15. Social Media Management Tagung - RECAP

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Social Media und B2B LinkedIn-Analytics und Facebook-Live

Gerade im Marketing für teure Investitionsgüter sind Aktivitäten auf Social Media umstritten. Liebherr und thyssenkrupp industrial solutions haben es trotzdem gewagt. mehr auf Seite 2

Produktionsalltag Die coolsten Tools der Profis

Am Rande der Social Media Management Tagung haben wir einige Referenten nach ihren Liebligswerkzeugen befragt. DAS ist dabei heraus gekommen. mehr auf Seite 3

Instagram und Ästhetik Instagram macht Kunst nicht kaputt

Fotograf Jörg Nicht hat beobachtet, wie sich die Bildästhetik in Social Media verändert hat. Er muss zwar Abstriche in Sachen Qualität machen, sieht darin aber auch einen gewissen Reiz. mehr auf Seite 4

Powerworkshop mit Leni Stahlhut und Mirco Gluch

HowTo Instastory

Der Zugang zum Workshop war in Berlin streng limitiert. Hier die geleakten Inhalte. Disclaimer: In Textform lässt sich das, was Leni und Mirco am Dienstag gezeigt haben, keinesfalls wiedergeben, höchstens andeuten. Wer wirklich Instagram-Videos verstehen will, nimmt am besten direkt zu den beiden Kontakt auf. Hier die geheimen Inhalte des Workshop in fünf Slides: 1. Storytelling Natürlich geht es nicht ohne und möglichst emotional soll sie sein. Emotionalität entsteht aber nicht nur durch Katzen-Content sondern auch durch Humor, Ironie, Sentimentalität. Gute Geschichten findet man auch in Kooperationen, bei Mitarbeitern oder man dreht einfach „behind the scenes“. Mirco und Leni ist allerdings besonders wichtig, dass Storytelling auf Social Media doch anders funktioniert, als beim Film. Aus dem großen Spannungsbogen wird so eine Art volatile Fieberkurve mit ganz vielen Spannungs- und Entspannungselementen.

Bei den vorgefertigten Interaktionselementen, die Instagram anbietet, ist Vorsicht geboten. Klar soll man sie unbedingt nutzen, aber weniger ist mehr. Lieber eine coole Interaktion mit einem guten Call to action, als jede Menge blinkende Icons auf dem schönen Video. Und in Sachen Ästhetik haben die beiden erkannt, dass das Hochformat ganz eigene Regeln kennt, die aber dennoch Entsprechungen in der Klassik haben. Eine ist die Drittelregel. Der Content findet in den unteren beiden Dritteln des vertikalen Bildschirms statt, während oben das Logo residiert. Diese Raumaufteilung ist unter Malern als Goldener Schnitt bekannt.

5. Tools Im letzten Teil des Workshops ging es um Schnitt, Effekte und Vertonung. 2. Konzept ist alles Die Bordmittel von Instagram sind Die besten Videos haben einen Plan, sehen aber aus, wie ok, aber in ihrer Leistungsfähigkeit spontan entstanden. Das mit dem Plan ist wichtig, um überschaubar. Mirco und Leni empnicht den Faden zu verlieren und das Interesse der User fehlen die Apps FiLMiC Pro zum Aufhalten zu können. Leni und Mirco setzen auf ein klasnehmen und InShot zum Schneiden, Eine der Lieblingslocations von Leni ist ein stillgesisches Storyboard mit einer Skizze vom Set, einem inwenn man tiefer einsteigen will. legter Flughafen in Athen (@lenipaperboats) haltlichen Konzept sowie einem zumindest angedeuteten Und sie raten zu Stativ, Powerbank Text. und Zweithandy, wenn man zum Dreh aufbricht. Licht und externes Mikrofon verstehen sich von selbst. Aber man soll immer etwas Raum lassen für Spontanität. Das macht dann aus einem guten Video ein richtig Gutes.

Screenshot InShot

EXTRA TIPPS VON MIRCO UND LENI

3. Does and Dont´s Eigentlich hat man die Pflichten über die Jahre in Social Media gelernt. Hier aber noch Mal in der Übersicht: Storytelling, Regelmäßigkeit, Markenidentität, Wiedererkennbarkeit, Abwechslung, Vorbereitung und Interaktion. Bei den Negativbeispielen ärgern sich Leni und Mirco über zu viel Content ohne Mehrwert und über unprofessionelle Produktion, also unruhige Kameraführung und schlechten Sound. Das muss nicht sein.

Die Action findet entweder im rechten oder linken Drittel statt

4. Und so geht´s Den größten Teil des Nachmittags, widmeten die beiden Filmer der Praxis. Zunächst zeigten sie, wie man (mit dem Zweithandy) Instatories von guten Instagrammern abfilmt, um sie als Inspiration aufzubewahren.

- Instastories müssen von der ersten, zweiten Sekunde an zum Weiterschauen motivieren - ob Influencer-Content oder Netflix, alles ringt heute um die Aufmerksamkeit unserer Follower. - Marken müssen abwechslungsreich kommunizieren, um nicht zu langweilen, aber trotzdem eine Markenidentität aufbauen, die von den Followern wiedererkannt wird. - Es gibt kaum Wege, um besser mit den Followern zu interagieren als Instastories, also gerne Umfragen, Barometer, „Ask me anything“ und Quiz gebrauchen. - Vorbereitung ist alles. Zu einem Event oder einer Produktion sollte ein ausgearbeitetes Storyboard mitgebracht werden - dabei aber unbedingt Platz für Spontanität lassen! Bei Fragen dazu könnt Ihr euch sehr gern melden bei: marlen.stahlhuth@gmail.com, @lenipaperboats mirco@piggyback.tv, @piggyback.tv

depak – Deutsche Presseakademie - Quadriga Media Berlin GmbH Werderscher Markt 13 - 10117 Berlin - Tel +49 30 44729-500 - info@depak.de


5 Fragen an Laura Jane Freutel Hapag Lloyd setzt auf den Content von internen Influencern Welche Rolle spielt Instagram im MediaMix für euch und welche Ziele verfolgt Ihr? Laura: Instagram ist neben LinkedIn unser stärkster Kanal im Bereich Social Media. Unser Ziel für IG ist Branding und Awareness. In unserer traditionellen Branche können wir mit dem IG-Auftritt hervorstechen und das komplexe Thema Logistik auf modern darstellen. Wie messt Ihr die Zielerreichung? Laura: Interaktionen, Followerzahlen und auch Feedback. Wie geht Ihr mit User Generated Content um? Laura: Das ist durch den Datenschutz nicht einfach. Wir fragen bei gutem User Generated Content nach Lizenzen und sichern uns ab.

Wir nutzen aber auch viel Content von unseren internen Influencern. Das ist ja auch auf eine Art & Weise User Generated Content. Und hier sind wir rechtlich abgesichert durch Verträge.

Womit seid Ihr noch nicht zufrieden? Laura: Wir sind tatsächlich schon sehr happy mit unserem Kanal. Konstanter Wachstum ist daher unser Ziel und weiter steigende Interaktionszahlen.

Extrem symphatisch kam das Employer-Branding von GFT rüber, das von Anabelle Seibt und Filiz Sarah Gärtner präsentiert wurde. Statt die Superlative in den Mittelpunkt zu stellen, geht es in der Kampagne TeamGFT um das Menschliche, das Anti-Talent. Die Fakten: - Keine fremden Schauspieler - Nur Mitarbeiter - Bewusst kein native Speaker bei Voiceover - Seeding: FB, Twitter, LinkedIn per Countdown - 1 Mio. Impressions - Nächstes Mal macht CEO mit

mit eine Like-Follower-Relation von 0,31 Prozent, während Bilder von Events oder normale Unternehmensnachrichten nur bei 0,15 Prozent der Nutzer Freude auslösen. „Das Roller-Coaster-Video war ein Aprilscherz. Das funktioniert auch im eher humorarmen Ingenieurs-Umfeld“, lacht Mike. Besonders spannend findet er die detaillierten Auswertungsmöglichkeiten. „Wir sehen genau, wer auf unsere Posts reagiert hat und manchmal sind das Firmen, die wir nicht auf dem Zettel hatten, vor allem international“.

Bei thyssenkrupp hat man LinkedIn als Kanal der Wahl auserkoren und präzise analysiert. So kommt ein Video über eine Innovation im Bereich Achterbahnen auf 1000 Likes und so-

EMPLOYER BRANDING:

Laura: Wir setzen Paid nur sehr gezielt und ganz wenig ein, um bestimmte Kampagnen zu pushen. In der Regel entwickelt sich unser Kanal generisch. Was wirklich super ist, wenn man an die Algorithmen denkt.

Mike Kleinemass (thyssenkrupp) und Julian Priebe (Liebherr) sind der Meinung, dass Social Media im Investitionsgütermarkt sehr gut funktioniert kann, wenn man sehr präzise arbeitet.

sich bei der thyssenkrupp industrial solutions überlegt hat, die Papierkommunikation Stück für Stück durch digitale Kanäle abzulösen. Das ist ein großer Schritt, wenn man bedenkt, dass B2B-Unternehmen im Bereich Investitionsgüter ihre Pappenheimer (vulgo: Kunden) meistens ziemlich gut kennen, da es sich um einen überschaubaren Kreis handelt.

Storytelling ist kein Würzstreuer für Marketing-Methoden

Wie viel Paid Social setzt Ihr darauf?

Social Media Engineering 318.000 Follower wären für einen Influencer nicht viel. Für ein Unternehmen, das sich im Investitionsgüter-Segment tummelt ist das hingegen eine ganze Menge. So viel, dass man

SASCHA LOBO:

Julian Priebe von Liebherr hat sich für Facebook entschieden. Nicht grundsätzlich, aber anlässlich der BAUMA 2019. Und zwar konkret für Facebook Live. Jeden Abend drehten er und sein Team kleine Videos über den Messestand, die Produkte oder führten Interviews mit Mitarbeitern und Geschäftsführung. „Facebook Live ist total tiefenentspannt, denn die Abrufe erfolgen asynchron“, erklärt Priebe. Das heißt: Direkt zum Sendezeitpunkt schalten sich nur 20 bis 50 User ein. Die meisten sehen das Video erst abends in der Timeline und klicken dann. Vierstellige Abrufzahlen sind für eine Investitionsgüter-Firma wie Liebherr ein großer Erfolg.

Youtuber, die sich Gedenkan machen, wie den Rapper Niksda, findet Julia Althoff von Divimove leichter, als es Bettina Muench - Epple gelingt, „Wissenschaftler zu finden, die auch mal etwas trivialer sein können“. Merke: Der Perfafrostboden schmilzt nicht, er taut.

Wir verabschieden uns nicht von Social Media, aber wir posten selektiv. Wir entscheiden, nicht Facebook.

Jörgen Camrath, Die Welt

Schutzhelm, Gefängnis in Virtual Reality, Schmuckkollektion für Menschenrechte, Lichtdemonstrationen auf Festivals Matthias Wahsner von Amnesty International bekam viele Ideen, für die Kampagne unter dem Hashtag #MUTBRAUCHTSCHUTZ

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Die Lieblings-Tools unserer Speaker

INGO BOSCH FRAGT Emotionen verankern Geschichten und verändern Verhalten. In seinem Workshop fragte Ingo Bosch nach spannenden Fortsetzungen zu: - Ein Mann schaut aus dem Fenster auf die Straße. - Zwischen einem jungen Paar geht eine verängstigte alte Frau auf dem Bürgersteig und umklammert fest ihre Handtasche. - An der Ecke kann man den Schatten eines rennenden Mannes sehen.

Erfolgsformat: Hannah Thalhammer kratzt der Werbung den Lack ab und testet die Produkte kritisch. In der Superhero-Session verrieten sie und Simon Kaiser, dass man mit 5000 bis 15000 € Kosten pro Video rechnen muß, weil allein die aufwändige Produktion schon 3500 € kostet. „Wenn Ihr mit Influencern zusammenarbeiten wollt, geht am besten mit einem Angebot hin“, riet Simon den Zuhörern.

TOOLS FÜR DIE ANALYSE Falk Rehkopf und Armin Berger konzentrierten sich auf die technische Seite des Social Media Marketings und zeigten Tools zur Themenfindung und Influencer Analyse im praktischen Einsatz. Ubermetrics: Content Intelligence-Plattform, eine Künstliche Intelligenz für PR-Experten - Made in Germany) https://www.ubermetrics.com Hawkeye: Content Intelligence- und Content Curation-Plattform https://www.hawkeye.ai/ Vennli: Content Intelligence-Plattform, die Marketer beim Messaging, bei Content-Strategien sowie bei Marketingkommunikation unterstützt https://www.vennli.com/

„Pinterest ist kein Social Media Kanal aber eine sehr gute Traffic-Maschine“, sagt Jessica Diehl von Mind&Stories

Bei der Influencer-Wahl muss man der bitteren Wahrheit ins Gesicht sehen: Wenn Trucker die Kunden sind, ist Bibi nicht die geeignete Influencerin.

Sven Wedig, Vollpension Medien

Produktionstool Smartphone?

Die Social Media Management Tagung stand ganz im Zeichen von Video. Das Smartphone ist Abruf-Plattform Nummer 1. Anber ist es auch geeignet, gute Filme zu produzieren? Unsere Speaker glauben: Ja. Simon Kaiser FilmicPro: Die App holt das Maximum aus der Handy-Kamera heraus. Man kann die Bildrate erhöhen, die Teifenschärfe einstellen, einen Weißabgleich machen, usw. Inshot: Ein sehr mächtiges Tool, mit dem Videos geschnitten werden und Filter, Effekte, Übergänge, Schriften und Musik hinzufügt werden können. Laura-Jane Freutel Unfold: Sehr gelungene Template-Sammlung für das Arrangement von Fotos und Videos zu Stories. Die neue Versioin kann sogar PDFs exportieren. Vsco: Ein Foto- Video -Editor mit teils sehr raffinierten Filtern, zum Beisiel der Emulation der Optik von klassischen Foto-Filmen à la Ilford oder Kodak. Enthalten im Abo ist auch eine Bibliothek mit Tipps und Tricks und der Zugang zur Community für Inspiration und Kooperation. Canva: Wie der Name sagt ist Canva ein Layout-Programm mit dem sich gemischte Designs aus Video, Foto, Grafik und Text erstellen lassen. Die Stärke des Tools liegt vor allem in letzterem. Nike Wessel Premiere Clip: Die kleine Schwester von Adobe Premiere eignet sich für den einfachen und schnellen Schnitt auf dem Smartphone. Wer Adobe-Umgebungen gewohnt ist, findet sich sehr schnell zurecht.

20-Euro-Tool auch. Powerdirector: So einige YouTuber haben mit PowerDirector angefangen, weil die Zeitlupenfunktion so cool ist. Hervorzuheben sind aber auch die Chroma-Keys und vor allem die einfache Erstellung animierter Titel. Die Gratisversion macht aber Wasserzeichen. Mirco Gluch und Leni Stahlhut Wer in dieser Reihenfolge Apps nutzt, erstellt hochqualitative Instastories: Kamera-App zum Filmen, VSCO für Look & Feel, KiraKira/Pixaloop für Effekte, Unfold für das Layout, Inshot für Schnitt und Musik, HypeType für animierte Typographie. KiraKira: Die App macht den Glamour-Touch ans Video. Irgendwo spiegelt und glitzert halt immer was. Pixaloop: Grauer Himmel? Kein Problem: Pixaloop zaubert Sonnenschein. Und die große Stärke des Tools liegt in der Animation von Standbildern. Damit lassen sich erfrischend andere Bilder machen. Hype-Type: Textanimation leichtgemacht ist die Stärke von Hype-Type. Vorgefertigte Effekte werden mit neuen Texten bestückt und dann im Design angepaßt. Und wer will, ergänzt auch noch Musik.

iMovie: Das Bordwerkzeug der Apple-Gemeinde. Es gibt natürlich Apps mit mehr Leistungsumfang, aber die Frage ist, ob man das braucht und ob man dafür bezahlen möchte. Für klassischen Videoschnitt reicht iMovie allemal. LumaFusion: Das Schnittwerkzeug wurde speziall für mobile entwickelt und kann eigentlich fast alles. Auf drei Video- und drei Tonspuren kann man sich austoben und aufwändige Effekte wie Chroma-Keying (für Green- und Bluebox) kann das

Fotograf Paul Ripke erzählt in seinen Instastories täglich von seiner Arbeit und filmt dafür live das Smartphone ab

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Interview mit Jörg Nicht, Fotograf

Instagram kann Kunst nicht verhindern

Der Fotograf Jörg Nicht beobachtet, dass sich auf Instagram eine eigene Hochformat-Ästhetik entwickelt hat. Retro-Filter locken hingegen niemand mehr hinter dem Ofen hervor.

Jörg, kann man überhaupt pauschal von einer Bildästhetik auf Instagram sprechen? Jörg Nicht: Instagram hat die Fotofunktion des iPhones in ein Soziales Netzwerk integriert, wobei erstens eine einfach zu bedienende App entstanden ist, die zweitens die verfügbare Bildschirmfläche optimal nutzt. 2010 war noch unvorstellbar, dass die meisten Bilder heute auf Smartphones angeschaut werden – und zwar im Hochformat. Aus diesen beiden technischen Aspekten ergibt sich, wenn man so will, die spezifische Ästhetik von Instagram: Motive und Bildkompositionen, die im Hochformat besonders wirkungsvoll sind, und eine Farblichkeit, die auf Smartphone-Bildschirmen besonders zur Geltung kommt. Daraus hat sich keine gänzlich neue Ästhetik entwickelt, wohl aber wurden bestehende ästhetische Prinzipien und Traditionen adaptiert.

tieren. Hinzu kommt, dass seit 2015 personenbezogene Accounts sehr populär geworden sind und auch von Instagram massiv gefördert wurden. Mit „personenbezogen“ meine ich, dass eine einzelne Person und ihr Leben, ihr Alltag, ihr Körper usw. im Mittelpunkt des Accounts stehen. Diese Person ist selbst immer wieder auf den Bildern zu sehen. Wenn die Menge der Shares und Likes als Qualitätsmerkmal herangezogen wird, bildet die Mehrzahl der Instagram-Bilder dann einen ästhetischen Mainstream ab? Jörg: Aus meiner Sicht zeigt sich zumindest bei der Motivwahl bzw. bei den Bildinhalten so

Erzeugt dieser Mainstream eine Filterblase, aus der sich auszubrechen lohnt? Jörg: Man kann fragen, ob eine solch einflussreiche Plattform wie Instagram nicht die Aufgabe hätte, den Nutzern nicht nur das zu zeigen, was sie mögen, sondern auch das, was es noch zu entdecken gibt. Die Funktionsweise der App ist aber eine andere. Angesichts der Höhe der Nutzerzahlen ist fraglich, ob man auf einer anderen Plattform mehr Aufmerksamkeit erzielen kann.

Wie hat sich die Instagram-Ästhetik in den letzten Jahren verändert? Jörg: Am Anfang wurden die Fotos mit iPhones gemacht und mit Retro-Filtern versehen. Diese Fotos entstanden im Alltag. Bildkomposition und Farbwahl waren eher nebensächlich und letztlich zufällig. Mit der Zeit veränderten sich die fotografischen Ansprüche: Die Bildästhetik wurde klarer, mit der Abkehr vom quadratischen Format wurde etwa die Darstellung von Häuserfluchten wichtiger, um das Hochformat optimal zu nutzen und Spiel mit der Vertikalen (@jn) Tiefe zu erzeugen. Zudem haben sich die ästhetischen Stile ausdifferenziert: Es gibt Accounts, die nur Schwarz-Weiß-Fotografien zeigen oder nur Bilder im sogenannten Moody-Look präsen-

gehört auch, dass möglichst viele Nutzer möglichst viel Zeit auf ihr verbringen. Die Anzeige von Bildinhalten ist gesteuert durch von Menschen programmierte Algorithmen. Sie wählen Bilder nicht danach aus, welchen künstlerischen Anspruch jemand vielleicht mit einem Post verknüpft. Sagen wir es so: Instagram kann Kunst nicht verhindern. Deshalb halte ich auch nichts davon, wenn behauptet wird, künstlerische Qualität und Instagram-Ästhetik würden einander ausschließen. Vielmehr sehe ich das Potential, dass aus diesen spezifischen Bedingungen neue, bildlich geprägte Erzählformen entstehen.

Inwiefern bestimmen eingebaute Filter und Effekte die Ästhetik auf Instagram. Malen mit Licht (@jn)

etwas wie ein Mainstream. Zu den Bildmotiven, die offensichtlich vielen Menschen gefallen, gehören Landschaften, Tiere, Food und Fitness. Das ist aber keine Besonderheit von Instagram. Mit Instagram haben sich die technischen Möglichkeiten der Darstellung verändert, also die Form, aber nicht schon die Inhalte. Populär ist eine relativ konventionelle Bildästhetik, die technisch determiniert ist.

Auftragsarbeit für Nissan (@jn)

Jörg: Die Filter und Effekte sind meist Ausdruck dessen, was gerade angesagt ist. Sie können sich mit dem nächsten Update durchaus ändern. Aus meiner Sicht spielen sie heute keine große Rolle mehr. Einige Instagrammer verwenden diese Filter, um die Bilder final mit einem einheitlichen Look zu versehen. Ich denke, wichtiger ist die etablierte Bildbearbeitungssoftware, vor allem Adobe Lightroom und Adobe Photoshop. Jörg, vielen Dank für dieses Gespräch.

Gibt es da eine Diskrepanz zu „Qualität“ oder künstlerischem Anspruch?

IMPRESSUM

Jörg: Instagram ist zuallererst eine Plattform, die zu einem börsennotierten Unternehmen gehört. Den Anbietern und Eigentümern der App geht es in erster Linie darum, mit der App Geld zu verdienen. Zum Geschäftsmodell

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