Quadriga Media Berlin GmbH № 2 — Ausgabe 4/21 www.kom.de
Deutsche Bank
Warum Kommunikationschef Jörg Eigendorf Nachhaltigkeit zu einem zentralen Thema macht.
Die Rückkehr
Wie Unternehmen ihre Angestellten zur Arbeit im Büro motivieren wollen.
#Nachhaltigkeit
Vollgas und Klimaschutz Können Prominente in Umweltfragen glaubwürdig sein?
Live sustainable Jede kleine Entscheidung kann einen großen Unterschied machen: Von langlebigen Produkten bis zur klimafreundlichen Produktion – Bosch arbeitet kontinuierlich daran, seinen CO₂-Fußabdruck zu reduzieren, und erreichte im Jahr 2020 als erstes globales Industrieunternehmen die CO₂-Neutralität an seinen weltweit mehr als 400 Standorten. *Bosch hat die CO₂-Neutralität nach internen Berechnungen erreicht. Die CO₂-Neutralität wird derzeit durch eine unabhängige Wirtschaftsprüfungsgesellschaft testiert. Um die CO₂-Neutralität zu erreichen, investiert Bosch in Energieeffizienz, erhöht den Anteil regenerativer Energien an der Energieversorgung, kauft Ökostrom zu und kompensiert unvermeidbaren CO₂-Ausstoß.
bosch.com/sustainability-likeabosch
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EDITORIAL
Nachhaltigkeit
Coverillustration: Marcel Franke | www.typophob.de; diese Seite: Quadriga Media Berlin
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or der Corona-Zeit war Klimaschutz bereits das dominierende Thema auf der medialen Agenda. Großen Anteil daran hatten vor allem junge Menschen, die immer wieder auf die Straße gingen und die Politik aufforderten zu handeln. Unternehmen, Verbände und Parteien sind auf den Klimazug aufgesprungen. Fast täglich gaben Unternehmen bekannt, irgendwann in naher oder ferner Zukunft klimaneutral sein zu wollen. Je ferner der Zeitpunkt, desto mehr wirkte dieses Ziel wie Greenwashing. In der Kommunikation ist ein Begriff wieder en vogue, der schon als floskelhaft abgestempelt war: Nachhaltigkeit. Neben ökologischen fallen soziale und gesellschaftliche Aspekte hierunter. Nachhaltigkeitskommunikation wird in Zukunft vor allem daraus bestehen, dass sie die Transformation der Wirtschaft erklärt. Hier gibt es eine große Unbekannte: die Verbraucherinnen und Verbraucher, die Produkte kaufen sollen und ihr Verhalten werden ändern müssen. Die inzwischen fast 50 Jahre alte Faustformel „Tue Gutes und rede darüber“ stößt an Grenzen, weil das „Gute“ immer mehr komplexe industrielle Prozesse sind, die eben nicht so anschaulich sind, wie am Strand Müll zu sammeln oder Bäume vor der eigenen Haustür zu wässern. Kommunikation muss erklären und mitnehmen. Belehren und Angst machen funktionieren meist nur für begrenzte Zeit. In dieser Ausgabe gibt es ein Interview mit Jörg Eigendorf, seit 2016 Kommunikationschef der Deutschen Bank. Die krisenerprobte Großbank hat sich auch auf den Weg gemacht, ihre Investitionen stärker an Nachhaltigkeitskriterien zu orientieren. Zusätzlich gibt es einen Artikel über Prominente wie WWW.KOM.DE
ormel-1-Weltmeister Sebastian Vettel und darüber, wie glaubF würdig Celebrities eigentlich sein können, wenn sie sich zu Klimaschützern erklären und in Wirklichkeit einen jährlichen CO2-Fußabdruck haben, den die meisten Menschen in ihrem ganzen Leben nicht erreichen. Wir fragen NGOs, welche Anforderungen sie an Nachhaltigkeit von Unternehmen stellen, und analysieren, was es eigentlich bringt, Bäume zu pflanzen. Darüber hinaus gibt es ein Interview mit Jan Haase, der die Kommunikation bei Greenpeace leitet. Ein Aktivist der Umweltorganisation, die alles andere als konfliktscheu ist, hat diesen Sommer bei einem Gleitschirmabsturz vor einem EM-Spiel zwei Menschen im Stadion verletzt. Es hagelte Kritik. Ein weiteres Thema: Wie wollen Unternehmen ihre Angestellten zur Bürorückkehr motivieren? An dieser Stelle noch einmal vielen Dank für die zahlreichen Nachrichten und Kommentare zu unserem Relaunch. Unser Eindruck ist, dass die Namensänderung von „pressesprecher“ zu „KOM“, die Magazin-Optik und der Inhalt auf sehr positive Resonanz gestoßen sind. Wir würden uns auch in Zukunft über zahlreiches Feedback freuen. Ich wünsche Ihnen viel Spaß beim Lesen!
Volker Thoms, Chefredakteur 3
IN DIESER AUSGABE
3 Editorial 7 Sprecherspitze 10 Meldungen 78 Bücher 80 Wechselbörse 81 Impressum 90 Feedback
6 Kommentar Alexander Gutzmer über öde Entschuldigungsroutinen und Debattenverweigerung. 8 Zugang/Abgang Birgit Hiller ist neu bei Continental. Sabia Schwarzer nicht mehr bei der Allianz tätig. IM WORTLAUT
14 Greenpeace Wie Kommunikationschef Jan Haase den Absturz im Stadion von München bewertet und Rechtsverstöße legitimiert. K- KO N G R E S S
20 Kommunikationskongress Rückblick in Bildern. MENSCHEN
22 PR im Start-up Lydia Prexl von Getsafe über Herausforderungen für die Kommunikation in einem jungen Unternehmen. T I T E L : N A C H H A LT I G K E I T
24 Meer voll Plastik Der Weg zu mehr Nachhaltigkeit führt für Getränkekonzerne über Vermeidung und Recycling von Plastik. 4
26 Gute Story Volker Thoms über Risiken von Nachhaltigkeitskommunikation und Begeisterung für neue Technologien. 28 Vollgas und Klimaschutz Wie glaubwürdig können Prominente wie Formel-1-Pilot Sebastian Vettel in Klima- und Umweltfragen sein? 32 Jörg Eigendorf Interview mit dem Kommunikationschef der Deutschen Bank über nachhaltige Investitionen und das Image des Geldhauses.
50 Bescheidene Tech-Riesen Die sonst hyperselbstbewussten Tech-Giganten haben beim Klimaschutz Nachholbedarf. 54 „Stern“, „Geo“ und „Die Zeit“ Medien geben Nachhaltigkeit mehr Raum. Auf unterschiedliche Weise. KARRIERE
56 Profil in Social Media Wonach Personalberatungen in den Sozialen Netzwerken suchen. PRAXIS
38 Von der Vision zur Pflicht Berater Thomas Stein über Fragen, die sich Unternehmen stellen müssen, bevor sie zu Nachhaltigkeit kommunizieren.
58 Hybride Zukunft Wie Unternehmen ihre Angestellten zur Rückkehr ins Büro motivieren wollen und sich die Zukunft der Arbeit vorstellen.
40 Was denken NGOs? Kommunikationsverantwortliche von NGOs über ihre Erwartungen an Unternehmen.
63 Mein Netzwerk: Linkedin Andrea Hartmair von der Bachmann Group beschreibt, was sie auf Linkedin postet und was nicht.
44 Bäume zur Imagepflege Das Pflanzen von Bäumen ist eine beliebte Maßnahme, um grünes Engagement zu unterstreichen. Ist das sinnvoll?
64 Vaude und Allianz Vaude-Chefin Antje von Dewitz und Oliver Bäte von der Allianz im CEO-Duell.
48 Stadtwerke Bielefeld Die Stadtwerke wollen mit Hilfe einer App dazu motivieren, Emissionen einzusparen.
68 Interviewfreigaben „Handelsblatt“-Journalist Martin Greive über Autorisierungserfahrungen mit Politikern und einem Bundesbank-Vorstand.
WISSENSCHAFT
70 Wie tickt die Branche? Die neue Berufsfeldstudie des BdKom und der Quadriga Hochschule zeigt, dass sich das Standing von PR in Organisationen verbessert. AGENTUREN
74 Agentur-Fragebogen Zehn Fragen an Meike Ostermeier von Finsbury Glover Hering. 76 Effizientere Ausschreibungen GWA-Präsident Benjamin Minack hält Ausschreibungen von Behörden für zu kompliziert. Er plädiert für klare Briefings und Kennenlernen. 78 Schwierige Beziehung Cornelia Kunze und Mirjam Jentschke geben in ihrem Buch eine Anleitung, wie das Agentur-Kunde-Verhältnis gestaltet sein könnte.
82 Verband Kommunikationskongress, Präsidium, BdKom Award. Kolumne „Fair Formuliert“. KOM № 2
Fotos: picture alliance/dpa; Kasper Jensen; picture alliance/dpa/dpa-Zentralbild; picture alliance/dpa
MEINUNG
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Wie Prominente wie Sebastian Vettel (hier mit Sprecherin Britta Roeske) in Klimafragen glaubwürdig kommunizieren können.
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Jörg Eigendorf leitet die Kommunikation der Deutschen Bank. Das Geldhaus hat Nachhaltigkeit zu einem zentralen Thema gemacht.
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Viele Wälder sind krank. Bäume zu pflanzen ist eine plakative Maßnahme, um nachhaltig zu wirken. Nur was bringt das für das Klima?
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Die Büros sind wieder voller. Während einige Unternehmen ihre Angestellten bereits zur Rückkehr motivieren, setzen andere weiter auf Homeoffice first. WWW.KOM.DE
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Rechtsbruch aus Kalkül Interview mit Greenpeace-Kommunikationschef Jan Haase über den Absturz eines Aktivisten bei der Fußball-EM, Gegner auf Augenhöhe und das Rechtsverständnis der Organisation.
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iesen Sommer protestierte Greenpeace bei einem EMSpiel in München gegen Volkswagen. Die Flugaktion endete in einem Desaster. Zwei Menschen wurden beim Absturz eines Gleitschirmpiloten im Stadion verletzt. Leicht hätte jemand getötet werden können. Der bayerische Innenminister sagte später, dass Scharfschützen zum Abschuss des Aktivisten bereit waren, um die Flugverbotszone über dem Stadion zu sichern. Die Spendeneinnahmen von Greenpeace beliefen sich dem Jahresbericht von 2020 zufolge auf 80,3 Millionen Euro. Rund 11,5 Millionen gab die NGO für Kommunikation aus. Dazu kommen mehr als sieben Millionen Euro für Werbung. Kritiker*innen halten Greenpeace vor, dass es mit seinen Aktionen gegen Gesetze verstößt und Unternehmen finanziellen Schaden zufügt. Gerichte dazu zu bringen, Rechtsgüter gegeneinander abzuwägen, gehört zum Kalkül der Organisation.
Herr Haase, ein Aktivist von Greenpeace musste bei einem Fußball-EM-Spiel in München im Stadion mit einem Gleitschirm notlanden und verletzte dabei zwei Menschen. Dafür wurde Greenpeace scharf kritisiert. Wie bewerten Sie die Aktion aus heutiger Sicht? Haase: Das inhaltliche Ziel war und ist richtig: zu zeigen, dass Volkswagen Greenwashing im Rahmen der EM betrieben hat. Wir haben aber aus der Aktion und daraus, was schiefgelaufen ist, gelernt. Es ist klar, dass so etwas nicht noch einmal passieren darf. Wir werden künftig nicht mehr über Menschengruppen fliegen. Am Thema bleiben wir aber dran. 14
Sie haben in einem Video- und Pressestatement um Entschuldigung gebeten. Dass Greenpeace sich entschuldigt, ist ungewöhnlich. Warum dieses Mal? Haase: In diesem Fall gab es einen Grund, sich zu entschuldigen. Es sind Unbeteiligte zu Schaden gekommen. Wir haben uns nicht nur über die Medien entschuldigt. Es gab direkte persönliche Gespräche mit den beiden zum Glück nur Leichtverletzten. Auch der Pilot hat mit ihnen gesprochen. Wenn Greenpeace einen Fehler macht, stehen wir dazu. Wie waren die Reaktionen auf diese Aktion im Vergleich zu Ihren sonstigen Aktivitäten? Die Empörung ging quer durch alle Medien und Gruppen. Haase: Die Welle an Reaktionen kam sehr schnell und sie war sehr hoch. Wir haben eine Menge Gespräche geführt – auch mit Medien. Da war eine Reihe von unangenehmen Gesprächen dabei, weil klar war, dass wir uns der Kritik stellen müssen. Auch zahlreiche Unterstützerinnen und Unterstützer haben uns kritisiert. Nach der ersten hohen Welle haben dann aber viele gesagt, dass unsere Aktion in München zwar mächtig schiefgegangen sei, wir aber weiterhin Aktionen machen sollen – auch gegen Volkswagen. Kritik ist für Sie nichts Ungewöhnliches. Welche nehmen Sie ernst? Haase: Wir nehmen die Reaktionen unserer Unterstützer*innen sehr ernst und setzen uns intensiv damit auseinander. Für uns ist die Kritik am wichtigsten, bei der wir feststellen, dass sie auf falschen Grundlagen basiert, und die ein falsches Bild von KOM № 2
Foto: Jana Legler
Interview VOLKER THOMS
IM WORTLAUT
Das Interview fand Mitte August im GreenpeaceHauptsitz in der HafenCity in Hamburg statt.
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Greenpeace in der Gesellschaft zeichnet. Wenn es beispielspassieren kann. Ein Beispiel aus der Vergangenheit: Brent Spar. weise darum geht, NGOs und Greenpeace seien nicht legitiNatürlich wurde da fremder Besitz geentert, als die Greenpeacemiert. Oder wir würden uns über das Recht stellen. Da geht es Leute auf die Plattform gingen. Der Betriebsablauf wurde behinum den Kern unserer Arbeit. Insbesondere beim Thema Recht dert, weil die Plattform nicht versenkt werden konnte. Dann ist eben die Frage, auf welches Rechtsgut man sich bezieht. Was ist wollen wir unsere Sicht klarmachen. Sie hatten eine zweite Protestaktion gegen der Maßstab? Ist der Maßstab das Rechtsgut, einen reibungsVolkswagen, als Sie Schlüssel von Fahrzeugen losen Betriebsablauf zu haben, oder ist der Maßstab eine saugestohlen haben und in Kauf nahmen, dass VW bere Umwelt? Da ist unsere Einschätzung als UmweltorganisaAutos nicht verschicken kann. Das bedeutet einen tion, dass das Rechtsgut einer sauberen Umwelt höher steht als wirtschaftlichen Schaden. Es ist zusätzlich eine das andere. Sieht ein Unternehmen das anders, ist es uns gerade strafbare Handlung. Warum ist es Ihnen nicht recht, wenn vor Gericht geklärt wird, welches Rechtsgut höher möglich, bei Aktionen im Rahmen der Gesetze zu zu bewerten ist. Teil der Arbeit von Greenpeace ist es, einen Beibleiben? trag zu leisten, Recht weiterzuentwickeln. Wir und auch die AktiHaase: Wir haben die Schlüssel nicht gestohlen. Wir haben sie vistinnen und Aktivisten gehen dafür das Risiko ein, belangt zu geliehen und wenig später auf der Zugspitze zurückgegeben. werden. Bei Brent Spar wurde übrigens drei Jahre später ein Nach unserem Wissen ist keines dieser Fahrzeuge deshalb Plattform-Versenkungsverbot beschlossen. verspätet verladen worden. Ein wirtschaftlicher Schaden ist Als NGO benötigen Sie Akzeptanz in der Gesellschaft. Wäre es nicht klüger, auf dadurch nicht entstanden. Rechtsbrüche zu verzichten? Sie müssen bedenken, welche rechtliche Abwägung stattgefunden hat. Das Bundesverfassungsgericht hat bestätigt: Es Haase: Wie gesagt: Manchmal ist es gut, wenn Gerichte solgibt ein Recht für künftige Generationen, dass jetzt gehandelt che Fälle klären. Wir gehen auch den anderen Weg. Die Kliwird. Die Frage ist also, ob wir einen Zustand haben, in dem maklage haben wir 2014 auf den Weg gebracht. Das ging durch alle Instanzen bis zum Bundesverfassungsgericht. Wir haben Gefahr in Verzug ist und gehandelt werden muss. Steht in so einem Fall nicht ein Recht auf Unversehrtheit über dem Recht, allerdings auch Situationen, in denen es nicht ausreicht, sechs wirtschaftlichen Profit zu erzielen? Recht wird aber weder von oder sieben Jahre zu warten, bis eine gerichtliche Entscheidung Greenpeace noch von Volkswagen gesprochen. Recht sprechen kommt. Es gibt Momente, in denen schneller gehandelt werGerichte. den muss, weil Dringlichkeit vorliegt. Inwiefern kalkulieren Sie bei Dann ist eine Aktion das adäquate Mitder Planung von Aktionen und tel, um darauf aufmerksam zu machen „Wir suchen uns Kampagnen ein, dass eine Strafe und zu einer schnelleren Veränderung als Gegner nicht droht und Schadensersatz auf zu kommen. die Kleinsten und Sie zukommt? Sie hatten 2020 laut Jahres Schwächsten, sondern bericht 630.495 Fördermitglieder, Haase: Natürlich wird grundsätzlich überdie Großen.“ die bestimmte Erwartungen an legt, was bei Aktionen und Kampagnen 16
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Foto: picture alliance/GES/Marvin Ibo Güngör
Ein abgestürzter Greenpeace-Aktivist verletzte im Stadion in München zwei Menschen und versetzte tausende Besucher*innen und Millionen vor dem Fernseher einen gewaltigen Schrecken.
Foto: Jana Legler
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Greenpeace haben. Welche Zielgruppen wollen Sie darüber hinaus erreichen? Haase: Alle Menschen, die sich für einen gesunden Planeten und eine sichere Zukunft interessieren. Zwei zentrale Themen für Greenpeace sind die Klimakrise und das Artensterben. Beides interessiert einen deutlich größeren Teil der Bevölkerung als unsere Fördermitglieder. Deshalb kommunizieren wir intensiv über klassische Medien, weil wir so viele Menschen erreichen, denen diese Themen wichtig sind. Ob Medien unsere Themen allerdings übernehmen, haben wir nicht in der Hand, aber Journalisten wissen natürlich, wie sie unsere Informationen so aufbereiten, dass sie möglichst breit streuen. In Deutschland profitieren wir davon, dass öffentlich-rechtliche Medien, Tageszeitungen und Magazine unseren Informationen in Umweltfragen vertrauen. Welche weiteren Kanäle sind für Sie entscheidend? Haase: Wir nutzen darüber hinaus auch Kanäle, mit denen wir Menschen direkt ansprechen können. Sei es, dass sie Förderinnen und Förderer sind oder uns in den Sozialen Medien folgen. Außerdem gehen wir viel in den direkten Dialog – auf der Straße. Wir haben mehrere tausend ehrenamtliche Unterstützer*innen. Wir gehen mit Menschen ins Gespräch, die uns sehr kritisch sehen, weil sie zum Beispiel von Umweltschutzmaßnahmen oder von Veränderungen betroffen sind. Ein Beispiel: Im Februar 2020 haben wir ein Barcamp zur Zukunft der Landwirtschaft gemacht. Wir hatten bewusst Landwirtinnen und Landwirte eingeladen, die unterschiedlich wirtschaften: von konventionell bis Bio. Für uns war es schon ein Erfolg zu hören, dass die danach gesagt haben, man könne mit Greenpeace reden. Auch das ist für uns eine Zielgruppe: Menschen, die Greenpeace erst einmal als Gegner sehen. Welche Branchen wollen Sie mit Ihren Kampagnen an den Pranger stellen? Haase: Es sind immer die, die mit ihrem Nicht-Handeln zeigen, dass sie die Dringlichkeit von Veränderungen noch nicht begriffen haben. Oder die, bei denen es die stärkste Diskrepanz zwischen Reden und Handeln gibt. Wir suchen uns als Gegner nicht die Kleinsten und Schwächsten, sondern die Großen. Das hat etwas mit Fairness zu tun, aber auch damit, dass andere nachziehen, wenn der Größte handelt. Wenn Aldi sagt, sie steigen beim Fleisch aus den schlechtesten Haltungsformen aus, dann ist das ein Signal an den ganzen Markt. Insbesondere Volkswagen geht Schritte in Richtung Elektromobilität. Andere Autokonzerne wie Daimler oder BMW scheinen mehr auf der Bremse zu stehen. Warum sind die nicht Ihre Hauptgegner? Haase: VW sind die Größten. Sie lehnen sich am weitesten aus dem Fenster. Es ist ein erster Schritt, jetzt fünf Prozent Autos mit Elektromobilität zu verkaufen. Das heißt aber auch, 95 Prozent sind noch Verbrenner – und das sind beim zweitgrößten Autobauer der Welt eben viele Millionen Fahrzeuge jedes Jahr. WWW.KOM.DE
Welches Bild vermittelt Volkswagen gerade? Sie sagen, „es läuft, wir haben verstanden. Macht euch keine Sorgen.“ Da sagen wir: Es läuft eben nicht, wenn VW noch mindestens bis 2035 in Europa weiter Verbrenner produzieren will. VW ist stolz darauf, dass ihre Autos im Durchschnitt 26 Jahre genutzt werden. Das bedeutet, Volkswagen schafft es nicht einmal, dafür zu sorgen, dass das europaweite Ziel, 2050 klimaneutral zu sein, erreicht wird. Sie wissen es besser, handeln aber nicht danach. Ist es nicht anmaßend, als NGO einem Automobilkonzern zu sagen, wie schnell die Transformation zur Elektromobilität gelingen kann? Haase: Wir reichen wissenschaftliche Erkenntnisse weiter. Die Wissenschaft sagt, wir hätten nur noch ein bestimmtes Budget. Wir sehen den jährlichen Verbrauch. Dann ist es eine recht einfache Rechnung zu erkennen, dass wir mit dem aktuellen CO2-Ausstoß in sechs Jahren das Budget verbraucht haben, um unter dem 1,5-Grad-Ziel zu bleiben. Wir müssen also jetzt
Jan Haase (53) Haase ist seit 2007 bei Greenpeace Deutschland. Seit 2019 leitet er die Kommunikation. Zuvor arbeitete der DiplomGeograf beim Ökostromversorger Greenpeace Energy. Er besuchte die Journalistenschule von Axel Springer. 17
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Kommunikationskongress 2021 Rund 450 Kommunikationsprofis trafen sich vor Ort in Berlin. Knapp 1.200 begleiteten die zwei Kongresstage digital. Das Motto: Aufbrechen. Hielt ihre Keynote trotz des Streiks: Bahn-Vorständin Sigrid Nikutta. Insgesamt bot das Hybrid-Event über 5.500 Minuten Programm. Moderator war Hajo Schumacher.
Frisch wiedergewählt: BdKom-Präsidentin Regine Kreitz. Politik-Talk: Fotografin Anne Hufnagl diskutierte mit den Beratern Julius van de Laar und Frank Stauss, Civey-CEO Gerrit Richter und Hajo Schumacher (v.r.).
Presseclub (v.r.): Katrin Gottschalk („Taz“), Alice Hasters (Podcast „Einhundert“) und Ralf Schuler („Bild“). 20
(v.l.): Berater Thomas Mickeleit, Oliver Lönker (Siemens Healthineers), Annette Siragusano (Engel & Völkers), Prof. Ansgar Zerfaß und Moderatorin Jana Brockhaus. KOM № 2
7—8 DECEMBER 2021 DIGITAL
2021
RE C O NN E CT EXPERIENCE THE GLOBAL COMMUNICATION SUMM I T
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DAYS
200+
PARTICIPANTS
40+
SPEAKERS
communication-summit.eu
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Geld sucht grüne Wege Jörg Eigendorf ist seit 2016 Kommunikationschef der Deutschen Bank. Gleichzeitig trägt er die Verantwortung für den Bereich Nachhaltigkeit. Zum Team des früheren Investigativjournalisten gehören knapp 200 Personen. Welchen Beitrag kann eine Großbank zur Nachhaltigkeit leisten?
Fotos: Kasper Jensen
Interview VOLKER THOMS
Die Deutsche Bank ist ein Dienstleistungs unternehmen. Sie produziert nichts. Ihre eigenen CO2-Emissionen sind also begrenzt. Warum ist Nachhaltigkeit für die Deutsche Bank so wichtig? Eigendorf: Für eine Bank geht es nicht so sehr darum, was sie selbst an CO2 emittiert. Wir sind mit unserem Bankbetrieb seit 2012 kohlendioxidneutral und reduzieren unsere Emissionen seither ständig weiter, so dass wir weniger kompensieren müssen. Viel wichtiger ist die Rolle, die eine Bank als Bindeglied zwischen Staaten und Unternehmen sowie privaten und institutionellen Investoren spielt. Wir haben ein Kreditportfolio von etwa 440 Milliarden Euro, und zusammengenommen verwalten unsere Privatkundenbank und unsere Vermögensverwaltungstochter DWS ein Anlagevermögen von knapp 1,4 Billionen Euro. Damit können wir sehr viel beitragen zum Wandel, zur Transformation der Wirtschaft. In der Vermögensverwaltung sind die Bedingungen entscheidend, die wir als Anleger für unsere Kunden an die Unternehmen stellen. Beim Kreditportfolio geht es wiederum darum, dass Faktoren wie Klimarisiken und die Klimabilanz eines Unternehmens eine zunehmend wichtige Rolle bei der Kreditvergabe spielen werden. Zumal hier auch der Druck auf uns steigen wird, wenn wir spätestens Ende nächsten Jahres den CO2Fußabdruck unseres Kreditportfolios veröffentlichen werden. Sie haben in Ihrer Nachhaltigkeitsstrategie vier Säulen definiert. Nachhaltigkeit soll Ihre Prozesse maßgeblich verändern. Was heißt das konkret? Eigendorf: Bei den ersten beiden Säulen geht es um das Bankgeschäft an sich. Wie und wen finanzieren wir? Die erste Säule sind die nachhaltigen Finanzierungen und Investitionen – SusWWW.KOM.DE
tainable Finance. Hier geht es darum, welche Transaktionen wir als nachhaltig klassifizieren. Wie beraten wir Kunden – vom Privatanleger bis zum global agierenden Unternehmen und vor allem mit Blick auf nachhaltige Transformation? Die zweite Säule sind die eigenen Richtlinien. Dort definieren wir, was wir tun und was wir nicht mehr tun, wo die Grenzen dafür liegen, was wir finanzieren. Wir werden beispielsweise nach 2025 keine Kredite für Kohlebergbau an Energieunternehmen mehr vergeben. Wir haben klare Richtlinien zu Waffen und Menschenrechten und prüfen alle unsere Transaktionen dahingehend, ob sie diesen entsprechen. Die dritte Säule umfasst unseren eigenen Geschäftsbetrieb und unsere Mitarbeiter. Da spielt Diversität und Teilhabe mit rein. Es geht aber auch um den CO2-Fußabdruck unserer Autoflotte oder ob wir Strom aus erneuerbaren Energien verwenden. Warum? Weil wir Vorbild sein müssen, wenn wir etwas verändern wollen. Und schließlich geht es darum, dass wir uns mit unserer eigenen Expertise in den Dialog mit anderen Interessengruppen einbringen. Wir wollen uns nicht nur in der gesellschaftlichen Debatte rund ums Thema Nachhaltigkeit engagieren, sondern auch mit am Tisch sitzen, wenn die Standards gesetzt werden. Man kann Thought Leader sein, indem man in Gremien sitzt. Man kann aber auch Thought Leader sein, indem man die öffentliche Meinung beeinflusst. Die Deutsche Bank ist mir als Thought Leader bei Nachhaltigkeit noch nicht so aufgefallen. Wie wollen Sie das ändern? Eigendorf: Wir sind dann Experte oder Thought Leader, wenn es darum geht, wie wir die Transformation der Wirtschaft zu mehr Nachhaltigkeit schaffen. Wie kanalisieren wir Kapital? Was 33
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Pflanzen für Klima und Image Unternehmen werben damit, Bäume zu pflanzen. Schnell schwingt ein Greenwashing-Verdacht mit. Wie sinnvoll ist es, Wälder anzulegen? Von CAROLIN SACHSE-HENNINGER
Die Realität in deutschen Wäldern nach trockenen Sommern: abgestorbene Bäume.
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ort, wo die grüne Hoffnung einmal wachsen soll, war bis vor Kurzem ein Rapsfeld. Die drei Hektar Land, eine Fläche so groß wie vier Fußballfelder, hat die Agentur Achtung! erworben. Gründer und Geschäftsführer Mirko Kaminski ist sichtlich stolz. Auf diesem Stück Natur im schleswig-holsteinischen Braak bei Hamburg wollen er und sein Team einen Wald anlegen. Klimaschutz heißt die Devise. Seit dem Pariser Abkommen im Jahr 2015, aber vor allem seit dem Aufkommen der Fridays-for-Future-Bewegung rund drei Jahre später und nicht zuletzt nach mehreren trockenen Sommern mit Rekordtemperaturen läuten in Politik und Gesellschaft die Alarmglocken. Der jüngste Bericht des UN-Weltklimarats und die Flutkatastrophe im Ahrtal machen zusätzlich deutlich, dass der Klimawandel auch für Deutschland massive
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Auswirkungen haben wird. „Wir müssen was machen. Wir wollen was machen“, fasst Kaminski die Stimmung in seiner Firma zusammen. „Denn natürlich haben wir erkannt, dass es Zeit wird, uns zu engagieren.“ Bäume pflanzen gegen den Klimawandel – auf diese Idee ist die Hamburger Kommunikationsagentur nicht als Erste gekommen. Konzerne wie Eon, Nestlé oder H&M, aber auch viele mittlere und kleine Unternehmen aus allen Branchen bis hin zum regionalen Bestattungsinstitut lassen Setzlinge in den Boden pflanzen: mal in Afrika, Südamerika oder in Deutschland. Oft machen sie Werbung damit, um zu zeigen, dass sie ihre Klimabilanz zumindest nach außen hin aufbessern.
Foto.s picture alliance/dpa/dpa-Zentralbild; picture alliance/Rolf Kosecki
Ein positives Asset Es ist nicht nur die Verantwortung gegenüber Umwelt und künftigen Generationen, die sie handeln lässt. Auch zunehmender öffentlicher Druck, Wettbewerbsvorteile und eine Verbesserung der Reputation sind Anreize, wie eine Studie zeigt. „Wer sich im Klimaschutz positioniert, der hat in seiner Vermarktung nach außen ein positives Asset. Und ein junger Baum hat Symbolkraft, da er sinnbildlich für Klimaschutz steht“, sagt Dieter Niewierra, Sprecher des Münchner Unternehmens Climatepartner, das Klienten bei ihrer Nachhaltigkeitsstrategie und -kommunikation berät. Viele Unternehmen wollen auch ihre Verbundenheit zur Region zeigen, indem sie lokale Waldschutz- und Aufforstungsprojekte unterstützen, ergänzt Nina Giaramita von der Klimaschutzorganisation Primaklima. Nicht zu unterschätzen ist das Potenzial, Kund*innen und Mitarbeiter*innen zu binden. Oft ist es die Belegschaft selbst, die Nachhaltigkeits- und Klimaschutzaktivitäten im Unternehmen fordert oder vorantreibt. Bei Achtung! beispielsweise, wo man gerade dabei ist, ein umfassendes Programm aufzusetzen, bildete sich zunächst eine ArbeitsWWW.KOM.DE
Wir schreiben das Jahr 2003. Günther Jauch (l.) als Werbebotschafter für Krombachers Regenwaldprojekt. Hier mit Vertretern von Krombacher und des WWF.
gruppe zur Etablierung klimafreundlicher Maßnahmen im Haus. Und als die Idee vom eigenen Wald aufkam, war die ganze Firma euphorisiert. Dass jährlich zehn Prozent der Gewinne, die die Agenturgruppe einfährt, in die Akquirierung und Aufforstung eigener Flächen fließen sollen, motiviert zusätzlich. So soll die persönliche Leistung auf das Klima einzahlen. Auf der anderen Seite stehen die Kund*innen. „Für uns war klar, dass wir etwas machen, das mit uns wächst und mit der Zeit zu einer Plattform wird“, sagt Kaminski. Irgendwann, so schwärmt er, sollen Mitarbeitende wie Klienten am Wald teilhaben. Zu Weihnachten könnte es einen eigenen Waldhonig geben. Der Wald verbindet. Und sorgt für eine klare Positionierung: „Wir sind die mit dem eigenen Forst.“ Die wenigsten Unternehmen werden zu Waldbesitzern. Öfter unterstützen sie Projekte im freiwilligen Kompensationsmarkt. Das heißt, sie investieren in bestehende Aufforstungsprojekte und gleichen so CO2-Emissionen aus. Allein in Deutschland hat sich das gehandelte Volumen in den vergangenen drei Jahren mehr als verdreifacht. 2019 wurden rund 100 Millionen Tonnen CO2 ausgeglichen. Der „Spiegel“ schrieb, dass der aktuell rund 300 Millionen Dollar schwere Zertifikatemarkt in wenigen
Jahrzehnten auf bis zu 100 Milliarden Dollar anwachsen könnte.
Was bringt es? In der Aufforstung von Wäldern liegt die große Hoffnung, das Tempo der Erderwärmung zu bremsen. Denn Bäume binden in besonderem Maß Kohlenstoff in der Atmosphäre. Aktuell gehen jedes Jahr große Waldflächen verloren. Allein 2020 wurden mehr als vier Millionen Hektar tropischen Regenwaldes in Brasilien zerstört. Das entspricht einer Fläche so groß wie die Niederlande. An Flächen zur Erstaufforstung mangelt es nicht, weltweit stehen Milliarden Hektar zur Verfügung, etwa im Globalen Süden, aber auch im östlichen Europa und in Russland. Wälder zu begründen und zu erhalten, ist daher grundsätzlich gut, sagt Forstwissenschaftler Sven Wagner von der TU Dresden. „Die Frage ist nur, welche Wälder da entstehen.“ Schlecht sei es, wenn das Geld etwa in reine Eukalyptusplantagen in Brasilien fließe. „Dort war wahrscheinlich vorher ein diverser Mischwald, der wurde kahlgeschlagen, und jetzt heißt es, wir forsten wieder auf. So geht es nicht“, meint der Waldökologe. Stabile Wälder zeichnen sich durch Diversität aus. Mischbestände, also alte 45
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Digital-Konzerne ganz bescheiden Wenn es um Klima- und Umweltschutz geht, stehen vor allem die Landwirtschaft, die Energiebranche und Produktionsunternehmen am Pranger. Die Tech-Riesen kommen besser weg. Die Debatte, wie sie nachhaltiger werden, hat aber auch sie erreicht. Von MIRJAM STEGHERR
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Foto: picture alliance/ROBIN UTRECHT; Jonathan Banks
Google-Datencenter in den Niederlanden. Der Energieverbrauch von Daten rückt zunehmend in den Fokus.
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liegen, Fleisch, Fabriken: Das sind die klassischen Bösewichte, wenn es um Nachhaltigkeit geht. Magazine und NGOs zeigen häufig rauchende Schornsteine, um Emissionen zu symbolisieren. Das Magazin „Emotion“ zählt zu den „sieben coolsten Aktionen für einen nachhaltigen Lebensstil“ unter anderem Kochen ohne Reste, Kleidertauschpartys oder Plastiksammeln im Meer. Das sind alles Dinge, die sich gut darstellen lassen, weil sie sichtbar sind – lebensnah. Nahezu unsichtbar ist, was weder Rauch erzeugt noch Abfall, aber immer mehr wächst und Strom frisst: die Digitalisierung. Seit während der Corona-Zeit die Zahl der Flüge sank und der Datenverbrauch kräftig stieg, rückt in den Mittelpunkt, welche Auswirkungen ZoomCalls und Video-Streaming haben. Laut Lancaster University erzeugt der gesamte IT-Sektor in etwa so viel Treibhausgase wie die Luftfahrtbranche. Digi-
talunternehmen standen lange nicht im Zentrum der Klimadebatte. Jetzt müssen sie Position beziehen. Einer der Hauptprofiteure des Digital-Booms ist der Streamingdienst Netflix. Im Januar 2021 vermeldete das Unternehmen einen Rekordzuwachs. Im März präsentierte es seine erste Nachhaltigkeitsstrategie. Netflix wolle die Welt unterhalten, dann müsse die Welt auch bewohnbar sein, schreibt Emma Stewart, seit Oktober 2020 Nachhaltigkeitsbeauftragte von Netflix. Sie ist eine angesehene Wissenschaftlerin, promoviert in Stanford, ausgezeichnet unter anderem vom „Fortune“-Magazin. Es sei für die Kommunikation wichtig, Personen wie Emma Stewart in den Vordergrund zu stellen, sagt Netflix-Sprecher Henning Dorstewitz: „Das Fachwissen und die Erfahrung, die Emma mitbringt, sind ausschlaggebend bei einem so essenziellen Thema. Sie verfügt darüber hinaus über hohes Ansehen und
Microsoft hatte 2018 ein Rechenzentrum im Meer versenkt und später wieder hochgeholt. Das Ziel: die Zuverlässigkeit unter Wasser zu testen. WWW.KOM.DE
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PRAXIS
Rückkehr mit angezogener Handbremse Die Homeoffice-Pflicht gilt seit dem 1. Juli nicht mehr. Wie können Organisationen ihre Angestellten motivieren, wieder vom Büro aus zu arbeiten? Und ist das überhaupt sinnvoll? Von VOLKER THOMS 58
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PRAXIS
Ganz so verlassen ist es im Neubau von Axel Springer nicht mehr. 50 Prozent der Arbeitsplätze sind maximal besetzt.
Fotos: picture alliance/dpa
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ach den Werksferien mussten die Beschäftigten von Volkswagen ganz stark sein. In der Kantine des Markenhochhauses, in dem auch der Vorstand sitzt, geht es jetzt fleischlos zu. Die überregional bekannte VW-Currywurst soll es dort nicht mehr geben. Für diese muss man jetzt die Straßenseite wechseln und zu einer anderen Kantine gehen. Altkanzler und Ex-VWAufsichtsrat Gerhard Schröder zeigte sich auf Linkedin erschüttert. WWW.KOM.DE
Die Aussicht auf ein gemeinsames Mittagessen in der Kantine oder in einem Restaurant dürfte für viele Angestellte, die während der CoronaZeit fast ausschließlich im Homeoffice gearbeitet haben, eine Motivation sein, um wieder ins Büro zurückzukehren. Aber soll es überhaupt das Ziel sein, die Räume mit gleicher Auslastung wie vor Corona zu besetzen? Dass sich das Virus im Herbst und Winter wieder stärker verbreiten wird, gilt aus virologischer Sicht als sicher. Selbst geimpfte und genesene Personen können sich infizieren oder zur Quarantäne angehalten sein. Schöne Aussichten für den Büroalltag sind das nicht. Das „Handelsblatt“ berichtete Anfang September, dass trotz der aufgehobenen Homeoffice-Pflicht lediglich rund 20 Prozent der Arbeitsplätze in Büros belegt seien, obwohl mehr erlaubt wäre. Fest steht: Es herrscht Zurückhaltung. Einige Firmen wollen die Rückkehr in Phasen organisieren. Andere es der Belegschaft selbst überlassen oder zumindest analoge Meetings wieder stattfinden lassen, damit sich ein Zusammengehörigkeitsgefühl entwickeln kann.
Wie schwierig die Rückkehr werden kann, zeigt das Beispiel Apple. Der IT-Gigant hatte seine Beschäftigten ab September in den USA an einigen Tagen wieder zurück ins Büro beordern wollen, musste aber seine Pläne verschieben. Die Delta-Variante breitete sich aus. Angestellte protestierten. In Deutschland hat die Deutsche Telekom eine klare Position bezogen – und intern eine Kampagne gestartet, die auch in den Sozialen Netzwerken zu sehen ist. Ab September sollen alle mindestens drei Tage pro Woche in der Firma arbeiten. Ein Video, das die Content Factory um Kommunikationschef Philipp Schindera zeigt, persiflierte den Homeoffice-Alltag. Die implizierte Botschaft: Kommt zurück, liebe Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter! Bei uns ist es schön – und sicher. Die Kommunikation zur Bürorückkehr ist eine sensible Aufgabe. Zu viel Druck kann nach hinten losgehen. Plötzlich steht man als Organisation dar, die ihre Angestellten zwingen will, sie einem Gesundheitsrisiko aussetzt und die Zeichen der Zeit nicht erkannt hat. Macht man nicht klar genug, dass nach anderthalb Jahren eine Rückkehr erwünscht ist, bleiben die Büros vielleicht ziemlich leer. 59
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