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MÄRCHENGWAND AUS SALZBURG

Die Anfahrt hat schon was Schloss-Herrliches. Von weitem erstrahlt das Gwandhaus in dezentem Gelb. Und das Märchenschloss beherbergt auch einen Prinzen, namens Maximilian Gössl. Zumindest verkörpert er perfekt dessen Aura, könnte einem Disney-Film entsprungen sein. Bescheidenheit im Auftritt unterstreicht seine Nahbarkeit, erzeugt spontane Sympathie. Der gewiefte Unternehmer ist bodenständig geblieben. Zwischendurch blitzt der Stolz auf die Familiengeschichte kurz auf, wenn er von seiner Grossmutter erzählt. Mit einem lächelnden Augenzwinkern geht er aber auch schon drüber hinweg.

Interview: Daniel Chardon

Ein kurzer Rückblick in die Gössl-Geschichte?

Als Deutsch-Polin aus Lodz waren die Nähmaschinen die Mitgift für ihre Heirat mit einem Niederösterreicher und so ziemlich das Einzige, was meine Grossmutter aus den Kriegswirren mit nach Österreich brachte. Wie viele zu dieser Zeit verarbeitete sie zunächst Änderungen. Als neue Stoffe verfügbar wurden, etablierte sich das Geschäft als Spezialist für Trachtenblusen. In den folgenden Jahrzehnten wurde das Sortiment kontinuierlich ausgeweitet. Heute haben wir rund 40 eigene Geschäfte und über 100 Partner im Einzelhandel….

…und seid damit zum führenden Trachtenhersteller aufgestiegen, das Gwandhaus ist ja fast eine Pilgerstätte für Trachtenliebhaber?

Danke, das stimmt, wir entwerfen hier nicht nur Tracht, sondern verstehen uns als Hüter eines kulturellen Erbes, stellen originale Trachten aus und greifen bei Neuentwicklungen auf unser umfangreiches Archiv zurück. Wir nehmen überlieferte Geschichten immer wieder auf, spinnen sie weiter, sie werden sozusagen in unser Gwand eingewoben (schmunzelt ob seinem Wortspiel). Das schätzen unsere Kunden und senden uns manchmal auch Erbstücke als Inspiration zu. Einige Kunden haben auch sämtliche Jahrgänge unseres hauseigenen Magazins „Gwandhaus Journal“ gesammelt. Das ist eine enorm treue Klientel, die sich aber durch das gesteigerte Interesse und Ansehen der Tracht insgesamt ausgeweitet hat.

Und Corona-Zeiten haben Euren Service, der ja schon vorher gut war, nochmals herausgefordert?

Absolut, viele Menschen haben aktuell Angst, volle Geschäfte zu besuchen. Solchen Kunden bieten wir an, zu Randzeiten zu kommen oder gerne auch ausserhalb der normalen Öffnungszeiten. Abgesehen von den Möglichkeiten der Online-Bestellung erleben solche Services eine richtige Renaissance. Vielleicht trägt uns dies nicht nur durch die Krise, sondern begleitet uns darüber hinaus. Individualität ist hoch im Kurs. Viele Kunden suchen das ganz persönliche Einkaufserlebnis.

Wie bewältigt man den Spagat zwischen Tradition und Moderne?

Das ist genau das Spannende, sowohl für uns wie auch unsere Kunden. Man strebt ja immer nach Weiterentwicklung. Entscheidungen über Design ist zum Beispiel einer der wenigen Bereiche, wo mein Vater immer noch mitwirkt, das war und ist eine sehr befruchtende Zusammenarbeit und schafft Kontinuität in der Markensprache. Wir nehmen immer Bezug auf unsere Wurzeln. Diese sollen aber auch neue Blüten hervorbringen.

Wie zum Beispiel die luxuriöse Gössl-Edition seit 2008...

Hier dürfen sich die Designer richtig „austoben“, respektive ihre Kreativität voll ausschöpfen, Handwerkskunst leben. Es gibt aber auch immer wieder neue (alte) Stoffe. Letzthin haben wir 100-jähriges Bauernleinen verarbeitet, das wir aus Museumsbeständen aufkaufen durften. Wir haben schon vor Jahren eine Hanfhose entwickelt, welche rein äusserlich einer Lederhose ähnelt. Sie hat ihre ganz eigene, inzwischen recht grosse Fangemeinde. Sie ist ideal für heisse Tage, hat aber mit ihrer Reissfestigkeit ähnlich tolle Eigenschaften wie das Leder. Auch die leicht provokative Bachforellenhose hat einen grösseren Verkaufserfolg erzielt, als wir je gedacht hätten. Wir spielen mit traditionellen Elementen, auch mal mit einem humorvollen Ansatz, der ausdrückt, dass wir uns selber nicht zu ernst nehmen. Das kommt sehr gut an.

Und die Klientel verteilt sich gleichmässig?

Ursprünglich waren wir eine weibliche Marke, heute kleiden wir Frauen, Männer wie Kinder mit dem schönsten Gwand ein – von festlichen Anlässen bis zum legeren Alltagsgwand für die Freizeit.

Gössl goes global?

Nicht ganz, der Schwerpunkt liegt nach wie vor auf dem mitteleuropäischen Raum. Aber klar, durch die Internationalisierung im Tourismus, gerade im Raum Salzburg-München, kommt nicht mehr nur der spanische König einkaufen, sondern indische Familien oder amerikanische Senatoren.

Tracht ist immer auch ein Stück Heimat, wie ist da das Selbstverständnis von Gössl?

Genauso (lachen alle) – viele Besucher, die sich mit Österreich verbunden fühlen, wollen ein Stück (Heimat) davon mitnehmen. Und wenn Mann oder Frau einen gewissen Anspruch an Qualität haben, kommen sie nicht an uns vorbei (schmunzelt).

VOLLER ANMUT: Dirndl mit Münchner Ausschnitt, Bindegürtel und Ausseer Hut.

Edler Bindegürtel aus Leinen mit Rosen-Kreuzstichstickerei.

Visionen von Maximilian Gössl, der durch seine private Liaison mit einer Spanierin auch schon Grenzen überschritten hat?

...(lacht), durchaus, ja. Von der Tracht werden wir uns nicht verabschieden, im Gegenteil, ich denke eher, dass der internationale Zuspruch für unser ‘regionales’ Produkt noch wachsen wird und wir mit unseren Marken-Geschäften das Potential haben, auch an exotische Standorte zu expandieren.

Gössl an der 5th Avenue in New York?

Zum Beispiel, ja, ich bin überzeugt, dass wir auch unter den New Yorkern genügend Fans hätten, die genau das Besondere suchen, das wir anbieten.

UMARMUNG: Lodenkleid mit gelasertem Motiv, Dirndlpullover (Merinowolle)

ISCHLER JACKERL: Jacke aus Loden mit Relief-Stickerei.

GERADLINIG: Jacke aus sämisch gegerbtem Hirschleder und Hose aus elastischer Baumwolle. Schal aus reiner Wolle mit Doppeladler-Motiv.

WWW.GOESSL.COM

Gwandhaus Salzburg Firmensitz | Gössl Geschäft | Museum Feinkost-Greisslerei | Restaurant Reinhartshuber | Eventplace

A-5020 Salzburg | Austria

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