HRM 2019 05 Angst

Page 1


Coverillustration und Schmutztitel: Johannes Urban


EDITORIAL

Das große Zittern

Foto: Julia Nimke

W

hat would you do if you weren‘t afraid?“ steht auf einer Karte an der Wand gegenüber meines Schreibtischs. Ich weiß nicht, wo sie herkommt und wer sie dorthin gehängt hat, aber sie überdauerte bereits mehrere hausinterne Umzüge, ohne in der Versenkung zu verschwinden. Und das, obwohl unser Redaktionsteam gar nicht besonders hasenfüßig ist. Dennoch lohnt es sich, diese Frage in manchen Situationen als Entscheidungshilfe zu nutzen: Tendiere ich dazu, das Aufstiegsangebot auszuschlagen, weil ich keine Lust auf Mehrarbeit und Verantwortung habe? Meide ich das Krisengespräch mit dem Chef, weil es ja ohnehin vergebens wäre? Oder steckt eigentlich etwas ganz anderes dahinter – in diesen Fällen die Angst zu Versagen, die Furcht vor Konflikten? Angst sei ein schlechter Ratgeber, heißt es. Und in den beschriebenen Situationen ist sie tatsächlich die Antagonistin von Mut. Wir entscheiden klüger und beherzter, wenn es gelingt, das innere Zaudern zu übergehen. Jeder Neurologe wird dennoch bestätigen, wie wichtig Angst als Grund­emotion für unser Überleben ist. Der Mandelkern, ein Areal im Gehirn, in dem sie entsteht, befähigt uns, auf der Flucht schneller zu rennen und in Schreckmomenten ungeahnte Kräfte zu entwickeln. Sie zu verteufeln wäre widero k tober / novem b er 2019

sinnig – selbst wenn uns während der Bühnenpräsentation unseligerweise der Schweiß von der Stirn perlt oder im akuten Krisenfall eine Schockstarre die Glieder lähmt. Doch was passiert, wenn es mir gelingt, sie ein Stück weit zu dressieren? Würde ich anders entscheiden, wenn mir nicht das Worst-Case-Szenario wie ein Gespenst aus einem Gruselfilm im Kopf herumspukte? Zu welchem Handeln wäre ich fähig, wenn anstatt der panikroten oder angstschwarzen Fläche ein positives Bild vor meine Augen träte, eines, das bunter und optimistischer wäre? Und: Wie ließe sich ein solches gestalten? Die Journalistin Franziska Seyboldt hat genau diesen Prozess in Angriff genommen, als sie sich entschied, ihre generalisierte Angststörung – bei der das Gefühl durch vielfältige Trigger ausgelöst werden kann – publik zu machen. „Schreibe bloß kein Buch darüber, sonst findest du nie wieder einen Job!“, hieß es aus ihrem Umfeld. Doch sie entschied sich für eine Mischung aus Transparenz und Vertrauen als besten aller Angstlöser. Im Interview ab S. 28 spricht sie über Angst als Stigma – und die Mittel dagegen. In unserer Titelstrecke erfahren Sie, woran Sie erkennen, dass Mitarbeiter oder Kollegen unter einem solchen Zustand leiden – immerhin wird laut Statista jeder vierte Deutsche im Laufe seines Lebens von einer Panikattacke

heimgesucht. Deutlich weiter verbreitet ist diffuse Beklommenheit wie das Unbehagen gegenüber der Digitalisierung. Und dann gibt es konkrete Befürchtungen, zum Beispiel von tyrannischen Chefs, die in agilen Strukturen plötzlich um Macht und Status bangen. Manchmal reicht es, sich rationale Argumente gegen solche Gefühle zu vergegenwärtigen. Andere Ängste sitzen freilich tiefer. Sich mit ihnen auseinanderzusetzen kostet Kraft, schenkt aber auch Freiheit: Denn je weiter ich den Kreis um mich herum ziehe, der meine Komfortzone absteckt, desto ungezwungener kann ich mich im Job wie im Privaten bewegen. Ich wünsche Ihnen, liebe Leser, alles Gute und einen furchtlosen Blick in die Zukunft. Ab der kommenden Ausgabe ist an dieser Stelle HRM-Chefredakteurin Hannah Petersohn wieder für Sie da. Es war mir eine Freude, sie während ihrer Elternzeit vertreten und die vergangenen Ausgaben für Sie konzipiert zu haben. Eine gute Lektüre!

Anne Hünninghaus, Chefredakteurin i. V. Human Resources Manager

5


05/19 5

Editorial

8 Desktop Innogames-HR-Chef Andreas Michael Lieb arbeitet am liebsten in spielerischer Umgebung 10 Debatte aktuell Was wünschen sich die Aktivisten der Bewegung Fridays for Future von Unternehmen? 16 Change ohne Checklisten Warum Veränderungsprozesse sich nicht entlang von Best Cases organisieren lassen 18 Wir müssen Flexibilität besser trainieren Wie kann HR Mitarbeiter bestärken, sich auf ein verändertes Arbeitsumfeld einzulassen? 20 Das Anschreiben gehört abgeschafft! In drei Schritten intelligent digital recruiten

SCHWERPUNKT: ANGST 24 Keine Bange vor dem nächsten Schritt Rezepte gegen Versagensängste: So lässt sich die persönliche Komfortzone ausweiten 28 Im Angstpanzer Journalistin Franziska Seyboldt gibt im Gespräch Einblicke in ihr Leben mit Angststörung 34 Tötet die imaginierten Drachen! Wie man Ängste aufspürt und damit umgehen sollte. Tipps aus der psychologischen Praxis 36 Panik auf der Titanic Was ist dran an der „German Angst“ gegenüber der Digitalisierung?

40 Adrenalin für alle! Die besten TeambuildingMaßnahmen für Unerschrockene 44 Der Betriebsrat als Angstgegner So gelingt eine konstruktive Zusammenarbeit mit der gefürchteten Opposition 48 Bedrohliche Platzhirsche Das ist zu tun, wenn sich altgediente Manager flacheren Hierarchien verweigern 52 Nichts für schwache Nerven Menschen in risikoreichen Jobs brauchen besondere Unterstützung – und ein bestimmtes Persönlichkeitsprofil

Kummerkasten

10

Generation Grün? Die Klima­ aktivisten von Fridays for

IM FOKUS: Azubi- und Schülermarketing

Future stellen drastische Forderungen an Unternehmen.

56 Was macht Azubis unzufrieden? DGB-Jugendsekretärin Manuela Conte im Gespräch über die größten Mängel in Lehrbetrieben 60 Kreativ gegen Leerstellen Guerilla oder Klassiker? Sechs Ideen, um Auszubildende fürs Unternehmen zu gewinnen

www. hu ma n re so u rce s ma n age r. d e

Foto: Jana Legler, getty images; Illustratin: Johannes Urban

MEINUNG


INHALT

R EC H T 80 Aktuelle Urteile 82 Essay Was tun gegen Rassismus im Unternehmen?

28

83 Impressum

Angst als Stigma: Journalistin Franziska Seyboldt litt

jahrelang unter Panikattacken, bis sie sich entschied, diese öffentlich zu thematisieren. Welche Auswirkungen das auf ihr Berufsleben hatte, erzählt sie in einem sehr persönlichen Interview.

ANALYSE

P RAXI S

VER B AN D

64 Generation Thinking ist lernbar Y ≠ Z: Diese Formel sollten Re­cruiter verinnerlichen. Denn die Anforderungen der Generationen unterscheiden sich massiv 66 Meister der Verwicklung Ein philosophischer Abriss zum irreführenden Begriff der Personal­entwicklung

74 Wer hat das Zeug zur Führungskraft? Wer die Leader von morgen sind, lässt sich nicht mit veralteten Methoden identifizieren

86 Editorial

76 Sieben Gedanken Integration als Langzeitprojekt: Social Bee vermittelt zwischen Unternehmen und Flüchtlingen

LETZ TE SEITE

68 W arum Väter längere Elternzeiten scheuen ... und wie Arbeitgeber ihren Ängsten entgegenwirken können

77 Meine digitale Welt Rosa Riera, Spezialistin für Employer Branding bei Siemens, setzt auf KI-Assistenz

98 Fragebogen Philosoph Andreas Schiel fürchtet sich vor einer Arbeitswelt ohne Menschlichkeit

91 Das Präsidium stellt sich vor

Foto: Jana Legler, Privat

78 Rezension Nicht Talent macht zum Meister, sondern mühsame Kleinstarbeit, glaubt „Talent Code“-Autor Daniel Coyle

o k tober / novem b er 2019

87 N acht der Personaler 2019 – die Gewinner


MEINUNG

DEBATTE

AKTUELL

„ Es geht uns um Sinn“ Zum globalen Klimastreik am 20. September protestierten deutschlandweit mehr als eine Million Menschen – nirgends waren es so viele wie in Berlin.

10

www. hu ma n re so u rce s ma n age r. d e


MEINUNG

Ein Interview von Anne Hünninghaus Fotos von Jana Legler

Nele Brebeck ist 20 Jahre alt, Studentin und Pressesprecherin der Bewegung

Foto: Jana Legler, Privat

Fridays for Future in Hamburg.

o k tober / novem b er 2019

Ihre Generation steht für eine Zäsur – da sind sich die Vertreter der Bewegung Fridays for Future sicher. Deren Aufruf zu mehr Klimaschutz richtet sich nicht nur an die Politik. Die Schüler und Studenten stellen auch an Unternehmen teils drastische Forderungen. Ein Gespräch mit Nele Brebeck, Pressesprecherin und Social-Media-Managerin der Hamburger Ortsgruppe

Frau Brebeck, Sie sind 20 Jahre alt und haben im vergangenen Jahr Ihr Abitur gemacht. Normalerweise folgt darauf das Kapitel beruflicher Ausbildung. Bei Ihnen auch? Im Moment bin ich tatsächlich in Vollzeit mit der Pressearbeit beschäftigt. In diesem Wintersemester beginne ich an der Hamburger Uni mein Studium in Politikwissenschaft. Danach möchte ich in die Politik gehen – eine klassische Unternehmenskarriere kommt für mich weniger infrage. Die schwedische Aktivistin Greta Thunberg sitzt an einem Tisch mit Spitzenpolitikern, überall in Wirtschaft und Gesellschaft wird über Nachhaltigkeit diskutiert – die Bewegung Fridays for Future hat mit ihren Demonstrationen jede Menge Staub aufgewirbelt. Zu welchem Zeitpunkt hatten Sie den Eindruck, damit wirklich etwas erreichen zu können? Das war kurz vor der Europawahl, plötzlich war in vielen Umfragen das Thema Klimaschutz am allerwichtigsten. Ob in der S-Bahn oder auf dem

Schulhof, überall fingen Menschen an, sich darüber zu unterhalten. Diese Erfahrung war sehr bewegend für uns. Dass beim globalen Streik am 20. September 1,4 Millionen Menschen auf die Straße gegangen sind, zeigt, dass wir kein Randphänomen sind – in der breiten Gesellschaft findet ein Umdenken statt. Forscher warnen seit den Achtzigerjahren vor menschengemachten Veränderungen unseres Klimasystems. Warum hat das Thema ausgerechnet jetzt an Fahrt aufgenommen? Viele Menschen konnten den Gedanken an die verheerenden Folgen bis vor rund zwei Jahren entfliehen. Seitdem erleben auch sie erste spürbare Folgen der Klimakrise, wie die Trockenheit im Sommer 2018. Dadurch entwickelt sich das Bewusstsein, dass die bedrohlichen Prognosen der Wissenschaftler zutreffen. Schauspieler und Umweltaktivist Leonardo DiCaprio hat das mal schön beschrieben: „Wir behandeln den Klimawandel so, als sei er Fiktion“ – das geht nun nicht mehr. 11


Franziska Wessel (15), Pressesprecherin für Fridays for Future „Dass das Unternehmen oder die Institution, für die ich später arbeite, so klimaneutral wie möglich agiert, gehört für mich zu den wichtigsten Kriterien bei der Arbeitgeberwahl. Wir nehmen wahr, dass ein Umdenken stattfindet – Politik und Wirtschaft haben keine andere Möglichkeit, als endlich aufzuwachen.“

Die Auseinandersetzung mit diesen Szenarien tut weh und ist unbequem, weil sie uns dazu zwingt, unser Verhalten zu ändern. Nun ging die Initiative aber nicht von denjenigen aus, die global an den Schalthebeln sitzen, sondern von Schülern. Wie erklären Sie sich das? Die Älteren haben sich mit der Situation arrangiert, einfach so weitergemacht wie gewohnt und sich darauf ausgeruht, dass sie nicht agieren müs12

sen, solange die Jungen nicht rebellieren. Wir wollen unsere Zukunft sichern und weisen deshalb nun eindringlich auf die Verantwortung aller hin. Wir haben kein Vertrauen, dass die heutigen Gestalter ihrer Verantwortung gerecht werden – deshalb gehen wir auf die Straße. Bis vor kurzem war es aber insbesondere für junge Menschen gang und gäbe, nach dem Abitur die Welt zu bereisen und sich dann einem Studium

zu widmen, das bestenfalls Chancen auf einen lukrativen Job verspricht. Ökobewusstsein schien bei alledem erst einmal nachrangig. Haben sich die Perspektiven verschoben? Im Augenblick ändert sich der Fokus sehr vieler meiner Altersgenossen. Auch noch in meinem Abschlussjahrgang haben viele erst einmal eine Reise zum anderen Ende der Welt gemacht. Das Bestreben, Langstreckenflüge zu vermeiden, ist jetzt erst entstanden. Ich bekomme immer häufiger mit, dass Schüler mit ihren Eltern diskutieren, nach dem Motto: Es muss doch nicht unbedingt nach Thailand in den Urlaub gehen, lasst uns lieber an die Ostsee fahren – und hoffnungslos daran verzweifeln, dass sich die Erwachsenen den erarbeiteten Luxus nicht nehmen lassen wollen. Der Trend ist ziemlich neu und spiegelt sich in den diesjährigen Zahlen der Tourismusbranche noch nicht wider. Daher müssen wir Jungen uns oft die Kritik anhören, wenn es ums Reisen ginge, wollten wir nicht auf unser Vergnügen verzichten, und wir lebten somit eine Doppel­moral. Ich bin davon überzeugt, dass sich unser verändertes Bewusstsein aber bereits im kommenden Jahr in den Statistiken zu Flugbuchungen zeigen wird. Beeinflusst der Anspruch an ökologisches Handeln auch die Wahl einer passenden Ausbildung und die Karriere­pläne der Aktivisten? Absolut. Viele nehmen gerade zuerst einmal komplett Abstand von ihren individuellen Karriereplanungen. Wir folgen der Prämisse: Der Bachelor kann warten, die Klimakrise aber nicht. Erst einmal alles zur Rettung des Planeten beizutragen, hat für viele Priorität. Die Zeit rennt. Ich habe von vielen gehört: „Ehrlich gesagt weiß ich nicht, was ich mit meiner Zukunft anfangen will, ein viel dringlicheres Anliegen ist, eine Zukunft zu schaffen, die nicht von anderen elementaren Sorgen überlagert ist.“ www. hu ma n re so u rce s ma n age r. d e

Foto: Jana Legler (2)

MEINUNG


MEINUNG

Es könnte eine Konsequenz sein, zu sagen: Ich mache gezielt eine Ausbildung, die mich dazu befähigt, in einflussreiche Positionen zu kommen und selbst zu gestalten – sich zum Beispiel auf Zukunftstechnologien zu fokussieren. Wer Teil der Wirtschaftswelt wird, kann Denkweisen einbringen und Gegebenheiten Tom Patzelt (20), Student und Pressesprecher umkrempeln. für Fridays for Future in Berlin Ja, aber uns fehlt die Zeit dafür! Wenn wir so wei„Karrierepläne? Im Moment bin ich primär termachen wie bisher, ist Aktivist – auch in den nächsten zwei Jahren Studien zufolge in acht wird das mein Fokus sein. Wir brauchen jetzt Jahren unser globales die Veränderung, auch im Verkehrssektor. Der CO2-Budget komplett von mir gewählte Studiengang Technischer Umaufgebraucht, um die Erweltschutz beschäftigt sich unter anderem mit wärmung auf 1,5 Grad zu Luftreinhaltung; den Autokonzernen würde ich beschränken. Genau das gerne auf den Zahn fühlen. Solche Skandale wäre der Zeitraum, den wie bei VW lassen sich vermeiden. Dass mein die meisten Menschen späterer Arbeitgeber nachhaltig handelt, ist brauchen, um eine solche mir extrem wichtig. Ich hoffe, dass sich in den Ausbildung zu machen. nächsten Jahren viel bewegt und die Auswahl Bis man sich im Untersolcher Arbeitgeber größer wird – momentan nehmen entsprechend wüsste ich tatsächlich nicht, wohin ich gehen hochgearbeitet hat und wollen würde. Aber wir befinden uns mitten sich wirklich einbringen im Umbruch, in den nächsten Jahren sollte kann, dauert es meist ökologische Verantwortung selbstverständlich noch deutlich länger. werden. Sicher ist: Unser Protest wächst und Gibt es für Sie einen damit setzen wir die Wirtschaftswelt unter grundlegenden WiderDruck, endlich aufzuwachen.“ spruch in wirtschaftlichem und ökologischem Verhalten? Ja und nein. Wir müssen ändern, wie Ökonomie bisher gelebt wird. Eine langfristig funktionierende Wirtschaft kann es nur unter der Bedingung funktionierender Lebensumstände geben, dafür muss unsere natürliche Grundlage intakt sein. Im Moment wird das noch von zu wenigen anerkannt. Unternehmen müssen sich nachhaltig verhalten und die planetaren Grenzen erkennen. o k tober / novem b er 2019

Das ist eine Zäsur, für die meine Generation steht. Viele Unternehmen kommunizieren, dass sie grüner werden, nachhaltiger wirtschaften möchten. Empfinden Sie das als glaubhaft? Nicht bei allen ist zu erkennen, dass sie es wirklich ernst meinen. Aber zuallererst ist es ein Erfolg, dass Unternehmen überhaupt infrage stellen, wie sie bisher gewirtschaftet haben. Was mir in den meisten Fällen fehlt, ist die konkrete Einbeziehung der aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnisse und die daraus resultierende Dringlichkeit. „Wir werden 2050 klimaneutral“ klingt vielleicht nach einer guten PR-Botschaft – aber es reicht schlichtweg nicht. Was sind stattdessen Ihre Erwartungen? Wir erwarten, dass Unternehmen sich Expertise darüber aneignen – oder von Externen heranziehen –, was notwendig und machbar ist. Und dass sie Konsequenzen realistisch darstellen und verinnerlichen sowie Verantwortung für ihr Handeln übernehmen. Es ist eine kluge und auch wirtschaftlich nachhaltige Entscheidung zu sagen: Wir treten heute ein Stück zurück, damit unser Unternehmen auch in einigen Jahren noch eine Zukunft hat. Ein stabiles Ökosystem ist die wichtigste Grundlage für funktionierende Geschäftsmodelle. Wenn es in der breiten Gesellschaft einen Umbruch im Denken und Handeln gibt, sind Unternehmen auf das Wohlwollen potenzieller Kunden und Mitarbeiter angewiesen. Sehen Sie das bei bestehender Lage schwinden? Das ist eine wahrscheinliche Entwicklung. In meiner Generation werden sich viele schlichtweg weigern, für Unternehmen zu arbeiten, die den Planeten ausbeuten.

13


MEINUNG

Das Anschreiben

gehĂśrt abgeschafft! Ein Beitrag von Katharina Lochner

20

Illustration: Johannes Urban

Um die richtigen Mitarbeiter zu finden, muss HR umdenken: Personaler sollten jenseits von Qualifikationen und Berufserfahrung ermitteln, nach wem eigentlich gesucht wird. Drei Schritte fĂźhren zu einem intelligenten digitalen Recruiting. www. hu ma n re so u rce s ma n age r. d e


MEINUNG

U

nternehmen stellen sich oftmals zwei Fragen, ganz gleich ob Mittelständler oder Großkonzern. Und zwar: Welche Kompetenzen müssen Mitarbeiter haben, um mit der digitalen Transformation zurechtzukommen? Und: Wie können wir unter den Bewerbern, die keinen Standard-Lebenslauf haben, die finden, die unser Unternehmen voranbringen? Wir möchten schließlich nicht immer nur die gleichen Mitarbeiter rekrutieren. Trotz dieses Wunschs wählen viele Unternehmen ihre Bewerber noch immer mit den klassischen Instrumenten aus: Anschreiben und Lebenslauf. Diese konzentrieren sich jedoch auf vergangene Erfahrungen und erlauben wenig Vorhersage, wie Mitarbeiter mit künftigen Herausforderungen umgehen werden. Sie sagen uns nichts über deren Potenzial. Zudem werden auf diese Weise immer wieder die gleichen Mitarbeiter angestellt. Die bisherige Auswahlpraxis hat einen weiteren Nachteil: Sie ist langsam. Bewerbungen liegen lange auf dem Tisch des jeweiligen Entscheiders, gute Kandidaten erhalten in der Zwischenzeit oft ein anderes Angebot. Dabei belegen unzählige Studien, dass die Intelligenz und die Persönlichkeit eines Bewerbers eine hervorragende Vorhersage auf Berufs- und Trainingserfolg erlauben. Somit eignen sie sich auch zur Ermittlung des Potenzials. Personalauswahl basierend auf diesen Kriterien führt auch zu mehr Vielfalt in der Belegschaft. Beide lassen sich zuverlässig mit Tests erfassen. Mittlerweile geht das schnell und kostengünstig durch Online-Assessment, also über das Internet.

Bewerbungsprozesse umgestalten Wie also sollte ein Bewerbungsprozess aussehen, der Passung und Potenzial des Bewerbers präzise ermittelt und gleichzeitig schnell und bewerberfreundlich ist? Er beginnt bereits vor der eigentlichen Bewerbung. Und zwar, indem der Bewerber alle notwendigen Informationen erhält, um zu entscheiden, ob er überhaupt zur Stelle passt. HR trifft mittels Online-Assessment eine Vorauswahl, danach wird der Lebenslauf betrachtet. Das Anschreiben wird komplett abgeschafft und in einigen Fällen durch eine Videobewerbung ersetzt. Erst im Anschluss daran gibt es ein Interview oder Assessment-Center vor Ort.

Erster Schritt: Die Selbstselektion Basis für die Selbstauswahl ist eine realistische Tätigkeitsvorschau („Realistic Job Preview“), in der Bewerber auf der Unternehmenswebsite mit Hilfe von Texten, Bildern, Videos o k tober / novem b er 2019

oder einem Quiz einen ersten Eindruck von der Tätigkeit im Unternehmen gewinnen können. Das bietet sich insbesondere dann an, wenn häufig irreführende oder überhaupt keine Vorstellungen über die Inhalte der Tätigkeit existieren. Ein falsches Image kursiert häufig bei Berufen wie Flugbegleitern: Der Spagat zwischen Sicherheit und Serviceorientierung ist groß und die Einsatzpläne machen den Job zumeist weniger cool, als mancher denkt. Regelrechtes Nichtwissen herrscht bei zahlreichen Ausbildungsberufen vor: Der Werkzeugmechaniker stellt eben keine Zangen und Hämmer her, sondern unter anderem Press- und Prägeformen oder chirurgische Instrumente.

Zweiter Schritt: Online-Assessment Interessierte Kandidaten bewerben sich online über ein Bewerbermanagement-System, und werden dann sofort zum Online-Assessment eingeladen. Die Bewerber bearbeiten die Verfahren auf ihrem Computer, immer häufiger auch auf ihrem Tablet oder Smartphone. Um die Persönlichkeit zu ergründen, kann das ein Persönlichkeitsfragebogen sein. Zur Messung von Intelligenz können es Zahlen- oder Bilderreihen sein, die nach bestimmten Regeln aufgebaut sind und die der Kandidat ergänzen muss. Das erlaubt schnell eine erste Einschätzung über deren Passung und mögliches Potenzial. Braucht es beispielsweise für die Stelle ein gewisses Mindestmaß an numerischem Verständnis, wie bei einem kaufmännischen Azubi, scheiden Kandidaten aus, die sich damit schwertun. Außerdem können Recruiter den Bewerbern rasch antworten und dieses Vorgehen beugt Fehleinschätzungen seitens der Recruiter vor, die häufig unbewusst vorverurteilen. Es gibt zudem verschiedene Techniken, die vermeiden, dass Bewerber ihre Ergebnisse manipulieren können. Für den Umgang mit Musterlösungen kann man beispielsweise mit Itemdatenbanken oder Itemgeneratoren arbeiten. In beiden Fällen werden die konkreten Testaufgaben beim Start des Tests oder sogar während dessen Laufzeit zusammengestellt. Bei einer Itemdatenbank wird hierbei aus einem großen Pool von Testaufgaben per Zufall eine gewisse Anzahl ausgewählt. Bei einem Itemgenerator werden die Testaufgaben vom System nach bestimmten Regeln erzeugt. Beide Maßnahmen führen dazu, dass jeder einzelne Test individuell ist, wodurch Musterlösungen sinnlos sind. Schreckt das Online-Assessment Bewerber ab? Das ist eine verbreitete Befürchtung. Schließlich mag es einem erfahrenen Manager sicherlich nicht einleuchten, warum er in einem Auswahlverfahren Regelhaftigkeiten in Zahlen- oder Bilderreihen erkennen soll. Den Azubi-Bewerber mag die gleiche Aufgabe langweilen. Für beides gibt es Optionen: 21


TITEL

ANGST

Keine Bange vorm nächsten Schritt

Ein Beitrag von André Schmidt-Carré

24

Foto: getty images

Sich weiterbilden, Karriere machen, einen neuen Posten annehmen – vielen Mitarbeitern fallen solche Veränderungen schwer, manche entwickeln sogar regelrechte Versagensängste. Wie Unternehmen gegensteuern können

www. hu ma n re so u rce s ma n age r. d e


TITEL

M

ohanna Azarmandi kennt sich mit Sorgen rund ums Lernen in Firmen aus: Die studierte Psychologin entwickelt als Chief Learn­ing Officer bei Microsoft Deutschland Qualifizierungsstrategien für Mitarbeiter. Ihre Erfahrung: Menschen kommunizieren Ängste und Schwächen im Job nur dann, wenn sie darauf vertrauen können, dass ihnen daraus keine Nachteile entstehen. Es geht dabei freilich nicht darum, vor Kollegen seine Inkompetenz offenzulegen und Verständnis zu erwarten. „Aber unabhängig von der Karrierestufe von Praktikanten bis zum Präsidenten hat man faktisch nie ausgelernt. Daher sollte man entsprechend auch zugeben dürfen, was man alles nicht kann und weiß“, sagt Azarmandi. „Anders können wir uns nicht weiterentwickeln und lebenslanges Lernen in unseren Arbeitsalltag integrieren.“ Dabei wird genau das für Unternehmen immer wichtiger. Der Fachkräftemangel erfordert, dass Unternehmen in stärkerem Maße als bislang mit den Mitarbeitern auskommen, die sie bereits haben – und bei Bedarf eben Qualifikationen nachschulen. Die Sorge, für Unwissenheit abgestraft zu werden, ist aber vielerorts noch groß. Zu dem eigentlichen Umstand, etwas nicht zu können, kommt dann die Angst als Verstärker hinzu, die verhindert, dass man das Problem angeht. „Angst ist in unserer Leistungsgesellschaft immer noch ein Tabuthema“, sagt Coach Birgit Boettcher aus Düsseldorf. „Viele Menschen schämen sich, wenn sie Angst haben. Für sie hat dieses Gefühl etwas mit Scheitern und Schwäche zu tun.“ Boettcher bietet gezielt Coachings für Mitarbeiter an, in denen sie lernen, ihre Ängste und Blockaden zu erkennen und zu überwinden. Zunächst geht es darum, über Fragen herauszufinden, woher Ängste stammen, die eigene Erlebniswelt zu erkunden. Erst dann lassen sich negative Aspekte bearbeiten, zum Beispiel durch Techniken wie NeuroLinguistisches Programmieren. Damit wird versucht, vorhandene negative Gedanken mit regelmäßigem Training positiv zu besetzen, um körperliche Angstreaktionen zu vermeiden. Microsoft-HR-Managerin Azarmandi beobachtet das Phänomen der Scham insbesondere in Deutschland: „Wenn man etwas nicht weiß oder nicht kann, ist das hierzulande immer noch ein Zeichen von Schwäche“, sagt die Weiterbildungsexpertin. „Ich habe selbst erlebt, dass das in vielen Ländern anders ist. Dort ist es ein Zeichen von Stärke, sich bei anderen Hilfe und Rat zu holen.“ Dahinter steht eine grundsätzlich andere Idee von Zusammenarbeit: Wer sich gleich zu Beginn eines Projekts oder eines neuen Jobs Hilfe von Kollegen holt, agiert proaktiv und selbstbestimmt. Und nicht aus Hilflosigkeit, weil er keinen anderen Ausweg mehr o k tober / novem b er 2019

weiß. Zu einer angstfreien Lern- und Bildungskultur zählt deshalb das Einsehen und Bekennen, dass niemand perfekt ist. „Wenn Mitarbeiter in ihrer neuen Position sofort alles können müssen oder auch nur das Gefühl haben, das zu müssen, schreckt das natürlich erst einmal ab“, sagt Azarmandi. „Wichtig ist deshalb ein Austausch auf Augenhöhe mit der Führungskraft, die hier als Coach unterstützen kann.“ Die HR-Managerin beschreibt sich selbst als den Typ „Wer nicht wagt, der nicht gewinnt“: „Jeder neue Job und jede neue Position sind ein Risiko. Ich habe mir immer gesagt: Wenn’s nicht klappt, probiere ich etwas anderes.“ Für Unternehmen ist es wichtig, auch die Mitarbeiter zu fördern, bei denen ein solches Grundvertrauen weniger ausgeprägt ist. Sprich: die sich weiterentwickeln wollen, sich aber von vermeintlichen Hürden abhalten lassen. Mentoring-Programme zum Beispiel können Mitarbeitern helfen, sich zu öffnen. Bei der Unternehmensberatung Ernst & Young (EY) bekommen Kollegen, die zu Partnern befördert worden sind, Unterstützung innerhalb eines sogenannten Transition Coaching: „Wir stellen den Kollegen damit einen neutralen Berater zur Seite, mit dem sie sich austauschen und Probleme besprechen können, ohne gleich den Seelenstrip vor dem Chef hinlegen zu müssen“, sagt Oliver Simon, HR-Manager bei EY. „Gerade nach einer Beförderung kann es hilfreich sein, sich über die neuen Anforderungen auszutauschen. Man ist schließlich viel sichtbarer in der Organisation, zudem in vielen Belangen finaler Entscheidungsträger und damit auch einsamer.“ Angst ist freilich kein guter Ratgeber. „Ich bin aber der Ansicht, dass Unsicherheit und Vorsicht in einem neuen Job oder einer neuen Position bis zu einem gewissen Grad auch hilfreich sind“, sagt Simon. „Man ist dann offen dafür, bestehende Strukturen zu erkennen, in die man hineinwächst und sich einarbeitet. Gleichzeitig ist es wichtig, seine eigenen Stärken zu erkennen und nicht zu versuchen, andere Führungskräfte zu imitieren.“

Lernen, mit Ängsten umzugehen Wenn Mitarbeiter aber bereits unter konkreten Ängsten leiden, müssen sie das nicht als gegeben akzeptieren. „Erst einmal ist es für den Betroffenen wichtig, Situationen und Muster zu erkennen, wann und wie Angstzustände bei ihm ablaufen“, sagt Coach Alexja Neumann-Günzelmann aus dem unterfränkischen Kreuzwertheim. Ursprünglich ist Angst vor allem ein körperliches Reaktionsmuster, das Menschen in lebensbedrohlichen Situationen die Chance zum Überleben verbessern soll (siehe Kasten auf der nächsten Seite). In der heutigen Jobwelt ist dieses Reaktionsmuster im Gegensatz zum gesunden Respekt vor neuen Situationen 25


TITEL

ANGST

Im Angstpanzer Ein Interview von Jeanne Wellnitz

Fotos von Jana Legler

Franziska Seyboldt ist Redakteurin bei der Berliner Tageszeitung Taz. Eines Tages wütet eine Panikattacke durch ihren Körper. Sie muss aus der Redaktionskonferenz fliehen. Die Kollegen merken nichts. Doch die heute 35-Jährige entscheidet, der Angst die Stirn zu bieten und sich öffentlich zu ihr zu bekennen. Die Geschichte eines mühsamen Wegs

E

in wenig fröstelt Franziska Seyboldt an diesem grauen Oktobertag. Vor zwei Tagen spazierte sie noch in der griechischen Sonne. Nun zurück aus dem Urlaub, im verregneten Berlin, steht die Journalistin auf dem Wasserturmplatz im Prenzlauer Berg, ihre blonden Locken wehen im Wind. Sie lacht viel, wirkt gelöst, wir bieten uns das Du an. Vereinzelt stromern Hunde auf der Wiese herum, hier an dem Ort, an dem sie oft selbst mit ihrem Hund spazieren geht, um zur Ruhe zu kommen. Früher beherrschte Angst ihren Alltag: Flugangst, Angst vor dem Autofahren, Angst, ohnmächtig zu werden, wenn die Augen auf sie gerichtet sind. Generalisierte Angststörung, lautete die Diagnose. Vor drei Jahren ließ sie in einem Artikel in der Wochenendausgabe und auf taz.de alle seelischen Hüllen fallen und bekannte sich öffentlich dazu. 2018 schrieb sie über ihre Genese von einer zweifelnden Mittzwanzigerin zu einer selbstbewussten Frau ei28

nen klugen Roman. „Rattatatam, mein Herz“ wurde in den Medien viel besprochen und ist ein sehr persönliches Plädoyer dafür, Angst nicht als Schwäche zu verteufeln, sondern auf das zu hören, was sie einem zu sagen hat. Für Franziska Seyboldt stand damals fest: Entweder sie beginnt eine Therapie oder sie muss ihren Job kündigen. Im Restaurant Masel Topf, kommentiert sie einige Romanpassagen über ihr Arbeitsleben mit der Angst. Die dunkleren Seiten meiner Persönlichkeit, oder zumindest die, die ich dafür hielt, klammerte ich lange radikal aus. So richtig bewusst wurde mir das allerdings erst vor sieben Jahren. Mein damaliger Chef hatte mich zu einem Feedbackgespräch bestellt, jetzt saßen wir bei Kaffee und Kuchen in der Kantine. Ich war nervös. Was, wenn ich mein erstes Jahr vermasselt hatte? Glücklicherweise stellte sich heraus, dass mein Chef meine Arbeit schätzte. Zwar gebe es noch ein paar kleinere

inhaltliche Baustellen, das schon, aber im Großen und Ganzen laufe doch alles prima. […] »Seit du hier arbeitest«‚ sagte er, »hat sich die Stimmung in der Redaktion wirklich positiv verändert.« Was ich hörte, war: »Inhaltlich bist du eine Katastrophe, aber wenigstens ist es lustig mit dir.« […] Gefangen in den eigenen komplizierten Denkstrukturen, glich ich das Gehörte mit meinen Erfahrungen ab und bewertete es so, wie ich es gewohnt war. Anstatt mich auf das Lob zu konzentrieren, hörte ich nur Kritik, anstatt jeden Punkt einzeln zu betrachten, wog ich sie gegeneinander auf. Franziska, wie ging es dir zu diesem Zeitpunkt, was das Ausmaß der Angst betraf? Ich war 24 und befand mich in einer Hochphase meiner Angst. Ich bin damals von Hamburg nach Berlin gezogen und habe meinen ersten Job als Redakteurin angefangen. Die riesige Stadt mit ihrem Trubel, den schlechten www. hu ma n re so u rce s ma n age r. d e


TITEL

Franziska Seyboldt studierte Modejournalismus und Medienkommunikation in Hamburg. Die 35-Jährige ist seit 2008 Redakteurin bei der Berliner Tageszeitung Taz. Aktuell arbeitet sie auf einer halben Stelle im Wochenendressort. In der restlichen Zeit widmet sie sich dem Schreiben und gibt Lesungen. Sie debütierte mit „Das Müslimädchen. Mein Trauma vom gesunden Leben“ (2013), publizierte das Kinderbuch „Theo weiß, was er will“ und 2018 schließlich den viel beachteten autobiografischen Roman „Rattatatam, mein Herz. Vom Leben mit der Angst“.

o k tober / novem b er 2019

29


TITEL

ANGST

Panik auf der Titanic Ein Beitrag von Sarah Sommer

36

Die Deutschen, so heißt es, werden von der „German Angst“ geplagt, einer landestypischen Zögerlichkeit gegenüber dem Neuen. Bei künstlicher Intelligenz, Digitalisierung und Robotik würden wir daher von Mutigeren abgehängt. Wie bekämpfen Personaler diese Haltung auf den Bürofluren und in den Werkshallen?

www. hu ma n re so u rce s ma n age r. d e


TITEL

S

chlimm, diese Deutschen. Wann immer sich größere Veränderungen oder Herausforderungen anbahnen, werden sie kollektiv von einer lähmenden Angst befallen. Zusammenfassen lässt sich diese speziell deutsche Angstneurose so: Da kommt etwas Neues auf uns zu, das größer ist als wir, das wir nicht sicher steuern und beeinflussen können. Belassen wir es also lieber beim Altbekannten und hoffen, dass der Wind der Veränderung vorüberzieht und keine allzu verheerenden Schäden hinterlässt. So in etwa wird sie beschrieben, die sogenannte „German Angst“. Sie steht für mangelnden Gestaltungswillen im Angesicht des Wandels. Für eine frustrierende Zögerlichkeit gegenüber notwendiger Veränderung. Für Bedenkenträgerei und Absicherungsmentalität. Aber auch: Für eine gewisse Arroganz, die auf der Überzeugung beruht, dass man selbst bisher schon alles sehr richtig gemacht habe, der Status quo darum zu erhalten sei und grundlegender Wandel per se nur eine Verschlechterung bringen könne. In Zeiten, in denen allenthalben von digitaler Disruption, vom Einsatz künstlicher Intelligenz und smarter Robotik die Rede ist, wird die „German Angst“ derzeit besonders oft als Grund für ein Hinterherhinken der deutschen Wirtschaft, Gesellschaft und Politik bei vielen technologischen Veränderungen benannt. Schleppender Breitbandausbau? German Angst. Streit über die DSGVO, während chinesische Unternehmen längst an smarten Überwachungs­ algorithmen arbeiten? German Angst. Keiner nutzt mobile Bezahllösungen, der Betriebsrat stellt sich bei einem Digitalisierungsprojekt quer, das Management setzt nicht konsequent auf agile Methoden: alles German Angst. Ulrich Hoinkes findet den inflationären Gebrauch des Begriffs gefährlich. Der Bildungswissenschaftler an der Universität Kiel leitet ein internationales, interdisziplinäres Forschungsprojekt, das sich mit nationalen Angstkulturen befasst. „Die Ängste und Sorgen, die derzeit viele Menschen mit Blick auf den technologischen Wandel und andere globale Megatrends umtreiben, als eine Art psychische Kollektivstörung abzutun und lächerlich zu machen, wird der derzeitigen Situation in keiner Weise gerecht“, sagt Hoinkes. Und: „Wer über German Angst lacht oder schimpft, banalisiert ein bei weitem nicht nur in Deutschland zu beobachtendes Phänomen.“ Warum etwa, fragt Hoinkes, hätten die Amerikaner Trump gewählt – wenn nicht aus der Angst heraus, dass die alten Machtstrukturen nicht mehr tragfähig sind. Und aus dem Wunsch heraus, unangenehme Folgen des anstehenden gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Wandels aufzuhalten. „Auch in den USA schauen die Menschen aus Angst vor Veränderung oftmals zurück, nicht nach vorn.“ o k tober / novem b er 2019

Und nur weil in asiatischen Kulturen Ängste und Emotionen weniger offen gezeigt würden, sei es naiv zu glauben, dort gebe es keine Zukunftsängste. „Überall auf der Welt haben Menschen ähnliche Ängste: Sie haben Angst um ihre Gesundheit. Sie haben Angst vor dem Klimawandel und vor Naturkatastrophen, vor neuen Technologien und deren Folgen für ihr Leben.“ Wer diese Ängste als Schrulligkeiten abtue, laufe Gefahr, die Menschen wirklich in eine Verweigerungshaltung zu treiben. „Das sieht man derzeit in der Politik, aber auch in den Unternehmen“, sagt Hoinkes. „Da trauen die Führungskräfte ihren Mitarbeitern nicht zu, Verantwortung für einschneidende Veränderungen zu übernehmen. Und die Mitarbeiter trauen ihren Führungskräften nicht zu, den Wandel zu managen.“ Jeder verdränge seine eigenen Ängste und werfe stattdessen den anderen vor, Veränderungen zu blockieren. Das führe am Ende zu Ängstlichkeit. Schockstarre. Oder blindem Aktionismus. „Das Ziel muss immer sein, lähmende Aspekte der Angst zu überwinden. Dazu muss man sich den Ängsten aber stellen und sie nicht als lächerlich abtun.“

Müssen HRler zu Angsttherapeuthen werden? So weit die Theorie – doch wie gelingt es in Unternehmen, diffuse Zukunftsängste in der Belegschaft zu adressieren und eine neue Dynamik entstehen zu lassen? Müssen Personalmanager jetzt zu Angsttherapeuten werden? „Wir müssen den Angstbegriff dringend differenzieren“, sagt Antoinette Weibel, Organisationsforscherin und Professorin für Personalmanagement an der Universität St. Gallen. „Das was heute als vermeintliche Technikangst diskutiert wird, ist oft in Wirklichkeit eher ein Misstrauen – und zwar nicht in erster Linie in die Technik selbst, sondern in die Fähigkeit der Institutionen, seien es Unternehmen oder Politik, diese Technologien vernünftig zu regulieren und sicher einzusetzen.“ Tatsächlich zeigt sich in Umfragen in Deutschland eine etwas negativere Haltung gegenüber neuen Technologien wie KI und Robotik als in anderen Ländern. Dem Eurobarometer zufolge erwarten magere 54 Prozent der Deutschen, dass die Digitalisierung die Gesellschaft zum Positiven verändern wird. Demgegenüber sind es in Schweden 76 Prozent. Es gibt eine gewisse Zurückhaltung und weniger praktische Erfahrungen im Umgang mit neuen Technologien, sowohl am Arbeitsplatz als auch zu Hause. „Von einer besonders stark ausgeprägten Technikphobie oder -panik ist da aber nichts zu sehen“, stellt Weibel klar. Man könne daher die These aufstellen, dass die Deutschen nicht tech37


TITEL

ANGST

Adrenalin für alle! Ein Beitrag von Anna Friedrich

Viele Unternehmen setzen bei Teambuilding-Maßnahmen auf eine Extraportion Action und schicken ihre Mitarbeiter in Hochseilgärten, zum Quadfahren oder auf Wakeboards. Was das bringt – und wer sich bereits getraut hat

OH

HO

H N

HO Die chemische Zusammensetzung von Adrenalin

I

ch hoffe, ihr habt keine Höhenangst …“ – wenn der Chef diesen Satz ausspricht, ist allen Beteiligten klar: Das nächste Team-Event steht an. Während das bei vielen für Vorfreude sorgt, treibt es einigen Kollegen den Angstschweiß auf die Stirn. Denn sie wissen: Die Adrenalin-Skala kennt nach oben keine Grenze. Wer im Kletterwald auf zehn Metern Höhe balanciert, sich aus einem abgeschlossenen Escaperoom befreit oder einen Bungeesprung vom Dach des Firmengebäudes wagt, muss ohne Frage seine Komfortzone verlassen. Team-Events gehören mittlerweile fest zum Repertoire vieler Firmen, sind Bestandteil der Geschäftsjahresplanung, das Budget dafür ist als fixer Posten eingeplant. Doch gerade weil sie so beliebt sind, gilt immer öfter das Motto: schneller, höher, weiter. Eine Studie der Vogelsänger Studios aus dem Jahr 2018 unter 800 Beschäftigten zeigt, dass sich 37 Prozent der Mitarbeiter bei Team-Events Show und Entertainment wünschen. Kein Wunder also, dass Erlebnisgeschenkanbieter wie Jochen Schweizer und Mydays ihr Angebot längst auf Unternehmenskunden ausgeweitet haben und Firmen bei der Planung und Umsetzung von TeamEvents beraten. Dazu kommen unzählige Dienstleister,

40

www. hu ma n re so u rce s ma n age r. d e


TITEL

FÜR EINSTEIGER

Segeltörn in Holland

Angstfaktor

Foto: Privat

Kosten

die sich auf Betriebs­ausflüge mit Adrenalin-Garantie spezialisiert haben. Sie argumentieren: Herausfordernde Aktivitäten wirken sich positiv auf die Einstellung der Mitarbeiter aus – sie fühlen sich mit ihrem Arbeitgeber verbundener und haben mehr Freude bei der Arbeit. Das hat Mydays im Jahr 2014 in einer Fallstudie mit dem Münchener Sportprodukte­ anbieter Keller Sports herausgefunden. In dem Versuch schickte Keller Sports kurz zuvor eingestellte Mitarbeiter in einen Hochseilgarten, in dem sie verschiedene Aufgaben lösen mussten. Der Clou: Nur gemeinsam konnten sie diese bewältigen. „Jemandem, den man noch nicht lange kennt, sein Leben anzuvertrauen, war eine seltsame Erfahrung“, berichtet Graziano Cardi, Head of SEA bei Keller Sports. „Hat man diese Erfahrung in zehn Meter Höhe einmal gemacht, erscheint es danach mit festem Boden unter den Füßen viel einfacher, Aufgaben im Team zu lösen.“ Solche Grenzerfahrungen zahlen also auch auf das Zusammenhaltskonto ein – eine Win-win-Situation für alle Beteiligten. Kurzum: Angst schweißt zusammen. Eine Übersicht über Teambuilding-Events mit Adrenalin-Garantie: o k tober / novem b er 2019

Auf der Suche nach Adrenalin verlassen manche Firmen sogar die Bundesrepublik. Der westfälische Softwareentwickler HDNET beispielsweise hat seine Mitarbeiter anlässlich des 15-jährigen Firmenjubiläums nach Holland auf das Plattbodenschiff „Radboud“ geladen (im Bild). Auf dem Programm stand ein dreitägiger Segeltörn auf dem Ijsselmeer, inklusive zwei Übernachtungen in Kajüten. Doch von Platzangst und seekranken Mitarbeitern keine Spur: Das junge Team – die Mitarbeiter von HDNET sind im Schnitt unter 30 Jahre alt – verlässt häufig seine Komfortzone. „Wir machen jedes Jahr im Sommer gemeinsam einen Ausflug, und da geht es meist sportlich zu“, sagt Softwareentwickler Tim Lochmüller. Obwohl die Mitarbeiter stets ein Mitspracherecht bei den Betriebsausflügen haben, geht Geschäftsführer Eike Diestelkamp mit gutem Beispiel voran und gibt die eine oder andere Inspiration: Er ist Triathlet und sucht stets die sportliche Herausforderung. Kein Wunder also, dass die Liste an Teambuilding-Events mit Adrenalin bei HDNET lang ist. Die Mannschaft war bereits Wakeboarden, ist Quad und Kart gefahren, hat Lasertag gespielt und sich im Freizeitpark Phantasialand vergnügt. Das Resultat ist immer gleich: Das Team geht gestärkt aus der gemeinsamen Aktivität hervor – das oberste Ziel der Erlebnispädagogen. Da die Mitarbeiter gleich mehrere Tage gemeinsam verbringen, lernen sie sich aus einer anderen Perspektive kennen – und entwickeln mehr Verständnis füreinander. Kosten pro Mitarbeiter: ab 70 Euro 41


TITEL

ANGST

Der Betriebsrat als Angstgegner Ein Beitrag von Sven Lechtleitner

Foto: getty images

Einige sehen ihn als Partner oder berechtigte Opposition im Unternehmen, andere versuchen die Gründung eines Betriebsrats zu verhindern. Dabei ist vertrauensvolles Miteinander zielführender als ein erbitterter Kampf.

44

www. hu ma n re so u rce s ma n age r. d e


TITEL

E

s ist eine simple Rechnung: Betriebsräte setzen sich für die Interessen der Belegschaft ein – seien es bessere Arbeitsbedingungen, klare Regelungen für Mehrarbeit oder die faire Bezahlung. Diese Art der Einbindung wirkt sich in der Regel positiv auf deren Zufriedenheit aus. Was könnten Arbeitgeber also dagegen haben? Schließlich machen Beschäftigte mit der Gründung eines Betriebsrats lediglich von einem ihrer Grundrechte im Unternehmen Gebrauch. Doch Befürchtungen und Vorbehalte auf Unternehmensseite scheinen oftmals groß. Medien berichten, wie Arbeitgeber die Gründung einer Mitarbeitervertretung blockieren oder potenziellen Kandidaten des Wahlamts kündigen. Dieser Eindruck trügt nicht: Jede sechste Betriebsratsgründung wird behindert, wie eine Auswertung des Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Instituts (WSI) der Hans-Böckler-Stiftung aus dem Jahr 2016 zeigt. Die gängigen Methoden: Kandidaten werden eingeschüchtert oder es gibt Versuche, die Bestellung des Wahlvorstands zu vereiteln. Oft landen die Parteien vor Gericht und liefern sich eine langwierige Auseinandersetzung. Aber ist es der Widerstand wert? Vielversprechender ist ein Mit- statt Gegeneinander: Ein Betriebsrat setzt sich für die Belange der Belegschaft ein, die insbesondere auch den Fortbestand des Unternehmens beinhalten – und das liegt ebenso im Sinne des Managements.

Sorge vor dem Ungewissen „Die Furcht vor einer Betriebsratsgründung hängt sicher damit zusammen, dass in den Medien mehr negative als positive Beispiele des Zusammenspiels von Unternehmen und Betriebsrat wahrzunehmen sind“, sagt Sandra BierodBähre, Präsidiumsmitglied des Bundesverbands der Arbeitsrechtler in Unternehmen. Zudem stelle ein neu gegründeter Betriebsrat immer eine Umstellung dar. Führungskräfte seien unsicher, welche Rechte und Pflichten der Mitbestimmung sie zu beachten haben. Die Personalerin führt an, dass eine betriebliche Mitbestimmung sys­tem­immanent mit einem längeren Zeitaufwand und höheren Kosten einhergeht. Ihrer Erfahrung nach betrachten Arbeitgeber die Investition oftmals isoliert und sehen nicht, mit welchem Mehrwert sich die betriebliche Mitbestimmung für die Unternehmenskultur nutzen lässt – beispielsweise als Kommunikationsmedium, um frühzeitig Erwartungen und Bedenken von Mitarbeitern einzubeziehen. Darüber hinaus sei der Anlass der Neugründung eines Betriebsrats entscheidend. Resultiert diese beispielsweise aus Ängsten der Mitarbeiter vor intransparenten Umstrukturierungen, empfiehlt sie, genau dort anzusetzen und Aufo k tober / novem b er 2019

„ HR ist der Diplomat im Unternehmen.“ Gunther Olesch, Phoenix Contact

klärungsarbeit zu leisten. Anders zeige sich die Situation, wenn persönliche Gründe einzelner Beteiligter eine Rolle spielen. Dann bestehe gerade in der Anfangsphase die Gefahr, dass sich Themen emotional hochschaukeln und sich damit die Befürchtungen vermeintlich bestätigen. Für Bierod-Bähre ist es bei Neugründung eines Betriebsrats zwingend erforderlich, dass Führungskräfte im Betriebsverfassungsrecht und im praktischen Umgang mit dem Betriebsrat Schulungen erhalten. Zudem muss sich das Unternehmen aktiv um eine unternehmenseinheitliche wie vertrauensvolle Mitbestimmungskultur kümmern, sagt sie. Diese stelle sich nicht von selbst ein. Ihre Erfahrung zeigt: Startet die Zusammenarbeit schwierig oder bestätigen sich Befürchtungen, haben Unternehmen häufig ihren Teil dazu beigetragen. Oftmals hören Arbeitgeber mehr über negative Beispiele aus anderen Unternehmen als über die vielen erfolgreichen. Das fördere unter Umständen zusätzlich eine Konfrontationstendenz.

Gestaltungsfreiheit dank Betriebsrat „Viele Konflikte entstehen dadurch, dass Verantwortliche den Betriebsrat nicht miteinbeziehen“, sagt Rupert Felder, Senior Vice President & Head of Human Resources bei Heidelberger Druckmaschinen. Manch eine Führungskraft mache schon mal die Rechnung ohne den Betriebsrat. Aber wenn es eine betriebliche Mitbestimmung gebe, müsse sie entsprechend einbezogen werden. Für ihn ist das eine Grundvoraussetzung und Selbstverständlichkeit. Er selbst hat sich bereits zu Beginn seiner Karriere als Wahlvorstand zur Verfügung gestellt. Dass ein Unternehmen keinen Betriebsrat möchte oder gar dessen Gründung verhindert, kann der HR-Manager nicht nachvollziehen. Das Gute an diesem Kollektiv sieht Felder nicht zuletzt darin, dass Mitarbeitervertretern oft besonders viel am Unternehmen liegt und sie sich für dessen Erhalt einsetzen. Positiv sieht er vor allem die Möglichkeiten, die ein Arbeitgeber für sich und seine Mitarbeiter damit erreichen kann. So schaffen beide Parteien mit Betriebsvereinbarungen geltendes Recht im Unternehmen – teils in Form größerer 45


TITEL

ANGST

Nichts für schwache Nerven

Ein Beitrag von Sven Lechtleitner

Foto: getty images

Dass Menschen in gefährlichen Jobs keine Angst haben dürfen, ist ein Irrglaube. Dennoch sollten allzu zart Besaitete nicht unbedingt in den Polizeidienst gehen oder als Höhenarbeiter eingesetzt werden. Eignungsdiagnostik kann helfen, geeignete Mitarbeiter zu identifizieren. Unabhängig von persönlichem Risikoempfinden, Training und Routine kommt es in solchen Stellen vor allem auf die Unterstützung des Arbeitgebers an.

52

www. hu ma n re so u rce s ma n age r. d e


TITEL

O

b Polizisten, Rettungskräfte oder Höhenarbeiter: Sie alle üben einen Job aus, der einen hohen Einsatz abverlangt. Nahezu alltäglich sind sie mit Situationen konfrontiert, die eine Gefahr für das eigene Leben darstellen können. Fest steht: Im Ernstfall kommt es auf das richtige Verhalten an. Vieles davon ist zu trainieren, anderes eine Sache der Persönlichkeit. Via Eignungsdiagnostik lässt sich erfassen, welche Persönlichkeiten Stresssituationen besser handhaben können als andere. Doch unabhängig vom Risikoempfinden des Einzelnen kommt es auf eines ganz besonders an – den Arbeitgeber. Denn in seiner Verantwortung liegen die Sicherheit und die Unterstützung der Mitarbeiter.

Wer ist besonders gefährdet? Gefahren im Beruf sind an unterschiedlichen Faktoren auszumachen – an erkennbaren und persönlich empfundenen Risiken sowie an der statistischen Unfallhäufigkeit. Die Liste der Jobs mit erhöhtem Risiko ist lang. Liegt bei einigen Berufsgruppen das Gefahrenpotenzial auf der Hand, zeigt es sich bei anderen erst auf den zweiten Blick. Hohe Unfallzahlen verzeichnet vor allem das Baugewerbe – seien es Stürze bei Arbeiten in der Höhe oder Verletzungen durch Maschinen und Werkzeuge. Risiko besteht oftmals im Polizei- und Rettungsdienst – insbesondere dann, wenn Beschäftigte für Vollzug oder Schutz zuständig sind. „Das Berufsbild des Polizisten genießt nach wie vor in der Öffentlichkeit ein hohes Ansehen“, sagt eine Sprecherin der Bundespolizei. „Jedoch ist nach allgemeiner Wahrnehmung der Respekt gegenüber o k tober / novem b er 2019

Vollstreckungsbeamten sowie Rettungskräften gesunken.“ Dies führe dazu, dass die Gefahren für Polizeivollzugsbeamte im Allgemeinen bei der Berufsausübung gestiegen seien und die Qualität von Angriffen gegen sie zugenommen habe. Mit aggressivem Verhalten von Personen sind auch Beschäftigte anderer Berufe konfrontiert. So kommen laut Arbeitsunfallgeschehen 2017 der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung (DGUV) Vorfälle durch menschliche Gewalt, Angriffe oder Bedrohung am häufigsten in Bahnbetrieben, Krankenhäusern und städtischen Verwaltungen vor. Gemeint sind damit Übergriffe auf Fahrausweisprüfer, Pflegekräfte und Angestellte im öffentlichen Sektor. „Bei Verwaltungsmitarbeitern stellen oftmals amtliche Befugnisse einen Risikofaktor dar – beispielsweise wenn sie einer Aufforderung nicht nachkommen“, sagt Anne Gehrke, Referentin am Institut für Arbeit und Gesundheit der DGUV. Ebenso bedeuten Arbeitsplätze mit Zugang zu Bargeld oder Rauschmitteln ein gewisses Gefahrenpotenzial. Grundsätzlich könne es aber immer dort Konflikte geben, wo Beschäftigte viel Kontakt zu Menschen haben.

Umgang mit der Angst Angst dürfe jemand in solchen Jobs nicht haben, heißt es häufig. Doch eigentlich ist das Gegenteil der Fall. Psychologin Gehrke bezeichnet Angst erst einmal als gesund. Das Gefühl vermittelt, dass eine Situation nicht stimmt oder ein erhöhtes Risiko besteht. Ohne Angst nehmen Personen eine Gefahr kaum wahr. Schwierig wird es laut Gehrke erst, wenn jemand nicht mit der Angst umzugehen weiß. Sie verstärke sich häufig bei Kontrollverlust oder wenn es keine innere Strategie gebe, mit der Situation umzugehen. Solche Strategien lassen sich für den jeweiligen Job lernen. Gerade in Bereichen mit hohem Risiko erhalten Mitarbeiter oftmals Schulungen, wie sie in gewissen Momenten reagieren können. Als Beispiel nennt Gehrke die Tätigkeit des Kassierers. Ist dieser im Falle eines Raubüberfalls dazu angehalten, den Anweisungen des Gegenübers Folge zu leisten und alles Geld rauszugeben, erlebt der Betroffene die Situation weniger schlimm. Der Grund: Er selbst bleibt handlungsfähig. Das mache es später leichter, das Erlebnis zu verarbeiten, sagt Gehrke. Den Umgang mit Gefahren nur auf persönlicher Ebene zu trainieren, reicht allerdings nicht aus. Im Vorfeld muss es technische und organisatorische Maßnahmen geben. Dazu zählt unter anderem die persönliche Schutzausrüstung bei Höhenarbeitern durch Seilsicherungen, bauliche Trennungen von Personal und Kunden in Bargeldbereichen oder Kameraausstattung bei Polizisten. In der Pflicht bei alledem ist der Arbeitgeber. Er hat die Gefährdungen zu beurteilen 53


IM

FOKUS

AZUBI- UN D SCHÜLE RMA RKE TING

Was macht Azubis unzufrieden, Frau Conte? Ein Interview von Anne Hünninghaus Vor zehn Jahren waren mehr als drei Viertel aller Auszubildenden in Deutschland zufrieden mit ihren Lehrstellen. In diesem Jahr wurde die 70-Prozent-Marke laut Ausbildungsreport des Deutschen Gewerkschaftsbunds erstmals unterschritten. Viele Überstunden und schlechte Bezahlung liefern den häufigsten Grund zur Beschwerde. Was können Arbeitgeber tun, um attraktiver zu werden? DGB-Bundesjugendsekretärin Manuela Conte gibt Antworten.

56

Frau Conte, laut Ihres Reports hat sich die Stimmung der Azubis in Deutschland in den vergangenen Jahren immer weiter verschlechtert. Gibt es Grund zur Sorge? Auch wenn immer noch knapp 70 Prozent der Auszubildenden mit ihrer Ausbildung zufrieden sind, in der Tendenz sinkt der Wert seit Jahren. Insofern besteht Grund zur Sorge. Es gibt aber Unterschiede je nach Branche. Negativ fallen immer dieselben auf: das Hotel- und Gaststättengewerbe und Teile des Handwerks. Hier sind die Vertragsauflösungsquoten am höchsten und Betriebe haben die meisten Probleme, Stellen zu besetzen. Die Kausalität ist folgerichtig: Je unattraktiver die tatsächlichen Bedingungen, desto schwieriger ist es, Auszubildende zu gewinnen. Hinzu kommen starke regionale Unterschiede auf dem Ausbildungsmarkt. Eigentlich stehen Unternehmen doch immer mehr unter Zugzwang im Kampf um Talente ... Der Ausbildungsmarkt teilt sich in zwei Parallelwelten. Auf der einen Seite haben wir die Betriebe, die sich darüber www. hu ma n re so u rce s ma n age r. d e

Foto: getty images

Kummerkasten


IM

beklagen, keine Auszubildenden zu finden. Auf der anderen Seite stehen junge Menschen, die vergeblich auf der Suche nach einem Ausbildungsplatz sind. Zu lamentieren, „die jungen Leute wollen ja nicht“, wäre zu einfach. Und das stimmt so auch nicht: Viele junge Menschen gehen Kompromisse bei der Suche nach einem Ausbildungsplatz ein, was die Branche angeht und auch was den Ort der Ausbildung betrifft. Knapp 30 Prozent der für den Ausbildungsreport Befragten haben eine Alternative gewählt, die nicht geplant oder sogar eine Notlösung war. Zu sagen, die Erwartungshaltung dieser Generation habe sich verändert, ist zu kurz gegriffen. Wie sieht sie denn Ihrer Erfahrung nach aus? Der Anspruch der meisten ist: Ich möchte einen Ausbildungsplatz in dem Bereich, der mir liegt, den ich mir leisten kann, weil die Bezahlung stimmt, und der für mich gut erreichbar ist. Eine große Rolle spielt auch das Betriebsklima. Und die Frage nach Perspektiven. Hinzu kommt der Wunsch nach einer guten Anleitung, einem verlässlichen Ansprechpartner. Die Themen Geld und mögliche Perspektiven können Ausbilder kommunizieren. Aber wie informieren sich Ausbildungssuchende über das Betriebsklima? Sie können zum Beispiel OnlineBewertungsportale wie unseren „Dr. Azubi“ nutzen, sie gehen auf Ausbildungsmessen und die Jugendlichen tauschen sich auch untereinander aus. Es spricht sich schnell herum, wenn die Bedingungen schlecht sind, und das über ganze Branchen hinweg. In vielen Fällen werden Auszubildende als vollwertige Arbeitskräfte eingesetzt, ohne dass ihnen etwas beigebracht wird. Im schlimmsten Fall fehlt ihnen später die Perspektive, das Fundament, auf dem sie aufbauen können. Das erzählen sie weiter. o k tober / novem b er 2019

Manuela Conte ist seit 2017 Bundesjugendsekretärin des Deutschen Gewerkschaftsbunds. Die DGB Jugend ist die Interessenvertretung junger Arbeitnehmer, in ihr organisieren sich rund 500.000 Menschen bis 27 Jahre der acht DGB-Gewerkschaften. Der DGB gibt einmal jährlich die große Studie Ausbildungsreport heraus, für den mehr als 15.000 Auszubildende befragt werden. 2019 steht das Thema „Ausbildung 4.0“ im Fokus des Reports.

Manche Ausbilder hingegen berichten von Bewerbern, die nicht zum Vorstellungstermin erscheinen, oft ohne abzusagen. In solchen Situationen entsteht der Eindruck, Vertreter der Generation Z wollten sich die Rosinen herauspicken, wenn es darum geht, eine Stelle zu finden. Was entgegnen Sie bei solchen Berichten? Das mag es im Einzelfall geben. Daraus allgemeine Schlussfolgerungen abzuleiten, ist aber falsch: Es ist nicht so, dass sich die Mehrheit der Ausbildungssuchenden darauf verlässt, schon etwas zu finden. Nehmen wir das Beispiel Friseurhandwerk: So ein Scherenset muss man sich erst einmal leisten können, vom Betrieb wird das Equipment in der Regel nicht gestellt – obwohl das Berufsbildungsgesetz

FOKUS

das eigentlich vorsieht. Auch die Arbeitszeiten und die Vergütung stimmen oft nicht, das sind entscheidende Faktoren. Wenn der Bewerber sich dann doch für einen anderen Betrieb entscheidet, der zum Beispiel näher am eigenen Wohnort ist oder besser bezahlt wird, ist das eine natürliche Konsequenz. Dann spielt eine fordernde Haltung der jungen Generation aus Ihrer Sicht keine Rolle für das Dilemma? Die Jugendlichen stellen berechtigte Ansprüche an ihre Berufsausbildung, das ist aber immer so gewesen. Heute haben sie allerdings bessere Möglichkeiten, sich im Vorhinein über die Situation im Betrieb zu informieren – und die nutzen sie auch. Ich sehe das positiv. Es haben aber längst nicht alle die gleichen Möglichkeiten. Zudem haben es diejenigen mit weniger guten Schulabschlüssen schwerer, einen Ausbildungsplatz zu finden, denn viele Unternehmen betreiben ja weiterhin eine Bestenauslese. Für einige Ausbildungsberufe setzen die Arbeitgeber das Abitur voraus. Dabei bietet die assistierte Ausbildung, in der sowohl das Unternehmen als auch der Azubi externe Unterstützung bekommen, durchaus neue Chancen. Mit diesem Werkzeug, das bei den Agenturen für Arbeit beantragt werden kann, wird nicht nur den Jugendlichen, sondern insbesondere kleinen und mittelständischen Unternehmen geholfen. Generell, das geht auch aus dem Bericht hervor, sind Konzerne deutlich attraktiver, auch weil sie meist die Programme besser organisieren können. Was können kleine und mittelständische Unternehmen tun, die möglicherweise in der weniger begehrten Provinz sitzen? Sie können ganz praktisch in der Frage der Mobilität einiges tun, zum Beispiel indem sie von vornherein anbieten, den Führerschein oder ein Ticket für den Nahverkehr zu finanzieren. Wir 57


A N A LY S E

Warum Väter längere Elternzeiten scheuen

Maximal zwei Monate nimmt sich der Großteil der Väter für die Kinderbetreuung in den ersten Monaten nach der Geburt. Wenn Arbeitgeber deren Sorge vor dem beruflichen Abstieg abmildern würden, wäre auch den Müttern geholfen. Foto: getty images

Ein Gastbeitrag von Katharina Wrohlich

68


A N A LY S E

Der Anteil Elterngeld beziehender Väter steigt, bleibt aber weit hinter dem der Mütter zurück. Anteil der Väter, die Elterngeld beziehen, in Prozent 100

20 %

51 %

Einführung Elterngeld

der Väter, die kein Elterngeld bezogen haben, geben finannzielle Gründe als Motiv an.

80

Einführung Elterngeld Plus

der Väter ohne Elterngeld befürchten berufliche Konsequenzen.

60

40

20

0 2006

2007

2008

2009

2010

2011

2012

2013

2014

2015

2016

Quellen: Eigene Darstellung der Grafik des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung auf Basis der Elterngeldstatistik des Statistischen Bundesamtes sowie Pairfam

Illustration: Danny Schuster – Quelle: DIW Berlin 2019

A

uf den ersten Blick klingt es nach einer Erfolgs­ story: Seit der Einführung des Elterngelds im Jahr 2007 hat sich die Zahl der Väter, die in Elternzeit gehen und Elterngeld beziehen, deutlich erhöht. Waren es vor 2007 nur etwa drei Prozent aller Väter, so ist dieser Anteil mittlerweile auf knapp 37 Prozent gestiegen. Bei näherer Betrachtung sieht die Lage allerdings weniger glänzend aus: Denn die Väter, die Elternzeit nehmen, tun dies in den allermeisten Fällen nur für zwei Monate. Das ist das Minimum, damit Vater und Mutter gemeinsam die maximale Bezugsdauer des Elterngelds von 14 Monaten ausschöpfen können. Im Vergleich dazu nehmen nahezu alle Mütter Elternzeit, die große Mehrheit für mehr als zehn Monate. Das Elterngeld hat also seine Zielsetzung, die Väter stärker an der Erziehungsarbeit zu beteiligen, teilweise erfüllt, von einer gleichmäßigen Aufteilung der Elternzeit kann aber nach wie vor keine Rede sein. Daran hat auch die Erweiterung um das Elterngeld Plus im Jahr 2015 wenig geändert. Eingeführt wurde es, um die Kombination aus Elternzeit und Teilzeiterwerbstätigkeit attraktiver zu machen. Seither kombinieren tatsächlich deutlich mehr Väter und Mütter Elternzeit und Beruf. Der Anteil der Väter, die überhaupt Elternzeit nehmen, ist zumindest im ersten Jahr nach der Einführung des Elterngelds Plus – neuere Daten liegen bisher nicht vor – aber nicht gestiegen. Dass Mütter und Väter trotz der gesetzlichen Regelungen Elternzeiten nach wie vor so ungleich aufteilen, hat verschiedene Gründe. Soziale Normen und Einstellungen im Hinblick auf die Geschlechterrollen in der Gesellschaft zählen dazu. Dass tradierte Stereotype nach wie vor bestehen, zeigt sich im Übrigen beispielsweise auch bei der o k tober / n ov e m b e r 2019

Hausarbeit und Kinderbetreuung: Mit beidem verbringen in Paarhaushalten die Frauen deutlich mehr Zeit als Männer, wie eine DIW-Studie erst kürzlich wieder gezeigt hat. Die Einführung des Elterngelds im Jahr 2007 hat die Politik mit einer Kampagne beworben, die das Modell propagiert, in dem zunächst für eine längere Zeit die Mutter ihre Erwerbstätigkeit unterbricht und im Anschluss der Vater deutlich kürzer vom Job pausiert. Die allermeisten Paare, bei denen beide Elternzeit bezogen haben, folgten dieser Idee, weshalb sich das sogenannte „12+2“-Modell etabliert hat: Zwölf Monate bezieht die Mutter Elterngeld, zwei Monate der Vater. Vor diesem Hintergrund ist es kein Wunder, dass der Begriff der Partnermonate im alltäglichen Sprachgebrauch schon bald zu „Vätermonaten“ wurde.

Väter befürchten berufliche Nachteile Befragt man die Väter, warum sie sich gegen eine Elternzeit oder für nur zwei Monate entschieden haben, nennen sie als wichtigstes Hemmnis finanzielle Gründe. Als zweithäufigster Grund wird genannt, dass ihre Partnerin ein Jahr Elternzeit nehmen wollte. Diese beiden Antworten spiegeln zum einen wider, dass in den meisten Familien nach wie vor Väter mehr verdienen. Die Familie hätte daher während der Elternzeit des Mannes ein geringeres Einkommen zur Verfügung als während der Elternzeit der Frau. Zum anderen zeigt sich in dieser Antwort auch die – bei beiden Geschlechtern – verbreitete soziale Norm, dass die frühkindliche Betreuung zum allergrößten Teil in den Aufgabenbereich der Mütter fällt. 69


LETZTE

SEITE

Der die erste Job, lle des o R e ig ft zukün e d o rs er ein Personale : re de Lektü inspirieren nd u r re h chäftsfü n e HRler, Ges rt o tw n eben A n Blogger g e g m Fragebo in unsere n te tz e L „ r auf de Seite“.

Der Humanist Andreas Schiel ist Philosoph und Zukunftsforscher. Ihn treibt die Zukunft unserer Arbeit und Demokratie um. In seinen Projekten macht er sich für mehr Menschlichkeit in unserem technologiegetriebenen Zeitalter stark.

Ich suche Menschlichkeit im Maschinenzeitalter, seit … mich mit zehn Jahren moderne Technologie und Science Fiction mit ihren Versprechen faszinierten. Dann sah ich als Teenager „Terminator“ und mir wurde klar: In Zukunft müssen wir uns in einem Spannungsfeld von Technik als utopischer Erlösung und existenzieller Bedrohung bewähren. Wir sollten mehr auf Erich Fromm hören, weil … er wie kein anderer Denker der Moderne die Ambivalenz des menschlichen Wesens verstanden hat: Wir alle sind zum Guten wie zum Bösen fähig – auf die Bedingungen, unter denen wir leben, kommt es an. HR sollte sich in Zukunft mehr konzentrieren auf … die Stärkung von Menschen.

98

Am Industrie-4.0-Diskurs fehlt mir am meisten, dass … über das postindustrielle Zeitalter und die Dematerialisierung der Wirtschaft kaum gesprochen wird. Stattdessen wird versucht, das Industriezeitalter mit minimalen Anpassungen in die Zukunft zu verlängern. Die Komfortzone wird oft zu Unrecht gescholten, weil … wir ohne Sicherheit, Solidarität und Liebe nicht viel aus unserer Freiheit machen können. Meine Komfortzone umfasst … fast alle Situationen, in denen mir Menschen einen Vertrauensvorschuss geben, mir also mit Wertschätzung begegnen, ohne dass ich zuvor etwas dafür tun musste. Zuletzt verlassen habe ich sie als … ich diesen Fragebogen für eine mir unbekannte Leserschaft ausgefüllt habe.

Ein Rat, der mir oft weitergeholfen hat: Ich bin schlecht im Befolgen von Ratschlägen. Ich mag aber den Satz des Aktionskünstlers Joseph Beuys: Wer nicht denken will, fliegt raus! Menschen, die sich vor der zunehmenden Digitalisierung fürchten, rate ich ... Gehen Sie Ihre Ängste ohne Scheu durch und trennen Sie berechtigte Sorgen von pauschaler Technikangst. Letztere beruht oft auf einer Mischung mangelnden Wissens und schlechter Prognostik. Angst verspürt habe ich zuletzt … bei der Beschäftigung mit dem Klimawandel. Ich teile mit vielen Menschen die Sorge, dass wir die Transformation unseres auf Selbstzerstörung programmierten Zivilisationsmodells nicht mehr rechtzeitig vollziehen können, wenn wir noch lange zögern. Andreas Schiel ist Philosoph, Sozialwissenschaftler und Zukunftsforscher. Der 38-Jähri-

Ich baue gern Möbel, weil … das meistens gut überschaubare, unmittelbar nützliche und nahezu zeitgerecht abschließbare Projekte sind. Eine gute Abwechslung zu meiner sonstigen Arbeit.

ge plädiert auf seinem Blog „Arbeit morgen“ für mehr Menschlichkeit in der Arbeitswelt. Er promovierte über Liebe, Kommunikation und Ethik und ist Co-Herausgeber von „Mensch Punkt Null – Gestaltungsansätze für die digitale Gesellschaft“.

www. hu ma n re so u rce s ma n age r. d e

Foto: Privat

Mich nervt an der New-Work-Euphorie, dass … nur noch über Oberflächenkosmetik gesprochen wird und die wesentlichen Potenziale, wie die Freisetzung bis dato ungenutzter Krea­tivität und Intelligenz, dahinter verschwinden.


Turn static files into dynamic content formats.

Create a flipbook
Issuu converts static files into: digital portfolios, online yearbooks, online catalogs, digital photo albums and more. Sign up and create your flipbook.