Selbstverständnis - HRM-Ausgabe 01/2022

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SELBSTVERSTÄNDNIS



EDITORIAL

Nachfrageboom

Sven Lechtleitner, Chefredakteur Human Resources Manager

Coverfoto: StudioJInc; diese Seite: privat

A

m Arbeitsmarkt herrscht aktuell ein regelrechter Ansturm auf Talente für das Personalwesen. Der Hays-Fachkräfte-Index zeigt für das vierte Quartal 2021 einen Höchstwert bei Stellenausschreibungen für HR-Fachkräfte seit Beginn des Indizes im Jahr 2015. Gesucht werden vor allem HR Business Partner, gefolgt von Menschen, die fit sind im Recruiting oder Employer Branding. Ein Grund für die neuen Begehrlichkeiten an HR-Expertise ist der steigende Fachkräftebedarf in Unternehmen. Um Talente zu finden und zu binden, braucht es schließlich auch mehr Kraft in Sachen Personalsuche und Talenteauswahl. Vor allem aber werden die Anforderungen an die Personalarbeit komplexer. So agieren HR-Verantwortliche häufig zwischen Personalwesen und Management, entwickeln die Unternehmensstrategie mit und gestalten die digitale Transformation. Wie wirken sich dieser Nachfrageboom und die Erfahrungen, die Personalerinnen und HR-Manager durch die Pandemie gemacht haben, eigentlich auf das Verständnis der eigenen Funktion aus? Natürlich ist es ein gutes Gefühl, am Arbeitsmarkt gefragt zu sein. Gerade in Anbetracht einer Zukunft, in der die Prognosen für einige Berufsfelder nicht rosig sind. Die Personalarbeit ist wertvoller geworden – in der gesellschaftlichen Wahrnehmung, aber insbesondere im betrieblichen Umfeld. Mit Beginn der Coronapandemie haben Personalabteilungen gezeigt, wer im Unternehmen die Krisen tatsächlich meistert. HR-Teams mussten sich selbst von heute auf morgen neu organisieren und dem f e b ruar / m är z 2022

Business in der Ausnahmesituation verlässlich zur Seite stehen. Die Personalabteilung hatte große Aufgaben zu stemmen – sei es das Pandemiemanagement, Umzüge ganzer Belegschaften ins Homeoffice oder die Abrechnung von Kurzarbeitergeld. Ein Härtetest mit jeder Menge zusätzlicher Arbeit. Man kann schon sagen: Die Erfordernisse der Pandemie haben die Funktion ins rechte Licht gerückt. HR hat sich in vielerlei Hinsicht neu erfunden – und das schon vor Corona. Die Ausnahmesituation diente lediglich der Beschleunigung. Ob Digitalisierungsprojekte oder neue Arbeitsmodelle: Die Gestaltung wirkungsvoller Konzepte fand oftmals im Verborgenen statt, nur wurden sie jetzt mit Tempo und für viele Augen sichtbar umgesetzt. Auch hinterfragen Unternehmen zunehmend die eigene HR-Organisation. Immer wieder steht das HR-Business-Partner-Modell zur Diskussion. Ist der in den neunziger Jahren von Dave Ulrich entwickelte Ansatz noch zeitgemäß? Oder ist die jüngere Idee einer People Company das Nonplusultra? Darüber lässt sich streiten. Was aber an dieser Stelle allen, die im HR-Bereich arbeiten, ans Herz zu legen ist: Unternehmen sollten den Nutzen verschiedener Modelle individuell abwägen und nicht auf jeden Hype eingehen. Eine neue HR-Organisation muss an den Bedürfnissen aller Beteiligten ausgerichtet sein. Mit einer neuen Bezeichnung alleine ist es dabei keineswegs getan. Egal wie wir es am Ende nennen, ob Personalmanagement, Human-Resources-Abteilung oder People and Culture: Wichtig ist, dass die Menschen im Mittelpunkt der Organisation stehen. 3


44 Nach der Vorstandskarriere schlägt Thomas Sattel­berger mit 72 Jahren einen politischen Weg ein – und ist beschäftigter als je zuvor. Ein Porträt

Editorial

6 Meine Arbeitswelt Frauke von Polier ist Chief People Officer bei dem Klima­ lösungsanbieter Viessmann. Acht Wochen lang besuchte sie bei Jobantritt Produktions­ standorte.

13 Schnappschuss 14 Sind Sie Orchidee oder Löwenzahn? Was verbirgt sich hinter High Performance und können wir dieses hehre Ziel in Coronazeiten überhaupt verfolgen? SCHWERPUNKT: SELBSTVERSTÄNDNIS

MEINUNG 8 Debatte aktuell Gehört die Gehaltsangabe in Stellenanzeigen?

18 Wie geht es HR? Die Pandemie hat das Selbstbild von HR kräftig durchgerüttelt. Zeit für eine Zwischenbilanz 22 Der Koalitionsvertrag Modernes Arbeiten oder Etikettenschwindel? Der Koalitionsvertrag im Check

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30 Jobs im Wandel Wenn sich die Arbeitswelt wandelt, verändern sich nicht nur Jobs, es ändert sich auch das, was für viele den eigenen Selbstwert ausmacht. 34 Mehr als Schall und Rauch Elise Müller ist Vice President People and Culture beim Softwareunternehmen Spryker. Sie verkündete im Herbst ihrer Belegschaft, der Begriff „HR“ sei für sie gestorben. 40 Wie können wir glücklicher arbeiten? Menschen sind an einem Achtstundentag nur für kurze Zeit wirklich produktiv. Was Unternehmen dagegen tun können

26 Tanker versus Schnellboot Worin unterscheidet sich die Personalarbeit in Start-ups und Konzernen? HomeToGo versus Allianz

44 Der Innovationstreiber Thomas Sattelberger über Unruhe im Ruhestand, die Magie der Transformation und sein Verständnis von Personalarbeit. Ein Porträt

Frauke von Polier ist Chief People Officer

48 HR-Business-Partner-Modell Ist das Modell noch zeitgemäß – oder bietet zum Beispiel die People Company bessere Perspektiven?

beim Familienunternehmen Viessmann. Sie arbeitet neben dem Firmensitz im hessischen Allendorf auch gern in einem Berliner Co-Working-Space.

Fotos: Wolfgang Maria Weber; Viessmann; Boonyachoat / Getty Images; GlobalP / Getty Images; Lena Bils

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IM FOKUS: ­ NACHHALTIGKEIT 52 Grünes HRM Personalabteilungen könnten dabei unterstützen, die ökologische Nachhaltigkeit in Unternehmen voranzutreiben. Warum machen es nur so wenige?

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ANALYSE

Das Handlungsprinzip der Nachhaltigkeit wird immer mehr

56 Kündigungen vermeiden Wie können Führungskräfte und HR Professionals mit einer fehlenden Passung zwischen Mensch und Jobprofil umgehen? Eine Anleitung

gesetzlich vorgegeben. Green HRM wird schon seit fast 20 Jahren erforscht. Doch in der Praxis bewegt sich kaum etwas.

68 Reingeschaut Ausgewählte Neuerscheinungen aus dem Bücherwinter

VERBAND

70 Sieben Gedanken Franz Schmid, Senior Director Modern Workplace, über Virtual Reality im Recruiting

87 HR meets Science

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Editorial

PRAXIS 60 Die Purpose Journey Über die Reise eines Familienunternehmens zum eigenen Unternehmenszweck

88 Die HR-Thesen 2022 92  Workforce Transformation

RECHT 64 Hingehört Der Berater und Personalmarketing-Experte Gero Hesse stellt seinen HR-Podcast Saatkorn vor. 66 Plädoyer für eine Kultur ­ des Aufhörens Der Sozialpsychologe Harald Welzer hat seinen eigenen Nachruf geschrieben. Eine Rezension

94 #WOL4HR ist gestartet 72

Aktuelle Urteile 96  Führen und führen lassen

74 Essay Nach dem politischen Wahljahr steht nun das betriebliche ­Wahljahr an. Wie lässt sich ein konstruktives Miteinander ­bewirken? 75

Impressum

48 Sie wirkt wie das Ringen um die Wunderformel: die Debatte um das HR-Business-Partner-Modell. Ist es noch aktuell?

LETZTE SEITE 98 Fragebogen Elke Sander hat nach fünfzehn Jahren ihre Marketingagentur geschlossen. Ihre neue Firma passt nun mehr zu ihrem Selbstverständnis.


MEINUNG

D E B AT T E

Gehört die Gehalts­angabe in Stellen­anzeigen? Viele Arbeitgeber fordern in Bewerbungen die Angabe des Gehaltswunsches. Sie selbst halten sich diesbezüglich jedoch meist bedeckt. Warum eigentlich? Über das Für und Wider

Die Debatte führte Sven Lechtleitner

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enn es um das liebe Geld geht, wird geschwiegen – sei es im Privaten oder im Beruf. Über Geld spricht man nicht! Ein Prinzip, das hierzulande tief verankert ist. Seit einigen Jahren kommt jedoch etwas Bewegung in die Sache. Ein Grund dafür ist das Entgelttransparenzgesetz. In Sachen Gleichstellung von Mann und Frau schreibt es einen Auskunftsanspruch beim Gehaltsgefüge vor. Das bedeutet zwar noch lange nicht, dass die Entgeltstrukturen für alle Personen innerhalb und außerhalb eines Unternehmens einsehbar sind. Aber das Streben, den Gender Pay Gap zu schließen, hat auch Auswirkungen auf die traditionelle Praktik, nicht über Geld reden zu dürfen: Gehaltstransparenz ist längst ein Debattenthema geworden. Immer wieder wird diskutiert, ob die Vergütung in Stellenanzeigen veröffentlicht werden soll. Schließlich wird in Bewerbungen auch häufig um die Angabe des Gehaltswunsches gebeten. Diese Selbsteinschätzung hilft Personalverantwortlichen bei der Einordnung, ob Kandidatinnen oder Bewerber im Budget liegen und ob diese ihre eigenen 8

Qualifikationen richtig bewerten. Während sich die eine Seite offenbart, schweigen sich Arbeitgeber also aus. In Stellenanzeigen gibt es nur selten konkrete Angaben zur Vergütung. Die grobe Einordnung diverser Jobportale lässt allenfalls eine Richtung vermuten, wie hoch das Gehalt wohl ausfällt. Bei tarifgebundenen Unternehmen, sofern der Tarifvertrag öffentlich zugänglich ist, können Jobinteressierte zwar nachlesen, was sie bei einer Anstellung auf ihrem Konto erwartet. Aber bei Vakanzen außer Tarif können Abweichungen groß sein und sie tappen im Dunkeln. Dabei wünschen sich viele Menschen mehr Transparenz in Sachen Verdienst. Studien zufolge führen Anzeigen mit Gehaltsangaben zu mehr Bewerbungen. Das Einkommen spielt bei der Jobwahl also eine erhebliche Rolle. Als der Human Resources Manager auf Linkedin die Frage stellte, ob es Gehaltstransparenz in Jobanzeigen benötige, wurde die Diskussion rege geführt. Mehr als 50 Kommentare geben Aufschluss darüber, wie Personalverantwortliche und Arbeitgeber die Gemengelage einschätzen. Grundsätzlich spricht sich eine Mehrheit für Gehaltstransparenz aus, wennwww. hu ma n reso u rce sma n age r. d e


Fotos: Claudia Hofmair; privat

MEINUNG

Pro

Contra

Ich persönlich möchte mich ganz klar für eine Gehaltstransparenz aussprechen. Das bringt für beide Seiten in meinen Augen überwiegend Vorteile. Das Gehalt spielt bekanntlich eine der wichtigsten Rollen bei der Jobsuche. Jede Person möchte wissen, ob sie sich mit einer potenziellen neuen Rolle finanziell besser oder schlechter stellt. Wie oft passiert es aber, dass das Thema Gehalt erst im letzten Schritt des RecruitingProzesses thematisiert wird, um dann möglicherweise feststellen zu müssen, dass man beim Thema Geld leider nicht zusammenfindet. Oftmals müssen Jobinteressierte mühselig viele Gespräche mit Unternehmen führen, um in der Lage zu sein, das auf dem Markt aktuell gängige Gehalt in Erfahrung zu bringen und um dann erst bewerten zu können, welche Stelle für einen überhaupt infrage kommen könnte. Es wäre doch so viel einfacher, würde man diesen Aspekt von Anfang an kennen und sich somit wertvolle Zeit ersparen. Den Unternehmen geht es nicht anders. Würden Bewerberinnen und Bewerber zusammen mit dem Stellenprofil von Anfang an das Gehalt kennen und dadurch in der Lage sein, die Passung der Stelle allumfassend im Vornherein zu prüfen, müssten die Unternehmen viel weniger Zeit in nicht passende Bewerbungen und Interviews investieren.

Ich sehe die Frage aus der Praxis etwas differenzierter. Oft gibt es für eine Position eine bestimmte Spannbreite, die sich aus ganz vielen Faktoren speist. Das kann das Gehalt vergleichbarer Teammitglieder sein. Es kann aber auch genau umgekehrt sein: Aus einer Reihe von Gründen ist eine bestimmte Abteilung über die Jahre viel zu teuer geworden – und nun wünscht man sich die Neueinstellung auf realistischem Niveau. Oder: Die neue Kraft soll mehr Potenzial haben als eine vergleichbare Person im Fachbereich. Dafür ist das Unternehmen bereit, auch noch etwas beim Gehalt draufzulegen. Sehr oft will man sich auch einfach flexibel halten und schauen, was der Markt an Jobinteressierten hervorbringt. Schreiben Arbeitgeber in einer solchen Situation nun aus mit Angaben wie „60.000 bis 80.000 Euro“, dann wird jede Person sofort die höhere Summe als schon verhandelt voraussetzen – und es beginnt eine unschöne Diskussion. Und: Die vorhandenen Teammitglieder, die beispielsweise alle 70.000 Euro verdienen, reden plötzlich darüber, dass der oder die „Neue“ wahlweise billig eingekauft wird oder viel mehr als die anderen verdienen soll. Dann hängt der Betriebsfrieden schief. Mein Plädoyer: ganzheitlich, differenziert betrachten!

Susanne Kößler, Recruiterin

Andrea Klieve, Geschäftsführerin Persocia

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MEINUNG

IMPULS

Sind Sie Orchidee oder Löwenzahn?

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MEINUNG

Höchstleistung wird in vielen Bereichen unseres Lebens gefordert. Was sich dahinter verbirgt und wie High Performance in Coronazeiten gelingen kann Ein Gastbeitrag von Kathrin Leinweber

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ür einige Menschen geht es darum, von null auf hundert zu kommen und damit auf dem Sieger­ podest ganz oben zu stehen. Doch in einer Zeit, in der unsere Nerven über Gebühr strapaziert wurden, in denen die Menschen an ihre Grenzen kommen und erschöpft sind, geht es in Wirklichkeit für viele beim Thema High Performance erst einmal darum, wieder von null auf eins zu kommen – also das eigene Leistungsniveau zu stabilisieren oder gar aus dem Tal des Leistungstiefs heraus­zufinden. Kennen Sie das Bild vom Löwenzahn und von der Orchidee? Der Löwenzahn ist eine robuste Pflanze, die auch auf dem härtesten Beton wächst, wohingegen die Orchidee bei der kleinsten Umweltveränderung eingeht. Die meisten von uns sind mehr Orchidee als Löwenzahn. Denn wenn es schwierig wird, geben 75 Prozent der Menschen auf. Was können wir aber tun, um weiterzumachen, auch wenn es um uns herum turbulent wird? Wie können wir unsere Höchstleistung beflügeln, auch wenn wir nicht täglich von der Muse geküsst werden? Wie werden wir also mehr zum Löwenzahn als zur Orchidee?

Abbildungen: kaarsten / Daniel Kaesler / Getty Images; 13-Smile / Getty Images

Mit Strategie vorgehen Sie müssen nicht in der genetischen Lotterie der guten Eigenschaften gewonnen haben oder eine Superheldin sein, um jeden Tag das Allerbeste aus sich herauszuholen. Es gibt sieben High-Performance-Strategien, die Ihnen helfen, persönliche Bestleistung zu erreichen: Am Anfang eines Vorhabens brauchen wir Klarheit. Es ist wichtig, dass wir eine Vision haben und das Ziel kennen, das wir erreichen wollen. Doch nur mit einem Ziel vor Augen, wird es schwierig, dort anzukommen. Wir brauchen auch jeden Tag Kraft und Energie, um ausdauernd vorwärtszuschreiten. Es ist wichtig, dass wir unsere inneren und äußeren Antreiber kennen, um motiviert zu bleiben. Das Ziel klärt die Frage, was wir erreichen wollen. Die Antreiber zeigen uns, warum wir das tun. Mit Produktivität und Umsetf e b ruar / m är z 2022

zungsstärke nutzen wir unsere Zeit ohne unnötige Ablenkung. Wir planen unseren Tag, fokussieren uns und können das Wichtige vom Unwichtigen unterscheiden. Emotionale Stabilität hilft uns, mit Ängsten und Zweifeln umzugehen und wieder ins Vertrauen zu kommen. Vertrauen ist die produktivste Emotion, mit der es uns gelingt, loszulaufen. Mit Mut wagen wir die nächsten Schritte außerhalb der eigenen Komfortzone. Dabei müssen wir nicht die ganze Welt retten, sondern einfach den nächsten Schritt planen. Mit neuen Ideen, die alle vorwärts bringen, begeistern wir unsere Mitmenschen und gewinnen sie für unsere Vorhaben. So üben wir als Vorbild positiven Einfluss aus. Wie lassen sich diese Strategien umsetzen? Hier sind fünf Tipps: 1

Der Bettkanten-Hack

Zwischen Arbeit und Motivation klafft eine Lücke, in die prima ein Bett passen würde. Kennen Sie auch die Momente, in denen Ihr Wecker klingelt und Sie keinen Elan haben, aufzustehen? Viele Menschen kommen in der Früh nicht aus den Federn. Die Gründe sind vielfältig: schlecht geschlafen, zu viel Stress, die Aussicht auf einen anstrengenden Tag. Mit dem Bettkanten-Hack wird Ihnen das Aufstehen leichter fallen: Setzen Sie sich morgens auf Ihre Bettkante und stellen Sie sich die Frage: Wofür stehe ich heute auf? Überlegen Sie sich drei Dinge, auf die Sie sich freuen, drei Ziele, die Sie vorantreiben wollen, und drei Emotionen, die Sie fühlen möchten. Vielleicht freuen Sie sich auf einen Austausch mit einer inspirierenden Kollegin, das Yoga in der Mittagspause und Ihre Kinder am Abend. Drei Ziele könnten sein, den wichtigen Projektmeilenstein an diesem Tag abzuschließen, das nötige Konfliktgespräch mit einem Kollegen zu führen und die Anfrage beim Vorgesetzten zur Gehaltsanpassung anzugehen. Dafür benötigen Sie vielleicht Mut, Zuversicht und Vertrauen, die im Übrigen auch die produktivsten Emotionen sind. Mit einem Ziel, klarem Verstand und Vorfreude erübrigt sich die Frage: Mach ich heute mit? Denn Sie wissen, wofür Sie angetreten sind. Und damit folgen Ihnen Ihre Beine ganz automatisch aus dem Bett. 2

Der Türrahmen-Hack

Oft hasten wir durch den Tag, erledigen alle Aufgaben unserer To-do-Liste und fühlen uns am Abend erschöpft. Ohne Kraft und Energie wird es schwierig, ausdauernd ein Ziel zu erreichen. Doch mit dem Türrahmen-Hack geht es einfach: Wann immer Sie im Laufe des Tages eine Türschwelle überschreiten, richten Sie die Wahrnehmung auf Ihr Energiele15


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Plötzlich im Spotlight Die Pandemie hat das Selbstbild von HR kräftig durchgerüttelt. Die Grenzen, was Personalmanagement leisten kann, darf und soll, wurden in der Krise neu gesteckt. Zeit für eine Zwischenbilanz Ein Beitrag von Dominic Fernandez

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ls systemrelevant gelten Personen, ohne die ein System im Krisenfall nicht funktioniert. Welche Berufe in diese Kategorie gehören, stand während der Pandemie oft zur Diskussion. Fragt man die Politik, ist die Sache klar: Ohne Fachkräfte in Pflegeeinrichtungen, im Krankenhaus, in der Verwaltung und im Einzelhandel ist unsere Gesellschaft eindeutig aufgeschmissen. So weit, so gut. Fragt man in einem Unternehmen, wer den Betrieb in Krisenzeiten am Laufen hält, wird die Antwort kniffliger. HR ist in vielen Unternehmen vermutlich bei Weitem nicht die erste Abteilung, die Angestellten in den Sinn käme. Medial berichtet wurde vor allem über Unternehmensführungen und vielleicht noch die IT, die versuchte, technische Anlaufschwierigkeiten abzumildern. Personalbeauftragte erledigen ihre Arbeit meist im Hintergrund. Auch das HR-Team würde bei dieser Frage kaum auf sich selbst zeigen, sondern seinen Blick eher auf die Beschäftigten und einzelne Teamleads richten, die sich in der neuen Situation zurechtfinden mussten. Doch Krisen haben das Potenzial, neue Perspektiven zu eröffnen. Für HR war die Pandemie – wie für so viele Unternehmensbereiche – Härtetest und Chance zugleich. Als zentrale Stelle im Unternehmen bot die Krise vielen HR-Teams die Möglichkeit, die eigene Bedeutung und Relevanz in ihrem Unternehmen neu zu entdecken. Ein radikales Umdenken war ohnehin unausweichlich, warum also nicht gleich das komplette System auf den Prüfstand stellen? Rund zwei Jahre nach dem ersten Lockdown steht die Arbeitswelt zwar nicht mehr Kopf, aber von Ruhe und Stabilität keine Spur. Noch immer sind alle Augen auf die Krisenbeauftragten gerichtet. Und in vielen Unternehmen betrifft das dann doch die HR-Abteilung. Sie vermittelt zwischen Führungsebene und Mitarbeitenden, lenkt interne Kommunikationsflüsse, ist Anlaufstelle für zentrale Informationen, damit die Weiterarbeit trotz der Krisenlage gelingt. Kurzum: Sie tritt eigentlich überall in Erscheinung. f e b ruar / m är z 2022

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Modernes Arbeiten oder Etiketten­ schwindel? Der Koalitionsvertrag offenbart ein eher konservatives Verständnis von Arbeit – mit allenfalls zarten Ansätzen einer Modernisierung. Also alles nur alter Wein in neuen Schläuchen?

Ein Gastbeitrag von Christoph Seidler

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eit Anfang Dezember 2021 ist die neue Bundesregierung im Amt, gebildet aus einer Koalition der Parteien SPD, Bündnis90/Die Grünen und FDP. Die neue Regierung hat in der bevorstehenden Wahlperiode die Möglichkeit und die Verantwortung, wichtige Weichen für die Weiterentwicklung der Arbeitswelt zu stellen. Themen wie neues Arbeiten, lebenslanges Lernen, Plattformökonomie und vieles mehr sind zwar in der Fachwelt längst angekommen. Initiativen aus Regierung und Parlament ließen aber bisher auf sich warten. Was dürfen wir insoweit von der neuen Regierung erwarten? Welches Verständnis von Arbeit wird den Gesetzes­ initiativen zugrunde liegen? Einen ersten Anhaltspunkt liefert der im Oktober verhandelte Koalitionsvertrag. Dort steht verheißungsvoll: „Wir wollen die moderne Arbeitswelt gestalten“. Doch wie viel Gestaltung und moderne Arbeitswelt steckt darin tatsächlich? Der nachfolgende Überblick zentraler Punkte zeichnet ein eher verhaltenes Bild.

Abbildung: igorr1 / Getty Images

Förderung der Aus- und Weiterbildung Bemerkenswerterweise steht an erster Stelle des Kapitels „Arbeit“ die Förderung der Aus- und Weiterbildung. Der Koalitionsvertrag nimmt dort unter anderem das Konzept des lebenslangen Lernens auf. Weiterbildungsmöglichkeiten parallel zu einer laufenden Beschäftigung sollen ausgebaut f e b ruar / m är z 2022

und durch neue Varianten des Bundesausbildungsförderungsgesetzes gefördert werden. Vorgesehen ist zudem eine Bildungs(teil)zeit. Schließlich will die Koalition die Rolle der Bundesagentur für Arbeit bei Qualifizierungsmaßnahmen stärken und den bisherigen Vorrang der Arbeitsvermittlung explizit beseitigen.

Ausweitung des Arbeitnehmerschutzes Wenig überraschend will die SPD-geführte Regierung den Schutz von Beschäftigen ausweiten. Ein wesentlicher Baustein ist das zentrale Wahlversprechen der SPD, den Mindestlohn auf zwölf Euro anzuheben. Die Umsetzung der Mindestlohnerhöhung ist für Oktober 2022 angekündigt. Das System der befristeten Arbeitsverträge wird nicht grundlegend reformiert. Insbesondere bleiben sachgrundlose Befristungen zulässig. Begrenzt wird jedoch die Möglichkeit, Befristungen mit einem gesetzlichen Sachgrund fast nach Belieben aneinanderzureihen – also Kettenbefristungen zu vermeiden. Zudem will der Koalitionsvertrag dem oft geäußerten Einwand begegnen, die öffentliche Hand profitiere selbst am meisten von Befristungen. Der Sachgrund der sogenannten Haushaltsbefristung, der faktisch nur der öffentlichen Hand zugutekommt, soll dafür abgeschafft werden und sachgrundlose Befristungen für den Bund als Arbeitgeber sollen reduziert werden. 23


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Transformation der Träume Die Transformation der Arbeitswelt klingt technisch. Dahinter stehen jedoch persönliche Schicksale. Denn wenn sich die Arbeitswelt wandelt, verändern sich nicht nur Jobs, sondern auch das, was für viele den eigenen Selbstwert definiert. Ein Beitrag von Mirjam Stegherr

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ber den Wolken endet eine Passion: der Traumberuf Pilot. Er habe sich nie etwas anderes vorstellen können, als zu fliegen, und nie etwas anderes gelernt, schreibt Peter Haase, Berufspilot bei der Lufthansa. Dann kam Corona. „Niemand hätte es sich vorstellen können, aber selbst für uns Flieger platzen Träume,“ schreibt Haase in einem Bericht. Die Vereinigung Cockpit riet jungen Pilotinnen und Piloten in einem Radiointerview, dass sie sich besser eine Alternative suchen sollten. Viele schulten um, führen heute keine Flugzeuge mehr, sondern Loks.

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Wenn Krisen Märkte erschüttern, verändern sich Jobs. Pilotinnen und Piloten seien hoch qualifiziert und würden schnell Alternativen finden, sagt Daniel Terzenbach, Mitglied im Vorstand der Bundesagentur für Arbeit: Das kann das Führen eines Zuges sein oder die Wettersimulation. Die Schnittmengen seien groß. „Vielleicht ist das nicht ihr Traumjob. Aber wir können Pilotinnen und Piloten das Angebot machen, Berufsfelder kennenzulernen, in denen sie das einsetzen, was sie gelernt haben und wofür sie eine Leidenschaft mitbringen.“ Die Bundesarbeitsagentur versteht sich als Drehscheibe in der Transformation. Sie will nicht als Behörde auftreten,

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Fotos: linke Seite: kertu_ee / Getty Images; rechte Seite: ohishiistk / Getty Images

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sondern als Beraterin. „Wir möchten die Menschen durch die Phasen begleiten, die eine Veränderung mit sich bringen“, sagt Terzenbach. Dazu gehört, Veränderungen zu erklären, die Lage zu analysieren und Ideen zu entwickeln, wie es weitergehen kann. Den Gang durch das Tal der Tränen zu begleiten, das Menschen durchschreiten, die einen Wandel erleben wie der Pilot Peter Haase, gehört zum Coachingprozess dazu. Die Arbeitsagentur hatte lange nicht den Ruf, besonders einfühlsam bei solchen Transformationen zu sein. Der „Vermittlungsvorrang“ zwang die Behörde, Arbeitssuchende in Stellen zu bringen, egal wie passend oder

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willkommen sie waren. Das gilt nicht mehr, der Passus wurde abgeschafft. Inzwischen sind nicht die Stellen das Problem, sondern Qualifizierte. „Wer etwas mit Leidenschaft macht und die passende Qualifikation mitbringt, kann nahezu überall unterkommen“, sagt Terzenbach.

Wollen und Können Der Markt hat sich so verändert, dass das Individuum in den Mittelpunkt rückt. Auch das Thema Nachhaltigkeit spielt eine Rolle: Jemanden in einen Job zu vermitteln, den er

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„ HR ist für uns gestorben“ Als Elise Müller beim Softwareunternehmen Spryker im Jahr 2017 anfing, war sie die einzige Personalverantwortliche. Heute kümmern sich 22 Menschen um die Belange von 450 Mitarbeitenden. Im September teilte sie allen in einem internen Newsletter mit: HR ist tot.

Foto: Saskia Uppenkamp

Ein Interview von Jeanne Wellnitz

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Frau Müller, warum ist HR für Sie gestorben? Unsere Personalabteilung hat sich umbenannt, und das wollte ich bewusst im Unternehmen positionieren. Also verschickten wir einen internen Newsletter, den wir mit „RIP HR“ betitelten. Danach folgte ein Linkedin-Post mit dem Satz: HR ist für uns gestorben. Wir identifizieren uns nicht mehr als HR-Abteilung, sondern sind ein People-and-Culture-Team. Die Menschen bei uns sind keine Ressourcen, sie sind Sprykees und Teil unserer Herde. So nennen wir die gesamte Spryker-Community – das Wording ist angelehnt an unser Logo, eine Oryxantilope. Wir haben also unseren Abteilungsnamen geändert, denn wir bieten mehr als Vertragserstellung und Recruiting. Und zwar? Wir bieten den vollen Service, wir wollen Wünsche verstehen und umset-

zen. Wir sind ein 22-köpfiges Team und haben drei Bereiche, die in acht Unterbereiche unterteilt sind, sodass wir unsere Sprykees in allem unterstützen können. Wir wollen nicht als HR wahrgenommen werden, sondern als Partner. Gab es auch andere Namensfavoriten? Wir hatten anfangs über Retention and Recruitment nachgedacht, aber das war uns zu wenig menschen­zentriert. Als Sie im Jahr 2017 zum Unternehmen kamen, waren Sie die Personalabteilung und verantwortlich für 40 Menschen. Wie fanden Sie das Unternehmen vor? An meinem ersten Tag saß ich versehentlich in einem Tech-Onboarding, weil niemand wusste, was man mit mir anfangen sollte. Mir wurde also der Softwarecode erklärt und ich habe überhaupt nichts verstanden. Es gab 35


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Der Innovationstreiber Nach der Vorstandskarriere schlägt Thomas Sattelberger einen politischen Weg ein – und ist beschäftigter als je zuvor. Über Unruhe im Ruhestand, die Magie der Transformation und das Verständnis von Personalarbeit Ein Porträt von Sven Lechtleitner

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Foto: Wolfgang Maria Weber

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it zwei Smartphones in den Händen sitzt Thomas Sattelberger am Schreibtisch in einem seiner beiden Büros in Berlin. „Schon voll im Staatssekretär-Modus! 2 Handys, 2 Büros & ein explodierender Terminkalender. Let’s do it!“, kommentiert er diesen Schnappschuss auf Twitter und Linkedin zum Amtsantritt. Die beiden Telefone braucht er, das zweite Büro auch. Alles muss strikt getrennt sein zwischen seiner Abgeordnetentätigkeit im Bundestag und dem Amt als Parlamentarischer Staatssekretär bei der Bundesministerin für Bildung und Forschung. Im Deutschen Bundestag ist er seit 2017 Mitglied, den Spitzenposten bei der Behörde hat er seit Dezember 2021 inne. Als das Foto seines ersten Amtstages in den sozialen Netzwerken die Runde macht, kommentieren manche die Unterschriftenmappe, die voller Dokumente in der Mitte des Schreibtisches liegt. Ein Widerspruch zwischen analogem Behördenalltag und dem Digitalversprechen, das sich seine Partei, die FDP, auf f e b ruar / m är z 2022

die Fahnen geschrieben hat. Kritik gehört zur politischen Arbeit dazu. Verschlossenheit gegenüber der digitalen Welt kann man Sattelberger jedenfalls nicht unterstellen. Der 72-Jährige hat unter anderem ein Profil auf der Videoplattform Tiktok mit rund 150.000 Followern und teilt kurze Videoclips zu seinem Politikerdasein. Zu Beginn der Pandemie führte er auf Youtube ein Videotagebuch über seine Coronainfektion und den Krankheitsverlauf; digitale Medienarbeit zwischen Aufklärung und Unterhaltung sozusagen. Trotz der Trennung zwischen Partei- und Fraktionsarbeit sowie ministerieller Arbeit kann eines kaum separat koordiniert werden: die Termine in seinem Kalender. Eine Herausforderung für ihn und sein Team. Die Zeitplanung sei fast wie zu seiner Zeit als Dax-Vorstand bei der Telekom. Als Abgeordneter folgt er bestimmten Routinen: montags Bürotag, dienstags Fraktionstag, mittwochs ein halber Ple­ nartag, donnerstags und freitags ein ganzer. Mit dem Amt des Staatssekretärs haben sich Kommunikation und Termine vervielfacht. An Arbeitstagen ist der Politiker schon mal von 7:00 Uhr morgens bis abends 20:30 Uhr durchweg in Videokonferenzen, ohne Pausen für Frühstück und Mittagessen. Am Tag des Gesprächs für dieses Porträt klingelte nachts um 2:30 Uhr sein Wecker, bis 5:00 Uhr hat er gearbeitet, sich dann fertig gemacht und ist zum Flughafen gefahren. Der Flieger von München nach Berlin ging um 7:00 Uhr. „Work-Life-Balance ist ein Konzept für Menschen, die ihre Arbeit als nicht sinnvoll empfinden“, sagt Sattelberger. Bei ihm vermische sich Privates und Berufliches. Über Fragen der Balance macht er sich keine Gedanken.

Quereinstieg in die Politik Nach dem Karriereende als Personalvorstand und Arbeitsdirektor, zuletzt bei der Telekom, ging es für den Diplom-Betriebswirt in den Unruhestand, wie er es nennt. Sattelberger übte einige Aufsichtsratsmandate aus, wirkte aktiv bei nationalen Initiativen wie MINT Zukunft schaffen mit, die sich für die Ausweitung von MINT-Qualifikationen einsetzt. Erfüllt haben ihn diese Aufgaben allerdings nicht. „Im zarten Alter von 66 Jahren musste ich feststellen, dass man dort zwar lernt, Schiffchen auf dem See zu steuern, es aber etwas anderes ist, noch einmal eine gehaltvolle Aufgabe zu haben“, 45


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Das Ringen um die Wunderformel Ist das HR-Business-Partner-Modell noch zeitgemäß – oder bietet zum Beispiel die People Company bessere Perspektiven? Diese Frage diskutieren Personalverantwortliche in Deutschland immer häufiger. Manche vermuten hinter dem Modellstreit indessen einen tief sitzenden HR‑Minderwertigkeitskomplex. Ein Beitrag von Anne Hünninghaus

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ennen Sie sich ein bisschen aus mit Quantenphysik oder zumindest mit der Nerd-Sitcom The Big Bang Theory? Dann wissen Sie vielleicht, dass es in diesem Feld seit langem Grabenkämpfe gibt – und zwar zwischen Fans der Stringtheorie und dem Lager derer, die auf die Schleifenquantengravitation schwören. Gesucht ist nichts weniger als eine Weltformel, da geht es schon mal scharfzüngig zu. So lästerte vor einigen Jahren der Physiker Peter Woit, die String-Modelle seien methodisch so unzureichend, dass sie es nicht einmal verdienten, als falsch bezeichnet zu werden. Nun ist HR weder auf der Suche nach einer Weltformel, noch teilt sich der Berufsstand exakt in zwei Gruppen, die ihre Herangehensweise als indiskutable Blaupause betrachten. Eifrige Diskussionen gibt es trotzdem – und tatsächlich haben sich über die Zeit insbesondere zwei Antworten auf die Frage, welches Selbstverständnis das Personalmanagement im Unternehmen verfolgen sollte, herausgeschält. Das in den neunziger Jahren von Dave Ulrich entwickelte HR-Business-Partner-Modell und die jüngere Idee von HR als People Company. 48

Schon von außen wird schnell sichtbar, wie sich die Funktion im Unternehmen begreift: Betitelt sich die Abteilung mit behördlichem Beiklang als Personalwesen? Klassisch als Human Resources? Bindungsorientiert als Human Relations? Oder womöglich topmodern als People and Culture Unit? Die eigene Verschlagwortung gibt einen Hinweis, welchem Denkmodell die Verantwortlichen nahestehen. Heute gehört in vielen großen Unternehmen das Business-Partner-Modell zum Standard. Dass es sich in den vergangenen 20 Jahren immer weiter etablierte, hat dem Selbstwertgefühl des Personalmanagements einen Schub verpasst. Statt als Verwalter agiert es seither wie ein Gestalter und Stratege, als ein Partner eben. Doch heute geht das Modell vielen nicht mehr weit genug. Der Fachkräftemangel und die dadurch veränderten Bedürfnisse lassen oftmals nur einen Schluss zu: Die Zukunft liegt in der People Company. In neuen HR-Organisationen seien Business-Partner eher out, heißt es dann. Zu stark sei der Fokus auf ökonomische Faktoren gerichtet. Gewinnmaximierung statt Menschenförderung? Klingt antiquiert. www. hu ma n reso u rce sma n age r. d e


Abbildung: GlobalP / Getty Images

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Stattdessen en vogue: mehr dezentrale Verantwortung bei People-Themen. Laut einer Studie des Softwareunternehmens Sage aus dem Jahr 2019 erwarten 94 Prozent der 500 befragten HR-Verantwortlichen, dass sich der HR-Begriff in eine People-Funktion wandelt. Hat das einst gefeierte Ulrich-Modell also ausgedient? Judith Hübner ist am Telefon und als Antwort auf diese Frage seufzt sie zunächst. „Wann hören wir endlich auf, darüber zu reden?“, sagt die HR-Chefin des Chemieunternehmens Sasol. Hübner ist seit 20 Jahren als Personalerin tätig, lange Zeit selbst als Business-Partnerin. „In keinem anderen Unternehmensbereich wird so prominent über Methoden gestritten wie in HR“, sagt sie. Dahinter steckt aus ihrer Sicht die Suche nach der sichtbaren strategischen Bedeutung, danach, wichtiger zu werden und die eigene Funktion durch ein offizielles Modell zu legitimieren. Denn HR, lautet Hübners Diagnose, hat einen tief sitzenden Minderwertigkeitskomplex: „Alle da draußen glauben, sie könnten unseren Job genauso gut machen – welchen Wert gutes HR-Management hat, wird oft von Geschäftsführungen nicht gesehen.“ f e b ruar / m är z 2022

Eine Elite diskutiert Auf Kongressen und Plattformen wie Linkedin ringen versierte HR-Verantwortliche derweil darum, wer die modernste und zukunftsträchtigste Herangehensweise verfolgt. Ihre Beiträge – die für Außenstehende zuweilen tatsächlich nach Quantenphysik klingen – suggerieren eine enorme Professionalisierung des Berufsstands. Dabei wird schnell vergessen: Es ist in der Regel eine fortgeschrittene Bubble, die dort an Modellen feilt und sich dazu austauscht – die HR-Elite sozusagen. Es handelt sich um Vertreterinnen und Vertreter großer Konzerne und moderner Mittelständler, die einen Schritt weiter gehen möchten, als das HR-Business-Partner-Modell es in seiner Urfassung vorsah. Sie wollen sich noch mehr auf die Menschen im Unternehmen fokussieren, die Organisation komplett durchdringen. Doch dieses Expertentum ist beileibe nicht gleichmäßig auf alle deutschen Arbeitgeber verteilt, wie Judith Hübner beobachtet. „Nach wie vor gibt es eine große Masse von Personalverantwortlichen, die fast ausschließlich verwaltet, die überhaupt erst versucht, in puncto Strategie den Fuß in die Tür zu bekommen.“ Vor 49


NOCH    GRÜN HINTER DEN OHREN IM FOKUS

N AC H H A LT I G K E I T

Ein Beitrag von Petra Walther

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HR könnte dabei unterstützen, die ökologische Nachhaltigkeit in Unternehmen voranzutreiben. Ganz entscheidend ist nämlich, das Thema kulturell in der Organisation zu verankern. Bislang ergreifen aber nur wenige HR-Abteilungen diese Chance.

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IM FOKUS

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or ein paar Jahren noch waren es nur wenige Start-ups, die ökologisches Handeln und Nachhaltigkeit als Geschäftsmodell in den Blick genommen haben. Inzwischen ist das Thema zunehmend in den Unternehmen präsent. Denn nicht nur Umweltaktivisten und Nichtregierungsorganisationen, auch vermehrt Konsumenten und Kundinnen fordern ökologisch nachhaltige Produkte und Leistungen. Das Handlungsprinzip der Nachhaltigkeit wird zudem immer mehr gesetzlich vorgegeben. Stichwort Environmental Social Governance, kurz ESG. Erst kürzlich hat die Evaluierung der umweltgerechten sozialverträglichen Unternehmensführung enormen Auftrieb erfahren: Seit Januar fordert die Gesetzgebung, dass Unternehmen den Anteil ihres Umsatzes, der als nachhaltig klassifiziert wird, berichten müssen. Einen branchenspezifischen Rahmen zur Bestimmung nachhaltiger „grüner“ Umsätze liefert dabei das Europäische Parlament mit der Taxonomie-Verordnung (EU) 2020/852. Sinn und Zweck der Verordnung ist unter anderem, die notwendige Transparenz hinsichtlich ökologisch nachhaltiger Wirtschaftstätigkeiten zu bieten und sogenanntes Greenwashing zu verhindern.

Vom Menschen entkoppelt Kurzum: Unternehmen sind gezwungen, in Zukunft ökologisch verantwortlicher und nachhaltiger zu agieren. Die Frage, welche Rolle HR dabei spielen kann, ist zumindest f e b ruar / m är z 2022

in der Wissenschaft nicht neu. Green Human Resources Management, die Potenziale einer grünen und HR-basierten Transformation auf dem Weg zu mehr ökologischer Nachhaltigkeit, wird schon seit fast 20 Jahren erforscht. Und in der Praxis? Dort herrscht noch weitgehend Leere, was HR-Aktivitäten betrifft, die das Ziel der ökologischen Nachhaltigkeit verfolgen. Das liegt daran, dass ökologische Nachhaltigkeitsbestrebungen in den meisten Unternehmen im strategischen Management verortet und selten an den Personalbereich angebunden sind. So lautet zumindest eines der Hauptforschungsergebnisse des Teams um Professor Michael Müller-Camen von der Wirtschaftsuniversität Wien, er ist führend im Forschungsbereich Green HRM. Müller-Camen zufolge werden ökologische Aspekte in Bezug auf das Personalmanagement in den rund 250 von ihm analysierten Nachhaltigkeitsberichten nicht abgebildet: „Das Nachhaltigkeitsthema ist quasi vom Menschen entkoppelt: Die Unternehmen beschreiben in ihren Nachhaltigkeitsberichten, was sie tun, um die CO2-Emission zu senken. Es kommt aber nicht zum Ausdruck, dass hinter diesen Aktivitäten Menschen stehen.“ Die HR-Beraterin Alexandra Hiekel bestätigt die wissenschaftlichen Beobachtungen für die Praxis: „Die Nachhaltigkeitsbemühungen der Unternehmen bleiben auf der organisatorischen und technischen Ebene stecken.“ Sie hat im November vergangenen Jahres das auf Green HRM spezialisierte Beratungsunternehmen HR4Green mitgegründet. Eben genau mit dem Ziel, das Thema in den Blickwinkel der HR-Abteilungen zu rücken. Fernab des Personalmanagements sind die Betriebe laut Hiekel bislang in erster Linie damit beschäftigt, auf Nachhaltigkeitsvorgaben und -regularien zu reagieren. Eine Kulturentwicklung hingegen finde nicht statt.

HR ist kein Treiber Eine Studie von HR4Green in Kooperation mit Meta Five und der Alanus Hochschule Alfter untermauert Hiekels Beobachtung: Den 74 befragten HR-Professionals aus kleinen und mittelständischen Unternehmen sowie Konzernen ist zwar zum Großteil bewusst, dass der Natur- und Klimaschutz zu den wichtigsten Herausforderungen ihres Unternehmens gehört. Dementsprechend halten sie es für erstrebenswert, eine grüne Unternehmenskultur im Betrieb zu fördern sowie klare Prinzipien und Leitlinien für grüne Entscheidungen 53


RECHT

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Betriebsratswahlen als Chance begreifen

Ein Essay von Konradin Pleul und Kara Preedy

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in Betriebsrat, der die Diversität des Betriebs widerspiegelt, die Interessen aller im Blick hat und zum Wohle der Beschäftigten und des Unternehmens tätig wird, macht einen Unterschied und ist ein Erfolgsfaktor. Umgekehrt kann ein Betriebsrat, der seine Position nicht im Interesse der Belegschaft und des Unternehmens ausübt, echten Schaden anrichten. Ein Ringen um Belegschafts- und Arbeitgeberinteressen gehört zum Betriebsalltag dazu. Wichtig ist bei alledem, dass es sich um einen konstruktiven Austausch handelt. Wie im politischen Geschäft ist auch bei der betrieblichen Wahl Engagement gefragt, wenn sich Arbeitgeber die richtigen Personen für das Amt einer Interessenvertretung wünschen. Richtige Personen sind solche, die durch konstruktive, vorausschauende Betriebsratsarbeit die Interessen im Blick behalten und damit das Unternehmen und seine Belegschaft stärken wollen. Unternehmen sollten keinesfalls resigniert die Betriebsratswahlen aussitzen, auch nicht aus Sorge vor einer unzulässigen Wahlbeeinflussung. Es ist richtig, dass das Betriebsverfassungsgesetz die Beeinflussung der Wahl des Betriebsrats verbietet. Dies gilt allerdings nur für Beeinflussungen, die unter Zufügung oder Androhung von Nachteilen oder durch Gewährung oder Versprechen von Vorteilen erfolgen. Das Bundesarbeitsgericht hat mit einem Beschluss von 2017 bereits entschieden, dass hieraus kein striktes Neutralitätsgebot folgt und nicht bereits jede Handlung oder Äußerung untersagt ist, die geeignet sein könnte, die Wahl zu beeinflussen. Auch kritische Äußerungen über bestehende oder potenzielle Betriebsratsmitglieder sind damit nicht per se verboten. Angesichts dieses bestehenden Handlungsspielraums überrascht es, wenn Unternehmen die Wahl weitgehend in einer reinen Beobachterrolle geschehen lassen, statt sie strategisch vorzubereiten. Wie lässt sich auf die Zusammensetzung eines Betriebsrats also mit zulässigen und sinnvollen Maßnahmen einwirken? Schließlich soll ein Gremium entstehen, mit dem eine partnerschaft­liche Zusammenarbeit möglich ist. Am Ende geht es darum, die richtigen Beschäftigten für die Betriebsratsarbeit zu begeistern. Für Beschäftigte muss außerdem nachvollziehbar www. hu ma n reso u rce sma n age r. d e

Grafik: Prostock-Studio / Getty Images

Nach dem politischen Wahljahr steht nun das betriebliche Wahljahr an. Während sich Interessenvertretungen neu finden, machen sich Arbeitgeber Gedanken über die zukünftige Zusammenarbeit. Wie lässt sich ein konstruktives Miteinander bewirken?


IMPRESSUM

sein, warum sie an der Wahl teilnehmen und bestimmten Kandidatinnen und Kandidaten ihre Stimme geben sollten. Hierzu braucht es drei Grundvoraussetzungen: 1. Haltung und Wertschätzung Unternehmen, die einen konstruktiven Betriebsrat haben wollen, müssen ihre Betriebsräte und deren Bedeutung wertschätzen – und zwar glaubhaft. Wer die Mitbestimmung und den Betriebsrat als Sprachrohr der Belegschaft ablehnt, wird kaum vermitteln können, dass die nächste Wahl große Bedeutung hat und der neu gewählte Betriebsrat als wichtiger Partner angesehen wird. Dazu gehört auch, der Belegschaft den Respekt vor den bisherigen Amtsträgerinnen und -trägern sowie deren Arbeit zu vermitteln, selbst wenn sie konfliktbelastet war. Wenn bei Beschäftigten der Eindruck entsteht, dass (nahezu unvermeidliche) Konflikte in der Betriebsratsarbeit sie gegenüber der Unternehmensleistung verbrennen, werden sie wenig Interesse an der Übernahme von Amtsverantwortung haben. Wer konstruktiv denkende Beschäftigte im Betriebsrat möchte, muss ihnen auch das Gefühl geben, im Betriebsrat etwas bewegen zu können. 2. Information Betriebsratswahlen sind komplex, selbst dort, wo das Betriebsverfassungsgesetz vom „vereinfachten Wahlverfahren“ spricht. Wie die Wahl funktioniert und wann welche Schritte erledigt werden müssen, sollten Unternehmen daher in Schulungsangeboten für die gesamte Belegschaft erklären. Auch die Stellung als Betriebsratsmitglied ist mit zahlreichen Besonderheiten verbunden: angefangen bei der Frage, wie jemand die grundlegenden betriebsverfassungsrechtlichen Kenntnisse erlangt, über Vergütungsfragen bis hin zum Sonderkündigungsschutz. Vor allem aber die Aufgaben, Rechte und Pflichten des Betriebsrats, die in den sozialen, personellen und wirtschaftlichen Angelegenheiten bestehen, benötigen Erklärung. Digitalisierung, Vergütung und Sonderleistungen, Arbeitszeiten, mobiles Arbeiten, Personalentwicklung und -entscheidungen, Restrukturierungen – das sind spannende Themen, für die sich Interesse wecken lässt, wenn Verantwortliche es richtig angehen. Unternehmen, die die Informationshoheit aus der Hand geben und nur passiv die Informationsveranstaltungen von bestehenden Betriebsräten oder im Betrieb vertretenen Gewerkschaften beobachten, haben im Zweifel keinen Einfluss auf den Ausgang einer Betriebsratswahl. 3. Unterstützung bei der Entscheidung für eine Kandidatur Das größte Hemmnis bei der Kandidatur zum Betriebsrat ist regelmäßig die Sorge, dass die Karriere danach in einer Sackgasse steckt – einmal Betriebsrat, immer Betriebsrat. Beschäftigte brauchen also die Zusicherung ihrer Führungskräfte, dass die Karriere trotz absehbarer Konflikte in der Betriebsratsarbeit nicht vorbelastet ist. Gerade Führungskräfte – die in aller Regel nicht von der Wahl ausgeschlossen sind, weil sie trotz anderslautender Praxisabsprachen zwischen Betriebsräten und Unternehmen keine leitenden Angestellten im Rechtssinne sind – sollten Unterstützung bei Interesse an einer Kandidatur erfahren. Zwar werden ihre Fähigkeiten auf der bisherigen Stelle fehlen, weil sie dort mit geringerer zeitlicher Kapazität zur Verfügung stehen. Der Zugef e b ruar / m är z 2022

Herausgeber Rudolf Hetzel Torben Werner (V. i. S. d. P.) Redaktion Sven Lechtleitner (sl) Chefredakteur sven.lechtleitner@quadriga.eu Jeanne Wellnitz (jew) Redakteurin jeanne.wellnitz@quadriga.eu Senta Gekeler (sg) Online-Redakteurin senta.gekeler@quadriga.eu Charleen Rethmeyer (cr) Werkstudentin charleen.rethmeyer@quadriga.eu Autoren und Autorinnen der Ausgabe Wolfram Berndt, Dominic Fernandez, Friederike Fabritius, Eike Heetderks, Anne Hünninghaus, Kathrin Leinweber, Angelika Nobbmann, Konradin Pleul, Kara Preedy, René Sadowski, Celine Schäfer, Franz Schmid, Christoph Seidler, Mirjam Stegherr, Pascal Verma, Petra Walther Lektorat Christa Melli www.literatur-und-film.de Gestaltung Marcel Franke, Damian Strohmaier Anzeigen Norman Wittig norman.wittig@quadriga.eu Abonnement Stefanie Weimann aboservice@quadriga.eu Druck PIEREG Druckcenter Berlin GmbH Benzstraße 12 12277 Berlin Im Internet www.humanresourcesmanager.de/ magazin Verlags- / Redaktionsanschrift Quadriga Media Berlin GmbH Werderscher Markt 13 10117 Berlin Telefon: 030 / 84 85 90 ­ Fax: 030 / 84 85 92 00 redaktion@humanresourcesmanager.de

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LETZTE SEITE

Die Selbst­ bestimmte Elke Sander verantwortete rund fünfzehn Jahre die ­Öffentlichkeitsarbeit für Filme und Serien wie ­Avatar, Star Wars oder Game of Thrones. Irgendwann erfüllte sie diese Arbeit trotz des Erfolges nicht mehr. Sie gab ihre Agentur auf und machte etwas, das mehr ihrem Selbstverständnis entsprach.

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Schwierige Entscheidungen treffen Menschen am ehesten, indem … sie ihrer Natur folgen. Hier unterscheiden sich Menschen sehr: Die einen entscheiden selbstbewusst und schnell, die anderen schieben Entscheidungen auf und leben recht fremdbestimmt. Wir können jedoch alle lernen, Entscheidungen zu ­treffen. Mein Selbstverständnis in einem Wort zusammengefasst lautet: Unterwegs. Ein Rat, den ich nie vergessen werde, war … eine Sentenz ungeklärten Ursprungs: „Wir müssen bereit sein, uns von dem Leben zu lösen, das wir geplant haben, damit wir das Leben finden, das auf uns wartet.“ Meinem jüngeren Ich würde ich aus heutiger Sicht raten: Habe den Mut, auf deine innere Stimme zu hören und ihr zu folgen. Auch das Vertrauen, dass jede Entwicklung ihren Raum und ihre Zeit braucht, ist wichtig. Inspiriert dazu hat mich Rainer Maria Rilkes Gedicht Was mich bewegt.

Meine Lieblingsmedien sind … unterwegs im Auto gerne der Zeit-Verbrechen-Podcast, mit Muße das Magazin Flow, zum Start in den Tag das Handelsblatt-Morning-Briefing. Mein erstes Geld habe ich verdient als … 14-jährige, die Setzlinge für Weihnachtsbäume auf einem Feld einpflanzt. Für das Jahr 2022 habe ich mir vorgenommen, … meinen Blick auf mich zu schärfen und den Mut zu haben, dem zu folgen, was daraus entsteht. Die Fragen stellten Jeanne Wellnitz und Charleen Rethmeyer

Elke Sander ist Gründerin und Geschäftsführerin der multimedialen Plattform und Initiative Exit!. Mit Podcasts, Blogbeiträgen und Fachartikeln sowie Coaching begleitet sie Menschen durch alle Phasen von Veränderungsprozessen. Um neue Wege beschreiten zu können, schloss sie 2020 ihre Kommunikationsagentur MainFreiraum, in der sie Konzepte für Hollywoodstudios entwickelt hatte.

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Foto: Lena Bils

Ich habe meine Marketingagentur im Jahr 2020 geschlossen, weil … ich mich dort seit längerem fehl am Platz gefühlt habe, was mir zunehmend mental und physisch zu schaffen machte. Dann haben zwei meiner Mitarbeiterinnen gekündigt, um ihren eigenen Träumen nachzugehen. Das wollte ich mir endlich auch erlauben. Von der multimedialen Plattform Exit!, die ich dann gegründet habe, verspreche ich mir, … andere Menschen bei der schweren Entscheidung, ihr Leben zu verändern, zu unterstützen. Erfahrungsgemäß starten Veränderungsprozesse immer mit … dem unbestimmten Gefühl, dass etwas nicht mehr passt. Hören wir zu lange weg, führt es uns in Grenzsituationen wie Burn-out und weitere Krankheitsbilder. Für die eigenen Bedürfnisse einzustehen, fällt einem leichter, wenn … wir uns diesen in einem ersten Schritt erst einmal bewusst werden. Danach sollten wir uns erlauben, die Bedürfnisse ernst zu nehmen und sie in unser Leben zu integrieren.


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