc. Nr. 388/a- 389/896. 1244/1482-1483/1813 und 2119 beschriebene Realität, das ist vom Hause Cons. Nr. 108 und der dazu gehörigen urb. Session die ihr angehörige Hälfte ihren Kindern und zwar die Hälfte des Hauses ihrer Schwiegertochter Anna Thöresz, geb. Joszt allein, die Hälfte der ganzen Session Extravillanum samt entfallendem Huttungs- und Kleegarten-Anteil, aber ihren Kindern Josef Thöresz und Gattin Anna, geb. Joszt schuldenfrei auf ewig und immerwährende Zeiten als gemeinschaftliches Eigentum. Die Eltern Anton Joszt mit Gattin Anna, geb. Mann, Billeder Insassen, aber übergeben ihren Kindern, den jungen Eheleuten Josef Thöresz mit Gattin Anna, geb Joszt die in Cf. P.Z. 1176 der Gemeinde Billed unter Top. Parc. Nr. 1051/b, 1350/a, 1622/b, 1770/a und 1963/b aufgenommen eine halbe urb. Session Extravillanum samt

Hans Martini

entfallendem Huttungs- jedoch ohne Kleegarten-Anteil schuldenfrei auf ewig und immerwährende Zeiten als gemeinschaftliches Eigentum. Auch geben sie ihren benannten Kindern 10.000 K.- sage zehntausend Kronen - Bargeld, welches als Herauszahlung auf die Cf.P.Z. 193 enthaltenen und abgeschriebenen Realitäten zu Händen der Mutter Katharina Thöresz geb. Reiter kommt und als bereits bezahlt hiermit unter einem quittiert wird. 2. Josef Thöresz mit Gattin Anna, geb.Joszt übernahmen abbezeichnete Realitäten sogleich als ihr wahres und disponibles Eigentum, treten sogleich in den faktischen Besitz und Genuss derselben, weshalb sie auch von nun an alle darauf entfallenden Abgaben und Lasten zu zahlen und zu leisten haben und wird ihnen von Seite der Übergeber auch die Bewilligung erteilt, dass sie sich das Eigentumsrecht sichern auch im Grundbuche zu ihren Gunsten ohne aller ferneren Einvernehmung einverleiben lassen können. 3. Die Jungen sind verpflichtet ihren Eltern, den Übergebern Katharina Thöresz, geb. Reiter und Anton Joszt mit Gattin Anna, geb. Mann nachstehenden Vorbehalt alljährlich, getreu und pünktlich alles zur gehörigen Zeit nach ortsüblichem Gebrauche, solange einer von diesen lebt, vorabzufolgen und zwar: a) Nachdem Josef Thöresz auf die Hälfte der im Cf.P.Z. 193 entfallenden Realität als Grundbuch-Eigentümer bereits erscheint an die Mutter Katharina, geb. Reiter, nach dieser ganzen Realität alljährlich 15/fünfzehn Meterzentner reinen Weizen, ebenso viel Kukuruz in Körnern und


114 zwar ist der Weizen stets gelegentlich des Drusches, der Kukuruz im Monate März zu liefern- diese Körner in die Mühle oder auf die üblichen Verkaufsplätze führen und drei Kubikmeter Brennholz beiführen; dann vier Fuhren Stroh, zwei lange Wagen voll Spreu und 400 (vierhundert) Bund Kukuruzlaub. Als Wohnung gebührt ihr, solange der Vater, repektive Großvater Nikolaus Reiter, lebt, das gegen Haus Nr. 647 liegende Zimmer im übergebenen Haus, gemeinschaftliches Benutzungsrecht der Küche, des Kellers, der Waschküche, des Kesselhauses und des Regenwasserbrunnens, oberhalb des Zimmers der Boden, Platz im Stall für ein Stück Hornvieh, eine Abteilung im Schweinestall, genügend Platz im Hof und der Scheune zur Aufbewahrung von Stroh, Spreu, Kukuruzlaub und Brennmaterial; die gegen Haus Nr. 109 liegende Hälfte des Hausgartens, gemeinschaftliches Benutzungsrecht des jeweilig bestehenden Brunnens, der Boden- und Kellerstiege, der Toreinfahrt sowie sämtlicher Ein- und Ausgänge. Auch bekommen sie alljährlich acht Stück Hühner und 300 (dreihundert) Stück Eier, welche in vierteljährigen Raten zu liefern sind. Schließlich wird es der Mutter gestattet, den gegen Nr. 109 liegenden Teil des Hofes einzuzäunen und diesen Teil zu benutzen. Nach dem Tode des Nikolaus Reiter hat die Mutter dann jene Wohnung zu beziehen, welche dieser benutzte. b) An die Eltern Anton Joszt und Gattin Anna, geb. Mann alljährig 71/2 (sieben ganze und einen halben) Meterzentner reinen Weizen, ebenso viel Kukuruz in Körnern und zwar ist der Weizen stets gelegentlich des Drusches, der Kukuruz aber im Monat März zu liefern, diese Körner in die Mühle oder auf die üblichen Verkaufsplätze zu führen und drei Kubikmeter Brennholz beizu-

Rückblick führen, dann zwei Fuhren Stroh, ein langer Wagen voll Spreu und zweihundert Bund Kukuruzlaub. Die Übernehmer willigen hiermit auch ein, dass diese Ausbedinge zu Gunsten der bezugsberechtigten Eltern auf obige Realitäten grundbücherlich sichergestellt werden. 4. Für den Fall, wenn über kurz oder lang eins oder das andere der jungen Eheleute ohne Kinder zu hinterlassen absterben sollte, fällt die Hälfte des oben bezeichneten Grund-Eigentums der jungen bildenden ganzen Vermögens an die Erben des Verstorbenen zurück und zwar die Hälfte dieser Hälfte sogleich, die andere Hälfte aber erst nach dem Ableben des Überlebenden und bleibt der Überlebende im Besitze des übrigen etwa erwirtschafteten ganzen Vermögens. 5. Die Kosten dieses Vertrags sowie die zu bemessenden Gebühren zahlen die Übergabseltern gemeinschaftlich je zur Hälfte. Urkunde dessen die Fertigung der kontrahierenden Parteien in Gegenwart der erbetenen Zeugen. Billed, am 16. Mai 1920 Vor und als Zeugen Katharina Thöresz, geb. Reiter Schmidt Adam Joszt Anton Szlavik Johann Joszt Anna, geb. Mann Thöresz Jakob Übergeber Josef Slavik Josef Thöresz Anna Thöresz, geb Joszt Übernehmer Übertragen aus dem Altdeutschen/Sütterlin (Gotischen) von Hans Martini. Zur Verfügung gestellt von Josef Thöresz


Rückblick

Spinnräder seit der Ansiedlung (Aus der Heimatausstellung in Billed) Foto: Spinnreihe 1938 Der Hofkammerrat von Kempelen berichtet aus dem Banat in seiner Relation vom 10. Februar 1768: „Der

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Verwalter Knoll läßt sich sehr angelegen seyn, in seinen Colonien die Hanf- und Flachsspinnerey so viel möglich einzuführen, weswegen er auch hier zu Billied schon 211 Spinnräder ausgetheilet hat.“ Einsender: Fam. Koch/Schmidt


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Rückblick

Über den Billeder Kriegerverein

Hans und Elisabeth Martini

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as 2013 auf dem Dachboden von Familie Ferdinand und Anna Müller– Steppersch Vedr Feri und Wess Nantsch – aufgefundene Register des Krieger-Vereins ist für uns ein wertvolles Dokument, das uns einen Blick in die Zeit von 1904 bis 1940 gewährt, mit ihrer Mentalität und ihren Veränderungen. Als Spiegel der Aktivitäten des am 1. März 1904 gegründeten Kriegervereins, der auch in Krieger-Veteranen-Verein umbenannt wurde, spielte er neben den anderen etwa 10 Vereinen der Gemeinde Billed eine wichtige Rolle im gesellschaftlichen Leben. Ordentliche, unterstützende, Ehrenmitglieder und Musikanten des Kriegervereins zählten bis zu 100 Mitglieder, wobei die Zahl variierte je nach Umständen und Zeitereignissen. Es war ein Verein mit Statuten, Vereinsfahne, Uniformen, Gewehren, Patronentaschen, Leibriemen, ein Verein, der straff organisiert war: An der Spitze stand der Präses (der Gemeindegeistliche: Peter Uitz und danach Josef Untereiner), ihm zur Seite der Vize-Präses, dann der Oberkommandant, der Unterkommandant, 1-2 Zugskommandanten. Die Vereinsfahnen wurden in der Kirche aufbewahrt, bei jedem Ausrücken dort abgeholt und am Ende wieder gemeinsam zurückgebracht. Die Musikkapelle gehörte immer dazu, wurde dafür finanziell entlohnt, bei Aufmärschen und Beerdigungen adäquate Lieder zu spielen – meist war es die Braun-Kapelle. Demokratisch organisiert, wurden alle Funktionäre frei gewählt, jedoch auch Mitglieder, die sich nicht statutengemäß verhielten nach mehrmaligem Ermahnen aus dem Verein ausgeschlossen. Jährlich wurde der Vereinsdiener bestätigt oder neuge-

wählt und entsprechend den Benachrichtigungen (es gab noch kein Telefon oder Handy) bezüglich der Sitzungen oder sonstiger Veranstaltungen entlohnt. Die jährlichen Beiträge - es war ein selbsttragender Verein – waren gestaffelt je nachdem, ob es sich um ein Voll- , unterstützendes oder Ehrenmitglied handelte und wurde kontinuierlich erhöht. Für den Notfall konnte der Verein zinspflichtige Darlehen gewähren. Jährlich wurden (meist im Winter) ordentliche Generalversammlungen und außerordentliche Generalversammlungen nach Bedarf abgehalten, später Ausschusssitzungen. In den Wintermonaten war das Vereinslokal an Sonnund Feiertagen wie auch täglich abends geöffnet: eine halbe Stunde gab es jeweils eine Vorlesung, es lagen Zeitungen aus, man konnte Karten oder Billard spielen... 1911 wurde der Grundstein der vereinseigenen Bibliothek gelegt, die bei der Auflösung des Vereins (1940) an den Gewerbeverein abgetreten wurde mit dem Vermerk, dass ehemalige Mitglieder weiterhin diese Bücher einsehen können. Während des I. Weltkrieges gab es kein Parade-Ausrücken, jedoch heimgebrachte Gefallene wurden vom Verein feierlich beerdigt, im Krieg stehende Mitglieder wurden natürlich von fälligen Taxen befreit. 1917 und 1918 wurden auch keine Versammlungen abgehalten, doch 1919 wurde das Weiterbestehen des Vereins beschlossen. Verstorbenen Mitgliedern wurde in den Generalversammlungen protokollarisches Beileid ausgesprochen und den spendablen „Sponsoren“ des Vereins protokollarischer Dank.


Rückblick 1924 wurden die Vereins-Statuten ins Rumänische übersetzt und 1926 wurde eine Abordnung zum Temeswarer Divisionskommando mit dem Ansuchen geschickt, weiterhin die Uniform tragen zu dürfen. Ab 1931 hat der Verein neuverfasste Statuten und rückt ab 1936 nur noch zu Beerdigungen aus, nicht mehr wie früher auch zu weltlichen und kirchlichen Feiertagen. Trotz martialischer Bezeichnung hat der Krieger-Verein, später Krieger-VeteranenVerein, zur allgemeinen Unterhaltung auch Bälle organisiert. Anerkennend muss erwähnt werden, dass die beiden Schriftführer Lambert Thöresz (1904-1919) und Josef Neisz (1920-1940) bewundernswerte Schrift hinterlassen haben, dass nur ganz wenig durch die Umstände verwischt oder unleserlich gemacht wurde. Sie haben auch das ur-billedrische Jänner (Januar), Feber (Februar), Leicht (Beerdigung) u.a. festgehalten. Unter dem Druck der NSDAP wurden 1940 alle anderen Vereine der Gemeinde – außer ihren - aufgelöst. Im Vereinsprotokoll vom 13. Jänner wurde die Auflösung einstimmig angenommen: Die Vereinsfahne wurde der r./k. Kirche überlassen, die Bücher dem Gewerbeverein, das Vereinsheim der Feuerwehr. Die Vereinsmöbel wurden unter den Mitgliedern veräußert, die Vereinsgelder an die ordentlichen Mitglieder gleichmäßig verteilt. Eine Ära war zu Ende.

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Rückblick

Dorfrundgang 1924

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duard Schneider hat uns einen Bericht aus „Die Fackel“, einer Temeswarer Zeitschrift, Nr. 23 vom 08.06.1924 zur Verfügung gestellt. Darin beschreibt Heinrich Büchelbauer einen Spaziergang durch Billed. Der Reporter beschreibt zunächst die wechselnde Landschaft während der Bahnfart nach Billed in einem aus Güter- und Personenwagen zusammengesetzten Zug, der in jedem Bahnhof mit vielen „Roppern“ neu rangiert wird. In Billed wundert er sich, dass man „kein Mensch und keine Seele“ auf der Straße sieht. Eine alte Frau klärt ihn auf: die ganze Gemeinde sei in der Kirche, man habe mit vier Schimmeln einen blumenbekränzten Wagen von der Bahn in die Gemeinde gezogen, auf dem sich drei Glocken befanden. Die drei Glocken hatte man im Krieg eingeschmolzeen. Nun seien die Glocken wieder da, vier Schimmel hätten sie zur Kirche gezogen. Auf dem Weg zur Dorfmitte staunt der Reporter, dass am Sonntag alle Wirtshäuser geschlossen sind und bewundert die vielen Kegelbahnen am Straßenrand. Die Glocken beschreibt Büchelbauer wie folgt: „Die drei neuen Glocken, das Meisterwerk des Gußmeisters Neduhal Nr. 4647, 4648 und 4649 sind aus der Temesvar-Fabriker Rovotnyschen Glockengießerei. Die Kleinste ist 105 kg schwer, sie wurde von der Schwäbischen Zentralbank gespendet. Die mittlere (Halbmess) wiegt 173,5 kg und wurde von den Billeder Amerikaner bezahlt. Die große Glocke, (Neugroß oder Mittagsglocke) mit 340 kg, hat die Gemeinde gekauft. Die Großalt oder Groß mit 792 kg von Bischof Bonanz gestiftet, wurde nicht eingeschmolzen. Morgen werden sie in den Turm gezogen - schreibt Bü-

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chelbauer weiter - und Donnerstag am Gedenktage der Opfer des Krieges, am sogenannten Heldentag, werden sie zum ersten Mal läuten. Sie werden hoch oben läuten. Und unten vor der Kirche, dort wo jetzt ein in Plachen gehülltes, mit Stricken umbundenes Denkmal steht, das Denkmal des Steinmetzers Reinert, das am Donnerstag enthüllt werden wird, dort werden die Billeder Witwen und Waisen, die Väter, Mütter, Schwestern und Bräute schluchzend stehen und den armen Gatten, Vater, Sohn, Bruder und Bräutigam beweinen, der nicht mehr heimkehrte... Sie werden tränenden Auges die Goldbuchstaben des Namens ihres teuren Toten lesen ... Nie sollen die neuen Glocken Sturm läuten, nie mehr soll es Krieg geben. Nie mehr!“ schreibt Büchelbauer. Ein guter Wunsch des Reporters, der sicher den Billedern aus der Seele geschrieben war. Nur 15 Jahre später brennt es in Europa erneut. Am 5. Juni 1924 wurde das Kriegerdenkmal durch Bischof Augustin Pacha und Domherr Josef Unterreiner unter Beteiligung der ganzen Dorfgemeinschaft geweiht. Das Glockengeläut aller vier Glocken leitete die Weihefeierlichkeit ein. Von seinem Rundgang durch Billed berichtet der Reporter noch über die Versteigerung des Haushaltes eines Auswanderers, über die bemalten Hausgänge, von Fischfang an der Sauerländer Brücke und vom großen sintflutartigen Regen mit dem alles vernichtenden Hagel am 16. Mai 1924, der nicht nur Pflanzen zerfetzte, sondern auch hunderte Kleintiere erschlug.


Rückblick

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Abbildungen 1. Denkmalenthüllung für die Gefallenen des 1. Weltkrieges. Als die Billeder am 5. Juni 1924 das Kriegerdenkmal für die 124 Gefallenen des Weltkrieges feierlich enthüllten, waren sie, ohne ihr Dorf verlassen zu haben, von vormals ungarischen, nun schon seit 5 Jahren rumänische Staatsbürger. 2. Glockeaufziehen 1924


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Rückblick

Renovierung der Billeder Kirche August 2007 - Oktober 2008

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ie Kirche St. Michael in Billed wurde in den Jahren 1775-1777 erbaut. Ihre ursprüngliche Form war dem Barockstil angelehnt, wie die meisten Kirchen jener Zeit im Banat, so wie z.B. die Perjamoscher Kirche heute noch aussieht. Die Kosten und der Materialaufwand des Erstbaues sind gut bekannt. Dagegen wurden bisher noch keine Unterlagen über den Erweiterungsbau von 1833 gefunden. Damals wurden die beiden seitlichen Querschiffe angebaut, das Mittelschiff und der Turm wurden erhöht, der Kirchenbau erhielt die heutige, dem Klassizismus angelehnte Form, mit je einem Dreieckfries in den drei Giebeln, mit Bogenfenstern und griechischen Pilastern. Leider sind im Kirchenarchiv keine Unterlagen über weitere Kirchenrenovierungen. Ob im 19. Jahrhundert nochmals eine Kirchenrenovierung stattgefunden hat, ist nicht bekannt. Über die Renovierungen im 20. Jahrhundert sind auch keine Dokumente zu finden. Wir wissen aber, dass die Kirche in den Jahren 1927-1928 innen und außen gründlich überholt wurde und innen neu ausgemalt wurde. Die Verblechung des Turmes und das Turmkreuz wurden erneuert. Die vorletzte Renovierung der Kirche fand unter Pfarrer Dietrich 1975-1976 statt. Damals wurden das Blechdach der Seitenschiffe und die Dachrinnen erneuert, der Außenputz wurde ausgebessert und teils erneuert, die schadhaft gewordene Bemalung am Tonnengewölbe und an den Innenwänden wurde überstrichen. Auch der Dachstuhl wurde durch das Einlegen kräftiger Stahlbetonüberzüge gefestigt. Leider konnte man die damals zum Teil schon schadhaften Dachziegel nicht erneuern. Auch

gegen das Hochziehen von Grundwasser hatte man noch kein probates Mittel gefunden, zumal die Mauern keine horizontale Wassersperre haben. In den letzten 3-4 Jahren ist wegen schadhaften Dachziegeln Wasser eingedrungen und auf die Tonnendecke gelaufen, es bestand die Gefahr, dass die Holzkonstruktion des Tonnengewölbes Schaden nimmt und einstürzt. Der Außenputz hatte unten durch das Hochdringen von Grundwasser und im oberen Bereich wegen verrosteten Dachrinnen Schaden genommen und war unansehnlich geworden. Von Fachleuten wurde festgestellt, dass das Ziegeldach erneuert werden muss, die Blechabdeckungen stellenweise repariert und gänzlich fachgerecht neu gestrichen werden müssen, dass die Dachrinnen erneuert werden müssen und dass, bevor ein neuer Verputz aufgetragen wird, eine horizontale Feuchtigkeitssperre angebracht werden muss. In der zweiten Augusthälfte 2007 wurde mit den Renovierungsarbeiten begonnen. Die Erneuerung der Dacheindeckung, die Isolierung des Mauerwerkes, Reparatur und Streichen aller Blechabdeckungen einschließlich der Turmhaube, Erneuerung der Dachrinnen, Reparatur und Streichen des Turmes konnten noch im Oktober 2007 abgeschlossen werden. Mit dem Beginn der Gutwetterperiode im Jahre 2008 wurden die Arbeiten mit dem Verputzen am Unterteil des Mauerwerkes fortgesetzt, zum Schutz des Mauerwerkes wurde der Außenwand entlang ein Betonstreifen von 60 cm Breite gegossen. Diese Arbeiten wurden noch im Mai 2008 abgeschlossen. Beim Streichen der Außenwände kam es dann zu Verzögerungen.


Rückblick

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Innenaufnahme der Kirche aus den 1960er Jahren von Jakob Thöress Im Gegensatz zu dem vertraglich festgelegten Zeitplan begannen diese Arbeiten erst nach dem Austausch zweier Arbeitsgruppen Mitte September und konnten am 4. November 2008 abgeschlossen werden. Die Endabnahme der Arbeiten erfolgte durch die leitende Architektin der Diözese, Frau Ramona Ehrenberger, Herrn Pfarrer Bonaventura Dumea, Herrn Adam Csonti und Peter Krier. Einige Mängel mussten von der ausführenden Firma nachgebessert werden.

Die Arbeitsmengen ergaben sich aus den Hauptabmessungen der Kirche: Bezugnehmend auf die Sohle des Eingangsportals hat die Dachtraufkante eine Höhe von 10,15 m, die Spitzen der drei Giebel sind 13,40 m hoch, die Unterkante der Turmhaube ist 24,0 m hoch, die Unterkanten der „Vier Löcher“ sind 29,83 m hoch, das obere Ende des Turmkreuzes erreicht die Höhe von 36,40 m. Die Firsthöhe des Ziegeldaches beträgt 14,31 m, die Kirche ist 44 m lang,


122 das Mittelschiff hat eine Breite von 12,16 m, mit den beiden Seitenschiffen ist die Kirche 24 m breit. Folgende Mengen wurden bearbeitet: • 450 m² Ziegeldach wurden erneuert. Dafür wurden 4.500 Dachziegel und 170 Firstziegel der Firma Bramac, Tip Donau verwendet. Wegen dem größeren Gewicht der Dachziegel wurden neue stärkere Dachlatten aufgeschlagen, geschwächte Sparren wurden versteift. Jeder 3-4 Dachziegel wurde aufgeschraubt, die Anschlüsse an die Blechabdeckungen und an das Mauerwerk liegen gleitfähig in einem U-Profil. • 640 m² Blechabdeckung am Turm, auf den Seitenschiffen, Dachübergängen und Mauerbänken wurden gereinigt, ausgebessert, grundiert und gestrichen. • 163 m Dachrinne und 30m Fallrohre wurden erneuert. • 174 m Mauerwerk innen und außen von 90, an den Pfeilern 140 cm Dicke wurden horizontal gegen aufdringende Feuchtigkeit mit dem Isotek – Verfahren isoliert. Dafür mussten 1450 Löcher durch die dicken Wände gebohrt werden, in die, nach dem Trocknen, 4 Tonnen heißes Paraffin eingespritzt wurde. • Der Außenputz wurde bis zu einer Höhe von 1,50 bis 1,80 m abgeklopft. Die Fläche wurde mit einem Haftmörtel gestrichen, darauf wurde die Mörtelschicht – Multipat - aufgetragen, worauf eine Oberschicht aus Dünnbettmörtel - Tinci - gerieben wurde. • Um die Außenmauer wurde auf 154 m Länge ein Betonstreifen von 60 cm Breite gegossen. • 1.900 m² Außenmauer wurden gereinigt, alte Farbschichten und schlechte Putzschichten wurden mit einem Hochdruckreiniger oder manuell abgetragen, stellenweise wurde ein Glasfasergewebe angebracht, die Flächen wurden mit einem Tiefengrund eingelassen, worauf die Grundierung gestrichen wurde, auf die

Rückblick letztlich die obere Farbschicht aufgetragen wurde. Verwendet wurde österreichische Qualitätsfarbe der Firma Baumit. Folgende Kosten sind bei den Renovierungsarbeiten entstanden: • Ziegeldach Erneuern, Fa. Ulmeanu, 8.985 € • Blechdach, Reparatur und Streichen, Fa. Schüssler, 1.162 € • Dachrinnen Erneuern, Fa. Schüssler, 1.421 € • Turmhaube und Turm Rep. und Streichen, Fa. Alpconstruct, 1.660 € • Mörtel Abklopfen, Fa. Ulmeanu, 440 € • Mauerisolierung, Arbeitslohn, Fa. Oprea, 2.038 € • Mauerisolierung, Paraffinschicht, Fa. isotec Nürnberg, 11.250 € • Verputzen Mauerwerk, Betonstreifen , Fa. Ulmeanu, 2.890 € • Außenwand Ausbessern, Grundieren, Streichen Fa. Alpconstruct, 10.671 € • Sand, 202 € • Spritkosten, 377 € • Stromkosten, 500 € Summe: 42.998 € Diese Ausgaben wurden durch folgende Einnahmen finanziert: • Verkauf Dachziegel, 711 € • Spenden der Gläubigen in Billed, 2.449 € • Beitrag der Gemeinde Billed, Baumaterial, 1.428 € • Zuwendung Kultusministerium Bukarest über die Diözese, 8.571 € • Spenden der Landsleute in Deutschland und anderen Ländern, 30.463 € Summe : 43.622 €


Rückblick Die 234 Jahre alte Kirche St. Michael in Billed ist als Gotteshaus, Glaubenszeugnis, Geschichtsund Kulturdenkmal, immer noch das größte, nun auch wieder schönste Gebäude Billeds. Ihre Bausubstanz ist nun wieder für viele Jahrzehnte gesichert, wenn die notwendigen Pflegearbeiten, insbesondere an Dach und Dachrinnen, laufend durchgeführt werden, denn die meterdicken Mauern sind für die Ewigkeit gebaut. Letzte Spenden für die Billeder Kirche: Elisabeth Blum Hockenheim 50.-€ Alfred Bai Hockenheim 50.-€

Innenaufnahme der Kirche aus den 1960er Jahren von Jakob Thöress

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Weitere Details zur Baragandeportation

I

n dem 2001 in Rumänien herausgegebenen Buch „Deportații în Bărăgan 1951-1956” gibt es betreffend der Statistik von Însurăţei Noi (Rubla, offiziell Valea Calmatuiului), Bărăgan, Unstimmigkeiten. Daher eine Tabelle mit den, nach meinen Recherchen, korrekten Daten die nach den Aufzeichnungen folgender Personen zustande gekommen sind: • Billed: Josef Herbst • Bogarosch: Familie Hans Schmidt • Großjetscha: Krogloth und Gehl • Perjamosch: Ilse Rennich-Jung • Orschova: Susi Tartia-Kapdepo Die Daten der anderen Ortschaften in der Tabelle stammen von dem Billeder Peter Schwarz, der 1955 im Bărăgan Zugang zu Verwaltungsunterlagen hatte. Sie decken sich im Großen und Ganzen mit den Statistiken aus dem erwähnten Buch. Aus Billed wurden am 18. Juni 1951 insgesamt 364 Familien mit 986 Personen zwangsverschleppt, darunter 213 deutsche Familien mit 506 Personen von denen 57 dort verstorben sind. Es gab 18 Eheschließungen und 24 Geburte. Gesetzesmäßig hätten insbesondere ehemalige Kaufleute, Gastwirte, Großbauern, Fabrikanten, ehemalige Angehörige der Deutschen Armee u.a. deportiert werden sollen. Über die ursprünglich Aufgelisteten 369 Familien mit 1003 Personen sollte zuletzt noch eine Kommission der Gemeindeverwaltung abstimmen. Diese tagte Mitte Juni 1951 im Gemeindehaus bis spät in die Nacht. Sie bestand aus 11 Personen: 6 rumänischer, 3

Josef Herbst

deutscher und eine ungarischer Nationalität sowie einem Offizier des gefürchteten Geheimdienstes „Securitate“. Eines der Kommissions-Mitglieder, am Lebensabend erkrankt und von Gewissensbissen geplagt, erzählte mir Details über diese Nacht, in der über das Schicksal vieler Billeder entschieden wurde. Denn die Frage, aus welchen Gründen manche verschleppt wurden und andere nicht, steht bis heute im Raum. Wer beim Abhaken der Liste der zu Deportierenden mit „Nein“ stimmte, musste das begründen und eine ErsatzDeportationsfamilie vorschlagen. Die meisten „Neins“ brachte Sabin Bec, LPG-Vorsitzender, ein. Für über ein Dutzend Familien sind schließlich andere den Weg in die Verbannung gegangen. Wie sich herausstellte, waren die Gründe vielschichtig: Fachkräftemangel mancher Betriebe, persönliche und verwandtschaftliche Beziehungen, natio­nalistische Ansichten und Bestechung. Gheorghe Tasca, den ich als Rettungsfahrer in die Psychiatrie befördert hatte, bekam von den Ärzten den Rat, sich jemandem anzuvertrauen. Denn auch er hatte bei einer Familie mit „Nein“ gestimmt und eine andere als Ersatz vorgeschlagen. Zwei Personen dieser Familie sind danach im Baragan tragisch ums Leben gekommen, eine hatte sich das Leben genommen: sie sprang in den Brunnen. Die Mitglieder der ehemaligen, geheimen DeportationsKommission sind mir durch den Augenzeugen namentlich bekannt, sie leben heute nicht mehr. Durch Rücksicht auf deren Nachkommen sind hier jedoch keine Namen genannt.


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Richtigstellungen einiger Statistiken von Însurăţei Noi (Rubla, offiziell Valea Calmatuiului), Bărăgan, betreffend das 2001 in Rumänien herausgegebene Buch „Deportații în Bărăgan 1951-1956” Seite

Ort

27 53 95 193 206 275 339 386 454 455 477 478 479 495 502 507 508 511 516 524 529 529 530 553 575

Billed Bogarosch Großkomlosch Großjetscha Ivanda Perjamosch Groß St. Peter Triebswetter Pojejena Radimna Ada-Kaleh Baia Noua Balta Verde Floresti Ieselnita Jupalnic Lupsa Orschova Plavisenita Ruptura Svinita Strehaia Tisovita Bistra Supalnic Gesamt

Familien 55 61 1 46 3 66 1 1 9 1 7 2 3 8 10 4 6 29 1 10 1 2 1 1 1 330

Anzahl der Personen nach Nationalität Rumänen Deutsche Serben Juden Türken 8 112 7 115 4 128 2 4 43 118 2 1 20 22 5 3 19 3 4 3 37 38 10 11 42 18 4 7 7 25 2 2 1 2 2 272 504 26 7 19


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Der grausame Lakl

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ei uns ist ein Lakl ein großgewordener starker Junge, ein Lakl kann auch ein kräftiger Mann, aber auch ein großer Fisch sein. Obwohl unsere Mundart von allen deutschen Dialekten dem Pfälzischen am nächsten steht, ist in der Pfalz der Lakl etwas ganz anderes. Sucht man nach Ursachen, die unsere Vorfahren vor 250 Jahren oder später veranlassten, ihre Heimat im Westen des Reiches zu verlassen und ins Ungewisse, in eine unkultivierte, unbekannte, fremde Region zu ziehen, werden neben Fürstenunterdrückung, willkürlicher Herrschaft, oft Armut und fast immer die brandschatzenden Einfälle der Franzosen genannt. Als die Enkel Karls des Großen sein Erbe 843 im Vertrag von Verdun aufteilten, wurde das Frankenreich in drei Herrschaftsbereiche geteilt, in ein westliches Königsreich, dem späteren Frankreich, einem mittleren Teil, dem Königreich Lothringen und einem östlichen Teil, dem Königsreich Ludwigs des Deutschen. Das Kaiserreich der Franken sollte als Einheit erhalten bleiben, aufgeteilt wurden nur die Herrschaftsbereiche. Doch nach dem Tode Lothars I. folgte schon, nach nur zwölf Jahren, die stückweise Aufteilung des mittleren Reichsteiles zwischen den beiden Königreichen und anderen Herrschaftsbereichen im damaligen Lothringen. Damit war jene Reibungsfläche entstanden, die zu einer tausendjährigen Feindschaft zwischen Deutschland und Frankreich führte, mit vielen Kriegen und territorialen Verschiebungen. Besonders grausam waren die Einfälle der Franzosen in der Regierungszeit Ludwigs des XIV. Der „Sonnenkönig“, wie Ludwig auch genannt wurde, hat Versailles erbauen lassen, Paris neu gestaltet, die Wirtschaft, Kunst

Peter Krier

und Kultur gefördert. Er hat Frankreich 54 Jahre absolutistisch regiert, „Der Staat bin ich“, soll er gesagt haben. Viele Fürsten und Kleinfürsten versuchten, ihn und seinen Lebensstil nachzuahmen. Doch dieser Ludwig wird in der Geschichte auch als Mordbrenner vermerkt. Mehrmals ließ Ludwig seine Armee in die westlichen deutschen Länder einfallen, führte Vernichtungskriege in der Pfalz, in Baden, im Rheinland, an der Saar und Mosel. Zwischen 1688 und 1714 tobte der sogenannte Pfälzische Erbfolgekrieg, der auch später wieder aufflammte und sich bis 1793 fortsetzte. Gerade mal ein Viertel der Bevölkerung hat in der Pfalz und in Baden die Franzoseneinfälle überlebt, Heidelberg wurden gleich zweimal niedergebrannt. Worms, Speyer, Mannheim und viele andere Städte wurden in Schutt und Asche gelegt. „Brennt die Pfalz nieder“ soll Ludwig seinen Soldaten befohlen haben. Städte, Klöster, Häuser, auch das Vieh, Felder und Weinberge wurden vernichtet. Unter den Anführern dieser Grausamkeiten tat sich besonders General Ezechiel Melac hervor, dessen Name die Pfälzer auf Lakl gekürzt haben und darunter einen Gewaltmensch, einen Schlächter verstehen. Erst als durch die Siege Prinz Eugens die Ostgrenze des Reiches gesichert war, konnte sich dieser mit den Franzosen auseinandersetzen und sie zum Frieden zwingen. Grausame Kriege zwischen Deutschland und Frankreich gab es aber immer wieder. Erst nach dem letzten großen Krieg versöhnten sich die beiden Brudervölker und bildeten mit ihrer Versöhnung den Grundstein des vereinten Europas. Wenn wir heute, 250 Jahre nach der Gründung Billeds, auf die Herkunft der Siedler zurückblicken, stellen wir


Rückblick fest, dass 1774 von den 250 im Grundbuch als Hausund Grundeigentümer eingetragenen Familien 196, dies sind 78%, aus der Pfalz, aus der Rheinprovinz, aus Baden, Trier, Elsass und Lothringen kamen. Sie hatten zum Teil selbst noch die Franzoseneinfälle er-

Siedlerhaus, Aquarell von Stefan Jäger

127 lebt, die Kunde von den Marodeuren, der Schrecken in der Bevölkerung hielten sich über Generationen und waren mit Antrieb zur Auswanderung ins Banat, mit der Hoffnung, dort in Frieden und Freiheit eine neue Heimat zu erwerben.


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Bauernhochzeit 1930 Auf dem Weg zur kirchlichen Trauung bei der Hochzeitsfeier von Franz Slavik und Maria Lahni im Sommer 1930 im Hof der Braut (459). Braut und Bräutigam werden von nahen Verwandten zum Altar geführt.

Die Jugend hatte zu jener Zeit die Dorftracht schon abgelegt, sie kleidete und frisierte sich modisch. Bemerkenswert ist, dass die verheirateten Frauen, trotz mondäner Kleidung und Haarschnitt, Kopftücher tragen.


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„Brosit auf Amerika“ Die Aufnahme entstand drei Jahre nach der Hochzeit. Franz Slavik (mit Weinflasche) mit Ehegattin Maria (mit Kuchen­ teller) und Sohn Franz (unter den Kindern in der Mitte) besuchen mit ihrem CITROEN B2 seine Eltern, rechts im Bild, in der Viertgasse (113). Mit dabei sind Verwandte und

Nachbarn. Auf dem Schild vor den Kindern steht „Brosit auf Amerika“. Das Foto ist ein Gruß an Landsleute, die damals in großer Anzahl nach Amerika reisten, um mit dem dort verdienten Geld sich in der Heimat eine nachhaltige Exis­ tenz aufzubauen.


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Billeder Tennisclub Der Billeder Tennisclub, 1929 gegründet, auf dem Tennisplatz im Park auf der gegenüberliegenden Seite des Bahnhofs. Mehrheitlich waren seine Mitglieder Intellektuelle, im Dorf „Herrische“ genannt. Zwischen den Großgemeinden der Banater Heide wurden regelmäßig Turniere veranstaltet


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Mitglieder des Billeder Tennisclubs 1930


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Erwerbstätigkeiten in den 60er Jahren Arbeit an der Dreschmaschine der LPG in den 60er Jahren. Die Arbeit war hart, durch Misswirtschaft und staatliche Bevormundung der Verdienst immer geringer. Wer konnte, suchte sich Arbeit in einer Fabrik oder als Handwerker in einer „Kooperative“.


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Erwerbst채tigkeiten in den 60er Jahren Knochenharte Jobs als Transportarbeiter in der Kollektivwirtschaft in den 1950/60er Jahren. Die jungen Generationen werden sich neu orientieren und als Fabrikarbeiter in Temeswar ihren Lebensunterhalt mit angemessenerem Entgelt bestreiten.


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Billeder Tabak Billed war eine der von der staatlichen Monopolgesellschaft ausgesuchten Ortschaften, in denen der Tabakanbau genehmigt wurde. „Billeder Tabak“ war ein Begriff, schon Ferdinand I, König von Rumänien, hatte ihn bei seinem Besuch 1923 gekostet. Die Tradition wurde auch in der LPG fortgesetzt, Mitte März wurde mit den Mistbeeten begonnen. Wenn dann die Pflanzen soweit gediehen waren, konnte mit dem Anpflanzen begonnen werden.

1. Pflanzen der Tabaksetzlinge. Bei länger anhaltender Trockenheit musste öfters gegossen werden. In jeder Tabaksplantage wurde extra ein Brunnen gebohrt. Foto 60er Jahre aus dem Nachlass von Jakob Thöresz. 2. und 3. Tabakbau bei der Landwirschaftlichen Versuchsstation von Ing. Angheluta. Im sogenannten „Kleinen Flur“ wurden unter anderen auch Tabaksorten gezüchtet. 8-10 Billeder fanden in dem Staatsbetrieb Beschäftigung.


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Tabakbauer in der Morgensonne 1965 Johann Keller, im Bild 2ter von links, ist zusammen mit Ehefrau Elisabeth aus den USA zu Besuch bei seinen Angehörigen. Die sind sozusagen hinter dem Eisernen Vorhang im kommunis­tischen Ostblock eingesperrt. Ihre enteigneten Fel­ der können sie weiterhin zugute der Kollektivwirtschaft bearbeiten. Eine dieser Arbeiten ist der Tabakbau. Größtenteils sind Frauen damit beschäftigt, viele von ihnen

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waren früher eigenständige Bäuerinnen. Die Landarbeiter sind in Mannschaf­ten und Brigaden nach sowjetischem Muster organisiert. Die Tabakblätter müssen, um die Weiterverarbeitung zu gewährleisten, noch bevor es warm wird, abgepflückt werden. Die Bauern machen sich daher noch vor der Morgenröte auf den Weg.


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Begegnung vor dem Mittagessen 1963 Die Krautköpfe aus der Gärtnerei der Kollektivwirtschaft werden zur Verladerampe am Bahnhof transportiert. Die Aufnahme von Johann Keller in der prallen Mittagssonne ist das älteste, uns bekannte Farbbild aus dem Dorfleben der 60er Jahre. Möglicherweise hatte die Aufnahme für Johann Keller eine weitere Bedeutung. Denn hier hatten sich zufällig Landsleu-

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te getroffen, die, typisch für die Banater Schwaben, tagelang über ihr Schicksal hätten erzählen können. Der eine war im 2. Weltkrieg beim deutschen Militär und danach Kriegsgefangener, der andere Zwangsarbeiter in der Sowjetunion, und, Johann Keller selbst, 1944 vor der roten Armee geflüchtet, lebt nun in den USA. Viel Zeit hatten sie nicht, denn in Billed war Punkt 12 Mittagessen. Text: Hans Rothgerber


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Tabakeinreihen im Hochsommer Beim „Tuwackinreihe“ wurden die Tabakblätter auf Schnüren eingereiht, im Hinterhof an ein entsprechendes Holzgerüst zum Trocknen aufgehängt und nachher bis zum Büscheln im Schuppen aufbewahrt. Die klebrig-schmutzige Arbeit war mit Geselligkeit verbunden und wurde oft auch zu Hause mit Familienunterstützung, nach dem Mittagessen bis in die frühen Abendstun-

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den, durchgeführt. In den 6-8 Wochen Erntezeit waren hunderte Billeder in die Arbeiten mit den Tabakblättern eingebunden. Der Sommertag mag auch im Schatten außerordentlich schweißtreibend gewesen sein. Denn die Omas, stets auf Haltung bedacht, hatten ihre Kopftücher abgelegt.


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Tabakbüscheln im November „Tuwakbischle“ in der LPG der 1960er Jahre. Im Spätherbst begann das Zusammenlegen. Jedes einzelne Blatt wurde nach Sorten sorgfältig sortiert, aufeinandergelegt und an den Rippen mit Bast zusammengebunden. Die Parteipropaganda umjubelte die fleißigen Bauern der Banater Heide als die neuen „Millionäre“ im Banat. Sie hatten im Landesvergleich die mit Abstand bes­ten Ergebnisse erzielt. Über sie wurde 1961 in Billed für die Wochenschau ein 35 minütiger Dokumentarfilm mit einer

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hochkarätigen Starbesetzung gedreht - freilich durch die Linse der damaligen kommunistischen Ideologie. Auch eine Ikone des Literaturbetriebes wurde in die Banater Heide entsendet, es entstand die Reportage „Die Straße der Millionäre“, Auszüge daraus wurden sogar in die Schulbücher übernommen. Später reichte die Rente der Kollektivbauern bei weitem nicht zum Lebensunterhalt. Sie werden ihren Lebensabend weitgehend als Selbstversorger meistern. Text: Hans Rothgerber


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Banater Delikatesse für West-Besucher 1965 Die kommunistischen Machthaber hatten allen Grund WestBesucher wie der Teufel das Weihwasser zu scheuen. Denn deren greifbarer Wohlstand offenbar­te jedem Kind, wie hoffnungslos es um die sozialistische Wirtschaft bestellt war. Aber die brauchte dringend West-Devisen.

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Die Familie Schortje, Bildmitte, hatte auch an dem gewaltigen Kreuz getragen: 5 Jahre Zwangsarbeit in der Sow­­jet­union, ihr Sohn Nikolaus, rechts im Bild, blieb als Kleinkind zurück. Harte Arbeit ist ihnen ins Gesicht geschrieben und sie können ihren Gästen eine Banater Delikatesse auftischen: gefüllte Paprikaschoten mit Tomatensoße.


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Tabakeinreihen mit Gästen 1975 Die Schortjes sind wie viele Billeder als Tabakbauer in der Kollektivwirtschaft beschäftigt, für die sie in Heimarbeit die am frühen Morgen auf den Feldern geernteten Tabakblätter auf Schnüren zum Trocknen einreihen. Für die Arbeiten rund um den Tabak gibt es von April bis Jahresende weder

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Aufschub noch Urlaub, auch nicht wenn Verwandte über 1.000 km aus dem Westen angereist sind. Georg Schortje, 2ter von rechts, hat die Zigaretten seiner Gäste probiert. Als Tabakbauer raucht er jedoch seinen Selbstgemachten, leidenschaftlich. Text: Hans Rothgerber


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Trachtenumzug bei Neuschnee 1970 Nach der totalitären, stalinistischen Herrschaft in Rumänien in den 40er und 50er Jahren folgte eine politisch und kulturell relativ liberale Entspannungsperiode, die als Tauwetter bezeichnet wird. Politisch war nun die Folklore der mitwohnenden Nationalitäten erwünscht. So kamen auch in Billed mehrere Trachtenbälle in Anlehnung an die Schwabenbälle der 30er Jahre zustande. Auch damals hatte man die Folklore entdeckt.

In den 70er Jahren setzte sich jedoch die nationalkommunistische, neostalinistische Diktatur Nicolae Ceaușescus durch. 1. und 3. Umzug mit insgesamt 53 Trachtenpaaren bei starkem Schneefall auf der Hauptgasse vor dem Gemeindehaus. 2. Aufmarsch mit Choreographie im Kulturheim. Einsender: Fam. Schmidt / Koch


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Trachtenumzug 1971 Umzug mit 48 Trachtenpaaren im Februar durch die Billeder Hauptgasse. Nikolaus und Katharina Thöress mit Kirchweihstrauß an der Spitze. Kein passendes Wetter zu den schönen Trachten, aber der Umzug ist nicht mehr weit vom Kulturheim, wo der weitere Trachtenball dann in trockenen Tüchern abläuft.


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Trachtenumzug 1972 Trachtenumzug mit anschließendem Trachtenball der erwachsenen Männer und Frauen mit insgesamt 30 Trachtenpaaren. Aufnahme im Hof des Kulturheimes von Johann Keller aus den USA. Im Bild die Rückenansicht der dunklen Billeder Frauentracht vor etwa 100 Jahren, Schurak genannt, inmitten von bunten Kirchweihtrachten.


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Reisen

Kein goldener Oktober in der goldenen Stadt Prag Banater Reisegruppe in Böhmen

Elisabeth Martini

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raditionsgemäß trieb der Herbstwind nicht nur die Blätter von den Bäumen, sondern auch die reiselustigen Banater (auch einige Nicht-Banater) am 7. Oktober von Karlsruhe aus nach Osten, nach Tschechien. Mit dem Wettergott hatten wir ausnahmsweise mal kein positives Abkommen: Es regnete unterwegs und auch am ersten Tag in Pilsen, wo die 90-köpfige Reisegesellschaft noch optimistisch Zwischenstation machte. Wir besichtigten die 1842 gegründete Pilsner Urquell Brauerei, die heute zu den tschechischen Symbolen gehört, Inspiration und Vorbild für mehr als zwei Drittel aller weltweit hergestellten Biere mit der Bezeichnung Pils, Pilsner und Pilsener war und ist. Wir erfuhren manches über Geschichte und Herstellung des Urquell Biers, besichtigten das historische und heutige Sudhaus, gingen staunend durch die Rohstoff-Ausstellung, den Kinosaal und die Ausstellung „Menschen vom Pilsner Urquell“. Als Höhepunkt des Aufenthalts hier konnte die Reisegesellschaft – je nach Durst – im historischen Brauereikeller das „einzigartige unfiltrierte und nicht pasteurisierte Pilsner Urquell Bier“ direkt vom Lagerfass aus Eichenholz probieren. Das dürfen nur Personen ab vollendetem 18. Lebensjahr! Das Bier schmeckte vortrefflich, sodass einige auch Nachschlag nahmen. Der Geschenkladen hier sprach wenige an, für das Brauerei-Restaurant mit seinen 550 Sitzplätzen war keine Zeit, obwohl traditionelle böhmische Küche schon so manchen hätte verlocken können. Die goldene Stadt Prag erlebten wir am zweiten Tag auch bei Regen, sodass sie uns weniger golden erschien,

doch auch schön. Geführt wurden wir durch die Kleinseite (Mala Strana), die in ihren Ursprüngen mehr als 1.000 Jahre alt ist, viel Leid und viele Veränderungen als Vorfeld zur Verteidigung der Burg erlitt. Auf Brandruinen wurden prächtige Renaissance-Gebäude errichtet. Nach der Schlacht am Weißen Berg mauserte sich die Kleinseite während der Herrschaft der Habsburger. Die Barockära veränderte das Antlitz der Kleinseite und wurde 1784 mit den drei anderen historischen Prager Städten zur Großstadt vereint, hat trotzdem noch verwinkelte Gassen, auch stolze Paläste, stille Gärten. Sie ist „das leise Herz der pulsierenden Großstadt“, die mit 1,2 Millionen Einwohnern mehr als ein Zehntel der Gesamtbevölkerung Tschechiens zählt. Unsere Besichtigung der barocken Kirche „Maria vom Siege“ mit dem gnadenreichen Prager Jesulein – eine aus Spanien stammende, in kostbare Gewänder gehüllte Wachsfigur aus dem 16.Jh., die weltweit als wundertätig verehrt wird – hat viele von uns auch durch die goldstrahlenden barocken Seitenaltäre beeindruckt. Lange bevor Prag Hausnummern hatte, prangte auf fast jedem Haus ein sogenanntes Hauszeichen: ein Vogel, Geigen, ein Bär, eine Schlange, Sonnen. Auf der Kleinseite gibt es noch viele dieser liebevoll gepflegten Kleinkunstwerke. Die Karlsbrücke sahen wir bei Regen, doch auch bei nur bewölktem Himmel und waren beeindruckt von diesem gotischen Monument mittelalterlicher Baukunst. Nach mehreren Holzbrücken über die Moldau (Wltawa – wilder Fluss) gab es hier 1158 schon die erste steinerne


Reisen

Brücke, die jedoch 1342 einem Hochwasser zum Opfer fiel. Nach einem vom Hofastrologen exakt ausgependelten Zeitpunkt legte Kaiser Karl IV. 1357 den Grundstein zum Bau einer neuen Brücke mit 16 Bögen und 5m höher als die vorherige. Jedoch beim Hochwasser im Sept. 1890 hielten die Bögen 6 und 7 dem Wasser und Treibgut nicht stand, Statuen stürzten in die Tiefe, Menschen ertranken. Die erste der insgesamt 30 Brückenfiguren wurde 1657 aufgestellt: das gusseiserne Kruzifix; 1683 die Bronzestatue des heiligen Nepomuk, des Priesters, der grausames Martyrium hinnahm und eisern schwieg, das Beichtgeheimnis wahrte. Von hier ging der NepomukKult in ganz Europa aus. Die Moldau wird heute von 17 Brücken überspannt, die Karlsbrücke ist die älteste und bekannteste, sie wurde

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scheinbar, während wir dort waren, von der halben Welt besichtigt, so ein Gedränge gab es da. Zum Glück waren wir für Taschendiebe – vor denen wir allgemein gewarnt wurden – nicht interessant genug. Unsere Schifffahrt am Abend auf der Moldau war überraschend schön. Vorbei ging es an herrlich beleuchteten Bauten an beiden Uferseiten, außerdem war für Gaumenfreuden jeder Art gesorgt. Zudem begleitete beliebte Musik unseren Weg, animierte einige sogar zu flotten Tänzchen. Dabei sorgte das gute tschechische Bier für Frohsinn und gute Laune. Halbkreisförmig in die Flussbiegung eingebettet liegt die erste der vier historischen Prager Städte: die Altstadt. So benannt erst nachdem der Luxemburger Karl IV. im 14.Jh. die Neustadt gegründet hat. Den Mittelpunkt der Altstadt bildet der Altstädter Ring, wo seit Jahrhunderten


148 das Zentrum politischen und gesellschaftlichen Lebens war. Da gab es Scheiterhaufen, Galgen, Pranger, Rad, Lanzen- und Schwertergeklirr, Kanonendonner, Gewehrfeuer, Panzer... Trotz Verluste zählt die Prager Altstadt immer noch zu den schönsten architektonischen Ensembles Europas. Hunderte Schirme schützten zum Teil vor dem Regen, versperrten aber auch die Sicht auf den 1364 erbauten Rathausturm mit der astronomischen Uhr – auch Aposteluhr genannt - , die zur vollen Stunde die 12 Apostel erscheinen lässt, auch den Tod mit der Sanduhr, der zu sich ruft, während die Berufsvertreter der Zeit es durch Kopfschütteln ablehnen, ihm zu folgen. Sterben wollte auch vor hunderten Jahren niemand, doch vergänglich sind wir alle. Das Uhrwerk ist ein Wunderwerk, das nach hunderten Jahren immer noch pünklich geht, jedoch das geozentrische Weltbild des Mittelalters widergibt, denn die Planeten kreisen um die Erde, nicht um die Sonne. Im Renaissance-Haus „Zur Minute“ wohnte Franz Kafka als Schüler der Volksschule; im Palais Kinsky verbrachte die spätere Nobelpreisträgerin Bertha von Suttner die ersten Kindheitsjahre; Franz Kafka besuchte das im Hinterhof untergebrachte k.k. Staatsgymnasium mit deutscher Unterrichtssprache, im Ständetheater fand die Uraufführung von Mozarts „Don Giovanni“ statt. Schon im frühen Mittelalter gab es in Prag jüdische Kaufleute, Ärzte und Beamte. Die berühmte Judenstadt – das ummauerte Ghetto in der Altstadt – entwickelte sich ab dem 12.Jh. 1541 unter Kaiser Ferdinand I. und 1741 unter Kaiserin Maria Theresia wurden die Juden per Dekret aus Böhmen ausgewiesen (das sie später aufhob). Ihr Sohn Josef II. besserte die Lage der Juden, weshalb die Judenstadt auch Josefstadt genannt wurde. Ab 1890 wurde hier saniert: Anstelle der dunklen Gassen der Armen ent-

Reisen standen moderne Jugendstilpaläste der reichen Patrizier. In der Pariser Straße, der Prunkstraße Prags, sahen wir auch die älteste noch ihrer Bestimmung dienende Synagoge Europas. Zwar wurde die Neustadt schon 1348 von Karl IV. gegründet, ist folglich nur im Vergleich mit der Altstadt neu, jedoch seine mittelalterliche Raum- und Verkehrsplanung genügte bis ins 20. Jh. Hier spielt sich heute das moderne Großstadtleben ab, hier haben die bedeutendsten Handelshäuser ihre Niederlassungen. 1918, 1948, 1968 und 1989 versammelten sich hier die Massen, um die jeweiligen politischen Wandlungen zu beobachten oder voranzutreiben. Der Wenzelsplatz – vom Brückl bis zum Nationalmuseum – ist der größte Boulevard Prags, 750m lang und 60m breit. Detlev von Liliencron bezeichnete den Wenzelsplatz als den „stolzesten Boulevard der Welt“; hier steht auch die Reiterstatue des böhmischen Landespatrons Wenzel, hier „unter dem Schweif“ treffen sich Verliebte zum Stelldichein. Auch hier – wie in Hamburg – gibt es die zwei zylindrischen Baukörper des „Tanzenden Hauses“, scherzhaft auch Ginger (Rogers) und Fred (Astaire) genannt als modernste Bauten, umgeben von Architektur der vorigen Jahrhundertwende. Am vierten und letzten Tag in Prag gings zur alten Kaiserburg, zum Hradschin (hrad bedeutet Tschechisch Burg), die, wie auch die angrenzende Burgstadt, auf einem felsigen Hügel am linken Moldau-Ufer liegt. Die Anfänge der Burg liegen bei der 875 erbauten Holzburg, 973 wurde die Burg Bischofssitz des Prager Bistums. Der Luxemburger Kaiser Karl IV. machte die Burg zum Mittelpunkt des Heiligen Römischen Reiches und ließ 1344 für das Erzbistum Prag den Veitsdom errichten, eine gotische Kathedrale in der kaiserlichen Burg. Ab 1526 regierten hier die Habsburger, legten Gärten an, verwandel-


Reisen ten die unwirtliche Burg in einen behaglichen Herrschersitz. Eine Blütezeit erlebte die Burg unter Kaiser Rudolf II., Sammler, Kunstmäzen und Bauherr, der eine Reihe von Erweiterungen vornahm. Nach dem zweiten Fenstersturz begann der 30-jährige Krieg und die Burg wurde von sächsischen und schwedischen Truppen besetzt, wodurch wertvolle Kunstschätze der weltberühmten rudolfinischen Sammlungen verloren gingen oder zerstört wurden. Aber hier fanden auch rauschende Feste statt: die Krönung Karls VI. zum König von Böhmen (1723), die Heiligsprechung des Johannes von Nepomuk (1729), die Inthronisation Maria Theresias (1743) zur Königin von Böhmen und Ungarn. Beeindruckt haben uns alle die Ausmaße dieses Burgareals, sein gut gepflegtes Erscheinungsbild, die drei Innenhöfe, die Kapelle, die Maria Theresia erbauen ließ... Nach der Verlegung der Habsburger-Residenz nach Wien verfiel die Prager Burg in Dornröschenschlaf, nur noch Ferdinand I. von Österreich nahm nach 1848 auf dem Hradschin ständigen Wohnsitz. Nach 1918 zog der Präsident der jungen Tschechoslowakischen Republik mit Glanz in die Karlsburg ein und machte sie zum Verwaltungssitz des Landes, baute sie aus, den Erfordernissen einer repräsentativen Präsidialkanzlei angepasst. Und die Burg ist bis heute Amtssitz des höchsten Repräsentanten des tschechischen Staates mit 10 Millionen Einwohnern geblieben. Besucher betreten den Ehrenhof durch ein von zwei Gardesoldaten bewachtes schmiedeeisernes Tor mit den Monogrammen der Kaiserin Maria Theresia und ihres Sohnes Josef II. Zu Beginn des 20. Jh. wurden die alten (verwitterten) Statuen durch Kopien ersetzt, wie auch die auf der Karlsbrücke. Vor der Durchfahrt zum zweiten Burghof führt eine Prunktreppe zu den Repräsentati-

149 onsräumen, den ehemaligen kaiserlichen Gemächern, die meisten davon sind der Öffentlichkeit nicht zugänglich. Im dritten Burghof, dem Herzen der ganzen Burganlage, befindet sich der Veitsdom, der alte Königspalast u.a.m. Neben dem kreuzgewölbten Rittersaal mit der Reitertreppe ist die Böhmische Kanzlei mit dem wohl berühmtesten Fenster des Landes (Prager Fenstersturz). Bunt mischen sich nach rund 700 Jahren Bauzeit die Stile an der Fassade des Veitsdoms (vom gotischen Chor über den Renaissance-Turm und die barocke Turmhaube bis zum neugotischenWestwerk. Im 11.Jh. schon wurde hier eine dreischiffige Basilika als Krönungs- und Grabkirche für die premyslidischen Könige errichtet. 1344 betraute Kaiser Karl IV. einen französischen Architekten mit dem Bau einer gotischen Kathedrale, er starb jedoch unerwartet schon 1352. Ab 1419 kam der Bau infolge der Hussitenkriege zum Erliegen, sodass die Kathedrale erst im 20.Jh. in neugotischer Manier fertiggestellt wurde. Die Domweihe des 124m langen Gotteshauses wurde1929 festlich begangen. Eine Wendeltreppe mit 285 Stufen führt ins Turmgeschoss und zu den Glocken, ermöglicht einen einzigartigen Rundblick. An der südlichen Außenseite hängt seit 1549 hinter einem Spitzbogenfenster „Sigismund“, mit 16,5 t Gewicht die schwerste Glocke des Landes. Tief berührt durch die Standhaftigkeit des Landesheiligen Nepomuk gingen wir an seinem barocken, aus Silber getriebenen Sarkophag vorbei, staunten über die Größe, Höhe und Schönheit des Doms, den wir viel zu schnell – des Gedränges wegen - durchschreiten mussten. Zuletzt besichtigten wir auch das Goldene Gässchen, denn mit der mittelalterlichen Wehrmauer schuf Wladislaw Jagiello hinter der Burg die architektonische Basis für einen kleinen, malerischen Gassenzug: das Goldmacher-


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Reisen

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gässchen (wo es den Alchimisten auch nicht gelungen ist, Gold zu machen). Im 15. Jh. lebten hier Goldschmiede, daher auch der Name „Goldschmiedegasse“. Kaiser Rudolf II. ließ die armseligen Hütten schleifen und gestattete 24 seiner Burgschützen, sich in den blinden Arkaden unter dem Wehrgang Kammern einzurichten. Der berühmteste spätere Bewohner des Goldenen Gässchens war Franz Kafka, der sich 1916/17 für einige Monate im Häuschen 22 einquartierte und hier die Erzählung „Ein Landarzt“ verfasste; heute ist hier eine kleine Buchhandlung, in den anderen Nummern sind Mini-Souvenierläden oder rekonstruierte Quartiere der einstigen Bewohner. Erst am letzten Tag war uns der Wettergott gnädig gestimmt und schenkte uns zum Abschied von Prag Sonnenschein, sodass nach all dem Grau die Welt und die herbstliche Natur viel farbenprächtiger war. Den kurzen Zwischenstopp im berühmten Karlsbad nutzten wir zu einem Spaziergang bei niedriger Temperatur die Kurpromenade entlang, bewunderten die herrlichen Gebäude mit ästhetischen Fassaden – auch Jugendstil - , tranken von dem wunderwirkenden Heilwasser, kehrten in der

Kirche ein, gingen an den teuren Läden vorbei, wurden an Mozart und Goethe erinnert. Das Fazit unserer Böhmenreise: Es war alles bestens geplant und wurde so auch durchgeführt, wofür wir dem Hotelpersonal danken, den Fahrern der Mayer-Reisen, vor allem aber Gerlinde und Werner Gilde, die sich traditionsgemäß um alles kümmern und Lösungen für alle Probleme finden. Dass wir wohlbehalten und guter Laune wieder in Karlsruhe angekommen sind, ist ihr Verdienst und wir hoffen, dass es in Zukunft so weitergeht, zumal es nicht nur unterhaltsam-informative Reisen für uns sind, sondern auch immer wieder kleine Banater Treffen. Abbildungen 1. Besichtigung der Pilsner Urquell Brauerei. 2. Am vierten und letzten Tag in Prag gings zur alten Kaiserburg, zum Hradschin (hrad bedeutet Tschechisch Burg), die, wie auch die angrenzende Burgstadt, auf einem felsigen Hügel am linken Moldau-Ufer liegt. 3. die 90-köpfige Reisegesellschaft an der Busshaltestelle Fotos: Cornel Gruber


Reisen

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Leistung und Würdigung

Peter Krier zum 80. Geburtstag

Dem rastlosen Kämpfer zum Wohle seiner Banater Landsleute Elisabeth Martini

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r ist einer von uns und doch so viel aktiver, einsatzund opferbereiter als wir, konsequent und zäh im zielstrebigen Kampf für die Gemeinschaft der Banater Landsleute, für die Pflege und den Erhalt ihrer materiellen und geistigen Werte, ihrer Sitten und Gebräuche, ihrer Tradition. Dabei musste er manchmal auch Ecken und Kanten hervorkehren, Missgunst und Neid erfahren. Doch unbeirrt setzte er seinen Weg fort, verfolgte selbstlose Ziele über Jahrzehnte hinweg, ohne Rücksicht auf Alter und Gesundheit, kennt Bequemlichkeit nicht, ist stets im Einsatz für Heimat und Landsleute. Am 22. Januar 1935 in Billed (Banat) geboren, ist er der Sohn von Maria und Peter Krier, Maschinenschlosser im Ort. Hier besuchte der Junior die Grundschule, wurde aber durch die politische Wende kurzfristig, unvorbereitet aus dem Deutsch- in den Rumänischunterricht versetzt, was nicht problemlos verlief. Lerneifer und Zielstrebigkeit ermöglichten ihm jedoch anschließend den Besuch des Victor-Babes-Gymnasiums in Temeswar und der Technischen Mittelschule, die er als staatlich geprüfter Techniker abschloss. Nach geleistetem Militärdienst heiratete Peter Krier 1959 die Billederin Barbara Alexius. Ihre Kinder Monika, geb.1960, und Gerhard (1962) und die fünf Enkelkinder sind heute der ganze Stolz des Jubilars und seiner lieben Frau, die oft mit den häuslichen Problemen allein gelassen war, weil ihr, von vielen Menschen geschätzter Mann mit auswärtigen Aufgaben zu kämpfen hatte. Durch das Fernstudium (1965-1968) am Pädagogischen Institut in Klausenburg wurde dieser Fachschullehrer und

war an der Billeder Berufsschule bis zur Aussiedlung tätig. Gern erinnern sich die Billeder an die großen Schwabenbälle Ende der 60er und Anfang der 70er Jahre, die er mitorganisiert hat als Ausdruck des schwäbischen Selbstbewusstseins und der heimatlichen Traditionsverbundenheit. Diese hat er auch anlässlich der Aussiedlung in die BRD bewiesen, indem er eine Handvoll Heimaterde im Gepäck mitnahm. In Schweinfurt mit der Familie sesshaft geworden, war Peter Krier von 1970 als Konstrukteur und Projektleiter bis zu seiner Verrentung 1992 tätig und nahm von Anfang an regen Anteil am Schicksal seiner Landsleute, schloss sich der Landsmannschaft an, verfolgte uneigennützig deren Ziele, beeindruckte durch sein überdurchschnittliches Wissen über die Geschichte und Kultur des Banats. Bald erkannte man seine organisatorischen und rhetorischen Fähigkeiten und wählte ihn schon 1978 in den Bundesvorstand der Banater Schwaben. Hier war er Referent für Jugendarbeit, Stellvertretender Bundesvorsitzende und Geschäftsführender Bundesvorsitzende. Zeitgleich war er viele Jahre Landesvorsitzender des Landesverbandes Bayern, ist jetzt Ehrenvorsitzender; seit 1976 Gründer und Kreisvorsitzender des Kreisverbandes Schweinfurt. Als Billeder hat er maßgeblich am organisatorischen Aufbau der Heimatgemeinschaft mitgewirkt, deren Vor-


Leistung und Würdigung

sitzender er fast 3 Jahrzehnte war, zzt. Ehrenvorsitzender ist. Vorangebracht hat er sie organisatorisch und publizistisch durch das Mitwirken an den 27 Ausgaben des Billeder Heimatblattes, der Errichtung des Billeder Totendenkmals, dem Billeder Sippenbuch, den Heimat-Filmaufnahmen, an der Schaffung des Billeder Heimathauses in Billed (Forumshaus) und im Internet (heimathaus.billed). Aktiv mit dabei ist Peter Krier an allen Billeder Treffen in Karlsruhe im Wechsel mit dem Ulmer Treffen, bei den Schlachtfesten in Frankenthal, bei fast allen unseren Veranstaltungen hier und im Banat.

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Bild oben: Peter Krier, Bildmitte, in seinem Heimatdorf Billed vor dem Gemeindehaus anlässlich einer Kirchweihfeier in den 1960er Jahren.

Anerkennend hat auch der ehemalige Bundespräsident Johannes Rau 2002 darauf hingewiesen, dass Peter Krier sich maßgeblich am Aufbau eines bundesweiten Betreuungsnetzes für Aussiedler beteiligt und unzählige Eingliederungsseminare für diese organisiert hat, heimatpolitische Seminare, Tagungen, Kulturseminare u.a.


154 Dazu zählen auch: die Kundgebung 1983 in Köln für die Freiheit der Banater Schwaben, 1985 die Kundgebung in München für die Ausreisefreiheit der Deutschen in Rumänien, die Solidaritätskundgebung mit den Aufständischen in Rumänien im Dezember 1989. „Nehmt sie auf und rückt zusammen!“ ist der Titel der Abhandlung von Peter Krier zur Aufnahme der Flüchtlinge, Vertriebenen und Aussiedler in Schweinfurt, ergänzend der diesbezügliche Katalog „In Schweinfurt angekommen“, womit er einen bedeutenden Beitrag zur Integration, zum Abbau von Vorurteilen in der Gesellschaft und zur Stärkung des Selbstbewusstseins der Aussiedler geleistet hat. Er war auch der Initiator für die Gründung des Kulturverbandes der Deutschen aus dem Banat, war lange Zeit Mitorganisator der Banater in Bayern und der Bundestreffen in Ulm. Einmalig ist sein Bemühen und sein Einsatz für das Sammeln und Organisieren der Jäger-Ausstellung in Ingolstadt und das Erstellen – zusammen mit Hans Rothgerber - des entsprechenden Ausstellungs-Katalogs, des besten Bildund Kommentarematerials zu Stefan Jägers Werk überhaupt, unter dem Titel „Hommage an Stefan Jäger“ 2012. Zu erwähnen sind auch seine Bemühungen als Herausgeber und Mitautor von „Schwester Hildegardis – Weg, Werk und Vermächtnis“, „Schwester Hildegardis Wulff – Lebensbild einer großen Ordensfrau“. Auch im Bund der Vertriebenen war Peter Krier unermüdlich tätig: im Landesverband Bayern im Landesausschuss und als Mitglied im Vorstand, im Bezirksverband Unterfranken im Vorstand, im Kreisverband Schweinfurt als Kreisvorsitzender. Dazu im Sankt Gerhardswerk, der Organisation der katholischen Donauschwaben, im Vorstand und als Stellvertretender Vorsitzende. Wie er zu alldem Zeit findet, ist ein Wunder, zumal er seit 1989 auch

Leistung und Würdigung Mitglied im Sozialhilfe-Ausschuss der Stadt Schweinfurt ist, zwischen 1985-96 im Petitionsausschuss der Regierung von Unterfranken, zwischen 1986 und 1998 Mitglied im Sachausschuss 6 Ostkirche des Diözesanrats Unterfranken war. Außerdem ist er Mitglied der CSU, des Vereins für deutsche Kulturbeziehungen im Ausland, der Paneuropaunion, des Volksbunds Deutsche Kriegsgräberfürsorge... Seit 1985 war unser Billeder Landsmann auch Stellvertretender Vorsitzende, zwischen 2003 und 2012 Vorsitzender des Hilfswerks der Banater Schwaben, maßgeblich beteiligt an der Organisation von Hilfssendungen ins Banat, am Aufbau der dortigen Sozialeinrichtungen, an der Errichtung und Leitung des Banater Seniorenzentrums „Josef Nischbach“ in Ingolstadt. Er war auch Initiator und Leiter von Kulturprojekten im Banat: die Adam-Müller-Guttenbrunn-Gedenkstätte in Guttenbrunn, die banatschwäbische Abteilung im volkskundlichen Museum in Temeswar, die Dreifaltigkeitssäule, die Stefan-Jäger-Gedenk- und Begegnungsstätte in Hatzfeld, die Renovierung des LenauDenkmals, der Lenau-Ausstellung und des Geburtshauses von Lenau in Lenauheim. Unendlich dankbar sind ihm die Billeder für sein Bemühen um die Einrichtung und das perfekte Funktionieren der Billeder Sozialstation, die die Fürsorge für die Hilfsbedürftigen sichert. Angesichts dieses immensen Arbeits- und Zeitaufwands haben die Banater ihren Landsmann auch wiederholt für seine ehrenamtliche Tätigkeit ausgezeichnet: 1994 hat Temschburg ihm das Ehrendiplom der Stadt verliehen, ebenso Hatzfeld 1996; Billeds Ehrenbürger wurde er 1996. Doch auch bundesweit fanden seine Leistungen Anerkennung: 1991 wurde ihm die Verdienstmedaille des Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland verliehen


Leistung und Würdigung und 2002 auch das Verdienstkreuz am Bande der Bundesrepublik Deutschland, zumal er eine Persönlichkeit ist, die die Zeichen der Zeit erkennt und richtig zu interpretieren vermag, selbst Zeichen setzt, geistige Werte zu schaffen und zu bewahren versucht in unserer schnelllebigen Zeit...wie Johannes Rau in seiner Laudatio hervorhob. Gewürdigt hat auch die Landsmannschaft der Banater Schwaben sein selbstloses Wirken im Sinne der Landsleute, indem sie ihn mit der Prinz Eugen Nadel auszeichnete; der Bund der Vertriebenen verlieh ihm 2010 die Ehrennadel in Gold. Im Rahmen der 11. Heimattage der Banater Schwaben im Mai 2013 wurde er in der Temeswarer Oper für seine Verdienste mit der Ehrennadel in Gold als höchste Auszeichnung des Demokratischen Forums der Deutschen in Banat ausgezeichnet. Alle übernommenen Aufgaben und Leistungen sind hier unmöglich unterzubringen, denn Peter Krier ist ebenso gern im Freundeskreis und ein Familienmensch: Kinder und Enkelkinder sind ihm neben Ehefrau Barbara das Liebste auf der Welt, für sie tut er alles, wenn er auch nicht immer zu Hause ist. Er ist ein besonders stolzer Opa , der auch manchmal allein mit 5 Enkeln im Wohnwagen interessante Reisen unternimmt. Was viele bei diesem Arbeitspensum víelleicht nicht vermuten: Er vollbrachte auch beachtliche bergsteigerische Leistungen, wofür er sogar mit dem „Silbernen Edelweiß“ des Deutschen Alpenvereins ausgezeinet wurde, wobei auch auf Kriers Einsatz für die Jugendausbildung und die Reinhaltung des Waldes hingewiesen wurde. In seinem Tourenbuch stehen neben schwierigen Klettertouren im Fels eine ganze Reihe namhafter Eisgipfel in den Zentralalpen, unter ihnen 28 Viertausender wie

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Peter Krier beim Neujahrempfang 2002 des bayerischen Ministerpräsidenten Edmund Stoiber Matterhorn, Monte Rosa, Ortler, Palü. Als seine schönste Bergtour bezeichneter er die Begehung des Bianco Grade, als schwierigste die Durchsteigung der nördlichen Eiswand der Lenzspitze. Zum 80. Geburtstag wünschen dem vielseitig Interessierten und ehrenamtlich Tätigen alle Freunde und Landsleute von nah und fern Gesundheit (auf die er nicht genügend achtet) und weiteres Schaffen im Sinne und zum Nutzen der Banater Gemeinschaft, aber dem Gesundheitszustand gemäß. Wir wollen Dich, Peter, noch lange als Ehrenvorsitzenden richtungsgebend an der Spitze unserer Billeder Ortsgemeinschaft wissen, denn wir sind mächtig stolz, Dich zu haben. Dank und Gottes Segen! Du warst und bist groß und trotzdem bescheiden geblieben, Deinen Landsleuten nahe, verbunden. Jedem Einzelnen legst Du Deinen von Thomas von Aquin übernommenen Grundsatz ans Herz: „Was du kannst, das tue!“


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Leistung und Würdigung

Auszeichnung für Heidi Müller Heidi Müller wurde auf Vorschlag des Kreisverbandes der Banater Schwaben Karlsruhe für ihre ehrenamtliche Tätigkeit ausgezeichnet. Die feierliche Verleihung fand im Haus Solms in Karlsruhe statt.


Leistung und Würdigung

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Anna Mahler

Eine selbstlose Frau kommt zur Ruhe Adam Csonti

S

ie wurde 1940 in Billed geboren und lebte bis vor Kurzem in unserem Heimatdorf. Vielen Billedern ist sie allerdings nicht bekannt, denn durch ihre bescheidene, zurückhaltende Art stand sie eher am Rand der Geschehnisse in der Dorfgemeinschaft. Annas Wurzeln liegen in Bessarabien. Ihre Mutter, Magdalena Mahler, flüchtete 1940 als Bessarabien­ deutsche, das Gebiet war eine Pufferregion zwischen den Großmächten. Bessarabien, nach dem Ersten Weltkrieg Rumänien zugeteilt, fiel nach dem Hitler-Stalin Pakt von 1939 an die Sowjetunion. Die seit Beginn des 19. Jahrhunderts rund 90.000 dort angesiedelten Deutschen wurden in den Wartegau und nach Österreich zwangsumgesiedelt. Ein Teil von ihnen flüchtete nach Rumänien, einige Familien kamen nach Billed, unter ihnen auch die Familie Mahler. Annas Vater aus Hodoni war Schornsteinfeger in Billed. Nach dem Tod ihrer Mutter zog Anna nach Hodoni, kehrte jedoch 1976, nach einer gescheiterten Ehe, nach Billed zurück. Bis zur politischen Wende war sie in der Kollektivwirtschaft erwerbstätig. Wir lernten Anna 1994 kennen, als unsere Sozial­station eröffnet wurde. Damals betreute sie schon aus eigener Initiative und ohne Entgelt, allein aus Mitgefühl, alte, hilfslose und alleingebliebene Landsleute, darunter Anna Krutsch und Leni Thöresz. Sie wollte auch bei uns nützlich sein und half freiwillig und unentgeltlich. Unter anderen pflegte und versorgte sie Margarethe Ge-

bel, Susanna Breitenbach, Margarethe Weber, Anna Krutsch, Irene Henz und Josef Pfeiffer. Magdalena und Johann Thöres betreute sie bis aufs Sterbebett. Dabei war Magdalena Thöres über zehn Jahre bettliegend krank und musste rundum gepflegt und verpflegt werden. Auch Johann Thöres war ein schwieriger Pflegefall. Oft sah man sie auf den Friehöfen tiefgebeugt bei Arbeiten, sie pflegte auf den Billeder Friedhöfen auch die Gräber der Verstorbenen. Ein Haus hat sie nicht besessen. Sie wohnte in einem der leerstehenden, ruinierten Häuser, das man ihr überlassenen hatte, unter ärmlichsten Bedingungen. Ihre kleine Rente teilte sie oft mit jenen, die noch ärmer waren. Anna ist eine gottesfürchtige Frau, ihr Glaube gibt ihr Kraft, behauptet sie. Ihre Hilfsbereitschaft und ihr Uneigennutz sind beispielhaft und tief christlich. Man denkt dabei an Mutter Theresa. Es ist uns keine vergleichbare Leistung für unsere Gemeinschaft bekannt. Nach mehreren gescheiterten Versuchen, sie in unserem Altenheim unterzubringen, ist uns dies kürzlich gelungen. Sie befindet sich nun im Adam-Müller-Guttenbrunn-Altenheim, wird dort versorgt und betreut und lebt in der Geborgenheit unserer Gemeinschaft. Wir sind glücklich, dass wir ihr dies bieten können und wünschen ihr noch viele, sorgenfreie Lebensjahre. Möge Gott ihr einen schönen Lebensabend schenken.


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Leistung und Würdigung

Hundertjährige im Kommen

Maria Muhl

A

ls Hundertjähriger wird eine Person bezeichnet, die das 100. Lebensjahr vollendet hat. Zu denen gehört nun auch Margarethe Keller, geboren am 25. Oktober 1915 in Billed. Interessant zu wissen, dass 2013 laut Schätzungen der UN etwa 343.000 Hundertjährige in der Welt lebten, deren Zahl sich bis 2050 auf 3,2 Millionen steigern wird. Heutzutage ist das öffentliche Interesse an außergewöhnlich alten Menschen groß, im 17. und 18. Jahrhundert bestand ein regelrechter „Hundertjährigen-Kult“. In Deutschland stieg in jüngerer Vergangenheit die Anzahl der Hundertjährigen rasant an. Im Jahre 2000 waren es noch 5.937 Hundertjährige, 2010 waren es bereits 13.198. In Japan lebten 2014 schon 58.820 Hundertjährige, in den USA sollen es etwa 50.000 sein. Außerdem stellte eine Heidelberger Studie fest, dass die heute in Deutschland lebenden Hundertjährigen geistig und körperlich vitaler als gleichalte Personen früherer Generationene sind, viele leben noch autonom, können noch Mahlzeiten für sich zubereiten, Telefongespräche führen, Finanzangelegenheiten regeln. Etwa die Hälfte der Hundertjährigen haben keine oder nur wenige geistige Defizite. Margarethe Keller, geb. Lauth, lebt als Hundertjährige seit 2014 im Seniorenheim „Zur Sonne“ in Frankenthal und denkt oft an die Zeit in Billed, wo sie 75 Jahre ihres Lebens verbracht hätte, wenn nicht dazwischen die zweieinhalb Jahre Sowjetunion und zweieinhalb Jahre Ostdeutschland gewesen wären. Sie hatte es wirklich nicht leicht im Leben: Ihr Mann, Johann Keller, gebo-

ren 1914, kam als Soldat zum deutschen Militär, zur SS. Er blieb nach dem Krieg in Nürnberg, wo er 1967 verstorben ist. Margarethe blieb mit drei Kindern: Josef, geb. 1936, verst. 2012 in Geisenfeld; Hans, geb. 1938, verst. 1984 in Billed; Peter, geb. 1941, lebt heute mit seiner Familie in Fran­ kenthal. Obwohl sie Mutter von Kleinkindern war, musste sie im Januar 1945 zur Zwangsarbeit in die Sowjetunion, wobei die Kinder 5 Jahre bei den Großeltern Josef und Barbara Lauth gut versorgt waren, jedoch beide Eltern entbehren mussten.


Leistung und Würdigung

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Dorfansicht aus den 1960er Jahren von Jakob Thöress. In dem mittleren Gebäude wurde mit Dieselgeneratoren der elektrische Strom für die Gemeinde erzeugt.

Es wurde „Uzina“ (rumänisch Werk) genannt und nach dem Anschluss an das Hochspannungsnetz abgetragen. An der Stelle befindet sich heute die neue Schule.

Nach zweieinhalb Jahren Deportation war die Gesundheit von Frau Keller so ruiniert, dass sie krankheitshalber per Transport in die Sowjetzone Deutschlands kam. Durch Zufall traf sie dort auch ihre Schwester Magdalena Leppich, die als Magd bei Elisabeth und Jakob Wolf gedient hatte und mit diesen beim Nahen der Sowjettruppen aus Billed geflüchtet war. Durch ihre Schwester fand Margarethe Arbeit und hielt sich zweieinhalb Jahre in Ostdeutschland auf, bis sie mit etwas verdientem Geld nach Billed, zu ihren Kindern, zurückkehrte. In Billed gab es nicht viele Verdienstmöglichkeiten, so-

dass sie in der LPG-Gärtnerei ihr Brot und das ihrer Kinder verdienen musste. 1990 siedelte sie zusammen mit ihrem ältesten Sohn Josef nach Deutschland um. Später fand sie ein neues Zuhause bei ihrem Sohn Peter und dessen Familie. Altersbedingt lebt sie jetzt im Seniorenheim „Zur Sonne“, wo auch ihre 105-jährige Landsmännin Susanna Ballmann gut untergebracht ist, sich trotz ihres Alters nicht krank fühlt. Beiden wünschen die Billeder Landsleute angenehme, schmerzfreie Tage und Nächte in Erinnerung an unser Billed von früher.


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Leistung und Würdigung

Wir erinnern uns an Peter Thöress

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Jahre sind seit dem Tod von Peter Thöress vergangen, 250 Jahre werden im nächsten April vergangen sein, seit sich sein Vorfahre Mathias Tyres mit seiner zehnköpfigen Familie in Billed niederließ. Sie kamen 1766 aus Altrich, bei Wittich an der Mosel, aus dem Trierischen. Die Thöress (Döres, Tyres) Sippe lebte über 10 Generationen in Billed. Sie waren überwiegend Bauern, tüchtige Bauern, aber auch Notare, Ärzte, Ingenieure und Handwerker. Viele von ihnen haben sich im Gemeinschaftsleben unseres Heimatdorfes eingesetzt. Auch der Bauernsohn Peter Thöress jun. (1909-1990) war schon als Jugendlicher im Deutsch-katholischen Jugendverein engagiert und für drei Jahre dessen Obmann. In diesem kulturell vielseitig aktiven Jugendverein kam er in Berührung mit der Banater Siedlungsgeschichte und entwickelte ein besonderes Volksbewusstsein. Peter war der Älteste von vier Brüdern und musste schon früh auf dem Hof mitarbeiten, wobei der Arbeitstag sich manchmal über 16 Stunden ausdehnte. Dennoch fand er Zeit und Freude, am geselligen Leben und am ganzen Geschehen im Bauerndorf teilzunehmen. Als sich die Gelegenheit zum Fortbilden bot, besuchte er die einjährige Märkische Bauernhochschule in Gransee bei Potsdam und machte einen „Freiwilligen Arbeitsdienst“ in der Eifel. Nach dem Militärdienst heiratete er Elisabeth Korreck aus Lovrin und übernahm den dort geerbten Bauernhof. Wie viel er von dem Erfahrenen und Gelernten im Ba-

Peter Krier

nat noch umsetzen konnte, wissen wir nicht, denn schon bald kam der Krieg, auch ins Banat. Peter Thöress flüchtete1944 mit seiner Familie aus Lovrin und fand zunächst ein Zuhause in Baden-Württemberg. Von hier zog die Familie mit ihren vier Töchtern in das Saarland, wo sie sich in Bexbach ein neues Zuhause schuf. Im rückgegliederten Saarland (1957) hat die Donaudeutsche Landsmannschaft zusammen mit der Saarländischen Landesregierung ein großes Siedlungsprojekt gestartet, wonach im Saarland um Homburg zwölf donaudeutsche Siedlungen entstanden sind. Dabei gab es 605 Nebenerwerbs-Siedlerstellen für vertriebene Bauern und ein Projekt zum Aufbau von Wohneinheiten. Träger dieses Projektes waren von der Landsmannschaft gegründete Siedlungsgenossenschaften. Neben Karl F. Waldner, dem Initiator und Leiter dieses Projektes, war Peter Thöress einer der Motoren dieses großen Bauvorhabens. In einem Brief Waldners schreibt dieser 1986 an Thöress: „Wenn wir 605 Siedler Ihres Typs gehabt hätten, so hätte man die Welt aus den Angeln herausheben können“. Er sei ein nachahmungswürdiges Beispiel, beim Reden klar und in der Tat mutig. Selbstverständlich war für Peter Thöress sein Engagement in der Landsmannschaft, auch hier gehörte er zu den Aktiven und Einsatzbereiten. Die Billeder hat er schon in den 50er Jahren zusammengeführt, zu den Bundesheimattagen gerufen und Billed in den landsmannschaftlichen Gremien vertreten. Auch hier war sein Einsatz, zu seiner Zeit, beispielhaft. Ich habe ihn nie zaghaft erlebt.


Leistung und Würdigung

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Ein Hoch auf die 105-jährige Susanna Ballmann

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nsere Landsmännin Susanna Ballmann, geb. Mersch, ist am 31. August 105 Jahre alt geworden, wozu ihr Billeder Landsleute und das Personal der Senioren Residenz Frankenthaler Sonne direkt und per Zeitungsanzeige „von Herzen“ gratulierten und ihr zu Ehren eine schöne Feier organisierten. Dazu war der Esssaal mit roten Rosen geschmückt, die Betreuerinnen sangen zur Gitarrenbegleitung: „So ein Tag, so wunderschön wie heute...“ Vera Mann hatte zu diesem Anlass zwei Torten und Maria Muhl Kipfeln gebacken, die Heimleitung hat für Donauwellen, Schnitte und Sekt gesorgt. Darüber hat sich die Jubilarin sehr gefreut – auch über die Blumen und Briefe – und hat per Zeitungsanzeige allen gedankt, die an ihren Geburtstag gedacht haben. Sie freute sich, dass sie nach dem Knochenbruch wieder allein gehen kann: „Ich sen net krank on war a net krank. E Knochebruch es kä Krankheit.“ Dankbar ist sie Dr. Bechler, der für sie und ihren verstorbenen Mann 34 Jahre sorgte und weiterhin sorgt. Sie hat zwar einen Rollator, bräuchte ihn aber nicht, so beweglich und flink ist sie noch. Ins Heim ist sie nur auf den Rat ihres Arztes gegangen und meint: „Wann ich gewisst hät, wär ich drhem geblieb, ich han nor of mei Dokter ghorcht.“ Wenn jemand etwas für sie tun will, heißt es oft: „Ich kann et selwer noch mache, was soll e anre et for mich mache?“ Bewundernswert diese Frau, nachahmenswert, wofür ihr

alle Billeder Landsleute weiterhin Wohlbefinden sowie schöne Erlebnisse mit verständnisvollen Menschen wünschen. Hut ab und Ehre dem Alter!


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Statistik

Schachmeisterschaft der Banater Schwaben

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ittlerweile wurden Schachgruppen in den Kreisverbänden Ingolstadt, Karlsruhe und Nürn­berg gegründet. Schachliebhaber werden gebeten, sich bei Alfred Selpal unter:

Alfred Selpal

Tel. 08459/593660 oder 08459/332088 oder per E-Mail alfred-selpal@t-online.de zu melden damit weitere Schachgruppen gegründet und bestehende ausgebaut werden können.

2015 wurden über 120 Partien ausgetragen, darunter drei Turniere mit folgenden Platzierungen Turnier am 16.05.2015 im Senio­renzentrum Josef Nischbach in Ingolstadt 1. Peter Michel 2. Werner Staar 3. Jakob Lulay 4. Gerhard Keller 5. Alfred Selpal 6. Martin Herr 7. Werner Keller

Turnier am 10.10.2015 im Senio­renzentrum Josef Nischbach in Ingolstadt 1. Werner Staar 2. Josef Lowas 3. Herbert Reb 4. Alfred Selpal 5. Ronnie Szeiler 6. Martin Herr

Turnier am 31.10.2015 in Nürnberg 1. Helmuth Hintyes 7,0 Pkt 2. Fabian Kowatsch 5,5 3. Peter Michel 4,0 4. Radu Bala-Holiga 4,0 5. Friedrich Holiga 3,0 6. Josef Lowas 2,5 7. Johann Hehn 1,5 8. Werner Staar 0,5

Online Schachmeisterschaft, Abschlusstabelle-2015 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10

Name Josef Vollmer Harald Lenhardt Walter Hackbeil Werner Staar Alfred Herbst Reinhard Kaiser Franz Labling Ronnie Szeiler Günther Hirth Alfred Selpal

Heimatort Nitzkydorf Billed (438) Grabatz, Temeswar Birda, Liebling (511) Billed (117) Kleinjetscha (21) Temeswar Bogarosch (74) Billed (528) Billed (192)

Account JV24705_Nit_BAN HL24255_Bil_BAN WH1554X_Tem_BAN WS1960Y_Lie_BAN AH23570_Bil_BAN RK23377_Klj_BAN FL16656_Tem_BAN RS31889_Bog_BAN GH23100_Bil_BAN AS23209_Bil_BAN

Elo-Punkte 1595 1547 1519 1515 1509 1497 1490 1471 1441 1415


Statistik

163 Allgemeine Schachmeisterschaft der Banater Schwaben, Abschlusstabelle 2015

Name

Heimatort

Wohnort/Kreisverband

1. Helmut Hintyes 2. Peter Michel 3. Fabian Kowatsch 4. Josef Lowas 5. Josef Vollmer 6. Radu Bala-Holiga 7. Tim Niklas Bingert 8. Johann Hehn 9. Friedrich Holiga 10. Günther Hirth 11. Reinhard Kaiser 12. Werner Staar 13. Herbert Reb 14. Harald Lenhardt 15. Hans Stuhl 16. Walter Hackbeil 17. Franz Labling 18. Siegfried Athes 19. Alfred Selpal 20. Jakob Lulay 21. Gerhard Keller 22. Ronnie Szeiler 23. Martin Herr 24. Edgar Baumgartner 25. Norbert Selpal 26. Werner Keller 27. Michael Butto

Giulwess Nürnberg Bogarosch (326) Bayreuth Temeswar Bamberg Arad Ingolstadt Nitzkydorf Rastatt Reschitz Nürnberg Blumenthal, Königshof Langen / Darmstadt Billed (819) Schwabach Reschitz Nürnberg Billed (528) Frankenthal Kleinjetscha (21) Karlsruhe Birda, Liebling (511) Lauf an der Pegnitz / Nürnberg Jahrmarkt (371) Bad Gögging / Ingolstadt Billed (438) Karlsruhe Neupetsch, Temeswar Neuss Grabatz, Temeswar Heilbronn Temeswar Heilbronn Neu-Arad, Lenauheim Ingolstadt Billed (192) Manching / Ingolstadt Guttenbrunn (333), Temeswar Ingolstadt Billed (270) Geisenfeld / Ingolstadt Bogarosch (74) Reichertshofen / Ingolstadt Blumenthal, Neu-Arad Ingolstadt Bogarosch (560) Ingolstadt Billed (192) Ingolstadt Billed (270) Geisenfeld / Ingolstadt Bethausen (163), Lugosch Ingolstadt


192

Inhaltsverzeichnis 1. 2. 3. 4. 5. 6. 7. 8. 9. 10. 11. 12. 13. 14. 15. 16. 17. 18. 19. 20. 21. 22. 23. 24. 25. 26. 27. 28. 29. 30. 31. 32. 33. 34. 35. 36. 37.

In eigener Sache.................................................................................................................................2 Vorwort, Werner Gilde........................................................................................................................3 Billeder Heimattag an Pfingsten 2015...............................................................................................4 Minister und Oberbürgermeister im Heimathaus, Roswitha Csonti.................................................24 Das Fest der Feste in Billed, Elisabeth Martini..................................................................................26 Ansprache zur Eröffnung der Heimatausstellung, Peter Krier...........................................................50 Billeder Scholle, Heimatpfarrer Marius Frantescu..............................................................................57 In Memoriam an das Schicksal der Banater Schwaben, Marliese Knöbl............................................65 Die Uhr tickt, Helmut Slavik............................................................................................................66 Heimattage Baden-Württemberg in Bruchsal, Cornel Gruber...........................................................70 Karlsruher aus dem Banat beim Stadtgeburtstag..............................................................................72 Tag der Heimat in Karlsruhe, Cornel Gruber....................................................................................74 Sommerfest 2015, Cornel Gruber.....................................................................................................76 Schlachtfest 2015, Adam Tobias.......................................................................................................78 Rentnertreffen in Karlsruhe, Jakob Muttar.......................................................................................90 Allerheiligen 2015 am Denkmal der Billeder, Werner Tobias............................................................93 Broschüre über die Russlanddeportation, Werner Gilde.................................................................. .100 In Frankfurt (Oder) auf den Spuren der Heimkehrer, Peter Krier................................................... .101 Übergabe-Vertrag aus dem Jahr 1909, Hans Martini..................................................................... .108 Übergabe-Vertrag aus dem Jahr 1920, Hans Martini..................................................................... .113 Über den Billeder Kriegerverein, Hans und Elisabeth Martini........................................................ .116 Dorfrundgang 1924, Peter Krier..................................................................................................... .118 Renovierung der Billeder Kirche, Peter Krier.................................................................................. .120 Weitere Details zur Baragandeportation, Josef Herbst...................................................................... .124 Der grausame Lakl, Peter Krier....................................................................................................... .126 Kein goldener Oktober in der goldenen Stadt Prag, Elisabeth Martini........................................... .146 Peter Krier zum 80. Geburtstag, Elisabeth Martini......................................................................... .152 Auszeichnung für Heidi Müller. .................................................................................................... .156 Anna Mahler, eine selbstlose Frau kommt zur Ruhe, Adam Csonti................................................ .157 Hundertjährige im Kommen, Maria Muhl.................................................................................... .158 Wir erinnern uns an Peter Thöress, Peter Krier............................................................................... .160 Ein Hoch auf die 105-jährige Susanna Ballmann. ......................................................................... .161 Schachmeisterschaft der Banater Schwaben, Alfred Selpal.............................................................. .162 Statistik unserer Billeder Landsleute in Rumänien, Josef Herbst...................................................... .164 Statistik unserer Landsleute weltweit, Josef Herbst........................................................................... .166 Dem Alter die Ehre, Josef Herbst..................................................................................................... .172 Weihnachtsgedanken, Hermine Schnur.......................................................................................... .190


Streifzug durch das alte Billed Ausstellung der HOG Billed und des Forums der Billeder Deutschen im Heimathaus

Wärmebild der Billeder in Deutschland Konzept, Bildauswahl, Texte und Gestaltung Hans Rothgerber Übersetzung, geschichtliche Daten Hans Martini Lektorat, Übersetzung Elisabeth Martini Organisation, Technik Adam Csonti Roswitha Csonti Werner Gilde Peter Krier Josef Herbst Restauration Objekte Silke Csonti Heidi Müller Norbert Müller Josef Freer Barbara Wagner

Biled, Nr. 421, Rumänien Öffnungszeiten 13:00-15:00 Uhr Kontakt: 0040 727 667 887

Spenden Ausstellung Josef Breitenbach Elisabetha Buscha Adam Csonti Ingrid Csonti Josef Freer Irene Henz Josef Herbst Josef Hubert Brunhilde Klein Marliese Knöbl Matilde Mann Anna Mann Johann Martini Barbara Mutter Josef Pfeiffer Nikolaus Rennon Barbara Schwarzmann Elisabeth Thöresz Werner Tobias Hans Weber Theresa Weber Wilhelm Weber Helmuth Weinschrott


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Billeder Heimatblatt 2015

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Billeder Heimatblatt 2015 heimathaus-billed.de

Herausgegeben von der HOG Billed


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