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Mobilitätskonzepte

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Schlafkomfort

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Fahren mit Strom

Mobilität mit E-Autos sollen den Verkehr innerhalb Deutschlands nachhaltiger machen. Durch die steigende Anzahl der Fahrzeuge steigen auch die Gästeansprüche an Hotels, die entsprechende Maßnahmen aber geschickt ins Marketing einfließen lassen können. Von Yvonne Ludwig-Alfers

Weit über eine halbe Million Autos mit reinem Elektroantrieb fahren 2022 laut Kraftfahrt-Bundesamt auf deutschen Straßen. Zum Vergleich: Vor zehn Jahren waren es etwa 4.500. Das ambitionierte Ziel der Bundesregierung ist es, bis 2030 15 Millionen Elektroautos auf deutsche Straßen zu bringen. So ist es im aktuellen Koalitionsvertrag der Ampel verankert. Theoretisch müsste also jedes Jahr bis 2030 die Hälfte der Neuwagen in Deutschland elektrisch sein. Nicht nur allein dafür müssen Infrastrukturen geschaffen werden, sondern auch für die bereits bestehenden E-Autos. Sonst wird es eng an den Stationen. Insgesamt sind der Bundesnetzagentur 55.570 Normalladepunkte und 10.231 Schnellladepunkte gemeldet, die am 1. August 2022 in Betrieb waren. Mit der steigenden Anzahl der E-Auto-Besitzer steigt der Gästeanspruch an Hotels, entsprechende Ladevorrichtungen am Standort vorzuhalten. In einer aktuellen Studie des finnischen Ladeservice-Dienstleisters Virta etwa gaben 58 Prozent der befragten Elektroautofahrer an, dass das Vorhandensein einer Ladestation für sie ein wesentlicher Faktor bei der Auswahl des Hotels ist.

Aus einer Hand

„Für Hotelbesitzer bedeutet das, dass das Laden ein Service geworden ist, den immer mehr Hotelgäste erwarten und nutzen möchten. Hotels brauchen also einfache und kompakte Lösungen, ob große Hotelkette oder kleine inhabergeführte Häuser“, so Nicolai Woyczechowski, Geschäftsführer für Virta DACH. Sein Unternehmen unterstützt Kunden mit einer schlüsselfertigen Komplettlösung aus einer Hand, auf die bereits einige Partner aus der Hotellerie vertrauen. Darunter das Kräuterhotel Villa Vontenie in der Eifel und die Hotelgruppe Scandic-Hotels, die mit sechs Häusern in Berlin, Hamburg, Frankfurt und München in Deutschland vertreten ist.

Fotos: Kräuterhotel Villa Vontenie, mobileeee; Scandic Hamburger Börs, Virta / Ville Vappula, GCH Hotel Group

Beispiele aus der Hotellerie

Kräuterhotel Villa Vontenie

Über seine zehn neuen Ladepunkte für Elektroautos auf dem Hotelparkplatz informiert das Hotel in Kordel am Fuße der Burg Ramstein in der Eifel direkt auf der Startseite seiner Homepage. „Für uns ist der ausschlaggebende Punkt, in eine Ladesäuleninfrastruktur zu investieren, Nachhaltigkeit und wandelnde Kundenbedürfnisse“, sagt

Hotelbesitzer Jeroen Bauer. Nachdem das E-Auto immer beliebter wurde, merke man nun, dass es vor allem im ländlichen Raum einen großen Bedarf an Ladesäulen gebe, die oftmals einfach nicht vorhanden seien. „Virta war einfach der perfekte Partner. Durch das Full-Service Konzept hatten wir den Kopf frei für unser Tagesgeschäft. Virta kümmerte sich um alles andere, von der Einrichtung bis zum Betrieb der Plattform. Das hat den Prozess für uns enorm erleichtert“, so Bauer. Sein Hotel liegt nahe des Flusses Kyll, der 2021 stark vom Hochwasser betroffen war. „Der Klimawandel ist auch bei uns angekommen und wir müssen jetzt alle unseren Teil leisten, um nachhaltiger und klimafreundlicher zu agieren. Elektromobilität ist die Zukunft und so sind wir froh, als eines der wenigen Hotels in unserer Region diesen Service anbieten zu können.“ www.villavontenie.de

Scandic-Hotels

Auch Scandic, mit 130 Standorten in sechs Ländern eine der größten Hotelketten Nordeuropas, schreibt sich Nachhaltigkeit seit jeher auf die Fahnen. So sagt Mikko Henriksson, General Manager der Scandic-Hotels in der finnischen Stadt Turku, dass man davon ausgehe, dass Gäste das Aufladen von Elektroautos in Zu-

kunft genauso als selbstverständlich ansehen werden wie Wasser aus dem Wasserhahn. Scandic vertraut ebenfalls auf Virta. „Der größte Wert, den Virta Scandic liefert, ist die Einfachheit. Es kostet uns keine Mühe, diese Ladestationen für Elektrofahrzeuge zu betreiben. Wir müssen keinen zusätzlichen Aufwand betreiben, um unseren Kunden diesen Service anbieten zu können. Virta macht es uns einfach“, so Henriksson. www.scandichotels.de

GCH Hotel Group

2013 gründete sich das Unternehmen, drei Jahre später kam der Sitz in Deutschland hinzu. Im Markt als Ladedienstleister bezeichnet, ist das Unternehmen eigentlich ein Software-Unternehmen, das mit einer Plattform startete, die eine Art Betriebssystem ist. Mit ihr können verschiedene Ladestationen per Fernsteuerung gemanagt werden. Darüber hinaus steht sie den Fahrstromkunden zur Verfügung, die darüber passende Stationen finden und nach dem „Tanken“ abgerechnet werden. Die Entwicklung im Markt beziehungsweise der Wunsch, alles aus einer Hand zu erhalten – also auch die Ladestationen –, führte dazu, dass Virta sich auf diesem Gebiet mit entsprechenden Partnern zusammentat und seitdem ein Komplettpaket aus Soft- und Hardware liefert. Darin enthalten sind Standortanalyse, Montage und Inbetriebnahme der Ladesäulen sowie der Technische Service und Wartung im Nachgang. Auch bei der bürokratischen Komponente unterstützt Virta. „Viele unterschätzen diesen Aspekt, weil sie denken, dass eine Ladestation einfach eine Steckdose ist. Ganz so einfach ist es leider nicht, gerade in Deutschland, wo ein hoher Anspruch an Elektrotechnik, Normung und Sicherheiten besteht. Deshalb startet bei uns jedes Projekt mit einer Standortanalyse“, erläutert Woyczechowski. Hier prüft das Unternehmen intensiv auf elektrotechnische Begebenheiten, Anschlussleistungen und Faktoren für die Versorgung und Aufstellung der Stationen. „Dabei fragen wir ab, wie der aktuelle Stand ist und was in der Zukunft geplant ist, beispielsweise ob weitere Ladestationen hinzukommen könnten. Somit können wir beispielsweise den Verteiler entsprechend dimensionieren, damit auf den Kunden später keine neuen Kosten hinzukommen.“ Dabei hat man stets – besonders in der Hotellerie – die Stromauslastung im Blick. Im Fokus steht meist die Großküche des Restaurants, die im Hochbetrieb viel Strom benötigt. Hier kommt ein Lastenmanagement zum Einsatz. In den Zeiten, in denen Kombidämpfer, Herd und Spülmaschine intensiv Strom verbrauchen, erhalten die Ladesäulen weniger Leistung. Das schont das Netz und sorgt dafür, dass Hotelgäste im Worst Case nicht im Dunkeln sitzen. Nach der Standortanalyse und einem anschließenden Nutzerkonzept koordiniert Virta die weitere Lieferkette. Der dritte Part des Unternehmens ist das Betriebs- und Servicekonzept, mit dem Vitra die gesamte Koordination übernimmt, falls es beispielsweise zu Ausfällen kommt. „Diese drei Punkte – Standortanalyse, Nutzungs- und Betriebskonzept – sind uns wichtig, um Projekte in der Hotellerie umzusetzen, mit denen sich der Hotelier und sein Team letztendlich nicht viel auseinandersetzen muss“, schließt Woyczechowski. Mobilitätsdienste gefragt

Neben Sharing-Angeboten für E-Scooter und Fahrräder sind mittlerweile auch solche für den motorisierten, fahrbaren Untersatz auf vier Rädern gefragt. Die Ergebnisse einer repräsentativen Befragung im Auftrag des Digitalverbands Bitkom im Juli dieses Jahres belegen dies: 30 Prozent nutzen E-Scooter eines Sharing-Anbieters, 23 Prozent fahren mit dem Leihfahrrad und fünf Prozent mit dem Auto eines Carsharing-Anbieters. Insgesamt nutzen 48 Prozent der Urlaubsreisenden Sharing-Angebote – vor zwei Jahren setzten erst 30 Prozent im Urlaub auf Shared Mobility. Die Tendenz ist steigend und auch hier haben Hotels die Möglichkeit ein eigenes Angebot zu generieren, dass nachhaltig ist. Eine E-Carsharing-Möglichkeit bietet beispielsweise mobileeee – die vier e’s im Markennamen stehen für zukunftsgewandte Mobilitätslösungen bis hin zu einer echten Wende. 2016 hat das Unternehmen mit Sitz in Frankfurt/Main den Frankfurter Gründerpreis gewonnen und entwickelt seit 2017 intelligente Lösungen für die alltägliche Nah-Mobilität. In diesem Sommer wurde das Sharing-Unternehmen mit dem Blauen Engel ausgezeichnet. Insbesondere in ländlicheren Gegenden ist man unterwegs, aber auch im urbanen Raum für Städte und Unternehmen – darunter Hotels. Die exklusiv für Gäste und Mitarbeiter zur Verfügung stehenden Autos lassen sich über eine App bequem vor Ort anmieten und aufladen, müssen auch dort wieder zurückgegeben werden. Eine Konzeptidee für die Hotellerie sieht vor, Zimmer inklusive einem E-Auto zu vermieten – „Sie soll im Herbst realisiert werden“, so Gründer und CEO Michael Lindhof. Sollte ein Hotel keine Lademöglichkeiten besitzen, bietet mobileeee diesen Service in Kooperation mit entsprechenden Partnern an. Bei den jeweiligen Automarken ist das Unternehmen frei, sogar E-Transporter im öffentlichen Sharing-Programm oder Luxusautomarken sind möglich. Für Hotels bietet das Unternehmen die ausgewählten Autos mit entsprechender Folierung, die somit zu fahrenden Werbeplakaten werden. Buchbar sind sie für Gäste oder Hotel-Mitarbeiter über eine App. Weiterhin übernimmt mobileeee die technischen Dienste rund um die Wagen wie TÜV und Instandhaltung. Die Reinigung der Fahrzeuge erfolgt nach Absprache, ob das Hotel selbst oder mobileeee diese durchführt. Auch beim Marketing unterstützt das Unternehmen: „Das entsprechende Hotel kann selbst wählen, wie es auf das Angebot aufmerksam machen möchte. Natürlich geben wir hier Hilfen an die Hand und liefern bei Bedarf Flyer und andere Werbemittel“, berichtet Lindhof. www.mobileeee.de www.virta.global/de/

möchte die Gruppe mittel- bis langfristig den Großteil ihrer Fahrzeugflotte durch E-Autos ersetzen, die mit Strom aus regenerativen Energien betrieben werden. Ende August 2022 übergab CEO Sascha Hampe das erste Elektrofahrzeug, einen VW ID.4 Pro Performance, an Maximilian Francke, Resident Manager des Best Western Hotel Braunschweig Seminarius. „Aktuell befinden sich noch fünf weitere Elektrofahrzeuge in der Pipeline für GCH. Darunter vier VW ID.4 und ein etwas kleinerer VW ID.3. Ich rechne damit, dass die Zahl an Elektrofahrzeugen stetig steigen und GCH schon bald einen nennenswerten Teil seiner Flotte komplett „grün“ betreiben wird“, sagt Radovan Mirkovic, Leiter des Fuhrparks. www.gchhotelgroup.com

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