Human Resources Manager Magazin

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ANDERS


*ander ‘der zweite’, heute nur Pron.adj. ‘einer (von zweien), nicht derselbe’. Ahd. (8. Jh.), mhd. ander. Als Ordnungszahlwort der Zweizahl wird ander im Nhd. durch die junge Bildung der zweite abgelöst. anderthalb Adj. ‘einundeinhalb’, eigentlich ‘das andere (zweite) halb’, ahd. anderhalb (8. Jh.). anderweit Adv. ‘in anderer Hinsicht, sonstig, sonstwie’, mhd. anderweide, anderweit ‘zum zweiten Male ,wiederum’, zu mhd. weid(e) ‘Futter, Speise, Nahrungserwerb, Weide(platz), Tagereise’, mit Zahlwörtern verbunden. Die heutige Bedeutung entwickelt sich in der Kanzleisprache unter volksetymologischer Anlehnung an weit; dazu anderweitig Adj. ‘sonstig, weiter, anderswo’ (1. Hälfte 17. Jh.). selbander Adv. ‘zu zweien’, mhd. selbe ander, selbander, d. h. ‘er selbst als zweiter’; im Mhd. und Frühnhd. verbreitet. anders Adv. ‘gegenteilig, unterschiedlich, außerdem’, ahd. anderes (9. Jh.), mhd. anders, erstarrter, adverbiell gebrauchter Genitiv. ändern Vb. ‘umgestalten, anders machen’, mhd. endern, andern, mnd. anderen, enderen, mnl. anderen

*gleich Adj. ‘in allen oder wesentlichen Merkmalen übereinstimmend, ähnlich, der-, die-, dasselbe’, Adv. ‘sofort, auf einmal’, got. galeiks beruhen auf einer germ. Zusammensetzung aus dem Präfix und germ. *l īka- ‘Körper, Gestalt’ (s. Leiche, -lich), so daß von einer Bedeutung ‘dieselbe Gestalt habend’ auszugehen ist. Adjektivischen Gebrauch von germ. *l īka- im Sinne von ‘ähnlich, gleich, glatt, passend’ setzen ahd. l īhhēn, gil īhh ēn (8. Jh.), mhd. gel īchen ‘gefallen’ voraus. Parallelen von ie. *l ēig- bzw. *l īg- ‘Gestalt, die Gestalt jmds. habend, gleich, ähnlich’. – Gleiche f. nur noch in der Wendung in die Gleiche (‘ins Gleichgewicht, in Ordnung’) bringen. Erhalten hat sich das Substantiv in Tagundnachtgleiche (17. Jh). Gleichheit f. ‘Übereinstimmung, Ähnlichkeit, gleiche Stellung, Gleichrangigkeit, Gleichberechtigung’, mhd. gel īcheit, gl īcheit ‘Gleichheit, Gleichmäßigkeit, Gleichnis’. gleichen Vb. ‘gleich, ähnlich sein’; die heute übliche starke Flexion kommt (wohl in Analogie zu Verben wie bleichen, schleichen, streichen) im 16./17. Jh. auf und setzt sich im 18. Jh. durch.

* Quelle: Etymologisches Wörterbuch, Deutscher Taschenbuch Verlag, München, 7. Auflage 2004.


EDITORIAL

≠ W

ir begreifen uns stets in Abgrenzung zum Anderen. „Ich ist ein Anderer“, raunte der französische Skandal-Lyriker Arthur Rimbaud im 19. Jahrhundert und verwies kurzum auf einen grundlegenden Wesenszug unseres Ichs: auf seinen entgrenzten Charakter, der nur in der Distanz zum Außen gedeihen mag. Allerdings hat diese Selbstüberschreitung ihren Preis. Zwar kleidet sie sich in das verspielte Gewand der Befreiung und streift das starre Korsett der Charakterrolle ab. Doch kann es dem derart entfesselten Ich auf Dauer höchst anstrengend werden, sich ständig neu erfinden zu müssen. Die Krux der allfähigen Freiheit drückt aufs Gemüt und lässt den spätmodernen Menschen rast- und ziellos umherstreifen, auf dass er sich ja nicht setzen möge. Andernfalls droht der Stillstand und mit ihm die Gefahr, unverwechselbar geglaubte Merkmale könnten sich als vergleichbar herausstellen. Die Kränkung der vermeintlichen Einzigartigkeit säße tief, schließlich schmerzt in der Spätmoderne nichts mehr als die Durchschnittlichkeit. Alles soll originell und originär sein, sich zur Entfaltung bringen können jenseits von Standard und Konformität. Was den „Einzigartigen“ dabei jedoch entgeht: Auch sie schließen sich in ihrem Individualitätsdiktum einer Bewegung und Masse an. Nicht minder sauertöpfisch muss es ihnen ergehen, wenn sie feststellen, dass sie zudem auch nicht die Einzid ezem ber 20 1 8 /  ja nua r 2019

gen sind, denen in diesen Zeiten das Gros der Aufmerksamkeit zuteilwird. Währenddessen formieren sich die Anderen in ihrer Überzeugung zu einem einheitlichen Pulk, erst heimlich, mittlerweile besessen und ohrenbetäubend. Es sind jene, die sich nach einer Masse, einem Leviathan-ähnlichen „Volkskörper“, sehnen, innerhalb dessen sie sich einfügen und mitschwimmen können, sehenden Auges von ihm einverleibt werden, um als Beweis ihrer unverbrüchlichen Treue mit ihm unterzugehen. Im Angesicht dieser fundamentalen Spannung wankeln wir mal ermüdet, mal wutgetränkt zwischen den Polen. Jene, die ihre Individualität feilbieten und denen Ähnlichkeiten oder gar Parallelen zu Anderen obszön, beinahe zuwider sind, stehen nun Hut- und Wutbürgern unversöhnlich gegenüber. Demagogen auf der einen wie der anderen Seite haben in dieser Binarität, dem alten zweigliedrigen Ordnungsschema des Abendlandes, ein leichtes Spiel. Behände erreichen sie ihr Publikum, verführen die Massen und locken sie ins Extreme. In ihrer Abgrenzung, in ihrer Hinwendung zu einem Pol und einer Sphäre, sind sich beide Seiten nur allzu ähnlich. Wir müssen es einsehen: Der Mensch ist ein soziales Tier. Er braucht die Zugehörigkeit. Doch das allein mindert ihn nicht in seinem Sein. Es ist die Macht und mit ihr die Gewalt, gleich ob verbal oder physisch, die innerhalb der Gruppen-

polarisierung das gefährliche Moment bedeuten. Die Formierungen werden befeuert durch die Instrumente der Gegenwart. Die derzeitige Aufmerksamkeitsökonomie findet ihre Steigbügelhalter in digitalen Netzwerken, deren zügellose Bilderflut, infantiler Bestätigungswahn und lachhafte Zurschaustellung nur eines zeigt: Der wahrlich besondere Moment geschieht im Stillen. Dort, wo das Ich unbeobachtet seine Ruhe findet. Die dröhnenden Manegen der Gier nach Likes, Hashtags, Duckfaces, Pastell- und Sepia-Filter hingegen eint allesamt eines: Sie sind beliebig.

Hannah Petersohn, Chefredakteurin Human Resources Manager Uns interessiert, was Sie mögen und missen, schätzen und schassen möchten. Schreiben Sie uns! redaktion@human resources manager.de

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06/18 5

SCHWERPUNKT: ANDERS

Editorial

8 Desktop Ana-Cristina Grohnert, Personalvorstand bei der Allianz, ist immer dort, wo ihre Mitarbeiter sind 10 Debatte aktuell Steht Hartz IV vor dem Aus? Der Arbeitsmarktexperte Karl Brenke kritisiert die Vorstöße von Grünen und SPD und warnt vor einem wirtschaftlichen Kollaps 14

Mut zur Ehrlichkeit Unternehmen flunkern in Stellenausschreibungen, dass sich die Balken biegen. Ein Plädoyer für mehr Ehrlichkeit

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Reden ist Gold Warum Personaler ihre Kommunikation mit Mitarbei- tern überdenken müssen

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Fight or Flight? Konflikte nerven. Doch wer einem Zwist ständig aus dem Weg geht, riskiert Geld, Zeit und Nerven

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Begrenzt anders Polizei und Bundeswehr bemühen sich um mehr Diversität. Doch tradierte Vorschriften vereiteln das Vorhaben

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Fancy Shit Moderne Bürowelten stellen Arbeits- und Seinsweise auf den Kopf. Eine Auswahl schicker Berliner Offices

Die Hölle sind die anderen Ein Psychologe und Spaßforscher sagt, warum vom Chef verordneter Humor nervt

42 Diskriminierende Gleichheit Wer eine Personengruppe besonders fördert, benachteiligt womöglich eine andere 46 Absage für Ali Um Diskriminierung zu verhin- dern, sollen anonymisierte Bewerbungen Abhilfe schaffen 50 Gesinnungsgenossen Wie viel klare Kante dürfen und müssen Unternehmen in einer polarisierten Gesellschaft zeigen? 54 IT-Nerds ohne Soft Skills? Trotz guter Ausbildung haben es Autisten schwer auf dem Arbeitsmarkt

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Was haben der Lügenbaron von

58 Buntes Leben Im Kampf um Bewerber suchen Firmen immer öfter nach Quereinsteigern 62 So nah und doch so anders Der Erfahrungsbericht eines Deutschen über den Arbeitsalltag in der Schweiz

IM FOKUS 66

Zeitenwende Der Start-up-Investor Benedikt Herles über die Zukunftsblind- heit von Politik und Gesellschaft

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Auf der Sinnsuche Wie das japanische Konzept der Sinnsuche die westliche Arbeits- welt verändert

62

Über die Unterschiede

Münchhausen und viele Stellen-

zwischen dem deutschen

anzeigen gemeinsam? Ein Manko

und dem schweizerischen

an Ehrlichkeit

Arbeitsalltag

www. hu ma n re so u rce s ma n age r. d e

Foto: picture alliance (2)

MEINUNG


VER B AN D 98 Editorial 99 Workshop mit Gerald Hüther Der Neurobiologe rät Unterneh- men, Freiräume zu schaffen, damit Mitarbeiter wachsen können

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Schöne neue Arbeitswelten: eine Aus-

100 Fachgruppentag Was ein gutes BGM auszeichnet

P RAXI S

101 Leistungsfeedback und Bonussysteme Rückblick zum Regional gruppentreffen in Hannover

wahl Berliner Büros, die einen vergessen lassen, dass hier malocht wird

ANALYSE 76

Ansätze statt Vorsätze Warum es uns so schwerfällt, Dinge zu verändern, und was Sigmund Freud damit zu tun hat

Foto: Jana Legler, Wolfgang Maria Werber

80 HR als Dienstleistung Personaler sollten Bewerber und Angestellte als Kunden betrachten 84

Vernetzt euch! Wie ein neuer Managertypus die Leistung von Mitarbeitern im digitalen Zeitalter steigern kann

88 Sieben Gedanken Die Wissenschaftlerin Alexandra Arnold über Gewinn und Verlust beim Thema Lohntransparenz 89

Meine digitale Welt Digitalexpertin Simone Ashoff benutzt eine App, die ihre Handynutzungsgewohnheiten aufzeichnet

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Rezension Das Gros der Arbeitsplätze wird zukünftig obsolet sein. Wir müssen uns neu erfinden, bevor es zu spät ist, schreibt der Journalist Christoph Keese

RE CHT 92 Aktuelle Urteile 94

Anders arbeiten Die Rechte schwerbehinderter Arbeitnehmer werden im Zuge der Digitalisierung gestärkt

95 Impressum d ezem ber 20 1 8  /  janua r 2019

102 Die Highlights im Herbst 100 Jahre Frauenwahlrecht, Innovationstag bei Tandemploy, Fortschrittsindex Vereinbarkeit und der Fachgruppentag in Köln 104 Proud2bHR-Kampagne Was macht Sie stolz?

LETZ TE SEITE 102 Fragebogen Der ehemalige Topmanager und heutige Politiker Thomas Sattelberger über Diversity, Anpassungsdruck und Frauenquote


MEINUNG

|  Debatte aktuell

Ein Interview von Hannah Petersohn

Seit Wochen werden die Schlagzeilen von der Diskussion um die Abschaffung von Hartz IV beherrscht. Abgeordnete der SPD, der Linken, der Grünen und der CDU melden sich beinahe täglich zu Wort. Ihre Ansichten zum Arbeitslosengeld II und zur Frage, ob ein Garantiesystem, ein Bürgergeld oder gar ein bedingungsloses Grundeinkommen eingeführt werden sollte, gehen zum Teil weit auseinander. Der Arbeitsmarktexperte Karl Brenke hält wenig von diesen Vorstößen. Er warnt, derartige Reformen würden zu einem wirtschaftlichen Kollaps führen, und verweist auf die seiner Ansicht nach existierenden positiven Aspekte des Hartz-IV-Systems.

Herr Brenke, die Grünen, allen voran der Bundesvorsitzende Robert Habeck, plädieren für die Abschaffung von Hartz IV. Stattdessen soll ein Garantiesystem, das ohne Sanktionen auskommt, eingeführt werden. Die SPD fordert ein Bürgergeld und SPD-Generalsekretär Lars Klingbeil sogar ein Grundeinkommensjahr. Die Linke argumentiert schon seit vielen Jahren für eine sanktionsfreie Mindestsicherung. Was ist von all diesen Bestrebungen zu halten? Zunächst einmal muss man feststellen, dass wir momentan eine gute Konjunktur erleben. Die Steuereinnahmen fließen reichlich. Vor dem Hintergrund wundert es nicht, dass sämtliche Parteien in der gegenwärtigen Debatte

großzügig mit Sozialleistungen umgehen. Die Debatte um Hartz IV zeigt, dass das Füllhorn noch weiter ausgeschüttet werden soll. Was wäre falsch daran? Bei der Debatte um Hartz IV wird das gegenwärtige Grundverständnis in Frage gestellt: Wenn Personen in Not geraten, beispielsweise durch Arbeitslosigkeit, muss die Gemeinschaft sie unterstützen. Andersherum wird erwartet, dass jene, die in die Notlage gekommen sind, sich selbstständig daraus befreien, sich also einen regulären Job suchen. In der Debatte um Hartz IV, wie sie die Grünen oder die Linkspartei führen, wird dieses Grundverständnis auf den Kopf gestellt. Inwiefern?

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Diese Parteien gehen davon aus, dass der Normalfall im Nichtstun besteht. Demnach soll nur arbeiten, wer mehr Geld haben möchte. Das ist eine Umkehrung der Werte. Hinter der Diskussion um ein Bürgergeld oder Garantiesystem steckt ein bestimmtes Menschenbild. Gegner der Vorschläge gehen von einem faulen Bürger aus, der keine Lust zum Arbeiten hat. SPD-Chefin Andreas Nahles lässt verlautbaren, es gebe kein Recht auf bezahltes Nichtstun, und klingt damit wie einst Schröder, der sagte: „Es gibt kein Recht auf Faulheit in unserer Gesellschaft.“ Wird diese Einstellung der Bevölkerung gerecht? Entsteht Arbeitslosigkeit wirklich durch Faulheit? Es kann sein, dass die Bereitschaft, sich www. hu ma n re so u rce s ma n age r. d e


Debatte aktuell  |  M E I N U N G

einen neuen Job zu suchen, durch ein Bürgergeld geringer wird. Ich würde das aber nicht generalisieren. Der größte Teil der Hartz-IV-Bezieher ist bereit, sich aktiv einen neuen Job zu suchen. Es gibt zwei Gruppen: die einen, die schon etwas älter sind, also über Mitte 50. Viele von ihnen haben resigniert und behaupten, der Arbeitsmarkt sei für sie verschlossen. Die zweite Gruppe sind die Jüngeren. Unter ihnen gibt es einen nicht unerheblichen Teil, der sagt: So richtig Lust zum Arbeiten habe ich nicht. Wäre bei beiden Gruppen nicht eine professionelle psychosoziale Beratung sinnvoll? Würde man gerade Langzeitarbeitslose durch den Wegfall von Sanktionen nicht noch mehr sich selbst überlassen? Das würde sicher so kommen. Zumal man sie dadurch noch weiter stigmatisieren würde, denn sie gerieten mit einem Grundeinkommen unter den Generalverdacht, dass sie nicht arbeiten wollen. Eine psychologische Beratung wäre sinnvoller. Es gibt bereits andere Instrumente, um Langzeitarbeitslose wieder in den Arbeitsmarkt zu integrieren: So werden Arbeitgebern Lohnkostenzuschüsse gezahlt, wenn sie Langzeitarbeitslose einstellen. Auch der Chef der Bundesagentur für Arbeit, Detlef Scheele, behauptet, man brauche Druckmittel für Arbeitsunwillige. Hat die Bundesagentur für Arbeit womöglich die Befürchtung, überflüssig zu werden, wenn das Hartz-IVSystem abgeschafft wird? Natürlich gibt es dort viele Angestellte, die mit Leistungszahlungen beschäftigt sind, was mit einem Bürgergeld und Ähnlichem nicht mehr nötig wäre. Aber eine Arbeitsvermittlung benötigen wir auch in Zukunft, selbst mit einem Grundeinkommen. Die Zahl der Hartz-IV-Empfänger und die der Langzeitarbeitslosen sind bereits stark zurückgegangen. Wir haben eine gute Konjunktur und es rutschen immer d ezem ber 20 1 8  /  janua r 2019

weniger Menschen in die Langzeitarbeitslosigkeit. Täuschen die Zahlen nicht auch, weil zum Beispiel jene, die in Maßnahmen stecken, nicht miteingerechnet werden? Die Arbeitslosenzahl ist ja nicht gleichzusetzen mit der Zahl der Hilfsbedürftigen, die aufstocken müssen. Die Zahl der Hartz-IV-Empfänger hat sich in den letzten Jahren deshalb nicht verringert, weil es heute mehr Flüchtlinge gibt. Viele beziehen Leistungen und nehmen gleichzeitig an Qualifizierungsmaßnahmen teil. Das hat dazu geführt, dass die Zahl der nichtarbeitslosen ALG-II-Empfänger, also der Hilfsbedürftigen, konstant geblieben ist. Habeck und andere wagen einen neuen Ansatz und bringen ein Belohnungssystem ins Gespräch: Demnach sollen jene, die sich freiwillig bei der Jobsuche bemühen, belohnt werden. Die Freiwilligkeit würde in den Vordergrund gerückt werden, denn Weiterbildungsangebote wären dann nicht mehr obligatorisch, sondern fakultativ. Ein gangbarer Weg? Ein Belohnungssystem existiert seit Urzeiten. Es war schon bei den Neandertalern so, dass man sich um Nahrung und Unterkunft bemühen musste. Dieses Prinzip wird nun auf den Kopf gestellt nach dem Motto: Wir haben reichlich Geld. Das bezweifle ich übrigens. Nun soll es so sein: Geld kriegt jeder, und wer mehr will, soll arbeiten gehen. Damit schafft man aber keine Anreize, etwas für die Gemeinschaft zu tun, sondern verringert sie eher. Sie würden also gegen das antike Ideal der Muße und der Befreiung von Arbeit argumentieren? Im antiken Gesellschaftssystem verfügte nur eine kleine Elite über diese Freiheit. Der Rest, die Sklaven, haben die Arbeit verrichtet. Die CDU lehnt die Forderungen von SPD, Grünen und Linken ab. Müssen diese Vorschläge nicht ohnehin erfolg-

los bleiben, solange die Union in der Regierung sitzt? Im Koalitionsvertrag ist von einer Reform des Hartz-IVSystems nichts zu lesen. Die Frage ist: Wie lange wird es noch diese Bundesregierung geben? In einer anderen Konstellation ist es durchaus vorstellbar, dass Forderungen der Grünen oder der SPD durchgesetzt werden. Nehmen die Grünen mit ihrem Vorstoß den Linken die Butter vom Brot? Schließlich kämpft die Linke schon lange für die Abschaffung des HartzIV-Systems. Ein Teil der Linken, die einstige WASG, hat sich überhaupt nur mit dem Ziel gegründet, die Agenda 2010 zu bekämpfen. Auch die Grünen haben schon immer über ein bedingungsloses Grundeinkommen diskutiert. Nun kommt eben gerade der Vorschlag eines anderen Grundeinkommens, nennen wir es mal Habeck V, auf den Tisch. Und auch bei der SPD gibt es in Teilen schon länger Bestrebungen, das Hartz-IV-System zu überwinden. Worin besteht der Unterschied zwischen den Bestrebungen der Linken und denen der anderen beiden Parteien? Die Linken haben die Idee eines relativ hohen bedingungslosen Grundeinkommens. Zusätzlich fordern sie, dass Leistungen der Arbeitslosen- und Rentenversicherung bezahlt werden. Das würde darauf hinauslaufen, dass Steuern und Abgaben enorm ansteigen. Denn dann müsste es riesige Sozialtransfers geben. Nach dem Modell der Linken machen sie dann zusammen über 80 Prozent des gesamten aktuell verfügbaren Einkommens der privaten Haushalte aus. Momentan ist es so, dass sich das verfügbare Einkommen zu etwas mehr als einem Viertel aus Sozialtransfers wie Renten, Pensionen, Kindergeld, Arbeitslosenunterstützung et cetera zusammensetzt. Die Idee der Linken hätte 11


Nichts fĂźr Feiglinge 18

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MEINUNG

Ein Gastbeitrag von Christoph Maria Michalski

Sie kosten Zeit, Geld und Nerven – Konflikte sind im Joballtag keine Seltenheit. Wer sie lösen will, muss sich ihnen stellen. Und braucht einen langen Atem.

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as lasse ich mir nicht mehr bieten. Der Müller ist so was von unzuverlässig! Dauernd muss ich auf seine Zahlen warten und bekomme sie erst, nachdem ich dreimal nachgefragt habe! Gestern hat mich der Chef bereits gefragt, wann er mit dem Reporting rechnen könne. Dann bin ich natürlich wieder der Dumme …“ Kommt Ihnen das bekannt vor? Schwelende Konflikte wie diese gibt es in den besten Unternehmen. Der Flurfunk läuft auf Hochtouren, in der Kaffeeküche wird hinter vorgehaltener Hand der neuste Schlagabtausch der Kontrahenten analysiert. Und wenn der Chef dazukommt? Totenstille. Nichts hören, nichts sehen und vor allem nichts sagen. Viele Führungskräfte nehmen das so hin. Und sind glücklich in dem Glauben, in ihrem Unternehmen sei alles Friede, Freude, Eierkuchen. Und wenn ihnen doch mal etwas zu Ohren kommt, heißt es schnell: „Das müssen die unter sich ausmachen, da halte ich mich lieber raus.“ Der Haken an der Sache: So ändert sich nichts. Außer dass in der Abteilung immer mehr Kollegen zwischen die Fronten geraten und ihre Arbeit vernachlässigen.

Foto: Getty Images, John M Lund Photography Inc

Konflikte kosten Kohle Konflikte im Unternehmen kosten nicht nur Nerven, sondern auch Zeit und Geld. Deswegen sollte ein scheinbar harmloser Disput wie der zwischen Herrn Müller und seinem Kollegen sofort zur Chefsache erklärt werden. Die Zahlen sprechen für sich: Laut einer Studie der Unternehmensberatung PricewaterhouseCoopers (PwC) und der Europa-Universität Viadrina in Frankfurt (Oder) betragen die Kosten, die durch Konflikte entstehen, mehr als 50.000 Euro pro Projekt. Streitereien führen zu weniger Leistung im Team und verzögern Arbeitsprozesse. Das Resultat: Auftragsrückgang und unzufriedene Kunden. Vernünftig arbeiten kann ohnehin keiner mehr, wenn ständig die Fetzen fliegen: Studien des Beratungsunternehmens KPMG belegen, dass bis zu 15 Prozent der Arbeitszeit für die Zankereien zwischen Kollegen, Kunden und Zulieferern draufgehen. Kommen wir noch einmal zu Herrn Müller und seinem wütenden d ezem ber 20 1 8  /  janua r 2019

Kollegen zurück. Während sich die beiden eine Stunde lang streiten wegen gegenseitiger Versäumnisse und vermeintlich schlechter Arbeitsmoral, tickt die Uhr. Als Arbeitgeber kostet sie dieser Konflikt Geld: Beide tun während dieser Stunde nicht das, wofür sie eigentlich bezahlt werden. Bei einem Stundenlohn von 50 Euro betragen die sogenannten Konfliktkosten also schon 100 Euro – und das wegen einer scheinbaren Lappalie. Und weil Herr Müller nachtragend ist, kommt er am nächsten Tag absichtlich zu spät zum Meeting. Die Kosten steigen entsprechend.

Ein schmerzhafter Weg Weil es einfacher ist, entscheiden wir uns meist lieber dafür, Konflikte auszusitzen. Privat können wir das natürlich so machen – aber nicht im Unternehmen. Konflikte, die zu Arbeitsausfällen führen, belasten die Volkswirtschaft in Milliardenhöhe. Studien belegen, dass über 50 Prozent der Mitarbeiter, die ihren Job kündigen, das wegen ungelöster Konflikte mit Kollegen oder Vorgesetzten tun und nicht wegen besserer Jobangebote. Beim Konfliktmanagement geht es um die Zukunft des Unternehmens – gerade im Hinblick auf das Employer Branding und den steigenden Fachkräftemangel. Aber es gibt einen Weg aus dem Dilemma:

1.

Positiv bleiben

Konflikte sind ungefähr so beliebt wie Wurzelbehandlungen und Fußpilz. Trotzdem sind sie auch Innovationstreiber und eine Art von Qualitätsmanagement – jeder Konflikt zeigt an, dass ein Glied der Prozesskette quietscht oder Rost ansetzt.

2.

Konflikte managen

Unstimmigkeiten lassen sich auf sachlicher Ebene angehen. Gleichzeitig gibt es aber immer auch einen emotionalen Anteil, der einen genauso großen Einfluss hat. Nur wenn man beide Ebenen gemeinsam betrachtet, lässt sich ein Konflikt nachhaltig lösen. Dazu muss man zuvörderst die drei existierenden Konfliktkategorien kennen, um den vorliegenden Konflikt richtig einordnen und eine passende Handlungsweise auswählen zu können: 19


Ein Beitrag von Anna Friedrich

Homosexuelle Feldwebel, tätowierte Oberkommissare, Polizeihauptmeister mit Migrationshintergrund – Polizei und Bundeswehr bemühen sich um mehr Vielfalt. Doch: Zahlreiche Vorschriften sind tradiert und wenig zeitgemäß. Die Behörden tun sich schwer, einen mutigen Schritt in die Zukunft zu machen.

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Foto: picture alliance, Jason Langley

Anders, aber bitte nach Vorschrift


TITEL

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in Hirsch-Tattoo auf dem linken Unterarm, ein Piercing in der Nase, auffälliger Ohrschmuck: Vanessa Hawlitscheks Körper ist mit Tätowierungen bedeckt, Nase und Ohren sind gepierct. Das ist nichts Ungewöhnliches. Doch der Körperschmuck schränkt Hawlitschek in ihrem Job ein: Die junge Frau ist Polizeioberkommissarin in Hessen – und darf laut Vorschrift der Landespolizei weder sichtbare Tattoos noch Piercings tragen. Denn: Polizisten repräsentieren den Staat und sind daher verpflichtet, neutral und vertrauenswürdig in der Öffentlichkeit aufzutreten. Die Behörden argumentieren, dass großflächige Tätowierungen in der Bevölkerung mangelnde Akzeptanz oder gar Misstrauen gegenüber den Beamten hervorrufen könnten. Daher sei eine „hervorgehobene Individualität“, wie es im Behördendeutsch heißt, nicht erwünscht. Für Hawlitschek bedeutet das: Um ihre Tattoos zu verstecken, trägt sie ausschließlich langärmelige Dienstkleidung – selbst im Hochsommer. Ihr Piercing in der Nase dreht sie während der Arbeit so, dass es nicht sichtbar ist. Schaut man sich die Regelungen zu Körperschmuck bei den Polizeibehörden an, zeigt sich schnell: Mit modernen Ansichten hat das wenig zu tun. Dabei will die Polizei Individualität fördern und den männlich dominierten Polizistenberuf aufbrechen. Dazu spricht sie in ihren Employer-Branding-Kampagnen gezielt Frauen an und zeigt gerne Polizisten mit Migrationshintergrund. Doch beim Thema Körperschmuck sind die Werte tradiert. Dabei braucht die Polizei dringend gute Nachwuchskräfte. Die Bundeswehr steht vor einem ähnlichen Problem: Seit dem Ende der Wehrpflicht sind immer weniger junge Leute bereit, sich in den Soldatendienst zu stellen. Nichtsdestotrotz halten sowohl Polizei als auch Bundeswehr an jahrzehntealten Vorschriften fest. Die staatlichen Arbeitgeber wollen zwar mehr Individualität, aber bitte nur nach Vorschrift. d ezem ber 20 1 8  /   janua r 2019

ANDERS

Vielfalt im Fokus Nicht nur der Körperschmuck ist ein Thema, auch die sexuelle Orientierung der Bewerber sorgt immer wieder für Gesprächsstoff. Sowohl Polizeibehörden als auch das Bundesministerium für Verteidigung bestätigen: Die sexuelle Orientierung hat keinen Einfluss darauf, ob jemand als Polizist oder Soldat geeignet ist. Dennoch gibt es immer wieder Medienberichte, die nahelegen, dass Schwule und Lesben es vor allem bei der Bundeswehr nicht leicht haben. Häufig ist die Rede von Diskriminierung und Anfeindungen homosexueller Soldaten. Von Individualität ist also wenig zu spüren. Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen hat sich zum Ziel gesetzt, die Vielfalt innerhalb der Bundeswehr zu erhöhen. Sie spricht von Kita-Plätzen in Kasernen, Schwangeren-Uniformen und Soldaten mit Migrationshintergrund. Die sexuelle Orientierung solle ein ebenso selbstverständliches Thema sein wie die Augenfarbe oder die Schuhgröße. Von der Leyen weiß: Seit dem Aussetzen der Wehrpflicht muss die Bundeswehr umdenken. Sie muss ein attraktiver Arbeitgeber sein für junge Leute – für Männer und noch mehr für Frauen. Denn die sind stark unterrepräsentiert: Von rund 180.000 aktiven Soldaten sind lediglich 21.500 weiblich. Abhilfe schaffen soll die Employer-Branding-Kampagne „Wir. Dienen. Deutschland“. Dort legt die Bundeswehr ihr Selbstverständnis dar und präsentiert sich als attraktiver, moderner Arbeitgeber. Gezeigt werden Bilder einer uniformierten Soldatin, die ihre Kinder begrüßt. Auch eine Stabsärztin mit türkischem Hintergrund kommt zu Wort und erzählt, warum sie ihre Heimat Deutschland unterstützen will. Ein Versuch in Richtung Vielfalt. Die Polizeibehörden bemühen sich ebenfalls, mehr Frauen für den vermeintlichen Männerberuf zu begeistern. „Auch wenn sich die Werbemaßnahmen grundsätzlich an 23


Ein Interview von Anne Hünninghaus

Der Psychologe René Proyer über echten und verordneten Spaß im Job und die acht Arten von Humor.

Herr Professor Proyer, arbeiten wir effizienter, wenn wir Spaß an unserem Job haben? Spaß bedeutet, dass positive Emotionen geweckt werden, wie Freude, Interesse oder Zufriedenheit. Geschieht das bei der Arbeit, wirkt sich dieser Zustand motivierend aus und setzt Ressourcen frei. Freude kann uns produktiver und konzentrierter machen. Wenn wir unter Spaß allerdings verstehen, dass alle dauerhaft in Karnevalsstimmung sind und eine Polonaise durchs Unternehmen tanzen, lenkt das natürlich ab und hemmt die Produktivität. Generell ist die noch immer verbreitete Vorstellung, dass Spaß

in die Freizeit und Ernsthaftigkeit ins Berufsleben gehört, eine künstliche Dichotomie. Was bedeutet das für Arbeitgeber und Führungskräfte? Für viele heißt das, sie sollten in puncto Spaß einen Kulturwechsel anstreben, auch in ihrem eigenen Sinne. Ich war an mehreren Studien beteiligt, in denen es darum ging, welchen Einfluss Verspieltheit im Erwachsenenalter auf innovatives Denken hat. Diese haben bestätigt, dass uns ein spielerisches Herantasten an Probleme kreativer macht. Wenn ich Firmenchefs diesen Rat gebe, verdrehen die allerdings oft die Augen, nach dem Motto: „Ich brau-

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che keinen Kasper in meinem Team, sondern ernsthafte Leute.“ Um innovativ zu sein, muss man in der Lage sein, intellektuell auszubrechen. Es geht darum, Szenarien gedanklich durchzuspielen – das darf Spaß machen. Nur so kommt man auf unkonventionelle Lösungen. Auch in einem Meeting darf gelacht werden. Wenn Sie im gemeinsamen Brainstorming feststecken, sollten Sie etwas Überraschendes oder Unkonventionelles sagen oder tun. Das kann helfen. In der New Economy sind spielerische Herangehensweisen an Probleme bereits weit verbreitet. Bei der jungen Generation scheint es ein Umdenken www. hu ma n re so u rce s ma n age r. d e

Foto: wikimedia

„ Karaoke mit Kollegen? Die Hölle!“


TITEL

zu geben – zumindest im kreativen Bereich. Diesen Wandel sehe ich grundsätzlich positiv. Es ist gut, dass es inzwischen erlaubt ist, auch bei ernsthaften Tätigkeiten Spaß zu empfinden. Wir sind keine Roboter, die einer Tätigkeit mit vollem Fokus acht, neun Stunden am Tag nachgehen können. Auch im OPSaal sprechen Ärzte und Helfer zwischendurch mal über Fußball oder tauschen Klatsch und Tratsch aus – auch wenn man sich als Patient wünschen würde, dass der Chirurg sich stundenlang nur auf seine Arbeit konzentriert. Das kennen wir alle: Um mit Belastungen fertig zu werden, müssen wir uns zwischendurch ablenken. Spaß sorgt für eine gewisse Entspannung und die brauchen wir, um unsere Aufgaben bewältigen zu können. Kritisch wird es, wenn Spaß von oben verordnet wird. Was passiert, wenn der Chef seine Mitarbeiter zu Spaß zwingen möchte? Das hat negative Effekte und kann zu Abwehrreaktionen führen. Wenn ich nur über eine Rutsche in mein Büro komme, würde mir das irgendwann furchtbar auf die Nerven gehen. Oder wenn jeder zu Beginn einer Gesprächsrunde erst einmal eine witzige Anekdote erzählen soll – das gibt es ja tatsächlich. Viele Menschen fühlen sich in solchen Situationen extrem unbehaglich. Es ist ein guter Schritt, Mitarbeitern Freiräume zu geben. Aber es darf kein Pflichtprogramm sein. Nicht jedem ist gleichermaßen wohl dabei, Persönliches preiszugeben. Zum Prototyp eines Start-ups gehört zwangsläufig ein Kicker, in manchen Büros gibt es sogar Schaukel oder Bällebad. Ist es klug, den Mitarbeitern solche Spaß-Hilfsmittel zur Verfügung zu stellen? Das ist tatsächlich eine gute Idee. Der Kicker gefällt mir in der Aufzählung am besten, weil man miteinander spielt und es einen Austausch gibt. Auch dem hartgesottensten Vorstandsvorsitzend ezem ber 20 1 8  /   janua r 2019

den sollte inzwischen klargeworden sein, dass kein Mitarbeiter von morgens bis abends hochkonzentriert und ohne Ablenkung arbeitet. Ein Kicker auf dem Flur oder in einem Gemeinschaftsraum kann bewirken, dass wir nicht immer mit denselben Menschen unsere Zeit verbringen, sondern auch mit Kollegen aus anderen Abteilungen. Auch hier gilt das Gebot der Freiwilligkeit: Die Forderung „Jeder muss täglich eine halbe Stunde ins Bällebad, um dann mit kreativen Ideen wieder herauszukommen“ wäre nun wirklich nicht zielführend. Eine solche Ansage ist wahrscheinlich selten. Aber gerade auf Firmenevents kommt es vor, dass Mitarbeiter zu Spaßaktionen gedrängt werden. Sei es die Karaoke-Veranstaltung auf der Weihnachtsfeier, seien es Kennenlernspiele mit neuen Kollegen … In der Differentiellen Psychologie unterscheiden wir Ausprägungen von Persönlichkeitsmerkmalen, zum Beispiel Offenheit für neue Erfahrungen oder Extraversion. Extravertierten fällt es leichter, solche Späße mitzumachen, als Introvertierten, für die das die sprichwörtliche Hölle ist. Wenn ich auf einer Firmenfeier zum Karaoke-Singen gezwungen würde, wäre ich spontan krank. Und ich mache nie blau. Ich verstehe den Gedanken dahinter, ein inklusives Element schaffen zu wollen und außerhalb des Arbeitskontexts gemeinschaftliche Dinge zu unternehmen. Anbieten und ermöglichen sollten Arbeitgeber solche Aktionen unbedingt. Wir profitieren davon, gemeinsam positive Erinnerungen zu erschaffen. Wenn ich bei solchen Events mit der Kollegin aus der Buchhaltung ins Gespräch komme, mit der ich vorher nie etwas zu tun hatte, werde ich sie später eher anrufen, wenn ich eine Frage habe. Das zusammen Erlebte schafft einen netteren Gesprächseinstieg. Spaß und Lachen haben wichtige soziale Funktionen.

ANDERS

Ja, und am Humor lässt sich einiges ablesen. Wenn Ihnen der neue Kollege als Erstes einen Sex-Witz erzählt, haben Sie einen völlig anderen Eindruck, als wenn er eine lustige Anekdote seines Kindes zum Besten gibt. Humor verrät viel über Einstellungen und Werte. Er hilft, einen Menschen einschätzen zu lernen. Ich möchte damit aber nicht dazu aufrufen, jemanden im Vorstellungsgespräch einen Witz erzählen zu lassen, das ginge schief. Untereinander merkt man schnell, ob man in Bezug auf den Humor auf einer Wellenlänge ist. Ist das für die Zusammenarbeit ein wichtiger Faktor? Auf jeden Fall. Geht der Chef humorvoll mit den eigenen Schwächen um? Nimmt er sich nicht ganz so ernst? Oder sanktioniert er jede witzige Bemerkung? Selbstironie kann gerade bei jemandem in höherer Position charmant und sympathisch wirken, solange man es damit nicht übertreibt und sich selbst herabwürdigt. Insbesondere Führungskräfte befürchten oft, es könnte ein Zeichen von Inkompetenz sein, kleine Schwächen zuzugeben. Dabei ist das eine Stärke, die honoriert wird. Gibt es humorlose Menschen? Wir unterscheiden acht verschiedene Humorstile (siehe S. 28, Anm. d. Red.). Aus wissenschaftlicher Sicht hat jeder Mensch für jeden dieser Stile eine hohe bis niedrige Empfänglichkeit. Einen ganz humorlosen Menschen, der weder Ironie noch Nonsens witzig finden kann, gibt es vermutlich nicht. Humor drückt sich dabei aber nicht nur darüber aus, ob jemand selbst witzige Kommentare produziert, sondern auch, worüber er lacht. Selbstsicht und Fremdwahrnehmung müssen nicht übereinstimmen: Oft werden Menschen, die sich wahnsinnig witzig finden, von anderen überhaupt nicht so wahrgenommen. Das Phänomen kennen wir alle von jeder größeren Familienfeier. Auf der anderen Seite 27


Foto: Jana Legler

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Anders arbeiten? Sie sehen aus wie Spaßfabriken und sollen dem modernen Arbeitnehmer das Gefühl nehmen, der Arbeitsalltag sei grau und trist. Die Idee dahinter: das Wohlbefinden steigern und damit auch die Effizenz. Eine Auswahl verschiedener Berliner Büros zwischen Kuschelecke, Kneipeninterieur, Kinosaal und Badeschiff.

ANDERS


TITEL 

ANDERS

Vorherige Doppelseite: Dependance des CoworkingAnbieters Wework mit Blick Ăźber den Potsdamer Platz. Zwischen 380 und 560 Euro im Monat

Foto: Jana Legler (3)

kostet ein Arbeitsplatz.

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Diese Doppelseite: Mindspace, ebenfalls ein Coworking-Anbieter, vermietet öffentliche Büros weltweit. Hier sind die Räumlichkeiten in Berlin-Mitte zu sehen.

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Der Quotenmitarbeiter

Ein Beitrag von Sven Lechtleitner Diversität steht für Chancengleichheit – und die gilt für alle. Wer jedoch nur eine Personengruppe fördert, benachteiligt unter Umständen andere. 42

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lle sprechen über Diversität. Schließlich sollen Belegschaften in Zeiten der Globalisierung möglichst vielfältig sein. Doch tatsächlich versteht jeder etwas anderes unter dem Begriff. Die einen meinen damit die Förderung von Frauen, andere denken an altersgemischte Teams. Wieder andere verstehen unter Diversität, dass mehr Mitarbeiter mit Migrationshintergrund eingestellt oder Menschen mit einer Behinderung gefördert werden. Einigkeit herrscht hingegen bei dem Grundgedanken der Chancengleichheit. Wer denkt bei Diversität schon an Benachteiligung? Schließlich soll das genaue Gegenteil der Fall sein. Doch gerade hinsichtlich der gewünschten Unterschiedlichkeit spielen oftmals typische Charakteristika wie Alter, Geschlecht oder Kultur eine Rolle. Das sind allerdings jene Faktoren, die im Sinne der Gleichbehandlung bei Stellenbesetzungen oder Beförderungen eigentlich keine Rolle spielen dürfen. Wie also die einen fördern, ohne andere zu benachteiligen?

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Stichwort: positive Diskriminierung Der Grat zwischen Förderung und Benachteiligung kann ein schmaler sein – das zeigt ein Blick in die USA. Dort gelten Quotensysteme bei Auswahlverfahren als heikel. Nicht selten landen Fälle vor Gericht, in denen sich jemand aufgrund der Bevorteilung einer bestimmten Personengruppe zurückgesetzt fühlt. „Eine Frauenquote, wie wir sie aus Deutschland kennen, wäre in den Vereinigen Staaten unzulässig“, sagt Jörg Rehder, Partner bei Schiedermair Rechtsanwälte. Als zugelassener Rechtsanwalt in den USA, England, Wales und Deutschland berät er vor allem bei grenzüberschreitenden Sachverhalten. Hintergrund der Rechtslage ist die sogenannte Reverse Discrimination – eine umgekehrte oder positive Diskriminierung. Zurück gehe sie laut Rehder auf ein Urteil in Amerika Ende der siebziger Jahre. Ein weißer Mann verklagte eine Universität, weil sie bei der d ezem ber 20 1 8  /   janua r 2019

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Studienplatzvergabe eine ethnische Minderheit bevorzugt behandelte. Er gewann den Prozess. Auch wenn es in den USA keine Frauenquote gibt, beobachtet Jurist Rehder, dass es dennoch Bemühungen gibt, wenngleich diese weniger durch den Staat initiiert seien: „Vielmehr engagieren sich die Unternehmen freiwillig für Diversität“, sagt er. So streben viele US-Rechtsanwaltskanzleien an, dass mindestens 30 Prozent ihrer Führungspositionen von Frauen besetzt sind. Dabei handelt es sich jedoch nicht um eine feste Regel, sondern nur um ein verbalisiertes Ziel. Die Wahrscheinlichkeit, dass ein Mann vor einem amerikanischen Gericht klagt, weil er sich aufgrund dessen benachteiligt fühlt, hält er für gering. Schließlich setze sich das Unternehmen freiwillig für Vielfalt ein. In Deutschland ist die Lage aufgrund des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes (AGG) eine andere. Hier kann eine unterschiedliche Behandlung sogar zulässig sein, wenn geeignete und angemessene Maßnahmen bestehende Nachteile verhindern oder ausgleichen. Dazu zählen unter anderem Quotensysteme für Personengruppen, die unterrepräsentiert sind. „Hierzulande gegen eine Frauenquote anzukämpfen macht keinen Sinn“, sagt Rehder. Der Gesetzgeber habe sich dabei schließlich etwas gedacht – die Quote werde als Instrument des Ausgleichs verstanden.

Chancengleichheit für alle Quotenregelungen bei Auswahlverfahren – wie es sie im öffentlichen Dienst gibt – sind keine Seltenheit. Meistens handelt es sich dabei um eine Geschlechterquote für Führungspositionen. Doch jeder festgelegten Zahl geht eines vorweg: die Eignung der jeweiligen Person. „Grundsätzlich steht immer die Qualifikation im Vordergrund“, sagt Katrin Hansen, Vizepräsidentin der Westfälischen Hochschule in Gelsenkirchen. „Das Leistungsniveau muss gesichert sein. Erst im zweiten Schritt schauen wir auf die Quote.“ Die Wissenschaftlerin weist aber darauf hin, dass Quoten nur vordergründig funktionieren. Bei einer erzwungenen 43


Absage f체r Hakan, Zusage f체r Jens

Studien zeigen, dass ein t체rkischer Name die Chancen auf ein Vorstellungsgespr채ch deutlich

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Foto: picture alliance

verringert trotz gleicher Qualifikation.

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Ein Beitrag von Sven Lechtleitner

Jobsuchende mit ausländischen Namen haben bei gleicher Qualifikation oftmals schlechtere Chancen als solche mit deutschem Namen. Bieten anonymisierte Bewerbungen einen Ausweg?

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it einem Nachnamen wie meinem zeigen sich auf dem Arbeitsmarkt keine Vorbehalte. Gut, er klingt vielleicht nach Süddeutschland oder ein wenig nach Österreich. Aber das allein führt nicht dazu, bereits in der Vorauswahl aus dem Bewerbungsprozess zu fallen. Nein, Diskriminierung erleben jene Bewerber, deren Namen einen Migrationshintergrund vermuten lassen. Verschiedene Studien zeigen, dass mit einem türkischen Namen die Chancen auf eine Einladung zum Vorstellungsgespräch deutlich schlechter sind. Wer mit einem ausländisch klingenden Namen auf Jobsuche geht, muss trotz gleicher Qualifikation häufig zurückstecken. Der Personalauswahl in Unternehmen pauschal Rassismus zu unterstellen, wäre jedoch zu weit gegriffen. Oftmals sind unbewusste Vorannahmen – sogenannte Unconscious Bias – für die Misere verantwortlich. Aber ob bewusst oder unbewusst: Die Benachteiligung von Bewerbern kommt vor – sei es der ausländisch klingende Name, das Alter oder das Geschlecht. Was also tun, um allen gleiche Chancen zu ermöglichen?

Unbewusste Entscheidungen „Unconscious Bias sind eine Blackbox“, sagt Sebastian Bickerich, Pressesprecher der Antidiskriminierungsstelle des Bundes. Die Institution berät von Diskriminierung betrofd ezem ber 20 1 8  /   janua r 2019

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fene Personen und setzt sich mit Projekten für Chancengleichheit ein. Bei unbewussten Vorannahmen wisse man nie genau, um welche Vorurteile oder Stereotype es sich konkret handelt. Aber es gibt sie – immer dort, wo Menschen andere Menschen beurteilen. Und sie lassen sich nur schwer vermeiden. Neben Bewerbern mit ausländischem Namen seien auch häufig Frauen von Pauschalisierungen und Stereotypisierung betroffen. So wird ihnen schnell unterstellt, sie könnten schwanger werden und dann ausfallen. Dass Unternehmen jemanden im Gespräch diskriminieren, sei selten – dafür aber greifbarer, sagt Bickerich. Das Problem ist die unbewusste Diskriminierung, die zum Tragen kommt, wenn Arbeitgeber unter einer Vielzahl an Bewerbungen eine Vorauswahl vornehmen. Wissenschaftler nehmen an, dass die deutliche Mehrheit der als diskriminierend wahrgenommenen Handlungen auf unbewussten Entscheidungen oder Anschauungen basiert, sagt Tim Weitzel, Professor für Wirtschaftsinformatik an der Universität Bamberg. Diese seien damit weder leicht steuerbar noch überhaupt bemerkbar. Viele Entscheidungen fällt der Bauch anstelle des Kopfs. Dem jeweiligen Entscheider ist dabei in der Regel nicht bewusst, welcher Teil einer als rational empfundenen Kopfentscheidung tatsächlich rational ist und welcher sich auf unbewusste Annahmen zurückführen lässt. Darüber hinaus spielt bei Entscheidungen auch die Vorbildfunktion von Vorgesetzten eine Rolle. Die Einstellung, mit der sie an die Personalauswahl herantreten, 47


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Auf dem „rechten“ Weg

Die Figur des Wutbürgers (auch Hutbürger genannt) in Maik G., ein Pegida-naher Buchprüfer des sächsischen Landeskriminalamts, gegen ein ZDF-Team. Zuvor protestierte er lautstark mit Rufen wie „Volksverräter“. Wenige Wochen später quittierte er seinen Job bei der Behörde.

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Die zunehmend polarisierte politische Stimmung wird inzwischen auch in Bürofluren und Kaffeeküchen spürbar. Was tun, wenn Mitarbeiter extreme politische Positionen beziehen oder sich diskriminierend äußern? Wie viel politische Haltung können und dürfen Unternehmen zeigen? Was müssen sie heute anders machen? www. hu ma n re so u rce s ma n age r. d e

Foto: ard / zdf

Aktion: Am Rande einer Demonstration in Dresden pöbelt


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Ein Beitrag von Sarah Sommer

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ange haben sie geschwiegen. Aber inzwischen haben immer mehr deutsche Wirtschaftsführer die Nase voll: Die polarisierte und von extremen Positionen geprägte politische Debatte im Land wollen sie nicht länger hinnehmen. Prominente Manager positionieren sich nun klar gegen Rechts: So fand etwa Dieter Kempf, Präsident des Bundesverbands der Deutschen Industrie, im September beim Tag der Deutschen Industrie in Berlin deutliche Worte: „In unserer Gesellschaft darf Fremdenhass keinen Platz haben“, sagte er. Eindringlich warnte Kempf auch vor Nationalismus. Ein „angeblich heimatliebender Nationalismus, der gegen Zuwanderung und Freihandel mobilisiert“, sei der falsche Weg und schade dem Land. Vielmehr brauche Deutschland Offenheit. Investitionen von ausländischen Unternehmen und die Integration von Fachkräften aus anderen Ländern trügen maßgeblich zu Wohlstand und Arbeitsplätzen bei. Nicht nur Verbandsvertreter wie Kempf treten mit klarer Haltung in die Öffentlichkeit. Ebenfalls im September, unter dem Eindruck rechtsradikaler Ausschreitungen bei Demonstrationen in Chemnitz, meldete sich Siemens-Chef Joe Kaeser zu Wort: „Wir exportieren nicht nur Produkte, sondern auch Werte. Wir tragen eine besondere Verantwortung wegen unserer Geschichte, das dürfen wir nicht vergessen“, sagte der Manager dem Redaktionsnetzwerk Deutschland. „Vorfälle wie die in Chemnitz schaden dem deutschen Ansehen in der Welt. Da gibt es kein Vertun.“ Bereits im Mai hatte Kaeser bei Twitter scharf auf eine Rede der AfD-Politikerin Alice Weidel reagiert, die vor „Kopftuchmädchen“ gewarnt hatte. „Lieber Kopftuch-Mädel als Bund Deutscher Mädel“, twitterte Kaeser. „Frau Weidel schadet mit ihrem Nationalismus dem Ansehen unseres Landes in der Welt. Da, wo die Hauptquelle unseres Wohlstands liegt.“ Auch Manager wie Otto-Vorstandschef Alexander Birken warnten zuletzt öffentlich vor Rechtsradikalismus. „Mir ist wichtig, auf die enorme Unterströmung in der Gesellschaft hinzuweisen, die der extremen Rechten Zulauf verschafft“, sagte Birken der Wochenzeitung „Die Zeit“ im Interview. d ezem ber 20 1 8  /   janua r 2019

Denn: „Als Unternehmen haben wir eine Verantwortung, uns aktiver in den gesellschaftlichen Dialog einzubringen.“ Aber: Stimmt das? Sind Unternehmer verpflichtet, sich in gesellschaftliche und politische Debatten einzumischen und Position zu beziehen? Oder laufen sie damit Gefahr, die gesellschaftlichen Konflikte ins eigene Unternehmen zu tragen?

Meinung oder Hetze? Tatsächlich sind diese Konflikte längst in den Bürofluren, Kaffeeküchen und Besprechungsräumen der Unternehmen angekommen. „Wir haben zuletzt einige Fälle vertreten, bei denen Unternehmen Mitarbeiter wegen rechtsextremer oder rechtspopulistischer Äußerungen kündigen wollten“, berichtet Daniel Hautumm, Fachanwalt für Arbeitsrecht in Düsseldorf. „Andere Klienten kommen zu uns, weil ihre Kollegen im Unternehmen gegen Flüchtlinge und Ausländer hetzen – ohne dass die Führungskräfte das verhindern.“ Allerdings sei es für Unternehmen auch nicht ganz einfach, in solchen Fällen einzuschreiten, erklärt Hautumm: „Die freie Meinungsäußerung ist geschützt, und das gilt auch im Unternehmen.“ Die Grenzen zwischen Meinungsäußerung und rechtsextremer Hetze sind dabei nicht immer leicht zu ziehen. Hat die Mitarbeiterin, die in der Kantine über die Flüchtlingspolitik der Kanzlerin herzieht und rassistische Witze erzählt, schon die Grenze zur ausländerfeindlichen Hetze überschritten? Oder bewegt sie sich noch im Bereich legitimer freier Meinungsäußerung? Was, wenn ein Mitarbeiter in der Kaffeeküche Flyer für die AfD auslegt? Bei Facebook privat fremdenfeindliche Inhalte teilt und Arbeitskollegen sich darüber beschweren? Oder wenn eine Mitarbeiterin Kleidungsstücke mit rechtsradikalen Symbolen trägt? „Für Arbeitgeber gilt grundsätzlich: Sobald sich Mitarbeiter durch solche Äußerungen ihrer Kollegen bedroht oder benachteiligt fühlen, müssen Unternehmen handeln“, sagt Hautumm. „Denn der Arbeitgeber hat eine Schutzpflicht 51


Tausendsassa aus Österreich: Arnold Alois Schwarzenegger hat diverse Quereinstiege hinter sich. Vom Österreicher zum USAmerikaner, vom Bodybuilder zum Schauspieler, Unternehmer und Politiker. Der siebenmalige Mister Olympia scholt Donald Trump

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einen „meschuggenen Anführer“.

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Offen für Neues Ein Beitrag von André Schmidt-Carré

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Firmen suchen vermehrt nach Quereinsteigern. Sie erhoffen sich von Kandidaten mit bunten Lebensläufen neue Sichtweisen auf ihr Geschäft. Wie gut die Zusammenarbeit funktioniert, hängt von der Integration der neuen Kollegen ab – und von der Motivation auf beiden Seiten, neue Wege zu gehen.

okführer: Manch einer mag als Kind davon geträumt haben und hat dann aber doch einen ganz anderen Beruf ergriffen. Quereinsteiger bei der Deutschen Bahn (DB) können den Kindheitstraum auch Jahrzehnte später noch wahr werden lassen. Zehn bis zwölf Monate lang bildet die DB sie in eigens dafür eingerichteten Weiterbildungsschulungen aus. Die reguläre Ausbildung dauert zweieinhalb bis drei Jahre. Weil die meisten Quereinsteiger in ihrem vorigen Beruf aber bereits eine technische Ausbildung absolviert haben, können sie die Zeit verkürzen. Abschlussprüfung und ärztliche Eignungstests sind dieselben wie bei allen Anwärtern; Quereinsteiger sind also voll ausgebildet – und bei Lokführern mittlerweile sogar häufiger anzutreffen als bei regulären Auszubildenden. 1.600 Lokführer stellt die Bahn in diesem Jahr ein, davon sind rund 1.000 Quereinsteiger. Manche Kandidaten erfüllen sich so tatsächlich ihren Kindheitstraum, andere wollen von der heimischen Modellbahn in den echten Führerstand wechseln. Wieder andere lockt der sichere Arbeitsplatz. „Für die Deutsche Bahn sind Quereinsteiger eine wichtige Zielgruppe in der Personalgewinnung“, sagt DB-Personalmanager Fabian Wylenzek. „Dazu kommt, dass lineare Karrieren allgemein weniger werden und die entstehende Diversität für unser Unternehmen eine gute Sache ist.“ Die Schulung mit rund 20 Lernenden pro Klasse ist aus Sicht des Personalmanagers nicht nur fachlich notwendig, sondern auch ein wichtiger Faktor bei der Integration der Quereinsteiger: „Das Lernen in der Gruppe macht es den neuen Kollegen spürbar leichter, sich auf den neuen Beruf d ezem ber 20 1 8  /   janua r 2019

vorzubereiten, als wenn sie diesen Weg allein gehen müssten“, sagt Wylenzek.

Die Mischung macht’s Viele Unternehmen suchen neben Bewerbern mit klassischen Ausbildungs- und Karrierewegen auch nach solchen Kandidaten, die nicht aus der eigenen Branche stammen. Aus Sicht der Recruiter gibt es dafür vor allem zwei Gründe: Erstens lässt der Fachkräftemangel die Zahl der Bewerber vielerorts schrumpfen und mit dem Anwerben von Quereinsteigern vergrößern sie den potenziellen Kandidatenkreis. Zweitens erhoffen sich die Unternehmen von Quereinsteigern neue Impulse und Sichtweisen aufs Unternehmen – in Zeiten disruptiver Veränderungen von Geschäftsmodellen und ganzer Branchen kann der Blick von außen wertvolle Ideen liefern, so die Hoffnung. Damit Unternehmen solche Leute finden und integrieren können, ist aber eine entsprechend offene Firmenkultur nötig, die auch andere Denk- und Herangehensweisen zulässt als bislang üblich. Bei der Deutschen Bahn etwa müssen sich Lokführer und Fahrdienstleiter an strikte Vorgaben halten, was ihren eigentlichen Job angeht – dennoch hat die Bahn den Anspruch, auch ihrerseits offen für Veränderungen zu sein: „Um als Unternehmen noch besser zu werden, ist es für uns wichtig, neue Impulse von außen zu bekommen“, sagt DB-Personalmanager Wylenzek. Deshalb mischt die DB nicht nur Quereinsteiger mit regulären Job-Startern, sondern lässt Mitarbeiter mit unterschiedlichen beruflichen Werdegängen generell gerne zusammenarbeiten. 59


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Ein Interview von Hannah Petersohn

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Während Politiker und Unternehmer zuweilen Begriffe wie Digitalisierung und Industrie 4.0 überstrapazieren, wird die eigentliche digitale Revolution verschlafen. Das zumindest glaubt der Risikokapitalinvestor Benedikt Herles. Er kritisiert die Zukunftsblindheit und Planlosigkeit der Politik angesichts der zunehmenden Automatisierung der Arbeit. Um den wirtschaftlichen Kollaps und eine Volksdepression zu verhindern, plädiert Herles für grundlegende Reformen im Steuersystem, ein bedingtes Grundeinkommen und einen Algorithmen-TÜV.

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Foto: wikimedia

Zeitenwende


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Herr Herles, gleich zu Beginn Ihres aktuellen Buchs* kritisieren Sie Begriffe wie Digitalisierung oder Industrie 4.0. Was haben Sie an den Bezeichnungen auszusetzen? Die Begriffe greifen zu kurz. Wir glauben, dass wir die aktuellen technologischen Entwicklungen verstehen, wenn wir uns mit der schönen neuen Welt zwischen Dating-Apps und vernetzten Haushaltsgeräten auseinandersetzen. Dabei sind die Umbrüche viel funda-

mentaler. Der Begriff Industrie 4.0 ist nicht viel mehr als Standortmarketing für ein Land, das das Internet der Menschen ganz einfach verschlafen hat. Warum halten Sie diesen Zugang zur Digitalisierung für falsch? Weil es mehrere parallel laufende Revolutionen gibt: künstliche Intelligenz, Robotik, Blockchain, Biotechnologie. Die verschiedenen Technologien verschmelzen zum Teil, der Fortschritt explodiert. Die Gesellschaft verändert

FOKUS

sich in atemberaubendem Tempo. Der Begriff Digitalisierung verzerrt die Wahrnehmung und verhindert eine Debatte darüber, was wir gerade wirklich erleben. Was erleben wir denn gerade? Nichts weniger als eine technologisch-wissenschaftliche Zeitenwende. Sie schreiben, in der Politik habe sich eine ausgeprägte Zukunftsblindheit breitgemacht, an deren Ende der Kontrollverlust über den Fortschritt stünde.

* Benedikt Herles, „Zukunftsblind. Wie wir die Kontrolle über den Fortschritt verlieren“, Droemer HC, 304 Seiten, 19,99 Euro

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Gesund durch Sinn

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Ein Beitrag von Senta Gekeler

Das japanische Konzept „Ikigai“ findet auch hierzulande immer mehr Anklang. Ikigai kann grob als „Lebenssinn“ übersetzt werden und gilt als Schlüssel zu einem gesunden und glücklichen Leben. Es birgt auch für Unternehmen enormes Potenzial.

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ie japanische Inselgruppe Okinawa wird die Insel der Hundertjährigen genannt. Hier werden die Menschen so alt wie nirgendwo sonst auf der Welt, sie bleiben dabei auch bis ins hohe Alter fit und gesund. Ihr Geheimnis: Sie kennen und leben ihr Ikigai. Aus dem Japanischen übersetzt bedeutet das so viel wie „wofür es sich zu leben lohnt“. Ikigai ist die Schnittmenge aus dem, was man gerne tut, dem, worin man gut ist, dem, was die Welt braucht, und dem, wofür man bezahlt werden kann. Obwohl Ikigai deutlich mehr umfasst als eine Arbeitsstelle, hört sich das aus westlicher Perspektive sehr nach dem Stichwort „Traumjob“ an. In Unternehmen angekommen ist Ikigai im Sinne von New Work: Arbeit, die man gerne macht und die einen erfüllt. Aber kann auch uns ein Job mit Sinn zu einem langen, glücklichen und gesunden Leben verhelfen wie den Bewohnern von Okinawa?

Foto: Getty Images, indeed / Getty Images, addan

Weniger Fehltage Tatsächlich zeigt der Fehlzeiten-Report 2018, dass es einen Zusammenhang zwischen der Sinnhaftigkeit im Beruf und der Gesundheit gibt. Laut der vom Wissenschaftlichen Institut der AOK durchgeführten Befragung fehlen Beschäftigte, die ihre Arbeit sinnstiftend finden, nur halb so oft krankheitsbedingt im Betrieb wie unzufriedene Arbeitnehmer und leiden seltener unter Erschöpfung sowie Rücken- und Gelenkschmerzen. „Erwerbsarbeit wird heute nicht nur gesucht, weil sie materielle, sondern auch weil sie immaterielle Bedürfnisse nach Bindung, Zusammengehörigkeit, Anerkennung und sinnhafter Betätigung befriedigt“, sagt Helmut Schröder, Mitherausgeber des Fehlzeiten-Reports. „Erwerbsarbeit d ezem ber 20 1 8  /  janua r 2019

bedeutet auch teilzunehmen und mitzuwirken an etwas Größerem und im Idealfall selbstwirksam und selbsterfüllt tätig zu sein.“ Ihm zufolge sollten sich Beschäftigte immer fragen, ob in der jeweiligen Lebensphase Wunsch und Wirklichkeit zusammenpassen und sollten nach beeinflussbaren Veränderungsmöglichkeiten Ausschau halten. Es sei jedoch auch Aufgabe der Führungskraft, Mitarbeiter bei der Erfüllung ihrer persönlichen Ziele zu unterstützen.

Jeder hat Ikigai Wie aber findet man für sich heraus, wie die persönliche Berufung aussieht? Damit beschäftigt sich die Bestsellerautorin Bettina Lemke in ihrem Buch „Ikigai. Den Sinn des Lebens im Alltag finden“. In dem Ratgeber zeigt Lemke, wie man sein persönliches Ikigai herausfinden und umsetzen kann. „Das japanische Prinzip des Ikigais lässt sich auf unkomplizierte Weise in den konkreten Alltag der Menschen integrieren. Denn jeder hat Ikigai und kann sich, falls er es noch nicht entdeckt hat, mithilfe einfacher Fragen auf die Suche danach begeben“, so die Autorin. Lemkes Buch beinhaltet auch Tipps, wie man seine Leidenschaft zum Beruf machen kann. „Potenziell kann jeder Mensch eine Tätigkeit finden, für die er auch bezahlt werden oder eine andere Gegenleistung erhalten kann“, erklärt Lemke im Interview. „Die Frage ist aber auch, ob das unbedingt der Fall sein muss. Es ist zwar schön, wenn unser Beruf gleichzeitig eine Berufung ist, aber beim Ikigai sind die Grenzen zwischen den verschiedenen Bereichen fließend.“ Ein größeres Gewicht des persönlichen Ikigais könne auch in einem anderen Lebensbereich liegen, etwa in sozialem Engagement: Wenn sich beispielsweise jemand gerne ehrenamtlich engagieren wolle und seinen Lebens73


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Vernetzt euch!

Das digitale Zeitalter rĂźckt einen neuen Managertypus ins Rampenlicht, den Personaler bislang nicht im Fokus hatten. Doch gerade er ist es, der die Leistung der Mitarbeiter enorm steigern kann. 84

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Ein Gastbeitrag von Daniel Dirks

Foto: wikimedia

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igitalisierung, globaler Wettbewerb, Anpassungsdruck bei Produkten und Dienstleistungen beeinflussen massiv Arbeitsorganisationen und -prozesse. Von Managern wird verlangt, Mitarbeiter und Teams so zu fördern, dass sie in der Lage sind, den fundamentalen Wandel erfolgreich zu meistern und bestenfalls auch mitzugestalten. Seit Jahren basiert das Markenzeichen eines guten Managers darauf, Mitarbeiter kontinuierlich und konsequent zu coachen und weiterzuentwickeln. Unternehmen investieren viel Geld und Zeit, um ihre Führungskräfte entsprechend zu trainieren. Dass man dabei über das Ziel hinausschießen kann, zeigt eine neue Studie von Gartner. Während das Coaching von Mitarbeitern gemeinhin als Schlüssel zur Produktivitätssteigerung angesehen wird, deuten die Daten der Studie darauf hin, dass diese Erwartungen oft nicht erfüllt und sogar kontraproduktiv sein können. Die Motivation und das Engagement von Mitarbeitern können dadurch womöglich beeinträchtigt werden, was sich letztlich negativ auf den Geschäftserfolg auswirken kann. Für die internationale Studie wurden 7.300 Mitarbeiter und Manager aus 25 Branchen befragt und mehr als 300 Personalverantwortliche interviewt. Ziel der Studie war, aktuell vorhandene Entwicklungsansätze von Managern zu kategorisieren und herauszufinden, was Führungskräfte tun können, um dem bestehenden und zukünftigen Entwicklungsbedarf ihrer Mitarbeiter gerecht zu werden. Schließlich wirken sich der rapide technologische Wandel und der disruptive Wettbewerb auf die allgemeinen Arbeitsanforderungen aus. So geben über 50 Prozent der in der Studie befragten Mitarbeiter einen hohen persönlichen Weiterbildungsbedarf angesichts der Digitalisierung an.

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Die vier Managertypen Die Untersuchungen zeigen, dass es derzeit branchenübergreifend vier Managertypen innerhalb von Unternehmen gibt: „Der Anfeuerer“ zeichnet sich durch eine „Hands-off“Herangehensweise aus, gibt positives Feedback und betont gegenüber seinen Mitarbeitern deren Eigenverantwortung in Bezug auf individuelle Aus- und Weiterbildung. Er ist zugänglich und unterstützend, aber kaum proaktiv, wenn es um die systematische und gezielte Entwicklung von Mitarbeitern geht. „Der Lehrer“ fördert Mitarbeiter auf Basis der eigenen fundierten Erfahrungen und Kompetenzen, gibt beratungsorientiertes Feedback und steuert die Mitarbeiterentwicklung persönlich. „Der Fürsorgliche“ bemüht sich darum, seinen Mitarbeitern und Teams ein möglichst intensives und kontinuierliches Coaching und Feedback zu bieten. Im Extremfall erstreckt sich diese Haltung auf eine große Bandbreite von Fähigkeiten, Tätigkeiten und Arbeitsprozesse, die dieser „Always-on-Manager“ zu unterstützen versucht. Er verfügt über ein pädagogisches Verständnis, das stark auf direkte Anleitung und Präsenz des Erziehenden setzt. Diese Manager sehen die Verbesserung der Fähigkeiten ihrer Mitarbeiter als wesentlichen Teil ihrer täglichen Arbeit. Laut der Studie tendieren viele Führungskräfte dazu, dem Modell des fürsorglichen Managers zu folgen, der sich allerdings am ehesten negativ auf die Leistung der Mitarbeiter

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Der Unangepasste Thomas Sattelberger war Topmanager unter anderem bei Daimler, Lufthansa, Continental und der Telekom und ist aktuell Mitglied des Deutschen Bundestags.

Mein erstes eigenes Geld verdiente ich als … 16-Jähriger beim Tragen und Einsortieren von Aktenbergen bei der Württembergischen Versicherung. Als Manager und Politiker habe ich gelernt … Frustrationen auszuhalten, Bypässe zu legen, Visionen zu haben, aber diese nicht zu früh preiszugeben, langfristigstrategisch zu planen und kurzfristig-taktisch zu manövrieren sowie Disziplin zu beweisen. Das Thema Vielfalt sollte Dreh- und Angelpunkt in Unternehmen sein, weil … nur diverse Organisationen den ständigen Wetterwechsel meistern. Nur sie besitzen die Varietät für Innovation. Für Effizienzkulturen braucht man Uniformität. Ich habe Diversity Manager als Feigenblätter bezeichnet, weil … sie in kraft- und saftlosen HR-Bereichen meist nur an der Oberfläche herumkratzen, aber die dahinter liegenden Machtstrukturen gar nicht erst erkennen, geschweige denn attackieren. Die Personaler-Rolle wird in Zukunft … zweigeteilt sein: Die Minderheit der Fortschrittlichen wird sich auf People Analytics und Transformation fokussieren, die Mehrheit wird auf Persona10 6

lermessen nach Tools suchen. Konzerne leiden oft unter einer Alleinherrschermentalität, weil … Hierarchie als Führungsmodell bürokratische Machtapparate produziert und Alphamännchen ohne Inspiration davon besonders angezogen werden. Ohne Kritikfähigkeit laufen Unternehmen Gefahr … ihre Antennen, die Sensoren für Frühsignale, Optionen, Weggabelungen und Verirrungen zu verlieren. Angestellte mit unorthodoxen Lebensläufen sind für Unternehmen … brave Arbeitstiere, wenn sie „Angestellte“ sind. Wenn sie keine „Angestellten“ sind, dann sind sie unorthodox und tragen zur Varietät der Organisation bei. Der Hang zum Anpassungsdruck in Unternehmen ist ärgerlich, weil … ein Unternehmen damit – schon für junge Talente – statt Talentbiotope normierende Talentpipelines produziert. Das sind dann in späteren Jahren die „Yes-Men“ im Dienste der Mächtigen. Übrigens ein Problem der „Cultural-Fit-Bewegung“. Manager rekrutieren oft Spiegelbilder ihrer selbst. Diese homosoziale Reproduktion verursacht … gleiche Denkmuster, gleiche Lösungs-

Der die erste Job, lle des o R zukünftige e rs oder ein Personale : re tü k e L de inspirieren und r re h fü s ft chä HRler, Ges orten eben Antw g r e g g Blo gen o b e m Frag in unsere n te tz e auf der „L Seite“.

wege und die Abhängigkeit des Unternehmens von einmal eingeschlagenen Wegen. Die Frauenquote in Aufsichtsräten börsennotierter Unternehmen … halte ich für passabel. Ansonsten favorisiere ich freiwillige Selbstverpflichtungen und Diversity-Strategien, die nicht zur Frauenförderung verkümmern. Von Quoten in Vorständen halte ich gar nichts. Talent wird gefördert und geführt, nicht quotiert. Die Quote ist eine gesinnungsethische Antwort auf fehlende Fairness, aber keine Antwort auf „Diversity of Mind“. Das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz ist … der Reparaturbetrieb für offensichtliche Benachteiligung und Diskriminierung. Die Schirmherrschaft über das schwul-lesbische Netzwerk Queerbeet war mir wichtig, weil … ich damit ohne Outing die richtigen symbolischen Signale setzen konnte. Unternehmen brauchen Quertreiber … um Dinge ständig zu hinterfragen und nichts als gottgegeben hinzunehmen. Der FDP-Politiker Thomas Sattelberger war Topmanager bei Daimler, Lufthansa, Continental und der Telekom. Seit Oktober 2017 ist er Mitglied des Deutschen Bundestags. Sattelberger gilt als Experte auf dem Gebiet Personalmanagement, Führung und Diversity. Er hat 2010 bei der Telekom als erstem Dax-Konzern die Frauenquote für Führungspositionen erstritten.

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Foto: Wolfgang Maria Weber

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