Headliner #012

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Freitag, 7. November 2008 – Nr. 222/16. Jg.

DIE NEUE SÜDTIROLER

Tageszeitung > Redaktion Tageszeitung Headliner: headliner@tageszeitung.it – Tel. 329/5913560

g n i n e cre

S The von Reinhold Giovanett

eue Ideen lassen sich manchmal nicht ganz so umsetzen, wie sich das im Vorfeld denken (und hoffen) lässt. Und so fanden am vergangenen Mittwoch, 5. November, auch keine hundert Personen den Weg ins Capitol-Kino nach Bozen, um sich die insgesamt 26 Videoclips (und Kurzfilme) von Südtiroler Bands und

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Filmemachern auf der Kinoleinwand anzuschauen, und dennoch, unter den Besuchern waren gar einige Bands, die es sich nicht entgehen ließen, ihren Clip im Kinoformat zu Gemüte zu führen. Die Audioqualität in der Endfassung des knapp 95minütigen „Films“ war zwar bisweilen verbesserungswürdig, doch die Durchschnittsqualität der Videos (und der Musik) war erstaunlich

hoch. Zu den – subjektiv gesehen – besten Videos des Abends zählten jene von Chris and the other Girls („I know I say that all the time“), eating.seats („Secrets of september“), June Niesein („Let it go“) und von Sense of Akasha („Make me real“). Eine ausgesprochen gute Wirkung auf der Leinwand hatten zudem u.a. Blood Edition („Gun addicted“), Feline Melinda („Skydiver“), Frei.wild („Halt dei-

ne Schnauze“) und The Wit ch („Free with disguise“). Obwohl die Videoproduktion von Südtiroler Bands quasi unter Ausschluss der Öffentlichkeit stattfindet und nur über Youtube oder MySpace verfolgt werden kann, ist die ästhetische Qualität hoch und lässt auf weitere spannende Arbeiten hoffen, wobei als Nebenwirkung dieses „Screenings“ auch die Fortsetzung >


Boshaft,

Tageszeitung Freitag, 7. November 2008 Nr. 222

doch auch liebenswert

„Bratze“ zu Gast beim „Gorgeous Music Festival“ in Bruneck.

Einfallsreiches Duo: „Bratze“ spielen am dritten „Gorgeous“-Tag im UFO Bruneck

er deutsche Musikmarkt hatte in den letzten Monaten einiges zu bieten, doch keine Zusammenarbeit überraschte dermaßen wie jene des Songwriters „ClickClickDecker“ und des Elektrokünstlers „Der Tante Renate“. Unter dem Namen „Bratze“ wurden die beiden Musiker aus dem Hause „Audiolith“ unerwartet zu einem der sensationellsten Projekten Deutschlands. Wer die deutsche Musikwelt regelmäßig verfolgt, wird die Reaktionen auf das erste Album „Kraft“

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noch gut in Erinnerung haben. Magazine wie „Visions“ und „Intro“, die tendenziell unterschiedliche Perspektiven vertreten, waren sich im Fall „Bratze“ mehr als einig: Dass eine derartige Konstellation so gut funktioniert, grenzt an Zauberei. Die Zerrissenheit in Kevin Hamann’s Stimme, die man schon von seinem Soloprojekt „ClickClickDecker“ kennt, kommt hier ganz ohne aufgeschürfte Fingerspitzen aus, denn die Gitarre wurde im Schrank gelassen und durch eingängige, leicht tanzbare

Elektrobeats von „Der Tante Renate“ ersetzt. Auf dem Debüt-Album gibt es – persönlich gesehen – keinen Moment, an dem man sich die Gitarre zurückwünscht. Dennoch lassen es sich „Bratze“ auf der Bühne nicht nehmen, beim Song „Jean Claude“ die E-Gitarre rauszuholen und gekonnt in ihrem melodiösen Mix aus Rave und Indietronic einzubauen. Dabei schmeißen die beiden Entertainer mit jeder Menge Anti-Slogans um sich: „Flaschen zerschmeißt man am besten auf Beton“, „Ich will

nicht den Schinken, ich will das ganze Schwein“ sind nur einige Textzeilen, die jeden durchschnittlichen Buttonträger aufhorchen lassen und auf der Bühne besonders stark rüberkommen. Und genau die ausgelassene Konzertstimmung kann man bereits morgen Abend erleben, wenn „Bratze“ neben „1000 Robota“ und „Francis International Airport“ beim „Gorgeous Music Festival“ im UFO Bruneck auftreten. (eva) Infos: www.bratze.eu oder www.my space.com/gorgeousfestival.

Foto: rhd

Ende der Vorstellung: Nicht ganz so viele Besucher wie erwartet kamen zu „The Screening – Take One“

Fortsetzung >

beginnende Diskussion über Inhalt, Umsetzung und Form eines Videos zum Tragen kommen dürfte. Eine Jury dieses „Screenings“ hatte von 44 eingesandten Filmen und Videoclips 26 ausgewählt. Stilistisch reichte das Spektrum vom klassischen Achtziger Metal („Anguis Force“), über New-Country („Jambalaya News“) bis hin zu Coversongs („Solide Alm“ und „The Carnies“). Und so unterschiedlich

diese musikalische „Grundlage“ war, so verschieden waren die visuellen Umsetzungen und Herangehensweisen: Christian Pitschl beispielsweise hatte mit seiner Mannschaft einen Clip aus über 8000 einzelnen Fotos zusammengesetzt, während „Sense of Akasha“ einen äußerst atmosphärischen Film boten, der mit einem einzigen Schnitt auskam. „Feline Melinda“ hatten ihren Videoclip zu „Skydiver“ auf höchstem professionellen Niveau

in Mailand produziert, während Jörg Zemmler bei seinem „poetic video“ zu „Glasklare Zeit“ mit einer leicht trashigen Gitarre und reinen Text auskam. Die Brixner „Starship Frequency Studios“, die sich für die Umsetzung der Songs „Let it go“ von June Niesein und „Rainbow Butterflys“ von The Sunshine Trippers verantwortlich zeichneten, boten zwei ästhetisch sehr aktuelle (und bisweilen düstere) Arbeiten. Fazit dieses „Screenings“: Wenn eine gute Ausgangsidee und/oder ästhetisches Gefühl gegeben ist, so ist die konkrete Umsetzung relativ. Manchmal genügt eine einfache Mini-DV und ein einfaches Schnittprogramm, manchmal aber verstärkt die professionelle Umsetzung die Wirkung dieser Idee um ein Vielfaches. Eine zweite Auflage von „The Scre-

Vermittlung einer neuen Idee: Der Flyer von Viktor Matic zu „The Screening“

ening“ ist für 2009 angedacht. Interessenten können sich jetzt schon mit den Organisatoren dieser Ausgabe in Verbindung setzen. Info: www.airbagpromo.com und radiofreierfall.blogspot.com


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Junge Punkrocker: „Stille Mehrheit“ bei ihrem Auftritt im Jugendzentrum Algund

Freitag, 7. November 2008 Nr. 222

Mainstream-Punk „Stille Mehrheit“ und ihr Debüt-Album „Wo bleibt der Tag“ ie Geschichte der jungen Band „Stille Mehrheit“ liest sich beinahe wie aus einem Märchenbuch. Auf dem ersten Blick scheint es so, als ginge bei den 14-jährigen Newcomern aus dem Raum Kastelbell alles besonders schnell voran - und das auch noch mit sehr hohem musikalischen Anspruch. Trotz ihres zarten Alters können Dominik Aster, Martin Oberhofer und Dominik Raffeiner (auch „Dome“, „Motty“ und „Mr. D-Crash“ genannt) bereits den zweiten Platz der heurigen „Bank4Fun Band Competition“ vorweisen und lassen auch schon mit einer eigenen CD-Produktion aufhorchen. Diese wirft bei einer derart jungen Bandbesetzung einige Fragen auf. Die Bandgeschichte selbst ist schnell erzählt: „Motty“ war bereits Mitglied in der Schulband von „Dome“, als „Mr. D-Crash“ im Jahr 2006 der Gruppe beitrat. Somit war die Punkrock-Formation in den Augen der drei Teenager perfekt und „Stille Mehrheit“ hatten bereits nach wenigen Proben ihren ersten öffentlichen Auftritt in Latsch, bei dem sie Punkcovers zum Besten gaben. Da den Jungs das Nachspielen alleine nicht ausreichte, ließen sie das Covern bald bleiben und schrieben eigene Lieder. Dies erwies sich anfangs als nicht besonders einfach, aber als sich der Knoten dann löste, folgte ein Song nach dem anderen. Und so hatte die junge Band nach einem Jahr genügend Songs beisammen, um ein DebütAlbum aufzunehmen. Ihren ersten Studioaufenthalt haben „Stille Mehrheit“ bei der „Bank4Fun Band Competition“ ge-

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wonnen, doch der reichte zeitlich natürlich nicht für die Aufnahme eines kompletten Albums. Deshalb wurde der Proberaum zu Hause im Keller kurzerhand zum Aufnahmeraum und die Garage zum Regierraum. Hierbei halfen natürlich die Eltern und sogar Großeltern mit, aber abgesehen von der Raumumstrukturierung erklärt die Band stolz, das Debüt-Album in kompletter Eigenregie umgesetzt zu haben. Die Familie nimmt nach Aussagen von „Stille Mehrheit“ lediglich die Rolle des Wegbereiters ein. „Unsere Eltern und Großeltern unterstützen uns, indem sie uns den richtigen Umgang mit dem „Werkzeug“ ermöglicht und beigebracht haben, eine Horde Musikfanaten nicht nur den Sommer durch ertragen und verköstigen und uns

den Druck der CD’s finanzierten“, sagen „Dome“ und „Motty“, die bereits seit 2 Jahren Gitarrenunterricht bei Chris Kaufmann nehmen. Die Vorraussetzungen für eine Albumproduktion waren in den Sommerferien 2008 also geschaffen, wobei den Bandmitgliedern die im Vorfeld gesammelten Erfahrungen mit Aufnahmeprogrammen zugute kamen. Das Mischen der Songs war für die Jungs die schwierigste Herausforderung, doch auch diese Aufgabe erwies sich laut Aussagen der Band dank Tipps aus Zeitschriften „schon nach den ersten Liedern fast als Kinderspiel.“ Das zu glauben fällt einigen etwas schwer, da das Erstwerk „Wo bleibt der Tag“ mit Ausnahme des Intros schon beinahe zu professionell für derart junge Musiker scheint. Die

Produktion der Songs ist besonders im Hinblick auf die Drums sehr gut geworden und obwohl die Gitarre manchmal etwas mehr in den Vordergrund treten könnte, überzeugt die Scheibe durchgehend. Im Großen und Ganzen wirken die Stücke vor allem durch den frechen Gesang sehr spritzig und jung. Die Texte sind mal kritisch, mal politisch oder gefühlvoll, aber vor allem durchdacht. Die Songs selbst sind sehr eingängig und melodiös, kurz gesagt: sie besitzen Ohrwurmcharakter. Nach der Veröffentlichung des ersten Albums soll nun aber noch lange nicht Schluss sein, denn der zweite Longplayer ist für Herbst 2009 geplant und wird voraussichtlich noch rockiger als der erste Streich werden. „Das Songschreiben macht echt viel Spaß und die Aufnahme war mit Sicherheit die bisher coolste Zeit unserer Bandgeschichte. Darum bauen wir in den nächsten Monaten unser Studio noch mehr aus und sind auch schon damit beschäftigt, weitere Demos aufzunehmen“, verraten die drei Punkrocker. Hinter der Band „Stille Mehrheit“ scheint also, abgesehen von der fehlenden starken Webpräsenz, ein ausgefeiltes Konzept zu stecken. Ob sich bei „Dome“, „Motty“ und „Mr. D-Crash“ in Zukunft auch verstärkt etwas in Sachen Medien- und Konzertpräsenz tut, wird sich zeigen. (eva) Der Vinschgauer Standpunkt in Sachen Punk: „Stille Mehrheit“ aus Kastelbell

Foto: Manuel Maringgele

Foto: Klaus Pegger

Das erste Album „Wo bleibt der Tag“ wurde im Heimstudio aufgenommen


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NEWS

Freitag, 7. November 2008 Nr. 222

Scheitern

filadrëssa 04

The

„filadrëssa“ ist eine, vom Raetia-Verlag Bozen herausgegebene Jahreszeitschrift, die jeweils von einer Person zusammengestellt wird. Heuer ist dies Martin Hanni, u.a. Publizist und Filmemacher. Herzstück dieses, dem Scheitern gewidmete Ausgabe ist die Person und das Werk des Traminer Autors Klaus Menapace. Die „filadrëssa“ wird heute um 18 Uhr im Kunsthaus Meran und am kommenden Mittwoch, 12. November , 20 Uhr, im Schloss Rechtenthal in Tramin vorgestellt. In Tramin wird Peter Holzknecht Live-Electronics zur Lesung des Textes von Klaus Menapace beisteuern.

Crunge

Foto: rhd

The Song remains (almost) the same

Live eingespielt: Das offizielle Demo der Band

s gibt zwei Südtiroler Bands, die sich darauf spezialisiert haben, die Songs von „Led Zeppelin“ zu spielen: „Dazed and Confused“ aus dem Unterland und die Meraner „The Crunge“. Wie sich bereits aus der Namenswahl der beiden Bands schließen lässt, konzentrieren sich „Dazed and Confused“ (= Songtitel aus dem ersten, 1969 erschienenen Album „Led Zeppelin I“) eher auf die bluesig-psychedelischen frühen Jahre von „Led Zeppelin“. „The Crunge“ (= Songtitel aus dem Album „Houses of the Holy“, 1973) gehen hingegen etwas härter zur Sa-

E

Programm Radio „Freier Fall“ Freitag, 19.40 bis 23.00 Uhr RAI Sender Bozen DAS PROGRAMM FÜR HEUTE: The Skalls: „Ska is back in town“. Die neue CD Peter Bursch: Interview mit dem berühmten Gitarrenlehrer und Rockmusiker aus Duisburg Klaus Ramoser über „Brixtown 2008“ „The Screening“: Ein Nachtrag Nähere Infos: http://radiofreierfall.blogspot.com Diskussion: www.stmb.net (South-Tyrolean Music Board)

CD-Sampler Mehr oder weniger zufällig bei Led Zeppelin gelandet: „The Crunge“ heute Abend live im JuZe Naturns

che und decken auch das Spätwerk von Robert Plant & Co. ab. „The Crunge“ haben einige Monate im Proberaum verbracht bevor sie vor einem knappen Jahr auf die Konzertbühne . „The Crunge“ besteht aus vier gestandenen Musikern, die allesamt Banderfahrung vorweisen können: Kurt Pixner war Gitarrist bei „Mind the Gap“ und „Golden Delicious“, Bassist Dieter Oberkofler spielte in diversen Bands wie „Four“ und der reinen AC/DC-Coverband „Squealer“, Thomas Hölzl („Aluna“, „Golden Delicious“) und Sänger Andreas Kienzl, der etliche Jahre mit den „Tune Ups“ unterwegs war und als letzter zur Band stieß. Pixner, Hölzl und Oberkofler hatten eigentlich vor, dort weiter zu machen, wo Pixner und Hölzl mit seiner Band „Golden Delicious“ und dem 2002 erschienenen Jazzrock-Album „Doubt“ angelangt war. Es hätte ein poppiges, funkiges und jazziges Projekt werden sollen. Als bei der ersten Probe der drei „Whole Lotta Love“ als Einstieg angespielt wurde und funktionierte, fing Schlagzeuger Thomas Hölzl Feuer für die Spielweise von John Bonham und überzeugte den Rest der Band davon, weitere Songs ins Programm zu nehmen und schließlich völlig auf Zeppelin umzuschwenken. „The Crunge“ legen großen Wert darauf, dem Original nahe zu kommen. Abgesehen von den akustischen Songs wie „Gong To California“ oder „That’s The Way“, die „The Crunge“ in ein eigenes Set packen, versehen sie ihre Interpre-

tation mit einem durchaus modernen Gitarrensound. „The Crunge“ sind deswegen aber nicht wirklich Metal, sie treiben den Energiepegel der „Led Zeppelin“-Songs aber dennoch mit in die Höhe und bringen sie mit solidem Härtegrad zur Aufführung. Das belegt auch die vor diesen Sommer erschienene Demo-CD, die im „Soundcontrol“Studio in Meran quasi live eingespielt wurde und einen guten Querschnitt des Programms enthält. Das Repertoire von „The Crunge“ reicht vom ersten Zeppelinalbum („Good times, bad times“) bis hin zum vorletzten Album„Presence“ („Nobody’s Fault But Mine“), beinhaltet also die hinlänglich bekannten Klassiker und unbekanntere Stücke gleichermaßen. „The Crunge“ halten sich zwar an das Original und Sänger Andreas Kienzl gibt sich nicht nur Mühe, sondern überzeugt durchaus in seiner Rolle als Robert Plant. Aber es ist vor allem die Gitarre von Kurt Pixner, die das Ganze aus den trockenen Siebzigern in zeitgemäßere Klanggefilde holt. So klingt „Whole Lotta Love“ nicht bluesig wie das Original, sondern ist schon fast ein Hybrid aus Funk und Hardrock. Erwähnenswert natürlich auch die Rhythmussektion, die bei „Led Zeppelin“ eine wesentliche Rolle spielt und bei „The Crunge“ erledigen Hölzlund Oberkofler treibend und druckvoll wie es gefordert ist. Und nicht zuletzt werden „The Crunge“ der stilistsichen Vielfalt dieser Rock-Legende gerecht. (rhd) Info: www.thecrunge.tk

eating. seats

Die beiden Songs „Who painted the sky?“ und „Who has got the last laugh now?“ aus dem Album „Secrets about september“ von eating.seats erscheinen in Kürze auf einem schottischen CD-Sampler. Infos: www.destitunes.org

Bozen

Festival für Ideen Die Idee ist gut, die Umsetzung will beobachtet werden: Das „Tipi Festival” in – es findet am 21. und 22. November in der Schule Einaudi in Bozen statt – will Ideen seitens der jugend Bevölkerung unseres Landes sammeln und die besten davon umsetzen. Erste Ideen sind bereits auf der Homepage des Festivals (www.tipifestival.it) nachzulesen.


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