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Strategischer Einkauf mit KI
by GW VERLAG
„Viel Einsparpotenzial“
Über taktische Beschaffung und die Suche nach den besten Lieferanten spricht Henning Hatje, Co-Gründer der Plattform Lhotse. Die Fragen stellte Peter Erik Hillenbach
Herr Hatje, Start-ups treten gemeinhin an, um eine bestehende Situation zu optimieren. In der Ist-Situation bestellt ein Hotelier seinen Bedarf bestenfalls bei einer auf die Hotellerie spezialisierten Einkaufsgesellschaft. Was können Sie noch besser als eine Einkaufsgesellschaft? Während eine Einkaufsgesellschaft das Ziel verfolgt, möglichst gesamtheitlich alles „unter einen Hut“ zu bekommen, fokussiert sich Lhotse auf einen Teilbereich, nämlich den taktischen Einkauf. Lhotse hat ein einfach zu integrierendes Tool entwickelt, das die wichtigsten Herausforderungen der taktischen Beschaffung angeht. Dabei ermöglicht es Lhotse den Beschaffungsteams, auf einfache Weise wettbewerbsfähige Angebote für den taktischen Ausgabenbedarf zu erhalten. Was verstehen Sie unter strategischem Einkauf und taktischer Beschaffung? Der strategische Einkauf konzentriert sich oft auf die langfristigen strategischen Verantwortlichkeiten der Beschaffungsabteilung, während der taktische Einkauf sich auf die nicht-strategischen alltäglichen indirekten Einkäufe bezieht, die das Unternehmen am Laufen halten. In den meisten Organisationen machen indirekte Produkte und Dienstleistungen bis zu 80 Prozent der Kauftransaktionen und bis zu 40 Prozent der Gesamtausgaben aus, werden jedoch oft vernachlässigt, weil sie nicht als Priorität angesehen werden. Es bleibt also noch viel Kosteneinsparpotenzial in diesem Bereich.
Das Berliner Start-up Lhotse hilft Hoteliers bei der Akquise geeigneter Lieferanten
Geht es immer darum, billiger einzukaufen, oder haben sich manche Parameter geändert und auch Werte wie Regionalität und Nachhaltigkeit spielen zunehmend eine Rolle? Das grundlegende Ziel von Lhotse ist es, unsere Kunden basierend auf ihren Anforderungen mit den besten Lieferanten zusammenzubringen. In vielen Fällen steht der Preis an erster Stelle, es kann aber auch die Zusammenarbeit mit nachhaltigen oder regionalen Lieferanten sein. Wir wissen, wie wichtig ESG-Kriterien (Umwelt, Soziales und Unternehmensführung; d. Red.) gerade jetzt für viele Unternehmen sind, die dem Druck von Verbrauchern, Investoren und Aufsichtsbehörden ausgesetzt sind, nachhaltigere Praktiken in ihrer Lieferkette einzuführen. Kommende Vorschriften wie das Lieferkettengesetz in Deutschland werden empfindliche Bußgelder nach sich ziehen, wenn Unternehmen sich nicht daran halten. Aus diesem Grund machen wir es einfach, die richtigen Lieferanten anhand verschiedener Faktoren zu finden und auszuwählen, beispielsweise anhand ihrer EcoVadis-Nachhaltigkeitsbewertung.
Henning Hatje, CoGründer von Lhotse
Von welchen Produktgruppen sprechen wir überhaupt – geht es um Lebensmittel, Getränke, Verbrauchsartikel, Geschirr, Mobiliar? Unsere Kunden können flexibel auf alle Einkaufswünsche eingehen, angefangen bei kleinen Artikeln wie etwa Arbeitshandschuhen als Verbrauchsartikel bis hin zu größeren Serviceprodukten. Lebensmittel hingegen sind ein Bereich, für den wir nicht verantwortlich wären, da dies ein anderer Teilbereich ist und oft zum strategischen Einkauf gehört, insbesondere für Hotels. Unser Fokus liegt auf den indirekten Ausgaben, da wir in den oft vernachlässigten nichtstrategischen Anschaffungen das größte Einsparpotenzial sehen.
Wer ist Ihr Kunde? Die Hotelkette, die Hotelvereinigung oder der inhabergeführte Einzelbetrieb? Ganz klar die Hotelkette – unser Fokus liegt auf größeren Organisationen und Unternehmen, bei denen das Potenzial zur Optimierung ihrer indirekten Ausgaben erheblich ist.
Lassen sich Ihre Erkenntnisse und Kompetenzen dennoch auf den inhabergeführten Hotelbetrieb herunterbrechen? Auch für inhabergeführte Hotels ist der taktische Einkauf relevant, weil ja auch hier oft ein erhebliches Gesamteinkaufsvolumen vorliegt. Obwohl der taktische Einkauf als eigene Thematik bei den inhabergeführten Hotels meist nicht die oberste Priorität hat, kann in diesem Thema auch für diese Hotels ein enormes Einsparpotenzial liegen.
Sie sind der Verantwortliche für Kunden und Partnerschaften – mit welchen Argumenten „kriegen“ Sie einen mittelständischen Hotelier? Lhotse zielt auf die taktischen Ausgaben, die in vielen Unternehmen heute noch weitgehend unoptimiert sind. Keine bestehende ERP-Suite (Softwarelösung zur Ressourcenplanung eines Unternehmens; d. Red.) konzentriert sich auf taktische Ausgaben, was bedeutet, dass sie immer noch größtenteils dezentralisiert und nicht digital ist. Wir lösen auch das Problem des Maverick Buying, das kurz gesagt ein nicht konformer Einkauf in einem Unternehmen ist und eine enorme Ressourcenbelastung darstellt. Am Ende sprechen die Zahlen für sich. Unserer Erfahrung nach berichten unsere Kunden von bis zu 76 Prozent Zeitersparnis und sie erhalten bis zu dreimal mehr Lieferantenangebote, was zu wettbewerbsfähigen Preisen und bis zu 20 Prozent Kosteneinsparungen führt.
Auch die Künstliche Intelligenz kann geeignete Lieferanten nur finden, die im System angelegt sind, oder? Wie gelangen denn Lieferanten ins Lhotse-System? Lhotse kombiniert Ihre bestehenden Lieferantendaten mit Informationen zu weiteren potenziellen Lieferanten aus unserer proprietären Datenbank. Darauf aufbauend ermittelt die Lösung aufgrund verschiedener Faktoren mithilfe künstlicher Intelligenz und Natural Language Processing (NLP) die besten Lieferanten und lädt diese proaktiv ein, Angebote für Ihre Anfrage abzugeben. Schließlich kann je nach Priorität (Preis, Lieferdauer, Qualität oder Nachhaltigkeit) das passende Angebot ausgewählt werden.
Was geschieht in Krisenzeiten wie den aktuellen, wenn Lieferketten durch Pandemie oder Krieg unterbrochen wurden? Woher beschaffen Sie alternativ Produkte, wenn vielleicht die bestmögliche Lösung gerade blockiert ist? Lhotse beschafft die Produkte nicht selbst, sondern sorgt dafür, dass unsere Kunden basierend auf ihren Anforderungen mit den besten Lieferanten zusammengebracht werden. Auch wenn der bevorzugte Lieferant, mit welchem der Kunde bereits vertraut ist, in diesem Fall aktuell nicht der bestmögliche ist, hilft Lhotse dabei, die besten Lieferantenoptionen darzustellen. Dadurch kann zu jeder Zeit garantiert werden, dass der optimale Lieferant für ein Produkt gefunden werden wird.
Kann der Hotelier mit Lhotse auch geeignetes Personal finden? Es ist möglich, mit Hilfe von Lhotse Arbeitskräfte zu akquirieren. Allerdings bezieht sich dies nicht auf das klassische strategische Hiring, beispielsweise eines neuen Marketing-Managers, sondern um Themenbereiche innerhalb des taktischen Einkaufs. Hierzu zählen beispielsweise Gebäudereinigung, Security oder eine externe Werbeagentur.
www.lhotse.de