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Öffentlicher Nahverkehr
Die Florianerbahn
Die Notwendigkeit zur Errichtung einer Lokalbahn
Nach der Errichtung aller wesentlichen Eisenbahnverbindungen, etwa der oben angeführten „Kaiserin-Elisabeth-Bahn“ zwischen den großen Städten, entstand Ende des 19., Anfang des 20. Jahrhunderts auch die Notwendigkeit, abseits gelegene und durch Hauptverbindungen nicht erreichbare Gebiete zwecks Güter- und Personenbeförderung verkehrsmäßig zu erschließen. Man erhoffte sich Impulse für die Wirtschaft ebenso wie die Versorgung des Umlandes mit elektrischem Strom. Das Ansinnen, Linz über St. Florian mit Steyr zu verbinden, stieß deswegen auf Begeisterung und fand sofort Anhänger. Zugleich sollten die Kosten für Bau und Betrieb der Bahn allerdings niedrig gehalten werden, da mit einem in Vergleich zu den Hauptrouten niedrigen Beförderungsaufkommen gerechnet werden musste. Diese Haltung fand später auch in der Trassenfüh- rung Niederschlag, die sich stark den jeweiligen Grundstückspreisen anpasste, und deshalb meist außerhalb der Ortszentren geführt wurde. Schon 1908 wurde auf Anregung der Sparkasse St. Florian ein Lokalbahn-Komitee gegründet. Im Dezember desselben Jahres suchten Propst Sailer (St. Florian), Bürgermeister Postl (Ebelsberg) und Bürgermeister Dinghofer (Linz) beim k.k. Eisenbahnministerium um eine Vorkonzession für die Strecke von Ebelsberg über St. Florian Richtung Steyr inklusive einer Abzweigung von Taunleiten zur Staatsbahnstation Asten-St.Florian an, welche auch prompt erteilt wurde. Schon 1909 konnte mit der Erstellung des Projektplans begonnen werden. Die Firma Stern & Hafferl errechnete für die 36,7 Kilometer lange Strecke zwischen Kleinmünchen und Steyr einen Kostenvoranschlag von 2,6 Mio. Kronen. Im März des Folgejahres regten sich erste Widerstände nach einer Trassenänderung durch die Planungskommission: Neben Einwänden der Gemeinden Dietach-Gleink und Losenstein erklärte Baron Kast: „Nachdem ich an dem Zustandekommen der projektierten Bahn für meine Person kein Interesse habe, bin ich auch zu einer Grundabtretung für den Bahnbau nicht bereit.“1 damals noch händisch,
Auch die Stadt Steyr äußerste auf einmal Bedenken gegen die Lokalbahn, sodass nach drei vorgeschlagenen Alternativen das Projekt ab Kilometer 25 (Wolfern) fallen gelassen wurde.In Ebelsberg geriet das Streckenstück über die Traun nach Kleinmünchen in ernsthafte Schwierigkeiten. Die hölzerne Brücke erwies sich als zu wenig tragfähig, als dass eine Bahn darüber geführt werden konnte. Der Neubau wurde zwar in Betracht gezogen, scheiterte aber an der ungeklärten Finanzierung der veranschlagten 985.000 Kronen.
Schlussendlich entschied man sich für eine Minimallösung: Wenigstens der Streckenteil zwischen Ebelsberg und St. Florian sollte realisiert werden. Sogleich wurde mit der neuerlichen Planung begonnen. Am 19. August 1912 konnte die Konzession „zum Baue und Betriebe ei- ner schmalspurigen Lokalbahn vom Marktplatze in Ebelsberg nach St. Florian in Gemäßheit der Bestimmungen des Eisenbahnkonzessionsgesetzes [...] erteilt“2 werden.
Bau in Rekordzeit
„Elektrisch in die Provinz“ lautete die Devise jener Schmalspurbahn, die mit einer Spurbreite von 900 mm und der Betriebsspannung von 600 Volt Gleichstrom St. Florian mit Ebelsberg verband und nach nur einjähriger Bauzeit ihrer Bestimmung übergeben werden konnte. Auf einer Betriebslänge von 9,646 km betrug der kleinste Bogenradius 44 m, die größte Neigung im Bereich des Friedhofs Ebelsberg 47 Promille, wo zum Zwecke der besseren Haftung Rillenschienen verlegt worden waren. Insgesamt verbauten die Arbeiter 12.755 Stück Querschwellen, 1360 pro Kilometer also zum Großteil aus Föhrenholz, und 308 Masten für die elektrischen Leitungen. Abgesehen von den beiden massiven Gebäuden in St. Florian (Endstelle und Remise), waren die unbesetzten Haltestellen nur als hölzerne Unterstände ausgeführt. In Ebelsberg mietete man einen Warteraum im Haus Ebelsberg 27 an.
Eröffnung 1913
Arbeiter bei der Errichtung der Lokalbahntrasse im Bereich der Uferkurve 1912. Vor der Lok stehen der Bauingeneur Straßer (3.v.l.) und der Pichlinger Schmied Josef Heizinger (4.v.l., er schmiedete die Schwellennägel zur Befestigung der Gleise), die Gattin des Schmiedes Anna Heitzinger steht beim Kessel der Lok. wegen des Entgangs von Fahrgästen auf der Westbahn forderte. Der Ausbruch des Ersten Weltkriegs beendete den Streit allerdings ebenso wie das bis zu jenem Zeitpunkt immer noch nicht aufgegebene Brückenprojekt bei Ebelsberg. Auch die seit 1908 in Betracht gezogene Nebenstrecke zum Bahnhof Asten-St. Florian musste wegen bürokratischer Schwierigkeiten aufgegeben werden, obwohl ihr Nutzen als unbestritten galt.
Als am 1. September 1913 gegen halb sieben Uhr morgens der erste Zug in St. Florian abfuhr, war dies der Beginn einer 60-jährigen Bahngeschichte. Obwohl an diesem ersten Tag die „Flocki“, wie sie später liebevoll genannt wurde, nicht einmal zur Hälfte gefüllt war, entwickelte sich der Betrieb im ersten Monat hervorragend: Nahezu 9.500 Fahrgäste wurden im September 1913 befördert. Rasch erforderte das Beförderungsaufkommen eine dichtere Zugsfolge, worauf bei Bruck eine Ausweiche errichtet werden musste. Aufgrund des regen Zuspruchs entbrannte ein Streit mit dem Eisenbahnministerium, das 8.000 Kronen
Bild oben: Die „elektrische Bahn“ brachte den Ebelsbergern den Komfort einer bequemen Fahrt stadtein- und auswärts. Bild unten: Linie „E“ passiert die beiden Häuser 13 und 60 am Ebelsberger Brückenkopf, die 1930 einer veränderten Verkehrssituation weichen mussten. Links befindet sich der Abgang zum Gasthaus „Zum Schiff“, daneben die Statue des Brückenheiligen „Nepomuk“, die 1974 auf die gegenüberliegende Straßenseite versetzt wurde (1929).
Die Straßenbahn
Nachdem schon die Pferde-Straßenbahn ihren Dienst als öffentliches Verkehrsmittel der Stadt versehen hatte, und 1897 die erste Probefahrt der elektrischen Bahn stattfand, welche wiederum schon im ersten Betriebsjahr
1,5 Millionen Fahrgäste beförderte, erschien es als logische Konsequenz, die Tram Richtung Kleinmünchen bzw. Ebelsberg weiterzuführen. Allerdings scheiterte das Vorhaben, Ebelsberg direkt anzubinden, an der zu geringen Tragfähigkeit der hölzernen Traunbrücke. So musste die südliche Endhaltestelle „Kleinmünchen-Ebelsberg“ 1902 direkt vor dem Übergang ihren Platz finden, wo eine Wartehalle und eine Ausweiche errichtet wurden. Am 20. Dezember 1902 nahm man den nun streckenmäßig verlängerten Betrieb auf. Mit 12, später 18 km/h in verbautem, 18 bzw. 25 km/h auf freiem Gebiet nahm eine Reise mit der Linie „E“ - als solche im Jahre 1919 benannt - quer durch Linz einige Stunden in Anspruch. Wie im Kapitel zur Geschichte der Lokalbahn Ebelsberg-St.Florian bereits aus geführt, konnte mit dem stählernen Neubau der Traunbrücke der Lückenschluss erfol gen. Im Konzeptionsstadium der Linienfüh rung plante man „nicht die Linzerkleinbahn [sic!] über die neue Brücke nach Ebelsberg sondern die Florianerbahn über die Brücke zu führen“13, wie in der Ebelsberger Chronik am 27. September 1927 zu lesen ist. Damit würde sich „der Umsteigverkehr am linken Brückenkopf abspielen. Die Gemeinde pro testiert gegen ein solches Ansinnen“ bevor die Straßenbahn die Traun überquerte, wurde am 17. März 1928 die Linie Richtung Ebelsberg mit den Fahrtrichtungtafeln „E“ ausgestattet.
Am 30. Juni 1929 nahm der Gemeinschaftsbetrieb zwischen der E-Linie und der Lokalbahn seinen Anfang. Seitdem und besonders ab 1940 stiegen die Fahrgastzahlen kontinuierlich, was unter anderem auch auf den bereits angesprochenen „Hamstererverkehr“ zurückzuführen ist.
„Die Straßenbahnlinie E nach Ebelsberg hatte zu Beginn der sechziger Jahre im südlichen Teil von der Haltestelle Neue Welt bis zur Traunbrücke über weite Strecken noch den Charakter einer eingleisigen Überlandstraßenbahn“15. In Etappen konnte nun der zweispurige Betrieb eingeführt werden - ab 1963 vom Voest-Hof bis zur Traunbrücke.
Zur selben Zeit geriet die Linie F, sprich: die Florianerbahn, in eine Krise, die sich bis Anfang der 70er Jahre nicht bessern und
Dazu kam der Neubau der Traunbrücke im Jahre 1973, welcher keine Straßenbahntrasse vorsah. Ein Schritt, „der jedoch unseren Stadtteil mit der Straßenbahnverbindung nach Linz vor das Jahr 1929 zurückwarf.“16 Am 15. Dezember 1973 überquerte der letzte Zug den Fluss.
1909 Elektrisches Licht und Anschluss ans staatliche Telefonnetz.
2.5.: Enthüllung des renovierten Kriegerdenkmales am Marktplatz (vgl. 1890).
3.7.: Eröffnung der ersten Volksbücherei in Ebelsberg.
Das Ebelsberger Notgeld
1910 5.5.: Enthüllung des Wiener-FreiwilligenDenkmales beim Friedhof.
1912 Pfarrer Matthias Rupertsberger publiziert das ortsgeschichtliche Werk „Ebelsberg. Einst und Jetzt“.
1913 1.9.: Eröffnung der Lokalbahn Ebelsberg - St.Florian („Florianerbahn“).
1914 31.7.: Um 18.15 wird am Marktplatz in Ebelsberg unter Hornsignal die allgemeine Mobilmachung Österreichs bekannt gegeben. Auftakt zum 1. Weltkrieg. 3.12.:Im Gasthaus Passian wird eine Pflegestätte mit 80 Betten für kranke und verwundete Soldaten eingerichtet.
1915 5.7.: Die ersten russischen Kriegsgefangenen treffen als landwirtschaftliche Hilfskräfte bei den Bauern ein. (vgl.: Ortschronik, 05.07.1915)
1919 12.5.: Infolge der extremen Lebensmittelknappheit wird der Zuzug von Fremden nach Ebelsberg verboten.
Juni: Im Juni läuft die amerikanische Kinderhilfsktion in der Schule an: Die Schüler bekommen ein kostenloses Mittagsmahl. (vgl.: Ortschronik)
1920 20.3.: Gemeinderats-Beschluss über die Herausgabe von Notgeld.
16.7.: Gründung des „Deutschvölkischen Turnvereins“ in Ebelsberg.
Nach dem Ersten Weltkrieg wurde auch in Ebelsberg das Kleingeld in Form von 10 und 20 Hellerstücken immer knapper. Die alte Währung der Monarchie hatte nämlich im Ausland noch immer ihre Gültigkeit behalten und konnte so wegen des Wertgefälles für lukrative Geschäfte und Geldschmuggel dienen. Besonders nach Südtirol flossen die Münzen: „Auch dort waren neben der italienischen Lira die österreichischen Scheidemünzen noch im Umlauf. Weil nun die Demarkationslinie zwischen Nord- und Südtirol wesentlich leichter zu überschreiten war als die Grenze zu anderen Nachbarstaaten [...]. Wurden nämlich österreichische Scheidemünzen in Südtirol in Lire eingewechselt (der Umtausch erfolgte im Verhältnis 1:1), erzielte man beim Rücktausch der auf diese Art erworbenen Lire in österreichisches Papiergeld hohe Gewinne.“1 Zunächst brachte Innsbruck ein Notgeld in Umlauf, um dem Mangel zu begegnen. Doch es dauerte nicht lang, ehe andere Gemeinden folgten. Im Herbst 1919 waren solche Behelfe auch schon in Oberösterreich verbreitet. Als die Landesregierung Anfang März 1920 beschloss, landesweite Notgeldscheine herauszugeben, legte sie damit den Grundstein für einen regelrechten Wildwuchs. Es wurden nämlich bei Weitem nicht alle in Umlauf befindlichen Scheine nach Ende der Laufzeit zur Einlösung gebracht. Dies bedeutete natürlich hohe Gewinne. Diesem Beispiel folgten sofort viele Gemeinden, um ihre Kassen aufzubessern. Anfang September 1920 waren es bereits 503 Gemeinden in Oberösterreich, die ihre Wertzeichen selbst druckten. Auch Ebelsberg versprach sich lukrative Geschäfte mithilfe des Notgeldes. Am 20.3.1920 beschloss der Gemeinderat auf Antrag Ferdinand Steiningers die Herausgabe solcher Scheine. Es sollten 10, 20 und 50 Heller im Umfang von 100.000 Kronen und einer Laufzeit bis 30. September 1920 gedruckt werden. Die Gestaltung oblag dem Künstler Arthur Eisenbeiß, die Herstellung der Druckerei Grosser. Wegen der großen Nachfrage und der damit einhergehenden
Überlastung aller Druckereien konnte Bürgermeister Strobl erst am 5. Juni das Eintreffen des Notgeldes vermelden2. Natürlicherweise zog die Herausgabe derart vieler verschiedener Notgeldscheine in Oberösterreich das Interesse der Sammler auf sich. Bald wurden erste Verbände gegründet und sogar Fachzeitschriften herausgegeben.
Der baldige Nachdruck des Ebelsberger Notgeldes lässt vermuten, dass die Scheine der ersten Auflage rasch vergriffen waren. Im Juni beschlossen die Ebelsberger die Herausgabe von 20-, 50- und 80-Heller-Wertzeichen. Auch intendierte man, besonders die Sammler anzusprechen, wofür das Tagblatt vom 28. Juli notierte: „Die Gemeinde Ebelsberg gibt im Laufe dieser Woche Notgeldscheine der zweiten Auflage zu 20, 50 und 80 h in sehr geschmackvoller Ausführung aus. Bestellungen sind unter Beischluß eines frankierten Briefumschlages an die Gemeindevorstehung Ebelsberg zu senden“3 Die Laufzeit der ersten Auflage endete mit 30. 9. 1920. Hingegen wurde die Gültigkeit der zweiten Tranche auf unbestimmte Zeit verlängert. Deren Absatz schien allerdings ins Stocken geraten zu sein, denn die Abrechnung vom 8. Jänner 1921 ergab für die Gemeinde einen Verlust von 9.099,70 K. Dieser wurde allerdings durch die Gewinne des ersten Drucks aufgewogen. Summa summarum konnte sich Ebelsberg über einen Gesamtreingewinn von 46.349, 25 K freuen.
1 Puffer E., Notgeld in Oberösterreich 104
2 AStL Ebelsberg Hs.Nr. 65, Gemeindeausschuss-Sitzungsprotokolle 1902-1924, 583, zit. nach: Puffer E.: Notgeld im Linzer Raum nach dem ersten Weltkrieg, HistJB 1972, 268
3 Tagblatt 28.07.1920, zit. nach: Puffer E.: Notgeld im Linzer Raum, 269 Puffer E.: Notgeld in Oberösterreich–Der Kleingeldmangel 1919/20 und dessen Behebung. In: Oberösterreichische Heimatblätter Jg. 32 (1978), Heft 1⁄2, S. 103-111