Headliner #161

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Freitag, 23. September 2011 – Nr. 188

HEADL I N E R Redaktion Tageszeitung „Headliner“: 329/5913560 – redaktion.headliner@gmx.com

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Foto: Arnold Ritter

Alle Hände hoch von Eva Reichegger

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a ist er wieder, dieser „M zu dem P“. Die Rede ist hier vom Rapper „MP - The Mic Pistol“ Manuel Profunser, der heute mit seinen Homies4Life das neues Mixtape „MundArt“ veröffentlicht hat. Dieses ist der NachfolgeRelease zum 2009er Album „Der Rapper“ und zählt nun neben „F.T.P. – For The People“ von WFS, „Salutier in Offizier“ von Chackall The Misfit und „Vermächtnis EP“ von Manuelon & BlackXL zu den heurigen Releases aus der Südtiroler HipHop-Szene. „Das Mixtape ist mein vierter Release in fünf Jahren“, erinnert sich Profunser, der gemeinsam mit Cristoph „Gesta“ Prugger, Peter „Destroya“ Schweigkofler und David „DJ Dave@feat“ Fraccaro unter dem Namen Homies4Life auftritt. „Diesmal habe ich mich für den Titel ‚MundArt’ entschieden, weil das was wir machen, viel zu selten als eine Form der Kunst verstanden wird, und an-

Ab heute erhältlich: Das neue Mixtape „MundArt” der Rittner HipHopper Homies4Life.

dererseits, weil Mundart ein Synonym für Dialekt ist“, so Profunser weiter. Somit präsentieren die vier Rittner auf „MundArt“ neben den gewohnten Tracks in Hochdeutsch erstmals auch Texte im Dialekt. „Ich wollte Songs auf Dialekt machen, weil es für mich eine neue Herausforderung war und ich als

Südtiroler auf Dialekt auch authentischer bin, wenn ich über Südtirol rappe“, erklärt MP. „Die Songs haben wir in unserem eigenen Studio in Klobenstein aufgenommen. Die Beats erinnern an die so genannte ‚Goldene Zeit’ des HipHop der 90er Jahre und die meisten stammen von Produzenten aus den USA, aus London und Deutschland.“ Etwas gewöhnungsbedürftig wirken die Dialekt-Tracks bei den ersten Hördurchläufen dann aber doch, wenn man an MP’s schöne, klare Aussprache der deutschen Texte auf dem Album „Der Rapper“ zurückdenkt oder die Dialekt-Songs den neuen Songs mit hochdeutschen Lyrics direkt gegenüberstellt. Die hochdeutsche Sprache steht dem Rapper besser, auch wenn die Dialekttexte inhaltlich nicht schlechter sind. Textlich geht es auf „MundArt“ um HipHop als Teil der Jugendkultur, um die Liebe zur Musik und zur Szene („Südtirols finest“), um Problematiken in der Heimat („Südtiroler Bua“), um Eigenstän-

digkeit („Mein Leben“) und ums obligatorische Dissen. So hat es sich Profunser beim Einstiegssong „Wieder zrug“ nicht nehmen lassen, der Südtiroler HipHop-Szene einen kleinen Seitenhieb zu verpassen. Dort rappt der Rittner: „Gott hot den Flow vertoalt, die Südtiroler Rapper hobm verpennt und ietz mues i des holt tian, weil es des olle net kennts“. HipHopper, die nun daran denken, die zweite Runde des Battles einzuläuten, machen sich am besten vorher direkt ein Bild von den Qualitäten des Rappers, wenn die Homies4Life heute Abend ab 21.30 Uhr ihr neues 14-Trackschweres Mixtape im Zentis Klobenstein vorstellen. Im Rahmen der Release-Party ist auch der soeben erschienene Videoclip zum Song „Sound fürn Summer“ zu sehen, bei dem Bertrand Risè von Shanti Powa Sound (den man am Ritten als Organisator des Miracle Hill-Festivals kennt) als Gastsänger zu hören ist. Info: www.h4l.it


Ziganoff Jazzmer Band, Fusion aus Musikern aus Südtirol und aus dem Trentino (v.l.n.r.): Christian Stanchina, Rosanna Caldini, Renato Morelli, Manuel Randi, Hannes Petermair und Fiorenzo Zeni.

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Zwischen Klezmer-Klassikern und Django Reinhardt-Kompositionen: Das erste Album der Formation Ziganoff Jazzmer Band.

Ziganoff Jazzmer Band

Nel segno della Mitteleuropa e di Django Reinhardt I l nome della Ziganoff Klezmer Band ha cominciato a girare un anno e mezzo fa circa e da allora il sestetto trentino-altoatesino, nato da un’idea dell’etnomusicologo trentino Renato Morelli, ha realmente bruciato le tappe: dalle recensioni positive dei primi concerti all’interesse sviluppatosi intorno a questo primo disco del gruppo, che un paio di settimane fa ha

avuto l’onore di esibirsi nella sinagoga di Merano nel corso della giornata ebraica. ”A Glezele Vayn”, questo il titolo del disco, è un bel prodotto, supportato molto bene dalla miscela musicale di grande effetto e sicura presa, ma anche dall’eccezionalità dei musicisti coinvolti che riescono ad infondere a questa miscela esplosiva che dalla musica dei ghetti

mitteleuropei arriva direttamente a quella del chitarrista con tre dita, il leggendario Django Reinhardt. Oltre a Morelli, che suona fisarmonica e chitarra ritmica, nella formazione troviamo alcuni altri nomi di rilievo della scena musicale locale, il trombonista Hannes Petermair, Fiorenzo Zeni, che oltre al suo sax suona il clarinetto, Manuel Randi alla chitarra e anche al clarinetto,

la violinista Rossana Caldini e il trombettista Christian Stanchina. Il disco si divide tra classici più o meno tradizionali come il brano che intitola il disco, ”Bei mir bist du schein”, una rivisitazione di ”Oci Ciornie” (con una comparsata di Michele Ometto), ”Koilen” (il brano da cui si origina il canto partigiano ”Bella Ciao”) e alcune composizioni di Reinhardt e Grappelli che offrono a Randi l’occasione per dimostrare ancora una volta la sua grande versatilità, una capacità di trasferirsi da un genere musicale all’altro (cosa che lo accomuna al compagno d’avventure Zeni) con leggerezza davvero unica. Senza mai strafare. Che sembra poi il motto di questo disco dalla bella copertina piena di citazioni e molto evocativa, un disco in cui ognuno ha il proprio spazio, ogni strumento ha il suo momento, salvo poi riconfluire sempre in una musica corale che è un po’ la caratteristica primaria della musica klezmer, anche quando, come in questa occasione va a contaminarsi con brani del tipo ”Minor Swing” (gran chitarra e gran violino!), ”Nuages”, ”Sweet Georgia Brown” (brano geograficamente distante dalle radici del gruppo). (crazy)

Eine Mini-CD zum Geburtstag

5 Jahre Foiernacht E

igentlich hätte es ja ein Al- gehen schon Richtung Hardcore. bum werden sollen, aber Aber beim neuen Material sind nicht immer alles läuft wie auch schön punkige Songs dabei.” es eigentlich geplant, Ob und wann diese neugedacht und geen Songs erscheinen wünscht wird. Da sich werden, hängt davon die Oi-Punkband ab, ob diese Mini-CD Foiernacht den fünften gut läuft. Sollte sie gut Geburtstag aber nicht laufen, wird das Nachdurch die Lappen gefolgealbum zu „Durch hen lassen wollte, wurdie Wand” von 2009 de eine Mini-CD pronoch vor dem Sommer duziert, die wieder nächsten Jahres erüber ihr bisheriges La- Erscheint im November über scheinen. Die Mini-CD deutsche Oi-Punklabel bel Bandworm Re- das„Bandworm „5 Jahre Foiernacht” ist Records”: „5 Jahre Foiernacht”. cords erscheinen wird. jedenfalls ein guter VorFlorian „Seppo” Sepgeschmack, weil sie abpi über die neuen Aufnahmen: „Wir wechslungsreich und mit allen Zutahaben die Songs wieder im Cold ten versehen ist, die man mit der Fusion Studio in Wiesen aufgenom- Wiesner Band in Verbindung bringt: men und es ist alles sehr gut gelau- rotziger Punk, ein zwei Säufertexte, fen. Wir sind etwas schneller ge- Bodenhaftung und Abwechslung. worden und die Songs funktionie- So sticht zum einen das Cover „Raren gut. Wir spielen einige davon dio” von Rancid ebenso heraus wie auch schon live. Einige der neuen der Foiernacht-Song „Nur damit Songs, die noch nicht auf CD sind, du's weißt”. sind teilweise noch schneller und Foiernacht stellen ihre CD „5 Jahre

Morgen live auf der Bühne, im November auf CD-Release-Tour: Foiernacht aus Wiesen/Sterzing.

Foiernacht” im November mit einer kleinen Tour (auch in Südtirol) live vor. Der Deutschlandrelease wird am 12. November beim „Seulingswald Rockfest” in Friedewald (Hessen) gefeiert, wo Foiernacht mit Bands wie Unantastbar, Kärbholz, Serum114 und BRDigung auf der Bühne stehen werden. Das Südtiroler Releasekonzert ist hingegen für Ende November in Sterzing ange-

setzt, ziemlich genau in dem Zeitraum, als Foiernacht vor fünf Jahren aus der Taufe gehoben wurde. Live zu sehen sind sie aber auch jetzt schon und zwar am Samstag, 24. September – morgen also – im Jägerkeller in Sterzing. Mit auf der Bühne die Grazer Oi-Punkband Paragraph 270. Für die Musik vor, zwischen und nach den Liveauftritten sorgt der Schlanderser Rockabilly/Ska-DJ Selecta Denny. Beginn: 19 Uhr. (rhd) Info: www.foiernacht.here.de


Openair in Auer

S'Echo kommt zurück (logisch) Junge Bands und einige bekanntere Namen: Die zweite Auflage des Openairs „S'Echo” in Auer am morgigen Samstag.

kelines zusammen. Sie umschreiben ihre Stilrichtung als experimentellen Postrock; zu viert sind Illyrica, eine reine Mädchenband, die sich dem Alternative-Rock verschrieben hat und – obwohl es sie erst seit einem sehr knappen Jahr gibt – bereits ein sattes Programm aus eigenen Songs und etliche Konzertauftritte vorweisen kann.

fentlicht haben, bereits an neuem Material arbeiten und in Auer ein Heimspiel absolvieren werden; U.K.O.G. ist die praktische Abkürzung für den vollen Bandnamen der lautet: The national Orchestra of the United Kingdom of Goats. Die Band hat heuer via Internet (www.ukog.net) zwei EP's veröffentlicht und bezeichnet ihre Musik als „Symphonic Grind Pop”. Wer damit nicht viel anfangen kann, dem kann in Klammern mit mehr oder weniger moderner Progressiverock mit leichter Pink Floyd-Schlagseite weitergeholfen werden. Headliner sind dann schließlich Fankaz aus Mailand. Sie spielen Skate-Core. Das Openair findet am morgigen

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NEWS FightClub

Festival im Trentino Die Bozner (Metal-)Coverband FightClub wird am heutigen Freitag, 23. September im Pub La Talpa in Miola di Pinè (TN)

bei der dritten Ausscheidungsrunde des Nachwuchswettbewerbes „Summer Rock: 350°” teilnehmen. Beginn: 22 Uhr. Mit auf der Bühne: Aves De Rapina, The Big Snails Crunch und Sottofalsonome. Info: www.streetmusic.it

David Neuhauser

CD-ReleaseParty

Foto: rhd

as Echo hat es so an sich, dass es wieder kommt. Das trifft auch auf das kleine Aurer Openair zu, das heuer zum zweiten Mal vor dem Jugendtreff Joy Auer stattfindet. Von den insgesamt sechs geladenen Bands gehören drei in die Kategorie „mehr oder weniger bekannt”, die anderen drei hingegen in die Kategorie „eher noch unbekannt”. Wollen wir mit den „eher noch unbekannten Bands beginnen, als da wären: Frozen Ra!n haben wir vor wenigen Wochen auf diesen Seiten vorgestellt. Es ist eine junge IndieRockband aus dem Raum Bozen/Eppan und gerade erst mit den ersten eigenen Songs unterwegs; Sons of Phyllis sind ebenfalls junge, kommen aus dem Burggrafenamt und setzen sich teilweise aus ehemaligen Mitgliedern der mittlerweile aufgelösten Band Rinkin-

HEADL I N E R

Letzten Donnerstag live bei Radio Freier Fall (Fotostrecke bei airbagpromo.com), morgen live in Auer beim Openair „S'Echo”: Illyrica aus Kaltern.

In die Kategorie „mehr oder weniger bekannt” dürfen die Aurer Punker Cemetery Drive gesteckt werden, die erst kürzlich ihr Debüt über airbagpromo records veröf-

Samstag, 24. September, ab 17 Uhr im Hof vor dem Jugendtreff Joy in Auer statt. Wir haben euch die Informationen geliefert. Hingehen müsst ihr selbst! :-) (rhd)

Der Brunecker Musiker und Künstler David Neuhauser stellt – ebenfalls heute – seine erste Solo-CD „Through The

Upload 2011

Die Folgen Fotos: „Upload”

Fand Anfang September innerhalb der „Berlin Music Week” statt: Die Popkomm, eine der größten Musikmessen Deutschlands.

Das Bozner Nachwuchsfestival „Upload” hatte seine Fühler heuer erstmals konkret nach Deutschland ausgestreckt. Neben der Erweiterung der Jury durch einen Vertreter der deutschen Popkomm in Berlin, einer der wichtigsten Musikmessen Europas, wurde auch der Siegerband der heurigen Ausgabe ein Auftritt innerhalb dieser Messe zugesichert, an der im-

merhin 55 unterschiedliche Länder teilnehmen. Die Siegerband der heurigen Ausgabe von „Upload”, Management del dolore post-operatorio, konnte am vergangenen 7. September gemeinsam mit drei weiteren italienischen jungen Bands (Marco Notari Sycamore Age, Heike Has The Giggles) in Berlin, im NBI in der Schönhauser Allee 36, auftreten. Die Band Management del dolore post-operatorio konnte zudem bei ihrem Auftritt beim M.E.I. in Faenza einen Anerkennungspreis einheimsen. (rhd) Info: www.upload.bz.it oder www.popkomm.com Anerkennung in Berlin und in Faenza: Management del dolore post-operatorio, die Sieger der heurigen Ausgabe des „Upload”-Festivals.

Night” vor. Austragungsort ist der Weinkeller in Bruneck. Beginn: 22 Uhr. Wie der Titel der Veranstaltung verrät – „Klang'n'Rockbilder” – wird es neben der Musik von der CD auch Bilder von David Neuhauser zu sehen geben. Info: www.facebook.com/soundivad

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CD-Präsentation in der Festung Franzensfeste: Sense of Akasha spielten ein audiovisuelles Konzert für 100 Leute.

Freitag, 23. September 2011 – Nr. 188

NEWS Anguish Force

Live Attack Gestern waren sie live bei Radio Freier Fall zu hören, morgen spielen die Bozner Metaller

Sense of Akasha / CD-Präsentation Anguish Force gemeinsam mit der italienischen Metalband Alltheniko im Völser Dorfkeller. In zwei Wochen, am Donnerstag, 6. Oktober, stehen sie im Baila in Eppan auf der Bühne. Mit im Billing: Sign of the Jackal (Neumarkt/Rovereto) und Methedras (Mailand). Weiters plant die Band ein großes Metalfestival für Dezember. „Telfen on Fire” soll es heißen und einige bekannte europäische Metal-Größen in das Sportzentrum Telfen bringen. Wir bleiben dran.

BOB-Rmx

Nervöse Welt BOB, das sind Jörg Zemmler aus Seis und sein Bandkollege Peter Pichler aus Wien, legen einen neuen Remix nach. Auf die EP-Veröffentlichung „We Say Disco You Say Maybe“ Ende April 2011, folgt nun der „BOB

Happy Paranoid“-Remix des Songs „Nervöse Welt“ von der österreichischen Indieband The Who The What The Yeah. Der Remix entstand für die EP „Nervöse Welt Remixed“ von The Who The What The Yeah, die über die Website des Wiener Indie-Labels Konkord kostenlos zu haben ist. Download: www.konkord.org/konkord058

Headliner-Ausgaben aus den Anfangstagen jetzt online nachlesen unter: http://issuu.com/headliner.archiv

Der Fluch der Innovation Die Brunecker Sense of Akasha haben am 10. September 2011 ihr neues Album „Splendid Isolation“ in der Festung Franzensfeste live präsentiert. Nun liefern wir euch den Nachbericht zum Konzert.

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s gibt nicht viele Bands, deren Schaffen eindeutig mit einem Prädikat identifizierbar ist. Seit Sense of Akasha existieren, sind sie untrennbar mit dem Attribut „innovativ” verbunden. Ein Aspekt, der sich in einer gewissen Unangepasstheit, zumal auch Verspieltheit, äußert und mich dazu verführt hat, in ihnen eine Band mit wirklichem Format zu erkennen. Format deswegen, weil die vier ausgereiften Musiker ständig neuen Ansprüchen folgen und ihr Klanguniversum stetig durch neue Ausdrucksformen anreichern. Was zunächst mit verträumten Indierock begann, ist seit dem Studioalbum „People Do Not Know Who Rules" aus dem Jahre 2008 zu einem eigenwilligen Postrockkonglomerat herangereift, untermalt von Celloeinlagen, Glockenspiel, digitalen Spielereien und gewärmt durch das etwas schüchtern wirkende Wechselspiel zweier Sänger. Der Videoclip zu „Make Me Real” aus besagtem Album unterstreicht die Tatsache, dass diese Band ihre Kreativität mit allen Mitteln entsprechend ausschöpfen kann. Ich hielt es gerade für selbstverständlich, dass sie diese Leichtigkeit und Lebensfreude wiederum in ihr jüngstes Studioalbum „Splendid Isolation” übertragen würden. Gerade die Ankündigung der Festung von Franzensfeste als Veranstaltungsort für die Vorstellung ihres neuen Werkes und die Zusammenarbeit mit den Videokünstlern Giancarlo Lamonaca, Gustav Willeit und Marco Masante ließen mich auf Großes hoffen. Bereits von Beginn an war klar, dass ich mich hier nicht

mehr auf einem herkömmlichen Konzert befand, sondern, dass es zu einer Inszenierung werden sollte, was unter anderem auch durch die etwas gekünstelte Exklusivität bezeugt wurde. Das Konzert wird plötzlich in Theater verwandelt, der gewohnte Freiraum im Saal weicht den althergebrachten Sitzreihen, musikalische Unterhaltung wird zur audiovisuellen Untermalung. Musste eben noch nach jedem Lied obligatorisch applaudiert werden, ist der Besucher nun angehalten dem Geschehen eineinhalb Stunden still zu fol-

Ein Konzept für die CD: Das neue Album von SofA baut auf die Stadien Verwirrung, Angst, Mut und Freiheit auf.

gen. Auch die Musiker halten sich nicht länger an die alten Konventionen, es ist ein Auftreten und Abgehen, die Sänger sind nicht zum Publikum gerichtet, sondern stehen sich selbst im Dialog gegenüber, das Einspielen der Samples, das Justieren an den Macbooks wird zum künstlerischen Akt, der durch verschrobenes und sperriges Videomaterial unterstrichen wird. Zugegeben, man spürt die Akribie, den Hang zum Detail, jeder Auftakt sitzt genau, Drummer Ivo Forer wird zum Dirigent, er zelebriert, als gäbe es eine detaillierte Partitur. Und dennoch scheint in all dieser cineastischen Atmosphäre das vormals Essenzielle, die Mu-

sik, zum Klangbild degradiert. Sicherlich, Postrock funktioniert so, das instrumentale Auf und Ab, ein plötzliches Crescendo, systematischer Aufbau durch extreme Langwierigkeit, zermalmende Rückkopplung und schüchternes Tuscheln der Sänger, sowie ein bebender Ausbruch. Dies alles kennen wir schon von Mogwai, Explosions in the Sky etc. Hier finde ich allerdings, dass die Zwischenräume zu ausufernd behandelt werden, es entsteht der Eindruck, dass die Kernstücke des Albums nur noch kurzweilige Startpunkte in übertriebene Klangexperimente darstellen, obwohl sie sehr solide komponiert wurden und getrennt gespielt mehr von sich erkennen ließen. Ich vermisse die alte Stimmigkeit, die ich diesmal nur in der genialen Steigerung des Choruses in „Can't remember” wiedererkenne. Meine Verwirrung mag aber auch darauf zurückzuführen sein, dass die neuen Songs ungewohnte Themen behandeln: Isolation, Chaos, Verwirrung - Themen, die durch das benebelnde Videomaterial und die Enge der Festung noch verschärft werden. Sense of Akasha haben sich wiederum verwandelt, zeigen neue Fassaden, gewohnt gekonnt, aber dunkler und sperriger, sie sind mehr Künstler geworden. Faszinierend in ihrer unkonventionellen Art, etwas marginal in ihrem Hang zur Ausuferung. Als ich wieder nach Haus fahre, bemerke ich mit Schrecken, dass die so wichtige Innovation einen zynischen Fluch in sich birgt: Je hartnäckiger man sie verfolgt, desto belangloser kann sie werden. Ich hoffe, dass das bei Sense of Akasha niemals zutreffen wird. (Heinrich Gruber) Info: www.senseofakasha.com

Fotos: Giovanni Melillo Kostner

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