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Experimentieren

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Kunstverständnis – intergenerationell

Jede Generation betrachtet Kunst mit anderen Augen. Früher waren moderne Kultur- und Kunstformen eine klassische Strategie junger Menschen, alte Generationen zu provozieren und zu schockieren. Alle modernen Skulptur- und Malstile des 20. Jahrhunderts wurden von jungen Künstlern und Künstlerinnen gegen den heftigen Widerstand etablierter Künstler durchgesetzt. Zu Beginn des 21. Jahrhunderts sind die intergenerationellen Unterschiede im Kunstverständnis allerdings weniger klar. Teilweise greifen junge Menschen auf alte Stile zurück, wogegen sich ältere Personen gezielt supermodern präsentieren. Moderne und traditionelle Kunst- und Musikstile werden heute bunt und kreativ gemischt.

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Museen haben entdeckt, dass neben persönlichen Museumsbesuchen – zeitweise pandemiebedingt erschwert – auch digitale Führungen nützlich sind (um sich etwa ungestört und in aller Ruhe zu Hause mit bekannten Kunstwerken auseinanderzusetzen). Museen haben in den letzten Jahren auch entdeckt, dass Jung und Alt an Kultur und Kunst interessiert ist, dass aber der Zugang zu Kunst und Ausstellungen intergenerationell variiert. Digital aufgewachsene junge Frauen und Männer sind stärker an optisch lebhaften Bilderklärungen und Kunsterlebnissen interessiert als ältere Generationen. Zeitweise gab es deshalb vielfältige Projekte «Generationen im Museum», wo gezielt kulturelle Generationenbegegnungen gepflegt wurden. Ein zentraler Nebeneffekt solcher Projekte – neben guten Generationenkontakten – war, dass Museen lernten, neue Generationen gezielt anzusprechen, ohne langjährige, treue Museumsbesucher und Museumsbesucherinnen zu vergraulen. Im Zentrum Paul Klee (Bern) konnten

FRANÇOIS HÖPFLINGER (70) ist in selbstständiger Forschung und Beratung zu Alters- und Generationenfragen tätig. Nebst seinen wissenschaftlichen Arbeiten schrieb der Soziologieprofessor auch diverse Kurzgeschichten, Satiren und Fabeln. Er ist verheiratet, hat zwei Kinder und vier Enkelkinder.

und können Kinder unter Anleitung von Freiwilligen klee-ähnliche Bilder malen, während ihre Eltern das Museum oder eine der Sonderausstellungen besuchen. (Dass Kinder und Wahlgrosseltern in dieser Malwerkstatt Klee-Bilder gefälscht haben, ist nur ein böses Gerücht von Gegnern moderner Kunst).

Kinder ihrerseits haben ein naiv-unbefangenes und spontanes Kunstverständnis; noch unberührt von späteren kunsttheoretischen Überlagerungen. Dies wurde mir wieder bewusst, als ein zehnjähriges Nachbarskind für die Schule ein kubistisches Bild von Pablo Picasso beschreiben sollte. Als sie von meiner Frau erfuhr, dass es sich bei der dargestellten Maya (Maya in Matrosenanzug) um seine eigene Tochter handelte, kam ihre Reaktion wie aus der Pistole geschossen: «Picasso hatte seine Tochter nicht gern, sonst hätte er sie nicht so hässlich gemalt, das eine Auge oben und das andere Auge unten.» •

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