ZUKUNFT
WENN DAS LICHT AUSGEHT Bei einem Blackout, einem großflächigen und länger andauernden Stromausfall, spielt der Lebensmittelhandel eine Schlüsselrolle. Mit welchen Folgen ist zu rechnen und wie bereitet sich die Branche darauf vor? Text / Sabina König
s kommt ohne Vorwarnung, hat überregionale Auswirkungen und ist von unvorhersehbarer Dauer: Experten warnen seit Jahren vor einem Blackout. Ein solch grenzübergreifender Zusammenbruch der Stromversorgung ist kein realitätsfernes Szenario mehr, sondern eine konkrete Bedrohung. Das Gefährliche daran: Ein Blackout legt rasch unsere gesamte Infrastruktur lahm und wirkt sich auf sämtliche Versorgungsleistungen aus. Wie schnell es gehen kann, zeigte die bisher größte Großstörung im November 2006: Binnen 19 Sekunden mussten zehn Millionen Haushalte in Westeuropa vom Stromnetz getrennt werden, um einen europaweiten Kollaps zu verhindern. Diese Situation kann jederzeit wieder eintreten – und niemand weiß, ob die vorgesehenen Sicherheitsmechanismen beim nächsten Mal wieder greifen werden.
BLACKOUT-GEFAHR STEIGT Zwar ist das europäische Stromversorgungssystem das größte und verlässlichste der Welt, allerdings arbeitet es zunehmend häufiger an seiner Leis-
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tungsgrenze. Dadurch wird es anfälliger für Störungen, erklärt Herbert Saurugg, Präsident der Österreichischen Gesellschaft für Krisenvorsorge. Die Gründe dafür sind vielseitig: Zum einen führt die Energie aus Photovoltaikanlagen oder Windrädern zu einer noch nie dagewesenen Schwankungsbreite in der Einspeisung, die laufend ausgeglichen werden muss. Der Strombedarf steigt, und die nötigen Speicher fehlen. Zum anderen kommen bei der Steuerung des Netzes immer mehr moderne Informations- und
Kommunikationstechnologien zum Einsatz, die für technische Störungen oder Cyberangriffe anfälliger werden. Und nicht zuletzt können Naturereignisse dazu führen, dass das System aus dem Gleichgewicht gerät. Die Gefahr eines folgenschweren Zwischenfalls wächst jedenfalls laufend: „Bis Ende 2022 gehen in Deutschland viele Atom- und Kohlekraftwerke vom Netz. Das System ist dann technisch kaum mehr beherrschbar“, warnt der Experte.
FOLGEN KAUM ABZUSCHÄTZEN » Bis Ende 2022 gehen in Deutschland viele Atomund Kohlekraftwerke vom Netz. Das System ist dann technisch kaum mehr beherrschbar. « Herbert Saurugg Präsident der Österreichischen Gesellschaft für Krisenvorsorge
Da ein solches Ereignis beispiellos ist, gibt es nur Schätzungen, was die Dauer und die konkreten Auswirkungen betrifft. Das Stromnetz in Europa sollte binnen einer Woche wieder hergestellt werden können, hofft Saurugg. Die deutlich größeren Unsicherheiten prognostiziert er beim Wiederhochfahren der Telekommunikationsversorgung, die aber wesentliche Voraussetzung für die Produktion und die Treibstoffversorgung ist. Bis alle Systeme wieder in Gang gekommen sind, rechnet der Blackout-Experte zumindest mit mehreren Wochen, / Q3/2021
Fotos / Picturedesk
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Finsternis. Ein Blackout kann binnen Sekunden die Infrastruktur in weiten Teilen Europas lahmlegen.