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Workday. The finance and HR platform for a changing world.
Liebe Leserinnen, liebe Leser!
Begeistert Sie der schnelle digitale Fortschritt oder sehen Sie diesen eher skeptisch? Die Debatten über den Einsatz von Digitalisierung und KI bewegen sich zwischen den Polen Fluch und Segen. In unserem Schwerpunkt Tech zeigen wir, wie ein goldener Mittelweg aussehen kann, welche Rolle immer noch der Mensch spielt, und rufen die mahnenden Worte Konrad Zuses in Erinnerung: „Die Gefahr, dass der Computer so wird wie der Mensch, ist nicht so groß, wie die Gefahr, dass der Mensch wird wie der Computer.“ 1941 baute Zuse den ersten Computer und brachte mit seiner Warnung auf den Punkt, was auch heute, im Zeitalter von KI in vielen Unternehmen diskutiert wird. Jennifer Spatz beschreibt, wie der Einfluss des Menschen im Zusammenspiel mit Technik gewahrt bleiben kann und welche Tätigkeiten bei KI gut aufgehoben sind (Seite 26).
Charleen Rethmeyer hat die wichtigsten HR-TechTrends zusammengetragen, die den Status quo des Angebotsdschungels für HR-Prozesse und zukünftige Arbeitsfelder aufzeigen (Seite 36).
Viele Start-ups sehen in HR ein großes Kundenpotenzial. Doch welche Faktoren tragen dazu bei, dass eine Idee erfolgreich ist? Zwei Investoren geben im Interview Einblicke in den Start-up-Markt (Seite 32).
Viel früher als Konrad Zuse kam die Mathematikerin Ada Lovelace zu dem Schluss: „Die Maschine ist kein denkendes Wesen, sondern lediglich ein Automat, der nach Gesetzen handelt, die ihm auferlegt wurden.“ Bereits um 1840 beschäftigte sie sich mit den Potenzialen von Rechenmaschinen und legte den Grundstein heutiger Informatik.
Die Herausforderungen, die technologisches Wissen an die Gesellschaft stellt, sind ganz andere, aber nicht minder-
bedeutend als zu Adas und Konrads Zeiten. Mit der Digitalisierung und vor allem dem Einzug der künstlichen Intelligenz werden in der Arbeitswelt wichtige Weichen gestellt.
Melanie Baier erforscht und lehrt, wie Digitalisierung und KI unsere Arbeitswelt und unsere Jobs verändern, und erklärt unter anderem, wie Cyborgs und Centauren unsere Arbeitswelt prägen (Seite 40).
Dass Unternehmen nicht jedem Trend blind nachlaufen müssen und wie sie ihre Tradition behutsam in die neue Welt führen können, zeigt Jeanne Wellnitz in einem inspirierenden Porträt einer Designerin, die dem traditionellen Produkt ihres Familienunternehmens modernes Leben einhaucht (Seite 48).
Ein entscheidender Faktor, um den Herausforderungen der Zeit begegnen zu können, ist Vielfalt. Eine Dimension, die uns alle verbindet, ist das Alter. Es braucht junge, frische Ideen, aber auch das Erfahrungswissen der Älteren. Mirjam Stegherr hat recherchiert, wie es um die Altersdiversität in Unternehmen steht und wie sich Älterwerden im Job anfühlt (Seite 10).
Ich danke allen, die an dieser Ausgabe mitgewirkt haben, und wünsche Ihnen eine stets gute Ausgewogenheit zwischen Mensch und Technik.
Bleiben Sie belesen!
Herzlichst, Sabine Schritt
Leitende Redakteurin des Human Resources Manager
Diskutieren Sie mit uns Themen aus unserem Magazin, oder was die HR-Community gerade bewegt, auf unserem Linkedin-Kanal Magazin Human Resources Manager, auf Instagram unter @hrm_magazin oder schreiben Sie uns an info@humanresourcesmanager.de.
Inhalt
48
Selina Kreyer übernahm die 130 Jahre alte Uhrenmanufaktur ihrer Eltern. Und führte sie mit frischen Designs in die neue Zeit. Denn der Kuckuck bleibt.
3 Editorial AKTUELLES
DEBATTE
6 Gespräche und rote Linien Franziska von Kempis über politische Debatten in Unternehmen.
Von Sabine Schritt
TRENDS
9 Zahlen und Meldungen
IM FOKUS
10 Ohne Altersgrenzen
Von wegen Ruhestand.
Von Mirjam Stegherr
INSIDE HR
15 Ein neuer Job für …
Katy Roewer als neue Personalvorständin bei Otto.
16 Kolumne
HR ist tot – es lebe HR?
Von Elise Müller
18 Meine Arbeitswelt
Cliff Rehr, HR Director bei Steinway & Sons.
Von Salome Häbe
IMPULS
20 Sprecht darüber! Psyschische Gesundheit darf kein Tabu mehr sein.
Von Lara Petersdorff-Campen
SCHWERPUNKT: TECH
26 Vom Fluch und Segen der KI
Unser Auftaktessay.
Von Jennifer Spatz
32 Investition in eine Idee
Michala Rudorfer und Michael Kramarsch geben Einblick in die Start-up-Welt.
Von Sabine Schritt
36 Kein HR ohne Tech
Welche Trends und zukünftige Einsatzfelder sich im HR-TechBereich abzeichnen.
Von Charleen Rethmeyer
40 Workforce Transformation Tätigkeitsprofile der Menschen werden durch KI neu zugeschnitten.
Von Melanie Baier
44 Ade, altes Recruiting Wie SAP mit neuen Technologien IT-Quereinsteigende gewinnt.
Von Michael Benirschka und Morten Babakhani
10
Unternehmen übersehen im Kampf gegen den Fachkräftemangel das Potenzial, das ältere Arbeitnehmende bieten. Wie gutes Generationenmanagement aussieht.
bei Cybersicherheit eine elementare Rolle spielen.
Von Alexander Köppen 56 Arbeitsmarkt Tech-Jobs
Wie Unternehmen sich die besten Talente sichern.
Von Annina Hering
KI verändert Jobprofile und Arbeitsprozesse in der Wissensarbeit. Wie unsere Arbeitswelt mit Cyborgs und Centauren aussehen kann und warum niemand an KI vorbeikommt. 40
82 Essay
Wo die Grenzen und Freiräume politischer Betätigung im Unternehmen liegen.
58 Digitale Personalrisiken
Eine aktuelle Studie über Risiken der digitale Transformation in der Personalarbeit.
Von Thomas Berger und Julia Büchel
62 Nicht treiben lassen
Wie TUI gemeinsam mit dem Betriebsrat den KI-Einsatz im Unternehmen bewusst gestaltet.
Von Sybille Reiß und Frank Jakobi 36
90 Die Generative
Wie ChatGPT selbst ihre Rolle in der Arbeitswelt einschätzt.
Von Salome Häbe
„Man muss sich nicht rechtfertigen, wenn man eine rote Linie zieht“
„Demos gegen rechts“ haben weitreichende Debatten darüber angestoßen, ob und inwieweit Regierung und Gesellschaft der Erstarkung von extremen politischen Strömungen entgegenwirken sollen. Diese Debatten machen auch vor dem Arbeitsplatz nicht halt. Wie solche Bewegungen im Unternehmen auf die Belegschaft wirken und was Unternehmen tun können, um politische Debatten zu begleiten, erklärt Franziska von Kempis im Interview.
Ein Interview von SABINE SCHRITT
Frau von Kempis, Sie haben bereits in Ihrer Zeit als Journalistin vor circa sieben Jahren mit Ihrem YoutubeKanal Die besorgte Bürgerin politisch immer wieder klar Stellung gegen die AfD bezogen. Was denken Sie über die aktuellen politischen Diskussionen und Strömungen?
Franziska von Kempis: Es gibt eine starke Zivilgesellschaft, die sich damals wie heute und auch schon früher und hoffentlich auch in Zukunft für Demokratie einsetzt. Einerseits habe ich ganz viele Flashbacks und denke: Wir waren hier doch schon mal. Doch heute stehen wir an einem anderen Punkt, einem gefährlicheren Punkt. Aber ich habe Hoffnung, dass wir Wege finden, mit antidemokratischen Strömungen umzugehen.
Die gesellschaftlichen und politischen Bewegungen lassen sich nicht trennen vom Arbeitsplatz. Namhafte Unternehmen, Verbände und auch Medien haben beispielsweise die Kampagne #Zusammenland initiiert, um ein Zeichen zu setzen. Und auch kleinere Unternehmen senden klare
Botschaften. Was halten Sie davon, wenn Unternehmen sich so klar positionieren?
Ich finde es großartig. Ich sehe auch in unserem Mitgliederkreis, wie sich da in Diskussionen eingebracht oder positioniert wird. Die Charta der Vielfalt ist auch bei einigen dieser Bündnisse dabei. Unternehmen sehen sich nicht mehr nur als Wirtschaftsakteure, sondern sind sich ihrer gesellschaftlichen Verantwortung bewusst. Ich persönlich finde, Unternehmen können und sollen zeigen, wofür sie stehen. Die Diskussionen und Positionierungen wirken auch ins Unternehmen hinein. Wie sollten Unternehmen mit verschiedenen politischen Haltungen in der Belegschaft umgehen?
Für eine Positionierung braucht es Klarheit darüber: Wofür stehe ich als Unternehmen? Überparteilich zu agieren und sich zu positionieren, schließt ein klares Nein zu Rechtsextremismus, zu Antisemitismus und Rassismus nicht aus. Und übrigens auch kein Ja für Demokratie und Vielfalt. Mit Diver-
sity, Equity und Inclusion, DE&I, zeigen viele Unternehmen bereits eine große Verantwortung für die Mitarbeitenden. Eine Unterzeichnung der Charta der Vielfalt kann zum Beispiel ein Anfang sein, indem man sich als Unternehmen damit einhergehend Ziele für strukturelle Veränderungen setzt. Politische Diskussionen, die auch in den Unternehmen stattfinden, sind ja nichts Neues. Man denke an die Pandemie-Maßnahmen oder an die WM in Katar. Die aktuellen Bewegungen scheinen jedoch verstärkt in die Unternehmen zu schwappen. Ist Corporate Political Responsibility heute wichtiger denn je?
Die Positionierung nach außen spiegelt auch das Gelebte nach innen. Und da müssen wir uns fragen: Was kommt nach der Haltung?
Wie meinen Sie das?
Was ich nach außen kommuniziere, muss ich innen auffangen. Ein Statement nach außen bedeutet nicht, dass es von der Belegschaft keine Fragen dazu gibt oder keinen Bedarf, darüber zu sprechen. Das sind zwei unter-
schiedliche Ebenen. Hierfür ist es wichtig, dass Themen und Fragen der Belegschaft von Führungskräften aufgefangen werden können – dafür müssen diese abgeholt, inhaltlich gestärkt und sich dazu in der Lage sehen, solche Gespräche anzufangen, aufzufangen, anzustoßen.
Heute sind Sie Geschäftsführerin der Charta der Vielfalt. Viele Unternehmen achten inzwischen auf eine vielfältige Belegschaft, in der kein Mensch benachteiligt oder ausgegrenzt wird. Inwieweit sollte das für unterschiedliche politische Meinungen gelten?
Diverse Belegschaften sind immer ein Segen und eine Herausforderung zugleich, weil Menschen einfach unterschiedlich sind. Bei der Charta
definieren wir sieben Dimensionen von Vielfalt. Um ein Beispiel zu nehmen: Schon verschiedene Generationen haben unterschiedliche Sichtweisen, was aber auch viele Vorteile mit sich bringt. Diversity hat viele Perspektiven und muss intersektional gedacht werden. Verschiedene Auffassungen können natürlich auch verschiedene politische Richtungen beinhalten. Braucht es rote Linien?
Eine rote Linie besagt ganz klar: Wir stehen auf dem Boden des Grundgesetzes, wir sind für Demokratie und wir sind gegen jegliche Art von Diskriminierung. Jede und jeder von uns muss sich für sich überlegen, wo genau man die roten Linien ziehen will und wo man ins Gespräch gehen will – das gilt auch für den Arbeitsplatz. Jedes
Franziska von Kempis
ist Geschäftsführerin der Charta der Vielfalt, Autorin und Kommunikationsberaterin.
Unternehmen, je nach Branche und Größe, sollte seinen eigenen Weg finden. Klar ist jedoch, dass der internen Kommunikation hier eine Schlüsselrolle zufällt. Als Charta betonen wir immer wieder klare Grenzen gegen Diskriminierung. Es braucht klare Bekenntnisse, zum Beispiel gegen Rassismus, gegen Antisemitismus, gegen Altersdiskriminierung, gegen Ausgrenzung von Menschen mit Behinderung oder gegen Homophobie. Was es aber auch braucht, sind Schulungen und Kommunikation, die helfen zu erkennen, wo, womit, wodurch Grenzen überschritten werden. Und es braucht Meldestellen, Hilfs- und Gesprächsangebote für Betroffene sowie klare Konsequenzen bei Grenzüberschreitungen. Das eine ist die Prävention, das andere die Intervention.
Wie erreicht man intern einen gemeinsamen Nenner, hinter dem alle stehen können?
Gesellschaftlich stellen sich gerade Fragen wie: Wer wollen wir sein, wofür stehen wir ein? Diese Debatten können Unternehmen begleiten, durch
Ohne Altersgrenzen
Der Arbeitsmarkt umfasst zurzeit vier Generationen. Unternehmen wollen neue Talente gewinnen und übersehen im Kampf gegen den Fachkräftemangel das Potenzial, das ältere Arbeitnehmende bieten. Die Suche nach einem Mehrgenerationenmanagement beginnt. Aus gutem Grund, denn Alter betrifft uns alle.
Mit dunklem Cordjackett und Einstecktuch sitzt er an seinem Schreibtisch im zweiten Stock des Bonner Bürogebäudes. Fünf Papierstapel in Klarsichthüllen liegen aufgereiht neben der Tastatur. An der Wand hängen eine historische Grafik der Stadt Köln mit Blick auf den Rhein und vier Schwarz-WeißFotografien mit Erdmännchen, Elefant, Affen und Kamel. Alles Tiere aus dem Kölner Zoo. Und alles Fotos von Bernd Tuchen, der an diesem Tisch arbeitet. 74 Jahre ist er alt und Rentner. Tuchen ist einer von 13.000 ehrenamtlichen Fachkräften beim Senior Experten Service (SES), einer staatlich geförderten und von Wirtschaftsverbänden getragenen Organisation, die weltweit Expertise von Seniorinnen und Senioren vermittelt. Der Bedarf sei groß, Experten und Expertinnen würden immer gesucht, sagt Tuchen. Er selbst hat Firmen in NordrheinWestfalen beraten und koordiniert die Einsätze bei kleinen und mittleren Unternehmen in ganz Deutschland. Als Ehrenamtler bekommt er 200 Euro im Monat, für die Einsätze gibt es eine Aufwandsentschädigung. Geld sei für ihn sekundär. „Ich bin einfach nicht der Typ für den Ruhestand.“ Ehrenämtler leben länger steht auf einer knallroten Postkarte hinter ihm.
So wie Tuchen geht es vielen Menschen: Sie bleiben aktiv, ob aus finanziellen Gründen, weil sie gebraucht werden oder neue Aufgaben suchen. 8,4 Prozent der Menschen über 65 Jahre sind in Deutschland zurzeit erwerbstätig, so das Europäische Statistikamt. Bei den 65- bis 69-Jährigen sind es laut Statistischem Bundesamt knapp 20 Prozent. Mehr als doppelt so viele, über 40 Prozent, der 65bis 85-Jährigen engagieren sich ehrenamtlich, zeigt die Altersstudie von Generali. Doch der SES vermittelt nicht
nur Wissen und Zeit der Ehrenämtler, sondern auch „Wirtschaftspaten“ und „Wirtschaftssenioren“ zum Beispiel. Fachkräfte spenden ihre Kompetenz, anstatt sie zu verkaufen – auch, weil sie im Arbeitsmarkt keinen Platz mehr für sich sehen.
Lieber Ehrenamt als gar kein Amt
Drei Stufen führen zum Verkaufsraum im Wuppertaler Altbau. Das große Schaufenster, die Vitrine und ein wandhohes Regal zeigen Taschen und Mäppchen aus Planen. Alles in der Manufaktur stammt aus alten Materialien, Werbefolien und Zelten zum Beispiel. Hinter dem Raum liegt die Werkstatt: ein großer Tisch, zwei Nähmaschinen, Stoffe und Ordner. Tuchen geht mit Silvia Werner die Akten durch, lässt sich die Preiskalkulation erklären und den Onlineshop. Der Marketing-Experte will der Unternehmerin helfen, Schwachstellen zu finden und ihren Laden so umzubauen, dass er mehr Gewinn abwirft.
500 Euro hat Werner dem SES für drei Tage bezahlt. Anders als bei den Projekten im Ausland, die das Bundesentwicklungsministerium fördert, fallen bei Einsätzen im Inland Gebühren an. Tuchen hat den Kontakt gehalten, Werner weiter beraten, bis sie das Geschäft wegen einer Krankheit aufgeben musste. „Ich habe kein Helfersyndrom. Ich bin nur ein hilfsbereiter Mensch“, sagt er. Und: „Es freut mich, wenn man mich um Rat fragt und ich aus meinem Erfahrungsschatz schöpfen kann.“
Bei seinem Arbeitgeber hatte er dafür keine Perspektive mehr gesehen. Eine Möglichkeit, sich weiterzuentwickeln,
gab es nicht, sagt er. Ein Abfindungspaket schon. Das habe er gerne angenommen. Man werde schon mit 60 Jahren im Büro schräg angeschaut, meint er im Scherz. „Altsein wird in Deutschland zu oft negativ konnotiert“, sagt Irène Kilubi, Beraterin, Gründerin der Organisation „Joint Generations“ und Autorin des Buchs Du bist mehr als eine Zahl. Was alt und jung ist, darüber lässt sich streiten. Kilubi, Jahrgang 1985, hat selbst schon einmal eine Absage erhalten, weil sie zu alt für einen Vortrag sei. Wissenschaftlich betrachtet gehöre sie zu den „Mittelalten“, habe sie später gelernt. „Alter ist relativ. Doch im Arbeitskontext gilt man schon ab 50 Jahren als alt“, sagt sie.
Gesund bis zur Rente und darüber hinaus
Eine Person aufgrund ihres Alters abzuwerten, ist diskriminierend. Jede zehnte Anfrage bei der Antidiskriminierungsstelle des Bundes bezieht sich darauf. Deren Studie zeigt, dass jede zweite Person älteren Menschen keine Innovationen zutraut. Ein Drittel findet, sie sollten den Jüngeren Platz machen, damit sie Entscheidungen fällen. „Alter ist der einzige Faktor, den wir alle gemeinsam haben. Wenn wir uns da schon in die Quere kommen, müssen wir uns nicht wundern, wenn es noch ein weiter Weg bis zur inklusiven Arbeitswelt ist“, sagt Kilubi.
Reinhold Apfel sitzt vor dem Spind, zieht seine Dienstkleidung an, nimmt die Schuhe, die auf sein Körpergewicht abgestimmt sind, und geht durch die Werkshalle zu seinem Arbeitsplatz. Der Boden ist aus Holz, er federt. Die Bauteile liegen erhöht, und es gibt einen Stuhl, so dass er sich nicht bücken muss. Plakate zeigen Dehnübungen, im Sport- und
Wer jung ist, wird auch mal alt. Wer heute alt ist, war auch mal jung. Es ist Zeit, die Altesgrenzen abzulegen, einander zu respektieren, unabhängig vom Alter wertzuschätzen und voneinander zu lernen.
Ruheraum können die Angestellten Kraft tanken. So zeigt die Deutsche Welle das Werk von BMW, das der Konzern für altersgerechte Arbeit umgebaut hat.
Apfel ist in dem Beitrag 48 Jahre alt. Das ist auch nach gängiger Definition nicht alt. Darum sprechen Institutionen wie die Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BAuA) auch lieber von „alternsgerechter“ Arbeit. Es gehe darum, Belastungen zu minimieren und Aufgaben sowie Arbeitsplätze individuell anzupassen, damit Menschen lange gut und gesund arbeiten können. Das ist laut IG Metall oft nicht möglich. Viele schaffen es nicht einmal bis zum Ruhestand. Jede vierte Person nimmt laut Deutscher Rentenversicherung Einbußen in Kauf, um früher auszusteigen.
Doch Arbeitskräfte werden dringend gebraucht: Mehr als jedes zweite Unternehmen sieht im Fachkräftemangel die größte Gefahr für die Geschäftsentwicklung. Rund ein Drittel der heute Beschäftigten geht bis zum Jahr 2036 in Rente. Das Erwerbspersonenpotenzial sinkt. Tuchen sagt, er wäre länger geblieben, wenn es die Kultur gegeben hätte, er sich willkommen gefühlt und nur noch einige Tage pro Woche gearbeitet hätte. „Es ist doch verrückt, das Wissen und das Potenzial nicht zu nutzen, wo uns ein so massiver Fachkräftemangel droht.“
Space Cowboys retten die Wirtschaft
Zwischen Erde und Mond klettert der Astronaut auf den Satelliten, schnallt sich an und schließt sein Visier. Im Shuttle begleiten drei Kollegen den Prozess und lösen das Objekt,
Kein HR ohne Tech
Die allgegenwärtigen Herausforderungen um den Fachkräftemangel und den Personalentwicklungsbedarf bieten digitalen Lösungen für die Anwendungsbereiche Recruiting und Retention einen fruchtbaren Boden. Doch HR-Tech kann noch viel mehr.
Datenmengen statt Papierstapel, digitale Tools statt Klammeraffen. New Work flutet unsere Arbeitswelt nicht nur mit dem Wunsch nach mehr Sinn im Job, sondern auch mit einer Menge neuer HR-Software und Dienstleistungen. Schwierig, dort einen Überblick zu behalten. Stand Oktober 2023 gibt es 489 Start-ups, die sich in der DACH-Region mit HR Tech befassen. Zu diesem Ergebnis kommt der HR Tech Overview DACH von Embrace-CEO Gero Hesse. Im Vergleich zum Jahresanfang 2023 ist die Anzahl sogar um 57 Prozent gestiegen. Die allgegenwärtigen Herausforderungen um den Fachkräftemangel bieten digitalen Lösungen für die Anwendungsbereiche Recruiting und Retention anscheinend einen fruchtbaren Boden.
Dass diese Entwicklung zumindest in den nächsten Jahren anhalten wird, dessen ist sich Simon Werther sicher. Der Professor lehrt Leadership an der Hochschule München, gründete das Start-up HR Instruments und initiierte 2015 den HR Startup Monitor. Seit fast zehn Jahren kartografiert dieser die Start-up-Landschaft in HR und teilt sie dabei in fünf Kategorien ein: Personalauswahl und -marketing, Personal- und Organisationsentwicklung, Personalverwaltung und -organisation, Compensation und Benefits sowie betriebliches Gesundheitsmanagement. Auffällig ist, dass sich die Verteilung der neu gegründeten Unternehmen auf diese Bereiche
kaum verändert hat: Der Recruiting-Bereich liegt seit 2015 unbestreitbar an der Spitze, im Jahr 2022 mit 47 Prozent. Danach folgt der Bereich Personal- und Organisationsentwicklung mit 32 Prozent. Andere Bereiche wie Administration, Compensation und Benefits sowie das betriebliche Gesundheitsmanagement liegen im Vergleich weit zurück. Neben dem Fachkräftemangel spielen Recruiting-Start-ups zudem geringere Eintrittsbarrieren in die Karten. „Im Vergleich zu Bereichen wie der Personalverwaltung oder Organisation sind verschiedene Anforderungen in anderen Bereichen, wie im Datenschutz, wesentlich niedriger. Zudem sind andere HRSchwerpunkte für Nischenanbieter aufgrund der zahlreichen etablierten Marktteilnehmer oftmals schwieriger zu durchdringen“, meint Szenekenner Werther.
Große Lücken tun sich auf
Während sich beim erstplatzierten Bereich Recruiting der Fokus auf eine externe Zielgruppe richtet, zielt der Zweitplatzierte des HR Startup Monitors auf interne HR-Prozesse ab. In der Personal- und Organisationsentwicklung steht die Kompetenzentwicklung der eigenen Mitarbeitenden, einzelner Teams und der gesamten Organisation im Mittelpunkt. Dort gibt es einen großen Entwicklungsbedarf. Denn zwischen den von den Arbeitgebern benö-
tigten Qualifikationen und den tatsächlichen Qualifikationen der Mitarbeitenden besteht eine große Diskrepanz. Dieser Skill Gap beläuft sich nach einer Studie des Kienbaum Instituts in deutschen Unternehmen im Jahr 2022 auf 59 Prozent. 64 Prozent der Befragten gingen davon aus, dass er noch weiter ansteigen wird. Doch nicht nur bei den Qualifikationen ist eine Lücke ersichtlich. Neben dem Skill Gap scheint es auch einen Tech Gap zu geben – zwischen KMU und Konzernen. Das verdeutlicht die Studie 360-Grad-Überblick über den Digitalisierungsstand in KMU des Wissenschaftlichen Instituts für Infrastruktur und Kommunikationsdienste von Ende 2021. Werther teilt diese Einschätzung – insbesondere hinsichtlich des Einsatzes von Technologien wie generativer KI. „Die Diskussion um den KI-Einsatz ist in manchen Kreisen verzerrt. Dort werden disruptive Vorreiter und Pilotprojekte hervorgehoben. Doch es steht bei Weitem noch nicht die Mehrheit der Unternehmen an diesem Punkt, besonders wenn wir uns die kleinen und mittleren Unternehmen ansehen.“ In diesen Unternehmensformen stünden sogar noch erste grundlegende Schritte der Digitalisierung aus. Generell stelle sich die Frage, ob Unternehmen der Entwicklung hinterherlaufen oder sich auf der Welle bewegen möchten. „Unternehmen müssen differenzieren, was Innovation und Vorreiterrolle für sie wirklichen bedeuten.“ Denn es heiße nicht unbedingt, dass sie diese Technologie maßgeblich mitgestalten müssen. „Es ist auch unrealistisch zu erwarten, dass kleine Unternehmen KI-Fachleute einstellen oder die Technologie prägen werden.“ Stattdessen sollten sie eher auf Anbieter setzen, die einfach bedienbare Lösungen entwickeln. „Es ist jedoch wichtig, für Neues offen zu sein, eigene Pilotprojekte durchzuführen, Unternehmensnetzwerke aufzubauen und in ihnen zu experimentieren.“ Darin seien größere Unternehmen meist weit voraus, doch es gibt auch erfolgreiche Beispiele aus kleinen und mittleren Unternehmen.
Data Literacy wird zur Kernkompetenz
Im Umfeld neuer Technologien wird sich das Berufsbild von Personalverantwortlichen verändern, da ist sich Simon Werther sicher. Denn es brauche neue Kompe -
„Unternehmen müssen differenzieren, was Innovation und Vorreiterrolle für sie wirklich bedeuten.“
Simon Werther, Professor für Leadership, Hochschule München
tenzen, um mit den aktuellen Anforderungen Schritt zu halten. Dazu gehören Data Literacy sowie eine grundlegende technische Affinität. „Ohne dass Personalverantwortliche zwingend zu KI-Fachleuten werden oder programmieren können müssen.“ Idealerweise sollten HR-Tech-Anwendungen nämlich so gestaltet sein, dass auch Personen ohne Programmier- oder KI-Hintergrund sie problemlos nutzen können. „Personalverantwortliche müssen jedoch Entscheidungen auf der Grundlage von Systemdaten und Konfigurationsentscheidungen treffen können sowie Daten analysieren, interpretieren und hinterfragen.“
Viele Unternehmen haben bereits innovative TechTools im Einsatz. Einige Anwendungsbeispiele und Trends im Überblick:
Digitale Assistenzsysteme
Weg vom Bibliothekar – hin zum Berater. Eine solche Entwicklung skizziert das Beratungsunternehmen Accenture mit dem Trend A match made in AI aus dem Report Technology Visions 2024 Generative künstliche Intelligenz und Large Language Modelle (LLM) verändern dabei die Art und Weise, wie wir Daten nutzen, und die Sprachmodelle, wie wir mit der Technologie interagieren. Anstelle eines suchbasierten Ansatzes mit anschließender Ergebnisauswahl tritt die Möglichkeit, Fragen zu stellen und direkt eine Antwort zu erhalten. Verbunden mit Unternehmensdaten, wie dem Intranet, können LLMChatbots wiederkehrende Routinefragen beantworten, beispielsweise zu Urlaubstagen. Neben HR-Services können Chatbots auch in anderen Bereichen wie Recruiting oder Onboarding genutzt werden. Einige Unternehmen setzen künstliche Intelligenz bereits für personalisiertes Skill Management und KI-basierte Lernplattformen ein, so zum Beispiel Vodafone. Das Telekommunikationsunternehmen stellte seine Plattform auf der Konferenz KI-X von Quadriga Media Berlin und dem Bundesverband der Personalmanager*innen im März 2024 in Berlin vor. Basierend auf den erfassten Fähigkeiten und den Karrierezielen der Beschäftigten können diese zum Beispiel
Das Herz schlägt Kuckuck
Unternehmertochter Selina Kreyer übernahm in einer schwierigen Zeit die 130 Jahre alte Uhrenmanufaktur ihrer Eltern – und hat diese mit frischen Designs in die neue Zeit geführt. Sie schafft moderne Uhren mit einem traditionellen Herzstück. Denn der Kuckuck bleibt und ruft selbst im britischen Königshaus die volle Stunde aus – allen digitalen Uhren und Smartwatches zum Trotz.
Selina Kreyer ist Inhaberin der Uhrenmanufaktur Rombach und Haas. Die 34Jährige führt in fünfter Generation gemeinsam mit ihrem Mann die Geschäfte des Kuckucksuhrenherstellers. Die Familie hat es geschafft, das Traditionsprodukt durch wagemutige Designs und gleichermaßen anspruchsvolle tradierte Uhrenkunst in die moderne Zeit zu überführen.
Leuchtende Linien laufen wie ein neuronales Netzwerk über das matte Dunkelblau. Sie rahmen ein violettes Ziffernblatt. Zwischen Ahornblättern thronen drei Vögel. Sie warten. Jede Stunde springt das grüne Türchen auf: „Kuckuck, Kuckuck“, ertönt es und ein weißlackierter Kuckuck erscheint. Das passiert völlig unerwartet, denn diese Malerei sieht aus wie ein Wandbild. Dahinter stecken jedoch viele Zahnräder, ein Pendel, zwei Pfeifen mit Blasebälgen; also ein komplettes mechanisches Werk. Das 90 Zentimeter hohe Kunstwerk ist nämlich eine Kuckucksuhr.
Kuckucksuhren sind doch sonst opulent mit Schnitzereien versehen, dunkelbraun, schwer, ja irgendwie altbacken, oder? Nicht so bei Rombach und Haas (Romba), der familiengeführten Manufaktur aus Schonach im tiefsten Süden der Republik, dem Schwarzwald. Das Mittelgebirge ist die Wiege der Kuckucksuhrenindustrie, hier wurden vor rund 300 Jahren die aufwendigen Uhren von Bauernfamilien gebaut, um über den Winter zu kommen. Es gab eine Zeit, da tummelten sich Hunderte Uhrenhersteller im Schwarzwald, heute sind es ungefähr zehn. Bei Romba tüfteln drei Uhrmacher an den Werkbänken, die schon vor mehr als hundert Jahren zur Gründung im Einsatz waren. Vier Teilzeitkräfte sorgen für den Verkauf und die richtige Verpackung des edlen Guts. Die Uhren kosten bei Romba zwischen 300 Euro und 6.000 Euro.
Zwischen Tradition und Moderne
Vor drei Jahren übergaben Ingolf und Conny Haas nach 25 Jahren des Wirkens das Familienunternehmen in die Hände ihrer Tochter, der Designerin Selina Kreyer. Aus ihrer Hand stammt auch die preisgekrönte Kuckucksuhr als Wandbild. Bereits als Kind lag sie ihren Eltern in den Ohren: „Kommt schon, müssen die Uhren immer so dunkel sein? Da muss Farbe ran!“ Die Eltern hörten auf sie, aber auch auf ihre eigene Intuition und Schaffenskraft. Sie alle drei sind Künstlerinnen und Künstler. Sie alle drei wollen eine Brücke bauen zwischen modernem Zeitgeist und tradierter Qualität. Denn eines ist laut Selina Kreyer gewiss: Foto: privat
Die Generative
KI ist sehr engagiert, Arbeitsabläufe zu verändern. Sie dringt mit verschiedenen Modellen in fast jeden Job ein und stellt die Menschen vor große Herausforderungen. Wir haben sie gefragt, wie eine Zusammenarbeit aussehen kann. Hier ein Auszug ihrer Antworten.
Liebe KI, wo siehst du dich in der Arbeitswelt?
ChatGPT: Als KI-Modell der nächsten Generation bin ich in der Lage, eine Vielzahl von Aufgaben in der Arbeitswelt zu unterstützen. Ich sehe mich als eine vielseitige Ressource, die Unternehmen und Einzelpersonen dabei unterstützen kann, effizienter und effektiver zu arbeiten.
Wie kannst du HR behilflich sein?
Als KI-Modell kann ich der Berufsgruppe HR auf verschiedene Weise behilflich sein:
• Rekrutierung und Bewerbermanagement: Ich kann bei der Vorauswahl von Bewerbern helfen, indem ich Lebensläufe analysiere und relevante Kandidatenprofile identifiziere. Darüber hinaus kann ich bei der Automatisierung von Bewerbungsprozessen und der Organisation von Bewerbungsgesprächen unterstützen.
• Talentmanagement: Ich kann dabei helfen, Mitarbeiterprofile zu erstellen, Fähigkeiten und Kompetenzen zu identifizieren sowie bei der Entwicklung von Schulungs- und Weiterbildungsprogrammen zu unterstützen.
• Mitarbeiterengagement und -bindung: Durch die Analyse von Feedback, Umfragen und anderen Datenquellen kann ich Trends im Mitarbeiterengagement erkennen
und HR-Teams dabei unterstützen, Maßnahmen zur Verbesserung des Mitarbeiterengagements zu entwickeln.
• Leistungsmanagement: Ich kann bei der Bewertung von Leistungen unterstützen, indem ich Daten zur Leistung von Mitarbeitern analysiere und relevante Erkenntnisse bereitstelle.
• Personalentwicklung: Ich kann bei der Identifizierung von Entwicklungsmöglichkeiten für Mitarbeiter unterstützen, indem ich ihre Fähigkeiten und Interessen analysiere und entsprechende Empfehlungen gebe.
Welche Risiken bringst du mit dir? Als KI-Modell bringe ich einige potenzielle Risiken mit mir, die es zu berücksichtigen gilt:
1. Bias und Diskriminierung: Wenn die Trainingsdaten, auf denen ich basiere, verzerrt oder unvollständig sind, können meine Antworten verzerrt oder diskriminierend sein.
2. Datenschutz und Sicherheit: Die Verarbeitung sensibler Informationen kann Datenschutzrisiken mit sich bringen, insbesondere wenn die Daten nicht angemessen geschützt werden.
3. Vertrauenswürdigkeit und Manipulation: Es besteht das Risiko, dass meine Antworten absichtlich oder
unbeabsichtigt manipuliert werden, sei es durch falsche Informationen, bösartige Eingaben oder andere Formen von Missbrauch.
4. Arbeitsplatzverdrängung: Die Automatisierung durch KI-Technologien kann dazu führen, dass bestimmte Arbeitsplätze überflüssig werden oder sich verändern.
Was möchtest du unserer Leserschaft mit auf den Weg geben?
Ich möchte die Leserschaft ermutigen, stets neugierig zu bleiben und sich kontinuierlich weiterzuentwickeln. Die Welt verändert sich ständig, und es gibt immer etwas Neues zu lernen und zu entdecken. Nutzt die vielfältigen Ressourcen und Möglichkeiten, die euch zur Verfügung stehen, sei es durch Bildung, Technologie oder zwischenmenschlichen Austausch. Seid offen für Innovationen und nutzt die Möglichkeiten, die sich bieten, um die Welt positiv zu gestalten und einen Beitrag zur Gesellschaft zu leisten.
Die Fragen stellte Salome Häbe. Die Antworten von ChatGPT wurden nicht verändert.
ChatGTP ist ein KIChatbot. Er wurde vom USamerikanischen Softwareunternehmen
OpenAI entwickelt und im November 2022 für die Öffentlichkeit zugänglich gemacht. Abbildung: Wir haben ChatGPT gefragt, wie es sich als Person sehen würde, und Midjourney diese Selbstbeschreibung als Input gegeben. Dieses Porträt war das erste Ergebnis.