Headliner #315

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Freitag, 19. September 2014 – Nr. 184

HEADL I N E R

Foto: Daniel Shaked

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von Reinhold Giovanett

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I stich di o!

in abgefahrenes Konzept, das seinen vollen Reiz erst beim Hören voll ausspielt. Wir nehmen uns jetzt die Zeit, dieses Konzept Das Beat-Album „Chop Shop 2“ von in Ruhe zu erklären: Die beiden Brenk Sinatra und Fid Mella Wiener Brenk Sinatra, Beatmaker diverser HipHop-Größen aus der österreichischen, deutschen aber und teuer, ist diversen Statements tät jene schattigen Werkstätten auch amerikanischen Rap-Szene, der beiden zu vernehmen, aber es bezeichnet, in denen gestohlene hat gemeinsam mit Fid Mella, seihätte sich gelohnt. Autos auseinandergenommen nes Zeichens Beatmaker für HipIn der Tat, es hat sich gelohnt, auch und wieder zusammengebaut Hopper diesseits und jenseits der und vor allem für den Zuhörer/die werden. Brenk Sinatra und Fid Alpen, ein „instrumentales” HipZuhörerin. Das Album, das als ViMella haben sich als geschmacksHop-Album veröffentnyl-LP (und Download-Album) sichere Beatmaker bei den Auslicht. Die Anführungsüber das kleine Wiener Label tro-Pop-Platten „bedient” und zeichen „” sind deshalb „Hector Macello Records” neue Boliden geschaffen, aber angebracht, weil zwar erschienen ist, nicht zum Zwecke der Leichenkeine Raps zu hören und in der fledderei, sondern vielmehr um sind, aber sehr wohl Specialden musikalischen „Vorfahren” Stimmen, Textzeilen Edition mit die Ehre zu erweisen. Die Samund Gesangslinien einem zweiples und Textfetzen wurden, und unterschiedlichster tem Album da sind wir beim zweiten Teil des Herkunft. daherkommt, Titels, nicht konzeptlos zusamBrenk Sinantra nennt sich mengeschnipselt. Die insgesamt und Fid Mella – „Chop Shop 2 55 Tracks des regulären Albums hinter Fid Mella – Singende, und des Bonus-Albums, zeichnen steckt der Meklingende Undie düstere, poetisch-depressive, raner Johanterwelt” und entharte und bitter-ironische Halbnes Hilpold, Ist als Vin spricht nicht ganz welt in den österreichischen Sieby „Cho l und als der schon seit dem, was man gezigerjahren nach. Und die kommt p Sh D o wnlo op 2” ad z Jahren in boten bekommt, sehr glaubwürdig daher, da v o n und F u B id Me renk Sina haben: das heißt, vor allem Wien lebt, arbeibraucht sich das Wien der vertra lla. tet und künstlerisch aktiv der zweite Teil des gangenen Jahrzehnte vor der ist – haben die Wiener Flohmärkte Titels untertreibt ein Bronx nicht zu verstecken. durchstöbert, um alte Austro-Popwenig. Schön an der ganzen Geschichte ist Platten zu finden, die sie für ihr Aber gehen wir langsam weiter in zum einen die musikalische EigenKonzept verwenden konnten. Aufder Konzept-Erklärung: Als ständigkeit, die Brenk Sinatra und wändig wäre die Suche gewesen, „Chop Shop” werden in der RealiFid Mella mit großer Kunstfertig-

keit an den Tag legen, zum anderen funktioniert das Album wie ein etwas brutaler Krimi oder eine Unterwelt-Doku auf der Leinwand (oder im TV): Man staunt über die Brutalität, die Unverfrorenheit und die Gleichgültigkeit jener, die von sich erzählen. Man ist fasziniert von den dunklen Farben, die da gezeichnet werden und wird überrascht über die Poesie, die immer wieder aufblitzt, wie etwa die des Ludwig Hirsch-Zitates: „Und gestern, da hab’ ich dir zum Abschied sieben Schneeflocken vor die Tür gelegt.” Einer der besten Songs oder Remakes, findet sich auf dem BonusAlbum: „Stich (Extended)” stammt im Original von Georg Danzer, Brenk Sinatra hat aber eine bedrohliche, intensive Nummer aus dem eh schon starken Song gemacht. Ja, und nebenbei kann man sich, wenn man vom alten Austro-Pop etwas mitbekommen hat – was in Südtirol nach wie vor unausweichlich ist – auf die Jagd nach den Originalen wie Hirsch, Danzer und Falco machen. Als Ganzes ist diese Veröffentlichung sehr gelungen und für uns in Sachen Originalität das Beste für 2014. „Chop Shop 2 – singende klingende Unterwelt” ist bedingungslos zu empfehlen, vor allem Menschen mit schwarzem Humor und gutem musikalischen Geschmack! Info: https://hectormacello.com

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The Pëufla und das Orchester Sonoton gemeinsam auf der Bühne

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Freitag, 19. September 2014 – Nr. 184

Die Herausforderung

Werden im Bozner Stadttheater wohl die gesamte Bühne ausfüllen: The Pëufla und das Orchester Sonoton hier vor zwei Jahren erstmals live.

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ockbands haben entweder keine Angst und sind frech, oder sie neigen zum Größenwahn. Beide Varianten lassen sich auf unterfangen anwenden, wie wir sie auch hierzulande immer wieder erleben. Mad Puppet beispielsweise hatten vor einigen Jahren den Mut, die Bühne mit einer Blaskapelle zu teilen, und dieser Mut hat sich gelohnt, das Ergebnis hat überzeugt.

Aufdrehen/Ausdrehen

Dirigent Matthäus Crepaz wird das Orchester Sonoton und noch zwei weitere Gäste durch das Programm führen: Sängerin Greta Marcolongo und Jazztrompeter Massimo Greco aus Bologna, der bereits mit Zucchero „Sugar“ Fornaciari auf der Bühne stand.

Vor zwei Jahren haben die Grödner The Pëufla etwas ähnliches versucht. Gemeinsam mit dem ebenfalls aus Gröden stammenden Orchester Sonoton enterten sie die Bühne und wussten stolze 1000 Besucher in der Tennishalle von St. Ulrich zu begeistern. Wieder hat sich der Mut gelohnt. Jetzt kommt das Projekt nach Bozen. Am kommenden Sonntag, 21. September, 20 Uhr, werden The Pëufla, die erst kürzlich mit „The Third Cut” ihr drittes Album veröffentlicht haben (Rezension siehe unten), erneut mit über 70 Musikern und einem Dirigenten auf die Bühne gehen und sich in eine, für sie definitiv ungewohnte Situation begeben. Die Band nimmt es aber gelassen, zum einen, weil diese Gemein-

schaftsproduktion 2012 sowohl in St. Ulrich und in Brixen zur erfolgreichen Aufführung gekommen ist, zum anderen weil mit Matthäus Crepaz dem Orchester Sonoton ein junger „wilder” Dirigent vorsteht, der einen ähnlichen Zugang zur Musik hat, wie es für Rock- und Popmusiker typisch ist: es muss Spaß machen und es sollte immer wieder etwas Neues sein. Der noch junge Dirigent Crepaz hatte heuer beispielsweise das von ihm geleitete Orchester Sonoton durch ein Programm geführt, das für die Zuhörerschaft Musik aus Videospielen wie „Super Mario” oder – man höre und staune – „Call Of Duty” bereit hielt. Diese Tatsache sagt sehr viel aus über Dirigent und Orchester und so dürfte auch die drit-

te Aufführung locker über die Bühne gehen. The Pëufla ihrerseits haben mit ihrem Schlagzeuger Georg Malfertheiner ja nicht nur einen exzellenten Drummer in den eigenen Reihen, sondern auch einen Musiker, der jahrelange Orchestererfahrung besitzt. Es war denn auch ein Gespräch zwischen Crepaz und Malfertheiner, das am Anfang dieses Projektes stand. Und so kommen am Sonntag, 21. September, 20 Uhr, Rocksongs von The Pëufla mit fetten OrchesterArrangements zur Aufführung, ganz so oder so ähnlich, wie es Metallica und die Scorpions bereits vorgemacht haben. (rhd) Infos und Tickets: www.rocknet.bz

Das dritte Album von The Pëufla

The Third Cut

RC Sud - „Soul Dojo“ (LP, April 2014)

Tilo MC feat. Christine Hochgruber – „Überblick“ (Single, Dezember 2013)

Die Band hat Humor, ist selbstironisch, denn sie spielt mit ihrem Bandnamen ebenso, wie mit dem Titel ihrer neuen, bislang dritten, CD „The Third Cut”. „Der dritte Schnitt” nennt der Südtiroler Bauer auch Pëufla oder Pofl oder Pöüfl, je nachdem, in welchem Tal man sich befindet. Auf den Albumtitel angesprochen verweist die Band auf ihren aktuellen Proberaum, der sich direkt in einem landwirtschaftlichen Gebäude in Gröden, in direktester Nachbarschaft eines Heuladers, befindet. Soweit, so schlüssig. The Pëufla waren in der Vergangenheit eine der ganz wenigen Bands, die versucht haben, Rap und Rock zu verbinden. Diese Zeiten sind noch nicht ganz vorbei, Pëufla-Sänger Gregor Pasolli hat die Anthony Kiedis-Phrasierung nämlich gut verinnerlicht und praktiziert sie überzeugend schon ab dem ersten Song „Eye Contact”. Die Band kann den erforderlichen Funk nicht ganz liefern, macht aber einen guten Job, wenn man The Pëufla als Pop-Rockband sieht, die sich weder einer aktuel-

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len Strömung anbiedert, noch stur eine Richtung praktizieren will. Beim Durchhören der insgesamt zehn Songs fallen vor allem zwei Dinge ins Auge, bzw. ins Ohr: Da ist zum einen die Stimme von Gregor Pasolli, die mit den Jahren sehr gewonnen hat. Der Wiedererkennungswert ist hoch, der Klang angenehm und kraftvoll, je nachdem, was der jeweilige Song verlangt. Pasolli hat definitiv das, was man eine gute Stimme nennt, und man hört ihm demnach auch sehr gerne zu. Auch wenn die Pop-Rock-Serie durch Songs wie „Dead Hope On A Jail Wall” und ihren harten progressiven Riffs, oder die punkigen „Today’s TV” und „Anarchica” leicht unterbrochen wird, die neun Songs fließen ohne Ausfälle dahin, bis man am Schluss bei „Lasceme durmì” erstaunt genauer hinhört: Pasolli erzählt in diesem Lied die „Leiden” eines müden Vaters, der frühmorgens vom Nachwuchs aus dem Schlaf „gespielt” wird. Pasolli benutzt hier die ladinische Sprache um diese Geschichte zu erzählen und die passt hervorragend zum

Ist im Spätsommer 2014 erschienen: „The Third Cut”, das dritte Album der Grödner Rockband The Pëufla.

Stück, das jazzig/akustisch mit französischem Flair daherkommt. Die Produktion ist sauber, klingt gut, aber nicht ganz so organisch, wie man es sich wünschen würde. Und die Songs könnten ein klein wenig mehr „pumpen”, oder „drücken” oder „grooven”, je nachdem wie man das umschreiben möchte. Die Summe: So ist „The Third Cut” ein gefälliges, abwechslungsreiches Pop-Rock-Album geworden, mit einem herausragenden Song („Lasceme durmì”) und einer sehr originellen, angenehmen Stimme. (rhd) www.facebook.com/pages/Pëufla/290603522816


Das Abschlusskonzert ist mittlerweile Tradition: Tun Na Kata sind an diesem Samstag wieder im Stollen von Ridnaun zu hören.

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NEWS Funeral For A Musician

Foto: Kurt Tappeiner

Beat Heuberger

Das Foto dürfte so an die 20 Jahre alt sein, denn es ist das Pressefoto, mit dem sich der kürzlich verstorbene Meraner Musiker Beat Heuberger unter seinem Alter Ego „Norman Normal” in die Südtiroler Musikszene hineingewagt hat. Am Samstag, 20. September, 11 Uhr, findet in Meran, bei der Evangelischen Christus-Kirche (Carducci-Straße) das Begräbnis des ruhigen und entspannten Musikers Beat Heuberger statt.

Tun Na Kata

Tief im Stollen S

eit einigen Jahren bereits präsentiert das Bergwerksmuseum Ridnaun-Schneeberg im Laufe des Sommers Konzerte in jenem Stollen, in dem vor langer langer Zeit Erze mit großer Mühe abgebaut wurden. „Musik im Stollen” nennt sich diese Konzertreihe, die seit einigen Jahren mit einem Auftritt der aus Sterzing stammenden Band Tun Na Kata beschlossen wird. Dieses Abschlusskonzert von Tun Na Kata findet am morgigen Sams-

tag, 20. September, um 19 Uhr statt. Die vom Schlagzeuger und Perkussionisten Paolo Jack Alemanno geleitete Gruppe wird heuer gemeinsam mit einem Gastmusiker zu hören sein, der ein ganz besonderes Instrument spielt: Das Hang. Das Hang ist ein in der Schweiz entwickeltes Perkussionsinstrument, das durch seinen hellen, schrillen und gleichzeitig sehr warmen Klang verzaubert. Ein Könner auf diesem Instrument ist der Gadertaler Emanuel Valentin, und

wer die Musik von Tun Na Kata kennt, weiß, dass diese Kombination sehr gut funktionieren wird. Tun Na Kata arbeiten übrigens fleißig an ihrem neuen, bislang vierten Album, das am 30. November im Stadttheater in Sterzing präsentiert werden wird. Aber wir werden euch noch einmal daran erinnern, keine Sorge. Bis dahin, wie gesagt: Tun Na Kata live im Stollen der BergWelt Ridnaun-Schneeberg, Samstag, 20. September, 19 Uhr! (rhd)

100 Jahre Love-Songs

„AcousticAmore“

Wer bin ich? Foto: rhd

Unsere Fotostrecke „Wer bin ich?“ geht in die nächste Runde! Klingt wie ein Selbstfindungs-Esoterik-Krempel, ist aber ein lustiges Bandrätsel zur Südtiroler Musikszene. Wir haben wieder mehrere Bands geknipst bzw. ihre Bandnamen auf einem Foto dargestellt; nun gilt es zu erraten, wer auf dem jeweiligen Bild zu sehen ist. Die Auflösung von heute findet ihr zusammen mit einem neuen Rätselfoto in der kommenden „Headliner“-Ausgabe.

Des Rätsels Lösung von letzter Woche:

Foto: rhd

No Way Out (Pop/Rock, Meran)

Das relativ junge Bozner Projekt „AcousticAmore” ist eigentlich eine geführte Reise durch 100 Jahre Liebeslieder. Greta Marcolongo (Stimme), Mattia Mariotti (Gitarre), Roberto Tubaro (Keyboards), Tommaso Zamboni (Akkordeon), Johanna Mader und Tommaso Santini (Violinen) und Simone Gelmini (Cello) bilden die Band, die diese Reise durch die Welt der in Liedern gegossenen Liebe unternimmt und dabei Songs von Luigi Tenco, Police oder Edith Piaf spielen wird. Der Abend findet unter freiem Eintritt am Mittwoch, 24. September, 20.30 Uhr, auf Schloss Runkelstein bei Bozen statt. Unter den Gästen: die Schauspieler Diletta La Rosa und Max Meraner, und die Musiker Andrea Maffei und Marco Gardini.

Darf’s auch virtuell sein? News, Interviews, Musikclips: www.airbagpromo.com ® © Alle Rechte vorbehalten/Riproduzione riservata – Die Neue Südtiroler Tageszeitung GmbH/Srl


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Ein Heiratsantrag, der nicht auf der Strecke bleiben wird.

Foto: Bruce Banner

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