Helios Media GmbH | ISSN 1610-5060 | Ausgabe 07/11 | November 2011 | 7,20 Euro
www.politik-kommunikation.de
Kalkuliert Vor der Wahl setzte Polens Opposition auf Ressentiments – ohne Erfolg INTERNATIONAL 38
Inszeniert Die Politik setzt immer stärker auf Youtube-Filme als Kommunikationskanal PRAXIS 46
ne i i E rte t Pa bau h sic m u
EIN REBELL, DER DIE WELT NICHT ÄNDERN WILL.
PRODUKTION AUSSCHLIESSLICH MIT ERNEUERBAREN ENERGIEN. FÜR UNS DER NÄCHSTE SCHRITT. Cleve Beaufort ist bereit, ungewöhnliche Wege einzuschlagen, wenn sie ihn seinem Ziel näher bringen: Die Herstellung von Autos nachhaltiger zu gestalten. So denkt Beaufort bei erneuerbaren Energien nicht automatisch an Sonne, Wind oder Wasser, sondern an eine nahe gelegene Mülldeponie. Eine Maßnahme, die der Atmosphäre jedes Jahr 92.000 Tonnen CO2 erspart. Mithilfe von Turbinen wird Methangas, das in Verrottungsprozessen auf der Mülldeponie entsteht, in Strom und Warmwasser umgewandelt – momentan über 50 Prozent des Gesamtbedarfs. Besonders stolz sind Beaufort und sein Team, dass ihr Modell mittlerweile auch in anderen Werken umgesetzt wird. Die BMW Group ist zum siebten Mal in Folge nachhaltigster Automobilhersteller der Welt. Erfahren Sie mehr über den Branchenführer im Dow Jones Sustainability Index auf
www.bmwgroup.com/whatsnext
Redaktionstagebuch DIE BESTEN DER BESTEN
Am 14. Oktober war Einsendeschluss beim Politikaward, dem von politik&kommunikation verliehenen Preis für besondere Leistungen auf dem Feld der politischen Kommunikation. Bei Redaktionsschluss stand die von der Jury per Abstimmung gebildete Shortlist noch nicht fest, doch war eines erkennbar: In diesem Jahr ist der Grad der Innovation im Bereich Kampagne besonders hoch, möglicherweise höher als im Jahr der Bundestagswahl 2009. Wer am Ende die Sieger sein werden, erfahren Sie am 28. November, wenn bei der Gala zum Politikaward die Preise verliehen werden. Tagsüber haben die Nominierten zum ersten Mal „live“ vor der Jury präsentiert. Wir sind gespannt!
GEFÄHRLICHE ZEITEN
18. Oktober Wir waren in der Sitzungswoche zu Gast im PaulLöbe-Haus, um mit SPD-Generalsekretärin Andrea Nahles über die geplante Reform der SPD zu sprechen. Dabei zeigte Nahles sich betont zuversichtlich, was die Chancen ihrer Partei angeht, bei der Bundestagswahl 2013 wieder in die Regierung zu kommen. Gefragt, ob der Regierungswechsel 2013 denn womöglich schon ausgemachte Sache sei, sagte sie: „Ich will nicht überheblich wirken, aber die Gefahr ist größer geworden, dass wir schnell wieder an die Regierung kommen.“ Die derzeitigen Regierungsparteien dürfen sich derweil mit Hölderlin trösten, der bekanntlich sagte: „Wo aber Gefahr ist, da wächst das Rettende auch.“ Wer dann 2013 möglicherweise der vierte SPD-Bundeskanzler wird, hat uns Nahles leider nicht verraten. Vielleicht hätten wir uns dafür besser auf eine Zigarette mit Helmut Schmidt treffen – oder den „Spiegel“ lesen sollen, dessen Leser bekanntlich mehr wissen. Das Interview mit Andrea Nahles lesen Sie übrigens auf Seite 20.
drängte den Minister dazu, mit ihm eine Runde Kicker zu spielen. Königshaus’ anfängliche Kicker-Euphorie wurde jedoch jäh gestoppt, denn eine Redakteurin von „Stern.de“ erwies sich für die Politiker als übermächtige Gegnerin. Die junge Journalistin drosch die Bälle mit einer solchen Wucht in Richtung Tor, dass de Maizière und Königshaus schnell zurücklagen. Ein Alternativplan musste her. Königshaus: „Herr Minister, wir müssen wechseln.“ Also ging der Verteidigungsminister in die Offensive und Königshaus versuchte sich als Torhüter. Das CDU/FDP-Duo konnte den Rückstand verkürzen – an der Niederlage führte jedoch kein Weg vorbei. De Maizière nahm es mit Humor. Zum Abschied sagte er zur von allen Seiten bewunderten Kickerspielerin: „Besonders ausfüllend kann Ihr Job aber nicht sein.“
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Sie suchen den Ansprechpartner für Fragen rund um die Krankenversicherung. Wir sind eine der größten Krankenkassen Deutschlands. Wir bieten Ihnen Antworten und Fakten, Themen und Meinungen. TK-Pressestelle Pressesprecherin Dorothee Meusch Bramfelder Straße 140 22305 Hamburg Tel. 040 - 69 09-17 83 Fax 040 - 69 09-13 53 pressestelle@tk.de www.tk.de
Fotos: Hans-Christian Plambeck; www.baumannstephan.de
OFFENSIVER VERTEIDIGUNGSMINISTER
Am 20. Oktober herrschte Feierstimmung im „Stern“-Hauptstadtbüro. Der Grund: Magazin hatte zu seiner „Feierabend“Büroparty geladen, und auch p&k war zu Gast. Wer sich durch die engen Gänge des Büros kämpfte, traf unter anderem auf Arbeitsministerin Ursula von der Leyen, SPD-Fraktionschef FrankWalter Steinmeier sowie Berlins weiterhin Regierenden Bürgermeister Klaus Wowereit. Später am Abend schaute auch Verteidigungsminister Thomas de Maizière (Foto links) vorbei. Doch der 56-Jährige konnte sich nicht etwa entspannt mit einem Bier zurücklehnen und sich ein wenig unterhalten: Der Wehrbeauftragte des Bundestags, Hellmut Königshaus (Foto Mitte), pol it ik & kommunikation | November 2011
Der direkte D ra h t
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14.09.11 11:09
Kompakt Kompakt Ko mp akt
Screenshot der Webseite (links) und deren Initiatoren: Guido Knopp und Hans-Ulrich Jörges (rechts) G ES C H ICHTE
Deutschland erinnert sich Anfang Oktober haben das ZDF und das Nachrichtenmagazin „Stern“ das Geschichtsportal „Gedächtnis der Nation“ gestartet. In Berlin erklärten Guido Knopp, Leiter der ZDF-Redaktion Zeitgeschichte, und Hans-Ulrich Jörges, Mitglied der „Stern“-Chefredaktion, die Ziele des neuen Online-Portals. Mittels Zeitzeugen-Interviews soll das Projekt, bei dem Bundespräsident Christian Wulff Schirmherr ist, die deutsche Geschichte
des 20. und 21. Jahrhunderts nachzeichnen. „Eine Nation, die ihr Gedächtnis verliert, ist verloren“, sagte Kulturstaatsminister Bernd Neumann (CDU), der das Portal als Kuratoriumsvorsitzender unterstützt. Im Zentrum des Archivs steht die Webseite „gedaechtnis-der-nation.de“, auf der sich Nutzer über die wichtigsten politischen und gesellschaftlichen Ereignisse seit 1910 informieren können. Zurzeit umfasst das Geschichtsportal rund
N IC H TWÄHL ER
BUNDESENT WICKLUNGSMINISTERIUM
Entscheidend
Imagefilm zum Fünfzigsten
Nichtwähler hätten bei 14 der 17 bisherigen Bundestagswahlen eine andere Partei in die Regierung bringen können – wären sie zur Wahl gegangen. Zu diesem Ergebnis kommen Ulrich Kohler vom Wissenschaftszentrum Berlin für Sozialforschung und Richard Rose von der Universität Aberdeen. Sie haben den Kohler-Rose-Index entwickelt, der den Einfluss der Nichtwähler bei Wahlen ermittelt. So lag die SPD bei der Bundestagswahl 2009 mit 23 Prozent zwar abgeschlagen auf Platz zwei. Dem Index zufolge wäre die Partei jedoch als stärkste Kraft aus der Bundestagswahl hervorgegangen, wenn die Hälfte der Nichtwähler für sie gestimmt hätte.
Vor 50 Jahren hat die damalige Bundesregierung das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit gegründet. Zum Jubiläum hat Staatssekretär Hans-Jürgen Beerfeltz (FDP) Ende Oktober in Berlin einen Imagefilm vorgestellt, Titel: „Mein Name ist Zukunft“. Produziert haben den Zweiminuten-Clip, der aus animierten Bildern besteht, Studenten der Filmakademie Baden-Württemberg. Der Film soll das geänderte Selbstverständnis deutscher Entwicklungspolitik verdeutlichen, so Beerfeltz: Weg vom „Bild des solidarischen Gutmenschentums, das von einer überschaubaren Schar von Idealisten umgesetzt wird“, hin zu einem Verständnis gleichberechtigter Kooperation.
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www.gedaechtnis-der-nation.de
Schulbildung in Afrika: ein Anliegen des BMZ pol it ik & kommunikation | November 2011
Fotos: Marc-Steffen Unger; BMZ
www.bmz.de
100 Kurzfilme und etwa 1600 ZeitzeugenInterviews. Auf einem Youtube-Kanal haben Nutzer die Möglichkeit, eigene Interviews hochzuladen. Das Projekt ist zunächst auf vier Jahre angelegt und verfügt über einen Etat von etwa zwei Millionen Euro. Neben den Initiatoren ZDF und „Stern“ unterstützen die Bertelsmann-Stiftung, Daimler, Gruner+Jahr, Google und die Robert-Bosch-Stiftung das Projekt.
Rücktrittsgrund in 140 Zeichen Schwere Folgen hatte ein Twitter-Eintrag für Daniel Mack, einen grünen Lokalpolitiker in Hessen: nämlich einen Streit, der in Macks Rücktritt als stellvertretender Vorsitzender der Grünen-Fraktion im Main-Kinzig-Kreis gipfelte. Als ein Grüner und ein SPD-Politiker im September zu Beigeordneten im Kreistag gewählt wurden, beantragte die CDU, die Wahl wegen eines Formfehlers zu annulieren. Die Rechtsaufsicht stimmte zu. Als Mack twitterte, dass er keinen Grund für
flikt vor allem im untereine Wiederholung der Wahl schiedlichen Verständnis sehe, untersagten die Grünen ihm jedwede persönliche politischer Kommunikation begründet liege. „Auf Äußerung zu dem Thema im Internet, die nicht mit der kommunaler Ebene wird Partei abgestimmt ist. Mack das Netz von allen Parteien unterschätzt.“ Trotztrat darau�in von seinem dem ist Mack sich sicher, Amt zurück. Seitdem scheint dass die Grünen auf Bundas Tuch zwischen Mack und desebene die Partei mit dem grünen Kreisverband Polit-Twitterer Daniel Mack zerschnitten: Gegenüber p&k erklärte der der höchsten Netzkompetenz sind. Jungpolitiker, dass die Ursache des Kon- www.danielmack.de
PA R T I Z I PAT I O N
Von den Piraten lernen
Gefällt Bitkom
In Hamburg punkten derzeit ausnahmsweise mal nicht die Piraten mit dem Thema politische Online-Partizipation, es tun sich derzeit vielmehr die Linken damit hervor: Die Vizepräsidentin der Bürgerschaft und Linken-Politikerin Kersten Artus hat jetzt die Bürger dazu aufgerufen, online an einer Großen Anfrage mitzuarbeiten, die sie dann in den Hamburger Senat einbringen möchte.
Darin geht es um die Frage, ob der Senat eine Social-Media-Strategie verfolgt und wenn ja, welche. Unterstützt wird das Projekt vom Institut für Kommunikation in den sozialen Medien und dem Blog „Hamburger Wahlbeobachter“. Das Projekt soll thematisieren, wie eine Regierung „sich befähigt, interaktiv zu kommunizieren“, so Artus. http://wahlbeobachter.blogspot.com
Das einstige Startup-Unternehmen Facebook ist endgültig in Deutschland angekommen: Der MilliardenKonzern ist dem deutschen Branchenverband Bitkom beigetreten. Zudem professionalisiert Facebook derzeit seine Lobbyarbeit in Brüssel – die ehemalige SPD-Europaabgeordnete Erika Mann leitet dort ab sofort ein Lobby-Büro.
TENEXPER P T IP
Fotos: ; Privat (3); Marco Urban; Uni Münster; Marco Urban
Die SPD stellt sich neu auf: Kann die Parteireform den Mitgliederschwund stoppen?
Ulrich Sarcinelli (Uni KoblenzLandau)
Ulrich von Alemann (Uni Düsseldorf)
Karl-Rudolf Korte (Uni DuisburgEssen)
Wichard Woyke (Uni Münster)
Uwe Jun (Uni Trier)
Wolfgang Ismayr (Uni Dresden)
Peter Lösche (Uni Göttingen)
Schmidt macht sich für Steinbrück stark: Verbessert das dessen Chancen auf die Kanzler-Kandidatur? Schmälert das neue Parteiprogramm der Linken die Chancen auf eine Regierungsbeteiligung? Occupy-Bewegung auch in Deutschland: Werden die Proteste politische Entscheidungen beeinflussen? Jetzt mal ehrlich: Blicken Sie bei der Euro-Rettung noch richtig durch?
pol it ik & kommunikation | November 2011
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Kompakt
IN FO R MATI ONSFREI HEIT
E-GOVERNMENT
Vorbild Serbien
Deutsche informieren sich selten
In Deutschland und Österreich haben Bürger wenig Chancen, Einsicht in Behörden-Akten zu nehmen, in Serbien, Indien und Aserbaidschan dagegen sehr hohe. Zu diesem Schluss gelangen die spanische Menschenrechtsorganisation Access Info Europe und das kanadische Centre for Law and Democracy in einer gemeinsamen Studie. Die Organisationen verglichen die Gesetze zur Akteneinsicht in 89 Ländern anhand von 61 Indikatoren, zum Beispiel der Reichweite des Informationsanspruchs, berichtet „Heise Online“. Die mögliche Höchstpunktzahl war dabei 150. Deutschland erreichte als fünftletzter Staat 54 Punkte, Österreich ist mit 39 Zählern Schlusslicht. Ähnlich schlecht wie Deutschland schnitten die skandinavischen Staaten ab. Der Bundesbeauftragte für den Datenschutz und die Informationsfreiheit, Peter Schaar, nahm die Studie zum Anlass, an die Politik zu appellieren: Sie solle „dem freien Informationszugang hohe Priorität einräumen“. Es gebe in Deutschland zu viele Ausnahmeregelungen, aufgrund derer Behörden die Herausgabe von Dokumenten verweigern könnten.
E-Government-Nutzer in der OnlineBevölkerung 69 68 48 40
Deutschland
Großbritannien
Österreich
Schweden
Nutzung von Online-Beteiligungsverfahren in Deutschland 39 29 20 6 weiß nicht
5 Nein, habe Nein, habe ich bisich bisher nicht lang nicht genutzt und genutzt, habe das plane das auch nicht aber vor
(Alle Angaben in Prozent)
Ja, habe ich schon genutzt, werde das aber nicht mehr tun
Ja, habe ich genutzt und werde das auch weiterhin tun
Quelle: Initiative D-21
Deutsche Internet-Nutzer machen nur selten von E-Government-Angeboten Gebrauch – gerade einmal 40 Prozent greifen darauf zurück. Zum Vergleich: In Schweden und Österreich tun das beinahe 70 Prozent. Auch die Nutzung von Mitmachplattformen bleibt in Deutschland bislang hinter den Erwartungen zurück. Das geht aus dem E-Government-Monitor 2011 hervor. Für die Studie hatten die Initiatoren – darunter die Initiative D-21 und die Forschungskooperation Institute for Public Information Management (Ipima) – jeweils 1000 Internet-User in Deutschland, Großbritannien, Schweden und Österreich befragt. Dabei zeigten sich die deutschen User mit den nationalen E-GovernmentAngeboten durchaus zufrieden. Dass sie diese trotzdem so selten nutzen, führten Vertreter von D-21 und Ipima auf dem Open Government Camp Ende September in Berlin auf Marketingprobleme zurück. Die Macher der Studie nutzten die vom Government-2.0-Netzwerk organisierte Veranstaltung, um die Ergebnisse des E-Government-Monitors vorzustellen. www.initiatived21.de
www.rti-rating.org
SP D
Die Arbeitsgruppe „Demokratie“ der SPD-Bundestagsfraktion fordert ein Verbot von Nebenjobs für Parlamentarier. Außerdem will sie Parteispenden von Firmen und Verbänden untersagen sowie ein Lobbyregister einführen. Das geht aus einem internen Papier der Arbeitsgruppe mit dem Titel „Demokratie erneuern, Demokratie leben“ hervor. Mit den Forderungen wollen die Sozialdemokraten gegen Politikverdrossenheit in Deutschland vorgehen. Auch wollen die Mitglieder der Arbeitsgruppe in jeder Fragestunde des Bundestags fünf „Bürgerfragen“ zulassen. „Die Frage selbst wird vom antwortenden Regierungsmitglied verlesen und mündlich beantwortet“, schreibt die Gruppe um den Abgeordneten Hans-Peter Bartels in ihrem Papier.
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SPORT-TRIKOTS
Bundesadler muss alleine bleiben Eine Rahmenvereinbarung zwischen dem riums bestätigte gegenüber p&k, dass das Bundesinnenministerium und dem Ministerium derzeit das Logo des DHB Deutschen Olympischen Sportbund darau�in prüft, ob es gegen die Vereinba(DOSB) aus dem Jahr 2006 könnte dafür rung verstößt und gegebenenfalls Sanktisorgen, dass der Deutsche Handball- onen nötig werden. Eine „rechtswirksame bund (DHB) seine Trikots und Brie�öpfe Androhung“ gebe es aber noch nicht. neu bedrucken muss. Da in der Vereinbarung festgeschrieben ist, dass der Bundesadler als Hoheitszeichen der Bundesrepublik nur deutlich getrennt vom Verbandsemblem gezeigt werden darf, wird nun über das Logo des DHB diskutiert. Dieses besteht nämlich aus eben jenem Adler, umrandet von einem Doppelkreis und einem Schriftzug. Ein Sprecher des BundesinnenministeHandball-Weltmeister 2007: Damals noch mit Bundesadler pol it ik & kommunikation | November 2011
Fotos: Archiv; www.flickr.com
Mehr Transparenz
Kompakt
Foto: US Army
Aufgedeckt: Eurokrise abknallen Angst und bange ursprünglich kann den frieauch nichts andedensgewöhnten res bezeichnet West- und Mittelals das Arbeitseuropäern in diegerät einfallensen Tagen werden. der FallschirmjäAls ob die Euroger, wähnt man Krise nicht schon sich als Eurogenügend Nerven päer inmitten ausleiert, rufen eines Kriegsgejetzt allenthalben biets. Frei nach Finanz-Experten Soldat bei Stabilisierungsmaßnahme Clausewitz, der ja und sogar seriöse bekanntlich forMenschen zu den Waffen. Überall, man mulierte, dass Krisenpolitik die Fortweiß gar nicht mehr wer damit angesetzung des Kriegs mit denselben Mitfangen hat, wird also davon geredet, teln ist. Zusammengefasst: Wir wollen man solle mit der Bazooka gegen die das alles nicht und schauen, was denn Finanzkrise vorgehen. Ein recht schiePeer „Er kann es“ Steinbrück zu der fes Bild, da man mit Panzerfäusten ganzen Sache zu sagen hat, schließlich viel, aber nicht gerade stabilisierende wurde er ja gerade von Helmut Schmidt Maßnahmen in Verbindung bringt. zum nächsten Kanzler ernannt. Und Dann hilft schon eher der vielbeschwo- wir erinnern uns, dass Steinbrück erst rene „Schutzwall“, den fordern nämkürzlich einen Angriffskrieg mittels lich wieder andere Politiker, wenn es Kavallerie gegen die Schweiz erwog. um die Rettung Europas geht. Nimmt Pferde, immerhin. Mit denen kann man nun noch zur Kenntnis, dass der man zur Not noch wegreiten, wenn es allgegenwärtige „Rettungsschirm“ brenzlig wird.
BUNDESTAGSWAHL
Freie nach Berlin Die Freien Wähler Bayern wollen zur Bundestagswahl 2013 antreten. Dafür sprachen sich rund 80 Prozent der Delegierten auf der Landesversammlung Ende September aus. Die Vernunft habe sich durchgesetzt, kommentierte Parteichef Hubert Aiwanger das Ergebnis. „Wenn wir da nicht dabei sind, werden wir unter Umständen von den Piraten geentert“, sagte Aiwanger mit Blick auf die Bundestagswahl vor den Delegierten. Noch ist die Teilnahme aber nicht in trockenen Tüchern. Die bayerischen Freien sind noch kein Landesverband der Bundesvereinigung Freie Wähler, die Fusion ist für Mitte Dezember geplant. Dann muss die Bundesvereinigung – deren Vorsitzender Aiwanger ebenfalls ist – über die Teilnahme an der Wahl entscheiden. www.fw-bayern.de.de
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Politik
Regeln gegen Bestechung verschärfen? Mehr als 150 Staaten haben die UN-Konvention gegen Korruption unterzeichnet – Deutschland nicht. Der Grund: Die Konvention sieht verschärfte Regeln zur ABGEORDNETENBESTECHUNG vor, und solche hält eine Mehrheit der Parlamentarier für unnötig. Nichtregierungsorganisationen hingegen fordern seit langem ein schärferes Gesetz. Zu Recht?
Pro
Kontra
VON C H R I ST I N E L A M B R E C H T
VON SIEGFRIED KAUDER
eutschland hat 1999 und 2003 völkerrechtliche Übereinkommen über globale Standards bei der Korruptionsstrafbarkeit und der Abgeordnetenbestechung unterzeichnet. Wer „a“ sagt, muss auch „b“ sagen – will heißen: Wer sich so bindet, der muss die Standards in nationales Recht umsetzen. Über 150 Länder haben das Antikorruptionsübereinkommen umgesetzt, Deutschland peinlicherweise nicht. Dabei ist die Umsetzung notwendig. Nach deutschem Recht ist bislang nur der Stimmenkauf und -verkauf bei Wahlen stra�ar. Die völkerrechtlichen Vorgaben gehen weiter: Unter Strafe gestellt werden müssen alle Handlungen im Rahmen der Mandatspflichten, die als Gegenleistung für einen ungerechtfertigten Vorteil vorgenommen oder unterlassen werden. Auch der Bundesgerichtshof hat Regelungsbedarf angemahnt. Er hat im Wuppertaler Korruptionsskandal und Kölner Müllskandal entschieden, dass kommunale Mandatsträger in der Regel keine Amtsträger und deshalb nicht wegen Bestechung und Bestechlichkeit im Amt zu belangen sind. Damit klafft eine Gesetzeslücke auch bei der Korruptionsbekämpfung im kommunalen Bereich. Es führt kein Weg daran vorbei, Bestechung und Bestechlichkeit von Mandatsträgern unter Strafe zu stellen. Dabei gilt es, sie von Einflussnahmen abzugrenzen, die im Rahmen der Mandatsausübung politisch und sozial adäquat sind. Diese Grenze muss sich zweifelsfrei aus der Norm selbst ergeben. Die SPD-Fraktion legt hierzu einen Vorschlag vor. In der 15. Wahlperiode hat die vorgezogene Bundestagswahl die Beratung eines SPD-Vorschlags verhindert, in der vergangenen Wahlperiode verweigerte die Union jedwede Gespräche zum Thema. Durch sture Verweigerung löst sich der Umsetzungsbedarf nicht in Luft auf. Die Regierungsfraktionen müssen jetzt handeln. Einsichtsfähigkeit signalisierte Bundestagspräsident Norbert Lammert in der Debatte am 8. April, als er darauf hinwies „dass es zu dem Problem Klärungs- und vielleicht auch Handlungsbedarf gibt.“
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olksvertreter sind weder Beamte, noch ihnen gleichgestellt. Staatsdiener sind in ihren Entscheidungen nicht frei – von ihnen erwarten die Bürger ein unparteiisches Vorgehen. Hält ein Beamter die Hand auf, ist das Ansehen des Staats in Gefahr. Es ist deshalb gut, dass die UN alle Staaten aufgerufen hat, sich im Kampf gegen Korruption zusammenzuschließen. Es hat etwas für sich, sicherzustellen, dass Abgeordnete sich ihr politisches Handeln nicht abkaufen lassen dürfen – die Korruptionsvorschriften des Strafgesetzgebers passen allerdings nicht zum politischen Handeln. Es fehlen Leitplanken, innerhalb derer Zuwendungen politisch adäquat sind und außerhalb derer ein strafrechtlich relevantes Verhalten vorliegt. Seit Jahren versuchen Juristen vergeblich, diese Grenze zu finden. Abgeordnete üben ein freies Mandat aus und sind nur ihrem Gewissen verantwortlich; ihre Entscheidungen sind politisch begründet, und Politik folgt eigenen Regeln. Kontakt zu Bürgern ist für Abgeordnete unabdingbar. Dazu gehören auch Einladungen und gelegentliche Zuwendungen. Das freie Mandat verträgt keine Bindung an Korruptionsvorschriften. Der Versuch, das Spannungsverhältnis zwischen UN-Vorschrift und materiellem Recht zu lösen, ist in Österreich kläglich gescheitert. Die Abgeordneten wurden Beamten gleichgestellt, aber durch die Hintertür von den sich daraus ergebenden Pflichten befreit. Trotz dieses Taschenspielertricks laufen österreichische Abgeordnete Gefahr, wegen Bestechlichkeit vor Gericht gezerrt zu werden. Würde man die deutschen Abgeordneten den Korruptionsvorschriften unterwerfen, hieße das, das parlamentarische Gefüge massiv zu stören. Ich bleibe dabei: Abgeordnete sind keine Beamten. Stimmenkauf ist bereits stra�ar. Um den Parlamentarismus vor ungewünschten Angriffen zu schützen, ist mehr nicht nötig. Wer das freie Mandat einschränken will, muss die Lösung über die Verhaltensrichtlinien, die Abgeordnete sich selbst auferlegt haben, suchen. Alles andere wird scheitern.
Christine Lambrecht (SPD)
Siegfried Kauder (CDU)
ist stellvertretende Vorsitzende der SPD-Bundestagsfraktion. In dieser Funktion ist die 46-Jährige für Innen- und Rechtspolitik zuständig. Dem Deutschen Bundestag gehört die Juristin seit 1998 an.
ist Vorsitzender des Rechtsausschusses des Deutschen Bundestags. Der 60-Jährige ist seit 2002 Mitglied des Parlaments. Seit 1978 ist Kauder als Rechtsanwalt in Villingen-Schwenningen tätig.
pol it ik & kommunikation | Nove mber 2011
Fotos: www.marco-urban.de; Privat
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Sparkassen-Finanzgruppe
Wann ist ein Geldinstitut gut für Deutschland? Wenn es Investitionen finanziert, von denen auch die Umwelt profitiert.
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Sparkassen fördern nachhaltiges Wirtschaften. Mit gezielten Finanzierungsangeboten und fachlicher Beratung leisten Sparkassen einen wichtigen Beitrag zur Steigerung der Energieefzienz und Wettbewerbsfähigkeit von Unternehmen. Das ist gut für den Mittelstand und gut für die Umwelt. www.gut-fuer-deutschland.de
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Politik
„Wir sind keine Franzosen“ INTERVIE W : S E B A ST I A N L A N G E U N D F LO R I A N R E N N E B E R G
p&k: Frau Nahles, Sie touren gerade mit Sigmar Gabriel durch die Landes- und Bezirksverbände. Wie ist die Stimmung an der Basis? Andrea Nahles: Es ist eine konsolidierte Stimmung. Dass wir bei der Bundestagswahl 2009 nur 23 Prozent bekommen haben und die Grünen in den Umfragen vorübergehend an uns vorbeigezogen sind, hat für Aufregung in der Partei gesorgt. Jetzt gibt es wieder einen klaren Blick auf die eigene Stellung. Wir wissen, wer wir sind und was wir können. Und die Basis ist dankbar, dass die Parteispitze geschlossen agiert. In der Geschichte der SPD war das nicht immer selbstverständlich. Über die Pläne zur Parteireform gab es zum Teil heftige Diskussionen. Die lebhafte Debatte war nötig. Die Partei hatte den Verdacht, dass wir sie mit einer organisationspolitischen Debatte beschäftigen wollen. Viele Mitglieder erwarteten aber, dass die Parteispitze eine bessere politische Linie vorgibt. Wir haben schließlich beides gemacht. Der programmatische Erneuerungsprozess war nötig, aber wir mussten auch unsere Strukturen hinterfragen und herausfinden, warum schon 2009 12,5 Prozent der jungen Männer die Piraten gewählt haben, oder warum so viele junge Frauen weggeblieben sind. Das kann nicht nur an Inhalten liegen, sondern auch an der Art, wie wir kommunizieren und wie offen wir sind. Von der Strukturdebatte war nicht jeder begeistert. Weil es unbequem ist. Wenn wir über Organisationspolitik diskutieren, ist jede Ebene gemeint. Die Leute haben regelrecht persönlich reagiert. Weil sie sich kommunikativ nicht genug einbezogen fühlten? Das war am Anfang der Fall. Wir haben einen Beteiligungsprozess organisiert, der – mit Verlaub – in den letzten Jahrzehnten so kaum denkbar gewesen wäre. Wir 10
haben Werkstattgespräche geführt, an denen Ortsvereins- und Kreisvorsitzende teilgenommen haben, und alle Ortsvereine befragt. Dann haben wir einen Vorschlag gemacht. Da gab es an einer Stelle einen Knall: bei der Beteiligung von NichtMitgliedern bei Personalentscheidungen. Darüber haben wir offen diskutiert und einen Kompromiss gefunden. Sind Sie darüber betrübt, wenn Sie sehen, dass sich in Frankreich über zwei Millionen Menschen an den Präsidentschaftsvorwahlen der Sozialisten beteiligt haben? Wir haben mehr Mitglieder als die französischen Sozialisten, und diese Mitglieder sind sehr selbstbewusst. Das akzeptiere ich. Es ist aber auch in Deutschland denkbar, dass ein Kreis- oder ein Landesverband freiwillig Nicht-Mitglieder an Vorwahlen beteiligt. Wir werden da weiter Erfahrungen sammeln. Im Übrigen halte ich es für unwahrscheinlich, dass die SPD
„Politik ist keine Geheimwissenschaft für Wenige“ mehrere Kandidaten für die Bundestagswahl 2013 ins Rennen schickt, so dass der Vergleich mit den Franzosen schwierig ist. Mir imponiert aber deren Mobilisierungskraft enorm. Hat sie der Gegenwind aus den Landesverbänden und von Seiten der Jusos überrascht? Das Überraschende ist, wie viel wir geschafft haben. Die Leute spüren, dass es Veränderungsbedarf gibt. Die Proteste der jungen Leute, der Erfolg der Piraten, das alles schreit nach Offenheit und mehr direkter Beteiligung. Dazu ist die SPD bereit – mit dem Abstrich, dass wir das Vorwahl-System nicht einfach kopieren können. Das finde ich aber nicht dramatisch, da wir es freiwillig ermöglichen.
Nach den Reformplänen sind offene Vorwahlen, an denen sich Nicht-Mitglieder beteiligen können, also auf Bundesebene theoretisch möglich? Ja. Bisher existieren dafür jedoch kaum konkrete Regelungen und Verfahren. Da wollen wir für mehr Klarheit sorgen. Halten Sie es für wahrscheinlich, dass es im Vorfeld der kommenden Bundestagswahl zu einer offenen Vorwahl kommt? Mitgliederentscheide oder Vorwahlen machen nur Sinn, wenn es mindestens zwei Kandidaten gibt. Wir werden sehen. Für wahrscheinlich halte ich das nicht. Weil die politische Kultur eine andere ist als in Frankreich? Bei uns nimmt die Bevölkerung das mehr als Streit wahr. Die „Gallier“ haben ein anderes Verhältnis zum Streit: Die machen Revolutionen, wir machen Reformen. Sind sie sicher, dass die Wähler das nicht als ein Angebot zur Beteiligung begrüßen würden? Ich bin mir weder sicher, noch kann ich das steuern. Ich gebe aber die Prognose ab, dass es dazu nicht kommen wird. Dann machen letztlich die Spitzenleute unter sich aus, wer Kanzlerkandidat wird? Was wäre daran neu? Nichts. Das ist es ja gerade … Wir sind eine der stärksten und mächtigsten Parteien Europas. Ich finde es nicht okay, die Fortschritte unserer Reform – es ist die größte seit Jahrzehnten – nur an einer Frage festzumachen. Auf Landesebene hatten wir – auf Mitglieder beschränkte – Vorwahlen. Beispielsweise in Schleswig-Holstein und Baden-Württemberg. Das war erfolgreich – deshalb müssen wir neue Strukturen schaffen. In Niedersachsen, wo die Mitglieder demnächst ihren Spitzenkandidaten wählen können, gibt es beispielsweise keine Möglichkeit zur Briefwahl. Mit der Parteireform schaffen wir die Möglichkeit, Mitgliederentscheide künftig per Briefwahl durchzuführen. Das macht es für Mitglieder einfacher, sich direkt zu beteiligen. Außerdem pol it ik & kommunikation | Nove mber 2011
Fotos: www.baumannstephan.de
Die SPD steht vor ihrer größten Reform seit Jahrzehnten. Mit ihrem Wunsch, Nicht-Mitglieder an der Auswahl von Spitzenkandidaten zu beteiligen, konnte sich die Parteispitze nicht durchsetzen. Das sei jedoch nicht schlimm, sagt SPD-Generalsekretärin ANDREA NAHLES im p&k-Interview
senken wir die Quoren für erfolgreiche Mitgliederentscheide. Haben Sie Sorge, dass der Kurs der Partei bei all der Beteiligung unklarer wird? Nein. Klare Führung wird es weiterhin geben. Führung wird aber anders aussehen als in der Vergangenheit. Wir müssen immer auch Teil gesellschaftlicher Bewegungen sein, und meine Hauptsorge ist, dass wir das zu wenig sind. Warum hat die SPD noch keinen virtuellen Landesverband, in dem sich Mitglieder ortsungebunden online organisieren und einbringen können? Wir werden ein Pilotprojekt zur OnlineBeteiligung starten, aber das ist parteienrechtlich schwierig. Wir geben mit den offenen und unkomplizierten Themenforen eine Antwort auf den Wunsch, sich pol it ik & kommunikation | November 2011
jenseits klassischer Ortsvereinsstrukturen zu organisieren. Dort haben Mitglieder und Nichtmitglieder volle Beteiligungsrechte und können ihre Anliegen in die SPD einbringen. Damit gehen wir weiter als alle anderen deutschen Parteien. Sie haben kürzlich gesagt, der Erfolg der Piraten lege Defizite Ihrer Partei offen. Welche sind das? Ich würde sagen, sie legen Defizite bei allen Parteien offen. Wir vermitteln zu oft den Eindruck, Politik sei eine Geheimwissenschaft für Wenige. Dabei erinnern uns die Piraten daran, dass das Wesen von demokratischer Politik darin besteht, dass sich jeder einbringen können muss. Besser: einbringen soll. Die SPD betont gerne, dass sie eine traditionsreiche Volkspartei ist. Glau-
ben Sie, dass Sie bei Mitgliederzahlen und Wahlergebnissen noch einmal zu alter Stärke zurückfinden kann? Mein Traum wäre es, dass wir als Partei und Organisation erstarken. Ich gebe mich aber keinen Illusionen hin. Das ist ein hartes Stück Arbeit. Die IG Metall hat durch eine klare Konzentration auf Organisationsfragen und Mitgliedergewinnung eine Trendumkehr geschafft – aber nicht in einem Jahr, sondern in vier bis fünf Jahren. Aufgrund der Auflösung sozialdemokratischer Milieus müssen Sie stärker um Selbstständige und Freiberufler werben. Da konkurrieren Sie nun auch mit FDP, Grünen und Piraten. Was ist in diesem Wettbewerb das Alleinstellungsmerkmal der SPD? Gerechtigkeit – aber nicht in einem Linkspartei-Opfer-Modus. Uns geht es darum, dass alle Menschen in unserem Land etwas aus ihrem Leben machen können. Viele Selbstständige erwarten von Politik mehr, als FDP und CDU ihnen bieten können. Gerade kleinen Selbständigen wollen wir zum Beispiel den Zugang zu einer gerechten Krankenversicherung erleichtern. Wir haben aber auch sieben Millionen Industriearbeiter in Deutschland. Ich sehe überhaupt nicht ein, die mit spitzen Fingern anzufassen. Anfang Dezember findet der Parteitag in Berlin statt. Sind Sie zuversichtlich, dass die Parteireform die nötige Mehrheit findet? Ja. Wie immer vermutlich nicht ganz unverändert – sonst wäre ich enttäuscht von meiner Partei. Gibt es einen Punkt in Ihrem Antrag, von dem Sie sagen: Wenn der scheitert, bin ich auch gescheitert? Ich möchte, dass der Innovationsfonds kommt. Der ist wichtig. Entscheidend ist für mich aber, dass der Prozess nicht au�ört. Praxisänderungen sind entscheidend, nicht Satzungsänderungen.
Andrea Nahles ist seit 2009 Generalsekretärin der SPD. Die 41-Jährige war von 1998 bis 2002 und ist erneut seit 2005 Mitglied des Deutschen Bundestags. Von 2007 bis 2009 war Nahles stellvertretende Vorsitzende der SPD, von 1995 bis 1999 Bundesvorsitzende der Jusos. 11
Politik
Noch lange nicht ausgedient Im September veröffentlichten wir einen Artikel über das Selbstverständnis der deutschen Ministerialbürokratie. Unser Autor machte darin die Tendenz aus, dass sich die Beamten zunehmend politisieren. Herbert Mandelartz sieht das ganz anders und hat eine REPLIK verfasst. �� � � � � �
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Parteikampfgruppen
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ch schwöre Treue der Verfassung, dieweil ich fürchte die Entlassung. Und macht man eine neue, schwör´ ich aufs neue Treue.“ Das überspitzte Bild des unpolitischen Beamten, das dieser alte Knittelvers zeichnet, traf lange Zeit den Kern des deutschen Beamtentums. In Zeiten, in denen nicht nur Regierungen, sondern ganze Staatsformen wechselten, gingen
viele Beamte kontinuierlich ihrer Arbeit nach – unter dem einen Herren wie unter dem anderen. Loyalität war nicht geknüpft an politische Übereinstimmung mit dem Vorgesetzten, sondern selbstverständlich. Ob im Kaiserreich, der Republik oder in der Diktatur, die Rolle der Beamten blieb nahezu gleich – und ihre absolute Loyalität auch. Mittlerweile hat sich dieses Selbstverständnis überlebt. „Im Loyalitätsver-
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ständnis der Ministerialbeamten hat es seit den 1960er Jahren eine ganze Reihe von Veränderungen gegeben“, sagt der Rechtssoziologe und Politikwissenschaftler Stefan Machura. Die Beamten fühlten sich heute deutlich weniger ihren Vorgesetzten verpflichtet, als dies früher der Fall war. Das bedingungslose Pflichtbewusstsein preußischer Prägung scheint ein Relikt der Vergangenheit zu sein. „Es kommt vor, dass leitende Beamte ihre ei-
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Die Regierungen wechseln, aber die Ministerien bleiben bestehen – und die loyalen Beamten arbeiten auch unter der neuen Führung weiter, als ob nichts geschehen wäre. Dieses Selbstverständnis der deutschen Ministerialbürokratie galt jahrzehntelang. Doch gibt es Anzeichen, dass die ������� ihre Rolle heute anders interpretieren.
In der Eliten-Studie gab mehr als die Hälfte der befragten Beamten in den Bundesministerien an, es sei akzeptabel, nach einem Regierungswechsel die Politik der alten Regierung weiterzuverfolgen – auch entgegen der Agenda der neuen Regierung. Zum Vergleich: Im Jahr 1987 empfanden gerade einmal 20 Prozent der Ministerialbeamten illoyales Verhalten als akzeptabel. Rainer Lingenthal überrascht diese Entwicklung nicht. Lingenthal war Sprecher des Bundesinnenministeriums unter Otto Schily und für Wolfgang Tiefensee im Bundesverkehrsministerium. „In jedem Ministerium gibt es Parteikampfgruppen“, sagt er. Was das für die Arbeit in einem Ministerium bedeuten kann, schildert Lingenthal aus eigener Erfahrung: „Bei politisch wichtigen oder brisanten Entscheidungen achtet jede Ministeriumsspitze darauf, nicht zu viel aufschreiben zu lassen, da es sonst direkt bei der Presse oder in den Oppositions-
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fraktionen landet.“ Ein kleiner Kreis von Vertrauten und Getreuen habe Zugang zu Informationen, Arbeitsabläufen und zum Minister gehabt – die anderen blieben außen vor. Schuld an der aus seiner Sicht zunehmenden Politisierung der Ministerialbürokratie seien allerdings nicht die Beamten: „Die Loyalität wird vom Dienstherren aufgekündigt.“ Beamte, die parteipolitisch neutral sind, hätten kaum Aufstiegschancen, so Lingenthal. Seine Erfahrung: Der Führungskreis in den Ministerien schotte sich ab und vertraue in der Regel auf ein sogenanntes Küchenkabinett bekannter Parteigänger. Für die Beamten sei das entsprechende Parteibuch somit der Schlüssel zur Karriere: „Wer mit Anfang 30 in den höheren Dienst eintritt, dessen Karriere ist mit 42 beendet, wenn der Minister sich nicht auf die politische Gesinnung verlassen kann, oder dessen Farbe wechselt.“ Bei Beförderungen spiele die fachliche Qualifikation nahezu keine Rolle, meint der heute wieder als Anwalt tätige Lingenthal. „Das ist doch aus der Luft gegriffen“, kontert der Personalabteilungsleiter eines Bundesministeriums diese These. Selbstverständlich gebe es Posten, die eine herausgehobene politische Bedeutung hätten oder ein besonderes Vertrauensverhältnis zum Minister erforderten, die Grundsatz- oder Presseabteilung beispielsweise. Die meisten Fragen seien jedoch Verwaltungsaufgaben. Dass ein Minister nicht unbedingt Mitglieder oder Anhänger anderer Parteien fördere, räumt auch er ein. Das, was der Personalchef „Leitungskompatibilität“ nennt, müsse zumindest bei hohen Beamten vorhanden sein, eine grundlegende Übereinstimmung ihres politischen Weltbilds mit dem des Ministers. Das „Zeitalter der ideologischen Auseinandersetzungen“ sei jedoch vorbei, sagt er. „Bei den ständig steigenden Anforderungen, müssen in erster Linie Leistung und Kompetenz der Beamten stimmen“, so der Personalchef.
Kein Raum für Ideologien
Franz Knieps, bis zum vergangenen Jahr Abteilungsleiter im Bundesgesundheitsministerium, drückt es direkter aus: „Sie können sich auf Schlüsselpositionen keine Pfeifen leisten. Wenn Ihnen die Lobby etwas vormacht, sind sie ver-
ratzt.“ An der Loyalität der Beamten zweifelt Knieps nicht: „Die haben in der Regel so viele Minister kommen und gehen sehen, dass sie professionell damit umgehen.“ Die ganze Politisierung spiele sich ohnehin auf der Meta-Ebene ab, sagt er: „Bei der Finanzreform der Krankenversicherung ist es den Beamten egal, ob es links rum oder rechts rum geht. Am Ende kommt in der Regel eh das Gleiche raus.“ Für ihn liegt die Kontinuität in der Arbeit der Ministerien weniger im Beamten-Ethos preußischer Prägung begründet, sondern vielmehr in den engen Gestaltungsspielräumen. „Im Gesundheitsministerium waren wir zuständig für Not und Elend“, sagt Knieps. Da bleibe nicht viel Raum für politische Ideologien.
Qualifikation war nachrangig
„Die Rolle und der Einfluss sogenannter Parteikampfgruppen in den Bundesministerien wird überschätzt“, sagt auch Matthias Machnig. Der SPD-Politiker ist seit 2009 Wirtschaftsminister in Thüringen. Zuvor war er jahrelang politischer Beamter, zunächst als Staatssekretär im Bundesverkehrs-, später im Bundesumweltministerium. „Wenn man in ein neues Ressort kommt, ist man natürlich erst einmal vorsichtig“, so Machnig, „bis das Gegenteil bewiesen ist, gehe ich jedoch von der Loyalität der Beamten aus.“ Bislang habe er damit – bis auf wenige Ausnahmen – gute Erfahrungen gemacht. Wichtig für das Klima im Ministerium sei jedoch, die Beamten einzubinden: „Die Beamten müssen ihre Meinung vortragen dürfen, auch wenn die nicht kompatibel mit der Meinung der politischen Führung ist.“ Welche Bedeutung das Parteibuch allerdings haben kann, wenn eine Partei lange Zeit ununterbrochen an der Regierung ist, hat Machnig in Thüringen erlebt. „Hier wurde 20 Jahre lang Personalpolitik nach Gutsherrenart betrieben – Qualifikation war da nachrangig“, sagt der Minister. In Thüringen regiert seit 1990 die CDU – mal mit, meistens jedoch ohne Koalitionspartner. Der Verwaltungswissenschaftler Falk Ebinger, Mitglied des Forschungsprojekts Politisch-Administrative Elite, sieht in derart langen Regierungsperioden einer Partei einen idealen Nährboden für Ämterpatronage – und somit für eine politisierte Verwaltung. Dennoch ist er si��
VON H E R B E R T M A N D E L A R T Z
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eine Frage: Alles ändert sich – auch die Ministerialverwaltung. Die Aufgaben, die Arbeitsbedingungen, die Anforderungen an die Mitarbeiter, das Verhältnis der Vorgesetzten zu ihren Mitarbeitern und schließlich auch die Art und Weise, wie ein Ministerium geführt wird. Aber schildert der Beitrag „Ausgedient“ wirklich die heutige Situation? Wedelt tatsächlich der Schwanz mit dem Hund, sprich: die Arbeitsebene mit der Leitung? Spielt bei Beförderungen die fachliche Qualifikation nahezu keine Rolle mehr? Ist die Karriere tatsächlich mit 42 Jahren beendet, wenn der Minister sich nicht auf die politische Gesinnung verlassen kann? Werden die Ministerien in der Tat von Küchenkabinetten geführt? Und schließlich: Kann ein loyaler, parteipolitisch neutraler Beamter heute keine Karriere mehr machen? Die Fragen werden zum Teil schon im Beitrag selbst verneint. Ich will die Antworten im Folgenden um einige Aspekte ergänzen. Zunächst: Ein Minister und seine leitenden Mitarbeiter wollen in der Regel, dass ihr Ministerium effektiv und effizient funktioniert. Dies können sie nur mit qualifizierten und motivierten Mitarbeitern erreichen. Dazu müssen sie den Beschäftigten im Rahmen der bürokratischen Organisation Freiheiten einräumen. Wie groß die Spielräume sein müssen und in welchem Umfang Kontrolle stattfinden muss, kann nicht allgemeingültig beantwortet werden. Das hängt von der Aufgabe und den Beschäftigten ab. Hier das richtige Verhältnis von Freiheit und Bindung zu finden, zeichnet einen guten Vorgesetzten aus. Die oben beschriebenen Verhaltensweisen würden jedenfalls selbst den willigsten Mitarbeiter demotivieren. Natürlich gibt es Minister, die meinen, ein Ministerium mit einem Küchenkabinett leiten zu können. In der Regel geht das nicht lange gut. Die Mitarbeiter werden nicht mehr von sich aus initiativ, das Klima verschlechtert sich, und bis zu den ersten negativen Presseveröffentlichungen ist es nicht mehr weit. Natürlich gibt es parteipolitische Ämterpatronage. Aber sie ist bei weitem nicht so verbreitet wie mit zum Teil abenteuerlichen Begründungen behauptet. So schreibt etwa der Berliner Universitätsprofessor 12
Parteiübergreifend geschätzte Fachleute: Jörg Asmussen und Jens Weidmann (r.)
Michael Kloepfer allen Ernstes, ohne die Möglichkeit einer parteipolitischen Ämterpatronage „würden die politischen Parteien wahrscheinlich – jedenfalls langfristig – den größten Teil ihrer Mitglieder verlieren.“ Abgesehen davon gibt es noch Personalräte und Verwaltungsgerichte. Deshalb kann man immer wieder von zum Teil spektakulären Gerichtsentscheidungen lesen, in denen Beförderungen aufgehoben werden, weil nicht entsprechend der Qualifikation entschieden wurde. Natürlich gibt es auch Beamte, deren Karriere mit 42 beendet ist, weil sie mangels Qualifikation nicht zum Ministerialrat befördert werden können. Aber unabhängig von der Parteizugehörigkeit hat jeder Mitarbeiter die Chance, zum Ministerialrat mit der Besoldungsgruppe A-16 und eventuell auch B-3 im Alter von über 50 befördert zu werden. In einem gut geführten Ministerium wird die Karriereplanung im Übrigen so angelegt sein, dass ein Beamter das Endamt nicht zu früh erreicht. Aufgrund ihrer hervorragenden Fachkenntnisse haben die Mitarbeiter natürlich Einfluss auf die Leitung des Hauses. Aber niemand wird nach einem Regierungswechsel Vorschläge machen, die dem erklärten politischen Willen der neuen Leitung widersprechen. Er würde seinen Vorgesetzten ja geradezu eine Steilvorlage für eine negative Beurteilung liefern. Er kann rechtliche Bedenken geltend machen. Aber die neue politische Linie wird er nicht ignorieren. Schließlich: Dem öffentlichen Dienst der Bundesrepublik wird allgemein ein gutes Zeugnis ausgestellt. Er könnte noch besser werden. Aber dieser gute Ruf wäre längst verspielt, wenn Personalentscheidungen ohne Rücksicht auf Befähigung nur nach parteipolitischen Gesichtspunkten getroffen oder wenn die Ministerien nur von Küchenkabinetten ohne Rückkoppelung mit der Arbeitsebene geführt würden. Herbert Mandelartz war unter anderem Referats-, Unterabteilungs- und Abteilungsleiter sowie Staatssekretär im saarländischen Innenministerium und Abteilungsleiter sowie stellvertretender Chef im Presse- und Informationsamt der Bundesregierung. Zurzeit ist er Lehrbeauftragter an der rechtswissenschaftlichen Fakultät der Humboldt Universität.
pol it ik & kommunikation | Nove mber 2011
Fotos: www.marco-urban.de; Privat
gene Vorstellung von Gemeinwohl verfolgen – auch wenn der Minister eine andere politische Linie vertritt“, so Machura. Dass die Beamten ihre eigene Agenda durchaus auch umsetzen könnten, steht für den Wissenschaftler außer Frage: „Aufgrund ihres überlegenen technischen Wissens haben die Beamten großen politischen Einfluss.“ Dass sie diesen Einfluss zunehmend zu nutzen wissen, zeigt die im Vorfeld der vergangenen Bundestagswahl von einer Forschungsgruppe der Ruhr-Universität Bochum durchgeführte Studie „Politisch-Administrative Elite 2009“. Den Ergebnissen zufolge verschwimmen die Unterschiede zwischen politischen Beamten und Lau�ahnbeamten zunehmend. Politische Beamte – beamtete Staatssekretäre und Abteilungsleiter – sind an der Nahtstelle von Politik und Verwaltung tätig. Sie können ohne Angabe von Gründen jederzeit in den einstweiligen Ruhestand versetzt werden. Dass Ressortchefs diese Positionen mit Leuten besetzen, die ihr besonderes Vertrauen genießen, ist legitim – darin sind sich Politiker, Beamte und Verwaltungswissenschaftler einig. Ein Problem hat der Minister aber dann, wenn auch die von Vorgängern geerbten Lau�ahnbeamten parteipolitisch denken.
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Praxis
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ine Aufgabe, wie gemacht für Steffen Seibert. Als die Bundesregierung Mitte Oktober ihren eigenen Kanal auf der Videoplattform Youtube startet, erklärt der Regierungssprecher, was hinter der neuen Internet-Offensive des Bundespresseamts steckt. „Youtube, Facebook, Twitter: Das alles hat unseren Alltag verändert“, spricht Seibert in
Regierungssprecher Steffen Seibert stellt den Youtube-Kanal der Regierung vor
Online gestellt: 19. Oktober Views: 9711 (Stand: 27. Oktober) Länge: 1:04 Minuten
die Kamera, und als Zuschauer fühlt man sich an die Zeit erinnert, als der 51-Jährige noch die „Heute“-Nachrichten im ZDF moderierte. Notwendigerweise veränderten die sozialen Netzwerke auch die Art, wie die Bundesregierung mit den Bürgern kommuniziere, fährt Seibert fort. Der Youtube-Kanal sei der neueste Weg, mit der Bevölkerung in einen Dialog zu treten. Die deutsche Politik hat die Bedeutung der Internet-Clips also erkannt – nun geht es darum, diese wirkungsvoll einzusetzen. Was aber macht ein erfolgreiches Politik-Video aus?
Der Wow-Effekt In den USA gehören YOUTUBE-VIDEOS längst zum politischen Alltag. Mittlerweile setzt auch die deutsche Politik immer stärker auf die kurzen Web-Filme – die neueste Internet-Offensive der Regierung beweist es. gleich redaktionell zu bearbeiten.“ Je prägnanter, desto besser, sagt Röseler. Eine aktuelle Studie der Universität Hohenheim gibt ihm Recht: Dort haben Kommunikationswissenschaftler untersucht, wie lang ein Youtube-Clip maximal sein darf, damit Nutzer ihn sich bis zum Ende anschauen. Das Ergebnis: nicht länger als anderthalb Minuten. Trotzdem stellt Röseler auch komplette Reden von CDU-Politikern und Mitschnitte von Diskussionsveranstaltungen auf Youtube online. „Die Basis will beides: kurze und lange Videos. Danach richte ich mich“, sagt Röseler. In der Tat: Das im vergangenen Halbjahr mit rund 6700 Aufrufen am häufigsten angeschaute Video des CDU-Kanals ist eine Rede von Angela Merkel auf einer Kreisvorsitzendenkonferenz Mitte Juni. Dauer: 44 Minuten.
DIE ZIELGRUPPE
Für Röseler bringt das aufwendigste Youtube-Video nichts, wenn es an der Zielgruppe vorbeigeht: der Parteibasis. „Mit
DIE LÄNGE
„Ein Riesenthema“, sagt Oliver Röseler, der sich als Marketingchef des KonradAdenauer-Hauses auch darum kümmert, den Youtube-Kanal der CDU zu bespielen. „Wir wissen, dass kürzere Videos oft erfolgreicher sind. Trotzdem darf das nicht unser einziger Maßstab sein, schließlich sollen die Clips nicht inhaltsleer sein.“ Ein Blick auf den Youtube-Kanal der CDU zeigt: In den vergangenen sechs Monaten haben Röseler und seine Mitarbeiter rund 60 Videos hochgeladen. Knapp die Hälfte davon ist nicht länger als fünf Minuten. „Wir versuchen, längere Reden und Pressekonferenzen zu stückeln oder
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Angela Merkels Rede auf einer Kreisvorsitzendenkonferenz in der CDU-Zentrale in Berlin
Online gestellt: 18. Juni Views: 6775 Länge: 44:39 Minuten
der Machart unserer Videos orientieren wir uns nicht am herkömmlichen Youtube-Nutzer, sondern an unseren Anhängern. Die müssen wir erreichen.“ Was logisch klingt, schränkt die Parteien bei der Produktion neuer Web-Videos jedoch
ein. Denn kurze Statements von Generalsekretären mögen dafür geeignet sein, die eigenen Anhänger auf den Parteikanal zu locken, die breite Öffentlichkeit lässt sich davon nicht begeistern. „Bei einem Web-
Hermann Otto Solms (l.) und Otto Fricke auf der „Insel der Erkenntnis“
Online gestellt: 4. August 2009 Views: 20.208 Länge: 2:27 Minuten
Video kommt es vor allem auf die visuellen Effekte an“, sagt Adrian Rosenthal von der PR-Agentur Ketchum-Pleon. Dort ist er auch dafür zuständig, Youtube-Videos von Unternehmen und Verbänden im Internet zu verbreiten. „Die Parteien agieren zu sachlich“, sagt Rosenthal. Er könne verstehen, dass sie die Videos in erster Linie als Informationskanal betrachteten. Klug findet er es nicht: „Mit ein wenig mehr Aufwand könnten die Parteien nicht nur die eigene, sondern auch neue Zielgruppen erreichen.“ Als Beispiel nennt Rosenthal die Video-Reihe „Fricke & Solms“ der FDP. Zwischen 2007 und 2009 entstanden rund ein Dutzend kurze, unterhaltsame Youtube-Spots mit den beiden Finanzexperten der Liberalen, Otto Fricke und Hermann Otto Solms. 20.000 Aufrufe konnten einige der Spots erreichen – und auch die Medien griffen die Videos auf. Ein Achtungserfolg für die FDP.
DIE EMOTIONEN
Videos können wie kein anderes Wahlkampfinstrument Emotionen transpor-
pol it ik & kommunikation | Nove mber 2011
Screenshots: www.youtube.de
VON JO HA NNES A LT M E Y E R
tieren – der republikanische Vorwahlkampf beweist das. In den USA veröffentlichen die einzelnen Kampagnen fast jede Woche neue Youtube-Clips, die sich in Pathos und Gefühl überbieten. Vor allem der texanische Gouverneur Rick Perry setzt zurzeit auf Videos, die in Optik und Dramaturgie mehr an Hollywood als an Washington erinnern. So zum Beispiel das rund anderthalb Minuten lange Video „Proven Leadership“, auf Deutsch: „Bewährte Führung“, das die Perry-Kampagne Mitte September veröffentlichte. Darin attackiert der Republikaner zunächst die Wirtschaftspolitik von US-Präsident Barack Obama und bezeichnet ihn als „President Zero“, als „Präsident Null“. Dann verschwinden die düsteren, beinahe apokalyptischen Bilder, die dramatische Musik hört auf – und der Zuschauer hört Perrys Stimme: „Es ist an der Zeit, Amerika zu reparieren.“ Zwar können USPolitiker traditionell mehr Geld in TVund Web-Videos investieren als deutsche Parlamentarier, das wird deutsche Wähler jedoch nicht davon abhalten, sich an die aufwendig inszenierten Videos zu gewöhnen. Davon ist auch CDU-Mann Rö-
TV-Spot der PerryKampagne. Thema: die Wirtschaftspolitik von US-Präsident Obama
Online gestellt: 20. September Views: 2.025.728 Länge: 1:45 Minuten
seler überzeugt: „Der Anspruch an deutsche Wahlkampf-Videos wird steigen. Vor allem, was den Einsatz im Endspurt der kommenden Bundestagswahl angeht.“
DIE AKTUALITÄT
Wie deutsche Parteien Youtube-Videos erfolgreich im Wahlkampf einsetzen können, haben die Grünen vor zwei Jahren bewiesen. Im Vorfeld der Europawahl veröffentlichten sie einen Spot, der heute mit über 130.000 Aufrufen eines der am häufigsten angeschauten Politik-Videos in Deutschland ist. Im Mittelpunkt: die Fi-
pol it ik & kommunikation | November 2011
ter einbauen sowie auf anderen Webseiten für sie werben. Die CDU hat hier die Nase vorn. Seit Oktober vergangenen Jahres bieten die Christdemokraten ihr Mitgliedermagazin „Union“ auch in digitaler Form an. Wesentlicher Bestandteil des „EMagazins“: Videos mit CDU-Politikern. Zahl der Empfänger: rund 125.000. Zwei Monate vor der Europawahl 2009 machten die Grünen die Finanzkrise zum Thema ihres TV-Spots
Online gestellt: 8. Mai 2009 Views: 133.524 Länge: 1:31 Minuten
nanz- und Wirtschaftskrise. Diese hatte 2009, wenige Monate nach der Insolvenz der Investmentbank Lehman Brothers, ihren Höhepunkt erreicht. Die Grünen reduzierten die Krise auf eine Reihe umfallender Dominosteine, die weltweit Häuser umstießen und Banken zum Einsturz brachten, kurz: das ganze Wirtschaftssystem bedrohten. „Youtube-Videos sind nur dann erfolgreich, wenn sie ein aktuelles Thema aufgreifen“, sagt Marko Bachl von der Universität Hohenheim. Bachl arbeitet am dortigen Lehrstuhl für Kommunikationswissenschaften und hat 2010 die Erfolgsfaktoren politischer YoutubeVideos untersucht. Dass sich der Grünen-Spot im Internet so stark verbreiten konnte, hat für ihn mehrere Gründe: „Das Video thematisierte eine aktuelle Krise, es hatte eine klare Handlung und es setzte auf Humor.“ All das seien gute Voraussetzungen, damit Nutzer sich einen solchen Web-Film nicht nur anschauen, sondern Bekannte weiterleiten würden.
DIE VERBREITUNG
Einer der Gründe, warum politische Youtube-Videos in den USA so einflussreich sind, ist die stark politisierte Öffentlichkeit – online und offline. „In der US-Blogosphäre werden die Videos diskutiert und weitergeleitet“, sagt Adrian Rosenthal. Eine solche politische Blogosphäre fehle in Deutschland. Hierzulande spiele die politische Kommunikation nur bei wenigen Blogs eine Rolle, so Rosenthal. Der öffentlich-mediale Resonanzboden fehle. Daher komme es für die Parteien darauf an, intern auf die Videos aufmerksam zu machen. Konkret heißt das: Die Parteien sollten ihre Videos nicht nur auf Youtube hochladen, sondern diese auch in ihren eigenen Online-Auftritt und in Newslet-
Kurz, zielgruppengenau, emotional, aktuell und breit gestreut – fünf einfache Merkmale für politisch erfolgreiche Youtube-Videos. Auf den ersten Blick. „Denn einen Faktor können die Parteien nicht einplanen“, sagt Rosenthal: „den Wow-Effekt“. Damit meint er eine nicht planbare Aktion, durch die sich ein Video im Internet in Windeseile verbreitet. Auch Macon Phillips, der Kommunikationschef des Weißen Hauses, hat Erfahrungen mit dem „Wow-Effekt“ gemacht. Ende Juni sprach Phillips bei einer Diskussionsveranstaltung des Washingtoner Brookings-Institut über eine neue Youtube-Initiative des Weißen Hauses. Im Mittelpunkt: Mitarbeiter der Obama-Regierung, die die Zuschauer in
Während eines Gartenfests im Weißen Haus beruhigt Barack Obama ein schreiendes Baby
Online gestellt: 17. Juni Views: 1.401.982 Länge: 30 Sekunden
wenigen Minuten über die Finanz- und Wirtschaftspläne des Präsidenten aufklären. Phillips sagte, dass es für ihn ein Erfolg sei, wenn sich über 100.000 Nutzer die Videos anschauten. Glücklich wirkte er nicht. Denn zur gleichen Zeit kursierte ein von einem Obama-Anhänger hochgeladenes Video im Netz, das den Präsidenten dabei zeigte, wie er bei einem Gartenfest ein schreiendes Baby auf den Arm nimmt – und dieses sofort verstummt. Damalige Klick-Zahl: 1,2 Millionen. Philips lakonischer Kommentar: „Manchmal ist unsere Arbeit einfach frustrierend.“
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Vor der Wahl setzte Polens Opposition auf Ressentiments – ohne Erfolg ���������������
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In den Bundesministerien verliert das Ideal des preußischen Beamten an Bedeutung ����������
Was ein Fotograf bei Interviews mit Politikern erlebt – und was er ihnen rät
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Die Lobby der Netzbürger
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Die Politik setzt immer stärker auf Youtube-Filme als Kommunikationskanal
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Zwischen Fraktionszwang und Gewissen
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US-Botschafter Philip Murphy über den American Dream – und über Wikileaks ���������������
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Welche Rolle das Design im modernen Wahlkampf spielt �����������
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Die US-Kampagnentrends
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Die FDP verharrt im Umfragetief – helfen soll die Neuorganisation der Parteizentrale
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Die Bürger erwarten mehr Transparenz – doch die Parlamentarier tun sich schwer ���������������� �
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Das Internetportal Greenleaks soll helfen, Umweltskandale aufzudecken. ���������
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Was Politiker von Machiavelli & Co lernen können
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Die Sozialen Medien spielen bei der arabischen Revolution eine wichtige Rolle. ���������������
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���������� Die Bundeswehr wird zur Freiwilligenarm ee – künftig muss sie um Soldaten werben. �����������
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Wie Helmut Metzner von den Medien zum „Maulwurf“ gemacht wurde.
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