Jeder Strich hat Charakter, so wie jeder Mensch einzigartig ist.
Jeder Strich hat Charakter, sowie jeder Mensch einzigartig ist
Die menschliche Figur ist das faszinierendste Thema für Künstler aller Epochen und Stilrichtungen. Das Bild des Menschen hat sich im Laufe der Jahrhunderte oft gewandelt. Gleichgeblieben ist jedoch das Bestreben, den Menschen in seinem unendlich vielschichtigem Wesen zu zeigen.
In den letzten Jahrzenten wurde der Zeichnung oft keine Wert schätzung entgegengebracht. Heute erlebt sie im Zeitalter der di gitalen Technik eine Renaissance. Besonders die gegenständliche Zeichnung und Malerei erfreut sich wachsender Anerkennung. Unterstützt durch die Werbung, in der die Illustration in den letzten Jahren eine starke Beliebtheit erfahren durfte.
Der Stift hinterlässt die Spuren meiner Gedanken
Die Zeichnung ermöglicht mir in einem einzigartigen Spiel mich an den Grenzen zwischen der Realität und Fiktion zu bewe gen. Die Arbeit entwickelt sich im Verlauf des Zeichenprozesses in verschiedenen Schichten. Sie bleibt ständig im Flusseinzelne Bereiche des Bildes gewinnen an Bedeutung, andere verlieren sie. Das zeichnen ist ein Prozess und fordert mir sinnliches Empfinden ab. Inn der Umset zung sind unzählige stilistische Möglich keiten gegeben.
Die Darstellung des Menschen in der Zeichnung erlaubt es mir, den Betrachter direkt anzusprechen. In meinen Porträts versuche ich dem Wesen nach, die Ge fühle und Handlungen, der dargestellten Personen, wiederzugeben. Meine Porträts beschäftigen sich nicht mit universellen Frage. Der Fokus ruht ausschliesslich auf der gezeichneten Person.
Die Zeichnung hatte in der Kultur des Menschen schon immer eine Bedeutung
Die Anfänge der Zeichnung fallen mit dem Beginn der menschlichen Kulturgeschich te zusammen. Älteste Zeugnisse sind Fels zeichnungen aus der Zeit von ca. 20‘000 Jahre v. Chr.. Motive sind vor allem die Jagd, der Krieg und vermutlich magische Symbole. Es wird angenommen, dass diese Werke insgesamt spirituellen Ursprungs sind, etwa um Einfluss zu nehmen auf den Ausgang der Jagd oder kriegerische Auseinandersetzungen. Neben in den Fels geritzten Zeichnungen haben die urzeitli chen Maler Holzkohle, und aus Erden und Pflanzen gewonnene Mal- und Zeichen mittel wie Ocker verwendet. Bedeutende Funde stammen aus dem spanischen Altamira und dem französischen Lascaux.
Das Papier bietet sich seit Jahrhunderten als ideales Medium an. Auch ich zeichne gerne in meinem Skizzenbüchern mit Blei stift, Kohle, Kugelschreiber oder Pinsel.
Dass das Papier nicht das Ende der Ent wicklung ist, zeigt dass bereits heute der Computer, das Tablet oder gar das Handy sich variantenreich als „Skizzenbuch“ benutzen lassen.
Die Technik ist sekundär und unabhängig von der Darstellung
Die Linie ist die Grundtechnik der Zeichnung
Im reinen Konturenzeichnen markiert die Linie die Grenzen der Umrisse eines Objektes und markanten Kontraste, wie sie sich von Schatten ergeben. Somit reduzieren wir die dreidimensionale Figur auf zwei Dimensionen.
Diese Linie ist spezifische Merkmal der Zeichnung, die die ganze historische Entwicklungen durchlebt hat. Ein vielfältiger Linien reichtum entstand mit dem Impressionismus, da sich die Bezie hung zum beschreibenden Gegenstand lockerte. Eine „Befreiung der Linie“ hin zur gegenstandslosen Zeichnung erfolgte erst im 19. Jahrhundert.
Zeichnung ist Bewegung
Das Auge folgt anderen Menschen, wie sie alltägliche Dinge tun, im Supermarkt einkaufen, auf dem Handy Nachrichten lesen oder im Restaurant ein Bier trinken. Menschen gibt es überall - sie sind immer in Bewegung, verändern dadurch ihre Anwesenheit die Atmosphäre eines Ortes. Meine Arbeiten stehen als eigenständige Zeichnungen da und treten nur vereinzelt mit ihrer Umwelt in Beziehung.
Unmittelbar und subjektiv
Rhytmus und Bewegung lassen den Stift auf dem Papier tanzen. Erlebnisreiche Zeichnungen entstehen in absoluter Unmittelbarkeit. In dieser von Dynamik geladenen Umgebung ist es nicht nur das Visuelle, sondern in gleicher Weise die auditive Wahrnehmung, die zur Zeichnung führt.
Der Akt war immer einwandlungsfähiges Thema in der Kunst
Die Griechen der Antike sahen im Akt die Summe menschlicher Schönheit und Bestrebungen, wie sie der Apoll vom Belvedere (ca. 350 Jahre v. Chr.) zeigt. Mit dem Ende der heidnischen Welt kam jedoch die christliche Vorstellung vom Menschen als dem in Sün de empfangenen und geborenen Sohn Adams auf. Sie fand in der künstlerischen Darstellung der menschlichen Figur durch einen neuen Grad von Scham und Befangenheit Ausdruck. Der Aufstieg aus diesem Abgrund der Selbstabwertung begann mit der Wieder entdeckung der griechisch-römischen Literatur und Kunst in der Renaissance. Wiederum wurde der Akt zum Prüfstein der Kunst. Ein Beispiel bildet Botticellis Venus, die ihre eigene Schönheit bejubelt. Leider war die Reaktion auf diesen neuen Liberalismus Furcht und Fanatismus. Viele Künstler, darunter auch Botticelli, verbrannten 1497 in Florenz ihre Werke auf dem Scheiterhaufen. Die obersten Schichten dieses Scheiterhaufens waren Zeichnun gen und Gemälden schöner Frauen vorbehalten.
Das letzte Jahrzehnt des 19. Jahrhunderts brachte mit den Schöp fungen von Degas, Gauguin, Toulouse-Lautrec und Rodin einige der schönsten Aktkunstwerke hervor. Heute, am Anfang des 21. Jahrhunderts, kehrt das Interesse für gegenständliche Kunst zu rück, und damit einher geht das Bedürfnis, den Akt zu studieren.
Guido Hättenschwiler
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© 2017 Guido HättenschwilerDas Leben ist eine wunderbare Quelle für Inspiration
Ich liebe es zu zeichnen, es ist eine subtiles Schaffen, für das ich nie gewandt genug sein werde. Wenn ich einen Gesichts ausdruck zeichne und diesen durch einen einzigen Strich so verändere dass das Wesen sichtbar wird, möchte ich nichts anderes tun.
Literaturhinweise: Heribert Hutter: Die Handzeichnung. Entwicklung, Technik, Material. 1966 Ferenc Jádi: Von der Zeichnung. 1998
Walter Koschatzky: Die Kunst der Zeichnung. 1981 Terisio Pignatti: Die Geschichte der Zeichnung. Von den Ursprüngen bis heute. 2005