Headliner #082

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Freitag, 19. März 2010 – Nr. 54

HEADL I N E R Redaktion Tageszeitung „Headliner“: 329/5913560 – redaktion.headliner@gmx.com

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Trugschluss von Eva Reichegger

Grafik: Sarah Kockler www.myspace.com/saarah

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allacy Lens zeichnet mit seinen Songs ein Bild, das sich im Artwork (angefertigt von Sarah Kockler) wieder findet: Das Reduzierte daran erinnert an sein Gitarrenspiel, das Abbild demonstriert seinen Alleingang, der gesenkte Blick geht konform mit dem leichten dunklen Touch seiner Akustiksongs. Fallacy Lens existiert seit Winter 2008 und ist das Soloprojekt des Augsburgers Johannes Niederhauser, Student an der Freien Universität Bozen. Der Name steht für die Trugschlusslinsen, durch die wir unsere ganz eigene Welt erleben; gleichzeitig auch für einen musikalischen Neubeginn, denn Niederhauser experimentierte zuvor mit Johannes Emerich unter dem Namen Husky Love (in etwa Rauhe Liebe) mit Akustikmusik, was im Moment der geografischen Distanz wegen nur bedingt möglich ist. Im April 2009 folgte dann eine kleine Tour durch Belgien, Frankreich und Deutschland mit der Augsburger Hardcore-Band Lighthouse. Wir haben den 25jährigen Musiker über Fallacy Lens befragt und darüber, wie er sich als Augsburger in der Südtiroler Musikszene zurechtfindet. Headliner: Wie würdest du Fallacy Lens beschreiben? Johannes Niederhauser: Fallacy Lens ist einfache Gitarrenmusik mit sehr persönlichen Texten. Ich schreibe teilweise jahrelang an den Songs. An Light beispielsweise, das auf MySpace angehört werden kann, habe ich 7 Jahre geschrieben. Mir liegt sehr viel an den Songs, weshalb ich niemals einen halbherzig fertig schreiben würde, nur um ihn aufnehmen zu können oder ihn live zu spielen. Da mir eigentlich ja nur meine Gitarre und meine Stimme zur Verfügung stehen, versuche ich die Gitarre so anzuspielen, dass der Rest einer Band ersetzt wird. Ich halte nicht viel von Synthesizern, nehme lieber weitere „Lärmspuren“ auf und lege Effekte drauf, um einen volleren Klang zu erzeugen. Es ist minimalistische, unaufgeregte Musik. Fortsetzung >


HEADL I N E R

Schallrauch freut sich auf die Open Decks: „Es kann schon mal vorkommen, dass 4 DJs zugleich auflegen, sowas macht uns am meisten Spaß.“

Freitag, 19. März 2010 – Nr. 54

Minimal is Maximal

Sound-Tüftler M

it dem derzeitigen Electrohouse-Hype fehlt einfach noch etwas, wo der nicht so stark auf Kommerz basierende Dance-Sound gefeiert werden kann. Minimal is Maximal soll praktisch die ‚dunkle’ Seite der alternativen Dance-Musik in Südtirol präsentieren.“ So erklärt DJ und Producer Daniel Trüb Schallrauch das Konzept der Eventreihe „Minimal is Maximal“, die der Musikrichtung Minimal auch hierzulande konstant Raum bieten soll. Nach der ersten Auflage in der Disco Ladum in Prad findet die Veranstaltung nun zum zweiten Mal statt; diesmal am Samstag, 20. März im Club Zone in der Brunecker Industriezone. Mit dabei sind diesmal DJ Daniel T, DeeGray, DJane Aanelly, Rudy Ru, Andre Deejay und Daniel Trüb Schallrauch, sowie die beiden Pustertaler Acts big:fat:beat|boys und Forest Home Bitches. „Da im Zone Club normalerweise sehr kommerzielle Musik läuft, wollten

wir zum ersten Termin in diesem Club auch a bissl Electro bieten“, erklärt Daniel. „Deshalb auch zwei Acts, die Electrohouse auflegen, aber eben auch mit der Bedingung, dass sie wirklich ihre härtesten Tracks auflegen.“ Da sich bei „Minimal is Maximal“ alles ums Thema Zukunft, Aliens und Psy-Grafiken dreht, wird jeder Act in einem dementsprechenden Intro angekündigt und auch sonst gibt’s einige Überraschungen: „Wir werden voraussichtlich zwei Stunden für die Sendung Radio Freier Fall auf Rai Sender Bozen aufnehmen. Dafür haben wir vier Moderatorinnen, die mit den Leuten Interviews machen werden. Die DJ-Sets werden mit Mikrofonen aufgenommen, damit man die Partycrowd auch immer wieder mal schreien hört“, so Schallrauch weiter. Das genaue Sendedatum wird dann auf der Party und im Netz bekannt gegeben. (eva) Info: www.myspace.com/danieltrubschallrauch

Foto: Sarah Kockler

Steht für melancholische Akustiksongs: Johannes Niederhauser und sein Soloprojekt Fallacy Lens.

Fortsetzung >

Fallacy Lens wurde in diversen Ankündigungen als neues Projekt von Toni Quiroga (früher bei Coma) bezeichnet. Inwieweit ist Toni beteiligt? Ich weiß nicht, wo das überall so angekündigt wurde, jedoch ist das doch ein schöner Fall von Trugschluss. In Verbindung mit dem, was ich vorhin zu meiner Musik gesagt habe, nämlich, dass sie mir unheimlich wichtig ist, da ich in ihr durch sie meine Gefühle aufarbeite, hat mich diese völlig falsche Beschreibung sehr verletzt. Toni kam im Oktober 2009 dazu. Ich hatte ihn gefragt, ob er Lust hätte mich live zu unterstützen. Ich lieh ihm eine meiner Akustikgitarren und obwohl er vorher noch nie auf einer gespielt hatte, lernte er meine Songs sehr schnell. Dann ging alles

ziemlich schnell, wir spielten ein paar Shows, ja und dann kam eben ein Festival sozusagen dazwischen. Nachdem ich mich lautstark beschwert hatte - ich gebe es zu, ich halte wenig bis nichts von leisen Beschwerden und bravem Nachgeplappere - entschied sich Toni nach besagtem Festival, Fallacy Lens wieder zu verlassen. An der fehlgeleiteten Beschreibung einen Schuldigen zu suchen ist sinnlos und ich wünsche Toni, dass er bald wieder eine Band hat, die ihm und seinen Talenten voll zusagt. Du kommst aus Augsburg und studierst in Bozen. Wie hast du unsere Musikszene bisher wahrgenommen? Da das Studium sehr anstrengend ist, habe ich leider viel zu wenig Zeit mich eingehender mit der Bozner Szene zu beschäftigen. Gefreut hat

mich, dass es Hardcore Shows gibt. Geehrt hat mich auch, dass mich Maurice von Poison for Souls letztes Jahr mehrmals für Shows und diesen März wieder als Support Act von Rue Royal gebucht hat, obwohl ich ja kein Südtiroler bin. Auch Paolo von Riff möchte ich an dieser Stelle danken, der mich als Support von Bob Corn gebucht hat. Von „Klüngel“ kann man also nicht reden. Eher von einer gewissen Offenheit gegenüber verschiedenster Musik. Wenig erfreulich ist allerdings die Mentalität der Bozner Stadtregierung, die, meines Erachtens, beinahe systematisch versucht jede Form einer selbstständigen Jugendkultur zu zerstören. Während eine primitive Absteige wie das „OKAY“ die ganze Nacht geöffnet sein darf, müssen Konzerte ja bereits um 23.30 Uhr beendet

sein. Hier muss aber auch Kritik an der lokalen Jugend geübt werden, die sich dieses Vorgehen allzu bereitwillig gefallen lässt. Ich vermisse einen echten Revolutionsgeist, der ja eigentlich der Kern jeder Popkultur ist. Stattdessen wirkt es oft wie ein sich ins „FahrwasserWerfen“, je nach, was eben gerade hip ist. Das ist natürlich kein Südtiroler Phänomen, sondern im Gegenteil allgemeiner Zustand unserer Gesellschaft. Dass die Stadt auf ihr „Äußeres“ achten will ist klar. Ohne Tourismus fließt ja hier kein Geld. Das Problem ist also, dass auch auf der anderen Seite, der Seite, die ja eigentlich Gegenkultur sein sollte, eher der eigene Profit im Vordergrund steht. Sei dieser nun geldlich oder eben schwer messbar mit der Profilierung der eigenen Person. Es gibt eine Richtung der Südtiroler Musikszene, die sich allzu auffällig einem momentanen Hype unterwirft, dabei extrem exklusiv, also ausschließend ist, und wegen des vorherrschenden Profitgedankens der Beteiligten niemals echte Jugendkultur fördern kann oder überhaupt will. Johannes Niederhauser hat im letzten Jahr mit Daniel Miehle, Gitarrist von Lighthouse, eine EP aufgenommen, die demnächst als Tape und CD veröffentlicht wird; Albumaufnahmen stehen im Sommer an. Live kann man Fallacy Lens am 24. März (Teatro Auer) und 25. März (Time Out Brixen) gemeinsam mit Rue Royale sehen. Info: www.myspace.com/fallacylens


HEADLINER WEEKEND

The Woodheads

Altbekannte Spalte, neuer Inhalt: Unsere News-Spalte wird nun um’s „Headliner-Weekend“ ergänzt, denn im Laufe der Woche entdecken wir immer wieder empfehlenswerte Konzerte und Events, die wir euch in Zukunft regelmäßig nahe legen möchten. Diesmal hat die Headliner-Redaktion folgende Tipps für eure Wochenendplanung ausgesucht:

Comeback

Fahren heuer nach Südkorea: Graveworm spielen morgen beim Asia Metalfestival.

HEADL I N E R Freitag, 19. März 2010 – Nr. 54

Foto: Dietmar Zwerger

Fr 19. März St. Paddy's Week Festival in der Temple Bar, Bozen, 21 h, mit Morrisons’s Doghouse. Rock im Ring Band Contest, Round 2 im Zentis, Klobenstein, 21.30 h, mit i-Scream Massacre, The Psychos, Die Rabauken.

Bereiten sich auf’s Comeback vor: The Woodheads aus Kaltern.

Sa 20. März Only Ashes Will Remain Vol. 1 im Inso-Haus, St. Lorenzen, 20 h, mit Dread, Occultory und Ashes Of My Memory. Upload on Tour in der Disco Ladum, Prad am Stilfser Joch, 23.30 h, mit Julius Bana und Simple Choice. Deathention Vol. 3 im Kass, Brixen, 20.30 h, mit Meat Devourer, Serpent’s Cult und Legions Descend.

So 21. März 30. Motorradweihe in Neumarkt/Egna, 09.00 h Frühschoppen, 11.00 h Ansprache und Begrüßung, 11.30 h Segnung, 12.00 h After-Motorradweihe-Fete, Stand der Gangster in Auer, Pub Petra, mit Hungerstrike und 3 Murphys.

Foto: Graveworm

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ie Kalterer Band The Woodheads befindet sich gerade in der Probephase für die Rückkehr auf die Bühne und startet somit einen neuen Anlauf. Nachdem Live-Auftritte wegen Familienplanung erst mal auf Eis gelegt werden mussten, sind Andreas Weiss (Schlagzeug), Wolfgang Call (Bass) und Dietmar Zwerger (Gitarre und Gesang) seit Anfang 2010 wieder aktiv und arbeiten an ihrem Programm, das im ausgeglichenen Verhältnis aus Eigenkompositionen und Covers bzw. Remakes besteht. Wie die Überetscher Rockband auf der Bühne klingt, werden wir dann am Samstag, 15. Mai beim heurigen Feuerwehrfest in Unterplanitzing hören. Und für den Frühling ist eine besondere Überraschung geplant: The Woodheads werden ihre Songs unplugged im Latino in Bozen präsentieren; der genaue Termin wird noch bekannt gegeben. (eva)

Graveworm

Live in Seoul V

or genau einem Jahr waren Graveworm für zwei Auftritte in Russland; heuer geht’s nach Südkorea, genauer nach Seoul. Dort spielt die Band morgen Abend als Headliner beim diesjährigen Asia Metalfestival. Und wie im letzten Jahr werden wir auch diesmal wieder versuchen, euch in einer der kommenden Ausgaben ein paar Livebilder aus Südkorea nachzuliefern. Für 2010 stehen bereits weitere Auslands-

termine fest: am 30.04. in Wien (Escape), am 01.05. in Vorchdorf (Metalnights), am 07.05. in Hauzenberg (Walpurgis Metal Days), am 23.07. Obervellach (Hell over Vellach), am 14.08. in Josefov (Brutal Assault) in Tschechien und am 22.08. in Rechitsa (Metal Crowd Festival) in Weißrussland. Wer die Band live sehen möchte, wird also nicht drum herum kommen, ins Ausland zu fahren. (eva) Info: www.graveworm.de


Frontmann mit hohem Widererkennungswert: June Niesein spielte gemeinsam mit The Flow Projekt.

HEADL I N E R Freitag, 19. März 2010 – Nr. 54

Post Para Noise G

ut 150 Leute fanden am vergangenen Samstag den Weg zur „Para Noise Radio Show“ ins UFO Bruneck, einem Festival, das von der Indieszene selbst organisiert wurde. Angesichts der Tatsache, dass Michael Della Giustina (June Niesein) und Florian Helt (The Flow Project) das LineUp relativ kurzfristig innerhalb einer Woche zusammengestellt haben und sich auch die Öffentlichkeitsarbeit nur in diesem Zeitraum abgespielt hat, ist dies eine sehr gute Besucherzahl. Ein Indiz dafür, dass sich die Szene gegenseitig stärken und - bei langfristigem Durchhaltevermögen - wachsen kann. Denn das LineUp, das aus einheimischen Namen (mit direktem Bezug zu München und Wien) bestand, war attraktiv und zog dementsprechend auch viele einheimische Musiker. So sah man im Publikum Gesichter von Sense of Akasha, Dschezzi, The Boots, Pamstiddn Kings und auch Walter Eschgfäller, Organisator der Liederszene.

Da die Punkrocker Average aus Sarnthein aus gesundheitlichen Gründen absagen mussten, wurde die „Para Noise Radio Show“ von Hungerstrike, einer jungen Alter-

Die Indiebrille verrutschte gleich mehrmals voller Schwung: Die Drogen zum ersten mal live in Südtirol.

native-Band aus Kaltenbrunn eröffnet. Feli Bassist von Hungerstrike, zeigte sich zufrieden, auch wenn die Band noch die Form finden müsse, erklärte er nach dem Auftritt. Diesbezüglich dürften

Hungerstrike aber gut vorankommen, denn die Voraussetzungen sind gut und die Motivation stimmt. Und die stimmte auch beim zweiten Act June Niesein &

The Flow Projekt. Die Bandmitglieder haben sich zwar noch nicht für einen endgültigen Namen entschieden; ein Album ist aber bereits geplant und live kam die Band am Samstag am besten an, auch wenn June und Co. mit technischen Problemen zu kämpfen hatten. Ein klarer Pluspunkt war hier die Lei-

Eröffneten die „Para Noise Radio Show“: Hungerstrike aus Kaltenbrunn beim Soundcheck.

how, die bis 2 Uhr morgens andauerte. Die „Para Noise Radio Show“ war ein guter Schritt voller Eigeninitiative in ungewohnt lockerer Atmosphäre. (eva) Info: www.myspace.com/juneniesein

Wallis Bird / Simon Plaickner

Filmschnipsel M

an rechnet nicht damit, in Musikclips von international bekannten Musikern ein Gesicht von nebenan zu sehen. Wenn das dann doch passiert, guckt man zuerst mal verwundert aus der Wäsche. So geschehen beim neuen Videoclip der irischen Folkpop-Sängerin Wallis Birds, die letzte Woche ihr zweites Album „New Boots“ in Deutschland veröffentlicht hat. Passend zum Release wurde der Clip zum Song „An Idea About Mary“ fertig gestellt, in dem auch ein Musiker aus der hiesigen Szene zu sehen ist: Simon Plaickner, früher Drummer bei der Metalband The Witch. Der 25jährige Student aus Rasen hat es

Hat es in den Clip von Wallis Bird geschafft: Simon Plaickner, im Bild ganz links mit seiner ehemaligen Band The Witch.

also, so könnte man lächelnd sagen, durch Umwege für einige Sekunden in den Clip einer international gut angesehenen Musikerin geschafft. Wie es dazu kam, ist schnell erklärt: Wallis Bird hat im Netz aufgerufen, kurze Filmschnipsel einzusenden, die eine Zeile aus dem Songtext darstellen. Simon Plaickner hat seine Lieblingszeile kurzerhand mit Isolierband auf die Wand geschrieben, den Song mit seinen Drums beglei-

Foto: Andrea Maurer & Monika Leimegger

Fotos: rhd

Rückblick

stung des Schlagzeugers Hannes Mitterrutzner (haupttätig bei den Pamstiddn Kings), der das Spiel zusammen hielt und den anderen Mitgliedern so Freiraum verschaffte. Da war dann auch genügend Platz für Kollegen, die die Bühne stürmten, um June mal auf die Schulter zu tippten. Hauptact des Festivals waren Die Drogen, die am Samstag zum ersten mal live in Südtirol zu sehen waren. Das könnte dann wohl auch der Grund dafür gewesen sein, warum Harald Bauhofer (Ex-Killjoy), Sänger und Gitarrist der Band, mit dem Publikum routiniert im Hochdeutsch kommunizierte. Das Publikum hat die eingängigen, nach einfachem Muster gestrickten Indiesongs von Die Drogen gut aufgenommen; es wurde getanzt, zwar nicht so viel wie bei June Niesein & The Flow Project, aber dafür ließen sich manche Konzertbesucher zum Mitsingen motivieren. Alle drei Konzerte wurden auf einer Leinwand übertragen oder mit Visuals untermalt und im Anschluss gab's noch eine Drum&Bass-Afters-

tet und die Filmaufnahme eingeschickt. Und die hat es in den Clip geschafft und ist bei 1 min und 28 sek zu sehen. Klicken könnt ihr das

Video zu „An Idea About Mary“ auf der offiziellen YouTube-Seite von Wallis Bird. (eva) Info: www.youtube.com/user/wallisbirdofficial


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