Dokumentation Straßenmusik

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DOKUMENTATION Diplomarbeit zum Thema StraĂ&#x;enmusik Stefan Zahm Fachhochschule Mainz Studiengang Kommunikationsdesign Betreuer Prof. Johannes Bergerhausen Prof. Stefan Enders



DOKUMENTATION Stefan Zahm Fachhochschule Mainz 10. Semester Kommunikationsdesign Thema Straßenmusik Bearbeitungszeit 4. Mai – 4. November 2011 Betreuer Prof. Johannes Bergerhausen Prof. Stefan Enders


Inhaltsverzeichnis

INHALT


A. THEMA 6 1. Straßenmusik in Deutschland 7 2. Themenwahl 9 2.1 Impuls & Motivation

B. RECHERCHE & ANALYSE 10 1. Definition 11 1.1 Motivation der Straßenmusiker 1.2 Geschichte der Straßenmusik 1.3 Musikstile 1.4 Wirkung der Straßenmusik 2. Straßenmusik in Deutschland 12 2.1 Regeln und Gesetze 2.2 Eigene Statistiken 3. Kulturelles Umfeld 16 3.1 Literatur 3.2 Andere Arbeiten und Projekt 3.3 Filme & Doku‘s 3.4 Museum 4. Forschungsfeld 18

D. UMSETZUNG 38 1. Der Katalog 39 1.1 Gestaltungskonzept 1.2 Medium, Format 1.3 Bildkonzept 1.4 Textkonzept 1.5 Typografie, Layout, Raster 40 1.6 Papier, Bindung, Druck, Herstellung 44 2. Imagekampagne 46 2.1 Konzept: Plakatserie 2.2 Aufbau des Plakats 2.3 Wirkung des Plakats 2.4 Format und Platzierung 48 2.5 Die Webseite 50 2.5.1 Konzept 2.5.2 Inhalte 2.5.3 Technik 3. Die Ausstellung 52 3.1 Anordnung 3.2 Ausschilderung 3.3 Musik / App

E. FAZIT 54 C. KONZEPTION & AUFBAU 20 1. Konzeption 21 1.1 Briefing 1.2 Aufgabenstellung und Zielsetzung 1.3 Abgrenzung und Anforderung 1.4 Zielgruppe, Absender 1.5 Persönliche Zielsetzung 1.6 Medienwahl 2. Aufbau & Fotografische Umsetzung 23 2.1 Bildkonzept: Reportage 2.1.1 Probleme, Schwierigkeiten 2.2 Inspiration 26 2.3 Bildkonzept: Hintergrundaufbau 28 2.3.1 Idee 2.3.2 Konzept 2.3.3 Bildstil 2.3.4 Equipment 30 2.3.5 Fotoshooting 32 3. Unterwegs 34 3.1 Organisation 3.1.1 Auswahl der Städte 3.2 Ansprache & Umgang mit den Musikern 36 3.2.1 Projektkarte 3.2.2 Autogrammheft 3.2.3 Eigene Motivation

1. Mein Projekt 1.1 Schwierigkeiten 2. Schlussfolgerung 3. Ausblick

F. ANHANG 56 1. Quellen 1.1 Internetquellen 1.2 Bildquellen 2. Danksagung 3. Erklärung 58


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Thema | StraĂ&#x;enmusik in Deutschland

A. THEMA


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1. Straßenmusik in Deutschland Bei Straßenmusik, weiß jeder was gemeint ist: Musik auf der Straße. Man kennt das Gedudel der Indios nur zu gut. Beim ersten Mal nimmt man ihnen ihre Musik noch ab. Beim zweiten Mal glaubt man noch an Zufall wenn man sie an einem anderen Ende von Deutschland wieder trifft. Doch spätestens wenn man sie zum zweiten Mal aus hunderten Metern von der Ferne in der Stadt hört, fragt man sich genervt, wo die kleinen Südamerikanischen Ureinwohner nur auf einmal herkommen und ob das wirklich dieselben sind, die man zuvor mal gesehen hatte? An der nächsten Ecke sitzt ein alter Mann auf einem klapprigen Plastikstuhl und klimpert etwas auf seinem Akkordeon herum, was sich gar nicht sooo schlecht anhört. Naja, ist ja auch das Einzige was der arme Mann noch hat. Ein Leben lang obdachlos und irgendwie durch Zufall an das Instrument gekommen. Und wenn man den ganzen Tag nix zu tun hat, spielt man eben darauf. Und siehe da, die Leute lassen sogar manchmal einen Groschen fallen. Wenigstens versucht er ein bisschen was gegen seine Armut zu machen. Oder? Solche flüchtigen Gedanken hatte sicher der ein oder andere auch schon. Doch viel tiefer lässt man sich nicht darauf ein, denn so schnell wie der Straßenmusiker aufgetaucht ist, genauso schnell ist er wieder aus dem Sinn. Genau wie z. B. bei einem Obdachlosen.

Was ist dran an den selbst gebastelten Kurzurteilen und Klischees? Sind die Indios organisierte Clans, die deutsche Städte abgrasen, uns ihre Kultur um die Ohren blasen, um ordentlich abzukassieren? Und ist der Penner mit der Quetschkomode wirklich ein armer Schlucker oder verkleidet er sich gar, um sich mit einen Sack voll Mitleidsgroschen eine goldene Nase zu verdienen. Wer sind diese Menschen, die sich tagtäglich auf die Straße stellen und Musik machen? Wollen sie alle nur Geld verdienen oder machen sie das aus Spaß? Was motiviert sie, welche Ziele haben sie und womit haben sie als Straßenmusiker zu kämpfen? Diesen Fragen habe ich versucht auf den Grund zu gehen. Natürlich konnte ich der Kürze der Zeit nicht alle Fragen klären. Bei meiner Reise durch verschiedene Städte Deutschlands habe ich jedoch viele Straßenmusiker getroffen und kennengelernt, die mir mit ihrer individuellen Geschichte gezeigt haben was es bedeutet Musik auf der Straße zu machen, worauf es ankommt und was das Schöne daran ist.


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Thema | Themenwahl


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2. Themenwahl 2.1 Impulse & Motivation Auf der Suche nach einem Diplomthema habe ich versucht abzuwägen, ob es nun ein einfaches, übersichtliches Projekt sein soll oder eher eine Arbeit bei der ich mein komplettes erlerntes Designwissen aus dem Studiums anwenden und zeigen kann. Auch verschiedene Techniken und Medien habe ich durchgespielt. Vorund Nachteile ließen sich endlos auf die Waagschale legen, was die Entscheidung immer schwieriger machte. Der Hinweis von Freunden und Kommilitonen, dass auf jeden Fall Spaß und vor allem ein persönliches Interesse an dem Thema immens wichtig sei, ließ mich noch ein mal erneut auf die Suche gehen. Dabei kam ich auf mein lange eingeschlafenes Hobby: Musik. In meiner Jugend spielte ich verschiedene Instrumente in Orchester, Chor und Band, aber auch vorher schon in meiner Kindheit hatte ich Musik geliebt. Auch eine professionelle Laufbahn als Musiker hatte ich in Betracht gezogen. Doch es kam alles anders. Schwierigkeiten in der Schule und Einstieg ins Berufsleben haben meine aktive Laufbahn sukzessive ausklingen lassen. Dennoch hatte ich mir immer geschworen eines Tages wieder aktiv zu musizieren, denn die Musik hat mir vor allem im Nachhinein betrachtet sehr viel gegeben. Nun sah ich eben meine Chance, wieder den Weg zur Musik zu finden, indem ich sie in meinem Diplom zum Thema machte. Als Freund des Jazz war ich zuerst mit meinen Gedanken auf dem Weg nach New Orleans, Chicago und New York. Da mir das schon als recht erkundet erschien, überlegte ich weiter und kam recht schnell auf die Idee die Straßenmusik näher zu erforschen.

Immer schon bin ich bei Straßenmusikern stehen geblieben und habe ihr Spielen und die Vertrautheit mit ihren Instrumenten bewundert. Dabei habe ich mir jedes Mal fest vorgenommen sobald wie möglich wieder musikalisch aktiv zu werden. Und schon hatte es die Musik wieder geschafft, mich aus dem Alltag zu holen. Auch wenn ich die Musik vielleicht nur im Vorbeilaufen wahrgenommen habe, hatte sie, sofern sie gut war, in mir eine positive Stimmung erzeugt. Dieses Phänomen was ich bei mir entdeckt hatte, wollte ich nur näher betrachten und vor allem versuchen noch mehr Menschen davon zu überzeugen, wie schön eigentlich Straßenmusik ist. Gleichzeitig dachte ich dabei auch an die schon erwähnte, negative Stimmung (z. B. bei den Indios) und die Vorurteile gegenüber Straßenmusikern, die bei vielen Menschen vorherrscht. Daran wollte ich mich machen, um damit aufzuräumen oder zumindest ein Bewusstsein zu schaffen, dass nicht alle Straßenmusiker Bettler sind. Ich wollte mit meiner Diplomarbeit versuchen auf Straßenmusik aufmerksam zu machen um ein Verständnis, Akzeptanz und eine gewisse Wertschätzung zu schaffen. Ich wollte zeigen, dass die Straßenmusik eine Stadt lebendig macht und dass ohne Diese etwas fehlt. Als Freund des Reisens verbunden mit meiner Leidenschaft zu fotografieren beschloss ich also mich auf eine Reise durch Deutschland zu begeben. Dort wollte ich Straßenmusikern direkt begegnen um von ihnen selbst zu hören, wie die Stimmung auf der Straße ist und was an den Vorurteilen dran ist.


10 Recherche & Analyse | Definition

B. RECHERCHE & ANALYSE

Zeitungssänger Das Zeitungslied ist eine im 16 Jahrhundert aufkommende Volksliedgattung, die aktuelle Ereignisse unter genauer Orts- und Zeitangabe in singbare Liedform brachte und dann in Form eines Flugblätter verbreitet wurde. Als Melodien dienten geistliche oder weltliche Weisen. 1

Bänkelsänger Der Bänkelsang ist ein auf Jahrmärkten geübter Vortrag aktueller Lieder über grauenerregende Vorkommnisse (Moriat), unter Verwendung gemalter Bilderserien, auf die der meist auf einer Bank (Bänkel) stehende Bänkelsänger beim Singen weist. Auch fliegende Blätter mit Texten und Bildern wurden bei diesen Vorträgen oft verkauft. Der Bänkelsänger ist Nachfahre des Zeitungssängers. Er hatte bis in die neueste Zeit Einfluß auf Dichtung (Ballade) und Kleinkunst (Kabarett).2

1  vgl. Brockhaus

2  vgl. Brockhaus


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1. Definition Straßenmusik Straßenmusik ist eine Kunstform, die durch das Präsentieren von Musik im öffentlichen Raum vor und für Passanten das Ziel hat diesem eine freiwilligen Geldspende zu entlocken und ggfls. zum Kauf einer CD des Musikers zu animieren.

1.2 Geschichte

Straßenmusik hat sich vor allem in den letzten Jahrzehnten des 20. Jahrhunderts als Form der Kleinkunst etabliert. Sie wird von einzelnen Musikern – Instrumentalisten (oft Multi-Instrumentalisten), Sängern, Alleinunterhaltern, manchmal auch begleitet von Tonträgern – oder kleineren Musikgruppen vorgetragen.1

Ihre Vorfahren waren die Zeitungssänger und später die Bänkelsänger (siehe Kasten). Inhaltlich war in den Bänkelgesängen von politischen Ereignissen die Rede, von eigenartigen Begebenheiten, von Unglücksfällen oder Raub, Mord und Totschlag, eben von sogenannten Sensationen. Nicht selten wurde maßlos übertrieben, auch kräftig und phantasievoll hinzugedichtet. Einige Vertreter dieser Zunft waren so Vorläufer der „Bild-Zeitung“ und anderer Sensationsblätter. Die Bänkel-Sänger mussten allerdings meistens darauf achten, dass in ihren Geschichten die Obrigkeit gut wegkam, denn sonst wurden sie aus der Stadt gejagt. Natürlich hielten sie sich nicht immer an diese Regel, ließen sich nicht den Mund verbieten und riskierten – damals wie heute – massiven Ärger mit den Vollstreckern des gerade geltenden Rechts.

Straßenmusiker bevorzugen stark frequentierte Orte, wie Einkaufsstraßen, Fußgängerzonen, touristische Sehenswürdigkeiten oder öffentliche Verkehrsmittel. Auch Stationen der U-Bahn, Straßenmärkte oder beliebte Parkanlagen werden gerne bespielt. Darüber hinaus gibt es spontane oder auch organisierte Festivals für Straßenkünstler.2 Hochburgen der Straßenmusik sind in Europa beispielsweise Dublin, London, Berlin, Wien, Prag, Salzburg, Köln, Mannheim, Barcelona und andere mediterrane Städte. Hochburgen der US-Straßenmusik sind u. a. Memphis in Tennessee, New Orleans sowie New York City und Chicago.3

1.1 Motivation der Straßenmusiker Für Straßenmusik gibt es sehr unterschiedliche Motive. Diesen können u. a. sein: • komplette Finanzierung des Lebensunterhalts • Unterwegs Finanzierung von Reisen • Finanzierung von Studium (gerne auch in Verbindung mit Reisen) • Hoffnung auf Entdeckung z. B. durch einen Talentscout • Spaß am Musizieren • praxisbezogenes Proben vor Publikum und damit das Erlangen größere Fertigkeit am Instrument z. B. bei jungen Jazzmusikern oder Studenten der Musikakademie, wenn zu wenige Engagements in der Szene verfügbar sind • politische Motive z. B. gesellschaftskritische Inhalte verbreiten

1, 2, 3  vgl. Wikipedia

Straßenmusikanten hatten früher die Funktion von Nachrichtenübermittlern, aber auch Kritiker an den jeweils herrschenden Verhältnissen.

Oft verbreiteten sich die von den Straßensängern vorgetragenen Balladen und Moritaten in Windeseile, wurden vom Volk angenommen und gesungen und avancierten damit zum Volkslied. Straßenmusikanten gehörten früher – und zum Teil heute noch – zum fahrenden Volk, damit zu den „unehrlichen Leuten“. Waren es doch häufig exotische Gestalten, die da auf der Straße in respektloser Art und Weise zur Drehleier oder Gitarre aufspielten. Das und ihre nicht selten aufmüpfigen Lieder führte dazu, dass die Straßenmusikanten vielerorts unter heftigen Repressalien zu leiden hatten. 4 In der juengeren Vergangenheit, den 70er und 80er Jahren, wurde Straßenmusik für viele eine alternative Form ihr Leben zu gestalten. Sie wurde nicht nur gesehen als die Aktivität : Musik auf der Straße machen, - sie wurde zu einer Lebensform, einer Lebenseinstellung. Diese beinhaltete ein Streben nach Freiheit, Unabhängigkeit und Selbstbestimmung, nach offener Kommunikation, nach der Vermittlung (politischer) Inhalte und nach sozialen Kontakten.5

4  Strassenmusikbuch von Kai Engelke 5  vgl. Internet: Forum Strassenmusik


12 Recherche & Analyse | Straßenmusik in Deutschland

2. Straßenmusik in Deutschland 1.3 Musikstile

2.1 Regeln und Gesetze

An Musikstilen findet sich fast alles von Barockmusik und Klassik über Jazz-, Country-, andine und Volksmusik bis zu Rock- und Popmusik. Auch manche Tanzstile wurden von Straßenmusikern geprägt oder weiterentwickelt, z. B. Formen des Jive, Breakdance oder neuerdings Jumpstyle.1

Der rechtliche Status der Straßenmusik ist regional stark unterschiedlich. Während in manchen Regionen, vor allem Metropolen, starke Reglementierungen über Zeit und Ort bestehen, wann und wo Straßenmusik gemacht werden darf, und teilweise eine Genehmigung notwendig ist, werden Straßenmusiker in anderen Gegenden geduldet, wo immer sie sich aufstellen.2

1.4 Wirkung von Straßenmusik

2.2 Eigene Statistiken

Auf jeden wirkt Straßenmusik anders. Denn im Gegensatz zu einem Musikkonzert auf das man mit einer gewissen Erwartung vorbereitet ist, springt einem die Straßenmusik plötzlich vor die Füße. Der Passant wir aus den verschiedensten Gemütszuständen und Stimmungen vor ihr vereinnahmt.

Die Daten für die folgenden Statistiken wurden von mir selbst während meiner Reise durch Deutschland erhoben und sind keineswegs repräsentativ. Dennoch sind sie interessant zu betrachten.

Der Straßenmusiker hat die Aufgabe diese Stimmung aufzugreifen und seine Musik individuell anzupassen. Oft ist es natürlich Zufall, dass jemand z. B. in Trauer ist und bei dem gerade angestimmten Lied an den Verstorbenen erinnert wird. Es gibt aber auch Musiker die die Passanten „lesen“ und sie an dieser Stelle abholen um eine entsprechende Stimmung mit ihrer Musik zu erzeugen.

1  vgl. Wikipedia

2  vgl. Wikipedia


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Herkunft der Straßenmusiker in Deutschland*

Deutschland 68 (42 %)

Osteuropa 40 (25 %)

Rest 53 (33 %)

Alleine oder mit Anderen* Einzelmusiker 37 %

Fahrender oder Bleibender Gesell* Ansässige 46 %

Gruppen 63 %

Reisende 54 %

* Angaben aus eigener Erhebung


14 Recherche & Analyse | Straßenmusik in Deutschland

Instrumentengruppen auf der Straße*

Drums 27

Tasten 29

Bläser 41

Saiten 32


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Gesang 35

Sonstige 11 * Angaben aus eigener Erhebung


16 Recherche & Analyse | Kulturelles Umfeld

3. Kulturelles Umfeld 3.1 Literatur

3.3 Filme & Dokus

• Das Straßenmusikbuch von Kai Engelke • Sound and the City, Populäre Musik im urbanen Kontext - Dietrich Helms • Klaus der Geiger. Deutschlands bekanntester Straßenmusiker erzählt - Klaus Wrochem • Straßenmusik in Köln: Dokumentation des Feedback Studio Köln • Mit Daumen, Piano und ohne Geld. Als Straßenmusiker durch Deutschland - Michael Müller

• Berlin Analog – Film über Straßenmusik in Berlin http://www.amazon.de/Berlin-Analog-Jens-Riis/dp/ B000BK8F24/ref=sr_1_1?s=dvd&ie=UTF8&qid=13 17769093&sr=1-1 • Once – Kinofilm über einen Straßenmusiker aus Dublin der von einer großen Karriere träumt und dann seine große Liebe trifft. http://www.once.kinowelt.de • Crossing The Bridge – The Sound of Istanbul -> Film von Fatih Akin über Straßenmusiker in Türkei • Benda Bilili! Von den Straßen Kinshasas zum Welterfolg ...von Renaud Barret und Florent de la Tullaye • Bericht über ein Straßenmusikerpaar mit Kind in Stuttgart, der einerseits die schöne Vielfalt der Straßenmusik zeigt und andererseits was es bedeutet jeden Tag auf die Straße zu gehen und auf die Spenden angewiesen zu sein. http://youtu.be/izoDhaIPJvo • Bericht über Straßenmusik in Frankfurt/Main mit offenen Interviews http://de.sevenload.com/sendungen/StreetLightsTV/folgen/V6DNUoe-Folge-2-Frankfurt-a-MStrassenmusik

3.2 Andere Arbeiten und Projekte • Diplomarbeit: Im Selbstportrait als Straßenmusiker von Stephnie Mertens, 2009 • Bachelorarbeit über Straßenmusik in Leipzig von Winfried Völlgers • Onlineplattform Straßenmusikervideos in Wien www.theyshootmusic.at • Forum zur Dikussion www.forum-strassenmusik.de • Agentur zur Vermittlung von Straßenmusikern www.strassenmusik.de/1796058.htm • Oasis, Promotion ihrer neuen CD mit Hilfe von Straßenmusikern http://youtu.be/nXJY1_6PAnQ • Versuch zur Gründung eines Straßenmusik-Plattenlabels • RAK – Rotzfreche Asphalt Kultur. Zusammenschluß von Straßenmusikern zur Verbreitung politischer Inhalte.

3.4 Museum Westpfälzer Musikantenmuseum Schulstr. 10, 67686 Mackenbach Tel.: 06374/8010791 http://www.musikantenmuseum.de/index.htm


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Straßenmusiker Das Geld liegt auf der Straße Sie gehören ebenso zum Stadtbild wie die Schaufenster und die Ladenpassagen – die Straßenmusikanten. Eine Fußgängerzone ohne musikalische Talente, die ihr Können zum Besten geben, ist kaum noch vorstellbar. Vom Leierkastenspieler über Rockbands bis hin zur klassischen Musik ist alles vertreten. Und die Straßenmusik kann ein durchaus lohnender Nebenjob sein. Hier ernten Musiker ihre Lorbeeren auf der Straße Häufig sind es Musikstudenten, die ihr Studium teilweise durch die Straßenmusik finanzieren und ihre ersten Lorbeeren auf der Straße sammeln, denn in diesen Musikern schlummert so manches verborgene Talent. Straßenmusiker bewirken häufig etwas ganz besonderes, wenn sie es fertig bringen, die Leute trotz des hektischen Alltags zum Zuhören zu bewegen. Mit ihren klassischen, karibischen, latein-amerikanischen oder auch rockigen Klängen verstehen sie es, die Passanten für wenige Momente in eine andere Welt zu entführen. Dabei ist es ganz gleich, ob sie allein oder mit mehreren auftreten.

Besonders gefragt, sind Straßenmusiker, die ihre Musik unter ein bestimmtes Motto stellen. Ihre Kleidung sollte also zur Musik passen. Wenn Sie beispielsweise klassische Musik spielen, dürfen Sie gerne aussehen, als kämen Sie gerade aus der Oper. Das erhöht die Aufmerksamkeit der Passanten um ein Vielfaches und macht es für sie zum Erlebnis. Prinzipiell gilt: Je außergewöhnlicher Ihr Auftritt, Ihr Gesang oder Ihr Instrument, desto größer ist Ihre Chance Aufmerksamkeit zu erregen. Und entsprechend wir Ihre Leistung honoriert. Auch Ihre Chancen, Aufträge durch Künstleragenturen zu bekommen, steigen. Ihre Qualifikation Wenn Sie Musiker sind, bringen Sie Ihre Qualifikation bereits mit. Denn Sie beherrschen entweder eines oder mehrere Instrumente und/oder können singen. Ihre Qualifikation unterstreichen Sie darüber hinaus durch die Auswahl der Instrumente und musikalischen Stücke – immer gemessen am Publikum, vor dem Sie auftreten. Investitionen und Ausstattung

Wo tummeln sich die Straßenmusiker? Die Einsatzmöglichkeiten sind so vielseitig, wie die Musik selbst. Sie sind in Fußgängerzonen, vor Einkaufspassagen und auf Stadt- beziehungsweise Straßenfesten zu finden. In Fußgängerzonen haben Straßenmusikanten häufig feste Stammplätze. Denn ihr Verdienst hängt im Wesentlichen auch vom Standort ab. Ihr Konzept Beherrschen Sie eines oder mehrere Instrumente und verfügen Sie über ein Repertoire an musikalischen Darbietungen? Dann haben Sie die Voraussetzungen bereits erfüllt. Doch mit dem Talent und dem Können allein ist es noch nicht getan. Denn ganz gleich, ob Sie mit mehreren oder alleine auftreten – Ihnen fehlt die Lizenz zum Spielen. Sie brauchen also, wie so häufig, eine behördliche Genehmigung des Ordnungsamtes. In der Regel werden Sie diese auch bekommen, denn grundsätzlich darf musizieren – ob zum Privatvergnügen oder kommerziell betrieben – nicht untersagt werden. Darüber hinaus haben die Ämter Interesse daran, die Innenstädte mit Attraktionen und Darbietungen für Besucher attraktiv zu gestalten. Schlechte Karten haben Sie allerdings, wenn Sie für eine bestimmte Region bereits der zwanzigste Antragsteller mit einer Bigband sind. Generell – auch außerhalb der Winterzeit – sollten Sie sich einen Überblick über anstehende Straßenund Stadtteilfeste verschaffen. Denn auch hier bietet sich der Rahmen für Ihr Können. Sie müssen allerdings im Vorwege Kontakt zu den Veranstaltern und Organisatoren aufnehmen, um auch hier eine Genehmigung zu bekommen.

Anzeige auf der Webseite von Nebenjob.de

Als Musiker werden Sie sicher bereits ein Instrument besitzen. Darüber hinaus entstehen Ihnen keine Anfangsinvestitionen. Denn mehr als Ihr Können und Ihr Instrument brauchen Sie nicht. Wenn Sie auch optisch auf sich aufmerksam machen wollen, sollten Sie vielleicht noch ein wenig in Ihre Kleidung investieren. Tipp Erkundigen Sie sich zuvor bei den Ordnungsämtern, ob es für bestimmte Regionen oder Plätze in der Innenstadt Auflagen zu erfüllen gibt. Es kann durchaus sein, dass einige Geschäftsleute sich durch Straßenmusikanten gestört und in dem Betrieb ihres Geschäftes behindert fühlen, weil beispielsweise der Zugang zu den Schaufensterauslagen versperrt wird. Diese haben eventuell eine «straßenmusikantenfreie» Zone vor ihrem Geschäft erwirkt. Um Konflikte im Vorwege zu vermeiden, sollten Sie ansässige Geschäftsleute immer erst fragen, ob es ihnen recht ist, wenn Sie sich vor ihrem Geschäft postieren. Häufig haben Sie damit schon das Eis gebrochen. Denn vielen geht es tatsächlich nur darum, gefragt zu werden. Lassen Sie sich mit Ihrem Können bei privaten Künstleragenturen und der Künstlervermittlung des Arbeitsamtes registrieren. Sie haben dadurch die Möglichkeit zusätzlich zu Ihrer Straßenmusik Engagements für beispielsweise Betriebs- oder Geburtstagsfeiern zu bekommen. Informationen bezüglich der erforderlichen behördlichen Genehmigung erteilen Ihnen die jeweiligen Ordnungsämter.


18 Recherche & Analyse | Forschungsfeld

4. Forschungsfeld Überblick aller Aspekte zum Thema Straßenmusik zur Orientierung bei der Analye und Konzeption. Der für mich interessanteste Aspekt ist der markierte Bereich, auf den ich mich nicht ausschließlich, aber hauptsächlich gestützt habe.

Tricks/Tipps

Platzwahl Uhrzeiten

prominente/berühmte Straßenmusiker

Strafen Verdienst

Ursprung/Ge

Regeln

Ausländer

Beruf Deutschland Versicherung Steuern

Schwarzarbeit

Allgemein, Formell

Rechte

Stimmung

Auffällig/ Unauffällig

Gigs

Einkaufverhalten

Festivals

Öffentlichkeit

Wirkung

Ausstattung/ Equipment

Instrumente

Kultur/Bildung

spezielle Techniken

Musik

Musikstil

Themen/Inhalte Qualität

Politik Show

Ausstrahlung

Charakter/Typ Umfeld

Der Mensch

Platzwahl

Der Musiker

Bildung/Beruf

Internetp

Prinzipien

Öffentlic

Geld Spaß Freiheit Entfaltung

Konkurrenz

Motive

Organisation

Straßenkünstle

Sprungbrett

Politik Einzel

Engagement

Gruppe/Band

Promo Star

Mafia


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Youtube Vimeo

MySpace Flattr

Facebook

eschichte Videos

Entwicklung

Profil

Stadtbild

Blogs/Foren

Kulturelle Bedeutung Internet

Stars of the City

Fernsehen

Presse

Print

Medien

Werbung CD‘s Platzwahl

Vermarktung

Raumbeanspruchung

Wording/Show

Mikrokosmos

STRASSENMUSIK

chkeit

Kommunikation

Corporate Image

Equipement/ Requisiten

Do-it-yourself Ästhetik

Typ/Charakter

Improvisation Kleidung/Verkleidung

Corporate Design

CD-Cover

Zweckentfremdung Verblendung

Webseite

Fotos/Videos Visitenkarten

präsenz

er

Doku

Tourismus Zuhörer

Meinungen Vorurteile

Passanten

Obadachlos

Hippi

Mitmacher

Cafes

Bettelei

Stimmung

Stadt

Geschäfte, Büros

Finanzamt Stadtverwaltung

Anwohner

Lärmbelästigung


20 Konzeption & Aufbau | Konzeption

C. KONZEPTION & AUFBAU


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1. Konzeption 1.1 Briefing In Zeiten von computergenerierter Musik hat sich das Verständnis von „handgemachter“ Live-Musik verändert. iPods machen Musik ständig und überall abrufbar und die Wahrnehmung von der akustischen Umgebung ist eingedämmt, wenn nicht sogar ausgeschaltet. Die Flut an Informationen, der Mangel an Zeit und die ständige Erreichbarkeit auf allen Kanälen mit den Smartphones lässt uns oftmals völlig geistesabwesend durch die Stadt irren. Straßenmusik wird dann oft nur unbewusst wahrgenommen und das Angebot des Musikers kostenlos eine neue Musikrichtung kennezulernen oder sich durch seine Musik vielleicht inspiriern oder einfach nur positiv stimmen zu lassen wird nicht erkannt. Es fehlt die Zeit und das Bewusstsein, diese Kunst wertzuschätzen.

1.2 Aufgabenstellung und Zielsetzung Die Diplomarbeit soll auf Straßenmusik und deren Vertreter aufmerksam machen. Sie soll ein Bewusstsein für die Kunst und Lebensform schaffen und ein Interesse an dem Menschen wecken, dessen Ansehen oft von Vorurteilen (meist Bettlerei) geprägt ist. Die Arbeit soll sowohl die Vielfalt der Straßenmusik in deutschen Städten aufzeigen als auch einen kleinen Einblick in das Leben als Straßenmusiker geben. Es soll eine Wertschätzung für den Beruf und die Lebensform geschaffen werden und der Straßenmusik somit ein positiveres Image geben – sowohl nach außen als auch unter den Musikern selbst.

1.3 Abgrenzung und Anforderung Es gibt, bis auf ein paar Artikel in Zeitschriften und die ein oder andere Fernseh-Dokumentationen nur recht wenig über Straßenmusik. Meinstens geht es dabei um die Schwierigkeiten als Künstler auf der Straße, ums Geldverdienen oder um unglaubliche Talente, also vielleicht die Stars von morgen? Es gibt auch Menschen, die sich theoretisch mit dem Thema befasst oder auch Erfahrung im Selbstportrait als Straßenmusiker verfasst haben.

Ich möchte mit meiner Arbeit vor allem auf den Menschen und den Musiker eingehen. Es soll keine Auswahl stattfinden, jeder der Musik auf der Straße macht gehört dazu und soll betrachtet werden. Die Arbeit soll kein Mitleid erregen und jammernd auf die Tränendrüse drücken, sie soll (genau wie Straßenmusik selbst auch) ein positves Gefühl vermitteln und kommunizieren, dass Straßenmusik ein Phänomän ist das Achtung und Annerkennung verdient. Ich möchte dass die Menschen in den Fußgängerzone Augen und Ohren öffnen und gelegentlich einem Straßenmusiker ihre Aufmerksamkeit schenken. War das Erlebnis schön und hat man einen Groschen übrig, darf der Musiker dafür auch gerne honoriert werden. Doch nicht nur nach außen soll das Image verbessert werden, sondern auch das Selbstbewusstsein der Musiker soll gestärkt werden (Es interessiert sich jemand für sie – sie werden ernst genommen). Dies soll zu einer besseren Stimmung untereinander sorgen und einen respektvolleren Umgang miteinander fördern.

1.4 Zielgruppe und Absender Die Arbeit richtet sich prinzipiell an alle Menschen, die in Fußgängerzonen unterwegs sind. Sie soll zum Einen diejenigen ansprechen, denen beim Gedanken an Straßenmusik nur Indios und Bettler in den Kopf schießt. Jene, für die Straßenmusiker bisher Luft waren und die vielleicht sogar Berührungsängste mit dem fahrenden Volk, den teilweise recht exotischen Gestalten haben, die auf „unehrliche“ Art und Weise von Spenden auf der Straße leben. Ein Vorurteil das zum Teil noch Bestand hat. Zum Anderen angesprochen sind Menschen, die sehr passiv durch die Innenstädte laufen und mit Kopfhörern in ihrer eigenen Welt, nichts von ihrer Umgebung mitbekommen. Außerdem sind alle angsprochen, die sich für Musik/ Livemusik (insbesondere natürlich Straßenmusik) interessieren. Auch Straßenmusiker selbst sollen sehen was es sonst noch so an Straßenmusik in Deutschland gibt – vielleicht erkennt man ja den ein oder anderen Kollegen.


22 Konzeption & Aufbau | Konzeption, Aufbau

Die vorwiegend fotografische Umsetzung soll Fotografie- und Kunstinteressierte als Zielgruppe mit einschließen und somit auch einen deutlich unkommerziellen Charakter haben.

1.5 Persönliche Zielsetzung wie schon eingangs erklärt spielte für mich die Musik in meinem Leben immer eine große Rolle, die jedoch in den letzten Jahren ungewollt etwas an Bedeutung verlor. Beim Betrachten von musizierenden Menschen und im Gespräch mit Musikern stelle ich immer wieder fest wie groß meine Begeisterung ist, die davon ausgeht. Während der Bearbeitungszeit möchte ich mich also im Dialog mit Musikern wieder der Musik nähern und vielleicht somit einen ersten Schritt machen der mich wieder zum selbst-aktiv-Musik-machen führt. Auf diversen Foto-Exkursionen während des Studiums habe ich gemerkt wie effektiv es sein kann unterwegs, also weg von der vertrauten Umgebung zu arbeiten ohne Ablenkung, sondern mit voller Konzentration bei der Sache. Das wollte ich nun wieder anwenden und schauen, welche Auswirkungen es hat, wenn ich das auf eigene Faust mit dem eigens abgesteckten Rahmen mache.

Auch die fotografische Herangehensweise an ein Thema gefällt mir und hat auch einen Teil zu diesem Thema beigetragen, da die Fotografie einen Großteil meines Studiums ausgemacht hat. Das Material, das ich auf diese Weise sammle soll in einem Printprodukt zusammengefasst werden, dessen Gestaltung auf Fotografien aufbauend, konzeptionell und typografisch ausgearbeitet werden soll. Ich möchte damit die verschiedenen Disziplinen meines Studiengangs mit einbringen und vertiefen.

1.6 Medienwahl Fotografie Da es mir wichtig ist, den Menschen hinter dem Straßenmusiker zu zeigen, der in der Schnelligkeit und Hektik einer Stadt oft untergeht, möchte ich das Thema mit der Fotokamera angehen. Mit Hilfe der Fotografie möchte ich dem Betrachter die Möglichkeit geben sich Zeit zu nehmen, den Mensch ganz genau anzusehen und vielleicht etwas Verborgenes in ihm zu entdecken.


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2. Aufbau & Fotografische Umsetzung Bei der Konzeption des Bildstils hatte ich zwar Vorstellungen im Kopf, welche Bilder entstehen und wie sie aussehen könnten. Ganz genau festlegen konnte ich das natürlich nicht, da ich auf das Engagement der Straßenmusiker angewiesen war und jeder sicher anders reagieren und mitmachen würde. Da es nicht im Detail planbar war, tastete ich mich also langsam heran und probierte mich aus, bis ich schließlich das für mein Projekt passende Bildkonzept gefunden hatte.

2.1 Bildkonzept: Reportage Vorerst legte ich für mein Projekt fest, die Fotos im Reportagestil zu machen – also eher dokumentarische Bilder oder Bilderserien, die eine Geschichte erzählen. Es erschien mir am sinnvollsten die Straßenmusiker nah und direkt abzulichten um dem Betrachter das Gefühl zu geben in der abgebildeten Situation mit dabei zu sein. Beim betrachten der Bilder soll er in die Stimmung versetzt werden, die dort auch herrschte und die Schwingungen der Musik quasi hören und spüren.

Für mich bedeutete das beim Fotografieren, den Straßenmusiker genau zu beobachten und versuchen seine Mimiken und Gesten zu verstehen um sie dann in das Bild zu übertragen. Dabei musste ich darauf achten, ihn nicht zu stören bzw. abzulenken um kein unnatürliches, „gestelltes“ Foto machen. Sowieso wollte ich mit meinem Fotografieren nicht die Show des Musikers stören oder das Publikum ablenken. Diese Art der Fotografie gibt einen mehrschichtigen Eindruck der Gesamtdarbietung aus verschiedenen Blickwinkeln und Perspektiven und somit tiefere Einblicke auf die Straßenmusik und ihr Umfeld. Sie lässt Rückschlüsse auf Dinge wie Qualität der Musik durch Reaktionen im Publikum und auch den „Showeffekt“ oder die Ernsthaftigkeit, Fröhlichkeit usw. der Lieder die das Publikum eventuell wiederspiegelt. Die Betrachtung des Publikums lässt gegebenenfalls auch Rückschlüsse auf die Gesellschaft der Stadt oder des Stadtteils zu.


24 Konzeption & Aufbau | Bildkonzept: Reportage

2.1.1 Problematiken, Schwierigkeiten Bei den ersten Versuchen stellte ich fest, dass die entstandenen Bilder zwar sehr lebendig und authentisch sind, aber dennoch über einen gewissen Punkt nicht hinauskommen. Es fehlte an Tiefe. Der Zugang zu den Menschen erschloss sich nur bedingt. Um nun eine persönliche Komponente mit einzubringen sollten also von nun an zusätzlich Portraitaufnahmen des Straßenmusikers gemacht werden, bei der dieser direkt in die Kamera schaut. Das Problem wurde zwar um einiges besser, vollständig gelöst war es allerdings immer noch nicht. Eine weitere Problematik bestand darin, dass sich die Hintergründe vor denen sich die Musiker meistens aufbauten zum einen oftmals eher unschön waren und zum anderen sehr unruhig. Dadurch dass sie keine Schaufenster oder Eingänge versperren wollen, suchen sie sich meist dreckige, dunkle Hintertüren, Notausgänge, Baustellenabsperrungen oder eintönige Pfeiler. Das liegt aber auch teilweise daran, dass die Akustik in überdachten Nischen wesentlich besser ist oder aber der Standort dem Musiker von der Stadt zugewiesen wurde. Da die Hintergrundproblematik einem normalen Zuschauer nicht auffällt – er schaut dem Musiker zu und nicht auf den Hintergrund – ist das nicht weiter tragisch. Beim betrachten der Fotos ist dies allerdings auf Dauer störend und lenkt vom eigentlichen – dem Musiker – zu stark ab. Auf dem Foto springt der Hintergrund wesentlich stärker ins Auge, da die Situation ganz anders wahrgenommen wird – nämlich ohne Musik und Bewegung. Steht der Musiker nicht vor den soeben genannten Hintergründen, befinden sich dafür viele unruhige Elemente, wie z. B. Werbeschilder, Menschenmassen und was sonst so „Kleinteiliges“ mitten in der Stadt sein kann. Nicht immer gelingt es mit einer offenen Blende oder einer längeren Brennweite den Hintergrund in der Unschärfe verschwinden zu lassen, da entweder zu viel Licht (Sonne) das verhinderte oder aus Platzgründen der Abstand nicht vergrößert werden konnte.


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Der Eindruck von der Performance ist zwar ganz gut, aber von den Musikern sieht man nicht viel.

Ein Notausgang, Baustellen-Stromkasten und hässliche SÜulen. Leider kein Einzelfall.

Auch hier, Passanten und Werbeschilder machen einen sehr unruhiger Hintergrund lenken vom eigentlichen Inhalt ab.


26 Konzeption & Aufbau | Inspiration

2.2 Inspiration Colors Magazin Während meiner Recherche auf der Suche nach geeigneten Gestaltungsmitteln und der Festlegung des Bildstils, bin ich auf das Monothematische Magazin Colors gestoßen. Insbesondere inspiriert hat mich dabei die Ausgabe Nr. 81 mit dem Thema Transport ¹. Der Fotograf James Mollison hat darin verschiedene Serien von Menschen mit ihren Fahrzeugen abgelichtet wobei eine Serie immer einen bestimmten (gleichen) Blickwinkel auf jene hatte. Oftmals hat er die Personen samt ihrer Fahrzeuge, egal welcher Größe, auf einen weißen Stoffhintergrundgestellt und sie somit komplett aus ihrer Umgebung herausgelöst.

Dieser lockere Umgang hat mir gezeigt, dass es noch weitere Möglichkeiten gibt, die Aussage und Wirkung des Bildes zu lenken. Mit diesen Bildern im Hinterkopf konnte ich nun an meine geplante Serie über Straßemusiker in Deutschland herangehen und versuchen eine gewisse Eintönigkeit, die Bilderserien mit sich bringen können, zu umgehen.

Diese Fokussierung auf das Wesentliche und die Idee eine Studioaufnahme eines „Objektes“ zu machen, das quasi unmöglich in ein Studio zu bekommen ist hat mich fasziniert. Die Vorstellung das Gleiche mit Straßenmusikern zu machen baute sich in meinem Kopf auf und schien mir der perfekt und passende Weg der Darstellung für dieses Projekt.

Fotografen Von der Idee aus dem Colors Magazine inspiriert schaute ich mich nach weiteren Fotografen um, die auch schon mit selbst geschaffenen Hintergründen gearbeitet haben. Darunter waren unter anderem Richard Avedon und Stefan Moses. Seine Bilder aus seinem Buch Abschied und Anfang – Ostdeutsche Portraits 1989 – 1990 2 geben einen sehr guten Einblick darüber welche Möglichkeiten solche Hintergrundstoffe bieten. Stefan Moses hatte bei seinem Projekt einen sehr spielerischen und freien Umgang damit. Er setzte das Stofftuch auf ganz unterschiedliche Art und Weise ein. Mal zeigen seine Bilder nur den Ausschnitt mit den Portraitierten mit dem einheitlichen Stoffhintergrund ohne Hinweis auf die Umgebung. Mal geben Schattenwürfe einen Hinweis auf die Umgebung. Ein anderes Mal nimmt der Portraitierte auf dem Tuch nur einen Teil des Bildes ein und die Umgebung ragt deutlich in die Komposition des Bildes. Im äussersten Fall ist das Stofftuch nur noch am Rand, zum Teil kaum sichtbar zu erkennen.

Schriftsteller, Berlin aus „Abschied und Anfang. Ostdeutsche Portraits 1989 – 1990“ von Stefan Moses

„Das Paradoxe an der Suche nach dem gültigen Menschenbild mit den Mitteln der Fotografie ist die Gewissheit, dass erst aus der zeitlichen Distanz das Eigentliche sichtbar wird. „Soziale“ Fotografien müssen altern, damit wir das Unwiederbringliche auf ihnen erkennen lernen.„

1 Waterhouse, Patrick (Hg.): COLORS Magazine. Transport – a survival guide, Ausgabe 81. Bath, Juli 2011 2,3 Stölzl Christoph (Hg.): Abschied und Anfang. Ostdeutsche Portraits 1989 – 1990 von Stefan Moses, Berlin1991

Zitat Stefan Moses 3


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1

2

1

Stanjoe at the wheel of his car, Belgrade, Serbia aus dem Magazin COLORS, Transport – a survival guide, Ausgabe 81

2

Benson Muni and passenger Kamal on „Mutemba“ aus dem Magazin COLORS, Transport – a survival guide, Ausgabe 81

3

Schwestern, Kloster Marienthal, Ostritz aus „Abschied und Anfang. Ostdeutsche Portraits 1989 – 1990“ von Stefan Moses

4

Küstenfischer, Insel Poel aus „Abschied und Anfang. Ostdeutsche Portraits 1989 – 1990“ von Stefan Moses

5

Musiker der Nationalen Volksarmee, Cottbus aus „Abschied und Anfang. Ostdeutsche Portraits 1989 – 1990“ von Stefan Moses 3

4

5


28 Konzeption & Aufbau | Bildkonzept: Portrait


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2.3 Bildkonzept: Portrait 2.3.1 Idee Eine Idee, die mir am Anfang als unpassend, künstlich und sehr aufwendig für mein Projekt erschien, zog ich nun doch in Betracht. Und zwar: wenn der Hintergrund das durchweg störende Element ist, dann muss ich den eben selbst mitbringen, habe ich mir gedacht. Inspiriert durch einen Artikel im Colors-Magazin und von dem Fotografen Stefan Moses (siehe 2.4.) besorgte ich mir ein mobiles Hintergrundsystem und einen weißen Hintergrundstoff der groß genug war, um eine Gruppe bis zu ca. 5 Personen sowohl in der Breite als auch in der Länge zu platzieren (Stoff in 3 m Breite mal 6 m Länge). Die beiden hinzugekommen Accessoires waren gerade noch so, dass man sie alleine tragen konnte. Den Hintergrundaufbau konnte ich nun praktisch überall hinstellen wo ich es brauchte, ohne umständlicherweise mit den Musikern einen Termin und Treffpunkt ausmachen zu müssen. Ich konnte – und das war sehr wichtig – schnell reagieren und an Ort und Stelle, jetzt und hier ein Foto-Shooting machen. In der Tat waren viele Musiker darüber erstmal verwirrt, als ich ihnen erzählte, was ich gerne mit ihnen anstellen würde und dabei Beispielbilder auf meinem iPhone zeigte. Erst dachten sie dabei an ein richtiges Fotostudio, wo sie dann extra hin kommen müssten.

2.3.2 Das Konzept Durch den weißen Hintergrund wird der Straßenmusiker aus seinem Umfeld herausgenommen und wie auf eine Art Bühne gestellt. Das betont die Bedeutung und Wichtigkeit die er damit dem Betrachter gegenüber erfahren soll. Gleich einem Superstar steht nun auch der „kleine“ Straßenmusiker im Rampenlicht. Das Umfeld in dem der Straßenmusiker auftritt ist zwar ein wichtiger Bestandteil der Inszenierung (manche Musiker legen gesteigerten Wert darauf), aber zur Betrachtung des Menschen selbst ist der Ort eher unwichtig. Morgen steht er ja ohnehin wieder an einem anderen Ort. In meiner Arbeit geht es ja vor allem um den Menschen selbst. Die Aufmerksamkeit des Betrachters soll und wird komplett auf die Person gelegt. Er kann sich voll und ganz auf ihn konzentrieren und in Verbindung

mit dem Musikinstrument etwas Verborgenes sichtbar machen, vielleicht den Charakter dieses Menschen erahnen – Auge in Auge. Es entsteht quasi ein offener Dialog zwischen den beiden. Da man aber nicht denken soll, dass es sich um Studioaufnahmen handelt, sondern die Aufnahmen direkt vor Ort gemacht wurden, ist auf den Fotos immer etwas von der Umgebung sichtbar – mal mehr mal weniger. Zum Teil fügt sich Diese sehr interessant in die Bildkomposition ein und gibt ihm mehr Tiefe. Dieses Konzept zeigt deutlicher als die dokumentarische Sicht auf die Straßenmusik, meine Intension, den Fokus auf den Menschen zu setzen und damit der Straßenmusik ein positiveres Image zu geben. Die reportagige Art der Fotografie ist für dieses Projekt zu sehr abbildend im Vergleich zu den inszenierten Bildern mit weißem Hintergrund.

2.3.3 Bildstil Farbe vs. Schwarzweiss Die Entscheidung in Farbe zu fotografieren (also auch beim fotografieren in Farbe zu denken) war nicht schwer, wollte ich doch die Vielfalt der Straßenmusik zeigen. Diese drückt sich eben bei manchen sehr stark in der Farbigkeit ihrer Instrumente oder Kleidung aus. Auch die Haut- und Haarfarbe sagen viel über den Menschen aus. Aufnahmen in Schwarzweiß sorgen für Abstraktion und Distanz, die ich mit dieser Arbeit nicht schaffen möchte. Vielmehr möchte ich die Lebendigkeit und Vielseitigkeit der Straßenmusik zeigen, was mit Farbbildern deutlich besser gelingt.

Brennweite Für eine einheitliche Bildwirkung legte ich eine Brennweite zwischen 50 – 70 mm fest. So war auch bei drei bis vier Personen sichergestellt, dass alle vor dem weißen Hintergrund stehen und generell keine perspektivischen Verzerrungen entstehen, also eine mögliche neutrale, natürliche Wiedergabe der Personen.


30 Konzeption & Aufbau | Equipment

2.3.4 Equipment Kameras

Hintergrundsystem

Bei der Masse an Bildern, die ich produzieren würde, hat sich nie wirklich die Frage nach einer analogen Fotokamera gestellt. Mit einer Vollformat-Kamera (NIKON D700) ist aber zumindest die perspektivischen Bildwirkung mit den Objektiven gleich einem Kleinbildfilm möglich. Das war mir sehr wichtig, da die Gestaltungsmöglichkeiten um einiges ausgeprägter sind. Für einen schnellen und handlichen Einsatz, auch mit der Möglichkeit Videoclips aufzunehmen, hatte ich auch die kompakte NIKON P7000 dabei.

Für das Bildkonzept mit dem Hintergrundstoff (siehe 3.4) habe ich ein mobiles Hintergrundsystem von Calumet zusammen mit einem weißen, drei Meter breiten Baumwoll-Stoff in sechs Metern Länge verwendet.

Objektive Da ich viel dokumentarisch und „reportagig“ fotografieren musste, habe ich ca. 95 % meiner Fotos mit einem sehr lichtstarken NIKON-Objektiv 24-70 mm 2.8 gemacht. Dieses bietet einen sehr flexiblen Umgang mit Brennweiten von Weitwinkel bis leicht Tele bei gleichbleibender Blende. So entfiel ein ständiger Objektivwechsel und ich konnte schnell und flexibel auf die Gegebenheiten reagieren. Für eine distanziertere, beobachtendere Aufnahmen hatte ich ein Teleobjektiv NIKKOR 70-300 mm 4,5-5,6 VR. Für den ganz seltenen Fall, dass nur wenig Raum für mehr Abstand war, habe ich ein starkes Weitwinkel NIKKOR 17-35 mm 2,8 eingesetzt.

Auf dem Stofftuch sollten mindestens 1 –  3 Personen Platz haben, die einen Abstand von ca. einem Meter zum Hintergrund haben. Es sollte sichergestellt sein, dass die Person(en) komplett von dem Tuch eingeschlossen sind, möglichst ohne dass etwas von der Umgebung auf dem Foto sichtbar wird. Bei einer Höhe von ca. 2,5 Metern ist somit das Stofftuch mit diesen Maßen ausreichend.

Transport Um in der Fußgängerzone mobil und flexibel zu bleiben habe ich das elektronische Zubehör + Kleidung und Verpflegung in einem Fotorucksack (LOWEPRO CompuRover AW) getragen, das Hintergrundsystem in der mitgelieferten Tasche und den Stoff in einer separaten Tasche. Das gesamte Equipment hatte zwar ein Gewicht von ca. 25 Kilogramm, war aber ohne weitere Hilfsmittel von einer Person tragbar.

Laptop, Festplatte Tonaufnahme Zur Aufnahme der Musik und Interviews hatte ich das sehr handliche, digitale Aufnahmegerät OLYMPUS LS-5 dabei. Mit zwei Mikrofonen für Stereoaufzeichnung und die Möglichkeit mit einer bis zu 24 bit/96 kHz Samplingrate aufzuzeichen machen es zu einem guten Allround-Gerät das sowohl für Musik, als auch für Interviews geeignet ist.

Auch dabei (jedoch nicht im Rucksack) hatte ich einen kleinen Laptop, der zur Sichtung und Kontrolle der Bilder unterwegs gedacht war. Vor allem aber diente er zur Speicherung der Bilder von den Chipkarten. Zur Sicherheit hatte ich auch eine separate Festplatte dabei, auf denen die Daten jeweils in Kopie gespeichert wurden. Diese Festplatte trug ich immer bei mir – so waren meine Daten immer jeweils an zwei unterschiedlichen Orten gesichert.


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Übertragen der Daten und Aufladen der Akkus beim Camping

Das Hintergrundsystem aus Stativen und Querstange, zur Stabilität befestigt an Laterne und Bauzaun. Stofftuch (noch lose).

Ich und das Equipment mit dem ich durch die Straßen gezogen bin


32 Konzeption & Aufbau | Fotoshooting

2.3.5 Fotoshooting Zur Standortauswahl des Hintergrundaufbaus waren vor allem vier Dinge wichtig:

1. Lichtrichtung, Schatten Hat z. B. die Mittagssonne ein sehr hartes Licht und damit tiefe Schatten verursacht, galt es einen Teilschattenplatz zu meiden (zu hoher Dynamikumfang) oder ganz in den Schatten zu gehen. Gab es an dem Standort keine andere Wahl, musste die Blitzleistung entsprechend erhöht werden um die Schatten aufzuhellen. Eine leichte Aufhellung der Person hat sich allerdings immer positiv auf die Ausleuchtung ausgewirkt. 2. Befestigungsmöglichkeit der Stative Entscheidend für das Shooting waren jedoch nicht nur die Lichtverhältnisse, sondern vor allem der stabile Stand des Hintergrundsystems. Selbst bei leichtem Wind blies sich das Stofftuch auf wie ein Segel. So suchte ich immer eine Stelle, an der ich mindestens eines der Stative fixieren konnte – besser waren beide – das andere habe ich dann so gut es ging mit Gewebeband (Gaffa) festgeklebt. Das Stofftuch habe ich seitlich mit Klammern befestigt und am Boden mit Gaffa festgeklebt.

1

3. ausreichend Platz zum Fotografieren Bedingt durch die Festlegung der Brennweite war ein gewisser Abstand zum Set nötig. Je nach Einbindung des Hintergrunds musste dieser zwischen drei bis zehn Metern sein. 4. Hintergrundumgebung Die Priorität sollte zwar auf der Person liegen, die Einbindung der Umgebung war aber nach Möglichkeit auch gewünscht. Je nach dem ob Diese positiv zur Bildwirkung beitrug oder nicht hab ich sie mehr oder weniger in die Bildkomposition mit einbezogen. 2


33

1

Klemmen zur Befestigung des Tuches am Stativ bei Wind

2

Fixierung der Stative am Boden mit Gaffa

3

Shooting in Köln, Domplatte

4

Platzmangel bei Shooting in Berlin, Warschauer Brücke

5

Indios freuen sich über die Fotos

6

Shooting in Heidelberg

7

Unglaubliche Klebekraft bei starkem Wind in Dresden

5

6

3

4

7


34 Konzeption & Aufbau | Unterwegs

3. Unterwegs 3.1 Organisation Die erste Idee, meine Reise mit der Bahn zu machen habe ich schnell verworfen. Der Gedanke auf dem Weg zwischen meinen Stationen das Material zu sichten und eventuell schon daran zu arbeiten war ja ganz gut. Doch die Menge an nötigem Zubehör, die ich für die Umsetzung benötigte zusätzlich zur nötigen Kleidung und was man sonst so braucht wenn man unterwegs ist, wäre nur schwer zu händeln gewesen. Ich hätte an Geschwindigkeit und Flexibilität verloren wenn ich jedes Mal in einer neuen Stadt hätte erstmal ein Schließfach finden oder mich auf die Suche nach einer Bleibe für die Nacht machen müssen. Mit all dem Gepäck wäre ich zu Fuß ansonten nicht weit gekommen, geschweigedenn hätte ich damit fotografieren können. Also Entschied ich mich für das Auto, was nicht nur den Vorteil hatte maximal flexibel zu sein und das Gepäck nicht tragen zu müssen. Ich konnte auch meine Campingausrüstung einladen und unterwegs spontan den nächsten Zeltplatz ansteuern. So konnte ich teilweise teure Übernachtungen in der Stadt ausgleichen mit den etwas höheren Spritkosten. Der Unterschied zu den Preisen der Bahn war im übrigen nur verschwindend Gering, was die Entscheidung zusätzlich erleichtert hat. In den Städten München, Berlin und Hamburg bin ich kostenlos bei Freunden untergekommen, in anderen Städten bin ich entweder in günstige Hostels oder eben auf den Campingplatz gegangen. Die Städte in meiner Umgebung (Mainz) habe ich als Tagesausflug gemacht. Insgesamt Unterwegs zum Fotografieren war ich 41 Tage und war dabei in 22 verschiedenen Städten – wie gesagt in manchen auch mehrfach.

3.1.1 Auswahl der Städte Um einen möglichst umfassenden Eindruck über Straßenmusik in Deutschland zu erhalten nahm ich mir vor, das Land so gut es geht flächendeckend zu bereisen. Da die Chancen Straßenmusiker zu treffen in größeren Städten höher ist beschränkte ich mich also vorerst darauf (nur in meiner Heimatgegend waren auch kleinere Städt darunter). Unter anderem aus terminlichen Gründen unterteilte ich meine Reise in drei größere Abschnitte. Auf der ersten Tour klapperte ich das Ruhrgebiet ab, der zweite Teil ging nach Süddeutschland. Die dritte und größte Tour ging von Mainz aus in Richtung Osten in den Norden Deutschlands.


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Bereiste Städte auf der Suchen nach Straßenmusikern

Hamburg

Berlin

Dortmund Essen

Kassel * Leipzig

Düsseldorf *

Dresden

Köln ** Bonn

Frankfurt ** Wiesbaden Würzburg

Worms

Saarbrücken

Frankenthal Mannheim * Heidelberg

Nürnberg

Regensburg * Stuttgart

München

* Nicht in allen Städten waren gleichermaßen Straßenmusiker zu finden. In diesen Städten ging ich sogar komplett leer aus.

** Manche Städte hingegen bereiste ich öfter, da diese viel an Straßenmusik zu bieten hatten


36 Konzeption & Aufbau | Unterwegs

3.2 Ansprache & Umgang mit den Musikern Bei meinem Thema war ich natürlich auf die Hilfe und Mitarbeit fremder Menschen angewiesen. Mir war es wichtig ein gutes Verhältnis zu den Musikern aufzubauen und ihnen zu vermitteln, dass ich keine „bösen“ Absichten mit meinen Fotos oder auch der Information die ich sammele habe. Ich wollte mein ehrliches Interesse an der Straßenmusik und an ihnen zeigen und sie so respektvoll wie möglich zu behandeln.

3.2.2 Autogrammheft Zur besonderen Wertschätzung und weiteren Aufwertung der Straßenmusiker habe ich mir von jedem ein Autogramm geben lassen. Ein Autogramm wird normalerweise bei bekannten/berühmten Persönlichkeiten verlangt und ist ein Zeichen dafür dass man diese Person verehrt oder sie zumindest so eindrucksvoll findet, dass man etwas persönliches von ihr mit nachhause nehmen möchte.

3.2.1 Projektkarte Um das Vertrauen zu bekommen habe ich eine kleine „Projektkarte“ angefertig. Darauf war neben einem Foto von mir geschrieben: mein Name, Emailadresse, ein kurzer beschreibender Text zu meinem Projekt und ein Link zu einer Webseite auf der ich eine etwas ausführlichere Beschreibung des Projektes bereitstellte. Damit wollte ich meine Seriösität und Ernshaftigkeit zeigen und ihnen die Möglichkeit geben im nachhinein Kontakt zu mir aufzunehmen, falls irgendwelche Fragen auftauchen. Mit dem Aushändigen dieser Projektkarte bot ich auch immer an, ihnen eine Auswahl an Bildern per Mail zu schicken – als Dankeschön für‘s Mitmachen. Für mich war es auch die Geste nicht nur zu nehmen, sondern auch etwas zu geben, die mir wichtig war. Die Straßenmusiker sollten insgesamt einfach ein gutes Gefühl dabei haben und nicht das Gefühl, sie werden „ausgenutzt“. Schließlich war es ja auch mein erklärtes Ziel eine Wertschätzung für Straßenmusiker zu schaffen. Diese Geste wurde auch sehr gut angenommen und hat den Einstieg deutlich erleichtert. Viele fanden das Projekt gut und haben sich gefreut, dass sich jemand für sie interessiert. Es war nur ca. drei bis vier Leute insgesamt, die trotzdem ablehnten oder nur gegen Bezahlung mitmachen wollten. Das habe ich kategorisch abgelehnt. Gerne habe ich zwar dem ein oder anderen einen Euro oder zwei in den Hut geworfen – das war jedoch ein Dankeschön meinerseits wenn sie sich besonders viel Zeit für mich genommen haben und ich sie von der Arbeit abhielt.

Dieses Gefühl wollte ich damit auch den Straßenmusikern geben. Sie sollten sich für einen Moment etwas berühmt und als etwas Besonderes fühlen. Diese perönliche Note in Form der Handschrift sollte auch in irgendeiner Form in meine Arbeit mit einfließen, sodass diese Aufwertung an den Betrachter weitergetragen wird.

3.2.3 Eigene Motivation Generell war ich trotzdem sehr erstaunt, wie hoch die Bereitschaft mitzumachen war. Ich hatte mit wesentlich mehr Ablehnung gerechnet – in der heutigen Zeit läßt man sich ja nicht so gerne fotografieren, aus Angst das Bild tauch irgendwo auf, wo es nicht soll. Daher gehörte es quasi zum Pflichtprogramm als hochmotivierter und freundlicher Mensch aufzutreten. Schließlich musste ich immer wieder auf‘s Neue versuchen die Leute von meinem Projekt zu überzeugen und zu erklären warum ich das alles mache. Schwierig war dabei vor allem der erste Schritt des Tages – also der erste Musiker, den ich an einem neuen Tag angesprochen habe. Hatte das dann geklappt und derjenige war „im Kasten“, gab das mir einen Motivationsschub, der die restlichen Shootings wie von alleine haben laufen lassen.


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Vorder- und Rückseite der „Projektkarte“ in Originalgröße

Straßenmusiker unterschreibt in meinem „Autogrammheft“


38 Umsetzung | Der Katalog

D. UMSETZUNG

Nachdem ich also mein Bildkonzept (mit dem Hintergrundaufbau) festgelegt und erfolgreich umgesetzt hatte, ging es nun an die Weiterverarbeitung des gesammelten Materials. Nach wie vor stand immer noch die Straßenmusik im Vordergrund und das Ziel sie und vor allem ihre Vertreter näher kennenzulernen. Ihnen sollte mehr Aufmersamkeit geschenkt werden, um damit ein Bewusstsein und eine Wertschätzung für diese Kunst- und Lebensform zu schaffen. Mein Beitrag sollte vor allem positiv sein, ohne jedoch alles zu rosarot zu machen. Er soll Menschen dazu auffordern mit offenen Ohren durch die Stadt zu gehen und sich hin und wieder mal einen Moment Zeit zu nehmen für die Musik die auf der Straße dargeboten wird. Das Selbstwertgefühl der Musiker habe ich durch mein Interesse und vor allem durch die Aktion selbst schon aufgebessert. Dies galt es eben nun weiter zu tragen, um quasi die Botschaft zu verbreiten.

Mit meinem Fotografien habe ich den Fokus auf den Menschen gelegt. Durch den Hintergrundaufbau habe ich ihn aus der Umgebung herausgelöst und ihn quasi wie ein Star auf die Bühne gestellt, auf der er sich präsentieren durfte. Um aber aber noch stärker auf den Menschen selbst und seine persönliche Geschichte einzugehen war es mir auch wichtig davon etwas zu erzählen. Ebenso sollten meine persönlichen Eindrücke von den Begegnungen mit einfließen und der Arbeit mehr Authentizität geben. Wenn auch meine Arbeit dadurch einen subjektiven Charakter bekommt, so zeigt die dennoch einen kleinen Auszug, sozusagen eine Stichprobe von dem was sich in der Straßenmusikszene in Deutschland so abspielt. Aus all diesen Gedanken heraus sind nun folgende Sachen entstanden: • Katalog • Imagkampagne + Webseite • Ausstellung


39

1. Der Katalog 1.1 Gestaltungskonzept In einem Printprodukt soll der Fokus eindeutig auf der Betrachtung von Straßenmusikern liegen, die dort auf großformatigen Fotos gezeigt werden. Dazu sollen kurze Texte mit unterschiedlichen, möglichst kurzweiligen Informationen einen weiteren Eindruck von der abgebildeten Person liefern und damit dem Bild mehr Tiefe geben. Das fertige Produkt soll mit einer ruhigen Gestaltung und viel Weißraum den Fotos genug Platz zur Entfaltung geben, wohingegen die Textebene gut sichtbar aber nicht zu dominat auftreten soll. Im Hauptteil sollen ausgewählte Bilder der Stoffhintergrund-Reihe die Vielschichtigkeit der Straßenmusik in Deutschland zeigen. In einem Index soll am Ende des Katalogs ein Gesamtüberblick der portraitierten Straßenmusiker in Miniaturform gegeben werden. Dazu sollen ein paar wenige (einheitliche) Fakten ein kurzes, sachliches Portrait des Musikers zeigen, gepaart mit der persönlichen Note, dem Autogramm des Musikers. Der Katalog kann für sich alleine stehen, soll aber auch begleitend zu einer Fotoausstellung funktionieren. Er soll alle Fotos der Ausstellung zeigen und dort zum Verkauf stehen.

1.2 Medium und Format Eine möglichst intensive Betrachtung der Fotos zu erreichen und damit vor allem den Dialog mit dem Menschen Auge in Auge, war mir sehr wichtig, weswegen ich mich für ein Printmedium entschieden habe. Mit einem Printmedium erreicht man ein höhere Aufmerksamkeit, da man es bewusst in die Hand nimmt und nicht wie beispielsweise eine Webseite, schnell durchgeklickt. Im Gegensatz zu beispielsweise dem informationsüberfluteten Internet, bietet es eine stärker selektierte Auswahl an Informationen, die dadurch exklusiver empfunden werden und dem Produkt mehr Glaubwürdigkeit verleihen. Es gibt dem Betrachter außerdem die Möglichkeit die Arbeit unabhängig von Ort, Zeit oder anderen Hilfmitteln zu lesen und zu begutachten. Die Lesegeschwidigkeit ist mehr oder weniger begrenzt und kann durch die Gestaltung gesteuert werden.

Zur Entschleunigung der Betrachtung habe ich ein recht großes Format gewählt, das sich von den Proportionen an der Hauptquelle des Inhalts, das Foto im Hochformat, orientiert. Die insgesamt 40 Einzelseiten haben jeweils die Maße 40 × 28 cm, was den Betrachter daran hindern soll, wie beim Daumenkino die Seiten zu überfliegen. Er ist gezwungen Seite für Seite umzulegen und sich Zeit für den Inhalt zu nehmen. Der eher fotolastige Inhalt würde sehr wohl auch Platz in einem Buch finden. Da das Thema jedoch keine Abgeschlossenen Abhandlung über die Straßenmusik ist, sondern eher einen Auszug und Eindruck aus dieser Welt ausstellen soll, bietet sich ein tendenziell ephemeres Medium wie der Katalog an. Ein Buch wär zu seriös und impliziert doch eher eine umfassende, vor allem abgeschlossene Behandlung eines Themas.

1.3 Bildkonzept Der Inhalt besteht zum größten Teil aus Fotografien, die jeweils vollseitig auf der Seite stehen. Davon sind ca. 80 % hochformatige Fotos, die eine Einzelseite füllen und 20 % (meist Querformat) erstrecken sich über beide Seiten. In Einzelfällen liegt ein Hochformat um 90° gedreht über die gesamte Doppelseite. Mit diesen großen Fotografien und nur einem Bild pro Doppelseite, soll der Betrachter die nötige Zeit bekommen sich auf das Bild zu konzentrieren, anstatt überflutet zu werden. Die Auswahl der Fotos beschränkt sich ausschließlich auf die Portraitreihe, die sich jedoch in der Perspektive unterscheiden. So ist bei dem Großteil der Bilder ein Straßenmusiker zu sehen, der mit seinem Instrument auf dem Stofftuch steht. Deutlich sichtbar ist auch die Umgebung um den mobilen Hintergrundaufbau. Das verdeutlicht, dass das Foto tatsälich vor Ort auf der Straße aufgenommen wurde und kein Studiofoto ist. Mal mehr, mal weniger verrät der Hintergrund auch wo die Aufnahme stattfand: bei dem einen erkennt man z. B. einen Bauzaun und eine Mauer im Hintergrund, bei dem nächsten Bild ist der Anteil des Musikers inkl. Aufbau nur recht klein und bekannte Bauwerke zeigen dem Betrachter in welcher Stadt die Aufnahmen gemacht wurden. Dadurch soll deutlich werden, dass es sich hierbei um ein Portrait von Straßenmusikern in ganz Deutschland handelt und nicht alle Fotos aus einer Stadt kommen.


40 Umsetzung | Der Katalog

1.5 Typografie, Layout, Raster Der Wiedererkennungseffekt von den Bauwerken oder auch Straßen, die im Hintergrund sichtbar werden sorgen dabei für erhöhte Aufmerksamkeit und wird ein bisschen zu einem Spiel auf der Suche nach dem Ort der Aufnahme. In den meisten Fällen soll dies jedoch nur eine untergeordnete Rolle spielen, da es bei Straßenmusik relativ irrelevant ist wo sich der Musiker befindet. Viele Straßenmusiker sind nicht an einen Ort gebunden und man findet sie z. B. heute in Dresden und morgen in Berlin. Um der Eintönigkeit vorzubeugen sind die Bilder in einem abwechslungsreichen Rhythmus gesetzt. So folgen auf zwei oder drei Einzelseiten eine Doppelseite, die in der Regel viel von der Umgebung preisgeben. Dennoch ist der Seitenverlauf eher ruhig gehalten sodass er den Fotos den nötigen Raum und Zeit zum wirken bietet.

1.4 Textkonzept Um den Fotos mehr Tiefe zu geben bietet eine Textebene von ca. 100 bis 500 Zeichen weitere Informationen von oder über den Straßenmusiker. Die Inhalte sind von Musiker zu Musiker unterschiedlich. Sie beschreiben bei dem Einem auf sehr sachliche Art und Weise wer er ist, woher er kommt und was er so macht. Eine anderer Text gibt wiederum eher persönliche Dinge aus dem Leben des Musikers preis. Teilweise beinhalten die Texte auch Kommentare. Diese sind in Ich-Form verfasst und geben das wieder was ich bei der Begegnung mit den Straßenmusikern erlebt habe. Manchmal ist es nur ein Gefühl oder die Beschreibung unserer „Beziehung“ zueinander. Da viele Musiker nicht der deutschen oder englischen Sprache mächtig sind, war die Kommunikation zum Teil sehr eingeschränkt, weswegen bei manchen nur das Autogramm des Musiker steht. Ich habe darauf geachtet, dass die Texte möglichst kurz, interessant und unterhaltsam sind, da erstens die Fotos weiterhin Priorität haben und nicht mit dem Text konkurrieren sollen und zweitens der Leser bei Laune gehalten werden und mit „Spannung“ den nächsten Abschnitt erwarten soll.

Die Gestaltung der Seiten ist bewusst reduziert gehalten, da die Musikerportraits im Fokus der Arbeit liegen und vom eigentlichen Motiv, der Person oder Gruppe, nicht durch ein dominantes Layout abgelenkt werden soll. Pro Seite ist ein Bild abgebildet, dass von kurzen Textpassagen begleitet wird, die analog zum Bildaufbau, immer im Weißraum in Szene gesetzt werden. Auch auf Doppelseiten soll die Konfrontation Text-Bild vermieden werden, was durch die Platzierung des Textes auf der jeweils vorangehenden Seite, gelöst wird. Zur Verdeutlichung und klaren Zuordnung wechselt dieser Text die Richtung und wird hochkant gesetzt. Die Textpassagen sind jeweils in drei Teile gegliedert: • Name des Musikers, wird zusätzlich farbig hervorgehoben. Die Farbe entspricht einem dominanten Farbton innerhalb des Fotos, z. B. trägt der Musiker ein knallrotes Shirt und ist sonst bedeckt gekleidet, ist das die Farbe für die Auszeichnung. Zudem hilft diese farbliche Betonung der Zuordnung zum jeweiligen Bild, gerade bei Seiten mit zwei Texten. • Herkunft des Musikers oder der Musikgruppe • kurzer Begleittext der von Musiker zu Musiker inhaltlich variiert.

Schrift Die Texte sind in der Schriftart DIN-Pro gesetzt, eine Groteskschrift, die für Straßenbeschilderungen in Deutschland verwendet wird, einfach konstruiert ist und dadurch neutral und gut lesbar ist. Vor allem im Light-Schnitt hält sie sich sehr zurück und konkurriert nicht mit den Bildern. Ihr ursprünglicher Einsatz als „Straßenschrift“ unterstreicht die Reise durch die Straßen Deutschlands auf der Suche nach Straßenmusikern Der Name des Musiker ist in Schriftgröße 11Pt Versal (Bold), die Herkunft in Schriftgröße 9 Pt (Light) und der Text selbst in 11 Pt (Light) gesetzt.


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12

13

WINFRIED VÖLLGER

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aus Sibirien

Seit 45 Jahren Musiklehrer in einem Kinderheim in Sibirien. Macht seit 12 Jahren einmal jährlich Straßenmusik in Wiesbaden. Er liebt diese Stadt.

VICTOR DERQUILEW

aus Leipzig

Fotograf, Mathematikstudent, Literat, Grafiker, Regisseur, Lehrer, Künstler, Musikwissenschaftler, Straßenmusiker. So ungefähr sieht sein Lebenslauf aus. Er hat die Straßenmusik gründlich analysiert und theoretisch in einer Bachelorarbeit verfasst. Seine Inszenierung folgt streng seinen Prinzipien. Er spielt nur nach 21 Uhr und nur an ausgewählten Plätzen. Subtile Interaktion mit Passanten ist sein Spiel. Seine Improvisationen sind allerdings frei von jeglichen Regeln.

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SILVIO TALAMO aus Italien

aus Bulgarien

MAXMUT

Gib ihm ein Wort und er macht mit seiner Loop-Station einen mehrstimmigen Song draus. Abgefahrn!

Beispielseiten zum Bildkonzept im Katalog – Foto ohne und mit viel sichtbarer Umgebung. 40

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42 Umsetzung | Der Katalog

Gestaltungselement

Raster

Die einzelnen Textblöcke stehen untereinander und sind durch eine Linie verbunden, die als Gestaltungselement dient. Die Linie spielt mit dem Bild der Stecknadel, die als Markierung auf einer Landkarte steckt und verdeutlicht damit die Verortung des Treffpunktes mit dem jeweiligen Musiker. Diese Verortung der Treffpunkte wird als Rasterergänzung genutzt. Eine imaginäre Deutschlandkarte im Hintergrund definiert die Positionierung der Textblöcke im Weißraum. Die ändernde Position lockert die Gestaltung auf, ohne jedoch zu viel Aufmerksamkeit zu beanspruchen.

Die Seite baut auf einem 9-spaltigen Gestaltungsraster auf. Die Breite der Stege sind: Oben und Außen je 5 mm, Unten (ausgerichtet am Grundlinienraster) und Innen jeweils 8mm.

Der Grundlinieraster des Katalogs


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ADRIAN MILES RICHARDS aus Antigua

Fünf Jahre Farmarbeit, fünf Jahre Straßenmusik und die nächsten fünf Jahre will er nach Brasilien um Hilfprojekte zu starten. Er spricht fünf Sprachen. Als nächstes wird er wahrscheinlich Niederländisch lernen, weil in Holland Marihuana legal ist.

ADRIAN MILES RICHARDS aus Antigua

Fünf Jahre Farmarbeit, fünf Jahre Straßenmusik und die nächsten fünf Jahre will er nach Brasilien um Hilfprojekte zu starten. Er spricht fünf Sprachen. Als nächstes wird er wahrscheinlich Niederländisch lernen, weil in Holland Marihuana legal ist.

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Beispiele für Text, Typografie und Gestaltungselemente

7


44 Umsetzung | Der Katalog

1.6 Papier, Bindung, Druck, Herstellung Die Wahl des Papier spielt für die Form der Darstellung eine wichtige Rolle, da es die Wertigkeit und die eher ausstellungsähnliche Betrachtung haptisch unterstützen soll. Da es jedoch nicht die Optik eines Hochglanzmagazins haben, sondern thematisch bedingt einen etwas „raueren“ Anklang besitzen soll, habe ich ein leicht getöntes Naturpapier gewählt. Das 100 g /m² starke Papier „Lessebo Design Smooth Natural“ hat ein verhältnismäßig hohe Dichte und bietet daher trotzdem eine sehr fein aufgelöste Wiedergabe der Farbtöne und Schärfe. Wichtig für Haptik und Optik war für mich eine offene Bindung (also keine Klebebindung), sodass sich die Seiten leicht komplett öffnen lassen. Der Katalog wird daher mit zwei Klammern zusammengehalten. Diese einfache Technik unterstützt außerdem die reduzierte Gestaltung und den analogen Bezug zur Live-Musik. Die von mir gewünschte Distribution des Katalogs spielt für meine Diplomarbeit eine eher untergeordnete Rolle, da sie verbunden mit Sponsorensuche usw. einen nicht unwesentlichen organisatorischen Aufwand bedeutet. Daher habe ich als Druckverfahren den Digitaldruck gewählt.

1.7 Titel Der Katalog trägt den Titel „Asphaltpartitur“. Dabei soll Asphalt den Bezug zur Straße herstellen und das Wort Partitur zur Musik. Der Begriff Partitur ist in der Musik die Zusammenstellung aller Einzelstimmen einer Komposition für den Dirigenten. In diesem Fall ist also die Asphaltpartitur meine eigene Komposition aus einzelnen Straßenmusikern in Deutschland. Sollte jemand die Metapher nicht auf Anhieb verstehen, bringt der Untertitel „Straßenmusiker im Portrait“ die Auflösung.

ASPHALTPARTITUR

Straßenmusiker im Portrait


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CLEMENT CUMBERBATCH aus Bermuda

Regelmäßig wird die Karotte auf ihre Funktionsfähigkeit getestet: »Microphone check… one, two three, microphone check… « Ansonsten testet Phoenix gerne die Reaktion von Frauen, denen er lautstark Komplimente an den Kopf wirft.

64

65

Textpositionierung anhand der imaginären Deutschlandkarte.

INDEX 18

Alle Straßenmusiker im Einzelportrait.

Name: Herkunft: Instrument: Musikrichtung: Begegnet in:

Name: Herkunft: Instrument: Musikrichtung: Begegnet in:

José Luis Farinango Equador Panflöte (Siku), iPhone Andine Folklore Heidelberg

Name: Herkunft: Instrument: Musikrichtung: Begegnet in:

Hector Muenatra Equador Panflöte (Siku), iPhone Andine Folklore Heidelberg

Name: Herkunft: Instrument: Musikrichtung: Begegnet in:

Dario Farinango Equador Panflöte (Siku), iPhone Andine Folklore Heidelberg

Name: Herkunft: Instrument: Musikrichtung: Begegnet in:

Cury Valencia Equador Andenflöte (Quena) Andine Folklore Heidelberg

Name: Herkunft: Instrument: Musikrichtung: Begegnet in:

Equador Andenflöte (Quena) Andine Folklore Heidelberg

Name: Herkunft: Instrument: Musikrichtung: Begegnet in:

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Rumen Kristov Tchakarov Bulgarien Akkordeon Jazz Hamburg

Name: Herkunft: Instrument: Musikrichtung: Begegnet in:

Vitali Tsemka St. Petersburg Querflöte, Klavier Klassik Wiesbaden

Name: Herkunft: Instrument: Musikrichtung: Begegnet in:

Yana Gercke Marburg Gesang Tamporin Pop-Rock Leipzig

Name: Herkunft: Instrument: Musikrichtung: Begegnet in:

Juri Bolotko Weißrussland Gesang Kosakenchor Dresden

Name: Herkunft: Instrument: Musikrichtung: Begegnet in:

Ruslan Scheyko Weißrussland Gesang Kosakenchor Dresden

Name: Herkunft: Instrument: Musikrichtung: Begegnet in:

Dimitri Rushkov Weißrussland Bass Kosakenchor Dresden

Name: Herkunft: Instrument: Musikrichtung: Begegnet in:

Silvio Talamo Italien Cosmic Vocalist, Gitarre Loop-Skat-Funk Berlin

29

21

Ernest Sajko Slowakei Melodika Evergreens (Pop) Würzburg

Name: Herkunft: Instrument: Musikrichtung: Begegnet in:

Pete Hoshmand Äthiopien Trompete Rock Frankfurt

Name: Herkunft: Instrument: Musikrichtung: Begegnet in:

Adrian Miles Richards Kamau Lasana Antigua Saxophon Free Jazz Berlin

Name: Herkunft: Instrument: Musikrichtung: Begegnet in:

Gour Mohan Leipzig Tontrommel Hare Krishna Leipzig

Name: Herkunft: Instrument: Musikrichtung: Begegnet in:

Bulgarien Miniakkordeon Folklore Frankfurt

Herkunft: Instrument: Musikrichtung: Begegnet in:

43

Teopzu Erheb Mapuhob Bulgarien Akkordeon Roma Musik Köln

30 5

Name: Herkunft: Instrument: Musikrichtung: Begegnet in:

Herkunft: Instrument: Musikrichtung: Begegnet in:

43

33

21

Pycu Xpncroh Bulgarien Percussion, Gesang Roma Musik Köln

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Der Index zeigt alle Straßenmusiker (mit Autogramm und kurzen Informationen), aus dem Katalog im Einzelportrait. Die Nummerierung (im schwarzen Punkt) ist die Seitenzahl auf der die jeweilige Person zu finden ist und gleichzeitig die Nummer unter der sie auch auf der Webseite zu finden sind. Name: Alex Name: Leonardo Herkunft: Instrument: Musikrichtung: Begegnet in:

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Name: Herkunft: Instrument: Musikrichtung: Begegnet in:

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Name:

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Name: Herkunft: Instrument: Musikrichtung: Begegnet in:

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Florian Weber Canaletto-Brass Dresden Trompete Brass Band Dresden

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Mopuhznume Bulgarien Klarinette Roma Musik Köln

Zorawko Emilianov Bulgarien Gitarre, Gesang Roma Musik Köln

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Andre Stohrov Bulgarien Akkordeon Roma Musik Köln

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46 Umsetzung | Die Imagekampagne

2. Die Imagekampagne Das Ziel meiner Diplomarbeit war/ist, auf die Straßenmusik aufmerksam zu machen, um ein Bewusstsein und eine Wertschätzung für diese Kunst- und Lebensform zu schaffen. Ich wollte von dazu beitragen, der Straßenmusik ein besseres Image zu geben.

ckende Interaktion (Call-to-Action) wird ein deutliche zu erkennender QR-Code platziert, der zur Musik des jeweiligen Musikers verlinkt.

2.2 Aufbau des Plakates Mit meinem Fotografien habe ich den Fokus auf den Menschen gelegt. Durch den Hintergrundaufbau habe ich ihn aus der Umgebung herausgelöst und ihn quasi wie ein Star auf die Bühne gestellt, auf der er sich präsentieren durfte. Das Selbstwertgefühl der Musiker habe ich durch mein Interesse und vor allem diese Aktion selbst schon aufgebessert. Nun gilt es diese weiter zu tragen und quasi die Botschaft zu verbreiten. Dies soll erreicht werden, in dem ich aus den bisher entstandenen Aufnahmen eine Plakatserie entwickle, die als eine Imagekampagne überall in der Stadt zu sehen sein könnte. Damit wird auch vor allem auch die gewünschte große Zielgruppe erreicht.

2.1 Konzept: Plakatserie In einer Plakatserie soll auf die Straßenmusik aufmerksam gemacht werden. Dies wird durch die ungewöhnliche Erscheinung eines Musikers (auf dem Stoffhintergrund) als Eyecatcher erreicht. Die Aufforderung bei Straßenmusik hinzuhören wird subtil durch zwei Piktogramme in der Form von Straßenschildern und dem ebenso eingearbeiteten Claim erreicht. Als lo-

Das Plakat zeigt einen Straßenmusiker der auf einem Hintergrund-Stofftuch platziert wurde. Dadurch, dass die Umgebung noch zu sehen ist, kann der Betrachter erkennen, dass es sich um einen echten Straßenmusiker handelt, der vor Ort aufgenommen wurde. Auch die Haltung und Mimik der Person läßt erahnen, dass es sich nicht um ein Model handelt. In der linken, unteren Ecke des Plakats befinden sich Piktogramme. Das Obere zeigt ein Verbotsschild für Kopfhörer. Darunter ist ein Schild, das aus dem Straßenverkehr bekannt ist als Anfang einer Fußgängerzone, nur dass anstelle der „Frau mit Kind an der Hand“ ein Saxophonspieler abgebildet ist. Als Ergänzung dazu steht im dritten Schild der Satz „Ohren auf für Straßenmusik!“ Auf Höhe des Oberkörpers direkt neben dem Musiker ist ein QR-Code zu sehen. Der beistehende Text deutet auf eine Hörprobe des Musikers hin, die beim Scannen des Codes durch Verlinkung im Internet zu hören ist. Ganz unten befindet sich noch eine kurze Erklärung dazu und für nicht Smartphonebesitzer ein Internetlink, der dasselbe Ziel hat wie der Code.


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Beispielplakat aus der Serie


48 Umsetzung | Die Imagekampagne

2.3 Wirkung des Plakates

2.4 Format und Platzierung

Die eher aussergewöhnliche Inszenierung auf dem Foto weckt die Aufmerksamkeit (Eyecatcher). Der Blick wandert zur linken, unteren Ecke zu den Piktogrammen, da diese zwar klein, aber u. a. durch die Farbe recht auffällig sind und ja eventuell auf die Auflösung hindeuten könnten.

Vorzugsweise sollen die Plakate z. B. an Bushaltestellen hängen. In diesen Wartebereichen werden erfahrungsgemäß gerne die Smartphones gezückt, um die Wartezeit zu überbrücken. Die Bereitschaft einen Code auf dem Plakat zu scanen dürfte also relativ hoch sein.

Jene Piktogramme weisen bildlich darauf hin, dass hier das Hören von MP3-Player-Musik nicht gestattet ist, da hier eine Zone beginnt, in der Straßenmusik zu hören ist. Hier wird also ganz deutlich, aber auf humorvolle Art, die Aufmerksamkeit für Straßenmusik gefordert. Der aufgebrachte Code soll Smartphone-Besitzern die Möglichkeit geben, direkt einen Eindruck von der Musik der Person auf dem Plakat zu bekommen. Ein Hinweis, dass er dafür ausnahmsweise den Kopfhörer wieder aufsetzen darf, befindet sich am unteren Ende des Plakates. Ebenso die Internetadresse für den Fall, dass jemand kein Smartphone zum Scannen des Codes besitzt. Lässt sich der Betrachter darauf ein, hat er in diesem Moment genau die Forderung des Plakates umgesetzt. Er nimmt sich Zeit, hört der Straßenmusik zu und schaut dabei den Musiker an. Auch wenn er das nicht macht, soll er sich zumindest dazu aufgefordert fühlen, von nun an mehr auf Straßenmusiker zu achten und vielleicht auch mal ohne Kopfhörer durch die Stadt zu laufen. Wichtig bei dieser Kampagne ist auch dass der Betrachter vergeblich nach einem Produkt oder einer Marke hinter dem Plakat sucht. Der Absender soll unbekannt bleiben bzw. die Kampagne soll keinen kommerziellen Hintergedanken haben. Das Plakat mit der Aussage ist einfach da – genau wie die Straßenmusik.

Die Größe ist daher angepasst auf die City-Lights von der Firma Ströer, welche in der Regel einem doppelten A0 entspricht, also 119 × 175 cm.


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Platzierung in „City Lights“ an Bushaltestellen und Fußgängerzone


50 Umsetzung | Die Webseite

2.5 Die Webseite 2.5.1 Konzept Die Webseite dient in erster Linie der Begleitung der Imagekampagne. Hier soll sie als Plattform für die Sounds dienen, die über den QR-Code am Plakat abgerufen werden können. Weiterführende Informationen über das ganze Projekt soll Interessierten das Thema Straßenmusik näher bringen.

2.5.2 Inhalte Folgende Menüpunkte sind zu sehen auf der Webseite www.ohren-auf.org Projekt: Einleitung und Eklärung des Projektes Kampagne: Erläuterung der Idee und Plakatserie. Ausstellung: Infos und Termine der Fotoausstellung. Katalog: Screenshots und Möglichkeit der Bestellung. Musiker: Auflistung aller Musiker mit kurzen Infos, sowie die Möglichkeit, deren Musik anzuhören

2.5.3 Technik Die Webseite ist mit der einfachsten und kompatibelsten Technik programmiert. So ist auch gewährleistet, dass verschiedenste Endgeräte (vor allem Smartphones) darauf zugreifen können. Die Musik wird über den kostenlosen Anbieter Soundcloud in die Webseite eingebettet. Beim Laden der Seite über den QR-Code wird der erste Song automatisch gestartet. Alle Weiteren müssen dann manuell abgespielt werden.


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Auf der Webseite l채sst sich die Anzeige der Musiker nach verschiedenen Kriterien sortieren: nach der Stadt in der sie aufgenommen wurden, dem Instrument das sie spielen, ihrer Herkunft und der Seitenzahl des Ausstellungskatalogs


52 Umsetzung | Die Ausstellung

3. Die Ausstellung Die Ausstellung trägt wie der Katalog, den Titel „Asphaltpartitur - Straßenmusiker im Portrait“. Da die Basis der Auseinandersetzung mit dem Thema Straßenmusik Fotografien sind , bei denen der Mensch im Mittelpunkt steht, soll dieser nun auch in reiner Form als Foto im Rahmen einer Ausstellung präsentiert werden. Zu sehen ist dort dieselbe Auswahl an Bildern der Portraitreihe, die auch im begleitenden Katalog abgebildet sind.

3.1 Anordnung Die Stange aus dem mobilen Hintergrund-Aufbausystem wird hier aufgegriffen und taucht nun als Hängesystem der Fotoausstellung wieder auf. Die Bilder sind mit schwarzen Schnüren an der Stange abgehängt, welche an den Stativen des Aufbaus (der auf dem jeweiligen Foto zu sehen ist) ausgerichtet sind. Die Größe der Fotos variiert, da sie sich nach der Größe der abgebildeten Personen richtet. Alle Personen werden gleich groß dargestellt und damit gleichberechtigt behandelt. Die horizontale Ausrichtung erfolgt entlang der Achse der Stange des mobilen Aufbaus. Daraus ergibt sich ein Rythmus, der an Noten in einer Partitur erinnert. Die Köpfe der Menschen sind quasi die Notenköpfe, die Schnüre der Notenhals.

3.2 Ausschilderung Die Ausschilderung der Portraits ist an das Gestaltungsprinzip des Kataloges angelehnt. Hier tauchen die typografischen Gestaltungselemente wieder auf und werden um ein original Autogramm erweitert. Diese wurden auf der Reise in einem Heft gesammelt und kommen nun als Exponate zum Einsatz. Das macht die Ausstellung zu etwas Besonderem, da sie nicht nur reproduzierte Fotos zeigt, sondern Originale, die den Fotos außerdem noch eine persönliche Note geben.

3.3 Musik / App Als Ergänzung zur visuellen Ebene sollen akustische Elemente die Ausstellung erweitern. Hier soll nun auch die Musik, die von den abgebildeten Menschen gemacht wird, mit einbezogen werden. Dazu kommen iPads zum Einsatz, die die Ausstellung in Miniaturform abbilden. Durch antippen eines Bildes erklingen Live-Mitschnitte des jeweiligen Musikers, direkt von der Straße. Alternativ kann die APP auch aufs eigene iPhone geladen werden.


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Ausschilderungsbeispiel mit Autogrammen.

Beispiel f端r den Ausstellungsaufbau


54 Fazit

E. FAZIT

1. Mein Projekt Eine ereignisreiche Zeit liegt nun hinter mir. Verhältnismäßig Tief bin ich in den letzten sechs Monaten in das Thema Straßenmusik eingestiegen. Nach der Festlegung des Themas und ersten Vorstellungen, was man daraus machen könnte, war ich sehr gespannt, was mich erwarten würde. Schließlich konnte ich die Begegnungen mit den Musikern nicht planen. Ich war schon relativ abhängig davon dass sie mitmachten – egal was ich mit ihnen anstellen wollte. Trotz der Ungewissheit hatte mich das Thema gereizt. Beim langsamen und diskreten Herantasten bekam ich ein Gefühl für diese Menschen und die jeweilige Stadt. So kam ich immer näher an die Menschen heran und merkte, dass ich mit meinem positiven Auftreten auf gegenseitiges Interesse stoße. Die Begegnung mit den unterschiedlichsten Menschen wie es sie bei der Straßenmusik gibt, war für mich eine sehr gute Erfahrung. Denn obwohl ich kaum Berührungsängste habe, ist es nicht immer einfach, auf Menschen zuzugehen, vor allem wenn man etwas von ihnen möchte. Die „Angst“ auf eine Abfuhr ist immer da. Dabei spielt die eigene Motivation und Ausstrahlung eine enorm große Rolle. Nicht nur im Umgang mit fremden Menschen bin ich während dieser Arbeit sicherer geworden. Auch in anderen Bereichen habe ich viel dazu gelernt. Das Vorbereiten und Führen von Interviews beispielsweise war für mich absolutes Neuland. Eine saubere Tonaufnahme zu bekommen hat sowohl bei Interviews, als auch bei Musik im freien seine Herausforderung. Auch fotografisch habe ich einiges dazugelernt. War ich sonst immer nur ein Beobachter, der auch meist mit vorhandenem Licht fotografiert hat, so musste ich hier mit einem „studioähnlichen“ Aufbau Menschen bewusst inszenieren. Das Ganze sogar unter erhötem Schwierigkeitsgrad; Wind, schnell wechselnde Lichtverhältnisse, belebte Bereiche mit fragenden Menschen und Musikern, mussten oft gleichzeitg bewältigt werden.

1.1 Schwierigkeiten Die Schwierigkeiten technischer Natur waren das eine. Konzeptionell gab es auch ein paar Probleme. Mit meiner dokumentarischen/reportagigen herangehensweise zu Beginn kam ich relativ bald in eine Sackgasse. Über einen bestimmten Punkte kam ich dabei nicht hinaus. Da die Diplomarbeit ja vor allem einen gestalterischen Anspruch haben und daher weniger redakti-


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onell ausgefeilt sein musste, war ich quasi gezwungen einen anderen Weg einzuschlagen. Der ursprüngliche Plan, auf Grundlage von Fotos ein Magazin mit redaktionellen Inhalten zum Thema zu gestalten war also gestorben.

Mein Wunsch, mir auch musikalisch etwas Apetitt zu machen hat auf jeden Fall geklappt, obwohl ich sagen muss, dass die Themen über die ich mit den Straßenmusikern gesprochen habe schon eher mit Straße als mit Musik zu tun hatten.

Um ein gewisses fotografisches und damit auch gestalterisches Niveau zu erreichen, hatte ich mich von da an verstärkt auf das Fotografieren konzentriert. Wenngleich es mir anfangs nicht leicht gefallen ist, hatte es doch dazu geführt, dass mein Konzept schlüssiger wurde.

Ansonsten haben sich meine anfänglichen Vermutungen über Qualität und Protagonisten der Straßenmusik mehr oder weniger bestätigt: Es gibt nicht nur Indios und Bettler sondern unerwartet viele „professionelle“ Straßenmusiker. Die Qualität der Musik ist, nicht immer, aber größtenteils auf sehr hohem Niveau.

Um dann meinem ursprünglichen Plan nicht komplett den Rücken kehren zu müssen, entschied ich mich für die Weiterverarbeitung der Fotos in einem Printprodukt. In einer recht persönlichen Form ist dabei eine Zusammenstellung aus Fotos und Texten entstanden, die von und über meine Begegnung mit einzelnen Straßenmusikern erzählt. Wenn auch diese Arbeit jetzt eher einen subjektiven Charakter bekommen hat, so zeigt die dennoch vielleicht einen kleinen Auszug, sozusagen eine Stichprobe von dem was sich in der Straßenmusikszene in Deutschland so abspielt. Die zusätzlich entstandene Imagekampagne sollte vor allem meinem inhaltlichen Ziel, die Aufwertung der Straßenmusik, gerecht werden. Auch wenn diese vielleicht nie realisiert werden wird, so habe ich mit meinem Projekt doch vielleicht in der Straßenmusikszene selbst ein bisschen dafür gesorgt, dass sich die Musiker etwas wertgeschätzter und selbstbewusster fühlen. Ich denke, das habe ich jedenfalls den meisten vermitteln können und auch selbst ausgestrahlt.

2. Schlußfolgerung Mir ist klar, dass meine Arbeit keine objektive Darstellung sein kann. Dazu befürfte es einer viel umfassenderen Recherche und auch redaktionellen Aufarbeitung der Themenbereiche innerhalb der Straßenmusik. Diese wäre alleine und in dem vorgegebenen Zeitrahmen nicht möglich gewesen und, meiner Meinung nach, auch nicht relevant für eine Diplomarbeit im Fach Kommunikationsdesign. Mit den enstandenen Ergebnissen bin ich aber sehr zufrieden. Sie entsprechen sowohl qualitativ meinen Vorstellungen und erfüllen auf subtile Art und Weise meine selbstgestellte Aufgabe.

3. Ausblick Während und vor allem zum Ende der Bearbeitungszeit war klar, dass nicht alle Aspekte in die Diplomarbeit mit einfließen können. Das Thema ist für mich nach wie vor spannend und ich möchte mit dem vorhandenen Material weiterarbeiten. Vielleicht bekomme ich ja doch irgendwann noch mein Magazin hin. Darin hätten dann neben den Fotos der Portraitreihe auch die Bilder mit der dokumentarisches Sicht platz. Ansonten ist eine eigenständige Foto-Ausstellung sehr gut denkbar. Ausserdem vorstellen könnte ich mir auch eine Produktion der Broschüre in größerer Auflage. Diese könnten dann als Beilage über ein Straßenmagazin (z. B. Hintz&Kunzt aus Hamburg) verbreitet werden, in dem gleichzeitig auch die Imagekampagne laufen könnte. Bei der Finanzierung könnte, zumindest in Teilen die jeweilige Stadt dazu beitragen, da sie durch Straßenmusik und die damit verbundene Belebung der Innenstadt, Interesse haben könnten. Auf jeden Fall weiterarbeiten werde ich an der Webseite www.asphaltpartitur.de um den Straßenmusikern und anderen Menschen einen Einblick in meine Diplomarbeit zu geben.


56 Anhang

F. ANHANG


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1. Quellen 1.1 Internetquellen Seite 15 und 16 http://de.wikipedia.org/wiki/Strassenmusik Seite 16 http://www.forum-strassenmusik.de/

1.2 Bildquellen Seite 32 und 33 Waterhouse, Patrick (Hg.): COLORS Magazine. Transport – a survival guide, Ausgabe 81. Bath, Juli 2011 Stölzl Christoph (Hg.): Abschied und Anfang. Ostdeutsche Portraits 1989 – 1990 von Stefan Moses, Berlin1991

2. Danksagung Für die Hilfe und Unterstützung bedanke ich mich herzlichst bei: Allen Straßenmusikern, die sich von mir haben fotografieren und interviewen lassen und damit einen großen Teil zu meiner Diplomarbeit beigetragen haben. Den betreuenden Professoren Prof. Johannes Bergerhausen und Prof. Stefan Enders. Und meinen Freunden: Nadine Müller, Stefanie Fernsemer und Daniel Rettig.


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IMPRESSUM Diplomarbeit zum Thema Straßenmusik von Stefan Zahm Kommunikationsdesign Sommersemester 2011 Betreut durch Prof. Johannes Bergerhausen Prof. Stefan Enders Fachhochschule Mainz Holzstraße 36 55116 Mainz Konzept & Gestaltung Stefan Zahm © Alle Urheberrechte der Fotos und Text, die nicht in den Quellenangaben aufgeführt sind, liegen beim Autor. Projektinfos www.asphaltpartitur.de info(at)asphaltpartitur.de Kontakt Stefan Zahm hallo(at)herrzahm.de



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