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Billeder Heimatblatt 2013
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Billeder Heimatblatt 2013 Herausgegeben von der HOG Billed
Billeder Kindertanzgruppe in schwäbischen Trachten bei einer Karneval-Veranstaltung im Kulturheim im Juni 2013. Unter der Anleitung des Temeswarer Tanzlehrers Chira Cristian und unterstützt durch die Erzieherin Georgeta Popa wurden schwäbische Tänze vorgeführt. Auftritt der Kindergruppe beim „Festivalul Condeierilor Plugari“ (Fest der Bauerndichter, das im Temeswarer Dorfmuseum und in Billed stattfindet) im Kulturheim am 16.06.2013. Im Raum der ehemaligen Feuerwehrremise wurden von Adam Csonti verschiedene Gegenstände des Alltagslebens unserer Vorfahren aus dem 18. und 19. Jhd. wie landwirtschaftliche und handwerkliche Geräte und Werkzeuge, Brauchtums- und Arbeitskleider, Möbel, Trinkund Essgefäße, usw. gesammelt. Sie bilden den Grundstock für unsere Heimatstube.
Sammlung für eine Heimat- und Brauchtumsstube
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ur 250. Jahresfeier der Gründung unserer Gemeinde im Jahr 2015 ist im Rahmen der Feierlichkeiten auch die Eröffnung einer Heimat- und Brauchtumsstube sowie eines Dokumentationsraumes über die Geschichte unserer Gemeinde im Heimathaus der Billeder Deutschen ge plant. Daher ein Appell zum Mitwirken an Landsleute, die noch Gegenstände von früher besitzen und sich für unsere Heimatstube gern davon trennen. Bisherige Spender Helga Kerner geb. Thöress (312) aus dem Nachlass ihres Vaters Peter Thöress:
Knopfharmonika, Bücher, Banat-Karte, DorfKarte, Bilder und Video-Kassetten Josef Müller (686): 4 Pokale für den „Pipatsch Pokal“ Katharina Braun (469): Spinnrad Elisabeth Braun (467): Kaffee-Tasse aus dem Jahr 1900 Hans Taugner (Alexanderhausen): Musik-Box mit über 70 Langspielplatten Johann Steiner (297): 200 Exemplare von „Die Gräber schweigen“ Band 2, die gegen eine Spende für die HOG-Kasse vertrieben werden können.
www.billed.de | heimathaus-billed.de
Billeder Heimatblatt 2013 Dezember 2013 | 26. Ausgabe
Inhalt
3 Vorwort, Werner Gilde 26 Baujahr 1990..., Ralf Gilde 30 20-jähriges Jubiläum der Tracht..., K. Klein 34 Rentnertreffen, E. Martini, J. Muttar 36 Die 11. Heimattage im Banat, E. Martini 56 14. Schlachtfest in Frankenthal 68 19. Kirchweihfest WK “, Vanessa Prutean 70 Denkmalpflege in neuen Händen, W. Gilde 72 Ansprache Allerheiligen, Katharina Senn 84 An der schönen blauen Donau, Erika Weith 88 Fahrt an die Donau, Inge Aigner-Thöres 90 Vom Südwesten in den NO., E. Martini 96 Auswanderer-Spuren, Johann Steiner 100 Dem Ende der Welt entgegen, E. Rademacher 104 Zwei Schwestern, Elisabeth Martini 108 Hans Mayer - Erinnerungen, E. Martini 112 Was ist Heimat?, Marliese Knöbl 114 „Die arme Hund“, Josef Herbst 119 „Erdäpl“ in Billed, Josef Herbst 120 „Billedrisch“ ist unser Dialekt, E. Martini 122 Banater Wörterbuch, Mihaela Şandor 126 Wo steht „et Klänet em Lähm...“, W. Weber 130 Besuch bei einem Einsiedler im Banat 132 Schmunzle metm Franz Gebel 134 Värzicher, Peter Neumann 136 Hans im Schnokeloch, E. Martini 138 Heimatliche Frühlingsgedanken 139 Gedanken über den Menschen..., M. Knöbl 140 Maria Schöplein zum 94., E. Martini 142 Die Wess Res(i) ist 93 Jahre, E. Martini 144 Katharina Heinrich zum 80., Tanzgruppe 146 Maria Schaljo wird 80, Werner Tobias 148 Josef Herbst zum 80. , E. Martini 150 Mit 8 schon „Singmädchen“, E. Martini 155 Nachruf Jakob Groß, Adam Tobias 156 Statistik der dt. Volksgruppen, J. Herbst 164 Statistik der Billeder, Josef Herbst 190 Weihnachtsgedanken, Hermine Schnur 192 Inhaltsverzeichnis
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20. Heimattag 2013 H. Rothgerber
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Ansprache von Johann Steiner am Denkmal der Billeder JubiläumsHerbstfest in Nürnberg, Hans Rothgerber
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Schlachtfest mit „Fleischhacker Tango“, Adam Tobias Ferien in Billed, Sara Kenderes
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Sensationeller Fund auf Billeder Dachboden, E. Martini
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Donau schwäbi scher Kulturpreis geht an Anton Hollich, A.Tobias
Impressum Herausgeber: Heimatortsgemeinschaft Billed e.V. | www.billed.de | heimathaus-billed.de Redaktion: Elisabeth Martini | Layout, Grafik und Satz: Hans Rothgerber | Druck: diedruckerei.de Umschlag: U1, U4: Aufnahmen im Juni 2013 am Billeder Kalvarienberg
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Unser Heimatblatt
Grundsätzlich wird das Billeder Heimatblatt allen Landsleuten kostenlos zugestellt. Da wir jedoch für den Druck und den Versand je Buch 10.- € leisten müssen, bitten wir Sie, eine Spende auf das Konto der HOG Billed, IBAN: DE95661900000000111791 BIC: GENODE61KA1 zu überweisen, ein entsprechender SEPA-Überweisungsschein ist beigelegt. Achtung, er muss entsprechend ausgefüllt werden! Um ihre Überweisung einordnen zu können schreiben Sie bitte auf den Überweisungsschein Vorname (auch der Ehefrau), Fami lienname, Ortschaft und Zweck. Wir erwarten keine Spende von Landsleu ten mit geringer Rente, von Arbeitslosen und von den Landsleuten aus Billed. Wir freuen uns, dass wir Ihnen unser Heimatblatt als Zeichen unserer Verbundenheit übermitteln können. Wir bitten jedoch um Verständnis dafür, dass wir wohlsituierten Landsleuten ohne Gegenleistung die nächste Ausgabe nicht mehr zusenden.
In eigener Sache
Landsleute, deren Anschrift sich geändert oder in deren Familien ein Ereignis (Geburt, Hochzeit, Todesfall) stattgefunden hat, bitten wir um Mitteilung an Josef Herbst Freiligrathweg 14, 76571 Gaggenau Tel.07225/76041, josef.herbst@billed.de Ihre Meinungen und Äußerungen zum Heimatblatt, Ihre Vorschläge und Ideen richten Sie bitte an die Redaktion: Elisabeth Martini Kronenstraße 36, 76133 Karlsruhe Telefon 0721/379214 Druckfehler, Änderungen und Irrtümer vor behalten. Autorenbeiträge sind namentlich gekennzeichnet und die inhaltliche Verantwortung liegt bei diesen. Die Redaktion dankt allen diesjährigen Mitarbeitern für ihre Beiträge und Bilder und möchte gleichzeitig alle Landsleute auffordern, Artikel bzw. Anregungen für das Heimatblatt auch im nächsten Jahr zu senden.
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Mitglieder unserer HOG, die auch nach der Weihnachtszeit das Heimatblatt nicht erhalten haben, mögen sich unmittelbar an Josef Herbst wenden. Der sendet es Ihnen nachträglich zu.
Der Vorstand der HOG Billed
Gewählt am 19.05.2013 bei der Hauptversammlung in Karlsruhe Ehrenvorsitzender: Peter Krier Vorsitzender: Werner Gilde, Tel. 0721-863891 Stellvertreter: Josef Herbst, Tel. 07225-76041, Email: josef.herbst@billed.de Alfred Herbst, Tel. 0721-867834 Schriftführer: Adelheid Müller, Tel. 0721-1331547 Kassenwart: Jakob Muttar, Tel. 0721-784177, Email: j.muttar@web.de Beisitzer: Elisabeth Martini, Tel. 0721-379214 Johann Rothgerber, joharo@gmx.de Hans Herbst, Tel. 07225-77233, Email: hans.herbst@billed.de Adam Tobias, Tel. 0721- 865315, Email: ea.tobias@web.de Ralf Gilde, ralf.gilde@googlemail.com
Vorwort
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Liebe Billeder, liebe Freunde, die Adventszeit ist nicht nur geprägt von den Vorbereitungen auf das Weihnachtsfest und die Silvesterfeier, sondern auch von der allgemeinen Erkenntnis, wie schnell doch die Zeit vergeht. Es scheint, als wäre es erst gestern gewesen, als wir auf ein glückliches Jahr 2013 angestoßen haben. Nun ist 2013 schon fast wieder Geschichte und jeder mag für sich selbst entscheiden, ob es tatsächlich ein glückliches Jahr war. In einer schnelllebigen Zeit geben Konstanten Halt und Orientierung. Bei allen Veränderungen der großen wie der kleinen Welt sind es Kultur, Tradition, der Rückblick auf die Vergangenheit, die einen bedeutenden Beitrag für die Menschen leisten. Dabei darf der Blick in die Zukunft nicht fehlen. Ein Zeuge dessen, was war, dessen, was ist, und dessen, was vielleicht sein wird, ist das Billeder Heimatblatt. Eine Konstante seit 1987, das einzige regelmäßig von uns Billedern herausgegebene Buch. Es dokumentiert und kommentiert das aktuelle und historische Geschehen. Es berichtet über die Aktivitäten, die dazu beitragen, unsere Gemeinschaft zu erhalten, solange es das Bedürfnis gibt. Was sie geworden wäre, können wir nur denken, doch was sie war und wie sie unterging, wollen wir niederschreiben, bevor die Bilder in der Erinnerung verblassen oder aus dem Gedächtnis der Menschen entschwinden. Sie halten nun die 26. Ausgabe dieses kleinen Buches in Ihren Händen. Abermals ist es uns gelungen, eine Vielzahl unterschiedlicher Beiträge zu sammeln, niederzuschreiben, die die Vielfalt unseres Seins widerspiegeln. Allen Autoren spreche ich meinen tiefempfundenen Dank aus. Dieser Dank gilt selbstverständlich auch dem Redaktionsteam. Nicht zuletzt seien all jene besonders erwähnt, die an der Fertigstellung des Heimatbuches beteiligt waren, die fleißigen Menschen im Hintergrund, sowohl bei der aktuellen Ausgabe, als auch bei den 25 vorherigen. Ich bin davon überzeugt, dass auch diese Ausgabe zahlreiche interessierte Leser finden wird, die sich über unsere Geschichte, unsere Veranstaltungen und unser jetziges Tun informieren wollen. Allen Leserinnen und Lesern wünsche ich daher eine anregende, wertvolle Lektüre. Es ist vor allem die inhaltliche Vielfalt, die dieses Heimatbuch auszeichnet – ein Nachschlagewerk von bleibendem Wert. Zukunft hat derjenige, der eine Vergangenheit hat und sich dessen in der Gegenwart immer wieder bewusst wird. Diesem Anspruch wird auch dieses Heimatbuch gerecht. Wir wünschen dem Heimatblatt, dass es eine möglichst große Anzahl interessierter Leser findet. Möge es auch dazu beitragen, das Wertgefühl und das Verantwortungsbewusstsein der Bürger für unsere Heimat zu stärken bzw. neu zu wecken, unbeschadet und vollkommener weitergeben zu können an die, die nach uns hier ihre Heimat finden. Liebe Landsleute, liebe Freunde, das Jahr 2013 geht zu Ende und es kommt ein Neues. Ich bedanke mich für die Unterstützung, sei sie finanzieller Art oder durch geleistete Arbeit für unsere Gemeinschaft. Ich danke Ihnen im Namen des Vorstandes unserer Heimatgemeinschaft für Ihr stetes Interesse an unserem Heimatblatt und wünsche Ihnen allen ein besinnliches Weihnachtsfest sowie einen guten Start ins Jahr 2014. Für das neue Jahr wünsche ich allen viel Gesundheit und Glück und verbleibe mit herzlichen Grüßen Werner Gilde Vorsitzender der Heimatgemeinschaft Billed
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20. Heimattag 2013
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um Jubiläumstreffen, am 18. und 19. Mai 2013 in der Badnerlandhalle Karlsruhe, eine der schönsten Festhallen Badens, hatten sich mehr Landsleute und Gäste eingefunden als noch zum letzten Treffen vor 2 Jahren. Sie waren alle gekommen: unsere Ehrengäs te, unser Heimatpfarrer, unsere Blaskapelle, unser Chor, Reporter der BNN u.a. Verglichen mit früher hat sich jedoch einiges geändert, das „große Verzählen“ und „sich Aussprechen“ ist leise geworden. Die Landsleute der Erlebnisgenerationen, durch
Hans Rothgerber
die Schicksalskeulen der Banater Deutschen in ihren Erinnerungen aneinandergekettet, sind inzwischen rar. Obwohl man gern wie früher sozial geschichtet zusammensitzt und auch viele Gesichter billedrisch verwurzelt wirken, interessiert man sich eher für das Festtagsprogramm mit der Foto-Ausstellung, den Ansprachen, der Blaskapelle und den Trachtengruppen. Beim Festumzug konnte, entgegen aller Prognosen, eine Rekordbeteiligung von 30 Trachtenpaaren gezählt werden, darunter 8
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www.heimathaus-billed.de/bambuser enthält eine umfangreiche Bild- und Video-Dokumentation über unser Heimattreffen 2013. Die Veranstaltung in der Badnerlandhalle wurde erstmals über das Internet weltweit in Echtzeit mit bisher über 1.300 Zugriffen übertragen. Kinderpaare. Freilich waren nicht alle Billeder, auch Mitglieder der Trachtengruppen der Banater Schwaben Karlsruhe befanden sich darunter. Es ist schon lange nicht mehr so wie früher, als noch jeder jeden kannte. Der Programmverlauf war der schon erfahrungserprobte: Samstag 11:00 Ausstellung im Foyer „Fotos aus dem alten Billed“ 14:00 Festumzug der Trachtenpaare und Blaskapelle durch Neureut und Abholen der Ehrengäste
15:30 Festgottesdienst in der St. JudasThaddäus-Kirche 17:00 Ansprachen der Ehrengäste in der Festhalle, Brauchtums- und Tanzvorführungen der Trachtengruppen 20:00 Unterhaltungsabend in der Festhalle mit der Billeder Blasmusik und DJ Gerry Sonntag 10:00 Gedenkfeier am Billeder Denkmal auf dem Hauptfriedhof in Karlsruhe 11:00 Hauptversammlung der HOG Billed in der Gaststätte der Rintheimer Sporthalle.
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Um 14:00 Uhr durch Karlsruhe-Neureut zum Einladen der Ehreng채ste. Rund 30 Trachtenpaare sind zum Billeder Jubil채umstreffen zusammengekommen - so viele wie noch nie. Es sind die Mitglieder der Trachtengruppen der Banater Schwaben Karlsruhe
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Die Trachten sind 채hnlich denen, die zuletzt in Billed bei der Kirchweih getragen wurden Der Festtagszug ist wie immer klar geordnet. Die Jungend an der Spitze, dahinter die Erwachsenen, im Hintergrund die Ehreng채ste, der Vorstand der HOG und zuletzt die Blaskapelle
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14:37- Umtrunk beim Einladen der Ehrengäste. Ortsvorsteher Jürgen Stober (2ter von rechts) und Bürgermeister Michael Obert (3ter von rechts) vor dem Feuerwehrgerätehaus Karlsruhe-Neureut. Bild rechts: Die banatschwäbische Tracht bietet eine ausgezeichnete Polsterung beim Sitzen. Kindergruppe beim Durstlöschen - bei der Feuerwehr schmeckt nicht nur das Feuerwasser.
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15:18 - Zusammen mit den Ehreng채sten begibt sich der Festzug zum Festgottesdienst in die St. Judas-Thadd채us-Kirche in Karlsruhe-Neureut. Fotos: Peter Schweininger
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Nach dem Bahnübergang heißt es: „Buwe, was han mer heit?“ Brauchtumsgemäß gibt es dann einen Kreistanz. Kurz vor der Ankunft, der Umzug hin und zurück dauert jeweils rund 15 Minuten.
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Bild oben: Festgottesdienst mit Heimatpriester Marius Frantescu in der St. Judas-Thadd채usKirche in Karlsruhe-Neureut
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Bild unten: Chor der Banater Schwaben Karlsruhe unter der Leitung von Hannelore Slavik und die Solistinnen Melitta Giel und Irmgard Holzinger-Frรถhr.
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Festgottesdienst mit Heimatpriester Marius Frantescu in der St. Judas-Thadd채us-Kirche in Karlsruhe-Neureut. Weitere Fotos unter www.heimathaus-billed.de/bambuser
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Gruppenbild der Blaskapelle vor der Kirche.
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Gruppenbild der Kirchweihgesellschaft vor der Badnerlandhalle. Fotos: Cornel Gruber
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Letzter Aufmarsch entlang des Springbrunnens vor der Badnerlandhalle Auf dem Weg in die Badnerlandhalle
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Auf dem Weg in die Badnerlandhalle 17:15 Die Blaskapelle Billed-Alexanderhausen vor der Badnerlandhalle
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17:25 Uhr - Kulturprogramm in der Badnerlandhalle. Ansprachen der Ehreng채ste, Tanzvorf체hrungen der Trachtengruppe und Tanzunterhaltung mit der Blaskapelle und DJ Gerry. Unter www.heimathaus-billed.de/bambuser gibt es eine Liveaufzeichnung der Veranstaltung.
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Vor dem Denkmal der Billeder auf dem Karlsruher Hauptfriedhof. Fotos: Cornel Gruber
Ansprache von Johann Steiner bei der Gedenkveranstaltung am Denkmal der Gemeinde Meine sehr verehrten Damen und Herren, liebe Landsleute, zwei Jahre sind vergangen, seit sich ein Teil von uns hier versammelt hat, um unserer Vorfahren zu gedenken. Heute ist es erneut soweit: Wir sind wieder einmal in Karlruhe um das Mahnmal versammelt, das unsere Gemeinde im Gedenken an unsere Toten hat aufstellen lassen. Inzwischen sind zwei Jahrzehnte vergangen, seit die letzten aus unserer Billeder Gemeinschaft in der alten Heimat alles haben stehen lassen und mit zwei Kisten, doch mit einem Herz voller Erinnerungen für immer gegangen sind - ins Mutterland. Sie hatten es satt, dass ihre Identität zermalmt wurde, „mal mit Stiefelbrutalität“ und „mal mit levantinischer Schlauheit“, wie es Nikolaus Berwanger in einem Gedicht ausdrückt. Der heutige Pfingstsonntag ist ein Tag, an dem wir wieder einmal zurück- und voraus-
blicken wollen. Die beste Gelegenheit dazu bietet wohl eine kurze Rundreise durch unsere ehemalige Heimat, zu der wir in Temeswar starten wollen. „War die Bega immer so schmal?“ Von der Fußgängerbrücke über den Kanal ist der Blick frei durch die Ady-Endre-Straße auf die orthodoxe Kirche am Küttel-Platz. Wir haben den Kanal, aber auch die Hauptstadt des Banats und die Dörfer in unserer ehemaligen Heimat ganz anders in Erinnerung. Denn die Farbe unserer Erinnerungen ist verblasst. Es ist nicht mehr die Erinnerung, mit der wir die Reise vor zwei oder drei Jahrzehnten nach Deutschland angetreten haben. Nach 20 Jahren sind wir wieder einmal im Banat. Heute sehen wir vieles mit anderen Augen. Die Bega erscheint uns klein, auch
Brauchtum und Tradition manches Gebäude. Wir haben angenehme Erinnerungen an die Viertel, in denen wir in unserer Jugend herumgekommen sind. Die Ady-Endre-Straße, die vom Gotteshaus der Baptisten am linken Bega-Ufer südwärts zur rumänisch-orthodoxen Kirche in der Temeswarer Josefstadt führt, sieht nicht besser und nicht schlechter aus als die meisten Straßen der Banater Hauptstadt. Die niedrigen Häuser erinnern nur noch an einstigen Glanz und Wohlstand. Heute sind sie Zeugen einer 40 Jahre währenden kommunistischen Misswirtschaft: Die Fassaden bröckeln, die Farbe fehlt schon längst. In Billed ist es nicht anders. Dort stehen sich die Gegensätze diagonal gegenüber. Die Kirche und das einstöckige Pfarrhaus sind frisch gestrichen. Das Dach des einstöckigen Kastells, das aus der Zeit um 1800 stammt, ist eingestürzt. Es ist nicht das erste Gebäude, das in Billed zerfällt. Doch es gibt auch Positives: Alle Straßen haben ein Schotterfundament und sind auch nach Regen befahrbar. Die Haushalte werden mit Erdgas versorgt. In Billed ist die Stadtnähe zu spüren. Die beiden Friedhöfe, der Neugässer und der Sauerländer, sind gepflegt. Es ist das Verdienst eines Mannes: Adam Csonti vom Deutschen Forum. Das Forum, das in einem ehemaligen Bauernhaus seinen Sitz hat und Küche und Hotelzimmer sein eigen nennt, ist Treffpunkt und versorgt Senioren mit Essen. Billed hat noch mehr deutsche Einwohner als die meisten anderen Dörfer in der Banater Heide. Doch die Mehrheit ist alt, sehr alt. Zu ihnen gehören die Schwestern Katharina und Maria Gilde in der Altgasse. Sie sind schon mehr als 90 Jahre alt, doch es fehlt ihnen nichts. Sie haben ihre Felder zurückerhalten, die sie verpachten. Sie beziehen drei Renten: eine für fünf Jahre Zwangsarbeit in russischen Lagern, eine für die Verschleppung in die Donautiefebene und eine für die Arbeitsjahre auf Staatsfarmen und in der Billeder Ziegelei.
23 Wir erreichen Billed mit einem Taxi. Vor dem Laden gegenüber dem Rathaus steht ein halbes Dutzend Männer. Davon kenne ich einen, er heißt Willi. Ich bin froh, dass er nicht weiß, wer ich bin. Er gehört zu jenen, von denen Nikolaus Lenau in einem seiner schönsten Gedichte schreibt: „Dreimal haben sie mir gezeigt, Wenn das Leben uns nachtet, Wie man´s verraucht, verschläft, vergeigt, Und es dreimal verachtet.“ Billed um 9. Es ist lediglich ein Bildausschnitt. Er zeigt uns genauso wie ein Spaziergang durch die Dorfstraßen, dass doch nicht sämtliche Erinnerungen verblasst sind. Früher, das wissen wir noch ganz genau, waren die Straßen und Höfe gefegt und aufgeräumt. Der Spaziergang durch die Straßen führt an Ruinen vorbei, aber auch an neuen Häusern, die überall in Europa stehen könnten. Die neuen Einwohner, die unsere Stelle eingenommen haben, sind in letzter Zeit mit Eifer dabei, weitere unserer Spuren zu verwischen. Was der Zahn der Zeit nicht geschafft hat, holen sie jetzt nach. Sie tragen die Spitzgiebel ab und machen sie zur Schrägen, wohl auch, um die deutschen Namen zu tilgen. Das Land zwischen Donau, Theiß, Marosch und Banater Bergland haben längst andere übernommen. Wir Deutschen im Ost-Banat sind mehr oder weniger freiwillig gegangen. Die Juden haben das Land noch vor uns Deutschen und vor den Ungarn verlassen. Wer heute im Banat unterwegs ist, weiß aber auch das: Es gibt nicht nur Armut. Nobelkarossen geben Auskunft über enormen Reichtum. Auch das sagt uns deutlich: Die Farbe der Erinnerungen verblasst. Das Banat ist nicht mehr das, was es einmal war. Binnen einer Woche haben wir auf unserer Rund-
24 reise auf den Straßen Temeswars drei Leute deutsch sprechen gehört, zwei auf der Lloydzeile und einen telefonierenden Jungen in der Elisabethstadt. Aber auch das Ungarische ist ebenso selten auf der Straße zu hören. Auf Schritt und Tritt stellen wir fest: Die Farbe unserer Erinnerungen ist verblasst. Das multikulturelle Banat ist ärmer geworden, nicht nur materiell. Eigentlich schade. Unsere Banater Schwaben, die vor zweieinhalb Jahrhunderten voll der Hoffnungen südostwärts ins Ungewisse gezogen sind, wurden wie eine 250-jährige Eiche von einem Wirbelsturm entwurzelt. War es eine menschliche Tragödie? Wahrscheinlich doch eher Glück im Unglück. Denn schon große Völker und Weltreiche sind von der Erdoberfläche verschwunden. Wir Banater Schwaben haben die uns vorgegaukelte historische Mission längst begraben. Wir hatten es satt, Zaungäste zu sein, wenn das Mehrheitsvolk die erste Geige spielt, um mit Berwanger zu sprechen. Manche von uns haben keine neue Heimat mehr gefunden, doch es gibt auch solche, die selbst im Banat kein Heimatgefühl haben entwickeln können. Dafür haben sie zu kurz in ihrem Geburtsort gelebt. Inzwischen hat wohl die überwiegende Mehrheit der im Westen Angekommenen ein neues Zuhause gefunden, und unseren Kindern und Kindeskindern bleibt das lästige Minderheitengefühl – hervorgerufen durch Beleidigungen und Diskriminierung - erspart. Und deshalb können wir ruhig behaupten: Leid tut es den wenigsten. Inzwischen haben bestimmt viele eine neue Heimat gefunden, wir haben schon viele unserer Lieben im Land unserer Vorväter begraben. Und eins ist sicher: Dort, wo man seine Angehörigen begräbt, schlägt man neue Wurzeln. Karlsruhe und dieser Friedhof sind Beispiele dafür.
Brauchtum und Tradition Doch das hat wieder seine Kehrseite: Unsere Kinder und Enkel besuchen Billed kaum noch. Ihnen fehlt selbst die blasse Erinnerung. Das ist normal. Viele unserer Nachkommen lernen nicht mehr die uns vertraute Mundart, die sich unter dem binnendeutschen Einfluss längst wandelt. Auch unsere Sprache wird in nächster Zukunft Geschichte sein, denn alles verändert und entwickelt sich, ja verschwindet schließlich. Dieser Wandel ist Teil vom Kommen und Gehen der Völker. In einer Generation, vielleicht erst in der darauf folgenden, werden die Banater Schwaben zu den verschwundenen deutschen Stämmen gehören. Es ergeht uns wie beispielsweise den Ostpreußen oder Schlesiern. Ihre Sprache, ihre Sitten verschwinden allmählich, während andere deutsche Stämme, in deren Mitte wir heute leben, ihr Brauchtum und ihre Sprache weiter pflegen können. Denn ihre Einrichtungen wurden nicht restlos zerstört. Ihre Lokalpresse mit ihren Redakteuren fördert nach wie vor den rheinischen Karneval oder die alemannische Fastnacht. Und dieselben Redakteure sind oft nicht bereit, Vertriebenen und ihren letzten Veranstaltungen ein paar Zeilen einzuräumen. Tun sie es aber, so kränken sie die von der Geschichte am härtesten Getroffenen oft, indem sie Herkunftsorte nicht beim deutschen Namen nennen. Ihnen wollte man gerne zurufen: Wie hättet ihr dreingeblickt, wenn die Interzonengrenze von West nach Ost verlaufen wäre und ihr auf der falschen Seite gestanden hättet?! Oder: Wie hättet ihr euch gefühlt, wenn ihr in Richtung Osten vertrieben worden wärt? Die Gemeinschaft der Banater Schwaben ist unaufhaltsam eingestürzt wie ein Teil der stolzen Giebelhäuser, in den einst prachtvollen Banater Dörfern. Diese klaffende Wunde ist nicht mehr zu heilen. Könnten unsere Vorfahren, die fern von Karlsruhe, in den vier Joch auf dem Neugässer und Sauerlän-
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Bei der Gedenkveranstaltung an Pfingstsonntag auf dem Hauptfriedhof in Karlsruhe. der Friedhof begraben liegen, zurückschauen, sie würden die Welt nicht verstehen. Den hier bestatteten aber bliebe das jedenfalls erspart. Denn sie haben selbst erfahren, was uns der Lauf der Geschichte alles beschert hat. Sie können hier in Frieden ruhen. Aber ich bin mir sicher, sie würden das unterschreiben, was Hans Kehrer in ein paar schwäbische Verse gefasst hat: Mer Schwowe Mer hann all e Zaiche em Gsicht, of der Stier, in de Aue! Mer kennt ons von weidm. Mer senn gebrennt, un gephännt un verschennt. Mer Schwowe! Gebrennt vom Kriech, vom Lager, von Flucht on von Not. Gebrennt von Braun on Rot, von Scham on Tod! Mer senn gephännt: Et Feld es verlor, et Vich ausm Tor: on tot senn die Pheer, de Tenn es leer.
Noh allm hann se gegriff, gement, das macht reich. Nor net nohm Fleiß de macht äm so mied - on so heiß! Noh allem hann se gschrie „im Namen des Volkes“ on senn arm, wie noch nie! Mer senn verschennt, mer Schwowe: von Rechts on von Lenks. Weil mer en khä Schublad net passe! Dem Rechtse zu lenks, dem Lenkse zu rechts! En der Freiheit Solle mer net senn, was mer senn! Rechts war de Tod on lenks war die Not! Macht eich khä Sorche om ons! Meer fenne de Weech! On senn, was mer senn! Hinner ons die Frem; En Deitschland derhem! Das Gedicht habe ich in den Billeder Dialekt übertragen. Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.
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Brauchtum und Tradition
Baujahr 1990 und aktiv in der HOG Billed?!
ie Überschrift dieses Artikels erscheint auf den ersten Blick durchaus als kleiner Widerspruch. 1990 geboren, hier in Deutschland, nach dem Sturz von Ceaușescu und acht Jahre nach der Flucht/Ausreise meiner Familie aus Rumänien. Was habe ich denn noch mit der alten Heimat, was mit Billed zu tun? Welchen Bezug habe ich denn dazu, wo doch bereits viele aus der Generation meiner Eltern, die sogar in Rumänien geboren wurden, mit der alten Heimat „abgeschlossen“ haben? Warum engagiere ich mich für die Heimatortsgemeinschaft Billed, wo ich doch meine Heimat als Karlsruhe definiere? Diese Fragen sind durchaus berechtigt und es ist eine sehr interessante Erfahrung, sich diese auch zu stellen. Was hat es denn mit diesem besonderen und bedeutungsvollen Wort „Heimat“ auf sich, von dem doch so oft die Rede ist? Ist es der Heimatgedanke, der mich antreibt? Naja, fragt man mich nach meiner Heimat, beantworte ich die Frage ohne großes Zögern mit Karlsruhe. Hier bin ich geboren und hier bin ich groß geworden. Allerdings ist der Begriff Heimat von weit umfassenderer Bedeutung, als dass man ihn nur auf den Geburts- oder Wohnort begren zen könnte. Versucht man, das Wort Heimat ins Englische oder Französische zu übersetzen, sieht man, dass mit „homeland“ oder „lieu d’origine“ der deutschsprachige Bedeutungsbegriff auf seinen Ortsbezug beschnitten wird. Sprechen wir im Deutschen von Heimat, so ist neben der räumlichen Dimension auch eine soziale und kulturelle Komponente enthalten. Die Heimat prägt unsere Identität, unseren Charakter, unsere Mentalität bis hin zur Weltauffassung. Mit diesem umfassenden Heimatsbegriff bleibt meine Heimat Karlsruhe, aber
Ralf Gilde
wenn ich mir überlege, wodurch und durch wen meine Identität, mein Charakter, meine Mentalität und Weltauffassung geprägt wurden, so spielen meine Eltern und Großeltern eine herausragende Rolle und dabei auch deren Vergangenheit, deren gesammelte Erfahrungen und deren eigene Prägung durch ihre Heimat. Ihre sogenannte „alte Heimat“, in der sie aufgewachsen sind, durch die sie in ihren moralischen Werten und Anschauungen geprägt wurden und deren kulturellen Einflüsse auch meine persönliche Entwicklung beeinflusst haben. Was kann noch Motivation sein, sich mit der Kultur und den Wirkungsstätten seiner Vorfahren zu beschäftigen? Neben Heimat existiert noch ein weiteres bedeutungsgeladene Wort, nämlich Tradition. Die Tradition bezeichnet die Weitergabe, das „Hinüber-Geben“ (Tradere) von gewissen Überzeugungen, Handlungsmustern und Glaubensvorstellungen, meist zwischen Generationen. Tradition übermittelt sich durch Erziehung und Nachahmung von Vorbildern und hilft uns Wissen und Fähigkeiten auszubauen und erleichtert ein soziales Miteinander durch Vermittlung von Sitten und Bräuchen. Tradition ist somit auch ein Stück Lernen aus den Erfahrungen und Fehlern der vorherigen Generation. Es ist dieser Austausch zwischen den Generationen und deren Erfahrungsreichtum, die mich u.a. bewegen, mich mit der Kultur meiner Vorfahren zu beschäftigen. Für mich ist das der Traditionsgedanke im Sinne von Thomas Morus, der die Aussage prägte: „Tradition ist nicht das Halten der Asche, sondern das Weitergeben der Flamme“. Für mich ist in der Geschichte und den Erfahrungen der Banater Schwaben jede Menge „brennbares Material“, das für mein eigenes Leben nützlich ist.
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Vorstandssitzung der HOG Billed im Oktober 2013 in Karlsruhe: v. l. Heidi Müller, Adam Tobias, Hans Herbst, Werner Gilde, Ralf Gilde, Josef Herbst, Jakob Muttar, Elisabeth Martini, Hans Rothgerber und Alfred Herbst (fotografiert) Hier wird noch tadelloses Billedrisch gesprochen: der Vorstand der HOG verstärkt durch eine Helfermannschaft beim Versand des letzten Heimatblattes in Karlsruhe
28 Heimat und Tradition, diese beiden Einflüsse auf mein persönliches Leben haben mit Sicherheit einen deutlichen Anteil an meinem Bedürfnis, mich zu engagieren, aktiv zu sein in einer Heimatortsgemeinschaft, in der meine Familie, ich selbst aber nicht direkt, verwurzelt ist. Allerdings ist da noch etwas anderes, das mich motiviert. Meiner Meinung nach sind wir aus der jungen Generation der Banater Schwaben es unseren Großeltern und unseren anderen Vorfahren schuldig, uns für deren Geschichte, Leben und Wirken zu interessieren. Neben der Tatsache, dass wir ohne sie nicht wären, bin ich mir sicher, dass uns unsere Großeltern und Familie schon von frühem Kindesalter unterstützt und auch in schwierigen Situationen gestützt haben. Da war mit Sicherheit das ein oder andere Spielzeug, das sie für uns unter dem Tannenbaum versteckt haben oder im jugendlichen Alter der ein oder andere Geldschein, den man zugesteckt bekam und der die Situation mit einem notorisch knappen Taschengeld so sehr erleichtert hat. Schauen wir allerdings genau auf die Geschichte dieser Leute, stellen wir fest, dass ein solcher Luxus keinesfalls als eine Selbstverständlichkeit angesehen werden kann. Deshalb finde ich es als meine Aufgabe, mich zu engagieren, das „kulturelle Erbe“ zu erhalten und mich somit auch ein Stückweit dankbar zu zeigen, für all das, was meine Großeltern und meine Familie für mich getan haben. Die bis hierhin beschriebene Motivation ist jedoch als Ergebnis eines persönlichen Entwicklungsprozesses zu verstehen, der wohl im frühen Kindesalter begann, aber über einen Großteil der Zeit unentdeckt in meinem Unterbewusstsein voranschritt. Wenn ich zurückdenke an meine ersten bewusst wahrgenommenen Erfahrungen mit der HOG Billed, so erinnere ich mich an die Billeder Treffen in der Badnerlandhalle, aber auch an meinen ersten Besuch in Billed mit fünf Jah-
Brauchtum und Tradition ren, der sehr beeindruckend war, die Festivitäten zur Einweihung des Kriegerdenkmals vor der Billeder Kirche zum Gedenken der Gefallenen vom Zweiten Weltkrieg, der Russland- und Baragandeportierten, die ich mit meinem Bruder und meinem Nachbarn musikalisch begleitet hatte. Allerdings waren all die genannten Aktivitäten fremdbestimmt durch die Eltern. Im jugendlichen Alter, in dem jeder den Drang entwickelt, sich von den Vorgaben der Eltern zu lösen und beginnt seinen eigenen Weg einzuschlagen, hatte ich mich auch von dem Kulturprogramm meiner Eltern abgewandt. Erst mit Anfang 20 wurden die Geschichten und die Geschichte meiner Großeltern und meiner Vorfahren auf eine neue Art und Weise interessant für mich. Ich denke, es braucht einfach eine gewisse Zeit, bis man den Erfahrungs- und Kulturschatz seiner Vorfahren schätzen lernt. Die Zeitspanne, die es braucht, ist bei jedem anders, aber ich bin mir sicher, dass ein jeder an den Punkt kommt, an dem er nach seiner Herkunft und seiner kulturellen Identität sucht. In einer zunehmend anonymisierten Welt wird es in Zukunft verstärkt das Verlangen nach Klarheit über die eigene Herkunft geben. Sich für seine Herkunft zu interessieren und zu engagieren, ist auf keinen Fall etwas, wofür man sich schämen müsste. Wo fände man einen Bayer, der nicht mit Stolz seine Tracht, sei es Lederhose oder Dirndl, trägt? Wir Banater haben auch eine Tracht, im kulturellen Sinne und als besondere Kleidung, die ich beide mit Stolz trage. Baujahr 1990 und aktiv in der HOG Billed! Bild rechts: Christian Gilde, der Bruder von Ralf (Ralf befindet sich zu diesem Zeitpunkt zum Studium in den USA), mit Freundin Julia, die zwar nicht aus dem Banat kommt, aber mit demselben Stolz beim Billeder Heimattag 2013 unsere Tracht trägt.
Brauchtum und Tradition
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Brauchtum und Tradition
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Jubiläumsfeier im Gemeindezentrum Sankt Peter und Paul in Karlsruhe.
20-jähriges Jubiläum der Tanzgruppe der Banater Schwaben Karlsruhe
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in kleines Banater Treffen fand am 13. April im vollbesetzten Gemeindezentrum Sankt Peter und Paul in Karlsruhe anlässlich der 20-jährigen Jubiläumsfeier der Trachtengruppe Karlsruhe statt. Viele waren gekommen, weil sie schon immer das hohe Können der Trachten tragenden Tänzerinnen und Tänzer bewunderten, andere weil sie selbst einmal zur Tanzgruppe gehörten und stolz darauf sind. Gekommen waren auch die Ehrengäste, die von Werner Gilde herzlich begrüßt und vom Publikum mit Applaus empfangen wurden: der OB von Karlsruhe Dr. Frank Mentrup, der Bundesvorsitzende der LM der Banater Schwaben Peter-Dietmar Leber, die Stadträte Dr. Klaus Heilgeist (CDU, auch Kuratoriumsvorsitzender vom Haus der Heimat), Johannes Krug (CDU), Michael Borner (Grüne), Thomas Kalesse (FDP) mit Ehefrau, Alois Kapinos, stellvertretender Vorsitzende vom BdV Kreisverband
Kerstin Klein, Elisabeth Martini
Karlsruhe, mit Ehefrau; Josef Gerlach, Vorstandsmitglied vom Freundeskreis Karlsruhe-Temeswar. Verhindert gewesen, sich aber schriftlich für die Einladung bedankt haben: Manfred Groh, Landtagsabgeordneter BW (CDU); Jürgen Stober, Ortsvorsteher von Neureut; Günter Weber, Ehrenvorsitzender vom FC Südstern. Alle Gäste haben der Veranstaltung einen guten Verlauf gewünscht, künftigen Erfolg und den Gruppen für ihr kulturelles Engagement gedankt. Sehr charmant und gekonnt hat Heidi Müller- neben Werner Gilde die leitende Hand und gute Seele der Gruppe - den Werdegang des Ensembles anhand eines überreichen Bildmaterials erläutert. Die Zuschauer waren überrascht angesichts der Vielfalt an Darbietungen zu den verschiedensten Gelegenheiten. Wo man sie „braucht“, sind sie voll und ganz dabei, unermüdlich, freundlich lächelnd, dankbar für den Applaus des Publikums, für das keine Mühe gescheut wird.
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Die Tanzgruppen - insgesamt 60 aktive Mitglieder. Fotos: Cornel Gruber Vor 20 Jahren hat es eigentlich klein begonnen, wobei die Entwicklung bis heute zeitweise wellenförmig verlief, heute jedoch zählen Kindergruppe, Jugendliche und Erwachsene zusammen 60 aktive Mitglieder, was auch die Fotos veranschaulichen, die zur Hoffnung berechtigen, dass es mit unserer Trachtengruppe noch viele Jahr erfolgreich weitergehen wird. Von der DBJT wurde die Tätigkeit der Gruppenleiter Heidi Müller und Werner Gilde durch eine Urkunde mit Medaille gewürdigt, überreicht von Heike Wolf. Werner Gilde hat außerdem vom Bundesvorsitzenden Peter-Dietmar Leber die Silberne Ehrennadel für besondere Verdienste verliehen bekommen. Auch alle aktiven Gruppenmitglieder haben anlässlich dieser Feier vom Vorstand des Kreisverbandes der Banater Schwaben Karlsruhe eine Urkunde erhalten, die Anerkennung für Geleistetes und zugleich Ansporn für Künftiges sein soll. Aus der Rede des Karlsruher Oberbürgermeisters Dr. Frank Mentrup ist mir persönlich vor allem ein Satz haften geblieben, den ich zum Nachdenken weiterreichen möchte: „Der Tanz ist die Symphonie der Füße“, was
dem Tanz einen höheren Rang als gängig zuweist, der demgemäß nicht nur einfache Bewegung ist: Er führt Menschen zusammen, lässt sie schweben, die Wirklichkeit vergessen. Und bestimmt haben viele unserer Banater Zuschauer die Gegenwartssorgen für paar Stunden vergessen, haben sich in die Jugend zurückgeträumt und doch viel und laut geklatscht, weil es ihnen gefallen hat, was da auf der Bühne und auch davor zu sehen, zu erleben war. In ihrer Danksagung an alle, die irgendwie mit dem Werden und Gedeihen des Ensembles, mit dem Gelingen des Jubiläums zu tun hatten, hat Heidi Müller bestimmt niemanden vergessen, vielleicht nur sich selbst. Allein sie räumte zuletzt noch ein, dass langsam auch an die Weitergabe der Stafette gedacht wird, wenn auch nicht in allernächster Zeit. Gestärkt durch Banater Wurst, Kipfeln, Kuchen und allerlei Getränke konnte zur Musik der Billed-Alexanderhausener Trachtenblaskapelle, die das gesamte Tanzprogramm umrahmt hat, getanzt werden, wobei anschließend auch Gerry Kegler für gute Stimmung sorgte.
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Die Erdbeertanzgruppe. Die Jugendtanzgruppe in Trachten wie sie zuletzt in Billed getragen wurden
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Gruppenbild mit Oberbürgermeister Dr. Frank Mentrup Heidi und Werner, die Leiter der Trachtengrup pen
Die Silberne Ehrennadel für besondere Ver dienste für Wener Gilde
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Billeder Friehjohrs-Senioretreffe
cheen waaret drauß on scheen waaret aa drenn, wo sich die Billeder Seniore am 24. April schon om 14 Uhr em Haus der Heimat Karlsruhe nanner herzlich begrießt on sich gfreit han, zamm zu komme noch vor dem groß Billeder Phingschttreffe am 18.- 19. Maai en Neireit. Bei dem Friehjohrstreffe waare – wie gewehnlich – vill meh Weiwer wie Männer, weil die jo „stärker“ sen on länger aushalle. Blumme for das „Ambiente“ haade se gebrong, appetitliche Kuche on Kipfle – so massiv vill, dass beim beschteZuschpruch net alles gess es genn; for die Kaarteschpiller am Sonntach droff es aa noch geblieb. Kaffee on allerlei Getränk han aa net gfehlt, die Bedienung waar erschtklassig. Noh de Begrießung dorch de Muttar Jokob hat de Herbscht Sepp iwer Geburte, Todesfälle on die Kaschtell en Billed enformeert
Elisabeth Martini
on zwaa Gedichter vorgetraa, das iwer die Schweermottre hat am beschte gfall. Zom „Einstand“ - weil zom erschte Mol drbei – hat et Martini Lissi de ausm Elsässischen ent Billedrische iwertraane „Hans em Schnokeloch“ vorgetraa on an de Frick Hans erennert, wo sich manchmol em Witz met Hans em Schnokeloch onerschrieb hat. Er on so manche anre Banater Schwob han sich manchmol wie de Elsässer gfielt on verhall. Die Frau Schrottmann, wo jo kä Banaterin es, hat sich erennert, dass se das Lied vom Hans em Schnokeloch drhem aa gsong han, wie mer sich das heitzutaach aa em Internet aanhorche kann. En dene 4 Schtonne es verzählt gen iwer die Familie, die Krankheide, die Aarweit (em Gaarte), iwer Gott on die Welt on zuletscht hat mer sich verschproch, an Phingschte nochmol drbei zu sen.
Muttar Magdalena kümmert sich bei den Seniorentreffen um die Beköstigung
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Fotos: Hans Martini
25 Jahre Rentnertreffen
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eit 25 Jahren treffen sich Billeder Rentner jährlich im Frühjahr und Herbst im Haus der Heimat Karlsruhe. Im April kamen 40 Personen, 22 Frauen und 18 Männer, im September waren es 30 Personen, 18 Frauen und 12 Männer. Beim Jubiläums-Herbsttreffen begrüßte Jakob Muttar die Anwesenden und dankte Johann Gehl, Initiator dieser Veranstaltungen vor 25 Jahren. Von Josef Herbst wurden zwei
Jakob Muttar
Gedichte vorgetragen und die Liste der Sterbefälle des laufenden Jahres vorgelesen. Kuchen und Kipfel, sowie Bier, Wein und Säfte sind die traditionellen Beköstigungen dieser Zusammenkünfte. Am wichtigsten ist freilich das 4-stündige „große Verzählen“. Die Termine für 2014: 23. April und 17. September, jeweils um 14 Uhr im Haus der Heimat Karlsruhe. Alle Rentner sind herzlich eingeladen.
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Kulturveranstaltung in Guttenbrumm. Fotos: Hans Martini
Die 11. Heimattage der Banater Deutschen
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um 11. Mal trafen sich Banater Deutsche zu ihren traditionellen Heimattagen, die alle zwei Jahre stattfinden. Geladen hatten: das Demokratische Forum der Deutschen im Banat (DFDB), das Deutsche Forum der Banater Jugend (DFBJ) und der deutschsprachige Medienverein FunkForum. „Getreu der Tradition – zuversichtlich in die Zukunft“ war das Motto der Veranstaltung, die im Zeitraum 23.- 26. Mai in Billed, Guttenbrunn und Temeswar stattfand, wobei es der Wettergott, im Gegensatz zu den Heimattagen 2011, nicht gut meinte: Verhangener Himmel, unterkühlte Temperaturen, wenig Sonnenschein und Regengüsse, als es am schönsten sein sollte. Schon am Donnerstag (23. Mai) waren die Trachtenträger vom Bundesverband der Banater Schwaben Karlsruhe und Frankenthal
Elisabeth Martini
per Bus angereist, wurden im Lenau-Internat und der Jugendherberge untergebracht und verköstigt. Frau Annemarie PodlipnyHehn nahm für die Jugendlichen die StadtFührung durch Temeswar vor, gegen 19 Uhr ging‘s nach Billed: auf den Kalvarienberg, ins Forum, in die Maiandacht in der katholischen Kirche, ins Kulturheim. Angereist waren inzwischen auch die Te meswarer Rosmareiner sowie die Tanzgruppe aus Singen, der Partnerstadt Temeswars, sodass bei dem Ansturm auf die „Mici“ (Cevapcici) auch der Kneipenwirt ins Schwitzen kam. Die „Mici“ schmeckten köstlich und die gemeinsame Tanzunterhaltung zog sich bis gegen Mitternacht hin. Offiziell eingeleitet wurden die 11. Heimattage am Freitag, dem 24. Mai, mit einem feierlichen Akt anlässlich des 90. Todes-
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Billeder bei der Veranstaltung in Guttenbrunn jahres des größten Schwabendichters Adam Müller-Guttenbrunn (1852 -1923) in Guttenbrunn, der Gemeinde, die ihn seinerzeit als uneheliches Kind abgelehnt, diskriminiert hat, der jedoch als Schriftsteller seinen Namen durch diese Ortsbezeichnung ergänzt hat und so seinen Geburtsort berühmt machte. Die Begrüßung der Gäste und Ehrengäste aus Temeswar, dem Banat, aus Deutschland und Ungarn durch den Bürgermeister Marian Toader war freundlich und fundiert. Besichtigt wurden nach mehreren kurzen Grußworten – gruppenweise von den etwa 250-300 Gästen – das mit EU-Geldern sanierte Adam-Müller-Guttenbrunn-Gedenkhaus (1927), wo anhand von Bildmaterial, Text und Möbel eine allgemeine Sicht auf Herkunft, Leben und Wirken des gefeierten Geistesschaffenden vermittelt wurde, ergänzt durch die Erläuterungen von Peter Krier; die frisch renovierte Adam-Müller-Gut-
37 tenbrunn-Schule, das Feuerwehr-Museum. Zum längst umgebauten, nicht zugänglichen Geburtshaus des bedeutendsten Sohnes dieser Gemeinde in der Herrenstraße fanden nur wenige Besucher den Weg die Stufen hoch, zumal auch die jetzige Bewohnerin selbst auf Fragen nur vage, ausweichende Antworten geben konnte. Zur Marschmusik der Weinbergmusikan ten zog man geordnet hinter den Trachtenträgern zum Feuerwehrturm-Park, wo vor der Büste des Dichters die feierliche Kranzniederlegung durch ein Trachtenträger-Paar erfolgte. Im Hof des Kulturheims boten die Tanzgruppen ein buntes Farbenspiel zu beliebten Banater Volksweisen, ergötzten das Auge durch synkronen Schwung. Reichen Beifall ernteten auch die Laiendarsteller von 4 Szenen aus der Dramatisierung durch Hans Kehrer von Adam Müller-Guttenbrunns Roman „Meister Jakob und seine Kinder“. Peter Krier referierte gekonnt über Leben, Werk und Wirkung des großen Banater Schwaben. Bei dem abschließenden üppigen Mahl wies der Bürgermeister darauf hin, dass 2014 die Gemeinde Guttenbrunn 290 Jahre seit der Ortsgründung feierlich begehen wird und sich über viele Gäste freuen würde. Für die meisten Gäste war der Aufenthalt in Guttenbrunn eine angenehme Reise in Vergangenheit und Gegenwart der Gemeinde, ein Ausflug, der sich gelohnt hat und in zahllosen Bildaufnahmen festgehalten wurde. Am Samstag gingen in der Temeswarer Oper die meisten Redner auf das Motto der Heimattage ein „Getreu zur Tradition – zuversichtlich in die Zukunft“, um auf Kulturpflege, Studiengänge, das deutsche Staatstheater und das Banat als bevorzugten Standort der deutschen Wirtschaftsinvestitionen das Augenmerk zu richten. Vorrangig aber auf Adam Müller-Guttenbrunns Wirken und Einfluss auf jeden von uns. Der schei-
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Peter Krier bei seiner Ansprache bei den Feierlichkeiten in Guttenbrunn. Foto: Hans Martini W채hrend der Ansprachen vor dem Rathaus in Guttenbrunn. Foto: Cornel Gruber
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Festprogramm in der Temewarer Oper. Peter Krier wurde für seine Verdienste mit der Ehrennadel in Gold ausgezeichnet – der höchsten Auszeichnung des DFDB. Auftritt der Trachtengruppe Karlsruhe beim Festprogramm im Temeswarer Capitol-Saal
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Festgottesdienst in der Temeswarer Domkirche. Foto: Cornel Gruber Nach dem Gottesdienst bei strรถmendem Regen auf dem Weg in das AMG-Haus. Foto: Hans Martini
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Einmarsch der Trachtenpaare in das Adam-M端ller Guttenbrunn-Haus in Temeswar. Foto: Hans Martini Tanzvorf端hrungen, es spielen die Weinbergmusikan足ten Foto: Cornel Gruber
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42 dende Temeswarer Konsul Klaus Christian Olasz verwies unter anderem darauf, dass „die Ausgereisten gerne nach Hause kommen“ und er „großen Respekt vor den Hiergebliebenen“ habe. Gewürdigt wurden in diesem feierlichen Rahmen auch verdienstvolle Banater: Zu unserer Freude und Genugtuung wurde unser Billeder Landsmann Peter Krier für seine Verdienste zum Wohle seiner Landsleute und der Landsmannschaft mit der Ehrennadel in Gold ausgezeichnet – der höchsten Auszeichnung des DFDB, überreicht vom DFDB-Vorsitzenden Karl Singer. Wir Billeder sind mächtig stolz auf Peter Krier, diesen konsequenten, zähen, erfolgreichen Kämpfer für die Sache der Banater Landsleute und gratulieren von Herzen, wünschen Gesundheit und Schaffenskraft für die kommenden Jahre. Die junge Lehrerin aus Reschitza Sonja Chwoika erhielt in diesem Rahmen für ihre kulturelle Tätigkeit und Freizeitgestaltung den Stefan-Jäger-Preis. Ehrengäste waren: DFDR-Abgeordneter Ovidiu Gant, der deutsche Konsul in Temeswar, Klaus Christian Olasz; Vorsitzender der Landsmannschaft der Banater Schwaben Peter Dietmar Leber; DFDB-Vorsitzender Karl Singer und seine Stellvertreter Erwin Josef Tigla (Reschitza), Michael Szellner (Arad), DFDT-Vorsitzende Helen Alba, Vorsitzender des DFD Regionalforum Altreich Dr. Klaus Fabritius; derzeitiger und ehemaliger Vorsitzende des Hilfswerks der Banater Schwaben Johann Metzger und Peter Krier; Leiter der AMG-Stiftung Helmut Weinschrott; Vertreter des rumänischen Unterrichtsministeriums Karl König. Enttäuschend für viele war jedoch die Tatsache, dass die Vertreter der Kommunalverwaltung und der Kirche der internationalen Veranstaltung nicht denselben Stellenwert einräumten wie die Angereisten, indem sie keine Präsenz zeigten!
Brauchtum und Tradition Im Capitol-Saal war am Nachmittag anfangs kaum ein Platz zu ergattern, nachdem jedoch die kleinsten Lenau-Schüler ihr Programm mit Bravour absolviert hatten, leerte sich der Saal fast zur Hälfte, was auf Mangel an wirklichem kulturellen Interesse schließen lässt. Dass sich die Temeswarer Big Band infolge des reichen Applaus ihres Erfolges beim Publikum freute, ist verständlich, doch unverzeihlich war, dass dadurch die Vorführzeit der aus Deutschland angereisten Tanzgruppen auf ein Minimum reduziert wurde. Nachdem man 3 Stunden auf den Auftritt gewartet hatte. Trotz großer Enttäuschung bei den Tanzpaaren boten diese am Ende ein großartiges Bild der Fülle und Vielzahl der Trachten, waren Hoffnungsschimmer für die Fortdauer der Banater schwäbischen Tradition. Wenn Freitag und Samstag noch alles relativ planmäßig-geordnet verlief, so war der Sonntag, der eigentlich der Höhepunkt der Heimattage sein sollte, eine doppelte Enttäuscheung: wettermäßig und organisatorisch. Nicht hinnehmbar ist es, wenn bei strömendem Regen Kindern, jungen Menschen, Erwachsenen der Eintritt ins Gotteshaus verwehrt wird, nur um eine Messe – ein Zwiegespräch mit Gott – nicht kurz zu unterbrechen. Wessen Schuld es auch immer war: Es war eine Fehlentscheidung! Selbst Gott hätte die zu ihm Kommenden nie im Regen vor der Kirche stehen lassen. So viele junge Gesichter in Banater Tracht hat der Dom lange nicht gesehen. Enttäuscht und zum Teil durchnässt, zogen die Trachtenträger - nicht wie geplant durch die Stadt Richtung Kathedrale zum Denkmal der Opfer der Revolution – sondern zurück ins Adam-Müller-Guttenbrunn-Haus, wo es dann doch noch durch die vorbereiteten Tänze zu einem bunten Reigen und guter Stimmung kam. Besser organisiert, hätte es unvergesslich werden können!
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Besuch in der Billeder Kirche. Fotos: Cornel Gruber Beim Abschied aus Billed noch ein Gruppenbild auf dem Kalvarienberg.
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Die Trachtenblaskapelle Billed-Alexanderhausen in der Genossenschaftssaalbau-Gaststätte.
Jubiläums-Herbstfest in Nürnberg
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unkt 14:00 Uhr, als der Bus aus Karlsruhe mit ca. 40 Personen an der Genossenschaftssaalbau-Gaststätte vorfährt, ist der Fan Club Nürnberg schon zur Stelle. Mit viel Herzblut hatte sich die Mannschaft um Elisabeth Follmer und Hedi Grappini auf das 10jährige Jubiläum des Herbstfestes der Blaskapelle am 21.09. vorbereitet: 820 „Kipfel“ haben sie zusammen mit den Familien Josef Quinkert und Johann Schiller gebacken sowie 28 Torten von weiteren Spendern organisiert, darunter eine Kindertorte und für die Musikanten eine 1m lange Dobosch. Der Erlös aus dem Verkauf dient - wie gehabt zur Unterstützung der Trachtenblaskapelle Billed-Alexanderhausen. Mit einem Aufmarsch wird um 16:00 Uhr das Tortenbuffet eröffnet, die beliebtesten Torten sind Grillasch, Dobosch und Baumstamm. An Spender, Musikanten, Tanzgrup-
Hans Rothgerber
pe, Helfer und Ehrengäste verteilte der Fan Club je eine Jubiläums-Weinflasche mit ei nem eigens dafür gestalteten Etikett. Starken Applaus gab es für die Tanzvorführungen der Trachtengruppe aus Karlsruhe sowie für ein speziell zum Jubiläum von Edi Thöresz aufgenommenes Lied. Die größte Überraschung kommt gegen 21 Uhr, als Josef Dinjer mit Familie und Helfern mit einem Dutzend, auf Stangen getragenen Banater Bratwürsten, aufmarschiert und aus dem Stand eine Wurst-Tombola zugunsten der Blaskapelle organisiert. Die Tanzunterhaltung in der Gaststätte mit einer ausgezeichneten Küche und Bedienung dauert bis Mitternacht. Mit rund 200 Teilnehmern war es zweifellos das bisher größte und schönste Herbstfest. Gegen 3:30 Uhr sind auch die Karlsruher mit dem Bus wieder zuhause angekommen.
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Spektakul채re Aufnahmen aus der Vogelperspektive mittels einer Action-Camera von Cornel Gruber
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Die Organisatoren: der Fan Club Nürnberg der Trachtenblaskapelle Die Tortenspender-Familien: Allar, Benz, Deleanu Susanna, Follmer, Frombach, Grappini, Hipp, Potche, Pritz, Quinkert Günther, Quinkert Josef, Quinkert Helmuth, Rugel, Schwendner Helmuth, Schwendner Elisabeth, Stadtfeld, Schiller Erika, Schiller Johann, Tabar, Wagner.
820 „Kipfel“ wurden von den Familien Grappini, Follmer, Josef Quinkert und Johann Schiller gebacken.
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Um 15:00 Uhr wurde das Tortenbuffet erĂśffnet Bild rechts: Das Tortenbuffet um 16:30 - Die Kipfel sind alle, von den Torten ist noch etwa 1/4 da, von der 1m langen Musikanten-Dobosch ist noch etwas Ăźbrig - aber nicht mehr lange. Auch die Kindertorte hat schnell eine Kundschaft gefunden
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Gruppenbild mit den Organisatoren, Tortenspendern und der Tanzgruppe beim Jubil채umsfest Ein Bestandteil des Herbstfestes sind inzwischen der Aufmarsch und die Tanzvorf체hrungen der Trachtengruppe der Banater Schwaben Karlsruhe. Fotos Gerry Kegler
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An Spender, Musikanten, Tanzgruppe, Helfer und Ehrengäste verteilte der Fan Club je eine Jubiläums-Weinflasche mit einem eigens dafür gestalteten Etikett.
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Große Jubiläumsüberraschung gegen 21 Uhr: Auftritt von Josef Dinjer, Familie und Helfern mit einem Dutzend, auf Stangen getragenen Banater Bratwürsten. Zwei Extrawürste bekommen die Hauptorganisatoren des Herbstfestes, Elisabeth Follmer und Hedi Grappini, mit den restlichen wird eine Tombola veranstaltet.
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Zehn 1 Meter lange Tombola-Würste zugunsten der Jubiläumsveranstaltung der Trachtenblas kapelle warten auf ihre Gewinner. Zuletzt eine Ehrenrunde und einen Jubiläumswein für Ehrenvorsitzenden Peter Krier, der bisher noch kein Herbstfest verpasst hatte.
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„Brotworscht“ (Bratwurst), die beliebteste Banater Wurst. Fotos: Edimann
14. Schlachtfest in Frankenthal
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as Schlachtfest der Blechblaskapelle ist eine der beliebtesten Veranstaltungen der Billeder und Banater Deutschen in der Bundesrepublik. Das Fest für Groß und Klein sowie Alt und Jung ist auf eine Tradition zurückzuführen, die früher, von November bis Februar als wichtigster Bestandteil im Rahmen der Selbstversorgung der ländlichen Bevölkerung mit vielfältigen Fleischprodukten, stattgefunden hatte: der Schweineschlacht. Die Vorbereitungen für das 14. Schlachtfest am 26.10.2013 im Donauschwabenhaus Frankenthal waren, wie gehabt, aufwendig. Einige Festhelfer hatten sich dafür eine Woche Urlaub genommen. Als Entschädigung für die vielen Freiwilligen gibt es zu einem späteren Zeitpunkt das Helferfest.
Die Veranstaltung hat um die Mittagszeit, begonnen, am Vormittag gab es noch das traditionelle Ständchen der 23-köpfigen Blaskapelle bei Sepp Dinjer, einem der Organisatoren. Nach dem „Segeigulasch“-Mittag essen wurde um 16 Uhr das Banater Tortenbuffet eröffnet. Insgesamt wurden 52 Torten gespendet - ein neuer Rekord. Ab 20 Uhr servierte die Helfermannschaft eine „kalte Platte“ mit Banater Wurstspezialitäten. Zwischendurch gab es Tanzmusik der Blaskapelle sowie mehrere Höhepunkte und Überraschungen wie Aufmarsch und Tanzvorführungen der Trachtengruppe Karlsruhe, Musikeinlagen und Stargäste und zuletzt, gegen Mitternacht, die Banater Wursttombola.
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Spezielle, f端r die Wurstabbindung von Helfern entwickelte Garn-Umspulmaschine Brotzeit der Helfermannschaft an einem herrlichen Altweibersommertag
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Die Blaskapelle im Anmarsch durch Frankenthal zum Ständchen bei der Fam. Dinjer Eine der Banater Spezialitäten, die hier angeboten werden, ist neben der „Klänmehlspeis“ der sogenannte „Griewekuche“.
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Gruppenbild der Blaskapelle mit Sepp Dinjer anl채sslich des traditionellen St채ndchens am Vormittag des Schlachtfestes auf dem Anwesen der Familie Dinjer
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Schlachtfest mit „Fleischhacker Tango“
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nde Oktober war es wieder soweit. Die Trachtenblasmusikkapelle Billed-Alexanderhausen lud wieder zum Schlachtfest mit allem, was dazugehört: „Worscht“, Wein und Blechmusik satt. Alle unsere Fans kamen von nah und fern. Am ersten Oktober war der Startschuss zum Verkauf der Karten. Nach wenigen Stunden musste Elisabeth schon die ersten Absagen erteilen, denn alle Plätze waren vergeben. Bevor das Fest am Samstagmittag beginnt, wird „de Worscht“ mit Marschmusik bei Dinjer /Klein abgeholt. Im Hof werden dann noch ein paar Musik-“Stücke“ unter dem Nussbaum gespielt und Fotos gemacht. „De Griewekuche“ und das zahlreiche Kleingebäck von Elisabeth dürfen nicht fehlen. Es ist wie „derhem“. Die zahlreichen und unermüdlichen Helfer um die Metzgerprofis Sepp und Franz bringen die besten Produkte der Banater Schweineschlacht auf die Tische. Die beliebteste Banater Wurst, die Bratwurst („Brotworscht“), wird zusätzlich mittels Tombola verlost. Einen ganz großen Dank gebührt den Helfern, den Kuchenspendern und sonstigen Gönnern, die das Fest erst ermöglichen. Zum Essen gab es am Mittag „Segeigulasch“. Am Nachmittag war die Kuchentheke wieder überreich an Angeboten Banater Torten, eine Augenweide und ein Gaumenschmaus. Das erschwerte die Auswahl sehr. Am Abend gab es traditionell die Schlachtplatte, die wiederum sehr gemundet hat und sehr gelobt wurde. Inzwischen ist auch eine Tanzeinlage der Tanzgruppe der Banater Schwaben Karlsruhe fester Bestandteil des Festes geworden. Sie tanzten: „Wenn die Kastanien blühen“, „Frühlingsblume“ und den gemeinsamen Tanz aller Banater Tanzgruppen in Deutsch-
Adam Tobias
land, „Mein Banater Land“ zu den Klängen der Blaskapelle. Wie gewohnt, sehr schön. Danach kam etwas Besinnliches: „De Dreispitzer Troom“; der Text wurde von Stefan Helfrich & Günther Schmidt geschrieben zur Melodie von „Heimat, o Heimat“ und „Der Lindenbaum“ wurden von Maria Muhl und Elisabeth Gaug vorgetragen mit Akkordeonbegleitung von Hans Prunkl. Ein spezielles Lied bekamen dann die Metzger und die Helfer von Edi Thöresz zu hören. Zu den Klängen von „Schöne Blume“ sang er „Es ist Schlachtfest in Frankenthal“. Ein sehr gelungener Text, der das Fest umschreibt. Dafür bekam er tosenden Applaus vom ganzen Saal und viele standen sogar auf vor Begeisterung. Tombola gab es auch wieder, so wie jedes Jahr. 10 Preise wurden verlost, die sehr fantasievoll vom Helferteam gestaltet waren. Unser Fanclub hat uns wieder einmal eine beachtliche Summe vom Herbstfest in Nürnberg zukommen lassen. Danke dafür. Da das Helferteam aus Frankenthal in Nürnberg für eine große Überraschung sorgte, wurden auch sie mit einer Flasche Rose mit dem speziell für das 10-Jährige- Herbstfest bedruckten Etikett bedacht. So wie viele Sachen sich zur Tradition entwickeln, so auch DJ Gerry. Er hat wieder die Puppen tanzen lassen. Dieses Mal hatte er Mitstreiter: Das „Duo Infernale“ mit Hans und Günther und die hatten wiederum einen speziellen Gast, “Edi van der Billed“. Sie sangen und spielten auf Geige und Akkordeon den „Fleischhacker Tango“, was den Saal endgültig zum Kochen brachte. Wieder ein gekonnter Text von Edi Thöres, zu den Klängen vom Kriminal-Tango. Eine sehr gelungene Karaoke-Show. Es ist abwechslungsreich und immer was los beim Schlachtfest.
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Schlachtfest im Donauschwabenhaus Frankenthal. Am ersten Oktober war der Start zum Verkauf der Karten. Nach wenigen Stunden waren alle Pl채tze vergeben. Fotos: Cornel Gruber Das Schlachtfest der Trachtenblaskapelle Billed-Alexanderhausen ist eine der beliebtesten Veranstaltungen der Billeder und Banater Deutschen in der Bundesrepublik.
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Das Tortenbuffet verzeichnete mit 52 gespendeten Torten zugunsten der Blaskapelle eine neue Rekordbeteiligung. Fotos: Gerry Kegler
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Tanzvorf체hrungen der Trachtengruppe der Banater Schwaben Karlsruhe verst채rkt von 2 Paaren der Banater Trachtengruppe aus Frankenthal. Fotos: Cornel Gruber
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Aufmarsch mit der „Kalten Platte“ mit Metzgerprofi Sepp Dinjer an der Spitze. Eine Widmung dem Schlachtfest und seinen Machern - Text und Gesang Edi Thöresz
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„Fleischhacker-Tango“ (im Internet unter: heimathaus-billed.de/schlachtfest-2013) - Text und Gesang „Edi van der Billed“, Szenenbegleitung von „Duo Infernalo“. Fotos: Cornel Gruber Vor Mitternacht das traditionelle Gruppenbild mit den Tombola-Gewinnern
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Es ist 20 vor 2 Uhr - siehe Uhr rechts oben - jetzt gehts richtig los Fotos: Gerry Kegler Erst mit dem Kettentanz n채hert sich der Unterhaltungsmarathon seinem Ende.
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19. Kirchweihfest in Waldkraiburg Eine sensationelle Überraschung
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or 2 Jahren hab ich euch berichtet, wie sehr mir der Urlaub im schönen Billed gefallen hat! Jetzt gibt’s wieder Neuigkeiten aus unserem belebten bayerischen Ort. Wie jedes Jahr findet bei uns die Kirchweih statt. Mit Weinprobe, Mici-Essen, Straußschmücken, Rathaustänzchen, Gottesdienst, Straußversteigerung, einem langen Abendball und natürlich jeder Menge gute Laune. Ganz traditionell, wie in der Heimat. Doch dieses Jahr sollte alles anders werden… Mein Freund Matthias Weingardt. auch 17 Jahre alt, ein Deutscher mit russischen Wurzeln, hat an unserem traditionellen Ritual scheinbar schnell Gefallen gefunden. Da wir ja schon seit fast zweieinhalb Jahren zusammen sind, hat er das ein oder andere Kirchweihfest vom Rand aus verfolgt. Als ich ihm die Symbolik um das Fest, um die Kirchweihpaare und vor allem um den festlich verzierten Kirchweihstrauß erklärte, sagte er sofort zu! Ich hab‘ mich total gefreut, weil ich das eigentlich nicht erwartet hätte, da er ja nie eine derartige Tradition erlebt hatte. „In Russland ist das nicht so ausgeprägt.“, hieß es da immer. Und am 14. September war es dann endlich so weit: die Röcke saßen, die Tücher glänzten, genau wie die Schuhe der Männer. Als wir fertig eingekleidet waren, setzte Matthias in der Küche seinen Hut auf und lächelte scheckisch. Ich ahnte nichts… Der Aufmarsch ging allmählich dem Ende zu und wir fanden uns, inklusive Blaskapelle, auf dem Platz des „Haus der Vereine“ ein, wir hielten ein kurzes Tänzchen und führten dem Publikum unsere eingeprobte Choreografie vor. Dann stellten wir uns – wie jedes Jahr – in einem großen Kreis auf. In unserer Mitte die großen Weinfässer, auf denen der Vorstand unseres Vereins und der 1. Geldherr
Vanessa Prutean
mit dem schönen Strauß in der Hand standen. Matti (Matthias) wusste, wie sehr ich es mir wünschte, irgendwann die Ehre zu haben, von meinem Freund den Strauß ersteigert zu bekommen. Er beobachtete das Geschehen um den prunkvoll geschmückten Strauß aufmerksam und ließ mich zunächst nichts erahnen. Als meine Eltern ihn spaßeshalber ermutig ten mitzubieten, packte er die Gelegenheit am Schopfe und bot mit. Ich war total überrascht, weil er ja eigentlich so schüchtern ist und kaum ein Wort sagt. Nachdem er einige Schluck Wein intus hatte, bot er so fleißig, dass die Mitstreiter allmählich nachgaben. Es ist ja immerhin schon einige Jahre her, dass ein so junger Bub seinem Mädel den Strauß holen will und dadurch die Symbolik wieder zum Vorschein bringt. Was der Strauß vom Jungen für das Mädchen zu bedeuten hat, das wissen wir doch alle! Deshalb konnte ich auch gar nicht aufhören zu strahlen, wie der Geldherr häufig anmerkte: „Des Mädel strahlt, das ist ja Wahnsinn.“ Matti bot und bot und er hörte nicht auf. „Der Junge hat doch‚ nen Schneid´, des muss man sagen!“, so der Geldherr wieder. Ich war so aufgeregt und stand regelrecht unter Schock, ich konnte es kaum fassen, was hier passierte. Ich merkte gar nicht, dass ich innerhalb von wenigen Augenblicken zum Mittelpunkt des Festes wurde! Nach einiger Zeit gaben Mattis Mitstreiter den Kampf auf und plötzlich stand ich mit ihm und dem Strauß in der Hand in der Mitte des großen Kreises und das Publikum klatschte. Jetzt wurde mir erst bewusst, was hier wirklich gerade passierte. Wir wurden zum Straußtanz aufgerufen und plötzlich flossen bei mir und meiner Mutter, die uns vom Rand aus zujubelte, die Tränen. Die Kapelle begann zu spielen und Mat-
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Vanessa Prutean mit ihrem Freund Matthias Weingardt und dem Kirchweihstrauß 2013 der Banater Schwaben Waldkraiburg. ti fragte mich noch hastig: „Wie tanzt man den Walzer nochmal?“ „1,2,3…1,2,3!“, antwortete ich lachend. Er hat ja erst vor knapp 4 Monaten von mir tanzen gelernt. Aber für seine Unerfahrenheit auf der Tanzfläche hat er eine recht gute Show hingelegt! Schnell noch ein paar Langós gekauft und ab nach Hause! Dort haben wir Matti erstmal ordentlich gestärkt und, kaum waren alle satt, ging´s schon los! Wir tanzten die Nacht durch bis um 4 Uhr früh. Als ich am nächsten Morgen ins Wohnzimmer kam und den Strauß sah, dachte ich „Es war doch kein Traum!“ Noch heute vergeht kaum ein Abend, an dem ich meinen Kirchweihstrauß
nicht ansehe oder an ihm rieche. Der Strauß wird zwar vergehen, aber diese Kirchweih bleibt fest in meinen Erinnerungen. Und so wird die alte Tradition weitergegeben, wir haben ein Stück Heimat gelebt und sind ein Teil des Festes! Unsere Tradition ist wundervoll und ich und mein Freund werden alles dafür tun, dass uns die Kirchweih erhalten bleibt! An dieser Stelle bedanke ich mich bei meinen Eltern für ihre großzügige Unterstützung, bei allen Kirchweihpaaren, die mitgegangen sind und natürlich auch bei Matthias, der mir eine sensationelle Überraschung bereitet hat!
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Gerhard Kegler und Manfred Hipp vor dem Denkmal der Billeder in Karlsruhe
Denkmalpflege in neuen Händen
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eit diesem Jahr kümmern sich Manfred Hipp und Gerhard Kegler neben der Friedhofsgärtnerei um die Pflege unseres Billeder Gedenksteines auf dem Karlsruher Hauptfriedhof. Über Jahre hinweg wurde die Pflege von Jakob Martini und Jakob Muttar durchgeführt. Für ihre geleistete Arbeit spricht der Vorstand der Heimatgemeinschaft seinen Dank aus. Zwei Wochen vor unserem 20-jährigen Jubiläumstreffen haben Gerhard Kegler und Manfred Hipp mit der Arbeit am Denkmal begonnen. Gerhard, der hauptberuflich im Garten- und Landschaftsbau beschäftigt ist, ist mit den nötigen Werkzeugen und Maschinen angerückt und so konnte die Arbeit beginnen. Es wurde das Unkraut gehackt und mit dem Rechen entfernt. Die Steinplatten und Heimatsteine (Steine von den Friedhofkreuzen, Kalvarienberg und Kirche) wurden zur Seite geräumt und die ganze Fläche vor dem Denkmal mit einer Bodenfräse bearbeitet. Danach wurde die ganze Fläche, die durch viele Maulwurfhügel recht
Werner Gilde
uneben war, nivelliert und für das Einsäen von neuem Rasen vorbereitet. Da auch die Bäume und Sträucher über die Jahre dem Denkmal sehr nahe gekommen sind, wurde denen ein Verjüngungsschnitt verpasst. Als die ganze Fläche zum Einsäen vorbereitet war, hat Manfred die Platten, die zum Denkmal führen, neu verlegt. Vor dem Denkmal wurden die Steine von der Heimatkirche, vom Kalvarienberg, den beiden Friedhofsglockentürmen von Gerhard neu eingebettet. Mit dem Einsäen und Abwalzen hatte die erste Pflegearbeit ihr Ende gefunden. Jetzt hoffen wir, dass der neu eingesäte Rasen kräftig wächst und schon am Billeder Treffen eine grüne Fläche zu bewundern ist. Des Weiteren wurden zwei neue, mit Sand gefüllte Schalen besorgt, in die man angezündete Kerzen stellen kann. Der Vorstand bedankt sich bei Gerhard und Manfred für ihre ehrenamtlich geleistete Arbeit. Vergelt´s Gott. Auch der Friedhofsgärtnerei wird gedankt, die immer für schöne Blumen vor dem Denkmal sorgt.
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Die Steinplatten wurden zur Seite geräumt und die ganze Fläche mit einer Bodenfräse bearbeitet, nivelliert und für das Einsäen mit neuem Rasen vorbereitet. Mit dem Einsäen und Abwalzen war die erste Pflegearbeit beendet. Fotos: Werner Gilde
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Ansprache zu Allerheiligen in Karlsruhe
iebe Landsleute und Freunde, ich begrüße Sie alle ganz herzlich. Im ganzen Land sind rund um Allerheiligen und Allerseelen zahlreiche Menschen auf den Friedhöfen unterwegs. Sie besuchen - vor allem am Allerheiligentag - die Gräber ihrer verstorbenen Angehörigen, Freunde und Bekannten. Die Natur entkleidet sich von den bunten, farbigen Blättern des Herbstes. Von Tag zu Tag fallen die Blätter von den Ästen, wie der Kreislauf des Lebens. Es kommt die Zeit, da sich die Natur zum Winterschlaf vorbereitet. Wieder ist der Allerheiligentag da. Der Tag unserer Lieben, die ihren ewigen Traum auf dem Friedhof träumen. Ja, der 1. November ist der Tag der Allerheiligen, an dem alle Familienmitglieder und Freunde von weit und breit zusammenkommen. Da denkt jeder zurück an seine Eltern, Großeltern oder Kinder, die sich so früh von uns verabschieden und in die ewige Ruhe ziehen mussten. Zu Allerheiligen will jeder die Gräber seiner Näch-
Katharina Senn (Jobba)
sten schön machen, mit Blumen und Kränzen verzieren. An diesem Tag gehen bei uns die Familien miteinander auf den Friedhof, zünden Kerzen an und beten für den ewigen Frieden der Verstorbenen. Ich erinnere mich an Tagen wie der heutige an meine Jugendzeit in meinem Geburtsort Billed im Banat. An Feste und Brauchtum, an Allerheiligen am 1. und 2. November, an den mit Tausenden von Kerzenflammen beleuchteten Friedhof. Man bummelte stundenlang auf den Wegen zwischen den geraden Reihen von gepflegten Ruhestätten und genoss den atemraubenden lodernden Zauber. Auch heute spüre ich diese Faszination mit dieser herrlichen Atmosphäre des erleuchteten Friedhofs, aber ich empfinde es schon anders als vor vielen Jahren, als es noch kein Grab zu pflegen gab. Heute zünde ich Kerzen auf den Gräbern meiner Nächsten an, die innerhalb dieser vielen Jahre von dieser Welt gegangen sind, und noch eine Kerze an diesem Gedenkstein, um die
Ansprache von Katharina Senn (Jobba) vor dem Billeder Denkmal in Karlsruhe
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Denkmal der Billeder auf dem Karlsruher Hauptfriedhof an Allerheiligen. Fotos: Cornel Gruber Ehre allen Verstorbenen in der ganzen Welt zu erweisen. Auf der Internetplattform Wikipedia ist über Allerheiligen und Allerseelen Folgen des zu lesen. Diese schöne Tradition, der Verstorbenen zu gedenken, wurde im 10. Jahrhundert von Odilo, dem Abt der Benediktiner von Cluny eingeführt. Er hat diesen Gedenktag in allen von Cluny, abhängigen Klöstern eingeführt. Das Dekret Odilos vom Jahr 998 ist noch erhalten. Bald wurde der Allerseelentag auch außerhalb der Klöster gefeiert. Für Rom ist er seit Anfang des 14. Jahrhunderts bezeugt. Von Cluny aus verbreitete sich der Gedenk-
tag in der ganzen katholischen Kirche. Er steht theologisch in enger Verbindung mit der Lehre vom Fegefeuer (Reinigungsort, Purgatorium) als Ort der Läuterung der Verstorbenen, die Hilfe von den Lebenden durch Gebet, Fasten und Almosen erhalten. Gerade wir Banater Schwaben, eine vom Schicksal hart getroffene Gemeinschaft, den ken an unsere Toten, die durch Krieg und Vertreibung zu Tode kamen, die vielen, die in der fünfjährigen Zwangsarbeit in der Sowjetunion gestorben sind, die Toten der Baragandeportation und an unsere Verstorbenen, welche auf den Friedhöfen im Banat beerdigt sind. Mögen sie ruhen in Frieden.
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Allerheiligen auf den Billeder Friedhรถfen Fotos: Hans Rothgerber
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Sara aus München auf dem Kalvarienberg. Foto Alfred Kenderes
Ferien in Billed - Reisebericht 1. Tag Es fing damit an, dass ich zum Geburtstag eine Karte geschenkt bekam. Es war ein Bild, auf dem ein größerer Hügel abgebildet war, und weiter unten stand in Schönschrift: Zum Geburtstag Alles, Alles Gute und eine Reise nach Billed, zum Kalvarienberg. Ich erinnere mich noch genau daran, wie ich mich freute. Ich würde zum Geburtsort vieler Geschichten und deren Erzähler fahren, Grillen zirpen hören und Schweinen die Bäuche kratzen. Besser ging es nicht! 18 Tage - voller Vorfreude - später, standen wir auch schon im Stau, der sich zwar langsam wieder auflöste, es aber damit nicht gerade eilig zu haben schien. Genau genommen bewegten wir uns eine Ewigkeit lang nicht einen einzigen Zentimeter nach vorne. Das Navi zeigte noch acht Stunden Fahrt
Sara Kenderes
an. „Toll“, dachte Papa. „Na toll“, dachte ich. Bald schon wurde es ziemlich dunkel. Ich musste die Leselampe einschalten, um noch ein paar Buchstaben aus meinem Buch zu entziffern. Die Augen fielen mir zu; ich war müde. „Mitternacht“ las ich noch von dem Ziffernblatt meiner Uhr ab. Ein paar Sekunden später war ich schon eingeschlafen. Ich weiß nicht mehr genau, wie lange ich geschlafen hatte, aber geweckt wurde ich von Papa. Ich sollte jetzt Karten lesen, weil wir uns kurz vor der Grenze in einer Baustelle verfranst hatten. Schlagartig war ich hellwach. Weit konnten wir nicht mehr vom Ziel entfernt sein! Vielleicht noch ein, zwei Stunden; das würde ich schon schaffen. Und tatsächlich, nach einigen kleinen unbeleuchteten Häuseransamm-
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Heimathausbesucher Ende Mai, abends im Speisesaal mit Ausstellungsfotos aus dem alten Billed: v.l.n.r. Hans und Elisabeth Martini, Adam und Roswitha Csonti, Sara (11) und ihr Vater Alfred Kenderes. Weitere Fotos im Internet unter www.heimathaus-billed.de/mai-2013 und www.heimathaus-billed.de/sarah
lungen, die wir durchfuhren, waren schemenhaft beleuchtete Hausfenster zu erkennen, die auf Leben schließen ließen. Die Umgebung wirkte nun schon gemütlicher und so begann ich mit neugewonnenem Eifer die Karte mit dem Finger abzufahren. Noch 31 Kilometer geradeaus, dann links abbiegen, dann nach 12 Kilometern wieder nach rechts… So ging das eine Weile weiter. Und endlich, als ich schon fast nicht mehr daran geglaubt hatte, stand am rechten Straßenrand ein rundes Schild: „Biled“. Als wir da waren, wurden Hände geschüttelt, Koffer verladen, Schlüssel übergeben. Ich achtete nicht mehr darauf. Jemand nickte mir zu, ich nickte schläfrig zurück, wartete darauf, dass mir irgendwer unser Zimmer zeigte. Danach schlurfte ich die
Treppen hoch, vergaß Zähne zu putzen und ließ mich in das weiche Bett fallen. 2. Tag Am nächsten Tag schlief ich aus. Ich verschlief das Frühstück, den ganzen Vormittag und hätte vielleicht auch noch den Nachmittag verschlafen, wäre da nicht das Zirpen der Grillen gewesen. Dieses LAUTE Zirpen der Grillen. Kissen über dem Kopf half nichts, Ohrenzuhalten auch nicht. So kroch ich schwermütig aus der Bettdecke. Oder doch nicht ganz so schwermütig. Denn ich hatte Hunger! Am Frühstückstisch fragte ich Papa, was wir heute machen würden. Er brummte zwischen zwei Bissen: „Kommt auf´s Wetter an.“ Ich blickte aus dem Fenster. Die Sonne
78 kam gerade hinter den Regenwolken hervor. Da war eine Wettervorhersage wirklich schwierig. Wir einigten uns darauf, das Dorf ein bisschen zu erkunden. „Fahren wir mit dem Auto?“, fragte ich. Wir gingen zu Fuß. Das Dorf war wirklich klein, kleiner als es in der Nacht schien. In nur zwei Stunden schafften wir es zur Kirche mit ihrem Blechdach, hörten uns mit 3 anderen Leuten einen rumänischen Gottesdienst an, und liefen von rechts nach links, von Friedhof zu Friedhof, alle Gassen ab. Wir kamen an Papas Grundschule vorbei, schauten hier den Bauarbeitern und den im Innenhof liegenden Hunden zu. Später, an der großen Brücke, machten wir auch halt. Das Wasser war trüb und voller Müll. Ein paar Fischer schien das nicht zu stören. Kaum vorstellbar, dass es hier Fische gab. Im Hintergrund sah man einen Schornstein, angeblich von einer Ziegelei. Das letzte Stück von der Brücke bis zum Bahnhof gingen wir auf den Bahngleisen, mal auf den rostigen Schienen mal auf den verfaulten Holzschwellen, an deren Abstand ich mich nicht gewöhnen konnte. Ich bemerkte, dass Papa ständig auf den Boden starrte und fragte, was er da suche. Er meinte, Bleisiegel von den Waggons. Die verwendete er, in meinem Alter, für die Angel. Ich suchte mit. Bis zum Bahnhof fanden wir leider nur silbern glänzende Aluminiumsiegel. Wir gaben die Suche auf und gingen über den Friedhof zurück zum Heimathaus. Wir hatten sowieso keine Angelruten dabei. Hier erzählten wir, wo wir überall waren. Nach einer Weile kam ein älterer Mann dazu. Die Großen sprachen wild durcheinander bis das Wort KINO fiel. Das ließ mich aufhorchen. Der Mann sagte, „Wollt ihr euch noch mal das Kino anschauen?“ Papa nickte sofort. Ich nickte auch, obwohl ich nur Bahnhof verstand, als wir zusammen, der alte Mann vornweg, die Straße überquerten. Hinter dem alten Straßentor lag ein Innenhof voll mit blühendem Mohn – meinen Lieb-
Aktuell lingsblumen. Die „Pipatsche“ waren sogar durch die alten Pflastersteine gewachsen - Papas Lieblingssteine. Fasziniert holte ich die Kamera aus meiner Tasche und drückte auf den Auslöser; und noch einmal, und noch einmal. Dann lief ich Papa hinterher, in den dunklen Raum hinein. Hier gab es keine Fenster. Nur über die geöffnete Tür kam Licht in den großen Saal. Alles schien noch genauso zu sein wie früher; auch auf der Galerie, die wir über die schmale Treppe erreichten, an der Rückwand die Lichtscharten zum Filmvorführraum. Gut - alle Stühle fehlten. Der Putz bröselte von den Wänden und der Decke. An einigen Stellen waren schon Häufchen entstanden. Papa meinte, das sähe aus wie die Häufchen am Ende eines Films, wenn das Licht wieder anging. Und ich stellte mir vor, wie alle Leute im Saal wie gebannt auf die Leinwand starrten, während sie sich durch ihre Sonnenblumen- und Kürbiskerne knabberten. „Komm, Sara. Es gibt bald Abendessen!“, riss mich eine Stimme aus meiner Träumerei. Ich machte noch ein Foto von der Decke und rannte die Treppe hinunter - um ja nicht eingesperrt zu werden. 3. Tag Es war ein schöner, warmer Tag. Die Sonne weckte mich. Ich nahm mir vom Frühstückstisch einen Doppelkeks und trabte die Treppe hinunter. Ich sah Papa im Garten stehen, mit einem Volleyball in der einen, einer Tasse Kaffee in der anderen Hand. Er stellte die Tasse auf die Fensterbank, und fragte: „Lust auf ein Spiel?“. „Natürlich.“ Wir pritschten lange den Ball hin und her; barfuß im frisch gemähten Gras. Nachdem wir uns zu Mittag übersatt gegessen hatten, machten wir einen Abstecher zu einem Bekannten, der im Hinterhof seines Hauses Rinder hielt. Der Hofhund fiel mir als erstes auf. Er lag quer über dem Dach seiner Hundehütte. Weiter hinten sah ich dann eine
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Essen-Austragen für die Billeder Bedürftigen. „...ich wollte unbedingt mit. Es hat richtig Spaß gemacht. Ich hörte eine Menge Sachen...“ Bei den Kühen des Milchbetriebes der Familie Erwin Csonti. „...Während sich die Großen unterhielten, ging ich an den Kühen vorbei, um sie zu begrüßen...“
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„Richtung Kalvarienberg sahen die Wolken ganz anders aus als bei uns daheim - viel ruhiger, liegende Zuckerwatte.“ Fotos: Sara und Alfred Kenderes „Wir gingen langsam und vorsichtig, um ja nicht auf die Krötenbabys zu treten, die zu Hunderten über den Weg hüpften. Ab und zu half ich einer ganz kleinen über den Weg. Aber sie blieben nie lange in meiner Hand. Nur einmal haben wir es geschafft, eine zu fotografieren.“
Aktuell ganze Reihe Kuhköpfe, die zu mir hersahen. Während sich die Großen unterhielten, ging ich an den Kühen vorbei, um sie zu begrüßen. Erst auf dem Rückweg, als ich an den Kälbchen vorbei kam, hörte ich ein leises Grunzen und schaute über die Stallmauer. Da waren sie endlich – die Schweine! Ich hielt vorsichtig die Hand in den Stall hinein. Schon kam eines angetapst. Es war noch klein, fast noch ein Ferkel, und es ließ sich genüsslich streicheln. Es legte sich hin und schlief ein. Es ließ sich von den vielen Fliegen nicht stören, die auf seinem Bauch landeten. Ich kraulte es noch hinter den Ohren, wünschte ihm schöne Träume und schlich mich so leise wie möglich weg. Dann machte ich noch ein paar Fotos von den Weinreben und mich mit Papi langsam auf den Heimweg, nachdem er noch Käse eingekauft hatte. Den gab´ s dann auch gleich mit all den anderen Brotzeit-Leckereien zum Abendessen. 4. Tag Vormittags sind wir mit den Fahrrädern zum Kalvarienberg gefahren. Es war sonnig, wir saßen uns dort oben auf den zwei Bänken gegenüber und genossen den Ausblick. Die Blechkuppel der Kirche blinkte herüber, während wir x-Mal das große Kreuz auf dem Ziegelsockel umkreisten. Dieser war übersät von eingeritzten Zeichen, Buchstaben und Namen. Wir fanden auch einige, die Papa bekannt vorkamen. Danach fuhren wir in Omas Dorf und suchten nach dem Grab meiner Ur-ur-oma, das wir leider nicht fanden. Es begann bald zu regnen und wir machten uns eilig auf den Rückweg, über die Bahngleise, vorbei an der Hanffabrik (oder was davon noch übrig war), zum Friedhof, auf dem es viele alte und neue Grabsteine zu lesen gab; mit deutschen und rumänischen Namen. Vor dem Friedhofseingang hatten wir länger Halt gemacht. Hier stand ein einzelner schmaler Baum zwischen der holprigen Straße und
81 dem Fußweg. Es war fast Mittag, schon sehr warm und der Baum warf nur einen winzigen Schatten. Daneben stand eine Gruppe von 5 Streunern; groß, mittelgroß, klein und mit braun-grau-schwarzem Fell – zu schmutzig, um es genau zu erkennen. Anscheinend legten sie sich abwechselnd in den Schatten, der nur immer für einen Hund reichte. Irgendwie kam jeder mal dran. Ich musste trotz der Erschöpfung lächeln und an unseren Hund denken, der im Sommer auch immer einen Schattenplatz sucht. Dann ging es noch mal vorbei an Papas Kindheitshaus, von dem nichts mehr übrig war als die alte Haustür, die quer am Aufgang lag. Mittags wurden wir sehr gut bekocht. Ich wunderte mich über die großen Mengen, die in der Küche zubereitet worden waren und über die Töpfe und Tüten, in denen das Essen verpackt wurde. Ich erfuhr, dass die Portionen für alte Leute bestimmt waren, die nicht mehr in der Lage waren, für sich selbst zu kochen. Einige holten ihr Essen in der Küche ab. Viele Tüten wurden aber auch mit dem Fahrrad oder dem Auto zu alten Menschen gefahren, die es nicht mehr ins Heimathaus schafften. Noch während mir mein Papa das erklärte, fragte ich Roswitha, ob ich mitfahren kann. Sie hakte etwas skeptisch nach, aber ich wollte unbedingt mit. Es hat richtig Spaß gemacht. Ich hörte eine Menge Sachen; auch über meinen Vater („Kenderes? Der große Gscheite oder der kleine Schlimme?! …) Und wir kamen an einem Hof vorbei, wo mir jemand ein paar Pfauenfedern schenkte, über die ich mich riesig gefreut habe. Nachmittags sind wir zu Fuß auf die „Hutwed“, wo eine große Schafherde von Kindern gehütet wurde, vorbei an den Froschteichen und durch die Baumallee. Richtung Kalvarienberg sahen die Wolken ganz anders aus als bei uns daheim - viel ruhiger, liegende Zuckerwatte. Auf dem Heimweg mussten wir wieder die Hauptstraße hoch. Wir gingen langsam und
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Aktuell vorsichtig, um ja nicht auf die Krötenbabys zu treten, die zu Hunderten über den Weg hüpften. Ab und zu half ich einer ganz kleinen über den Weg. Aber sie blieben nie lange in meiner Hand. Nur einmal haben wir es geschafft, eine zu fotografieren. Abends gab es wieder dicke Käse- auf dünnen Brotscheiben, lange Gespräche und viel Gelächter. Doch eines war anders. Später, in unserem Zimmer, mussten wir Koffer packen. Ich merkte, dass der Urlaub jetzt bald zu Ende sein würde und konnte lange nicht einschlafen. Ich guckte auf die Pfauenfedern, die noch auf meinem Nachtisch lagen. Dann fielen mir die Augen zu.
83 5. Tag Am Morgen regnete es. Wir hatten eine große Ikea-Tüte mit meinen Kuscheltieren mit gebracht, die ich an Straßenkinder oder an ein Kinderheim verschenken wollte. Jetzt wurde es Zeit, sich von ihnen zu trennen. Da wir wegen der Überschwemmungen auf dem Heimweg früher los mussten, versprach Roswitha, die Verteilung der Kuscheltiere zu übernehmen. Das machte den Abschied leichter… Beruhigt und etwas stolz stieg ich ins Auto, ohne die Pfauenfedern zu vergessen, winkte noch ein letztes Mal. Meine ehemaligen Kuscheltiere winkten zurück. Bis Bald!
Foto-Safari auf dem Anwesen der Familie Adam Csonti. Foto unten: Hühner-Garten-Kirchturm, ein Motiv das an Bilder von Stefan Jäger erinnert, dem großen Maler des banatschwäbischen Volkslebens.
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An der schönen blauen Donau
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Erika Weith, geb. Leidecker
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ndlich. Nun stehen wir also vor unserem Kreuzfahrtschiff „Mozart“, das uns in zwei Wochen ins Donaudelta und wieder zurückbringen wird. Nach langer Planung, Vorfreude und Abenteuerlust gehen mein Mann Siegfried und ich im Juli 2013 in Passau an Bord. Ganz gespannt stehen wir auf dem Deck, als das Schiff pünktlich loslegt und seine lange Reise beginnt. Die Donau ist der internationalste Fluss Europas. Er durchquert auf 2840 km Länge zehn Länder. In sieben Ländern haben wir Station gemacht und uns ein Bild von der heutigen Lage machen können. Seit einiger Zeit spielten wir mit dem Gedanken, es den Ulmer Schachteln nachzumachen und auf der Donau Richtung Balkan zu fahren. Nun war es Wirklichkeit geworden und eine aufregende und hoch interessante Reise begann. Passau mit seinen imposanten Barockbauten ließen wir schnell hinter uns. Wir wunderten uns über den doch eigentlich viel breiteren Inn, der in Passau in die Donau fließt. Eigentlich müsste der Fluss jetzt Inn heißen. Doch dann gäbe es die schönen Begriffe Donaumonarchie und auch die Donauschwaben nicht. Wären wir dann vielleicht Innschwaben geworden? Nach Passau ging es gleich nach Österreich, wo wir eine liebliche Kulturlandschaft erleben durften. Wir haben kleine entzückende Orte gesehen, die direkt an der Donau liegen. Auch haben wir die Festung Dürnstein passiert, in der Richard Löwenherz im Mittelalter gefangen gehalten wurde und nur gegen eine Zahlung von über 23 Tonnen Silber wieder frei kam. Und auch das Weltkulturerbe Kloster Melk liegt direkt an der Donau. Als wir entspannt beim Abendessen saßen, kamen wir ins Grübeln. Wie war es wohl den Aussiedlern ergangen, die ab der Mitte
des 18. Jahrhunderts mit den einfachen Ulmer Schachteln den weiten und beschwerlichen Weg auf der Donau angetreten hatten? Zur damaligen Zeit war die Donau ein gefährlicher, mit vielen Stromschnellen versehener Fluss. Die Ulmer Schachteln waren leicht gebaute flache Schiffe, die eher Flößen glichen und die nur für die Talfahrt bestimmt waren, also donauabwärts in den Osten. Am Ziel wurden sie auseinandergenommen und als Bauholz verkauft. Die Fahrt nach Wien konnte man in 4 – 5 Tagen schaffen, aber das war eher selten der Fall. Denn unterwegs wurden an verschiedenen anderen Stellen weitere Kolonisten aufgenommen. Unsere Vorfahren hatten sicher keine Zeit und Muße sich die Schönheiten entlang der Donau anzuschauen. Sie mussten auf sich, ihre Familie und auf ihr Hab und Gut achten. Denn man wollte ja wohlbehalten in der neuen Heimat ankommen. Selbst im 19. Jahrhundert noch war die Fahrt auf der Donau eine gefährliche Angelegenheit. Als Sissi, Prinzessin von Bayern, zu ihrem Bräutigam Kaiser Franz Joseph auf der Donau fuhr, kam ihr Schiff im Strudengau wegen der Strudel in Schwierigkeiten und wurde fast ans Ufer geworfen. Daraufhin ließ der Kaiser die Donau ausbauen, indem er viele Felsen sprengen ließ. Dennoch blieb die Strömung reißend. Erst mit dem Bau von Staudämmen konnte der Donaustrom gebändigt werden. Denn die gefährlichen Flachstellen und Felsen versanken in den Tiefen des aufgestauten Wassers. So haben wir auf der gesamten Fahrt 13 Schleusen passiert. Nun kamen wir in Wien an. An diesem heiteren Sommertag bewunderten wir die imperiale Stadt und tranken in einem altehrwürdigen Kaffeehaus einen kleinen Braunen und eine Melange. Unsere Vorfahren hatten keine Zeit für Vergnügungen. Sie wurden
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Das Eiserne Tor gilt als einer der beeindruckendsten Taldurchbrüche Europas. Der Fluss ist hier nur 150 Meter breit. Mit 85 Metern ist es hier auch eine der größten Flusstiefen weltweit. von den Zollbeamten zur Anmeldestelle der Hofkammer gebracht, wo für sie das Warten auf die Weiterreise ins Banat begann. Nach manchmal tagelangem Warten, was natürlich Geld kostete, man musste ja etwas essen und irgendwo schlafen, ging es dann auf die Schiffe, die sie in ihre neue Heimat brachten. Auf der Fahrt wurde auch in Ofen, heute Budapest, Station gemacht, wo die Agenten der ungarischen Grundherren den vermögender aussehenden Aussiedlern verlockende Angebote machten, die auch oft angenommen wurden. Deshalb gibt es auch oberhalb von Budapest Donauschwaben, wie z.B. in Visegrad, früher Plintenburg. Auf unserem Ausflug ans Donauknie waren wir in Esztergom und Visegrad. In diesem Ort gibt es noch zahlreiche Donauschwaben, die zwei Blasmusikkapellen, eine deutsche Schule und
verschiedene Donauschwabenvereine unterhalten. Auf einer Hauswand, an der wir vorbeikamen, ist der Weg der Donau von Ulm bis Plintenburg dargestellt. Und auf der Donau sieht man eine Ulmer Schachtel. Nach Budapest geht die Landschaft langsam in die ungarische Tiefebene über. Das Ufer wird immer flacher und die Donau immer breiter. Wir besuchten Kalocsa, die Paprikahauptstadt Ungarns. Paprikaprodukte in jeder Form werden dort angeboten. Wir mussten natürlich unbedingt Paprikapulver mitnehmen, damit unser Paprikasch zu Hause auch den richtigen Geschmack bekommt. Leider konnten wir das berühmte Schwabendorf Hajos nicht besichtigen. Dort wird auch heute noch deutsch gesprochen und es gibt sage und schreibe - 1200 Weinkeller. Denn die Kolonisten, die sich dort angesiedelt ha-
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Fresko Ulm – Plintenburg in Visegrád (Plintenburg) zur Erinnerung an die Neubesiedlung des Ortes durch die Donauschwaben nach den Türkenkriegen und die Vertreibung der Deutschen nach dem Zweiten Weltkrieg. ben, waren Weinbauern und haben sofort erkannt, dass es sich um ein fruchtbares Weingebiet handelte. Wir fuhren Richtung Belgrad weiter und kamen an der Ortschaft Titel in der Batschka vorbei. Dieser Ort war der Umschlagplatz der Aussiedler, wo sie auf andere Schiffe umgeladen wurden, die sie auf der Theiß bis zum Bega-Kanal brachten. Nun ging es auf Flößen bis nach Temeswar weiter. Jetzt endlich begann dann der letzte Teil der Reise, nämlich die Verteilung der Menschen auf die verschiedenen Dörfer. Wer es bis dahin geschafft hatte, nach all den Strapazen der langen, entbehrungsreichen Reise, war wahrscheinlich ziemlich erschöpft, aber sicher auch froh, endlich ein neues Leben beginnen zu können. Unser Weg führte uns nun weiter Richtung Eisernes Tor. Das Eiserne Tor gilt als einer der beeindruckendsten Taldurchbrüche Europas. Die Durchfahrt war wunderbar. Bei bestem Wetter genossen wir das Dahingleiten durch die Donauenge, vorbei an 300 Meter hohen Klippen während der Fluss hier nur 150 Meter breit ist. Hier befindet sich mit 85 Metern auch eine der größten Flusstiefen weltweit.
Aktuell Nach der Besichtigung von Veliko Tarnovo, das einst die Hauptstadt Bulgariens war, passierten wir auch den Baragan. Viel habe ich davon schon gehört, aber dass ich jemals so nahe daran vorbeifahren würde, konnte ich gar nicht glauben. Schon auf unserem Schiff war es heiß, wie heiß muss es erst dort in der Steppe im Sommer gewesen sein und wie schrecklich in den kalten Wintern. Dann waren wir in Tulcea angekommen. Von dort aus machten wir eine 2-stündige Rundfahrt durch einen Teil des Deltas und haben tatsächlich Graureiher, Pelikane, Kraniche, Löffler, Kormorane und Störche gesehen. Unser Schiff fuhr an kleinen „Schinageln“ vorbei von denen uns die Fischer freundlich grüßten. Doch dann ging es schon wieder flussaufwärts Richtung Heimat. Der nächste Halt war Giurgiu. Hier startete der Busausflug nach Bukarest. Wahrscheinlich war diese Stadt wirklich mal das Paris des Ostens. Man kann es schon noch an eleganten Häusern und schön angelegten Boulevards erahnen, aber die Schreckensherrschaft Ceausescus hat die Stadt bis heute nicht verwunden. Man muss nur an den unfassbar großen Präsidentenpalast denken. So hoch wie das Gebäude nach oben ragt, so tief ist es auch nach unten gebaut. Vom zweitgrößten Gebäude der Welt, nach dem Pentagon in Washington, werden heute gerade mal neun Prozent genutzt. Ansonsten steht das Gebäude leer. Abreißen kann man es aber auch nicht, denn das wäre utopisch teuer. Also muss die Stadt mit diesem Ungetüm leben. Seit 1936 gibt es in Bukarest auch ein Dorfmuseum mit Häusern aus allen Gegenden Rumäniens. Auch die typischen Häuser aus dem Banat konnten wir hier besichtigen. Nach einer Folklorevorführung ging es wieder aufs Schiff und wir fuhren Richtung Novi Sad (früher Neusatz). Diese Stadt hat uns positiv überrascht. Sie strahlt noch immer einen k.u.k.-Charme aus und alles erinnert ein bisschen an die öster-
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Sonnenuntergang auf der Donau reichische Monarchie, zu der dieser Teil Serbiens einst gehörte. Novi Sad ist die Hauptstadt der Batschka, die wiederum ein Teil der Wojwodina ist. Diese war von 1718 bis 1918 im Besitz der Habsburger Monarchie. In dieser Zeit wurde der Landstrich durch intensive Maßnahmen des österreichischen Staates in vielerlei Hinsicht umgestaltet und geprägt. Dies kann man heute noch erkennen. Die Häuser sind zartrosa oder mariatheresiagelb gestrichen. Von hier sind es übrigens nur ca. 150 km bis Billed. Von Novi Sad ging es nun weiter nach Bratislava. Auch die Hauptstadt der Slowakei hat sich herausgeputzt und bewahrt ihr österreichisch-ungarisches Erbe. Denn schließlich war Preßburg, wie Bratislava früher hieß,
mal die Hauptstadt Ungarns. Der letzte Tag führte uns dann wieder nach Österreich auf der nicht mehr so breiten Donau und weiter bis nach Passau, dem Anfang und Ende unserer Reise. Schnell waren diese zwei Wochen Fluss kreuzfahrt vergangen. Wir haben so viel gesehen und so viel Neues gelernt. Viel von dem, was wir bisher nur in der Theorie oder vom Erzählen kannten, konnten wir persönlich in Augenschein nehmen und unser Wissen über unsere wagemutigen und tapferen Vorfahren, über die Bedingungen ihrer ungewissen Reise in eine neue Heimat vertiefen. Die Donau ist wahrlich ein völkerverbindender Fluss, der europäischste Fluss von allen und vor allem mein Herzensfluss.
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Fahrt an die Donau jetzt und vor 76 Jahren - Kurzbericht
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nde September waren wir zu viert für eine Woche in unser Heimatdorf Billed gefahren. Außer mir waren mein Mann Rainer, Bruder Edi und Schwägerin Hilde dabei. Wir waren im Forum sehr gut untergebracht und vom Ehepaar Csonti betreut wie „drhem“. Wie schon lange nicht mehr, ließen wir uns Zeit für ausgedehnte Spaziergänge durch Billed und Temeswar. Das Wetter spielte mit, so dass der Aufenthalt im Banat angenehm verlief. Um nicht zu sehr der Nostalgie zu verfallen, entschlossen wir uns, einen Tagesausflug an die Donau zu unternehmen. Um den berühmten Fluss länger genießen zu können, fuhren wir über Oravita nach Moldova-Noua. Ab da hatten wir bis Orsova eine Strecke von über hundert Kilometer, die unmittelbar entlang der Donau verlief. Der Ausblick auf den breiten Strom und die beidseitigen Ufer war überwältigend. Nicht erholsam war es für den Fahrer, es gab steile Felshänge mit Steinschlag und Wegabschnitte, übersät mit Schlaglöchern. Kein Wunder, dass kaum ein Auto vorbeifuhr, die Warnung „Drum periculos“ hatten wir nicht so richtig interpretiert.
Inge Aigner-Thöres
Wir hatten Glück, es passierte nichts. Leider blieb nicht genug Zeit, um die „Cazane“ und das Eiserne Tor zu besichtigen. Auf der Rückfahrt über Caransebes machten wir einen Abstecher nach Herkulesbad. Ich war über 50 Jahre nicht mehr da und war enttäuscht vom Verfall und schlechten Zustand des einstmals so glanzvollen Badeorts. An diesem auch anstrengenden Tag musste ich an eine andere Fahrt an die Donau denken, sie liegt einige Jahrzehnte zurück. Mein Vater zeigte mir vor Jahren alte Bilder von einer Radfahrt im August 1937. Er hat schon in seiner Jugend gern fotografiert und somit vieles dokumentiert. Einige Fotos hab’ ich gefunden, es waren acht junge Billeder Burschen beteiligt, die offensichtlich die Reise durch die schönen Landschaften sehr genossen haben. Sicher hatten sie es nicht so komfortabel, übernachteten in Heuschobern, aßen „Hasenbrot“ etc… Über Details von diese Fahrt kann ich leider nichts berichten, entweder habe ich damals nicht richtig hingehört oder das Erzählte vergessen.
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8 Billeder Burschen auf einer Radfahrt an die Donau im August 1937
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Vom Südwesten in den Nordosten der Republik
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m 28. September startete die Reisegrup pe vom Badenia-Platz in Karlsruhe und wünschte sich einstimmig für die folgenden 6 Tage: schönes Wetter, unfallfreie Fahrten bei allgemeiner guten Stimmung und anschließend Genuss für Aug‘ und Ohr, für Herz und Gemüt. Rückblickend können wir behaupten: Soll erfüllt. Die in 2 ultramodernen Stefan-MayerBussen nach Vorliebe platzierten 84 Reiselustigen waren so bunt gemischt wie noch nie. Aus 36 Ortschaften stammend, waren es 33 Banater und 3 Nicht-Banater Orte, weil es bei und mit uns so schön, informativ und unterhaltsam ist. Altersmäßig lagen wir zwischen 49 und 83 Jahren, alle fit und gut zu Fuß (mit geringen Abstrichen). Unser Reiseziel – die etwa 1.000 km von uns entfernte Insel Rügen – erreichten wir problemlos, immer gen Norden fahrend, an Hamburg vorbei, bei Stralsund die Rügenbrücke über den 2 km breiten Strelasund passierend. Rügen, lateinisch Rugia – 52 km lang und 41 km breit – ist ein „naturnahes Paradies, ur-
Elisabeth Martini
sprünglich, vielfältig, durch Geschichte ge prägt: auf engstem Raum eine Fülle unterschiedlicher Landschaftsformen, stark gegliedert durch Meeresbuchten und Lagunen (hier Bodden oder Wieke genannt), vorspringende Halbinseln und Landzungen.“ Von den 3 Wetterzonen konnten auch wir uns überzeugen. Höchste Erhebung 161m, etwa 77.000 Einwohner, charakteristische Kreidefelsen. Untergebracht waren wir im 4-SterneParkhotel-Rügen in Bergen, wo eine überreiche Speiseauswahl, freundliches Personal, angenehmes Ambiente uns wohlfühlen ließen, erholsame Nächte bescherten. Ausgeruht und wissbegierig fuhren wir zuerst, begleitetet von unseren Reiseleiterinnen Margit und Kerstin, durch Südrügen mit Putbus, der Rosenstadt, weil vor jedem Haus – gemäß früherem fürstlichen Erlass – Rosen blühen. Das Schloss wurde zwar 1962 gesprengt, nur der Park mit Denkmal und imposanten Bäumen ist noch Zeuge fürstlicher Vergangenheit. Uns verregnete es die ganze Schönheit des Parks, zum Glück gab es ab dann nur noch Sonne pur und viel Wind. Be-
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Unser Dank für diese wundervolle Reise geht an Gerlinde und Werner Gilde, die nicht nur alles Organisatorische bestens erledigen, sondern stets mit Rat und Tat zur Stelle sind, Lösungen auch für alle kleinen Probleme finden. Fotos: Cornel Gruber eindruckt haben uns nicht nur die Fischer dörfer, Seebrücken, Promenaden, sondern auch die schönen Baum-Alleen, unter deren Blätterdach wir hindurchfuhren, an Bodden vorbei – Wassertiefe bis zu 1m etwa – wo die Fischer mitten drin auf ihren Fang lauern und die Kraniche, die hier zu Tausenden weilen, vor Füchsen geschützt nächtigen. Kurze Aufenthalte in den Ostseebädern Binz, Sellin, Göhren ließen uns Ostsee-Luft schnuppern, Ferienhäuser auf Stelzen im Jeich sehen, die alte Bäderstraße mit ihrem Kopfsteinpflaster erleben, wo wir so richtig durchgeschüttelt wurden. Zumal viel Kopfsteinpflaster zu DDR-Zeiten in den Westen verkauft wurde, reimte man den Zweizeiler: „Ich wollt‘, ich wär‘ ein Pflasterstein, dann könnt‘ ich längst im Westen sein!“ Unterwegs erfuhren wir viel auch über die geschichtliche Vergangenheit der Insel und ihrer Umgebung: Nach den Germanen kamen die Slawen, von denen vor allem die Ortsbezeichnungen auf -itz, -in und -ow blieben, wie später - nach ihrer Christianisierung durch die Dänen – der Katholizismus,
wo doch nach der Reformation der Norden evangelisch war. In Nordrügen sahen wir uns kurz in Sassnitz um, der „Stadt der Alkoholiker“, weil sich hier die trinkfreudigen Schweden ihre Vorräte besorgen. Mehr beeindruckt waren wir von der Bezeichnung des SchmalspurDampfzugs „Der rasende Roland“ als von seiner Geschwindigkeit von 25 km in anderthalb Stunde, der hier täglich mehrmals verkehrt. Zum legendären Kap Arkona / Arcona gelangten wir mit Kleinbahn und zu Fuß, der 45 m hohen Steilküste aus Kreide und Geschiebemergel im Norden Rügens, mit dem Leuchtturm, bestehend aus 2 Seefeuern und einem Peilturm. Überwältigend wirkte die Naturbühne Ralswiek mit ihren 8.820 Sitzen auf uns, auch wenn wir keiner Vorstellung der Störtbeker Festspiele beiwohnen konnten. Hier, auf einer der schönsten Freilichtbühnen Europas, kämpfen die Piraten der Ostsee unter Klaus Störtebeker und dem Schlachtruf “Gottes Freund und aller Welt Feind“, jedes Jahr in Fortsetzung.
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Aktuell
FĂźr die meisten der Mitreisenden kĂśnnte es altersbedingt die letzte Ostseereise gewesen sein, weil auch noch andere interessante Reiseziele auf uns warten.
Aktuell Am 4. Tag ging es an Stralsund mit den von weitem sichtbaren 3 Kirchen vorbei, an der seit 1456 Universitätsstadt Greifswald vorbei, wo auch Bismarck studierte und wohin heute Studierende aus dem Westen kommen, weil es noch familiär und gebührenfrei ist, auf die Insel Usedom. Diese Insel, an der polnischen Grenze, zum Teil polnisch, ist ein wahres Urlaubsparadies mit langen Sandstränden, wunderbaren Ausblicken aufs Meer, Möwen, Kormoranen...und vielen Touristen. Es beeindrucken in Peenemünde die Kaiserbäder, die jeweils spezifische Bäderarchitektur, die wunderschönen Villen im mondänen Teil von Heringsdorf. Eine Eigenart der Gegend: Die Peene ist ein Fluss ohne Fließgeschwindigkeit. An unserem letzten Tag auf Rügen fuhren wir von Schaprode eine Stunde mit dem Schiff westlich nach Hiddensee – einer autofreien Insel - und gingen bei Kloster an Land. Unberührte Natur mit viel Sanddorn, den man hier zu allem Möglichen verarbeitet, obwohl er recht sauer und nicht leicht zu ernten ist, jedoch vitaminreich. Zur Auswahl stehen daraus: Wein, Likör, Marmelade, Kuchen/Torten, Cremes u. a. m. Ein Teil der Gruppen marschierte zum Leuchtturm und weiter zur Westküste, während der Rest zum Gerhart- HauptmannMuseum ging. Das Gedenk-Haus hat der berühmte Schriftsteller 1930 gekauft, nachdem er aber schon seit 1896 hier regelmäßig Urlaub gemacht hatte. Hier wurde er auch nach seinen Vorgaben beerdigt. Für diejenigen, die bis zur Westküste gingen, eröffnete sich eine einmalige Sicht auf das Meer, das so blau wie der sich darin spiegelnde Himmel war und bis zur dänischen Insel blicken ließ. Zwischendurch wurde uns auch vermittelt, dass nach Tourismus die Landwirtschaft die zweitwichtigste Erwerbsquelle der Bevölkerung darstellt durch den Anbau von
93 Weizen, Gerste, Raps, Kartoffeln, Futterrüben u.a.m. Alle Sehenswürdigkeiten und Eindrücke will und kann ich hier nicht verzeichnen, weil es zu weit führen würde, vielleicht auch langweilen würde. Die Fotos und Erinnerungen der Dabeigewesenen können ergänzen, ausbauen und für andere kann es Anstoß sein für eine Ostseereise, weil es sich lohnt die Welt zu erleben, in der Wasser, Wind, Fische, Möwen und Kraniche eine größere Bedeutung haben als bei uns. Ja, zum Glück haben wir bei der Abreise noch Schwärme von Kranichen sehen können, in ihren typischen 1- Formationen, um im Windschatten Kraft zu sparen. Für die meisten der Mitreisenden könnte es altersbedingt die letzte Ostseereise gewesen sein, weil auch noch andere interessante Reiseziele auf uns warten. Viele haben – zu Hause angekommen – bestimmt schon die wunderbar klare, gute Luft vermisst, den Ausblick auf die unendliche Weite des Meeres, vielleicht auch die fürstliche Auswahl an Speisen, die lieben Reisegefährten womöglich auch... Unser Dank für diese wundervolle Reise geht vorerst an Gerlinde und Werner Gilde, die nicht nur alles Organisatorische bestens erledigen, sondern stets mit Rat und Tat zur Stelle sind, Lösungen auch für alle kleinen Probleme finden. Ebenso geht unser Dank an die erprobten, gelassen-humorvoll reagierenden Bus-Fahrer der Firma Stefan Mayer - Stefan und Günther - als auch an die Reiseleiterinnen und Reiseleiter, die uns ungemein viel Information geboten haben, witzig-humorvoll jede Situation meisterten. Unvergessen bleibt gewiss vielen die Geschichte mit der Wald-Capelle (WC). Derartige Reisen wünschen wir uns auch künftig und allen, die mitmachen wollen, beste Gesundheit und Wohlbefinden!
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Sensationeller Fund auf Billeder Dachboden
Rückblick
Elisabeth Martini
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urch den Verlauf der Geschichte sind uns unzählige Dokumente und Belege abhanden gekommen. Daher ist es für uns sensationell, wenn zufällig etwas gerettet werden kann. Das Protokoll-Register des Billeder Kriegervereins wurde auf dem Dachboden von Anna Müller – Steppersch Wess Nantsch – gefunden und von dem heutigen Besitzer an Adam Csonti übergeben. Die Protokolle werden nun von Hans Martini aus der altdeutschen Schrift (Gotisch) in die Lateinschrift übertragen. Der Verein wurde nach dem 1. Weltkrieg in „Veteranenverein“ umbenannt, insgesamt gab es 10 Vereine in der Gemeinde. Gründungs-Protokoll Aufgenommen in der am 1. März 1904 abgehaltenen konstituierenden Generalversammlung des Billeder Kriegervereins 1. Seine Hochwürden, Pfarrer Peter Uitz, als Vorsitzender begrüßt herzlich die Anwesenden, erörtert den Zweck des Vereins und ersucht die Anwesenden, die Funktionäre des Vereins zu wählen, worauf mit großer Begeisterung zum Präses Seine Hochwürden, Pfarrer Peter Uitz, einhellig gewählt wurde. Seine Hochwürden dankte in warmen Worten für das in ihn gesetzte Vertrauen, versicherte, den Verein stets in jeder Beziehung zu unterstützen. Sodann wurde die Wahl der anderen Funktionäre vorgenommen und mit Akklamation gewählt. Vizepräses: Stefan Bartzer Oberkommandant: Johann Zillich Unterkommandant: Adam Dilk Vereins-Kassierer: Wilhelm Maurer Schriftführer: Johann Rammacher Ausschussmitglieder: Lambert Thöresz, Michael Klein, Mathias Sehi, Karl Geisz, Andreas Koch Fahnenträger: Peter Mayer
Fahnenbegleiter: Johann Rammacher, Johann Eichert Kranzträger: Nikolaus Schortje, Filip Mager 2. Sodann wurde beschlossen, dass gelegentlich des Ablebens eines jeden Mitgliedes oder dessen Ehegattin der Verein mit dem Fahnen-Corporativ ausrücken wird – bei welcher Gelegenheit jedes Mitglied jene Dekorationen und Auszeichnungen zu tragen hat, zu welchen es eben berechtigt ist – und gelegentlich jeden Sterbefalls hat jedes Mitglied zehn Heller in die Vereinskassa zu zahlen. 3. Wenn gelegentlich der Beerdigung eines Nichtmitgliedes die Ausrückung des Kriegervereins gewünscht wird, so hat der Betreffende 10 Kronen in die Vereinskassa und 10 Kronen für die Musik zu bezahlen. 4. Den Musikern des Vereins gebührt gelegentlich ihres Ablebens oder ihrer Gattin dieselbe Ehrung wie den wirklichen Mitgliedern. 5. Auch wurde einhellig beschlossen, eine Vereinsfahne anzukaufen und mit dem Ankauf derselben wurde der Vereinspräses betraut. 6. Ferner wurde beschlossen, einen Diener aufzunehmen, der für jede Einsagung 1 Krone 60 Heller an Entlohnung bekommt, der auch verpflichtet ist, die gelegentlich eines Sterbefalls zu entrichtende Taxe einzuheben und an die Vereinskassa, d.h. an den Vereinskassierer abzuliefern. Sodann wurde zur Authentifikation dieses Protokolls Adam Dilk und Andreas Koch bestimmt und die Sitzung geschlossen. Billed am 1. März 1904 Thöresz Lambert Schriftführer PS: Peter Mayer kaufte die Fahnentasche von seinem Eigenen – jedoch nach seinem Ableben muss der Verein dieselbe ablösen.
R端ckblick
Der Billeder Kriegerverein 1908 vor der Kirche Das Protokoll-Heft, darunter die erste Seite des Gr端ndungsprotokolls
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Rückblick
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Die Familie Glaß-Kertész 1934: (von links) Johann (John), Elisabeth, Johann senior und Emmerich (Emery)
Auswanderer-Spuren sichtbar gemacht Nachfahren des Bernhard Glaß melden sich aus Australien Familienforscher David Dreyer stellt die Verbindung her
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avid Dreyer hat es möglich gemacht: Die Spuren der Nachfahren des Amerika-Auswanderers Bernhard Glaß (18491930) sind sichtbar geworden. Der amerikanische Familienforscher mit Banater Wurzeln, der die Schiffslisten der Banater Auswanderer veröffentlicht hat, ist nach Erscheinen des Berichts über Bernhard Glaß in der Ausgabe 2012 des Billeder Heimatblattes unaufgefordert aktiv geworden, hat eine Verbindung nach Australien hergestellt und unbekannte Daten bereitgestellt. Schon an Weihnachten 1912 hat sich Bernard Kertész, einer der beiden in Australien lebenden Urenkel des Amerika-Fahrers, über E-Mail gemeldet. Damit war ein jahrzehntelang un-
Johann Steiner
terbrochener Kontakt zur in Deutschland lebenden Verwandtschaft wiederhergestellt. Zur Erinnerung: Berhard Glaß ist vor hundert Jahren (1913) zum zweiten Mal aus Amerika nach Billed zurückgekehrt. Glaß hat mit zwei Ehefrauen 13 Kinder gezeugt, davon sind lediglich fünf Töchter und zwei Söhne älter als 20 geworden. Eine Tochter, die Abitur macht, stirbt mit 20 an Tuberkulose, die vier anderen Töchter werden Nachkommen haben. Seine beiden Söhne lässt er studieren. Mathias Glaß (Jahrgang 1879), der älteste, bleibt unverheiratet. Nach langem Studium lässt sich Mathias in Budapest als Apotheker nieder. Er verlässt Ungarn und das Banat nach dem Ersten Welt-
Rückblick
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Verwandten-Treffen in Dillingen an der Donau Anfang der 1960er Jahre: viermal Johann Glasz auf einem Foto; in der Mitte der Senior Glaß-Kertész mit seiner Frau Elisabeth, geborene Donavel, der zweite von links ist der ehemalige Eigentümer der Billeder Ziegelei. krieg anscheinend fluchtartig. Über Serbien und Kroatien gelangt er 1921 schließlich in den englischen Hafen Southampton, wo er sich nach Amerika einschifft. Wie David Dreyer ferner herausgefunden hat, trifft Mathias Glaß in New York ein am 9. Dezember 1921 mit dem Passagierdampfer Aquitania. Von dort begibt er sich zu seiner Schwester Magdalena nach San Francisco, doch aus unbekannten Gründen kommt es zum Zerwürfnis. Mathias geht nach Los Angeles, wo er den Rest seines Lebens zu Hause ist. In den US-Volkszählungslisten von 1940 ist er als ApothekenAngestellter aufgeführt. Er stirbt im März 1965 in San Diego. Schwester Magdalena teilt 1921 dem Vater in Billed die Ankunft des Bruders mit. Bernhard Glaß verbrennt den gelesenen Brief mit den Worten: „De Matz es for mich gstorb“. Seither galt Mathias als verschol-
len. Keiner seiner Verwandten hat bis zu David Dreyers Recherchen je von seinem Schicksal erfahren. Mit Dreyers Hilfe ist inzwischen auch das Schicksal jenes Teils der Nachfahren des Bernhard Glaß aufgeklärt, die nach dem Zweiten Weltkrieg nach Australien ausgewandert sind. Mathias Glaß´ Bruder Johann (Jahrgang 1885) träumt in seiner Jungend von einem Musikstudium. Davon will Vater Bernhard jedoch nichts wissen. Wie Johanns in Australien lebender Enkel Bernard berichtet, hat sein Urgroßvater zornentbrannt die Geige seines Sohnes entzwei geschlagen mit den Worten: „Mer brauche khä Zigeiner in ter Familje“. Notgedrungen hat sich der Sohn für den Lehrerberuf entschieden. Um den Beruf ausüben zu dürfen, hat Johann seinen Familiennamen magyarisiert. Aus Glaß wurde Kertész (Gärtner). Anfangs lässt sich Jo-
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Rückblick
Ein Teil der Nachkommen des Bernhard Glasz lebt in Australien: Dazu gehören seine Urenkel John (links) und Bernard Kertész mit ihren Frauen Patricia und Christine Helen. hann Glaß-Kertész mit seiner Frau Elisabeth, geborene Donavel, in Segedin nieder. Johann Glasz gehört zu den unzähligen Deutschen, die im Ungarn vor dem Ersten Weltkrieg ihre deutschen Namen ablegen mussten, um als Intellektuelle überhaupt eine Arbeitsstelle antreten zu dürfen. Johann Glasz-Kertesz bringt es bis zum Schulinspektor in Budapest. Trotzdem bleibt er sich seiner Herkunft bewusst. Er und seine Frau geben ihr Wissen über ihre deutschen Vorfahren an ihre beiden Söhne weiter. Sie lehren sie die Muttersprache und erhalten zeitlebens den Kontakt zu den Billeder Ver-
wandten aufrecht, auch durch zahlreiche Besuche. Anfang 1945 flüchtet die gesamte Familie Kertész von Budapest nach Deutschland. Johann Glaß-Kertész und seine Frau Elisabeth lassen sich in Dillingen an der Donau nieder, wo sie auch sterben werden: Johann am 25. Okober 1964 und Elisabeth am 24. November 1979. Johann Glaß-Kertész findet im Nachkriegsdeutschland Arbeit als Lehrer. Während Johann und Elisabeth Kertész in Deutschland bleiben, wandern seine beiden Söhne nach Australien aus. Als ehemalige Offiziere der ungarischen Armee haben
Rückblick sie keine Zukunftsperspektiven im Nachkriegsdeutschland. Emmerich (Emery), geboren am 7. September 1910 in Billed, stirbt am 12. März 1995 in Sydney. Zu Kriegsende war er Major. Aus seiner Ehe mit Irene Kerényi, die 1945 in Dillingen geschlossen wurde, geht ein Sohn hervor: Emery Aladar Kertész. Er betreibt als Arzt eine Praxis in einem Küstenstädtchen nördlich von Sydney. Er hat drei Söhne. Johann Glaß-Kertész´ zweiter Sohn Johann (John), geboren am 2. Dezember 1911 in Billed, stirbt am 17. Februar 2002 in Canberra. Er hat als Hauptmann im Generalstab den Untergang der Zweiten Königlichen Ungarischen Armee überlebt. Mit seiner Frau Julianna Kiss hat er drei Kinder; Julianna Helena, geboren am 26. Oktober 1945 in Dillingen und gestorben am 12. Dezember 2009 in Canberra, war mit einem Armeeoffizier verheiratet und hat zwei Töchter und einen Sohn, die alle im öffentlichen Dienst tätig sind. Bernard, geboren am 7. Juli 1953, hat einen Sohn, der Ingenieurwissenschaften studiert hat. Bernard ist 2013 nach fast 30 Dienstjahren als Papierrestaurator in einem Museum in Rente gegangen. Sein Bruder John, geboren am 4. November 1954, hat eine glanzvolle Karriere in der australischen Armee durchlaufen. Danach hat er Japanisch gelehrt und den Doktor in Erziehungswissenschaften gemacht. John junior hat zwei Söhne, einer wurde Rechtsanwalt, der zweite Finanzmanager. Die beiden ausgewanderten Familien hat ten es anfangs in Australien nicht leicht. John mit seiner Frau Julianna und Tochter sind im August 1949 in Australien eingetroffen. Es war eine Zeit, als Auswanderer diskriminiert und von der Regierung zwei Jahre lang zu Wiederaufbauarbeiten verpflichtet wurden. John war anfangs Bauarbeiter auf einem Flugplatz, danach wechselte er in eine Glasfabrik und schließlich in eine Lederfabrik. Als Emery und sei-
99 ne Frau 1952 in Australien angekommen sind, hatte sich das Klima etwas verbessert. Emery ist schließlich als Buchhalter in Ruhestand gegangen. Seine Frau Irene hat als Gesang- und Klavierlehrerin erfolgreich gearbeitet. Doch zurück zu unserem Amerika-Fahrer Bernhard Glaß: Die erste Reise hatte er 1906 mit seiner jüngsten Tochter Magdalena, geboren am 17. März 1887, unternommen, die zweite 1910 mit seiner Frau Anna Holz (1854-1913). Beide Frauen sind nicht mehr nach Billed zurückgekehrt; Anna Holz stirbt am 3. Oktober 1913 in San Francisco, wahrscheinlich an Herzversagen, als ihr Mann ihr die Nachricht bringt, dass er die Schiffskarten für die Heimreise gekauft hat. Tochter Magdalena hat 1907 den aus Neubeschenowa stammenden, 1885 geborenen Josef Gänger geheiratet. Aus dieser Ehe sind zwei Töchter hervorgegangen: Elisabeth (geboren am 29. September 1907 in San Francisco, gestorben am 10. November 1978 in San Carlos, Kalifornien) und Magdalena, genannt Hellen (geboren 1908 in San Francisco). Von den beiden Schwestern hat lediglich Hellen Nachkommen. Sie heiratet am 1. Mai 1932 den am 16. Februar 1906 in Ohio geborenen Adam Nikolaus Schöplein (möglicherweise ein Billeder). Hellen, die am 19. September 1992 in San Francisco gestorben ist, und Nikolaus, dessen Todestag der 21. April 1982 und der Sterbeort San Mateo sind, haben zwei Kinder: Robert, geboren am 26. Juli 1935 in San Francisco, und Joan Hellen, geboren am 26. März 1940 vermutlich auch in San Francisco. Robert lebte nach dem Studium der Wirtschaftswissenschaften in Fletcher (North Carolina); er ist durch zahlreiche Veröffentlichungen hervorgetreten. Aus seiner seit 1970 geschiedenen Ehe sind zwei Kinder hervorgegangen. Die Spuren dieser SchöpleinNachfahren sind noch verwischt.
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Dem Ende der Welt entgegen
Rückblick
Die Geschichte einer Deportation ins sowjetische Arbeitslager Elisabeth Rademacher
m Januar 2015 jährt sich zum 70. Mal der Tag, an dem 33.000 Banater Schwaben aus Rumänien in sowjetische Arbeitslager verschleppt wurden. Unter ihnen war auch die 17-jährige Elisabeth Welter aus der Sauerländer Gasse. Nach der Heimkehr hat sie Jakob Rademacher geheiratet. Als sie am 21. Dezember 1945 zusammen mit weiteren 16 Frauen in Billed angekommen war, traf sie ihren Vetter Adam Muttar aus der Zwet Gass in ihrem Elternhaus. Muttar, dessen Familie im Herbst 1944 nach Österreich geflüchtet war, ist krank aus dem Krieg heimgekehrt und hatte keine Bleibe mehr. Er fand Aufnahme bei seinen Verwandten. Er war es, der seine Cousine Elisabeth angeregt hat, ihre Erlebnisse nach dem Einmarsch der Sowjetarmee im Herbst 1944 niederzuschreiben. Adam Muttar selbst hat einen Erlebnisbericht hinterlassen, der vor einigen Jahren im Billeder Heimatblatt veröffentlicht worden ist. Zur Erinnerung: Die Amerikaner hatten Muttar am 14. Mai 1945 zusammen mit seiner Militäreinheit den Russen ausgeliefert. Nach zwei Monaten im Lager Zwettl saß er in einem Zug mit dem Ziel Russland. Unterwegs ist er an Ruhr erkrankt und in Marmaroschsighet ins Lazarett gekommen. Dort erkrankte er an Diphtherie und an Gesichtsrose, was die Russen veranlasste, ihn zu entlassen. Am 19. Oktober 1945, seine Familie war kaum in Österreich angekommen, war er zurück in Billed. Von den Folgen der Erkrankungen sollte er sich nicht mehr erholen: Er ist am 16. April 1948 gestorben. Seinetwegen ist seine Familie heimgekehrt. Elisabeth Welter, die im Lager auf 45 Kilogramm abgemagert und arbeitsunfähig geworden war, gehörte zu den ersten Deportierten, die aus der Gefangenschaft in der Ukraine entlassen wurden. Bei allem Elend
hatte sie Glück. Andere, auch ihre Schwester, mussten noch bis zu fünf Jahren auf die Entlassung warten. Hier Elisabeth Welters Bericht, den sie kurz nach der Ankunft in Billed zu schreiben begonnen hat. Am 23. August 1944 hat Rumänien den Achsenmächten den Krieg erklärt. Im September war die Rote Armee schon im Banat. Am 16. September begann in Billed die Evakuierung. Am Sonntag, 17. September, zogen ungarische Truppen durchs Dorf, worauf die Evakuierung eingestellt wurde. Am 21. September lagerten die ersten Russen vor dem Dorf, am Freitag, 22., waren sie nach Knees abgezogen, und am selben Tag nachmittags kamen 200 deutsche Soldaten, die sich von Griechenland durchkämpft hatten. Am 23. September begann die Evakuierung von neuem. Auch wir – Mutter, meine Schwester Bewi mit Nichte Ilse und ich - wollten fort, aber beim Wagenbeladen flogen Kugeln und Granaten über den Hof, worauf wir in den Keller mussten. Gegen Abend spannten wir das Pferd vor den beladenen Wagen und fuhren im Kugelhagel durch die Neugasse. Dort kehrten wir bei Familie Mecher ein und blieben über Nacht. In der Früh fuhren wir nach Hause, nahmen noch Lebensmittel und schlugen den Weg nach Kleinjetscha ein. Vater blieb zurück. Am Kleinjetschaer Kreuz begegneten wir Russen. Wir kehrten um und fuhren in die Altgasse zur Großtante, die allein zurückgeblieben war. Das war am 24. September. Am 1. Oktober stürzte meine Schwester Bewi mit Tochter Ilse auf dem Arm in den Keller. Ilse fiel zur Seite, es geschah ihr nichts, nur Bewi verstauchte sich beide Arme, so dass wir sie eine Woche lang pflegen muss-
Rückblick ten. Am 5. Oktober in der Früh sind die Russen hereingebrochen. Am 7. in der Nacht kamen sie plündern. Von uns nahmen sie nichts weiter als 40 Liter Schnaps mit. Die Angst war sehr groß. Am 8. Oktober zogen wir nach Hause. Ich war als alte Frau verkleidet, um nicht belästigt zu werden. An Allerheiligen erhielt Vater den Einberufungsbefehl nach Otopeni bei Bukarest. Doch am 19. November war er zu Hause; er war einfach durchgebrannt. Meine Schwester Bewi fuhr Ende Oktober nach Temeswar. Wir mussten täglich auf Robot gehen, ansonsten hatten wir Ruhe. Am 13. Januar 1945 kam meine Schwester wie jeden Samstagabend zu Besuch, um Ilse zu sehen. Nächsten Tag, es war ein Sonntag, wurde durch Trommelschlag verlautbart, dass sich alle Männer von 17 bis 45 Jahren und die Frauen von 18 bis 31 Jahren mit Winterwäsche und Verpflegung in der Schule einzufinden haben. Auch ich sollte gehen, versteckte mich aber. Montag erfuhren wir von einer rumänischen Familie aus Temeswar, dass die Behörden in Temeswar am 14. Januar meine Schwester gesucht hatten. Am Mittwoch, 17. Januar, fragten sie in Billed nach mir. Weil sie mich nicht finden konnten, nahmen sie meine Mutter und meine kleine Nichte Ilse mit. Die beiden wurden aber freigelassen, nachdem Mutter versprochen hatte, dass ich mich stelle. Am Donnerstag um 4. Uhr haben ein Russe und ein Rumäne uns geweckt. Sie führten meine Schwester und mich ab. Waldi, unser Hund, begleitete uns bis zur Schule. Am Freitag, 19. Januar, um 11 Uhr war Abmarsch. Eine Masse von 330 Personen wurde mit MG-Schüssen aufgeschreckt und vom Schulhof getrieben; nicht einmal Schwerverbrecher werden so behandelt. Abschied durften wir nicht nehmen. Kinder weinten, schrieen und verlangten nach ihren Müttern. Vor Alexanderhausen bestiegen wir ein Auto, welches mit Gepäck nachgekommen
101 war. Um 2 Uhr waren wir in Perjamosch, wo wir die beste Gelegenheit zur Flucht ungenutzt ließen. Wir warteten, bis die anderen kamen, es wurde 19 Uhr. Auch Vater war mit unserem Gepäck auf dem Wagen nachgekommen. Wir lagerten dicht gedrängt in der Volksschule, wo wir bis Sonntag, 21. Januar, blieben. Dann ging es in den Turnsaal der Bürgerschule. Am selben Tag kam Mutter und brachte uns noch vieles, das wir noch gut gebrauchen konnten. Sie kochte noch bis zum letzten Tag für uns. Am 23. Januar wurden wir in Waggons gepfercht, 30 Personen in einen Wagen. Am 24. Januar mussten wir Abschied nehmen. Auf ein Nichtwiedersehen, wie ich immer dachte. Um 6 Uhr setzte sich der Zug in Bewegung; wir verließen die Heimat. Es war der 25. Januar 1945. In Temeswar angekommen, ging meine Schwester Wasser holen. Einen Bekannten bat sie, Familie Tǎnǎsescu zu verständigen. Frau Tǎnǎsescu brachte uns eine gute Suppe, sie tat uns wohl. Am Abend fuhren wir weiter, dem Ende der Welt entgegen. Während der Fahrt schrieben wir einige Male, das letzte Mal am 3. Februar, das war in Jassy. Am 31. Januar stiegen wir in sowjetische Waggons um, jetzt waren wir zu 90 Personen in einem Wagen. Am 12. Februar, einem Montag, waren wir in Jenakjewo; dort mussten wir aussteigen. Der Fußmarsch schien endlos. Nach etwa sechs Kilometern gelangten wir in ein Lager außerhalb der Stadt. Es war ein zweistöckiges Gebäude, das eben renoviert wurde. Alle Zimmer waren noch ohne Fußboden. Am 13. Februar gingen wir baden und zur Entlausung, am Freitag, 15. Februar, waren wir schon auf Arbeit auf einer Baustelle. Die Maurerarbeit war schwer. Es brachen bittere Tage an, wir hatten 38 Grad Kälte. Am 28. März 1945 wurde ich zur Brigadeführerin ernannt. Von daheim drang keine Nachricht zu uns. Am 11. September 1945 wurde ich in die Krankenliste aufgenom-
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men; am 12. September war ich das letzte Mal auf Arbeit. Im Oktober wurde ich noch einige Tage im Krautkeller und in der Küche eingesetzt, dann musste ich wieder eine Zeit lang nicht auf Arbeit. Am 19. November wurden wir informiert, dass am 29. alle Kranken nach Hause fahren dürften. Am 28. November wurde unser Gepäck zum Bahnhof gebracht, am nächsten Tag um 10 Uhr war Abmarsch. Meine Schwester musste leider zurückbleiben. 240 Personen verließen an diesem Tag das Lager. Am 1. Dezember um 6 Uhr fuhr der Zug in Jenakjewo ab. Am Abend des 3. Dezember passierten wir den Dnjepr, am 5 Dezember verloren wir Kathi Kratochwill in Balta. An demselben Abend fuhren wir über den Dnjestr. Am 6. Dezember haben wir in Balta mit Gefangenen gesprochen, deren Zug nach Russland weiterfuhr. Am 7. Dezember nachmittags hielt der Zug vor der rumänischen Grenze, wo Appell gemacht wurde. Dann ging die Fahrt weiter über den Pruth. Am 8. hielten wir in Paşcani, am 9. in
Rückblick 23. Februar 1947: Elisabeth Welter, verheiratete Rademacher mit ihrer Nichte Ilse Haberehrn, damals vier Jahre alt. Die Aufnahme stammt von dem Fotografen Nikolaus Hehn, besser bekannt als Hehn-Schneider. Das Foto war bestimmt für Ilses Mutter, die noch im Lager in der Ukraine war. Doch dort ist es nie angekommen. Barbara (Bewi) Haberehrn konnte erst nach der Heimkehr sehen, wie sich ihre Tochter verändert hatte.
der Früh kamen wir in Focşani an, am 10. kamen wir ins Durchgangslager. In der darauf folgenden Nacht gingen wir baden und in die Entlausung. Am 19. wurden wir das zweite Mal entlaust und gebadet. Am 17. Dezember wurden wir entlassen, gingen zur Polizei, wo wir einen Entlassungsschein erhielten. Wir übernachteten in einer Schule, wo wir das erste Mal genügend Brot zu essen hatten. Am 18. Dezember um 18 Uhr bestiegen wir den Zug nach Buzǎu, in der Früh den nach Ploieşti. Dort konnten wir in den Bukarester Zug umsteigen, und in zwei Stunden waren wir in der Hauptstadt. Um 13 Uhr kletterten wir aufs Dach des Temeswarer Zuges. Um 19 Uhr fand ich in Piteşti Platz im Zug, wo ich mich aufwärmte. Am 21. Dezember um 1 Uhr kamen wir mit Verspätung in Temeswar an, um 5 Uhr ging es mit einem Lastzug nach Billed. Wir gingen vom Bahnhof gemeinsam in die Kirche, wir waren 17 Frauen. Dort trennten wir uns. Jede nahm die Richtung nach dem teuren Elternhaus. Wir waren wieder zu Hause.
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Den maroden Pferdewagen mit bedenklicher Seitenleiter-Verstärkung tauschte Mathias Steuer gegen seinen guten Billedrischen mit einem Rotarmisten während der Besatzung des Dorfes durch die Sowjets 1944 - freilich nicht freiwillig. Hier bei der Tabakernte. v. l. Mocioiu, Katharina Steuer, Magdalena Schwarz, Mathias Steuer und Jakob Schwarz. Mit dem „Russenwagen“ von Mathias Steuer bei der Maisernte 1944, einige Wochen vor der Verschleppung der arbeitsfähigen Männer und Frauen in die Sowjetunion. Eins. Elisabeth Marx
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Zwei Schwestern – ein gemeinsames Schicksal Katharina und Maria Gilde – zusammen 186 Jahre alt
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nangemeldet ging ich zu ihnen – zu Kathi (94) und Marian (92), bei allen Billedern als „Gildes Mädcher“ bekannt, und war herzlich willkommen. Im Sessel sitzend, weil etwas gehbehindert, ist es die Ältere, Kathi, die mehr aus ihrem gemeinsamen Leben erzählt, während Marian, die Jüngere, meistens das von ihrer Schwester Gesagte bestätigt, dabei merkt man, dass ihr der Schalk im Nacken sitzt. Nach Plan und Absicht verlief wohl kaum etwas in ihrem Leben und doch sind sie auch heute positiv eingestellt, optimistisch. Dazu verhalf ihnen ihr christlicher Glaube und die enge Beziehung zur Kirche und ihren Vertretern. Regelmäßiger Kirchgang wie früher ist für sie - infolge wiederholter Knochenbrüche und anderer Beschwerden - nicht mehr möglich. Doch Hilfsbereitschaft wird nicht selten auch durch Hilfsbereitschaft vergolten: Unser Gemeindepfarrer Bonaventura Dumea hat sich sehr um die kranke Kathi bemüht, die ihrerseits auch immer für die Belange der Kirche helfend eintrat. Als junges Mädchen war Kathi lungenkrank, doch die Russland-Verbannung hat ihr scheinbar darüber hinweg geholfen, obwohl dort auch Frauen Schwerstarbeit leisten mussten. Getrennt waren die Schwestern nie und das hat sie vermutlich stark gemacht, wie auch ihr Gottvertrauen. Nachgefragt, ob es in der ukrainischen „Hölle“ auch helfende, mitfühlende Menschen gab, die ihnen das verdammt schwere Leben etwas leichter machten, erzählte Kathi: Zur Heuernte an einen etwas entlegenen Ort geschickt, war auch dort das Essen rationiert, d.h. zu karg für junge, arbeitende Menschen. Man suchte deshalb Ergänzungsmöglichkeiten durch „Organisieren“. Eines Tages beobachtete Kathi die Aufseherin und
Elisabeth Martini
reagierte schnell, als diese zur Toilette ging. Haufenweise lagen die Nahrungsreserven in einer dazu bestimmten Hütte, von wo Kathi – beladen mit Kartoffeln und Kraut (Kohl) gerade verschwinden wollte, als ihr LKWFahrer plötzlich vor ihr stand. Doch er zeigte sie nicht an – wie das üblich war - nein, er hätte sie auch ein zweites Mal klauen lassen, wozu sich die grundehrliche Kathi jedoch schämte. Aus diesem Zwischenfall ergab sich eine stumme Übereinkunft nach dem Prinzip: Eine Hand wäscht die andere. Und es ging für die Schwestern ums Überleben! Der LKW-Fahrer machte seine Schwarzgeschäfte – wie übrigens fast alle –, wobei die Schwestern ihm halfen und sogar Famlienanschluss genossen. Die Fahrer-Kinder waren lieb, nannten sie „Tante“, obwohl sie von anderen Kindern deshalb gehänselt wurden. 3 Jahre – bis zur Heimfahrt währte diese menschliche Beziehung zum beiderseitigen Vorteil der „Feinde“. Kaum wieder nach Billed heimgekehrt, erlebten beide Schwestern 1951 auch die Baragan-Deportation in Rosetti mit all den Demütigungen, Entbehrungen und Ängsten. Nach 5 Jahren nach Billed zurückgekehrt, leisteten beide Schwestern Schwerstarbeit in der Billeder Ziegelei, bis Kathi 1975 und Marian 1977 in Rente gingen. Im Glauben, auf ihre alten Tage versorgt zu sein, haben sich die „Gildes Mädcher“ einer rumänischen Jungfamilie übergeben. Jedoch das Schicksal wollte es anders: Der Mann erlitt einen Schlaganfall, seine Frau musste sich um ihn kümmern und da war ein Kleinkind, das die Schwestern immer mehr ins Herz schlossen. Es nennt sie liebevoll „Oma“, spricht Billeder Dialekt, bereitet ihnen viel Freude, ist eigentlich ihr Jungbrunnen. Zwar behaupten die beiden, Amalia - in-
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Die Schwestern Kathi und Marian Gilde in ihrem Wohnzimmer in Billed zwischen 7 Jahre alt - nicht zu verwöhnen, jedoch nimmt ihnen das niemand ab: Die Kleine weiß genau, wie sie ihr Ziel bei den Omis erreichen kann, ganz gleich, ob es um Taschengeld oder Süßigkeiten geht. Finanziert wird alles im Haus – das übrigens bestens in Schuss gehalten ist – durch die Renten der Schwestern, was diese auch stolz macht, es überhaupt zu können: ein berührendes Geben und Nehmen zum beiderseitigen Vorteil. Wie weit die Hilfsbereitschaft der Schwestern gehen kann, lässt die „Erdbeben-Episode“ erkennen. Als Kathi und Marian von der Katastrophe in Schag erfuhren, waren sie bereit, 30.000 Lei zu spenden, was ihnen Herr Karl Singer zum Glück ausreden konnte. Zumal beide nicht ins AMG-Seniorenheim wollten, sind sie jetzt voll zufrieden, im eigenen Haus geblieben zu sein, sorgend für an-
dere und selbst auch versorgt zu sein. Bekochen können sie sich noch selbst und freuen sich darauf, Amalia in der 1. Klasse bei den Hausaufgaben beaufsichtigen und in ihrem Werden begleiten zu dürfen. Recht oft werden die beiden auch von nahen und entfernten Verwandten wie Fr. Krogloth, H. Herbst, Christa Barth-Schoof u.a. besucht, wenn nötig unterstützt. „Sie haben sich immer sehr um den Kontakt zu den Kindern ihrer Cousins und Cousinen bemüht, sie liebevoll beschenkt und das führte dazu, dass sie von uns als Teil unseres Lebens betrachtet werden, deshalb kümmern wir uns auch um sie“, ergänzt Christa Barth-Schoof. Über dem Lebensweg der Schwestern Kathi und Marian steht zweifelsohne: Geben ist seliger, denn nehmen, weshalb wir ihnen auch weiterhin: „Glaube, Hoffnung, Liebe“ wünschen.
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R端ckblick
Rückblick
107 Denkmal aus dem Jahr 1996 im Temesvarer Park hinter dem Capitol (Parcul Justiţiei) zum Gedenken an die über 40.000 Deportierte in die Baragan-Steppe in der Zeitspanne 1951-1956. Unter den 9410 Personen deutscher Volkszugehörigkeit. waren 507 aus Billed. Foto: Hans Martini
Rückblick
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Sonntägliche Kartenpartie im Heimathaus. v. l. Hans Keller, Hans Mayer und Hans Rieder
Hans Mayer – eingebrannte Erinnerungen
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Jahre sind kein bedauernswertes Alter, wenn man fit und aktiv ist wie Johann Mayer, „de Mayersch Vedr Hans“. Aufrecht, schlank, mit Arbeitsschürze und -handschuhen kommt er mir entgegen, weil er eben seinem Sohn Nikolaus (Klos) bei baulichen Haus-Veränderungen hilft. Zwei Häuser hat er schon modernisiert und beim Besichtigen derselben staunt man darüber, welchen Luxus man sich auch in Billed leisten kann, wenn man selbst Hand anlegt. Die Ehefrau von Vedr Hans, „et Gretche“ (Margaretha) hat ihm gegenüber mehr mit gesundheitlichen Problemen zu kämpfen, doch beide sind geistig sehr fit, haben viele gemeinsame Erinnerungen, schöne und weniger schöne. Vedr Hans will mir aber vor allem über seine Deportation in die Ukraine, RusslandVerschleppung allgemein genannt, erzählen, legt mir gut behütete Scheine aus dieser Zeit vor: das Kontrollbüchlein für Vorschuss und Auszahlung im Metallurgischen
Elisabeth Martini
Werk Jenakjewa für die Jahre 1945 und 1946 sowie den Gesundheits- und Entlassungsschein von Frankfurt/Oder. Vergilbt sind sie, zerbrechlich, aber aufschlussreich und rufen durch ihren Anblick schon fast vergessene Erinnerungen wach: Die Arbeit im Metallurgischen Werk war Schwerstarbeit, die deshalb auch täglich 1 kg Brot sowie Entgelt einbrachte, während andere Arbeiten nur Rationen von 750 oder gar nur 500 g Brot pro Tag einbrachten bei der sonst so ärmlichen Verköstigung. Und Raucher haben diese karge Ration teilweise noch für Zigaretten eingetauscht, was geradezu selbstmörderisch war. Zudem war der Lohn für die Schwerarbeit anfangs, als alle noch bei Kräften waren, höher, nahm langsam ab, wie auch die Arbeitskraft infolge der Unterernährung abnahm. Bei Vedr Hans als Nichtraucher hat es bis zuletzt doch noch gereicht, um am Monatsende schuldenfrei zu sein, was nicht allen gelang.
Rückblick Nach seiner Entlassung kam Hans Mayer 1947 über Frankfurt / Oder nach Hoyerswerda, wo es ebenso schwache Kost wie in der Ukraine gab. Deshalb meldeten sich 10 Mann aus verschiedenen Orten des Banats freiwillig ins Erzgebirge. Und Vedr Hans erinnert sich noch, dass sie im Januar - dort angekommen - mit Knochenbrühe gestärkt wurden. Leider musste er auch feststellen, dass damals Bauern mehr als Hilfskräfte gesucht waren, nicht er als Schuster. Zufällig traf er hier einen Banatkenner, der dort 1941 als deutscher Soldat durchgezogen war. Hier gab es dann für jeden Lebensmittelkarten, das Holz musste man sich aus dem Wald holen. Und es gab auch eine mitfühlende Frau, die für die Banater reihum Mittagessen in den verschiedensten Familien organisierte – eine menschlich hoch einzuschätzende Geste – wobei die Ausgehungerten sich oft genierten, beim Essen um Nachschlag zu bitten. Um die Osterzeit war auch Hans Mayers Vater aus der Deportation in Deutschland angekommen, sodass beide gemeinsam heimwärts wollten. Doch trotz Landkarte und Schleuserbestechung wurden sie unweit der Grenze geschnappt. Mit Hilfe eines Grenzers kommen sie anschließend bis Passau, fallen jedoch dort den Amerikanern in die Hände. Als Spione verdächtigt, wurden sie ins Militärgefängnis Fulda gebracht, täglich wegen Grenzüberschreitung ohne Papiere verhört (Vierteilung Deutschlands). Die Unterbringung - 20 Mann im Raum mit Kübel in der Ecke - nicht angenehm, dafür war die Verköstigung sehr gut. Auf ihr Vergehen stand Geldstrafe oder Arrest. Erst im Juni ging es deshalb über Hof, Passau ins Schardinger Lager und von dort per Transport nach Rumänien. Die mehr als 60 Jahre gut verwahrten „Scheine“ belegen die Leidensgeschichte eines Billeders, die stellvertetend für hunderte und tausende Schicksale unserer Gemein-
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Ein Dokument aus der Deportation: das Kontrollbüchlein für Arbeitsentgelt im Metallurgischen Werk Jenakjewa für die Jahre 1945 und 1946. schaft steht, Schicksale, die nicht vergessen werden dürfen. Hans Mayer hat sich auch als Kollektivbauer ab 1978 im Billeder Leichenverein betätigt, war Fahnenträger, Kassierer und seit 1993 Präses des Vereins. Er kennt alle Billeder wie nur wenige, hat in seiner Evidenz mehr als 600 verstorbene Billeder. Früher gab es jährlich im Schnitt 30-35 Beerdigungen, 2013 gab es bisher eine einzige, die von Elisabeth Hubert. Mit seinen 86 Jahren arbeitet Vedr Hans noch gern, geht aber auch an Sonn- und Feiertagen zum Karten- und Billardspiel ins Forum-Haus, wo die Stammspieler schon ungeduldig warten, manchmal kommen auch Gäste aus dem Ausland dazu. Allen wünschen wir spannende „Partien“, gutes Miteinander und Gesundheit.
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Der Entlassungsschein aus der Russlanddeportation von Hans Mayer im Jahr 1947 Hans Mayer mit Mutter Franziska in den 70er Jahren.
Rückblick
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Vor der Friseurstube Klein (umgangssprachlich „Offizin“ genannt) in den 30er Jahren. Dritter von rechts Nikolaus Mayer, der Vater von Hans Mayer. Arbeiter an der Dreschmaschine in den 60er Jahren in der Kollektivwirtschaft.
Rückblick
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Was ist Heimat?
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st es das Land, der Ort, wo wir geboren wurden? Wo wir unsere Kindheit verbrachten, der Zeit, wo wir Eindrücke noch aufsaugen wie ein Schwamm? Ist es der Raum, in welchem wir am längsten lebten, am schönsten oder gar am schwersten? Der Begriff „Heimat „ - welcher uns alle immer wieder mehr oder weniger beschäftigt - veranlasste auch mich, meine Art des Empfindens darüber zum Ausdruck zu bringen. Als wir 1983 ganz Deutschland kreuz und quer mit dem PKW „Lada“ bereisten, da war der Gedanke „Heimat suchen“ nicht vordergründig - es zählte hauptsächlich: „Wo haben wir eine Chance, eine Goldschmiede mit Geschäft zu eröffnen?“ Nordrhein-Westfalen: zu viel Industrie, irgendwie das Gefühl, keine Luft zum Atmen zu haben; hier fährt man von einer Verkehrsampel zur anderen. Hamburg: Da verstehen wir die Leute in ihrem Plattdeutsch nicht. Ansbach? Wo liegt das denn? Meinem Mann fiel das
Marliese Knöbl (Wagner)
Lied dazu ein: „Ansbach Dragoner, Ansbach Bayreuth...“ Das gehen wir uns anschauen! Die Stadt selbst unspektakulär, aber kein Goldschmied ansässig. Bezüglich der Stadtgröße nicht zu groß und nicht zu klein, um bekannt zu werden und Fuß zu fassen - was uns ja auch, Gott sei Dank, gelungen ist. Das zu vermietende Haus bot auch zum Wohnen Platz, d.h., wir konnten Arbeit und Wohnung gut vereinen und zurechtkommen. Aber was uns noch von Ansbach in Mittelfranken besonders einnahm, war das ländliche Gefilde! Wiesen und Felder, Dörfer und Dörflein – ja, hier ist es schön! Hier können wir schon mal von einem eigenen Haus im Grünen träumen! Wir suchten also keine malerische Bergwelt oder kein Großstadtflair, da es unserem Ursprung nicht entsprach - unserer gewesenen Heimat?! Wenn wir des Sonntags spazieren fuhren, kamen wir des Abends nach Ansbach zurück.
Rückblick Erst nachdem unsere Tochter (geb.1984) etwa drei Jahre alt war und wir uns, von außerhalb kommend, der Stadt näherten, sagte ich zum ersten Mal: „Gleich sind wir zuhause.“ Ich selbst war über diesen Satz irgendwie überrascht, als hätte ich was Unfassbares ausgesprochen. Am Abend sagte ich zu Emil, meinem Mann: „Ich glaube, ein Haus wird erst zum Heim, wenn dessen Wände schon eine gehörige Portion Lachen und Weinen seiner Menschen gesehen und gehört haben.“ Eine andere für uns bedeutende Wahrnehmung war der Tag der Toten: Allerheiligen. Zuhause im Banat hatte man seine Friedhöfe. Man besuchte dort die toten Anverwandten und Freunde, schmückte ihre letzte Ruhestätte und fühlte sich ihnen ganz nahe. Wo sollen wir nun hin, um diesem Tag - sprich Abend - ein traditionelles, andachtsvolles Gepräge zu geben? Wir fanden das Grab von Hans Ulrich Rudel auf etwa 25 km Entfernung als würdig, aber daheim fühlten wir uns dabei auch nicht. Es wurde uns klar, dass auch ein so trauriger Ort, wie der Friedhof, zu einer Heimat gehört. Aber als mein Mann 2009 verstarb, sagte ich zu unserer Tochter: „Um diesen Preis wollte ich nicht ein Stück Heimat finden!“ Zum Begriff Heimat gehören unheimlich viele Gefühle, Eindrücke, Lebensgewohnheiten. Ich selbst kann nur sagen, dass ich mich in erster Reihe als Billederin fühle, obwohl es die kürzeste Zeitspanne meines Lebens war. Sind vor allem die Jahre der Kindheit und teils der Jugend dabei so entscheidend? Aber auf alle Fälle bin ich mit Stolz eine bewusste Banater Schwäbin. Wir haben das Geschäft nun schon dreißig Jahre in Ansbach, wollten aber von Anfang an, unseren Ursprung nicht verleugnen, sondern darauf hinweisen. Sei es durch Broschüren oder Karten und Wissenswertes an den Wänden. Als Gründer und Vorsteher der Banater H.O.G. in Ansbach veranstalte-
113 te mein Mann Feste auf der Straße, um auf unsere Volksgruppe aufmerksam zu machen. Nach seinem Tod hat sich unsere Heimatortsgemeinschaft aufgelöst. Seit 2003 haben wir ein Haus auf dem Land und sehr nette Nachbarn, welche auch gerne mal nachbarschaftliche Hilfe leisten. Wir entschieden uns für den kleinen Ort, weil das gesamte Anwesen so flach ist, wie wir es früher gewohnt waren und es eroberte deshalb unser Herz. Dass die Erde als Garten nicht mit unserer „Heimaterde“ zu vergleichen ist, fiel uns nachher erst auf. Unsere war schwarz und weich wie Samt. Leider ist die Luft hier rauer. Duft und Aroma eines Aprikosenbaumes kann ich nur alle paar Jahre genießen. Fast jährlich erwischt der Frost die Blüten. Etwas mehr Glück haben wir mit zwei Maulbeerbäumen und Akazien, welche an die Landstraße zwischen Billed und Temeswar erinnern und an den besten aller Honigarten. Die Jahre vergehen... Alle unserer Sippe, teils schon mit Nachkommen, leben in Deutschland. So langsam wurde das Haus unser Heim. Aber was macht es mir so heimisch? Ich kann meine Kindheit wieder erleben! Wir haben ein paar Hühner, Laufenten, Katzen und einen Hund. Wir sehen die vielen Arten von Singvögeln auf unserem Feld, Hof und Garten mit Obstbäumen, Reben etc., um welche wir uns liebevoll kümmern. Es wurde von uns mit viel eigenem Einsatz gestaltet. Wir erleben wunderschöne Sonnenuntergänge und was ganz toll ist: Sie geht auch hier im Westen unter! All das bedeutet uns viel, gibt das vertraute Gefühl von daheim. Es erinnert an meine Omas und Opas, an Mutter und Vater und an sehr vieles mehr. Besteht Aussicht, dass ich mit der Zeit vielleicht doch noch eine Fränkin werde? Sage niemals nie! Beim Sprechen hören jedenfalls alle immer noch sofort, dass ich keine bin. Aber ist das wirklich wichtig? Wichtig ist letztendlich, dass man, so wie man ist, sich gegenseitig akzeptiert und achtet.
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„Die arme Hund“
eute sieht man oft im Fernsehen Agentenfilme, in denen die Geheimagenten verborgene Waffen bei sich tragen. Von so einer geheimen Waffe und einem Agenten aus den 40er Jahren möchte ich berichten. Im Finanzamt in Billed war ein Beamter mit dem Namen Vintulescu. Manch ein Billeder kann sich an den Namen noch gut erinnern, denn er war von den Tabakbauern sehr gefürchtet. Er machte Stichproben beim Zählen der zu trocknenden Tabakblätter, unangemeldet, auch bei Nacht. Er kontrollierte und versiegelte auch die Schnapskessel. Und so kannte ich ihn durch Schnapsbrenner-Großvater Hubert auch persönlich. Er wohnte bei Mathias Höchst (433) in Miete und hatte immer einen komischen Spazierstock dabei, den er nicht aus der Hand legte. Zum Mittagessen ging er von seinem Büro nach Hause und man konnte die Uhr nach ihm stellen, so pünktlich war er. Um 12 Uhr trank er im Großen Wirtshaus (jetziges Kulturheim) seinen Schnaps, überquerte die Hauptstraße zur Ecke Dr. Tuttenuit und ging in der Hauptstraße bis zur Ecke Johann Schwartz. Hier bog er ab, Richtung Altgasse bis zum 2. Haus, wo er wohnte. Die Familie Schwartz hatte ein Fahrradgeschäft und eine Dreschgarnitur sowie eine Werkstatt im Hof, darum hatte sie auch gute Wachhunde. „Wolfi“ war ein großer, schwarzer Schäferhund, der jedem schon beim Anblick einen Schrecken einjagen konnte. Und da gab es noch zwei kleinere Hunde, die sehr wachsam waren. Da das Anwesen durch eine hohe Mauer und ein Tor geschützt wurde, konnten die Hunde nicht auf die Straße.
Rückblick Josef Herbst
Wolfi und Herr Vintulescu hatten kein gutes Verhältnis zueinander. Um die Mittagszeit, wenn Herr Vintulescu vorbei kam, lauerte Wolfi schon am Tor und schlug ein höllisches Gebell an. Herr Vintulescu stocherte jedes Mal mit seinem Spazierstock durch die Latten nach den Hunden. Und das ging wochenlang so, man sagte sich im Hause Schwartz: „Herr Vintulescu ist auf dem Heimweg.“ Eines Tages war Herr Franz Haupt von der anderen Seite der Straße auf seiner Tenne, als er einen dumpfen Knall hörte, es aber für die Fehlzündung eines Motors im Hofe von Schwartz hielt. Am späten Nachmittag fand man Wolfi tot auf. Sein Kopf und sein Rachen waren durch einen Schuss zerschmettert. Nach einigen Tagen traf Herr Vintulescu auf seinem Heimweg Herrn Schwartz an der Ecke und bedauerte den Tod von Wolfi: „Die arme Hund hat immer so gut gebellt, wann bin ich gekommen, da hat schon meine Frau immer die Suppe auf die Tisch gebracht“. Gezweifelt hatte man ja schon immer, dass Herr Vintulescu Wolfi beseitigt haben könnte, aber ihn darauf anzusprechen, traute sich niemand. Erst in den 60er Jahren hat Herr Höchst, bei dem Herr Vintulescu wohnte, im Vertrauen erzählt, dass er einmal seinen Mieter beim Reinigen seiner Spazierstock-Waffe überrascht hat. Er sollte es aber nicht bekannt machen. Herr Vintulescu ist in den 50er Jahren in Billed spurlos verschwunden. Über sein Verschwinden gab es viele Gerüchte. Die Wahrheit wird man wohl nie erfahren.
Gehstock zum Gewehr umfunktioniert (Symbolbild)
Rückblick
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Die Hauptgasse vor ca. 100 Jahren in der Zeit, als das Banat zum Königreich Ungarn gehörte Werbepostkarte von Johann Schwartz aus den 1910er Jahren
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Ackerbausch端ler auf Flohmarkt Auf dem Flohmarkt fand Barbara Backhaus einen Bilderrahmen, der ihr gefiel;
R端ckblick
das Bild selbst beachtete sie erst, als sie Billeder Jugendliche als Absolventen der deutschen Ackerbauschule Voiteg darauf erkannte:
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oben 3. v. rechts Hans Hehn 2. Reihe v. o. 2. links Peter Rieder, 1. rechts Hans Slawik
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unten 3. v. rechts Nikolaus Schmidt (Brasilien)
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R端ckblick
Rückblick
V
„Erdäpl“ (Topinambur) in Billed
iele Angehörige der älteren Generation vor 1945 erinnern sich noch an das „Erdäplfeld“ auf der Wiese rechts der Sauerländer-Brücke, neben dem Jer-Fluss, vis-a-vis vom (Krakewald) Eichenwald. Die „Erdäpl“, wie die Billeder gesagt haben, gehören zur Gattung der Sonnenblumen. Wissenschaftlicher Name: Helianthus tuberosus. Allgemein ist diese Knollenfrucht unter dem Namen „Topinambur“ bekannt. Der Name leitet sich vom indianischen Volk der „Tubinamba“ ab. Nach einem Bericht von Josef Breitenbach (*1907 +2003) brachte die Familie Johann Schultz (704) bei ihrer Rückwanderung nach einigen Jahren, 1926, aus Brasilien die Topinamburknolle mit. Anfangs wurde diese Knolle in einigen Hausgärten angepflanzt, doch es wurde ihr keine große Bedeutung geschenkt, da der Ertrag gegenüber der Kartoffel sehr gering war und die Pflanze sehr wucherte und alles überdeckte. Im Jahre 1927 wurde in Billed die Hutungsgesellschaft oder Kompossessorat gegründet. Es war die erste Genossenschaft in Billed. Die Hauptaufgaben der Hutung waren die Verwaltung der Gemeindewiesen und deren Pflege, der Ankauf von Rassehengsten, Stieren und Ebern, um den Billeder Tierhaltern eine ertragreiche Viehzucht zu ermöglichen. Auf gemeindeeigenem Grund wurde durch Maurermeister Nikolaus Fligl hinter dem Gemeindehaus 1931 ein geeigneter Neubau errichtet. Der erste Vorstand war Johann Szeibert (309). Anfang der 30er Jahre gab es in Billed ca 1000 Kühe, 250 Kälber, 800 Pferde 1500 Schafe und 1800 Schweine. Johann Szeibert erkannte, dass man für die Muttersauen und
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Läuflinge auch ein Stück Wiese und neben dem Jer-Fluss, wo es Wassertümpel gab, ein Versuchsfeld mit „Erdäpl“ anlegen müsste, damit die Tiere richtig wühlen und suhlen konnten. Das Versuchsfeld von 50 Ar, nicht ganz ein Joch, war ein voller Erfolg. Da die mehrjährige Pflanze auch bei minus 30°C überwintert und auch aus den kleinen Teilen der Knolle im Frühjahr austreibt, brauchte man sie nicht nachzusetzen / nachzupflanzen. Aus einer Knolle bilden sich bis zu 2 m hohe verzweigte Stängel, an deren Enden sich Blüten wie die der Sonnenblumen bilden, die aber sehr spät blühen, sodass der Samen nicht ausreift. Die Triebe sind einjährig und sterben im Herbst ab. Als Kinder gruben wir die Knollen aus, entfernten die Haut, die im Gegensatz zu Kartoffeln sehr dünn ist, aßen sie roh oder garten sie im Feuer. Schmecken süß. Darum wird sie auch als Süßkartoffel oder Zuckerkartoffel bezeichnet. Die Knolle ist sehr stärkereich und darum wird auch daraus Branntwein hergestellt. Nach meinen Umfragen bei älteren Leuten aus unseren Nachbarorten ist ersichtlich, dass die Knolle als Erdäpfel oder Erdbirne bezeichnet wurde und von Rückwanderern aus Amerika auch in andere Orte mitgebracht, aber in den Hausgärten nicht lange gepflanzt wurde. In Billed wurde mit der Enteignung der Deutschen und der Gründung der Kollektivwirtschaft 1951 das Erdäpfelfeld vernichtet. Hingegen wurden in der Kollektivwirtschaft von Triebswetter in den 60er Jahren einige Hektar der Pflanze für medizinische Zwecke angebaut.
Foto links: Ansicht von der Sauerländer Brücke in Richtung der ehemaligen Topinambur-Anbauflächen im Juni 2013.
Dichtung - Dialekt
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Volksschulklasse der Jahrgänge 1920-1921 mit Lehrer Henz
„Billedrisch“ ist unser Dialekt, unsere Mundart und Muttersprache
A
uch 1997 wurde in unserem Heimatblatt im Artikel „Mr rede on schreiwe gäre billedrisch“ darauf hingewiesen, dass die Billeder – mit wenigen Ausnahmen – meistens gerne ihren Dialekt sprechen, wenn sie so unter sich sind. Es war früher die erste Sprache, die die Kinder von ihrer „schwäbischen“ Mutter erlernten, deshalb auch Muttersprache. Aber auch aufgeschrieben werden immer mehr Geschichten, Erlebnisse im Dialekt. Deshalb war eine gewisse Auseinandersetzung mit Dr. Johann Wolfs „Banater deutsche Mundartkunde“ Kriterion
Elisabeth Martini
Verlag Bukarest 1987 angebracht, zur allgemeinen Orientierung. Darin heißt es, dass die „Mundart ein Teil des Ganzen ist, ein Subsystem in kleinerer Verkehrsgemeinschaft mit enger Bindung an das Gegebene, das sprachliche Mittel, um den heimatlichen Bereich zu meistern. Mundartwörter gehen aus dem ursprünglichen Denken, dem Wirklichkeitsbezug hervor. Mundart ist eine örtlich varierende Grundschicht der Sprache, der Hochsprache als Einheitssprache untergeordnet, ist keine „entstellte“ Form der Hochsprache, hat mit
Dichtung - Dialekt dieser Gemeinsamkeiten und Unterschiede. Die Hochsprache sollte nicht verdrängen, sondern als Sonntagskleid neben dem Werktagskleid Mundart existieren. Der hochsprachliche Ausdruck eines Sprechers, dem die mundartliche Grundlage fehlt, erinnert an destilliertes Wasser, das bekanntlich nicht gut schmeckt.“ Martin Walser behauptet: „Der Dialekt ist ebenso wichtig wie die untergegangene Kindheit,...die unbezweifelbar nachwirkt...“ Dabei scheint trotzdem überall das sprachliche Selbstbewusstsein der Mundartsprecher im Erlöschen. Als im Banat noch geschlossene Gemeinschaften existierten, ging die Mundart vor der Umgangsund Hochsprache langsamer zurück als im geschlossenen deutschen Sprachbereich. Bekannt ist, dass die Banater Mundarten überwiegend rheinfränkische Mischmundarten sind, keine schwäbischen, trotz der üblichen Sammel-Bezeichnung Banater Schwaben. (Allerdings waren die ersten Kolonisten nach der Türkenzeit in Ungarn tatsächlich Schwaben, weswegen alle nachfolgenden eben auch als Schwaben bezeichnet wurden.) Heinrich Schmidt findet: „Wir sind demzufolge Nennschwaben, aber keine Sprachschwaben.“ Schwowisch / baurisch wurde allgemein dem herisch / härisch / herrisch: Umgangsoder Hochsprache gegenübergestellt: „Liewer / Besser schwowisch / baurisch gfahr, wie herisch zu Fuß gang.“ Die ersten wissenschaftlichen Arbeiten über Banater Mundarten erschienen zu Beginn des 20. Jahrhunderts, meist Monografien einzelner Mundarten. Eine regere Tätigkeit diesbezüglich entfaltete ab 1956 das Pädagogische Institut und seit 1962 die Universität Temeswar. Bei Dr. Johann Wolf sind etwa 180 Diplomarbeiten angeführt: Sämtliche Banater Mundarten sind hochdeutsche Mundarten, die Billeder zählt zu den 4 „et“
121 Mundarten des Banats, in der das O dem U und das E dem I angenähert wird: dorch, rom, onne, Wend, senn, spenne (moselfränkischer Einfluss). Auf die herkunftsmäßige Verteilung der Erstansiedler Billeds hat auch Wlihelm Weber und seine Tochter Margarethe in unseren Heimatblättern hingewiesen. Diplomarbeiten über den Billeder Dialekt: 1. Tămaş, Victoria: Die Bereicherung des Wortschatzes der Mundart von Billed in den letzten zwei Jahrzehnten, 1964. 2. Frick, Elisabeta: Die Morphologie der Billeder Mundart, 1965. 3. Zimmer, Elisabeta: Der Lautbestand der deutschen Mundart von Billed, 1966. 4. Tămaş, Alexandrina: Pflanzen- und Tiernamen in der Mundart von Billed, 1968. 5. Wilhelm, Margareta: Das Verb in der moselfränkischen Mundart von Billed und Neubeschenowa, 1969. 6. Matieş, Maria: Charakteristische Merkmale der syntaktischen Struktur der moselfränkischen Mundart von Billed, 1971. 7. Haupt, Helga: Personennamen in der Mundart von Billed, 1972. 8. Schackmann, Margareta: Wörterbuch der deutschen Mundarten von Billed und Kleinbetschkerek. Die Buchstaben B und C, 1976. 9. Weber-Neumann, Margarethe: Die herkunftsmäßige Zusammensetzung des Wortschatzes der Mundart von Billed, 1977. 10. Şandor, Mihaela: Lexikographische Darstellung der Banater deutschen Mundart von Billed (Buchstaben W – Z), 2000.
Dichtung - Dialekt
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Das Wörterbuch der Banater deutschen Mundarten erfasst den Sprachschatz des Bevölkerungsanteils deutscher Sprache (Banater Schwaben) im heutigen rumänischen Banat (einschließlich des Kreises Arad) in seiner lautlichen, grammatischen und bedeutungsmäßigen Eigenart und nach wissenschaftlichen Grundsätzen.
Das Wörterbuch der Banater deutschen Mundarten
W
örterbücher sind Vorhaben, die auf eine lange Zeitspanne angelegt sind, und nicht selten dauert es Jahrzehnte bis ein Wörterbuch veröffentlicht wird. Die Wenigsten wissen wahrscheinlich, dass hinter dem Vorhaben, ein Wörterbuch zu schreiben, sehr viel Arbeit steckt: Sammeln, Ordnen, Vereinheitlichen und Bearbeiten des dem Wörterbuch zugrunde liegenden Materials. Soll ein Wort in einem Wörterbuch beschrieben werden, müssen alle seine Formen, Bedeutungen, Verwendungsweisen,
Mihaela Şandor
seine Herkunft und die Beziehungen zu anderen Wörtern ermittelt werden. Es ist deshalb besonders erfreulich, dass nun, nach jahrelanger mühevoller Arbeit (seit 1968), der erste Band (A – C) des Wörterbuchs der Banater deutschen Mundarten (bearbeitet von Peter Kottler, Ileana Irimescu, Alwine Ivănescu, Eveline Hâncu und Mihaela Şandor) im IKGS Verlag München erschienen ist. Dieses Wörterbuch fußt auf einem langjährigen Projekt des Temeswarer Lehrstuhls für Germanistik, an dem sich
Dichtung - Dialekt im Laufe der Zeit sowohl Lehrende als auch Studierende beteiligt haben. Nicht unerwähnt dürfen die vielen Gewährspersonen bleiben, die bei den Datenerhebungen in den Banater Ortschaften bereitwillig Auskunft gegeben haben. Ohne sie hätte ein solches Vorhaben nie durchgeführt werden können. Die ausführliche, von Peter Kottler verfasste Einleitung des Wörterbuchs gibt Auskunft über die Erforschung der Banater deutschen Mundarten und die Entstehung des Wörterbuchs sowie über die Einteilung und Kennzeichnung der deutschen Mundarten des rumänischen Banats. Ebenfalls in der Einleitung enthalten sind die Hinweise zur Benutzung des Wörterbuchs, die den Leser über den Aufbau des Wörterbuchs informieren und ihm beim Auffinden der Wörter helfen. In verschiedenen Verzeichnissen sind die im Wörterbuch vorkommenden Abkürzungen, die zitierten Quellen und Wörterbücher, die als Quellen dienenden unveröffentlichten Diplom arbeiten über deutsche Mundarten des Banats, die Literatur zu den Banater deutschen Mundarten und die 158 zum Ortsnetz gehörenden Banater Ortschaften mit deutscher Mundart zu finden. Nach der Einleitung folgen die Wortstrecken zu den Buchstaben A, B und C. Gegenstand des Wörterbuchs ist der vorwiegend in den 1960er und 1970er Jahren erhobene Wortschatz der deutschen Mundarten aus dem rumänischen Banat (Kreise Temesch, Arad und Karasch-Severin). Die im Banat gesprochenen deutschen Mundarten sind Mischmundarten rheinfränkischer, alemannischer, süd- und ostfränkischer, bairischer und bairisch-fränkischer Prägung. Ins Wörterbuch wurden aufgenommen: typisch mundartliche Wörter, die in der Schriftsprache nicht vorkommen, z. B.: abstrüpfen‚ herunterstreifen, ausziehen‘; Affenzapfen und Affenzipfel‚ närrischer Mensch‘; Alt-
123 klugscheißer‚ Kind, das für sein Alter sehr klug ist‘; anfremmen‚ anfertigen lassen‘; antitschen‚ anschlagen, durch einen Stoß beschädigen‘; äpfeltänzig‚ ungeduldig‘; Attich‚ Zwergholunder; Marmelade‘; Bankert‚ ungezogenes Kind‘; Baumklopfer, Baum picker(t)/ Baumplicker‚ Specht‘; beinern‚ aus Knochen bestehend‘; Breiting‚ Breite, seitliche Ausdehnung, Ggs. zu Länge‘; brettelbreit‚ breit auseinander, ausführlich‘; Buckelzecker‚ Schulranzen‘; Wörter, die auch in der Schriftsprache vorkommen, aber teilweise unterschiedliche oder zusätzliche Bedeutungen aufweisen, wie z. B. brodeln, das neben den allgemein bekannten Bedeutungen 1.‚ kochen, sieden‘ und 2.‚ braten‘ zusätzlich in den Banater Mundarten die Bedeutungen: 3.‚ fortwährend reden‘; 4.‚ bekritteln, beanstanden, nörgeln‘ und 5.‚ geräuschvoll schnäuzen‘ hat; Von den deutschen Siedlern aus dem Herkunftsgebiet mitgebrachte Entlehnungen, vor allem aus dem Französischen und Italienischen, z. B.: absenat mit der Bedeutung‚ abweisend‘ (aus frz. obstiné‚ eigensinnig, stur‘); Andudel (aus frz. andouille) als Bezeichnung einer Wurstart u. zw.‚ ein Dickdarmende mit Fleischwurstfüllung; ein Dickdarmende mit Schwartenfüllung; oder auch eine Armeleutesuppe aus Gemüse und Därmen‘; alleger mit der Bedeutung‚ munter, gut aufgelegt‘ (aus ital. allegro‚ lebhaft‘); Entlehnungen aus dem Rumänischen, z. B.: Adewerinza‚ amtliche Beglaubigung, Bestätigung‘;Aragas‚ Gasherd‘; Bakschisch‚ Trinkgeld; Bestechungsgeld‘; Batschokura‚ Gespött, Narrheiten‘; Bibelo‚ kleine Zierfigur‘; Bizikel‚ Fahrrad‘; Boschok‚ Gespött, Narretei‘; Brinse‚ Schafskäse‘; Bukluk‚ Unannehmlichkeit, Schwierigkeit‘; Bulletin‚ Personalausweis‘; Bumbak‚ Baumwolle‘;
124 Entlehnungen aus dem Ungarischen, z. B.: Bakantsch‚ feste Schnürschuhe‘; Bekesch‚ gefütterter Winterrock für Männer‘; Betjar‚ Bengel, Gauner‘; Bogar‚ Käfer‘; Bornju‚ Rucksack‘; Budji‚ kurze Frauen- und Kinderunterhose‘; Entlehnungen aus dem Serbischen, z. B. Boschemoj alsAusdruck derVerwunderung:‚ mein Gott‘; Bojan mit den Bedeutungen‚ 1. männliches Kalb, junger Stier; 2. Mann der verrückt spielt, ausgelassener Narr‘; In Auswahl Personen-, Orts- und Flurnamen wie: Adam, Anna, Balthasar, Barbara, Bartholomäus, Bega, Brünndelberg; In der Alltagssprache verwendeter Fachwortschatz, z. B.: Abbieg(e)bank‚ Vorrich tung zum Abbiegen von Blech; Bankschere‚ Messer, das zum Abschneiden der Bürstenhaare verwendet wird‘; Brecheisen/ Brechstange/ Budak mit der Bedeutung‚ kurze Eisenstange, am Ende etwas abgebogen, zum Heben von Lasten, Ausreißen von Nägeln, Haken‘. Die Wörter sind alphabetisch nach ihrer schriftsprachlichen Form angeordnet. Wörter, die in der Standardsprache keine Entsprechung haben, wurden der Standardsprache angepasst. Jedem Stichwort folgen kurze grammatische Informationen (Genus bei Substantiven, Konjugationsart bei Verben). Diesen Angaben schließt sich der Lautkopf an, der die mundartlichen Formen der Wörter mit Ortsangaben enthält. Der Lautkopf ist nach Mundartgruppen gegliedert: R (rheinfränkische Mundarten), A (alemannische Mundart), O (süd- und ostfränkische Mundarten), B (bairische Mundarten) und B-F (bairischfränkische Mundarten).
Dichtung - Dialekt Die Bedeutungsangaben werden grafisch durch eine Raute eingeleitet und durch Beispiele aus den Banater Mundarten belegt. Zu den Beispielsätzen kommen – dort, wo es das Material erlaubt – Redensarten, Sprichwörter, Reime, Bauern- und Wetterregeln, Bräuche und Volksglaube hinzu. Wo es der Fall ist, wird durch einen senkrechten Pfeil auf Synonyme verwiesen, z. B. bei Baberjon,Schmetterling’ werden als Synonyme Blindermaus, Brinselmäuslein, Buchenpenner, Fleckenmaus, Fledermaus, Flettertutsch, Hollerpompeller, Kapell, Müller, Müllermahler, Pfeifel, Popillen, Pu(m)peller, Raupenvöglein, Schmetterling, Vöglein angeführt. Bei Entlehnungen aus anderen Sprachen und Stichwörtern mit interessanter Geschichte wird die Herkunft erklärt, z. B. burguschen, burduschen mit der Bedeutung‚ sich streiten, zanken, schimpfen‘ kommt aus dem ungar. burkus‚ 1. preußisch; 2. roh, unnach giebig‘. Die Lautvariante burdusche geht auf rum. a burduşi‚ verprügeln, schlagen‘ zurück. Auf die etymologischen Informationen folgen Verweise auf Mundartwörterbücher des deutschsprachigen Raumes, in denen die entsprechenden Stichwörter vorkommen. Das Wörterbuch der Banater deutschen Mundarten richtet sich sowohl an Fachwissenschaftler, die darin linguistische Informationen zu den Banater Mundarten finden können, als auch an Mundartsprecher oder Mundartliebhaber, die das Wörterbuch als Lesebuch benutzen können. Sie können darin z. B. unbekannte Mundartwörter, unbekannte Bedeutungen eines schon bekannten Wortes, interessante – oft auch unterhaltsame – Beispielsätze, Redensarten Sprichwörter und Reime, Informationen zur Sachund Volkskunde, zur Herkunft und Geschichte eines Mundartwortes entdecken.
Dichtung - Dialekt
Dialekte in Deutschland VĂślkerkarte des Banats in Ă–sterreich-Ungarn (Karten: Redaktion)
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Dichtung - Dialekt
Wo steht „et Klänet em Lähm on kräscht nä“?
Herkunftsmäßige und allgemeine Kennzeichnung der Billeder Mundart Wilhelm Weber
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er Veröffentlichung meines Beitrags mit obigem Titel Ende der siebziger Jahre in der „Neuen Banater Zeitung“ ging eine minuziöse und komplizierte Untersuchung über die in Billiet in den Jahren 17651766 ansässig gewordenen Einwandererfamilien voraus. Aufgrund meiner Nachforschungen und der Auswertung der „Wiener Konsignationen“ (Auswandererregistrierungslisten), die in den „Quellen zur Deutschen Siedlungsgeschichte in Südosteuropa“ veröffentlicht sind, anhand des „Nekrologium In Domine Defunctorum Parochiae Possessionis Billiet“ (Sterbematrikel der Jahre 1766 bis 1774), mit Hilfe der Besitzblätter aus dem ersten „Grund Buch des Dorfs Billiet Erricht und eingeführt vom 1-ten November 1774“ und anhand des vom Anfang des vorigen Jahrhunderts stammenden „Ritters Geographisch-Statistisches Lexikon“ war es mir möglich geworden, ein Namensverzeichnis aller 252 Familienoberhäupter der in den Jahren 1765-1766 auf dem „Praedium Billiet“ angesiedelten Familien, mit Angabe ihrer Herkunftsorte und Herkunftsgebiete, zu erstellen. Sowohl dieses Namensverzeichnis wie auch das von mir bearbeitete und ergänzte Verzeichnis über die im ersten Grundbuch eingetragenen Familien sind im Billeder Heimatblatt 1988 auf den Seiten 13 bis 19 mit der auf Seite 20 abgebildeten Karte der „Herkunftsorte der 252 Erstansiedlerfamilien von Billed“. Aus diesen mit viel Zeitaufwand und viel Arbeit erstellten Verzeichnissen geht hervor, dass Billed eines der Dörfer im Banat ist, deren ehemalige deutsche Einwohner die Nachkommen von Einwanderern aus verschiedenen, jedoch benachbarten Gegenden Deutschlands sind. Auf diese Weise stellte
ich auch fest, dass der zahlenmäßig größte Teil aus moselfränkischen Gebieten kam, in welchen moselfränkisch gesprochen wurde. Eine Zusammenfassung der Billeder Erstansiedlerfamilien auf ihre Herkunftsgebiete sieht folgendermaßen aus: 94 Familien stammten aus den Kreisen Bernkastel, Birkenfeld, Merzig, Ottweiler, Saarburg, Saarlouis, Trier, St. Wendel und Wittlich. Die 30 Familien aus den luxemburgischen Distrikten Diekirch, Grevenmacher und Luxemburg wie auch die 1 Familie aus dem Kreis Zell bei Koblenz vermehrten die Anzahl der moselfränkisch Sprechenden auf 125 Familien. Sie bildeten die Hälfte der in Billed ansässig gewordenen Einwanderer. Dieser überwiegend moselfränkisch sprechenden Mehrheit standen 55 rheinfränkische Mundart sprechende Familien gegenüber. Von diesen kamen 5 Familien aus den Kreisen Alzey und Bingen, 2 Familien aus den Kreisen Bensheim und Heppenheim, 20 Familien aus dem Kreis Meisenheim, 4 Familien aus den pfälzischen Bezirksamtmannschaften Kusel, Pirmasens, St. Ingbert und Zweibrücken und 24 Familien kamen aus den lothringischen Kreisen Bolchen, Chateau-Salins, Diedenhofen, Forbach und Saargemünd. Alle Angehörigen dieser Familien sprachen rheinfränkisch. 17 ostfränkische Mundart sprechende Familien stammten aus den Bezirksamtmannschaften Alzenau, Lohr und Würzburg. Die badischen Kreise Karlsruhe und Mosbach stellten 13 südfränkisch sprechende Familien. Aus der württembergischen Oberamtmannschaft Waldsee kam eine schwäbisch sprechende Familie. Westfälisch sprachen 41 Familien, die aus den Kreisen Arnsberg, Meschede und Olpe des westfälischen Sauerlandes kamen und in Billiet eine neue
Dichtung - Dialekt Heimat fanden. (Dr. Friedhelm Treude bezifferte sie sogar mit 55.) Zusammenfassend stellte ich fest, dass von den 6 verschiedene Mundarten sprechenden Ansiedlerfamilien 125 Familien (50%) moselfränkisch, 55 Familien (21%) rheinfränkisch, 41 Familien (16%) westfälisch, 17 Familien (6,6%) ostfränkisch, 13 Familien (6%) südfränkisch und eine Familie (0,4%) schwäbisch sprachen. Diese 6 von den Erstansiedlern gesprochenen Mundarten waren an der Herausbildung der heute noch gesprochenen Billeder Mundart beteiligt. Nach der überwiegenden Zahl der moselfränkisch Sprechenden könnte man schließen, dass die Billeder Mundart eine vorwiegend moselfränkische sein müßte. Doch darf man nicht von der Anzahl der Siedler auf die jetzige Mundart schließen, denn seit der Ansiedlung fanden zwischen den in einem Dorf gesprochenen Mundarten Ausgleiche statt. Durch den Zusammenschluss in einer Dorfgemeinschaft trachteten die Sprecher, ihre Sprachgewohnheiten zu vereinheitlichen. So kam es allmählich im Laufe der Jahrzehnte zu einem Sprachausgleich, dessen Ausgangspunkt die verkehrssprachliche Ebene war. Dabei haben sich jene Mundarten durchgesetzt, die sich am meisten der Hochsprache näherten und die auch von den Nachbarsdörfern am leichtesten zu verstehen waren. Das trifft auch für Billed zu, denn die heute gesprochene Billeder Mundart trägt mehr die typischen Merkmale des Rheinfränkischen und in geringerem Maße die des Moselfränkischen, obwohl bei der Ansiedlung die Hälfte der Eingewanderten moselfränkisch sprachen. Weil über die Kennzeichen des Rheinfränkischen und des Moselfränkischen in der Billeder Mundart ausführlich im Billeder Heimatbuch in dem Beitrag von Helga Scholz „Die Billeder Mundart“ auf den Seiten 523 bis 531 und in Diplomarbeiten von
127 aus Billed stammenden ehemaligen Germanistikstudentinnen berichtet wird, sollen sie in diesem Beitrag nicht wiederholt werden. Festzuhalten ist aber, dass die Billeder Mundart als Folge des Nebeneinanderbestehens mehrerer Mundarten eine rheinfränkisch-moselfränkische Mundart ist, in der die rheinfränkischen Kennzeichen in der Mehrzahl verblieben sind, von denen sich die pfälzischen am meisten durchgesetzt haben. Die Billeder Mundart unterscheidet sich von den Mundarten der Nachbarsdörfer besonders durch die überoffene Aussprache des offenen e. Diese lautliche Besonderheit wird in etwas vergröberter Form im folgenden Satz, mit welchem man seinerzeit die Billeder verspottete, wiedergegeben: „Et Klänet steht met äm Pän em Lähm on kräscht nä“ (Das Kleine steht mit einem Bein im Lehm und schreit nein). In die Mundart sind auch fremdsprachliche Wörter eingegangen und sind an die Lautgestalt der Mundart angepasst worden. So gibt es Wörter französischer Herkunft, die von den Einwanderern mitgebracht wurden und heute nicht als fremdsprachlich empfunden werden, wie „alert“ (lebhaft), „Arrescht“ (ArrestGefängnis), „paljasche“ (baljaschen, lärmen, toben), „Pagasch“ (Bagage, Gepäck) usw. Durch die Ansiedlung in einer neuen Umgebung mit anderen Verhältnissen und das Zusammenleben mit anderen Völkern drangen neue Wörter auch in den Wortschatz der Billeder Mundart ein. Hauptsächlich Wortgut aus dem Ungarischen wie „Patschi“ (ba csi-Onkel), „Piko“ (bika-Stier), „Punde“ (bunda-Fellmantel) auch Wortgut aus dem Rumänischen wie „Puletin“ (buletin-Ausweis), „Printsl“ (branza-Schafkäse) und andere. Im Kontakt mit der österreichischen Beamtenschaft bereicherte sich die Mundart mit Wörtern wie „Krien“ (Kren-Meerrettich), „Rafangskere“ (RauchfangskehrerSchornsteinfeger), „Hetschl“ (Hagebutte),
128 „Akratsl“ (Agrassel-Stachelbeere), „Spennodl“ (Spennadel-Stecknadel), „Parteis“ (Pa radeis-Tomate) usw. Eine genaue mundartliche Zusammensetzung des Wortschatzes der Billeder Mundart in Prozenten ausgedrückt ist schwer zu erarbeiten, müßte man doch tausende WörVerteilung der Dialekte in Deutschland
Dichtung - Dialekt ter auf ihre Herkunft untersuchen. Bei dem Unterfangen der ehemaligen Germanistikstudentin Margarethe Neumann, geb. Weber, 431 Wörter der Billeder Mundart zu untersuchen, die im täglichen Sprachgebrauch vorkommen, stellte sie fest, dass 332 Wörter (77%) rheinfränkischer Herkunft waren, davon 250 Wörter nord-, west- und vor-
Dichtung - Dialekt derpfälzischen Ursprungs und nur 51 Wörter (11,8%) moselfränkischer Herkunft. 22 der untersuchten Wörter (5,1%) sind aus dem ganzen rheinischen Gebiet, während 26 Wörter (6,1%) aus dem Übergangsgebiet zwischen dem Rheinfränkischen und dem Moselfränkischen stammen. Das Ergebnis dieser Untersuchung bestätigt
129 das anfangs Behauptete, dass nämlich die heutige Billeder Mundart trotz seinerzeit zahlenmäßiger Mehrheit an Einwanderern aus moselfränkischen Gebieten eine Mischmundart mit vorwiegend rheinfränkischem Charakter ist, in der sich die pfälzischen Merkmale durchgesetzt haben. (Heimatblatt 1998)
Herkunftsorte der 252 Erstansiedlerfamilien in Billed
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Bild oben: Wali Graf und Sepp Freer bei einer Vesper im Mai 2012. Auch die Nachbarskatze hat sich zu Tisch eingefunden. Bild rechts: auf dem Grundstück von Wali neben der Grube mit Fuchsbauten.
Besuch bei einem Einsiedler im Banat
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Video (30 Minuten) auf www.heimathaus-billed.de/einsiedler
ine Generation nach dem Exodus der Billeder Deutschen zieht es einen Landsmann aus Augsburg erneut ins Banat. Aber weder in sein Elternhaus mit dem hohen, stolzen Barockgiebel, noch auf die fruchtbaren Felder seiner Vorfahren – beides haben sich längst andere unter den Nagel gerissen – sondern als Einsiedler in einen abgelegenen, halbverlassenen, winzigen Ort, wo sich Fuchs und Hase „Gut‘ Nacht“ sagen. Hier erfindet Walthard (ein Billeder Original, „Wali“ genannt) für sich vieles neu, vom Ofenbau mit Römerzement bis zur alternativen Gärtnerei und zum Leben ohne Geld.
Der über 60-Jährige schwört auf seine bescheidene und naturnahe Lebensweise, Gesichtsfalten hat er noch keine. Idee und Interwiever: Josef Freer Kamera und Schnitt: Hans Rothgerber Video ca. 30. Minuten Jenseits der Thematik ist das Video insbesondere ein Dokument der Billeder Mundart mit ihrem Sprachwitz, ihrer unverwechsel baren Intonation sowie den, aus den Sprachen der Nachbarn, entlehnten Wörtern. Das Video ist unter der oben angegebenen Adresse im Internet abrufbar, insgesamt ist es bisher rund 700 mal abgespielt worden.
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Schmunzle metm Franz Gebel
Urlaab De Matz on de Kaarl treffe sich em Urlaab. De Kaarl es net gut ofgeleet. „Kaarl, was es dann met‘r loss? Du schauscht jo aus wie zehn Tech Reenweder.“ „Ach Matz, ich hann schon nomoll das Verkehrte metkholl.“ „Ja, was esn das Verkehrte?“ well de Matz wesse. „Na mei Fraa on mei Schweermotter.“ Reizwesch „Sepp, wo hascht‘n das bloo Au hehr?“ „Och, ich han‘m Resi e Paket met Reizwesch on mei Liebesbrief gscheckt.“ „Na on, hat das deiner Fraa net gfall, wo dr doch schon 20 Johr verheirat seid?“ „Nä, net so richtich, well ich erschtens die Moße for Reizwesch net kenn, zwettens waar das Paket for et Resi, mei Sekretärin, ich han läder die Adresse vertauscht.“ Wasserprob De Kaarl hollt 3 gleiche Wassergläser, geht ent Baad on losst e Glaas volllaafe, met‘m zwette geht ne en die Kich, met‘m drette of‘t Klo on losst iwerall das Glaas halwer voll laafe. Nohär leet‘n an e jed Glaas e Zedl, wo drofsteht, von wo das Wasser es. Sei Fraa kommt hem on well wesse, was das zu bedeide hat. „Ja, Kathi, ich han mich geduscht on do es nor dreckich Wasser abgelaaf...“ „Naja, es jo kä Wunner, wann m‘r sich nor ämol en zwaa Wuche duscht!“ Wettrenne De Weihnachtsmann, de Oschterhaas on e Musikant mache e Wettrenne. On wer hat gewunn? De Musikant! Well die anre zwaa geft‘et en Werklichkeit jo net. CD Zwaa Musiker treffe sich. Saat de äne: „Du, mer han e CD rausgebrong.
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„Soo“, saat de anre. „On was hat‘r schon verkaaft?“ „Ja, ich mei Auto on de Cheef sei Haus...“ Rezept De Matz on sei Schweermotter verstehn sich wie Hund on Katz. Dass sei Schweermotter met d‘r Schafferei ofheert, geht de Matz en die Apethekt on well Rizinuseel kaafe. De Apethekter verlangt awer e Rezept. Do hollt de Matz e Bild von seiner Schweermotter aus d‘r Brieftasch on geft‘et em Apethekter. Do saat dee: „Das Rezept es giltich.“ On de Matz kritt Rizinuseel. Kuche De Matz well seiner Fraa zum Geburtstaach e Kuche backe. Er macht alles noh‘m Rezept. Sei Fraa kommt aus d‘r Aarweit on richt etwas aus d‘r Kich. De Matz well sich met seim Kuche pralle, do kommt sei Fraa aus d‘r Kich on froot ne, was forch Farb sei Kuche han muss, well schwarz es‘n schon. Finanzamt De Kaarl kritt e Brief vom Finanzamt. Gleich ruft ne sei Freind, deSepp, aan on saat dem, dass et Finanzamt zumacht. De Sepp muss lache: „Das es doch Schwachsinn!“ „Nä“, saat de Kaarl, „das es kä Schwachsinn, well ich han heit e Brief vom Finanzamt kritt, wo fettgedruckt on met große Buchschtaawe steht: LETZTE MAHNUNG. Wer es die Motter? De Hans on de Michl treffe sich em Sommergaarte. Noh zwaa, drei Bier saat de Hans, dass‘n em Herbscht Vatt‘r geft. „Es doch scheen“, ment de Michl, „du bescht jo schon 5 Johr verheirat.“ „Graad so scheen es das net“, saat de Hans, „well mei Fraa net die Motter vom Kend es.“ Aueglaas De Matz ruft de Kaarl aan. Fenf Minute
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Franz Gebel mit Hokkaido-K端rbissen (bis 2.5 kg) und Patschkenat (Pastinake) aus eigener Fechsung
134 sped‘r saat de Kaarl: „Matz, waart e bissi, ich muss mei Aueglaas holle, well ich doch gsien muss, wer am Telefon es.“ Zehn-Eiro-Schein „Na, Sepp, wie geht’s dr noch?“ „Och, em Moment net gut, mei Karin es em Schpitaal, well et e Zehn-Eiro-Schein gschleckt hat. On bei d‘r Opration hat de Dokter vier Än- on drei Zwaa-Eiroschtecker fon.“ „Das kann doch net sen“, ment de Hans, „wie kann mr Hartgeld fenne, wann die Fraa Papiergeld gschleckt hat?“ „Awer jo, das stimmt schon, well mei Karin en de Wechsljohre es!“
Dichtung - Dialekt Die Katz „Gut Morjet, Nochber, was waar dann das for Krach en deim Gaarte?“ „Stell där vor, do kommt doch e große Vogl on schnappt sich mei Katz. Ich han awer gleich met meim Gwehr of de Vogl gschoss.“ „On weid‘r?“, froot de Michl. „Naja, de Vogl han ich getroff on es ronnergfall, awer mei Katz es weid‘r gfloo.“ Schliwert De Martin es e Hobby-Tischtler on hat e Schliwert em Daume. Er geht zu seiner Fraa on saat, sie soll‘m de Schliwert rausziehe. Do froot sei Fraa: „Wo hascht‘n de Schliwert her, hascht dich schon nohmel am Kopp gekratzt?“
Värzicher
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ie zwaa, de Aadm on de Phedr, han sich zufällich getroff. Sie waare noch kä värzich, han awer – wie et sich gheert – Weib on Kenner ghat. Wo faahrt mr met de Kenner hin, dass se groß wachse on gsond bleiwe? Of Luftverännerung. On wo waar die Billeder Luftverännerung? Denkt Ter jetz aa an de Dr. Szentirmai, wo sei Lungepatiente aus dr Saulänner-Gass zwaamol täglich, morjets on oweds, an die Bahnstation gscheckt hat, dass se ofm Bahnhof waare, wann de Dampfzug engfahr es. On well sich die Zick en Billed gekreizt han, waare das jedsmol dopplt so vill Aerosole. Nä, nä, das waar jo aa em vorche Johrhunnert, awer vorm Kriech. Noh‘m Kriech es mr an‘t Meer odr en die Berche gfahr, of Wolfsberch. Dort waar von dene Zwaa de äne beim Thoma, de anre am anre Dorfenn enquateert. Awer am Sonntaach han die Männer frei kritt on sich verabred, metnanner of de Semenik zu krawle.
Peter Neumann
Aus‘m Brotsack gess, aus der Flasch gepippelt on Quellwasser getronk han se schon beim Prislop. Noh sen se weider nufzus of Schotterstrooß mascheert. Well se von unne Motorgereisch gheert han, sen se aanstännich äne hinrem anre gang. Sie sen engholl gen on e Dacia hat newer ne aankhall: e jonge Bu on ofm Beifahrersetz e Mädche. „Wann Tr aa nuff wellt, holl mr Eich met“; saat de jonge Mann. „For was die Schuhsohle vreiße“, ment de Phedr on steit en. „Meh Zeit for die Heidlbiere bleibt ons aa“, saat de Aadm on setzt sich drzu. „Seid Ter metnanner?“, froot deSchoffär „well Tr doch e bissi ausnanner gang seid.“ „Nä“, antwort de Phedr „mer sen net metnanner of Wolfsberch komm, awer heit sen mr beinanner.“ „Bei ons zwaa“, weist de Faahrer of sei Beifaahrerin, „es et ähnlich, awer anerscht rom: Mer sen heit metnanner, sonscht awer noch net ganz beinanner.“ Mennt de Aadm: „Ich kenn do noch etliche,
Dichtung - Dialekt wo net ganz beinanner sen, aangfang met dr Kollektiv on bes...“ „Of die 1448 m von dr Gozna-Spitz welle mr heit aa noch“, fallt‘m de Phedr en‘t Wort. Mr hat jo nie wesse kenne... Jetz sen mr schon em neie Johrtausend on alle Värzichjähriche bes 2040 em letschte Johrhunnert of die Welt komm. Aa die Billeder. On zwaa von denne, de Aadm on de Phedr – nimmi so rischtich wie selmols, nimmi met Buletin de identitate, awer met Personalausweis on gaar net seltn met Reisepass onerwegs, nimmi met de Kenner, awer ganz oft met de Enklskenner- treffe sich taatsächlich en Bad Füssing on waare werklich net verabred. Nimmi em Urlaab, awer of Erholung, iwerhaupt for die, wo jetz drhem endlich mol 2 Wuche Ruh em Haus han. Ja on am Sonntach han die zwaa Alde sich of de Wech gemach. Nimmi wie frieher of die Berchespitz, jetz nunnerzus en‘t InnTaal. Ohne „Wanderschuhe“ on „Trekking-
135 Stöcke“, awer met Wasserflasch met „Adelholzener“ dren. Mr soll sich jo net austrockle losse on wann mr Dorscht kritt, sollet jo schon zu spoot sen. An me scheene Aussichtspunkt han se e Bank met em Messingschildche gfon: „Für Verliebte und was sie mal werden wollen – alte Leute“. Do hat äne em Langschtgehn gemennt: „Passt scho...“ Do han se sich getraut hinzusetze on ehre Jausen auszuphacke. Zwaa jonge Mädcher han noh om Erlaabnis gebitt, sich aa of die Bank setze zu derfe. Die han dann aa ehre Wechzehrung rausgholl on e Zeitlang waar „Waldesruh“. De Phedr waar schon ganz unruich, do froot de Aadm: „Khehrt Ter zamm?“ Die Antwort, freindlich on langgezoo: „Joo...“ „Mer aa...“, schprudlt et ausm Phedr raus, „han awer kä Besm“ (for zammkehre), saat de Aadm noch. Noh‘m Lacher: „on de breicht mr doch, net for die Krimmle, awer fo die Maarkwärtschaft, die Politik, die Finanzwärtschaft en onser Welt!“
Billeder Jugend 1941 am Stefi-Kino, dem damaligen Jugendtreff. Eins.Elisabeth Marx (88)
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„H
Hans im Schnokeloch
Dichtung - Dialekt
ent Billedrische iwertraa vom Martini Lissi / Elisabeth Martini
ans em Schnokeloch“ hat mei Taata, de Frick Hans (1901 - 1955), sich manchmol onerschrieb, wann ne sich e Witz erlaawe hat welle, on ich froh mich heit noch, von wo hat ne dem Elsässer sei Spitznaame on sei Lewensphilosophie gekennt? Erscht seit ich en Karlsruh sen - so nägscht bei de Elsässer - on dorch et Internet enformeert, wääß ich meh iwer de Hans em Schnokeloch, was ich eich en onsrem Billedrisch bekannt mache well. Aangeblich es de „Hans em Schnokeloch“ jo e Volkslied, dem sei Ursprong mer net genau feschtleje kann, das awer emmer mol literaarisch offgeaarweit es gen. Die bekannscht Fassung es vom Adolf Stoeber ausm 19. Johrhunnert. Em Elsass gilt se bes heit als selbschtkritisch „Nationaalhimne“, well se de emmer onzufriddene Elsässer präsenteert. Das „Schnokeloch“ erklärt sich dorch die ville Sumpflecher – vor allem am Altrhein – wo die Schnoke – mer han se aa Gelse genennt – sich gut vermehre han kenne, was mer meischtns aa heit noch schmerzhaft zu speere kritt. On jetz de Text von dem „Hans em Schnokeloch“: De Hans em Schnokeloch hat alles, was ne well. On was ne hat, das well ne net, on was ne well, das hat ne net. De Hans em Schnokeloch hat alles, was ne well. De Hans em Schnokeloch kann alles, was ne well. On was ne kann, das macht ne net, on was ne macht, gerot em net. De Hans em Schnokeloch kann alles, was ne well. De Hans em Schnokeloch geht dorthin, wo ne well.
On wo ne es, do bleibt ne net, on wo ne bleibt, do gfallt em net. De Hans em Schnokeloch geht dorthin, wo ne well. De Hans em Schnokeloch saat alles, was ne well. On was ne saat, das denkt ne net, on was ne denkt, das saat ne net. De Hans em Schnokeloch saat alles, was ne well. De Hans em Schnokeloch tout alles, was ne well. On was ne tout, das soll ne net, on was se soll, das tout ne net. De Hans em Schnokeloch tout alles, was ne well. De Hans em Schnokeloch, de hat vom Lewe genuch. On lewe, saat ne, kann ich net, on stärwe, saat ne, well ich net. Er hoppst beim Fenschter naus on kommt ent Narrehaus. For die Kenner (Kinder) – on net nor for die Kenner - geft et aa e Märchengspill metm Hans em Schnokeloch, de wo net aus seim Schnokeloch raus well, well ne do so gut voron nohdenke kann. Er erklärt, dass ne schon mol drauß waar, was em gereicht hat, well ne hat selle Kenich gen.... On das waar so: E alde Kenich hat e änzich Tochter ghat, wo awer nie gelacht hat. Do hat de Kenich se dem for Fraa versproch, wo se zum Lache brengt. Vill han et proweert, awer käne hadet fertichgebrong. Drom hat die Kenichstochter ent Kloschter solle on es met Vatr on Wächter beim Hans seim Schnokeloch langscht komm. Do hat de drenn gsetzt on reschpektvoll sei Hut abholle welle, hat awer gaar käne
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Im Hof der Familie Frick 1926. v.l. landwirtschaftlicher Arbeiter (Knecht), Roth Schmieds (beide), Hans Frick sen., Margarethe Frick, Anna Slavik (geb. Frick), Hans Frick jun.
ghat on so sei Hoor gezoh, dass sei plackiche Kopp zu gsien waar. Die Kenichstochter hat hart lache misse. On so hat de Hans Kenich genn solle, hat aus seim Schnokeloch raus on zum Schloss misse. Dort waar ne nateerlich de Letschte aankomm, de Torwächter hat ne gekennt on net ningeloss, bes ne em e Drettl von dem versproch hat, was de Kenich em genn wärt, wann ne off die Prinzessin on de Thron verzichte tout. Beim zwette Torwächter es et em graad so passeert: De hat aa e Drettl verlangt on de Hans hat nochmol e Drettl von dem versproch, was ne vom Kenich kritt, on dem drette Torwächter aa, well et jo gaar net annerscht gang es. Wie dann de Hans beim Kenich endlich aankomm es, hat die Prinzessin verkreschne Aue khatt, well se jo werklich gelacht haad, awer heirade hat se ne net welle on dem Kenich waar et aa net recht. Do hat de Hans awer gsaat, dass ne die Prinzessin gaar net for Braut
well. Das wär doch e Unglick for sie, wo se doch de heirade sellt, wo se gääre hat on so glicklich geft. Do hat die Prinzessin ne gekisst on de Kenich hat wisse welle, for was ne net Kenich genn well. Droff hat de Hans gsaat, dass ne sich net met Wächtre romärchre mecht, wo nor die Hand offhalle on was welle. Met solche Leit tät em et Regiere kä Fräd mache. Gewinscht hat ne sich awer 30 off de nackiche Hinre. Die Prinzessin es do aarich verschrock. De Hans em Schnokeloch haad awer die 30 jo schon versproch, so hat jede Wächter e Drettl dervon, also 10 Hipp off de Bloße kritt on die Prinzessin hat nochmol lache misse. De Hans hat off ewich Aanrecht off sei Schnokeloch kritt, wo ne heit noch drenn huckt on wääß, dass et Gschenke gefft, wo mr gääre aanholt on anre – von hohe Herrschafte - wo mr liewer net aanholle soll. (Nach Mediacultur online: Hans im Schnakeloch)
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Helene Neumayer freut sich an ihrem Garten und erinnert sich dabei an die Banater Heimat
Heimatliche Frühlingsgedanken
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elene Neumayer (Feiler), Lehrerin im Ruhestand, schreibt begeistert von ihrem frühlingsschönen Garten, an dem sich mancher erfreuen könnte. Dabei erinnert sie sich unserer Banater Heimat und der für die beginnende winterliche Jahreszeit passenden Verse von E. Geibel: „Und dräut der Winter noch so sehr mit trotzigen Gebärden, und wirft er Schnee und Eis umher: Es muss doch Frühling werden.“ Wie sehr Familie Neumayer Nikolaus Lenau verehrt, belegt die Tatsache, dass in ihrem Wohnzimmer eine Lenau-Büste steht, über die nicht wenige staunen. Ältere Generationen haben aus Wertschätzung und Ehrerbietung seine Verse auswendig gelernt und können diese zu passenden Gelegenheiten
zitieren, zur Überraschung der jüngeren Generationen, die kaum noch etwas auswendig lernen, geschweige Lenau-Verse. Helene Neumayer wünscht, dass, solange noch Erinnerungen an unsere alte Heimat wachgehalten werden, auch unser Heimatdichter Nikolaus Lenau die Zeiten überdauern, Herzen entflammen wird: „Lieblich war die Maiennacht, Silberwölkchen zogen...“ („Der Postillion“) „Ich sah den Lenz einmal erwacht im schönsten Tal; ich sah der Liebe Licht im schönsten Angesicht.“ (Liebesfrühling“) Schön, wenn man in so hohem Alter an romantischen Versen Freude und Gefallen findet!
Dichtung - Dialekt
Gedanken über den Menschen in dieser Welt
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Marliese Knöbl (Wagner)
Nach 12 Monaten ist wie immer ein Jahr vorbei; manchem ist das einerlei, der Andere fällt ins Grübeln; sollte man ihm das verübeln? Mancher lebte diese Zeit so vor sich hin, der Andere vermisst in Vielem einen Sinn: Warum musste ein lieber Mensch von uns gehen? Warum mussten manche andere quälen? Manche wollen die ganze Welt regieren, weil sie die anderen so sehr lieben? So viel Gewalt im Namen des Friedens, der Demokratie, manch einer begreift das nie! Warum nicht mehr Gefühl und Herz an Stelle von Leid und Schmerz der von ihnen Geretteten, Befreiten? Aber das gab´s ja auch schon zu alten Zeiten. Sind Menschen wirklich von Gott auserkoren oder auch mit niederen Trieben geboren? Mancher ordnet das nur den Tieren zu. Andere finden: „Diese sind besser als ich oder du!“ Am besten gar nicht lange darüber nachdenken, einfach seinem Umfeld täglich ein Lächeln schenken, das Herz trotz allem nicht zu Stein werden lassen, das Schlechte meiden, das Böse hassen?! Möge das kommende Jahr mit viel Hoffnung und guter Stimmung beginnen! Auch dieses wird wieder wie im Flug verrinnen... Foto: Marliese Knöbl
Leistung und Würdigung
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Maria Schöplein an ihrem 94. Geburtstag
Maria Schöplein zum 94. Geburtstag
Elisabeth Martini
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m 27. April 1919 in Billed geboren, hat Maria Schöplein (geb. Plennert) 77 Jahre ihres langen Lebens hier verbracht. Es waren Zeiten der Freude, des Glücks, der Zuversicht, aber auch Zeiten der Angst, der Sorgen und der schweren Arbeit. Auch der Trauer, vor allem nach dem Tode des Ehemanns Josef 1995. Nach seinem Schlaganfall hat sie ihn lange aufopferungsvoll gepflegt und ist jetzt selbst ein Pflegefall. 1941, als der Krieg Billed noch nicht direkt erreicht hatte, haben Marian und Sepp geheiratet, 1941 kam auch ihre Tochter Kathi zur Welt und das Leben verlief in ruhigen Bahnen...Bis im Januar 1945 auch Maria (Marian) Schöplein – wie viele deutsche Mütter und Väter aus Rumänien von ihren Kindern, aus ihrer Familie, gerissen wurden – ihre Vierjährige in der Obhut der Großeltern
lassen musste. Der Abschied war schwer und sehr schwer und kräftezehrend auch die Arbeit am Verbannungsort in der Ukraine. Gesundheitlich schwer geschädigt, voller Wasser, arbeitsunfähig wurde sie schon im ersten Jahr wieder heimgeschickt. Auch der Mann und Vater kam erst nach längerer Zeit zu Fuß aus Österreich wieder nach Hause, saß plötzlich am Tisch, dem Kinde fremd geworden, ohne Erinnerung mehr an ihn. Und dann wurde er krank, schwerkrank: Die einzige Niere, die er noch hatte, versagte den Dienst, man war schon auf das Schlimmste gefasst. Da unternahm Dr. Tuttenuit einen letzten Versuch mit einer besonderen Spritze. Diese und der von einer kundigen Billederin empfohlene SauerkirschenstieleTee haben ihm das Leben gerettet. Welches Mittel wirklich geholfen hat, blieb unklar.
Leistung und Würdigung Marian war gelernte Schneiderin, nach dem Umsturz arbeitete sie in der Billeder Ziegelei und 10 Jahre in der Kollektivwirtschaft. Danach hat sich die Familie – wie viele Billeder auch - mit Gemüsebau (Paprika) den Lebensunterhalt verdient. Marian – Mutter, Oma und Uroma – hat viel zum gesunden, unbeschwerten Heranwachsen der Kinder beigetragen. Und heute erlebt sie – unserer Welt entrückt – den Dank und die Pflege ihrer Enkelin Heidi in Temeswar. Viel Freude erlebte sie 1982 durch die Geburt der Urenkelin Manuela, für die sie als gelernte Schneiderin so manches Schicke zauberte, das Bewunderung hervorrief. Nach dem Tode des Ehemanns allein in Billed geblieben, war sie mit Haus und Garten auf Heidis Wochenendhilfe angewiesen, was diese als berufstätige Mutter völlig überforderte. Deshalb wurde das Haus in Billed verkauft und von 1996 bis 2008 war Oma Marian in Temeswar eine wahre Hilfe im Haushalt. Sie kochte, bügelte und nähte, bis die
141 ersten Zeichen von Alters-Vergesslichkeit deutlich wurden. Schwer traf es die Tochter Kathi, dass ihre Mutter sie bei ihrem Besuch im August diesen Jahres in Temeswar nicht mehr erkannte, nur schwache Zeichen von Anhänglichkeit und Dankbarkeit zeigte. Dieser Aufenthalt der Karlsruherin war auch als Entlastung für Heidi gedacht, die es wahrlich nicht leicht hat. Vor ihrer Arbeitszeit im Goldschmiede-Laden muss sie die Oma für den Tag vorbereiten: waschen, frühstücken lassen, für tagsüber einiges zum Essen bereitstellen, bis sie - wieder heimgekehrt - Abendessen kocht. Weil die 94-Jährige aber so wenig isst, ist sie um die Hälfte geschrumpft, durchsichtig mager. 77 Jahre in Billed – davon 54 Jahre verheiratet – jetzt in der Fürsorge der Enkelin – ein Leben mit Höhen und Tiefen! Der Enkelin Heidi und allen Familienmitgliedern wünschen die Billeder Landsleute Kraft und Ausdauer zum Dank für erfahrene Liebe und Fürsorge.
Mädchenklasse des Jahrgangs 1920. Eins. Georg Dippong
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Leistung und Würdigung
Theresia Keller und Elisabeth Martini im Sommer 2013 im Heimathaus. Foto: Hans Martini
Die Wess Res(i) ist 93 Jahre alt und singt immer noch gern!
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lein, scheinbar zerbrechlich tastet sie sich bei unserer Begegnung voran, weil ihr die Augen - trotz Operation – den gewohnten Dienst verweigern. Und doch stecken noch so viel Energie und so viele Erinnerungen in der 93-jährigen Theresia Weber, dass man begeistert zuhört, wenn sie erzählt und singt. Gesungen wurde – angeregt durch den Vater – schon viel in der Familie, sodass Resi bereits 1925 im Kindergartenalter als Solistin bei einer Aufführung auf der Bühne
Elisabeth Martini
„Ich bin ein armes Kind...“ sang. Das weiß sie heute noch, auch dass sie in der Schule und anschließend ein Leben lang zu allen möglichen Anlässen im Kirchenchor gesungen hat. Solange es ging, hat sie keine heilige Messe versäumt, war die „Seele“ des Kirchenchors; noch mit 90 Jahren hieß es: „Resi-God, de Ton, bittscheen!“ Auch dass sie in der 4. Klasse 74 Schüler waren (zu vergleichen mit den heutigen Billeder Klassen!) und es dem Rieder-Lehrer nicht leicht gemacht haben, weiß sie auch noch. Dabei
Leistung und Würdigung war sie – nach eigener Einschätzung – von den Mädchen im Lernen die Beste; ihr Lieblingsfach war Geografie, jedoch Geschichte mochte sie nicht. 1938 hat Theresia Keller den Verkäufer bei Tenner, Peter Weber, geheiratet, wonach Tante und Vater den jungen Eheleuten zu Haus und Kreislerladen verhalfen, den diese bis 1944 führen konnten. 1939 wurde ihr Sohn Hans geboren, ein weiteres Kind starb, doch es kam 1944 Jakob zur Welt, der seinen Vater nicht mehr kennenlernen konnte, da dieser im selben Jahr als Soldat bei Wien fiel. Ohne Mann und mit zwei kleinen Kindern musste Resi zu den Eltern zurückkehren, wo meist 8 Personen am Tisch saßen und nicht selten die Armut. Mit den Eltern gemeinsam wurde bis 1960 privat Tabak gepflanzt, wonach es dann in der Kollektivwirtschaft (LPG) in der Tabakkultur bis 1968 weiterging. Ab 1968 war Wess Res(i) bei der Post angestellt, lernte so alle Billeder kennen und alle Billeder sie. Als grundehrlich war sie allen bekannt, hat manchmal bei der Rentenauszahlung selbst draufgezahlt. Ein einziges Mal blieben ihr 100 Lei übrig, was darauf schließen ließ, dass jemand zu wenig bekommen hatte. Das ließ ihr keine Ruhe und sie ging deshalb alle Rentenempfänger wieder ab, fragte nach, ob sie genau ihre Summe erhalten hatten. So kam sie auch zu der Person, die voller Vertrauen nicht einmal nachgezählt hatte, nach dem Zählen jedoch die 100 Lei bekam. Nie gab es bei der Post ihretwegen Reklamationen, so dass der Direktor bei ihrer Verabschiedung in den Ruhestand sagte, dass er sich gern lauter solch ehrliche Angestellte gewünscht hätte. Seit 36 Jahren ist Wess Res(i) jetzt schon in Rente und denkt gerne auch an die Zeit, als in Billed unter der Leitung von Jakob Lenhardt im Pensionistenklub viel los war: Sonntagstreffen, wunderschöne Ausflüge u.a.
143 „Klein, aber oho!“ trifft auf Wess Res(i) voll zu, denn sie war gerne überall dabei, gern auch im Mittelpunkt, wenn andere bescheiden abseits standen. Was sie heute durch ihren Tastsinn erledigen kann, geht noch ganz gut, bei der Auswahl der Fotos konnte sie mir jedoch nicht behilflich sein, weil sie die Personen nicht mehr erkennen kann. Deshalb wird ihr und Sohn Jakob seitens des Forums – wie fast 40 anderen Alten, Behinderten – das Mittagessen zugestellt, wofür sie Roswita und Adam Csonti sehr dankbar ist. Wie alle anderen auch, die nicht nur gut verköstigt werden, sondern auch jede andere Unterstützung erhalten, wenn es nötig ist: Arztbesuch, Ämtergang usw. Gefreut hat sich Wess Res(i) auch, dass sie mal wieder per Auto – so weit kann sie nicht mehr laufen – ins Forum gebracht wurde, wo sie ohne Hemmungen erzählte und sang, wie ein Star sich fühlte, es genoss, zumal das Singen vor einem Publikum ihr immer großen Spaß bereitete. Und sie singt Lieder, die mehr als 100 Jahre alt sind: „Eins, zwei, drei - alt ist nicht neu – neu ist nicht alt... mit -zig Abwandlungen. Manchmal hilft ihr auch eine Bitte an den heil. Antonius weiter, wenn ihr ein Text nicht einfällt z. B. die traurige Ballade vom Kindsmord aus Liebe zu einem Grafen. Lustiger anzuhören war das vielstrophige „Eine Jula hab ich gern...“ Außer Sehproblemen hat Wess Res(i) letztens auch Hörprobleme, die scheinbar noch durch Hörapparate zu beheben sind. Denn, was das Alter anbelangt, ist sie optimistisch: Mutter, Bruder, Tante und eine Schwester sind 96 Jahre alt geworden, leicht möglich, dass sie es auch schafft, was wir ihr von Herzen wünschen. Singend gratuliert sie Verwandten und Bekannten zum Geburtstag, erfährt telefonisch alle Neuigkeiten, hat sich somit Gemeinschaftssinn, Optimismus und Vitalität – trotz schwerer Schicksalsschläge – bewahrt. „Wess Res(i), macht weider so!“
Leistung und Würdigung
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Katharina Heinrich mit einigen ihrer vielen Puppen. Fotos: Cornel Gruber
Katharina Heinrich zum 80. Geburtstag
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m 28. Mai 2013 feierte Katharina Heinrich ihren 80. Geburtstag. Der Jubilarin wünschen wir Gottes Segen und noch viele gesunde Lebensjahre im Kreise ihrer Familie. Katharina Heinrich erblickte 1933 in Berini (Nitzkydorf) als viertes Kind das Licht der Welt. 1941 zog sie mit ihrer Mutter und ihren Geschwistern nach Billed. Sie wuchs in einer kinderreichen Familie auf und musste ihren Eltern schon früh zur Hand gehen. Sie war wie eine zweite Mutter für ihre jüngeren Geschwister und hat diese täglich umsorgt. In der Sommerzeit arbeitete sie sehr hart auf dem Feld. In den Wintermonaten ging sie ihrer großen Leidenschaft nach. Das Nähen, Stricken und Häkeln brachte sie sich bereits in jungen Jahren selbst bei.
Tanzgruppe der Banater Schwaben Karlsruhe 1950, im Alter von 17 Jahren, hat sie Nikolaus Heinrich geheiratet und ist mit ihm ins eigene Haus gezogen; 4 Jahre später kam die gemeinsame Tochter Maria Heinrich zur Welt. Bis 1980 lebte die Familie in Billed. Im selben Jahr erhielt sie die Genehmigung, gemeinsam mit ihrem Ehemann nach Österreich zur Beerdigung der ältesten Schwester zu reisen. Diese Gelegenheit nutzten die Eheleute, um anschließend nach Deutschland auszuwandern, wo sie letztlich nach Karlsruhe zogen. Im Jahr 1985 zogen dann ihre Tochter, Schwiegersohn und Enkel nach. Im November 1983 konnte sie in bewährter Form an das Banater Gemeinschaftsleben anknüpfen. Sie war eines der Gründungsmitglieder des Chors der Banater Schwaben in Karlsruhe und konnte so
Leistung und Würdigung eines ihrer Hobbys aus der alten Heimat fortsetzen. Eine andere Leidenschaft konnte sie im Jahr 1993 intensivieren. Nachdem sie nun in Rente war, hat sie in Handarbeit traditionelle Banater Trachten für Puppen detailgetreu angefertigt. Die Puppen sind mit handgeknüpften Schultertüchern, gestärkten und in Falten gelegten Unterröcken und Seidenschürzen staffiert. Bis heute hat sie über 56 Puppen gefertigt, die teilweise im Haus der Heimat in Karlsruhe ausgestellt sind. Im selben Jahr 1993 wurde die Tanzgruppe der Banater Schwaben in Karlsruhe gegründet. Auch hier stand Katharina Heinrich mit Rat und Tat zur Seite. Auch bei der Gestaltung der Weihnachtsfeier des Kreisverbandes
145 Karlsruhe hat sie die traditionellen Trachten und Kostüme für das jährliche Krippenspiel genäht. Der Vorstand des Kreisverbandes als auch der Heimatgemeinschaft Billed e.V. möchten der Jubilarin Dank und Anerkennung aussprechen. Bis heute sind Handarbeiten ihre Lieblingsbeschäftigung und so betreibt sie ihr Hobby, das große Sorgfalt und viel Geduld erfordert, teilweise bis in die Mitternachtsstunden. Wir danken der Jubilarin für ihr großes Engagement und wünschen uns, dass sie weiterhin ein großes Herz für das Brauchtum hat und uns tatkräftig unterstützt!
Gruppenbild der Tanzgruppe mit den Puppen im Haus der Heimat Karlsruhe, die sie zuvor vom Staub der Jahre gesäubert hatten.
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Leistung und Würdigung
Eine Lehrerin, wie eine Mutter - Maria Schaljo wird 80
Werner Tobias / Mainz
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ür manch einen ist sein Beruf eine Berufung. Wenn das auf jemanden zutrifft, so bestimmt auf Frau Maria Schaljo. Mehr noch, wer Frau Schaljo als Lehrerin erlebt hat, weiß, mit wie viel Sachverstand und pädagogischem Einfühlungsvermögen sie ihre Aufgabe versah. Sie ist keine, die sich gerne in den Vordergrund schiebt. Ohne große Worte, ohne je einen strengen Blick, allein mit unendlicher Geduld und Güte hielt sie ihre Schüler stets im Zaum und hatte deren Aufmerksamkeit. Es war einem geradezu peinlich, ihr zu widersprechen oder sich gar aufzulehnen. Durch ihre milde Art war sie stets ein Vorbild und man folgte gern ihren Ausführungen. Nun waren die Fächer Mathematik und Physik nicht jedermanns Sache, trotzdem schaffte es Frau Schaljo, den Stoff für jeden faszinierend rüberzubringen und so manchen Schüler dafür gar richtig zu begeistern. Sie bereitete ihre Schüler auf Olympiaden vor und nahm mit ihnen daran teil. Die Ergebnisse ihrer Arbeit können sich sehen lassen, schließlich hat so manche/r ihrer ehemaligen Schüler/innen später einen elektrotechnischen, physikalischen oder IT-Beruf ergriffen und konnte auf ein solides Ausbildungsfundament bauen. Maria kam als erstes Kind von Margarethe und Jakob Jobba am 13.11.1933 in der Banater Gemeinde Knees, nordöstlich von Billed zur Welt. Nach und nach wurden den Eheleuten weitere Kinder geboren und alles deutete auf eine friedvolle, geborgene Kindheit hin, in der bäuerlichen Familie christlicher Prägung des Jakob Jobba. Mit der vierten Dekade des letzten Jahrhunderts brach aber der große Sturm herein und auch das Familienoberhaupt Jobba wurde zu den Waffen eingezogen, wie so viele seiner Landsleute. Leider kehrte der Vater aus dem Krieg nicht mehr heim.
Damit war die unbeschwerte Kindheit für Maria Jobba vorbei. Kaum zehn Jahre alt, musste sie schon lernen, Verantwortung zu übernehmen. Sie sah sich in der Pflicht, der Mutter beizustehen, um für die drei kleineren Geschwister zu sorgen. Allen Widrigkeiten zum Trotz hat die Mutter ihre vier Kinder zu rechtschaffenen Menschen erzogen, die ihr Leben selbst in die Hand genommen haben. Leider ist der über alles geliebte Bruder Ernst, der jüngste der Geschwister, schon in frühen Erwachsenenjahren einer unheilbaren Krankheit erlegen. Auch diesen Schicksalsschlag hatte die Familie zu verkraften, aber dadurch wurde sie nur fester zusammengeschweißt. Nach Grundschule in Knees, Pädagogi schem Gymnasium und erster HilfslehrerTätigkeit hat Frau Jobba ab 1957 in vierjährigem Fernstudium das Lehrerdiplom an der Uni Temeschburg erworben. Fortan war sie an der Allgemeinschule Billed als Fachlehrerin für Physik und Mathematik tätig, zudem jahrelang als stellvertretende Rektorin.
Leistung und Würdigung Anfang/Mitte der siebziger Jahre hatten wir Frau Jobba ebenfalls als Klassenlehrerin. Zu Beginn der 5. Klasse hat sie ihren Neffen Richard, einziger Sohn von Schwester Susi, bei sich in Billed aufgenommen, damit er den Oberzyklus der Grundschule weiterhin in deutscher Sprache besuchen konnte. Dies war in Knees, aufgrund der geringen Anzahl an deutschen Kindern, nicht mehr möglich. Frau Jobba wohnte zu dieser Zeit, ebenso wie die Zeichenlehrerin, Frau Popa, zur Miete bei Familie Braun Robi in der Kirchgasse. Im Winter besuchte ich Richard nachmittags schon mal, da wir noch über meine Oma mit den Kneeser Jobbas verwandt sind. Die Lehrerin zu Hause zu erleben, war nochmal eine ganz andere Erfahrung. Sie war so ursprünglich und natürlich, sprach ganz selbstverständlich Mundart und vertrieb sich die Zeit mit uns durch Brettspiele. Wenn es uns zu langweilig wurde, gingen wir beide Jungs aufs „Dämmche“ Schlittschuh laufen. So hat sich Richard ganz schnell in Billed wohl gefühlt. Leider ist er, mit einem Schicksalsschlag für die ganze Familie, schon 1984 viel zu früh aus dem jungen Leben gerissen worden. Durch ihre Heirat 1972 mit dem Witwer Adam Schaljo hatte Maria Jobba auch die Mutterrolle für seinen Sohn Werner übernommen. Einen besseren Ersatz konnte der Zwölfjährige nicht bekommen, denn Maria Schaljo, wie sie nun hieß, nahm ihn an wie ihr eigenes Kind und vertrat so gut wie nur möglich seine eigene Mutter. 1973, mit der Geburt von Ernst, kam sie noch selbst zu spätem Mutterglück. Den Namen des Sohnes wählten die Eheleute natürlich im Andenken an ihren verstorbenen Bruder. Ich erinnere mich noch gut an den Sommer 1974, als, zur Verabschiedung der achten Klasse Frau Schaljo in der Schule vorbeischaute, um stolz ihren Nachwuchs zu präsentieren. Alle drängten sich um den Kinderwagen und wollten der Lehrerin zeigen, wie sehr sie ihr das Glück gönnen.
147 In Billed unterrichtete Frau Schaljo noch viele Schulbankdrücker, bis sie 1988, in dem damals dort üblichen Alter, in den Ruhestand eintrat. Nachdem die Grenzen gefallen waren, ist die Familie 1990, mit den meisten Billedern, in die Bundesrepublik übergesiedelt und hat in Solingen ein neues Zuhause gefunden. Hier hieß es, wieder neu anzufangen, dazu war sie als Rentnerin noch zu jung. Da aber das Studium nicht vollwertig anerkannt wurde, bekam Frau Schaljo die Gelegenheit, nach einem Schuldienst auf Probe, eine Grundschulklasse zu übernehmen. Somit fand sie sich in ihrer Lieblingsrolle wieder und unterrichtete bis 1996 mit Hingabe Kinder in Deutschland. Auch nachdem sie mit dreiundsechzig in den wohlverdienten Ruhestand verabschiedet wurde, gab sie einer ihrer letzten Schülerinnen weitere Monate Nachhilfeunterricht. Nur zwei Jahre später blieb Frau Schaljo wieder allein, da ihr Mann nach zäher Krankheit verstarb. Somit war es ihm nicht mehr vergönnt, die nächste Generation seiner Nachkommenschaft zu erleben. Sein Sohn Werner lebt auch heute noch in der Nähe und hat nach wie vor einen sehr guten Kontakt zur Mutter. Der jüngere Bruder Ernst ist inzwischen verheiratet und machte Frau Schaljo zweimal zur Oma. Enkelin Lea wurde 1999, Enkel Noah 2001 geboren. Sie sind heute ihr Ein und Alles. Die junge Familie wohnt in Düsseldorf und die Kinder brauchen keinen Babysitter mehr. Trotzdem kommt Oma per Bus einmal die Woche herüber, um alle zu bekochen - darauf ist Verlass. Außerdem ist an vielen Sonntagen die gesamte Familie bei Mutter zum Mittagessen versammelt. Ihre Freizeit vertreibt sich die Rentnerin heute mit Lesen und Handarbeit. Immer noch besucht sie gern den Gottesdienst, was in ihren Lehrerjahren in Rumänien nicht uneingeschränkt möglich war.
Leistung und Würdigung
148 Regelmäßig telefoniert Maria Schaljo mit ihrer einzigen noch lebenden Schwester Susi, um Neuigkeiten auszutauschen. Die Seniorenkarte der Bahn hat sich voll bezahlt gemacht. Sooft es ihr möglich ist, besucht sie, trotz der Entfernung, die Schwester in Bayern. Auf Klassentreffen ist Frau Schaljo gerngesehener Gast und nimmt diese Einladungen, wann immer das Wohlbefinden dies zulässt, auch wahr. Interessiert und mitfühlend, erkundigt sie sich stets nach den
ehemaligen Zöglingen - auch jenen, die dem Treffen fern blieben. Dafür sowie für ihre aufopferungsvolle Lehrtätigkeit im Dienste unserer Billeder Gemeinschaft gebührt Frau Schaljo unser aller Dank. Zu Ihrem achtzigsten Wiegenfest wünsche ich Ihnen, Frau Schaljo, im Namen aller ehemaligen Schüler weiterhin geruhsame und zufriedene Lebensjahre, bei guter Gesundheit im Kreise Ihrer Familie!
Unserem lebendigen Einwohneramt zum 80. Geburtstag
Elisabeth Martini
Herr Josef Herbst so häscht ne distanzeert on offiziell, mer nenne ne de Herbscht Sepp, manche gaar noch Seppi, familiär wie damols, wie mer all noch Kenner waare dort en Billed, em Banaat, wo mr sei Leit, die Freinde on Komraade om sich haad. On doch am 18. Juni waar sei 80. Geburtstaach, mr glaabt et net, er es noch iwerall drbei, es freindlich on es zu jedem nett; er red met jedem, wäs von Billed on de Leit so vill wie kaum äne, hat vill erlebt, gelitt, sich gfreit, geärchert, manchmol gflucht. Als Kend schon waar ne neigerich, awer zufriede wie die meischte om ne rom, bes dann of mol die schlemme Zeide for ons all sen komm. Do hat ne schon met 9 bei Stalingrad sei Vater dann verlor, hat aanphacke misse, schwer aarweide, do waar die Kendheit rom. Gelees hat ne awer emmer gäre on de anre entressant verzählt, wann die en Temeschwaar em Halbschlof aa nimmi alles han gheert. Dort hat ne em Bett zwischen dem Hans on dem Pheder gelee, die wo vom Zuhorche iwer Winnetou meischt schlofrich sen gen. Rumänisch waar damols for se all e ganz hart Nuss, se knacke waar awer for die Schwowekenner e Muss. Sie han sich dorchgebess, wann‘t noch so schwer aa waar on han bewies: Wann mr well on muss, mr alles kann! Met 18 hat de Sepp em Baragan bei Hunger, Aarweit, Wassernot kä Beruf meh lehre kenne, kä School waar for ne dort. On doch hat ne aa dort die Hoffnung, de Humor net ganz verlor. Zum Gleck vergang sen aa die schwerschte fenf Baragan-Johr; net leicht waar aa de militärische Aarweitsdinscht, es awer aa vergang, on zuruck derhem en Billed hat ne et Lissi gheirat for sei Lewe lang.
Leistung und Würdigung
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Elisabeth und Josef Herbst im September 2013 während der Reiseveranstaltung der Banater Schwaben Karlsruhe auf der Insel Rügen. Sie sen glicklich gen metnaner, met ehre zwaa stramme, erfolgreiche Sehn, wo jetz aa schon stolze Vatre von hibsche, gude Kenner sen. Dem Sepp waar emmer schon et Feschte-Feire, Organiseere wichtich, das hat ne aa met Witz, Verstand gemach, waar aarich tichtich. Die Kerweih on de Faschingsbaal, aa anre Feschte so em Johr sen gfeiert genn met Eifer, Gscheck, no alter Tradition... Per Auto vom Rot-Kreiz hat johrelang de Sepp aa gfeert die kranke Billeder zum Facharzt en der Stadt, wie sich gheert. De Sozialismus awer hat em Sepp so richtich gut net gfall, drom hat ne sich met anre iwer die Grenz getraut, so illegaal. Aa gschnappt von de Serwe han se die Hoffnung net verlor, gewesst, dass ne ball derno e freies Lewe steht bevor als Lohn for ehre Couraage, sich änfach of de Wech zu mache, so ohne die anre aus der Familie, do waar käm zum Lache. Geziddert han se schon, gewackelt, awer fescht aa ghofft, dass e jede et bes Nürnberg, ent „Laager“ schafft. En Gaggenau hat späder die Familie metnaner die nei Heimat gfon, wo de Sepp geaarweit hat on landsmannschaftlich aktiv waar. Er waar bei der Feierwehr, hat Aussiedler betreit, sengt noch em Chor, fehrt meisterhaft die Billeder Dorfkartei schon meh wie 25 Johr; wäß emmer, wer wo lebt, wievill mr sen, wer nimmi es em Lewe. Er kennt Verwandtschafte iwer Erdteile, Därfer, Städt on Länner, wäß Bescheid iwer meh wie 3500 Landsleit, geft gäre Auskunft iwer jede. Er es et Enwohneramt von alle Billeder en der ganz Welt, sei Verspreche gilt, sei Mähnung on sei Wort bei ons zählt. So ohne ihn do geht bei de Billeder net vill, drom winsch mr ons, dass ne 90 wärt on noch „metspillt“! Er leb‘ ons hoch on hall sich stramm bei Kraft, wahrscheinlich dann sogaar die Hunnert er no schafft“...
Leistung und Würdigung
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Mit 8 schon „Singmädchen“ - mit 82 noch Chorleiterin Susanna Ballmann – Stimm- und Organisationstalent
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it 8 Jahren ihrer schönen Stimme wegen - sozusagen vom Lehrer in den Kirchenchor „geschubst“ - blieb Susi dem Gemeinschafts-Singen bis heute treu, worüber sich die Billeder Landsleute, vor allem aber die singfreudigen Traunreuter freuen. Musikalisch sowohl durch die Familie als auch durch das dörfliche Umfeld beeinflusst, lernte sie Akkordeon-Spielen, später in Temeswar auch das Orgel-Spiel, als man sie schon mit 18 zur Kantorin / Kirchenchorleiterin machte. Durch die Erziehungszeit der Kinder 1954 unterbrochen, nahm sie diese Tätigkeit 1974 wieder auf bis zu ihrer Aussiedlung 1980. Allen Banatern bekannt und auch in Deutschland nach der Aussiedlung noch präsent: „Wo man singt, da lass dich nieder, böse Menschen kennen keine Lieder“ ein Leitspruch auch von Susi Ballmann, die 1981 von der Traunreuter Landsmannschaft angesprochen wurde, einen Chor der Banater aus verschiedenen Ortschaften zu gründen. Leicht war es für die so zur Chorleiterin Erhobene nicht, da sie erst ein Jahr hier lebte und ihr Bekanntenkreis noch relativ klein war. Damals hatte sie noch viel Energie und nahm sich beherzt der Sache an, wenn es zuerst auch nur 15 Mitglieder waren, deren Zahl jedoch bald auf 32 anstieg. Etwas erschwert wurde die gemeinsame Sing-Aktion durch den Umstand, dass die Chormitglieder aus 19 verschiedenen Ortschaften der Banater Heide und Hecke kamen, auch aus dem Bergland. „Aber im Laufe der Zeit sind wir nicht nur Chormitglieder, sondern auch Freunde geworden, die fest zusammen halten und so 2011 unser 30-jähriges Chorjubiläum feiern konnten“, schlussfolgert die Chorleiterin selbst.
Elisabeth Martini
Als Anerkennung dieser Leistung erhielt beim Frühlingsfest jedes Chormitglied seitens der Landsmannschaft eine Ehrenurkunde, über die sich alle sehr gefreut haben. Und obwohl die Altersskala der Sänger von 63 bis 86 reicht, haben alle feierlich versprochen, im Chor mitzuwirken, solange es geht. „Ja, die Chorgemeinschaft bedeutet uns allen sehr viel – besonders mir, die ich ehrenamtlich tätig bin -, da ich immer noch Freude daran habe, obwohl es nicht immer leicht ist, mit älteren Menschen zu arbeiten, doch man muss ja immer auch an sein eigenes Alter denken.“ Ansporn zum Weitermachen erhält Susi auch dadurch, dass sie von fremden Menschen und anderen Landsmannschaften positiv angesprochen und gelobt wird. Dadurch merkt sie, dass das Gemeinschaftssingen den Sängern selbst, aber auch den Zuhörern Freude bereitet. „Wir sind zu einer Gemeinschaft zusammengewachsen und freuen uns, wenn wir uns treffen: Zum Proben, zum GeburtstagFeiern, zum jährlichen Ausflug...Trotz unseres Alters sind unsere Auftritte immer noch sehr beliebt: Wenn wir die Messe singen, im Altenheim den Bewohnern einen schönen Nachmittag gestalten oder zu Festlichkeiten in umliegende Dörfer eingeladen werden. Ein schönes Erlebnis ist jedes Jahr das Bundestreffen der Chöre in Gersthofen! Ich lebe in der Hoffnung, dass es noch einige Jahre mit dem Chor so weiter geht.“ Der Vorstand der HOG Billed wünscht im Namen aller Billeder und Bewunderer von Susanna Ballmann der überaus fähigen, regen und fitten Jubilarin Gesundheit und Wohlbefinden, Energie und Kraft zum Wohle der Gemeinschaft. „Deine Stimme, Susi, hört man gern!“
Leistung und W端rdigung
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Ehrenurkundenverleihung f端r zwei Billeder Chorleiterinnen, Susanne Ballmann und Hannelore Slavik, beim Chortreffen in Gersthofen Der Chor der Banater aus Traunreut - seit 1992 von Susanne Ballmann geleitet
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Leistung und Würdigung
Prof. Anton Hollich bei der Preisverleihung am 4. November 2013 mit Innenminister Reinhold Gall im Haus der Donauschwaben in Sindelfingen. Hörproben der CD „Mein Banater Land“ von Josef Schmalz (musikalische Gesamtleitung Anton Hollich) unter www.heimathaus-billed.de/schmalz
Donauschwäbischer Kulturpreis geht an Anton Hollich
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er diesjährige Donauschwäbische Kulturpreis des Landes Baden-Württemberg geht an Prof. Anton Hollich, Musiker und Musikpädagoge aus Baden-Baden. Das teilte das Innenministerium am Donnerstag 10.10.2013 in Stuttgart mit. Anton Hollich, geboren in Glogowatz und ehemaliger Schulkollege von Adam Tobias, ist den Billedern insbesondere durch die CD1 (Heimatklänge) und CD2 (Gruß aus der Heimat) unserer Blaskapelle bekannt, die unter seiner musikalischen Gesamtleitung entstanden sind und deren Stücke früher in Billed gespielt wurden. Die Aufnahmen sind nicht nur ein Denkmal für unsere legendäre „Blech“, gefördert durch Hollich, wurden die Lieder im Rundfunk gesendet und so europaweit für Blasmusik-Liebhaber bekannt gemacht.
Adam Tobias
2012 wurde Prof. Anton Hollich „Exzellenz in der Lehre“, einer der höchsten Wissenschaftspreise in Deutschland, zugesprochen. Von der FAZ wurde er unter die 12 „Leute des Jahres 2012“ aufgenommen, neben Persönlichkeiten wie Jens Weidmann, Präsident der Deutschen Bundesbank. Mit der Heimathaus-Website „Anton Hollich - Beiträge zur Donauschwäbischen Blas musik“ (heimathaus-billed.de/antonhollich) wurde seine Bewerbung für den Donau schwäbischen Kulturpreis im Vorfeld auch von unserer HOG unterstüzt. Im Namen der Blaskapelle Billed-Alexan derhausen und der HOG Billed gratulieren wir „Toni“ herzlich zu dem Preis und wünschen ihm weiterhin noch viel Schaffenskraft. Weiterführende Beiträge im Internet: www.heimathaus-billed.de/dk-preis2013 www.heimathaus-billed.de/antonhollich
Leistung und Würdigung
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Anton Hollich dirigiert die Blaskapelle Billed-Alexanderhausen bei der Vorstellung der CD2 „Gruß aus der Heimat“ beim Billeder Heimattag an Pfingsten 2011 in der Badnerlandhalle Die CD1 und CD2 unserer Blaskapelle, ein Denkmal für unsere legendäre „Blech“, wurden im Rundfunk gesendet und so europaweit bei Blasmusik-Liebhabern bekanntgemacht
Hörproben im Internet unter: www.heimathaus-billed.de/cd1 www.heimathaus-billed.de/cd2
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Leistung und Würdigung
Jakob Groß (2. v. r.) beim 19. Billeder Heimattag an Pfingsten 2011 Ständchen für die Uromas Theresia Fuss und Katharina Martini im Jahr 1999 von Alexandra Gilde und Patrick und Sarah Russ
Leistung und Würdigung
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Jakob Groß beim 19. Billeder Heimattag in der Badnerlandhalle
Nachruf Jakob Groß
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akob Groß, „de Glaaser“, ein Billeder Urgestein, ist von uns gegangen, wurde am 21.12.2012 auf dem Friedhof Studernheim in Anwesenheit vieler Landsleute beigesetzt. Zwischen 1972 und 1990 – dem Aussiedlungsjahr – hat er die Billeder Blechmusik als Kapellmeister maßgeblich mitbestimmt, auch nach der Sesshaftwerdung in Deutschland als solcher weitergewirkt. Schon als Siebenjähriger begann er 1938 das Klarinettenspiel zu erlernen; 1948 spielte er in der Tanzkapelle von Michael Braun, ab 1956 die B-Klarinette in der Blasmusikkapelle von Wilhelm Hirth, ab 1972 die alles durchdringende, weit hörbare Es-Klarinette, die die Billeder musikalische Eigenart prägte. Im Alter konnte Jakob Groß nur schwer überredet werden, kürzer zu treten, die Stafet-
Adam Tobias
te an andere weiter zu reichen. Als geselliger Mensch machte er bis zuletzt nach Möglichkeit mit: Beim letzten Schlachtfest hat er als Helfer noch erstaunlich viel geleistet. Seinen Klarinetten-Kollegen rief er noch zu: „Auf, ihr seid doch noch nicht so alt!“ Mit Leib und Seele war er Musiker und die Jahrzehnte gespielte Musik ließ ihn nicht ruhig sitzen bleiben, doch – altersbedingt – schien sie ihm zuletzt immer zu schnell, weil er nicht mehr recht mitkam... An seinem Urnengrab spielten die Kollegen ihrem Ehren-Kapellmeister Jakob Groß altbekannte Melodien, die ihn begleiten sollten als letzter Gruß seiner Billeder und Banater Landsleute. Er ruhe in Frieden!
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Statistik
Statistik der deutschen Volksgruppen in Europa
Josef Herbst
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n 24 der 43 europäischen Staaten und weiteren 19 Staaten weltweit wird Deutsch von autochthonen (einheimischen) Volksgruppen als Muttersprache gesprochen. (Aus der Publikation des Kultur- und Erwachsenenbildungsvereines „Deutsche Vortragsreihe Reschitza“) Außerhalb der deutschen „Kernstaaten“ (BRD, Österreich, Schweiz, Luxemburg, Lichtenstein) leben etwa 10 bis 15 Millionen „Auslandsdeutsche“ auf der ganzen Welt, davon etwa 3,5 Millionen in Europa. Mit den deutschen Volksgruppen auf unserem Erdteil und ihrer derzeitigen Lage befasste sich Dr. Bruno Burchhart bei einem Mitgliederabend am 18. März 2009. Nach einer kurzen Darstellung der mittelalterlichen und neuzeitlichen deutschen Ostsiedlungen gab der Vortragende einen Überblick über die jeweiligen Grenzveränderungen nach den beiden Weltkriegen und ihre Folgen für die deutschen Siedlungsgebiete. Nach dem zweiten Weltkrieg waren die Deutschen in den meisten kommunistischen Staaten (Ausnahme: Rumänien!) von Vertreibung, Vernichtung, Verbot der Muttersprache betroffen – eine Situation, die sich erst mit dem Zerfall der dortigen Diktaturen zwar schlagartig, aber graduell unterschiedlich änderte. Freilich gingen dort durch fast fünf Jahrzehnte der Unterdrückung der deu tschen Volksgruppen etwa eineinhalb Generationen von „Kulturträgern“ weitgehend verloren – ein nur schwer wettzumachender Verlust. Einen verheerenden Aderlass nach der politischen Wende im Osten bedeutet auch die massive Auswanderungswelle, von der namentlich die Deutschen in Rumänien und in den Nachfolgestaaten der Sowjetunion, in geringerem Maße auch in Polen, betroffen sind.
Die heutige Lage der deutschen Volksgruppen in Europa stellt sich sehr unterschiedlich dar. Die besten gesetzlichen Bestimmungen genießen die Nordschleswiger in Dänemark, die Deutschen Ostbelgiens und die Südtiroler. Relativ großzügige Verhältnisse herrschen für die Deutschen in Ungarn und Polen. Auch in Kroatien, Serbien, der Slowakei und Tschechien sind die Deutschen als Volksgruppe anerkannt, wenngleich mit Auswirkungen qualitativ unterschiedlichen Ausmaßes. Zwei Staaten (beide sind Mitglieder der EU) gewähren ihren deutschen Volksgruppen keine verfassungsmäßige Anerkennung: Frankreich, weil es prinzipiell keine Volksgruppen „kennt“ (das Elsässische und Lothringische gelten dort als „regionale Dialekte“, Hochsprache hat Französisch zu sein); Slowenien, weil offenbar den Geschehnissen des vergangenen Jahrhunderts noch immer nicht unbefangen begegnet werden kann (die italienische und madjarische Volksgruppen genießen in Slowenien sehr wohl Volksgruppenrechte internationalen Standards. Zu den 81 bis 92 Millionen Deutsche in Europa kommen knapp 10 Millionen in außereuropäischen Ländern. Die Zahlen in den Tabellen „Deutsche in Europa“ und „Deutsche außerhalb Europas“ sind gerundet und beruhen auf Angaben von: 1. CIA Word Facebook (Januar 2008) 2. FUEV (Föderalistische Union europäischer Volksgruppen) 3. 6. Volksgruppensymposium des VLÖ 4. 8. Volksgruppensymposium des VLÖ Oppeln 5. Wikipedia - Die freie Enzyklopädie
Statistik
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Verbreitungsgebiet der deutschen Sprache Kenntnisse der deutschen Sprache in der EU, der Schweiz, Bosnien-Herzegowina und T端rkei
158 Land Gesamtbevölkerung BR. Deutschland 82.370.000 Österreich 8.206.000 Schweiz 7.582.000 Luxemburg 490.000 Lichtenstein 36.000 Dänemark 5.500.000 Belgien 10.403.000 Frankreich 64.058.000 Italien 58.145.000 Italien-Südtirol 496.000 Italien - Kanaltal 8.000 Slowenien 2.008.000 Kroatien 4.492.000 Serbien und Kosovo 10.159.000 Rumänien 20.121.641 Ungarn 9.931.000 Slowakei 5.455.000 Tschechien 10.221.000 Polen 38.501.000 Ukraine 49.994.000 Russland 140.702.000 Königsberger Gebiet 800.000 Lettland 2.245.000 Litauen 3.565.000 Gesamt
davon Deutsche 67.400.000 7.000.000 4.900.000 400.000 30.000 20.000 75.000 600.000 – 1.200.000 351.000 343.000 600 1.900 – 3.000 3.000 – 5.000 4.000 36.042 6.000 – 260.000 5.000 – 10.000 12.000 – 90.000 153.000 – 1.800.000 33.000 600.000 16.000 400 7.000 81-92 Millionen
Statistik Prozent 81,82 85,30 64,63 81,63 83,33 0,36 0,72 0,93 – 1,87 0,60 69,15 7,50 0,09 – 0,15 0,07 – 0,11 0,04 0,27 0,60 – 2,60 0,09 – 0,15 0,12 – 0,88 0,40 – 4,68 0,07 0,42 2,00 0,02 0,20
Volkszählung in Rumänien 2011 Endgültige Ergebnisse, bekanntgegeben am 4. und 5. Juli 2013. Zusammengestellt von Erwin Josef Tigla, nach Daten des Landesinstituts für Statistik Bukarest.
Statistik der Einwohner im Kreise Temesch: Munizipien, Städte und Gemeinden mit mehr als zehn Deutschen (Die sich bei der Volkszählung 2011 als Deutsche bekannt haben)
Munizipien, Städte und Gemeinden mit mehr als 10 Deutschen Kreis Temesch Einwohner Deutsche Insgesamt Verwaltungskreis Temesch 683.540 8.504 Temeswar - Timisoara 319.279 4.193 Lugosch - Lugoj 40.361 748 Hatzfeld - Jimbolia 10.808 310 Großsanktnikolaus - Sanicolaul Mare 12.312 259 Detta - Deta 6.260 252 Busiasch - Buzias 7.023 151
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159 Triebswetter - Tomnatic Groß-Komlosch - Comlosu Mare Periamosch - Periam Lenauheim Nadrag - Nadrag Tschakowa - Ciacova Dumbravitza Billed - Biled Gottlob Lowrin - Lovrin Girok - Giroc Rekasch - Recas Sanktandreas - Sanandrei Schag - Sag Gataija - Gataia Victor Vlad Delamarina Wojtek - Voiteg Gilad - Ghilad Knees - Satchinez Fatschet - Faget Gertjanosch - Carpinis Neubeschenowa - Dudestii Noi Paratz - Parta Sackelhausen - Sacalaz Marienfeld - Teremia Mare Neupetsch - Peciu Nou Tolwad - Livezile Morawitz - Moravita Tschene - Cenei Wariasch - Varias Kleinbetschkerek - Becicherecu Mic Rumänisch-Sanktmichael Sanmihaiu Roman Djulwes - Giulvaz Orzydorf - Ortisoara Liebling Denta Ghiroda Großscham - Jamu Mare Altbeschenowa - Dudestii Vechi Tschanad - Cenad Gier - Giera Nitzkydorf - Nitchidorf Alt-Beba - Beba Veche Alexanderhausen - Sandra
3.144 4.737 4.505 5.109 2.836 5.348 7.522 3.294 2.041 3.223 8.388 8.336 5.717 3.009 5.861 2.604 2.437 2.078 4.743 6.761 4.477 3.179 2.172 7.204 4.019 4.982 1.566 2.289 2.670 5.682 2.853
122 114 97 96 94 88 87 85 81 76 66 65 64 59 55 53 49 47 47 44 44 44 43 41 40 40 40 40 39 38 33
6.121 3.075 4.190 3.723 2.982 6.200 2.971 4.203 4.207 1.239 1.523 1.539 2.882
32 32 31 30 30 29 29 27 27 21 21 20 19
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160 Birda Neu-Moschnitza - Mosnita Noua Uiwar - Uivar Großsanktpeter -Sanpetru Mare Jahrmarkt -Giarmata Bethausen Belintz - Belint Ketsche - Checea Blumenthal - Masloc Großtoplowetz - Topolovatu Mare Sacosu Turcesc Otelec Ebendorf - Stiuca Insgesamt Kreis Arad Arad Sanktanna - Santana Pankota - Pancota Glogowatz - Vladimirescu Lippa - Lipova Hellburg - Siria Semlak - Semlac Macea Großpereg - Peregu Mare Secusigiu Sintea Mare Vinga Segenthau - Sagu Chisineu Cris Pecica Ineu Schöndorf - Frumuseni Livada Guttenbrunn - Zabrani Engelsbrunn - Fantanele Graniceri Nadlak - Nadlac Schimand - Simand Paulisch Chioroc Saderlach - Zadareni Zimandu Nou Micsa Insgesamt Kreis Mehedinz Orschowa – Orsova Drobeta Turnu-Severin
1.846 6.203 2.453 3.145 6.502 3.057 2.789 1.838 2.285 2.574 3.307 1.499 1.789 430.629 159.074 11.428 6.928 10.710 10.313 8.103 3.667 5.762 1.625 5.509 3.742 6.150 3.776 7.987 12.762 9.260 2.543 2.960 4.251 3.090 2.254 7.398 3.982 4.120 3.790 2.476 4.476 3.733 265.390 10.441 92.617
17 17 17 16 15 14 14 14 13 13 12 12 11 2.909 1.259 333 144 128 123 94 85 83 55 41 39 35 34 34 34 30 30 29 24 22 22 21 20 20 17 13 12 10 151 92 52
Statistik Die deutsche Minderheit auf Landesebene, Kreise und deren Ortschaften Kreis Ortschaften Einwohner Deutsche Temesch - Timis 683.540 8.504 Temeswar -Timisoara 319.279 4.193 Lugosch -Lugoj 40.361 748 Hatzfeld - Jimbolia 10.312 259 Detta - Deta 6.260 252 Busiasch - Buzias 7.023 151 Triebswetter -Tomnatic 3.144 122 Groß-Komlosch - Comlosu M. 4.737 114 Sathmar -Satu Mare 344.360 5.006 Sathmar - Satu Mare 102.411 1.044 Großkarol - Carei 21.112 479 Petrifeld - Petresti 1.588 434 Fienen - Foeni 1.840 384 Bildegg - Beltiug 3.228 368 Schinal -Urziceni 1.447 346 Kalmandi - Camin 1.388 314 Erdeed - Ardud 6.231 279 Schamagosch - Ciumesti 1.407 258 Terem - Tiream 2.226 243 Maitingen - Moftin 4.293 194 Stanislau - Sanislau 3.515 121 Hermannstadt - Sibiu 397.322 4.244 Hermannstadt- Sibiu 147.245 1.561 Mediasch - Medias 47.204 700 Laseln -Laslea 3.327 245 Heltau - Cisnadie 14.282 217 Bierthälm - Biertan 2.590 112 Kronstadt - Brasov 549.217 2.923 Kronstadt - Brasov 253.200 1.188 Zeiden - Codlea 21.708 213 Fogarasch - Fagaras 30.714 192 Rosenau - Rasnov 15.022 100 Arad 430.629 2.909 Arad 159.074 1.259 Sanktanna - Santana 11.428 333 Pankota -Pancota 6.946 144 Glogowatz - Vladimirescu 10.710 128 Lippa - Lipova 10.313 123 Karasch-Severin 295.579 2.897 Reschitza - Resita 73.282 1.255 Anina mit Steierdorf 7.485 423 Karansebesch - Caransebes 24.689 265 Bokschan -Bocsa 15.842 166
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162 Ferdinandsberg -Otelu Rosu 10.510 Orawitza -Oravita 11.382 Doclin mit Tirol 1.741 Marosch -Mures 550.846 Schässburg - Sighisoara 28.102 Neumarkt - Targu Mures 134.290 Sächsisch Regen - Reghin 33.281 Dunesdorf - Danes 4.874 Bukarest - Bucuresti 1.883.425 Marmarosch - Maramures 478.659 Oberwischau - Viseu de Sus 15.037 Neustadt - Baia Mare 123.738 Hunyad -Hunedoara 418.565 Diemrich - Deva 61.123 Eisenmarkt - Hunedoara 60.525 Petroschan - Petrosani 37.160 Kalan - Calan 11.279 Bihar - Bihor 575.398 Grosswardein - Oradea 196.367 Sankt Andreas - Santandrei 4.912 Alba 342.376 Mühlbach - Sebes 27.019 Karlsburg - Alba Julia 63.536 Suczawa - Suceava 634.810 Suczawa -Suceava 92.121 Kirlibaba - Calibaba 1.717 Radautz - Radauti 23.822 Gurahumora - Gura Humorului 13.667 Kimpolong - Campulung Mold. 16.722 Klausenburg - Cluj-Napoca 691.106 Klausenburg -Cluj Napoca 324.576 Bistritz - Bistrita 286.225 Bistritz - Bistrita 75.076 Bei der Volkszählung vom 20.10. 2011 hatte Billed 3.294 Einwohner Rumänen: 2.738, Roma: 135, Ungarn: 122, Deutsche: 85, Ukrainer: 3, ohne Ang.: 211 Aus dem Mitteilungsblatt „Monitorul Primariei comunei Biled“ Juli 2013 Von den 3.294 Personen sind 1.577 verheiratet, 1.298 sind unverheiratet. 111 Personen sind geschieden, 73 Männer und 73 Frauen leben zusammen ohne Trauschein. 34 Personen sind über 85 Jahre alt, 258 sind im Al-
150 86 80 1.478 403 202 183 129 1.209 1.054 606 270 971 191 171 116 94 735 336 213 728 255 115 717 152 87 59 54 41 687 618 428 243
ter von 55 – 59 Jahren. 316 sind von 40 – 44 Jahre alt und zwischen 20 – 24 Jahren sind es 249. 184 Kinder sind unter 5 Jahren. Nach meiner Statistik leben in Billed noch 67 und verstreut in Rumänien 41 Billeder Deutsche. In Billed sind 21 Deutsche über 80 Jahre alt und im übrigen Rumänien 8. Teile dieses Beitrages wurden mit freundlicher Genehmigung der HOG Deutschbentschek aus deren Heimatblatt 2012 entnommen
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Sensationelle Farbdias der Kirchweih 1977 von Wilhelm Fackelmann
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Weihnachtsgedanken
A
ls ich im Sommer in einer Kirche in Esslingen war, wo ich nur kurz eine Verschnaufpause einlegen und der extremen Sonnenglut entfliehen wollte, fiel mir ein kleiner roter Faltprospekt in die Hände mit dem Titel: „Zehn gute Gründe, in der Kirche zu sein“. Die Kirche verteilt diesen Zettel, um dem Mitgliederschwund entgegenzuwirken. Wie auch immer die Leserinnen und Leser dieses Artikels sich in dieser Hinsicht entschieden haben – es ist ihre private Angelegenheit. Ich möchte nun heute die dort genannten Gründe aufgreifen und versuchen, sie in einer völlig anderen Richtung zu hinterfragen: Haben wir denn zehn gute Gründe, um WEIHNACHTEN zu feiern? 1. Hoffnung statt Zukunftsangst Nach einem langen, meist grauen und verregneten Herbst freuen wir Christen uns auf das Weihnachtsfest, wenn im Advent alles in dezentem Lichterglanz erstrahlt und unserer Seele Trost gibt. Hoffnung keimt auf und verdrängt erst einmal die Alltagssorgen. Der Gedanke, dass Gott in Form des Jesukindes die Botschaft der Nächstenliebe in unsere Welt bringt, nimmt uns die Zukunftsängste. 2. Besinnung statt Hektik Zeit zur Besinnung sollten wir uns schon im Advent nehmen. Leider bricht bei den meisten kurz vor Weihnachten die Hektik aus, da es noch viel zu viele Vorbereitungen gibt.
Hermine Schnur
Einkäufe wollen erledigt, der Weihnachtsbaum geschmückt, die Geschenke verpackt und das Menü zusammengestellt werden. Könnten wir es in diesem Jahr mal ein bisschen geruhsamer angehen? 3. Halt statt Uferlosigkeit Weihnachten ist eines der wenigen Feste, die im Kalenderjahr stark mit Traditionen verknüpft werden. Auch Traditionen oder liebgewonnene Gewohnheiten geben Halt. Sie schweißen eine Familie oder eine größere Gemeinschaft zusammen. Auch wenn es nur so „Kleinigkeiten“ sind, wie zusammen in die Christmette zu gehen oder mit mehreren Generationen an einem Tisch ein bestimmtes Gericht zu essen, bestimmte Lieder zu singen usw. 4. Klarheit statt Gleichgültigkeit Jesus lebte sein Leben unter Berücksichtigung von klaren Richtlinien und Werten: Nächstenliebe, Hilfsbereitschaft, Friedfertigkeit, Ehrfurcht vor dem Leben. Nicht nur zur Weihnachtszeit sollten wir uns ein Beispiel daran nehmen. Eine helfende Hand ausstrecken, wo es nicht erwartet wird oder sich mal auf die Zunge zu beißen anstatt einen Streit vom Zaun zu brechen. 5. Auftanken statt Abstottern Neben dem Sommerurlaub ist wohl keine Zeit besser geeignet als die Advents- und Weihnachtszeit, um die Ruhe zu genießen
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Neujahr-Wintermärchen 2013 auf der Sauerländer Hutweide. Foto: Adam Csonti und somit Kraft zu tanken für ein eventuell anstrengendes neues Jahr. Wir leben in einer Gesellschaft, in der das Prinzip der Leistung und Gegenleistung gilt. Lassen wir uns nun ein auf eine friedliche und ruhige Zeit, in der keine Leistung von uns erwartet wird. 6. Wertschätzung statt Bewertung Leider überwiegt in einer Leistungsgesellschaft die Bewertung. Schon die Kinder werden in der Schule mit Noten bewertet. Ein ähnliches Muster setzt sich im Berufsleben fort und zieht sich durch bis ins hohe Alter. Dabei kommt die Wertschätzung oft zu kurz. Lernen wir deshalb unsere Familie, unsere Freunde, Kollegen und Bekannten neu schätzen. Akzeptieren wir sie in ihrer Einmaligkeit, mit ihren Stärken und Schwächen. 7. Solidarität statt Egoismus Gemeinsinn statt Eigenliebe: Dies dürfte uns am Fest der Familie nicht allzu schwer fallen. Doch sollten wir auch über unseren eigenen (gut gefüllten) Tellerrand hinausschauen und uns mit den Armen und Hungernden weltweit solidarisieren, durch eine angemessene Spende oder ein stilles Gebet. 8. Gemeinsamkeit statt Einsamkeit Die Familie versammelt sich rund um den Weihnachtsbaum. Wie sieht es jedoch mit Nachbarn, Bekannten und entfernten Verwandten aus? Wird nicht oft vergessen, ihnen ebenso frohe Weihnachten zu wünschen, ein paar Plätzchen zu schenken oder einfach nur anzurufen?
9. Vergebung statt Verdrängung Wer von uns kann schon von sich behaupten, das zur Neige gehende Jahr ohne Streit verbracht zu haben? Haben wir dann auch immer die Aussprache gesucht oder das Thema einfach nur verdrängt und dann vergessen? Vielleicht bietet die Weihnachtszeit dafür eine passende Gelegenheit. 10. Aufgeschlossenheit statt Einseitigkeit Wenn man die Gottesdienste allgemein und die Weihnachtsmessen von vor 40 Jahren und mehr mit den heutigen vergleicht, so stellt man fest (und das nicht nur aufgrund der zeitlichen, sondern auch aufgrund der räumlichen Distanz), dass diese insgesamt weltoffener geworden sind. Das ist auch gut so, denn die Kirche und ihre dazu gehörigen Feste können nur existieren, wenn sie sich am aktuellen Geschehen orientieren und die Sorgen und Nöte der Menschen mit einbeziehen. Hoffnung, Besinnung, Halt, Klarheit, Auftanken, Wertschätzung, Solidarität, Gemein samkeit, Vergebung, Aufgeschlossenheit – für mich sind dies zehn gute Gründe, um Weihnachten zu feiern. Es ist Ihnen freigestellt, mir zuzustimmen – oder aber Ihre eigenen Gründe zu finden, um dieses traditionelle Fest zu begehen. Aus welchem Grund auch immer Sie Weihnachten feiern, ich wünsche allen Leserinnen und Lesern ein besinnliches Fest und ein gesundes Jahr 2014.
192 Inhaltsverzeichnis Vorwort, Werner Gilde.....................................................................................................................3 Heimattag 2013, Hans Rothgerber.................................................................................................4 Ansprache von Johann Steiner am Denkmal der Gemeinde.....................................................22 Baujahr 1990 und aktiv in der HOG Billed?!, Ralf Gilde..........................................................26 20-jähriges Jubiläum der Tanzgruppe Karlsruhe, Kerstin Klein, Elisabeth Martini................30 Billeder Friehjohrs-Senioretreffe, Elisabeth Martini..................................................................34 25 Jahre Rentnertreffen, Jakob Muttar........................................................................................35 Die 11. Heimattage der Banater Deutschen, Elisabeth Martini............................................... 36 Jubiläums-Herbstfest in Nürnberg, Hans Rothgerber................................................................44 14. Schlachtfest in Frankenthal.....................................................................................................56 Schlachtfest mit „Fleischhacker Tango“, Adam Tobias..............................................................60 19. Kirchweihfest in Waldkraiburg, Vanessa Prutean................................................................68 Denkmalpflege in neuen Händen, Werner Gilde.........................................................................70 Ansprache zu Allerheiligen in Karlsruhe, Katharina Senn (Jobba)..........................................72 Ferien in Billed - Reisebericht, Sara Kenderes...........................................................................76 An der schönen blauen Donau, Erika Weith, geb. Leidecker.....................................................84 Fahrt an die Donau jetzt und vor 76 Jahren - Kurzbericht, Inge Aigner-Thöres.....................88 Vom Südwesten in den Nordosten der Republik, Elisabeth Martini........................................90 Sensationeller Fund auf Billeder Dachboden, Elisabeth Martini..............................................94 Auswanderer-Spuren sichtbar gemacht, Johann Steiner............................................................96 Dem Ende der Welt entgegen, Elisabeth Rademacher.............................................................100 Zwei Schwestern – ein gemeinsames Schicksal, Elisabeth Martini.......................................104 Hans Mayer – eingebrannte Erinnerungen, Elisabeth Martini................................................108 Was ist Heimat?, Marliese Knöbl (Wagner)............................................................................... 112 „Die arme Hund“, Josef Herbst................................................................................................... 114 „Erdäpl“ (Topinambur) in Billed, Josef Herbst......................................................................... 119 „Billedrisch“ ist unser Dialekt, unsere Mundart und Muttersprache, E. Martini.................120 Das Wörterbuch der Banater deutschen Mundarten, Mihaela Şandor...................................122 Wo steht „et Klänet em Lähm on kräscht nä“?, Wilhelm Weber.............................................126 Besuch bei einem Einsiedler im Banat................................................................................ 130 Schmunzle metm Franz Gebel ..................................................................................................132 Värzicher, Peter Neumann...........................................................................................................134 Hans im Schnokeloch, Elisabeth Martini...................................................................................136 Heimatliche Frühlingsgedanken.......................................................................................... 138 Gedanken über den Menschen in dieser Welt, Marliese Knöbl (Wagner)..............................139 Maria Schöplein zum 94. Geburtstag, Elisabeth Martini.........................................................140 Die Wess Res(i) ist 93 Jahre alt und singt immer noch gern!, Elisabeth Martini.................142 Katharina Heinrich zum 80. Geburtstag, Tanzgruppe..............................................................144 Eine Lehrerin, wie eine Mutter - Maria Schaljo wird 80, Werner Tobias..............................146 Unserem lebendigen Einwohneramt zum 80. Geburtstag, Elisabeth Martini.......................148 Mit 8 schon „Singmädchen“ - mit 82 noch Chorleiterin, Elisabeth Martini.........................150 Donauschwäbischer Kulturpreis geht an Anton Hollich, Adam Tobias.................................152 Nachruf Jakob Groß, Adam Tobias.............................................................................................155 Statistik der deutschen Volksgruppen in Europa, Josef Herbst...............................................156 Statistik der Billeder, Josef Herbst..............................................................................................164 Weihnachtsgedanken, Hermine Schnur......................................................................................190
Billeder Kindertanzgruppe in schwäbischen Trachten bei einer Karneval-Veranstaltung im Kulturheim im Juni 2013. Unter der Anleitung des Temeswarer Tanzlehrers Chira Cristian und unterstützt durch die Erzieherin Georgeta Popa wurden schwäbische Tänze vorgeführt. Auftritt der Kindergruppe beim „Festivalul Condeierilor Plugari“ (Fest der Bauerndichter, das im Temeswarer Dorfmuseum und in Billed stattfindet) im Kulturheim am 16.06.2013. Im Raum der ehemaligen Feuerwehrremise wurden von Adam Csonti verschiedene Gegenstände des Alltagslebens unserer Vorfahren aus dem 18. und 19. Jhd. wie landwirtschaftliche und handwerkliche Geräte und Werkzeuge, Brauchtums- und Arbeitskleider, Möbel, Trinkund Essgefäße, usw. gesammelt. Sie bilden den Grundstock für unsere Heimatstube.
Sammlung für eine Heimat- und Brauchtumsstube
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ur 250. Jahresfeier der Gründung unserer Gemeinde im Jahr 2015 ist im Rahmen der Feierlichkeiten auch die Eröffnung einer Heimat- und Brauchtumsstube sowie eines Dokumentationsraumes über die Geschichte unserer Gemeinde im Heimathaus der Billeder Deutschen ge plant. Daher ein Appell zum Mitwirken an Landsleute, die noch Gegenstände von früher besitzen und sich für unsere Heimatstube gern davon trennen. Bisherige Spender Helga Kerner geb. Thöress (312) aus dem Nachlass ihres Vaters Peter Thöress:
Knopfharmonika, Bücher, Banat-Karte, DorfKarte, Bilder und Video-Kassetten Josef Müller (686): 4 Pokale für den „Pipatsch Pokal“ Katharina Braun (469): Spinnrad Elisabeth Braun (467): Kaffee-Tasse aus dem Jahr 1900 Hans Taugner (Alexanderhausen): Musik-Box mit über 70 Langspielplatten Johann Steiner (297): 200 Exemplare von „Die Gräber schweigen“ Band 2, die gegen eine Spende für die HOG-Kasse vertrieben werden können.
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Billeder Heimatblatt 2013
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Billeder Heimatblatt 2013 Herausgegeben von der HOG Billed