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Wohin des Weges?
Vieles hat in den letzten drei Monaten seinen Weg gefunden. Der Alternative Nobelpreis gelangte auf den Weg zu Edward Snowden. Die Ehrendoktorwürde dagegen machte bei Kilometer 37 schlapp. Jana Powilleit fand den Weg hinein in die Pressestelle der Uni Rostock. Zuvor waren einige Monate vergangen, seit Ulrich Vetter den Weg heraus gefunden hatte. Nun kann die Öffentlichkeitsarbeit wieder in vollem Umfang durchstarten. Wir freuen uns auf die Zusammenarbeit! Auch wagten eine Menge Erstsemester den Schritt ins Studium. Wem dieser Weg allein jedoch zu eintönig ist, den laden wir herzlich ein, sich zudem auf den heuler-Weg zu begeben. Er führt nicht immer zur Erleuchtung, aber meist zu vielen neuen Kontakten und Informationen, an die man auf anderen Wegen wohl nicht gelangen würde. Wir freuen uns darauf, auf der nächsten heuler-Redaktionssitzung am 28. Oktober in der Ulmenstraße 69, Haus 1, einige neue Gesichter kennenzulernen. Fritz und Rieke
heulermagazin.de Marcus Sümnick
Andreas Doneith
Yvonne Hein
Alexandra Wendt Maxi Perten
Anne Halbauer
Stephan Holtz
Friederike Wollgast
Isabell Kilian
Martin Fietze
Nadine Krämer
Henriette Pulpitz
Hauke Ruge
Philipp Rose
Thomas Fehling
Nicole Korte
Sophie Auer
Theresia Ziegs
Nadine Fruck
Jan Tamm
Romy Stieger
Fritz Beise
Jan Delph
Wiebke Glitzner
Clemens Langer
Steffen Dürre
Ich bin ein heuler – und du? Meld dich per E-Mail: redaktion@heulermagazin.de
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heuler – Das Studentenmagazin Parkstraße 6, 18057 Rostock Tel/Fax: 0381-498-5608 / -5603 www.heulermagazin.de
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Nr. 107 | Oktober 2014 Herausgeber Studierendenschaft der Uni Rostock Redaktionsleitung Fritz Beise (V.i.S.d.P.) Friederike Wollgast redaktion@heulermagazin.de Geschäftsführung Nadine Krämer gf@heulermagazin.de Ressortleitung Friederike Wollgast, Theresia Ziegs (Uni) Isabell Kilian, Nicole Korte (Leben) Yvonne Hein (Politik) Anne Halbauer, Philipp Rose (Kultur) Layout, Grafik, Illustration Steffen Dürre, Fritz Beise
Inhalt // Ausgabe 107 6 LEBEN
26 Politik
7 Gesunde Ernährung – Ein Vergleich
27 Bilanz des letzten StuRa
8 Typisch deutsch?
28 Causa Snowden
Erasmus-Studierende antworten
10 Rostocks Orte für den Winter Sternwarte // Zoo // Eishalle
12 Blutspenden 13 Schönes im Oktober 14 Zweiter Bildungsweg Studium 15 Do it yourself – Teelichter
Bildredaktion & Fotografie Hauke Ruge
Das Verfahren um die Ehrendoktorwürde im Rückblick
30 Die perfekte Diktatur – Ein Verbraucherhinweis 32 Sexismus an der Uni Situationen aus dem (Vorlesungs-)Alltag
34 Montagsdemos Alles für den Frieden?
Redaktionssitzung gerade Woche, Montag, 19:00 Uhr
38 Kultur
17 Uni-Archiv
39 Rostock liest: Uwe Johnson
18 Das Glück der Geisteswissenschaftler 2.0
40 Interview mit Thees Uhlmann
Neues von der PHF
Reform der Wilhelm-Pieck-Universität
22 Achillesverse Fachschaften // Freiversuch
24 Wissenschaftsserie MEDUSA-Projektk
Redaktionelle Mitarbeit Sophie Auer, Jan Delph, Thomas Fehling, Martin Fietze, Nadine Fruck, Wiebke Glitzner, Janin Knop, Clemens Langer, Stephan Holtz, Maxi Perten, Henriette Pulpitz, Romy Stieger, Marcus Sümnick, Jan Tamm, Alexandra Wendt
37 Und jährlich grüßt der Verfassungsschutz
16 UNI
20 Die Uni Rostock um die Wendezeit
Korrektorat/Lektorat Andreas Doneith, Anja Heidepriem, Lea Kroos
42 Schauwerk – Theater im Stadthafen 43 Neue Intendanz am Volkstheater 44 Kultour #1 Termine // Empfehlungen
46 Rezensionen
Die Meinung der AutorInnen muss nicht die Meinung der Redaktion widerspiegeln. Den AutorInnen wird freigestellt zu gendern. Lizenz Creative-Commons by-nd 3.0 DE. Inhalte können unter Angabe von UrheberIn und Magazinname – ohne Veränderungen – verwendet werden. Ausnahmen sind im Heft durch © gekennzeichnet.
47 BESTE PLÄTZE – Singer-Songwriter-Contest 48 Filmessay: Paris vs. New York 50 Rostock in 100 Worten // Postskriptum
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Druck: ODR Ostseedruck Rostock Auflage: 3.500 Exemplare Erscheinungsweise: viermal im Jahr
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k o s i D e r n , p e t l r d e h r b e t e No W ch n . t n i d e we r i s t c ht ni
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Le ben Der Sommer neigt sich dem Ende und die goldene Jahreszeit öffnet ihre Pforten: Spaziergänge in bunt gefärbtem Laub, Kürbisse, Kastanien und Pilze warten auf uns – wir sind optimistisch. Und für die dennoch unvermeidlichen verregneten Tage haben unsere Autoren wieder Spannendes fabriziert! Unser obligatorischer DIY-Artikel sorgt für stimmungsvolle Herbstdeko, ein Bericht über Erasmus-Studenten und deren Sichtweise über den „typischen Deutschen“ sorgt für Heiterkeit, und wem zu Hause die Decke auf den Kopf fällt, der findet super Vorschläge für einen spannenden Herbsttag außer Haus. Viel Spaß beim Teeschlürfen, Pilzesammeln, Walnüsseknacken und heuler-Lesen! Isabell und Nicole
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Auf dem Markt einkaufen? Ist das nicht furchtbar teuer?
Nadine kauft ihre Lebensmittel gewöhnlich im Supermarkt, Maxi wählt die Rostocker Märkte. Wer lebt günstiger, wer isst qualitativ hochwertiger und können die beiden auch zusammen Abendbrot machen? Autoren: Nadine Fruck und Maxi Perten wagen den Kompromiss.
Liebe Maxi, die Wette gilt! Lass uns zusammen einkaufen und verkosten. Ich bin mir sicher, der Unterschied wird geschmacklich klein bleiben, im Portemonnaie aber riesig sein!
Liebe Maxi, als ich dich auf der letzten Redaktionssitzung des heuler traf, schlugst du einen Artikel über Ernährung vor und ich gähnte schon: Eine Vegetarierin, die den Markt anpreisen will. Nein danke, alles schon gehabt. Ich will nicht noch einen Artikel, der mir sagt, wie ich leben soll. Aber sag mal: Warum muss es eigentlich der Markt sein?
Und so gingen wir einkaufen und machten uns ein Abendbrot. Es gab Tomaten mit Feta, Kürbiskernbrot mit Aufstrich und einen Pfirsich zum Nachtisch. Gekauft wurde auf dem Markt am Doberaner Platz und im Rewe. Liebe Nadine, allein der Einkauf war doch ein Erlebnis! Wir konnten Portionsgrößen wählen und ein Verkäufer fragte sogar, wann wir das Obst essen wollten und suchte uns einen Pfirsich mit passendem Reifegrad aus. So mussten wir nichts wegwerfen. Im Supermarkt hingegen hatten wir schon Probleme, eine Waage zu finden, und mussten statt eines einzelnen Pfirsichs ein ganzes Körbchen kaufen. Obst und Gemüse aus dem Supermarkt waren viel größer, schmeckten aber auch wässrig.
Liebe Nadine, da will ich endlich mal eine Lanze für die Rostocker Märkte brechen und du funkst mir dazwischen. Wieder eine, die teuerstes Motoröl für ihren Wagen kauft und sich selbst das billigste Olivenöl auf den Salat gießt. Ich kann dir genau sagen, warum es für mich auf den Markt geht: Ich unterstütze gern lokale Bauern und kleine Läden, damit diese nicht verschwinden und wir bald nur noch bei riesigen Konzernen kaufen können. Diese könnten im Extremfall monopolartig Waren, Preise und Gehälter bestimmen. Wer möchte das schon? Außerdem ist mir wichtig, dass Verkäufer sich mit ihrer Ware auskennen. Schließlich verlange ich das beim Autokauf auch. Also wo kommt das Obst her, welche Zusatzstoffe sind im Aufstrich – bei allem, was in meinem Körper landet, kann ich nicht wählerisch genug sein. Und dann sehe ich dich, wie du das Supermarktprospekt durchblätterst und dich freust, dass es Brokkoli für 40 Cent gibt. Iss lieber das Papier, auf dem die Werbung gedruckt ist, das ist sicher nährstoffreicher! Du kaufst Schweinefleisch für 3,99 das Kilo und wunderst dich, warum es nach nichts schmeckt. Ich wette, wenn du dem Markt eine Chance gibst, wirst du überrascht sein.
Liebe Maxi, das stimmt nur halb. Käse und Aufstrich gab es nur ab 100 g, auch das Brot ließ sich nicht halbieren. Außerdem fiel überraschend viel Verpackungsmüll auf dem Markt an. Nachhaltigkeit hatte ich mir anders vorgestellt. Geschmacklich muss ich dir allerdings recht geben: Das Brot vom Markt war voller Kerne, man musste kräftig kauen und wurde schnell satt. Das bin ich von meinem Weizenbrot mit Dekokernen nicht gewohnt. Auch die Feta-Creme war fantastisch und voller Oliven, nicht so wie die abgepackte Version, die nach künstlichem Paprikaaroma schmeckte. Nur der Käse vom Markt war mir zu stark gewürzt. Da kaufe ich doch weiterhin lieber den neutralen Schafskäse im Supermarkt. Aber nun zum Geld: Wir haben auf dem Markt fast das Doppelte ausgegeben! Liebe Nadine, deshalb kann ich gut verstehen, dass man nicht ganz auf günstige Alternativen verzichten kann. Auch ich komme manchmal nicht drum herum, auf günstigere Produkte zurückzugreifen – einkaufen im Supermarkt ist ja auch gar nicht schlimm, solange man dies bewusst tut. Man sollte wissen, wodurch die viel günstigeren Preise zustande kommen: Massentierhaltung, Chemie und unfaire Löhne für alle, die mit der Produktion der Güter zu tun haben. Ich – keinesfalls die penetrante Vegetarierin, die allen vorschreiben will, wie sie zu leben haben, ich hoffe, das hast du bei unserem Treffen gemerkt – empfehle also: Probiere Produkte auf dem Markt und finde heraus, welche von ihnen einen höheren Preis wert sind, geschmacklich und moralisch. Den Rest kannst du ja weiter im Supermarkt kaufen.
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Die spinnen, die Deutschen! Auf der Suche nach dem Stereotyp
Was ist eigentlich typisch deutsch? Laut Mythos sind es weiße Socken in Sandalen, Oktoberfest, Bierbauch und Sauerkraut. Doch stimmt das wirklich? Autorin: Maxi Perten will alte Stereotype aus dem Weg schaffen – und findet neue.
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uf meiner Suche habe ich mich mit Erasmus-Studenten, die seit einem halben Jahr in Deutschland wohnen, unterhalten und sie gefragt, was ihrer Erfahrung zufolge den typischen Deutschen ausmache. Beim Zusammentragen der Ergebnisse konnte ich mir zwei Dinge nicht verkneifen: zu lachen und mich so deutsch zu fühlen, wie wahrscheinlich vorher noch nie. Der typische Deutsche, so die einhellige Meinung, ist immer und überall nackt. Nackt beim Sich-Umziehen am Strand (Ganz ehrlich: Das zählt doch nicht!) oder beim Duschen in Fitnessstudios oder Schwimmbädern (Gut, das zählt und macht wohl auch die meisten Deutschen unter 25, mich eingeschlossen, ziemlich verlegen). Kinder sieht man im Sommer am Strand und in den Brunnen der Innenstadt grundsätzlich nackt. Letzteres fanden alle der Erasmus-Studenten ziemlich unglaublich. Als ich das erste Mal mit einer Studentin aus England am „Pornobrunnen“ (ein zutiefst unpassender Name an dieser Stelle!), in dem nackte Kinder spielten, vorbeiging, schaute sie mich mit riesigen Augen an und fragte: „Habt ihr Deutschen denn gar keine Angst vor den Pädophilen?“, als wäre die Rede von einer Alien-Invasion. Der typische Deutsche geht niemals bei Rot über die Ampel, wenn ein Kind zusieht. Das ist mir noch nie aufgefallen. Doch es stimmt: Wenn ich an einer roten Ampel stehe und weit und breit kein Auto kommt, dann schaue ich mich erst um, ob Kinder in der Nähe sind. Kann ich keine Kinder entdecken, dann gehe ich über die Straße; sehe ich ein Kind, bleibe ich stehen und warte. Der typische Deutsche wird im Supermarkt zum Tier. Wir Deutschen sind wirklich ein sehr höfliches und zivilisiertes Völkchen – doch nur genau so
lange, bis wir im Supermarkt an einer langen Schlange stehen und eine neue Kasse aufmacht. In diesem Moment vergessen wir ganz plötzlich unsere jahrelang hart antrainierten Manieren und werden zu keuleschwingenden Neandertalern, die, andere Kunden aus dem Weg boxend, wie wild die neu geöffneten Kasse stürmen. Der typische Deutsche gratuliert anderen nie im Voraus zum Geburtstag, da dies „Unglück bringe“. „Ihr spinnt doch, ihr Deutschen!“, war hier die allgemeine Ansicht. Lauthals versuchte man, mir von allen Seiten aufgebracht zu erklären, dass es doch viel besser sei, schon bis zu einer Woche (!) vor dem Geburtstag Glückwünsche und nette Worte zu empfangen. An dieser Stelle konnte ich mir, ganz die Deutsche, ein „Mag sein, bringt aber Unglück“ nicht verkneifen. Der typische Deutsche trägt eine Jack-Wolfskin-Jacke. Das typisch deutsche Ehepaar über 40 trägt Jack-Wolfskin-Jacken im Partnerlook. Der typische Deutsche hat ein Fahrrad; doch anstatt damit zu fahren, nimmt er es lieber mit in Bus oder Bahn und sorgt damit für akuten Platzmangel. Der typische Deutsche muss in Restaurants oder Cafés für Leitungswasser bezahlen. Der typische Deutsche findet dies nicht unglaublich geizig. Der typische Deutsche isst mehrmals die Woche Döner und schmiert auf alles Remoulade – außer auf Döner. Ich denke, dass weiße Socken in Sandalen und Sauerkraut mittlerweile einfach einer anderen Generation angehören – und vielleicht sind die Entdeckungen der Erasmus-Studenten eben die Stereotype von uns, einer neuen Generation.
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Geheimtipps Rostock
Der Herbst beginnt und die letzten Sonnenstrahlen bahnen sich ihren Weg durch die Wolkendecke. Wieso diese nicht im Rostocker Zoo genießen? Oder sich in der Eishalle schon mal seelisch auf das kalte Wetter einstellen? Der Alltag spielt sich mehr und mehr drinnen ab – hier sind unsere Tipps für den nötigen Ausgleich!
Sternwarte Autorin: Friederike Wollgast greift gerne nach den Sternen.
Etwas versteckt noch hinter DKB-Arena und Neptun-Schwimmhalle liegt die 1965 gegründete Rostocker Sternwarte, die auch über ein Planetarium verfügt, in dem etwa 5.000 Sterne, Planeten, die Sonne und die Milchstraße dargestellt werden können. Obgleich es sich hauptsächlich um eine schulische Einrichtung handelt: In der Sternwarte finden auch öffentliche Veranstaltungen statt. Donnerstags gibt es ab 22:45 Uhr Fernrohrbeobachtungen (1 Euro Eintritt). Außerdem finden regelmäßig Planetariumsvorträge statt, im November beispielsweise zum Sternhimmel des Monats (16.11., 14 Uhr), zu aktuellen Astronomiethemen (13.11., 20 Uhr) oder zu Tycho Brahe, dem Namensgeber der Sternwarte (16.11., 15.30 Uhr). Die Vorträge kosten in der Regel 3 Euro Eintritt (ermäßigt 2 Euro). Wer also im tristen Rostocker Herbst-Winter mal in eine andere Welt entfliehen will, ist hier genau richtig. Und lernt zudem noch was.
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Eishalle Autorin: Isabell Kilian steht lieber amüsiert hinter den Banden.
Für die Rostocker ist es zwar schon lange kein Geheimtipp mehr, doch für die zugezogenen Erstis unter euch ein schöner Einstieg ins studentische Treiben: das Eislaufen in der Eishalle. Der Herbst beginnt und die Sommerpause endet – mit der neuen Saison des örtlichen Eishockeyclubs Piranhas, der hier (etwas unregelmäßig) seine Heimspiele austrägt, startet auch wieder die Zeit des Schlittschuhlaufens. Jeden Mittwoch (19–23 Uhr), Samstag (11–18 Uhr) und Sonntag (10–18 Uhr) kann man hier sein Können unter Beweis stellen. Der Eintrittspreis für Erwachsene liegt bei 8 Euro, eine Zehnerkarte bekommt man für 40 Euro. Für 3 Euro besteht die Möglichkeit, sich Schlittschuhe auszuleihen. Einmal im Monat lockt die Eishalle in der Schillingallee mit einem weiteren tollen Angebot: der beliebten Mitternachtseislaufparty. Für 5 Euro kann man hier von 19 bis ca. 2 Uhr seinen Samstagabend von der Tanzauf die Eisfläche verlegen und muss dennoch nicht auf Party verzichten. Denn der Radiosender Ostseewelle HIT-Radio Mecklenburg-Vorpommern trägt zur richtigen musikalischen Stimmung bei. Wer sich dazu noch etwas kollidierend und unbeholfen anstellt (gewollt oder nicht), lernt dabei auch schnell neue Leute kennen. Termine Mitternachtseislaufen: 1.11. | 6.12. | 3.1. | 7.2. | 7.3. | 11.4.
Rostocker Zoo Autorin: Alexandra Wendt beobachtet die Gepunktete Wurzelmundqualle im Darwineum am liebsten. Qualle: A. Dobbertin
Das riesige Gelände des Rostocker Zoos, das sich harmonisch an die Barnstorfer Anlagen anschließt und somit ruhig und naturnah gelegen ist, bietet rund 4.500 Tieren eine liebevolle Heimat – und den Besuchern einen umfassenden Einblick in Leben und Verhalten von Schneeleoparden, Pinguinen, Eulen, OrangUtans, Blattschneiderameisen, … Von Affe bis Zebra ist wirklich alles dabei. Täglich ab 9 Uhr ist die bunte Tierwelt über die Eingänge Trotzenburg und Barnstorfer Ring zu erreichen. Ersterer führt zum älteren Teil des Zoos, dessen Begrünungsanlagen, wie die Eichenallee nahe der Eisbären, noch an den Tiergarten zu Zeiten der Gründung (1899) erinnern. Die Gehege sind seitdem jedoch umfassend erneuert und tiergerecht gestaltet worden, zudem wurde das Gelände um einige Hektar erweitert: Durch eine Unterführung gelangt man zur zweiten, jüngeren Hälfte des Rostocker Zoos. Hier befindet sich das große Savannengelände sowie das erst kürzlich eröffnete Darwineum mit riesiger Tropenhalle und entsprechendem Freigelände für Gorillas und Orang-Utans. Aus eigener Erfahrung kann ich sagen, dass man locker einen ganzen Tag im Rostocker Zoo verbringen kann und dennoch nicht alles gesehen hat. Der Eintritt kostet ermäßigt 13 Euro, eine Jahreskarte nur 35 Euro.
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Had I known how to safe a life ...
Anderen Menschen in Not zu helfen und sogar Leben zu retten ist ein altruistisches Lebensziel, das sich im Alltag mitunter schwer umsetzen lässt. Ist das so? Oder genügt vielleicht schon eine Stunde Zeit und etwas Überwindung, um zum Lebensretter zu werden? Autorin: Romy Stieger nimmt die Blutspende-Challenge an und nominiert sie, ihn und dich!
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lutspenden rettet Leben. Ein eingängiger Slogan, den viele kennen. Doch obwohl 94 Prozent der Befragten in einer repräsentativen Umfrage in Bayern Blutspenden für wichtig erachten, gehen nur 3,4 Prozent selbst regelmäßig zur Blutspende. Eine erschreckende Diskrepanz, die sich auf den ersten Blick kaum nachvollziehen lässt und Fragen aufwirft: Warum nicht? Ist es die Zeit, die fehlt? Kein Interesse? Angst vor eigenen gesundheitlichen Risiken? Moralische Bedenken? Oder sind einfach zu viele Fragen offen wie zum Beispiel: Wo kann man überhaupt spenden? Was kann alles gespendet werden? Was passiert mit meiner Spende? Und gibt’s nun dafür Geld oder nicht? In Rostock kann man bei mehreren Anlaufstellen spenden: Die lokalen: Der Blutspendedienst der Uniklinik Rostock im Flachbau Waldemarstraße 21d (gegenüber der Einmündung Kabutzenhof) versorgt die Patienten der Universitätsmedizin Rostock. Nur in Ausnahmefällen wird anderen Kliniken mit Blutprodukten ausgeholfen. Die regionalen: Das DRK im Institut für Transfusionsmedizin Rostock in der Robert-KochStraße 10 übernimmt die Versorgung vieler
Arztpraxen und mehrerer Krankenhäuser in und um Rostock. Die deutschlandweiten: Das Haema Blutspendezentrum Rostock, Deutsche-Med-Platz 2, ist eine Zweigstelle von Deutschlands größtem unabhängigen Blutspendedienst. Wenn ihr den Weg zum Blutspendedienst eurer Wahl gefunden habt, gibt es verschiedene Möglichkeiten zu spenden. Die Vollblutspende ist die gängigste und häufigste Blutspende. Während des fünf- bis zehnminütigen Vorgangs werden dem Körper 500 Milliliter Blut mit all seinen Bestandteilen entnommen. Das Blut wird nach der Spende in seine Bestandteile getrennt und weiterverarbeitet. Die Erythrozytenspende, also die Spende von roten Blutkörperchen, dauert etwa 25 Minuten und kommt Unfallopfern mit hohem Blutverlust und Anämiepatienten (Blutarmut) zu. Eine Plasmaspende oder auch Plasmapherese nimmt gute 40 Minuten in Anspruch. Das Plasma im Blut wird abgetrennt und die übrigen Blutbestandteile werden dem Spender zurückgeführt. Plasma wird unter anderem für die Herstellung von Plasmapräparaten verwendet. Bei Hämophiliepatienten (Bluterkrankheit) ermöglichen die Gerin-
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nungsfaktoren zusammen mit den Blutplättchen die Blutstillung nach Verletzungen und dämmen den Blutverlust ein. Bei der Thrombozytenspende werden die eben erwähnten Blutplättchen aus dem Vollblut getrennt. Patienten mit einer Störung der Thrombozytenbildung, z. B. aufgrund von Blutkrebs oder einer Chemotherapie, sind auf die Zufuhr von Thrombozyten angewiesen, da sie sonst Blutungen erleiden. Wer im Rahmen einer größeren Operation eine Bluttransfusion erwartet, kann mit einer Eigenblutspende eine Übertragung von fremdem Blut vermeiden. Am Ende bleibt das (unangenehme) Thema des Geldes. Alle Blutspendeunternehmen zahlen für bestimmte Spenden eine nach § 10 des Transfusionsgesetzes mögliche, pauschalisierte und spendenartabhängige Aufwandsentschädigung an den Spender. Während die einen diese Aufwandspauschale als Nebenverdienst nutzen, betrachten andere das Verkaufen von Auszügen ihres Körpers schon eher als Prostitution. Es bleibt letztendlich jedem selbst überlassen, ob er spendet und, falls ja, wo und was. Am Ende ist dies aber nicht die schlechteste Art, sein Herzblut zu investieren.
Schönes im Oktober
Was gefällt euch am November? Lasst es uns wissen! Wir sammeln alle eure Eindrücke und veröffentlichen sie Anfang November auf heulermagazin.de. Schickt einfach eine E-Mail an studentenleben@heulermagazin.de.
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Zweiter Bildungsweg Studium
Ausbildung gemacht, im Beruf gearbeitet – und dann? Natürlich mit Mitte 20 noch ein Studium beginnen, auch wenn das einige Schwierigkeiten und Tücken mit sich bringt. Autorin: Nadine Krämer wächst mit ihren Aufgaben.
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ein schulischer Bildungsweg führte mich – für Studenten eher untypisch – bis zum Realschulabschluss. Anschließend begann ich eine Berufsausbildung als Rechtsanwaltsfachangestellte, damals war ich 16. Mit 19 schloss ich die Ausbildung erfolgreich ab und startete in die Arbeitswelt. Doch nach einiger Zeit im Alltagswahnsinn fragte ich mich schon: War’s das jetzt? Will ich das den Rest meines Lebens wirklich machen? Schwierige Fragen mit schwierigen Entscheidungen. Ich entschloss mich, eine Zugangsprüfung an der Uni Rostock abzulegen, um anschließend berufsqualifizierend studieren zu dürfen. Voraussetzungen dafür waren, neben einer Menge Papierkrieg mit der Uni, eine abgeschlossene Ausbildung und drei Jahre Berufserfahrung – beides hatte ich. Trotz verspäteter Anmeldung erhielt ich die Zulassung zur Zugangsprüfung: zwei Mal vier Stunden schriftliche Prüfung, dann nach Bestehen der schriftlichen Prüfungen noch mal eine halbe Stunde mündliche Prüfung. Am 14. August, einen Tag vor Ende der Einschreibungsfrist, erhielt ich das Ergebnis – gerade noch rechtzeitig.
Nun gingen die eigentlichen Probleme los: zunächst die Finanzierung des Studiums. Obwohl ich bereits einen Teilzeitjob bei einem Anwalt, also in dem von mir erlernten Beruf, hatte, war ich zur finanziellen Aufstockung auf das BAföG angewiesen. Die BAföG-Beantragung – der reinste Papierkrieg, wie viele von euch das bestimmt auch kennen – lief allerdings alles andere als glatt. Die Bearbeitung verzögerte sich um Monate, sodass ich erst seit Ende des Jahres tatsächlich BAföG erhalte. Insgesamt natürlich deutlich weniger, als wäre ich Vollzeit beschäftigt. Ist schon eine große Umstellung, gerade angesichts der Feststellung, dass sich meine Ausgaben durch das Studium nicht gesenkt, sondern durch Lehrbücher und Lernmaterialien sogar noch gesteigert haben. Dann das Studium an sich: Ich muss ehrlicherweise zugeben, dass ich es anfangs deutlich unterschätzt habe. Es beginnt schon mit dem Grundlegendsten: Wie lerne ich eigentlich richtig? Die Schule ist 10 Jahre her, also wie war das doch gleich? Lesen, dann zusammenfassen und anschließend versuchen zu lernen? Da ich nicht wusste, worauf es wirklich ankam, was wichtig und was
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eher nebensächlich war, kostete mich die Vorbereitung auf meine erste Klausur unheimlich viel Zeit. Dies und meine Unsicherheit offenbarte sich leider auch im Klausurergebnis: Ich bestand meine erste Klausur nicht und muss sie in diesem Semester wiederholen. Die zweite Klausur war hingegen einfacher: Anhand einer Übungsklausur ließ es sich besser und gezielter lernen – und dann sogar mit einer guten Note bestehen. Im zweiten Semester angekommen bin ich nun mit insgesamt fünf anstehenden Prüfungen schon ein kleines Stück weiter als im ersten Semester. Leichter wird es dennoch nicht, im Gegenteil: Für eines meiner Module bin ich gerade dabei, Mathegrundlagen ab der achten Klasse zu wiederholen, damit ich anschließend Abistoff lernen kann, um meine Klausur zu bestehen. Die achte Klasse ist bei mir dann fast 14 Jahre her – wer kann sich so lange etwas merken, ohne es dauernd anwenden zu müssen? Doch man muss es eben so sehen: Man wächst mit seinen Aufgaben.
Do it yourself:
In der Ecke der Küche stapeln sich die leeren Marmeladengläser und Flaschen. Statt sie in den Container zu werfen, werden sie zu Vasen und Teelichtern recycelt, um dem dunklen Herbst in Rostock etwas Farbe und Licht zu geben. Autorin und Fotos: Theresia Ziegs zeigt, wie man aus Alt Neu macht.
Du brauch st: elade ngläser • leere Marm licher Form • Fla sche n jeg un d Größe
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Uni FallendeBlätterDunkelheitNebelRegen: Der Herbst ist nicht unbedingt die beliebteste Jahreszeit. Und dann endet auch noch die vorlesungsfreie Zeit. Aber an der Uni tut sich auch Erfreuliches, wie einige Neuerungen an der Philosophischen Fakultät zeigen. Außerdem haben wir für euch ins Archiv der Uni geguckt und festgestellt: Es ist nicht alles echt, was glänzt. Im Umkehrschluss kann also vielleicht auch der Herbst viel schöner sein als gedacht, man muss nur hinter die graue Fassade blicken ... In diesem Sinne: Euch ein tolles Wintersemester und viel Spaß beim Lesen! Resi und Rieke
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Die Schatzkammer der Almer Mater
Das Archiv der Universität Rostock beherbergt nicht nur jahrhundertealte Akten, sondern auch Gemälde, Schmuck und riesige Möbelstücke. Von Barockschränken, Rektorenkette und Kaffeekannen. Autorin: Nadine Fruck wurde vom Bücher- zum Aktenwurm und entdeckte ein kleines Wunderland.
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s war einmal vor langer Zeit, da wurde in Rostock eine Universität gegründet. Damals gab es weder Facebook noch Stud.IP oder elektronische Datensicherung. Das gesamte Schriftgut wird seither in über 3.000 laufenden Metern – das ist die Maßeinheit für Archivgut – im Universitätsarchiv aufbewahrt und unregelmäßig gewartet. In den Nutzerzeiten können Historiker, Studenten und interessierte Laien diese Stücke einsehen, es sei denn, die Bestände sind gesperrt: Persönlichkeitsschutzrechte können die Einsichtnahme verhindern. Die Universität Rostock leistet sich allerdings auch den Luxus der Unterbringung in maroden und für die Folioformate der Akten nicht geeigneten Gebäuden, weshalb die Hälfte der Bestände gesperrt bleiben muss. Zum Glück ist Papier geduldig, wesentlich schwerer hat es die Leiterin des Archivs mit den Kunstschätzen der Universität, die in der Kustodie aufbewahrt werden. Dr. Angela Hartwig ist zusammen mit einer weiteren Mitarbeiterin für die vielen kleinen und großen Eigentume der Universität verantwortlich. Neben prominenten Stücken wie der Rektorenkette oder dem Zepterpaar, die bei jeder feierlichen Immatrikulation zum Einsatz kommen, gibt es unzählige Gemälde. Diese sind manchmal so groß, dass es keine Räumlichkeiten zum Aufhängen gibt. Große Hörsäle oder die neuen Besprechungszimmer im Hauptgebäude scheinen geeignet, doch die veränderten Wandbemalungen verhindern oft auch das. Zusätzlich werden manchmal streitbare Motive gezeigt. Wer will schon gern einen Nazi- oder SED-Rektor in sein Büro hängen? Aus einem ähnlichen Grund erreichten Studenten vor zwei Jahren, dass der umstrittene „Walfänger“ aus der Parkstraße entfernt werden musste. Das Bild aus den 1930er-Jahren zeigt zwei Schiffe, die einen Wal
fangen. Als technische Dokumentation gedacht, hing es jedoch kontextlos in einem durch alle Fakultäten genutzten Hörsaal. Die Praxis des Walfangs ist in Deutschland seit den 1960er-Jahren eingestellt worden und bleibt international diskutiert, weswegen die Ausstellung dieses Gemäldes außerhalb der Fakultät für Maschinenbau und Schiffstechnik nicht mehr zeitgemäß ist. Mit Gegenständen jeder Art scheint es einfacher. Eine Lampe ist schnell in den Zimmern des Archivs platziert. Aber wohin mit einem übergroßen Barockschrank, der nach Verleih und Verlust im Hausbaumhaus, einem der ältesten Kaufmannshäuser der Hansestadt Rostock, wieder auftauchte? Er beherbergt heute Geschirr und Aktenordner in Dr. Hartwigs Büro, weil er schlichtweg nirgendwo sonst stehen kann. Im Vorzimmer steht auf einem modernen Schrank eine unscheinbare weiße Kaffeekanne, auf der ein zarter blauer Schriftzug blüht: Universität Rostock. Die Geschichte dieses Stücks lässt sich nur erahnen, aber daraus Kaffee zu trinken, hat etwas Außergewöhnliches. Nicht nur im Tresor, sondern in jedem Büro des Archivs, auch im Nutzerraum, lassen sich große und kleine Kuriositäten entdecken. Aber bevor die Idee aufkommt, innerhalb der Nutzerzeiten unangemeldet einzufallen, empfiehlt es sich, die neu geschaffene Schatzkammer im Hauptgebäude zu besuchen. Hinter dem Haupteingang gleich rechts findet sich der kleine Raum, in dem Ausstellungen zur Universitätsgeschichte zu bestaunen sind. Hier finden sich auch das Zepterpaar und die Rektorenkette. Und die glänzendrote Inneneinrichtung täuscht ein wenig darüber hinweg, dass es sich dabei nur um Repliken handelt, denn für die Originale ist der neu gebaute Raum nicht ausreichend gesichert.
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Das Glück des Geisteswissenschaftlers 2.0
Die Zukunft der Philosophischen Fakultät wartet mit einigen Neuerungen auf. In einem Fall ist die Zukunft bereits angelaufen, im anderen könnte sie wie eine Blase zerplatzen. Autor: Fritz Beise ist zutiefst betroffen.
Master of Two Das Masterangebot der Philosophischen Fakultät (PHF) geht weg wie altes Brot: Bis auf die Bildungswissenschaften wird kein Master wirklich ausreichend nachgefragt. Nach einem Bachelor in zwei Fächern scheint es für die Masse der Studierenden keine hinreichende Möglichkeit zu sein, nur eines davon fortsetzen zu können. Da kam der Fakultät vor einem Jahr die Idee, auch den Master in zwei Fächern anzubieten. Die Opportunität von interessanten Kombinationen sollte anlocken. Viele Studierende der Geisteswissenschaften sind sowohl an der PHF als auch an der Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Fakultät (WSF) zu Hause. Kombinationen wie Politikwissenschaften und Germanistik, Geschichte und Soziologie oder sämtliche Lehramtskombinationen mit Sozialwissenschaften fordern im Bachelor im Hinblick auf den Studienplan die Zusammenarbeit der beiden Fakultäten. Doch auf die Anfrage der PHF zu einer Beteiligung am Zwei-Fach-Master antwortete die WSF aufgrund mangelnder Kapazitäten mit Ablehnung. Auch die PHF schwimmt nicht gerade in Kapazitäten. „Doch was soll man machen“, so Prof. Dr. Hans-Jürgen von Wensierski. Man versucht nun, den Studierenden mit einem Kompromiss entgegenzukommen. So können Soziologiestudierende, da sie ähnliche Voraussetzungen mitbringen, ihr Studium im Master ersatzweise mit Kommunikations- und Medienwissenschaften fortsetzen. Man erarbeitete nun alleine Studienordnungen und -pläne, die, wie für
Geisteswissenschaftler üblich, mit Prüfungsleistungen der Marke Hausarbeit gespickt waren. Dass dies noch Schwierigkeiten bereiten sollte, dachte sicher niemand. Doch im Senat sitzen auch Studierende, die aus den Fakultäten der Südstadt kommen und das Wort Hausarbeit meist erst im Zusammenhang mit ihrer Abschlussarbeit zu hören bekommen. Ihnen war die Anzahl von Hausarbeiten pro Semester zu viel, obwohl diese sich von der im Bachelorstudium kaum unterscheidet. Wenn zukünftige Wissenschaftler aus material- und formelorientierten Gebieten über die Angemessenheit von Hausarbeiten in ideen- und schriftorientierten Fächern urteilen, irritiert das zuweilen. Dieses Problem konnte aber durch gutes Zureden gelöst werden. Schließlich stellt es schlichtweg die Normalität der Geisteswissenschaftler dar, dass statt fünf Klausuren zu fünf Vorlesungen zwei Hausarbeiten zu zwei Seminaren, zwei Übungen und vier Vorlesungen geschrieben werden. Außerdem, könnte man sagen, setzt dies dem Bulimie-Gelerne klausurorientierter Studienordnungen etwas entgegen. Und so kann ab diesem Wintersemester an der Philosophischen Fakultät der Master in zwei Fächern absolviert werden. Aufgrund der fehlenden Kapazitäten ist ein Beginn vorerst nur in Wintersemestern möglich. Im Notfall können jedoch auch Einzelfallanträge zu einer Immatrikulation im Sommersemester führen. Weitere Infos: www.PHF.uni-rostock.de/studium/zwei-fach-master/
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Ulmicum Im StuRa wurde in der letzten Legislaturperiode häufig gewitzelt, man wolle dem Rektor am Ende seiner Amtszeit – wann auch immer dieses Ende sein wird – den Goldenen Bauhelm verleihen. Nach nun schon sichtbaren Bauten in der Südstadt soll die folgende Dekade, so plant man, dem Ulmencampus gewidmet werden. Der momentan laufende Hochschulkorridor des Landes sieht noch 37 Mio. Euro für etwaige Bauten vor. Das Geld sollte bis 2020 verbraucht werden. Davon sind ca. 10 Mio. für einen Teilneubau der PHF vorgesehen. Dieser soll auf dem Gelände der Mensa Kleine Ulme entstehen und auf ca. 2.500 m² Nutzfläche die meisten der Mitglieder der PHF beherbergen. Alle übrigen sollen sich dann auf die Häuser 2, 3 und möglicherweise 6 der Ulmenstraße 69 verteilen. Momentan wird ein detaillierter Plan erarbeitet, der alle Notwendigkeiten an Räumen strukturiert und der dann an die zuständigen Ministerien in Schwerin sowie die Landesbaubehörde geschickt werden kann. Dort kann anschließend ein Architekturwettbewerb ausgeschrieben werden. Dekan von Wensierski geht von einem endgültigen Architekturentwurf Ende 2015 aus und prophezeit vorsichtig den dann anschließenden Baubeginn. Der Rest des Geldes wird für die gesamten Kosten der neuen Mensa und der Bibliothek nicht reichen. Man rechnet mit mehr als 60 Mio. Euro. Das heißt, es wäre vortrefflich, wenn so gebaut werden könnte, dass bis 2020 für diese Gebäude 27 Mio. Euro verwendet würden und die Fertigstellung im
dann neuen Hochschulkorridor mit neu festgelegten Mitteln erfolgen könnte. Dabei ist jedoch unsicher, wie der neue Korridor genau aussieht. Es besteht also ein kleines Risiko. Die Vorstellung eines neuen vereinten Campus für die Geisteswissenschaftler in der Ulmenstraße steht jedoch auf äußerst wackligem Fundament. Der Hochschulkorridor legt Gelder des Landes für die gesamte Uni fest. Und, so wird gemunkelt, melden auch andere Fachbereiche Interessen an: Die Mediziner beispielsweise wünschen sich einen Forschungsbau. Da sieht der Geisteswissenschaftler seine PHF zusammenfallen, da er um die finanziell dürftige Ausbeute seines Fachbereichs weiß. Er holt kaum etwas vom investierten Geld in seine Forschung, durch das Ergebnis dieser wieder herein; der Hauptgrund, weshalb gerade die PHF die Unterfinanzierung der Uni zu spüren hat. Doch hat der Rektor den Geisteswissenschaftlern nicht schon häufiger einen Neubau versprochen? Hoffentlich hat er sich da nicht versprochen. Er selbst ist ja Mediziner. Was gilt also mehr, Magnifizenz? Die Loyalität zum Geld und dem eigenen Fachbereich oder die zum eigenen Wort?
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Unbekannte Größe Fachschaftsrat Eine vorsichtige Annäherung ... Einmal im Jahr ist es soweit: Eine Gruppe von Leuten, die wir nie zuvor gesehen haben, steht plötzlich in einer Lehrveranstaltung vor uns und erzählt, sie sei aus unserem Fachschaftsrat. Zettel werden verteilt mit Namen, die wir ebenso wenig kennen, aber genau jetzt wählen sollen. Wie? Jetzt sofort? Autor: Jan Tamm macht dennoch sein Kreuz bei denen, die er kennt.
J
ahr für Jahr wählen wir alle unsere studentischen Vertreter. Mal ehrlich, Hand aufs Herz: Wir wissen doch meist gar nicht, wer sie sind oder welche Interessen sie vertreten, oder?! Auf den Schwarzen Brettern vieler Institute erscheint meist nur eine A4-Seite mit dem Bild, dem Namen und dem Studiengang der Kandidaten. Wo bleibt der Wahlkampf? Und weshalb lassen sich die zu Wählenden überhaupt aufstellen? Ein Fachschaftsrat (FSR) hat die Aufgabe, die Interessen der in dem Fach Studierenden zu vertreten; er soll der erste Ansprechpartner bei Problemen sein. Zudem befasst er sich mit weiteren Projekten z. B. mit der Förderung der Studienkultur durch Partys oder Sportveranstaltungen. Engagierte, aktive FSR werden leider schnell von dem allzu häufig feststellbaren Desinteresse ihrer Studenten enttäuscht, das sich in der geringen und weiter rückgängigen Beteiligung an Wahlen und Events zeigt. Dass die Probleme der FSR an der Basis der studentischen Demokratie rühren, scheint vielen Mitgliedern nicht aufzufallen. Demokratie lebt nicht nur von der Grundidee, der prinzipiell möglichen Teilhabe aller in allen Belangen. Demokratien müssen sich stets gegenüber den Wählern bewähren, demokratisch Gewählte die Wählerentscheidung durch Professionalität im Arbeiten legitimieren. Dies gilt auch für die FSR gegenüber den Studenten. Obgleich die Wahlbeteiligung kaum jemals zufriedenstellen kann, haben die FSR noch das Glück, dass der Anteil der Wählenden hier meist noch merklich höher ausfällt als bei den Wahlen zum StudentINNenrat – 2014 lag dort die Wahlbeteiligung in den Fakultäten gerade mal zwischen 5,8 und 10,8 Prozent. Würde der StuRa die Vorlesungsräume stürmen und die Studierenden persönlich vor Ort zur Wahl des StuRas auffordern, wäre die Beteiligung sicherlich auch hier höher. Aber das ist eine andere Baustelle. Wenn die neuen FSR-Mitglieder gewählt sind, werden sie von den „alten Hasen“ in die Arbeit eingewiesen – so der Grundgedanke. Oftmals findet aber keine oder nur eine unzureichende Einweisung statt. Die ,,Neuen‘‘ werden ins kalte Wasser geworfen und sind zumeist mit der Hochschulpolitik nicht oder nur ein wenig vertraut. Oft verstehen sich FSR deshalb schon am Anfang ihrer Legislatur vorwiegend als Servicekraft. So scheint es z. B. bei SIGMA, dem Mathe-FSR, zu sein: Zwar werden schöne Poker- und Skatabende organisiert, was aber konkret für die Optimierung des Studiums und der Studienbedingungen unternommen wird, ist entweder wenig transparent oder nicht existent. Wenigstens ist die Internetseite mit den professionellen Fotos optisch ansprechend gestaltet. Dagegen präsentiert sich der Fachschaftsrat Romanistik (FaRo) nur mit einem Dreizeiler und den Fotos zweier von insgesamt neun Mitgliedern. Der FSR für Anglistik (FANAM) toppt das Ganze noch und bietet nahezu vollständige Anonymität: keine Namen, keine Fotos – im Grunde NICHTS über die studentischen Vertreter! Gibt es diese
denn dort überhaupt oder ist FANAM bloß ein noch dazu anonymer Mythos? Über Projekte oder Erfolge in der Hochschulpolitik erfährt man indes bei allen FSR wenig. Warum haben wir diese denn dann eigentlich gewählt? Die Rundmails der FSR erinnern oft an Schreiben vom Finanzamt. Wenig Liebe im Design und häufig entweder zu viele Infos, die man nicht lesen will, oder zu wenig Infos, so dass man sich die Mail auch hätte sparen können. Solche Mails landen leider schnell im virtuellen Papierkorb, bei manchen sogar von Vornherein im Spamordner. Den „Zeitgeist“ berücksichtigend haben viele FSR den Schritt in die moderne Medienwelt gewagt und präsentieren sich nun (zusätzlich oder ausschließlich) via Facebook. Prinzipiell eine gute Idee, wenn man nicht auch dort den Text ansprechend aufarbeiten müsste. Viele Fachschaftsräte verzetteln sich in Kleinigkeiten, z. B. in endlosen Diskussionen darüber, ob in E-Mails gegendert werden müsse. Dabei verpassen sie es, sich und ihre Verdienste angemessen zu präsentieren. Denn es gibt doch wohl durchaus Erfolge in der Hochschulpolitik zu vermelden, oder?! Leider wird sich fast ausschließlich über die Organisation von Partys profiliert, die zwar alle legendär sein sollen, zu denen aber – Oh, Wunder! – kaum jemand hingeht (außer zu den Spowi- und den Medi-Partys, die wirklich gut sind). Klar sollte allen, den studentischen Wählern und den studentischen Gewählten, sein: Die Partys der FSR sind nicht deren Hauptaufgabe, sie sind lediglich eine Serviceleistung. Die Kernkompetenz sollte in der Mitgestaltung der Studienbedingungen und in der Hochschulpolitik liegen. Häufig mangelt es dafür jedoch an Kontinuität, so dass gute Ideen oft nicht stringent bis zur Umsetzung begleitet werden. Offen bleibt also oft so einiges: Wo sind nun die Erfolge der FSR? Was kommt bei den Lehrevaluationen rum? Wieso bleiben Probleme oft über Wochen im E-Mail-Eingang der FSR und werden nicht bearbeitet und gelöst? Wieso ist das Organisieren der Fachschaftspartys die Hauptarbeit vieler FSR geworden? Unser Appell an unsere Fachschaftsräte: Tretet weiter und wieder entschlossen für die Belange eurer Studierenden ein! Seid rege und kritisch, produktiv und konstruktiv, wo nötig auch unbequem und mit langem Atem. Denn auch Demokratie an der Uni lebt nicht allein von der Idee.
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Das Gewicht einer kalten Ente
Vom (Un-)Sinn des Freiversuchs Wer zum Teufel isst gerne Gremiensalat zum Frühstück und warum endet die Debatte um den Freiversuch in einem Rausch aus Schnaps, Rahmenprüfungsordnungsüberprüfungen und britischem Humor? Eine hochromantische Polemik. AutorIn: Der Wächter mit Schluckauf polemisiert gegen die Ritter vom Nie.
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en Verfasser dieser Zeilen hat die erfreuliche Entscheidung des Akademischen Senats, über eine Abschaffung des Freiversuchs vorerst nicht zu entscheiden, hart getroffen. Hatte er sich doch aufgrund des Terminplans der heuler-Redaktion schon vor Wochen mit jeder Menge Wut, hochprozentigem Alkohol und MontyPython-Filmen (auf VHS) tagelang eingeschlossen, um diese Polemik zu schreiben. Und jetzt macht die Uni plötzlich etwas Sinnvolles. Wäre also ein romantisches hochschulpolitisches Sonett die geeignetere Textform? Mitnichten. Unfassbar montypythonesk bleibt der Hergang der Entscheidungsfindung trotzdem. Grundlage der ganzen Diskussion ist ein Arbeitspapier des Instituts für Marketing & Dienstleistungsforschung der Universität Rostock mit dem Titel: „Freiversuch mit Verbesserungsoption – eine (zweifelhafte) Errungenschaft in wirtschaftswissenschaftlichen Studiengängen?“. Dieses kann zur aktuellen Situationseinschätzung jedoch nichts beisteuern: Weil es die uneingeschränkte Freiversuchsregelung betrachtet, die an der Universität Rostock gar nicht mehr existiert. Weil es nur Zahlen des Fachbereichs Wirtschaftswissenschaften prüft, die Auswirkung des Freiversuchs in anderen Fachbereichen jedoch vollkommen ausblendet. Steht übrigens auch im Arbeitspapier selbst, nachzulesen auf Seite 12. Alles egal: Freiversuch abschaffen!!! Diesmal aber wirklich. Offiziell, weil die Prüfungsergebnisse leiden und die Studierenden länger studieren, wenn sie die Verbesserungsoptionen des Freiversuchs nutzen. Und das haben ProfessorInnen aus dem Bereich ABWL, Marketing und Dienstleistungsforschung gar nicht gern. Längere Studienzeiten sind total
pfui. Compliance Management System und so. Wo soll denn das hinführen? Vielleicht raucht demnächst noch jemand auf dem Pausenhof?! Aber mal ganz ernsthaft: Da sollen Menschen in drei Jahren theoretisch fertig ausgebildet und auf den Arbeitsmarkt geworfen werden, und dann dürfen sie noch nicht einmal selbst entscheiden, ob sie mit einer Prüfungsregelung unzufrieden sind, sondern es wird festgelegt, dass sie unzufrieden zu sein haben?! Liebe DienstleistungsmanagerInnen, verehrter Prorektor, hochgeschätzte Universität Rostock: Wenn ihr den Studierenden so dringend helfen wollt, hätten wir ein paar andere Vorschläge: Vielleicht könnte jemand die wuchernden Wildpflanzen aus den Gebäuden der Grundschulpädagogik in der Möllner Straße entfernen? Vielleicht könnte jemand dafür sorgen, dass die WiWis nicht gefühlt alle zwei Monate eine neue Studien- und Prüfungsordnung bekommen, die Seminare zu Modulen macht (oder doch wieder Module zu Seminaren?) und die Fristen zur Prüfungsanmeldung so ändert, dass erst einmal jede Menge Leute gar nicht in Regelzeit studieren können, selbst wenn sie wollten? Vielleicht wäre es auch schön, wenn nicht die um 14 Minuten verspätete Onlineanmeldung einer Prüfung zu einem zwangsläufigen „Nicht-Bestanden“ führen würde? Und sprechen die Durchfallquoten von teilweise über 60 Prozent in den MINT-Fächern wirklich für eine exzellente Lehre?! Das alles sind Themen, die Studierende wirklich beschäftigen, zum Verzweifeln bringen, die zu Studienabbrüchen führen und Studienzeiten verlängern. Der Freiversuch ist es nicht! Aber vielleicht ist auch alles ganz anders. Vermutlich handeln Personen, nennen wir sie einfach die akademischen Ritter vom Nie, die in der Mensa täglich eine große Portion Gremiensalat mit Prüfungsamtsquark mampfen, nach einer viel höheren Logik. Denn der Freiversuch betrifft Hausarbeiten und Klausuren. Hausarbeiten und Klausuren schreibt man auf Papier. Papier ist aus Holz. Holz hat das gleiche Gewicht wie eine kalte Ente. Eine kalte Ente in der Hand ist besser als eine warme Taube auf dem Dach. Auf Dächern sind Schornsteine. In Schornsteine klettern Diebe und Räuber, stehlen gute Noten und verlängern die Studienzeit. Ganz klare Schlussfolgerung: Freiversuch abschaffen!!!
Am 3. September hat sich der Akademische Senat entschieden, nicht über den Antrag zur Abschaffung des Freiversuchs zu entscheiden. Allerdings sollen die Regelungen des Freiversuchs überarbeitet werden.
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I
nnerhalb der Aktualitätsspanne dieser Ausgabe findet sich ein Tag, der diesen Anlass darstellt. Wir wollen uns jetzt nicht Phrasen wie „Ein Tag, der die Welt nachhaltig veränderte“ hingeben, obschon gerade dieser Tag in der deutschen Geschichte an Ereignisreichtum kaum zu übertreffen scheint. Überspringen wir daher diesen lästigen, immer gleichen Absatz und steigen ein in die Welt der Wilhelm-Pieck-Universität (WPU).
IST Das Universitätssystem der Deutschen Demokratischen Republik barg einen reichhaltigen Schatz an Totalitärem. Lehrkräfte wurden mehr oder weniger von der Parteiobrigkeit erwählt, Studierende „vertrat“ die FDJ. Die Struktur der WPU war der sozialistischen Sprache und Systematisierung untergeordnet. Statt Fakultäten bestanden Sektionen. Kaderpolitik. Studieren konnte, wer der SED, nach Erwerb des Abiturs durch Besuch der Erweiterten Oberschule oder einer Ausbildung mit Abitur, grundsätzlich Treue erwies, im Fragebogen, durch Parteimitgliedschaft oder durch erworbene Auszeichnungen: Aktivist, Held der Arbeit. Charakteristika der Mehrheit – Ausnahmen bestätigten die Regel. In einer Untersuchung „zur sozialen Sicherheit der Studierenden in der DDR“ in Abgrenzung zu kapitalistischen Ländern heißt es, dass ca. 90 Prozent nach dem Abitur auch ein Studium aufnehmen. Dass diese nach dem Abitur auch studieren konnten, lag wohl an der schon sehr harten Selektion zwischen Polytechnischer und Erweiterter Oberschule. In der DDR waren die Studierenden vielerlei anderes gewohnt als die heutigen, beispielsweise die Qualifizierung zum Reservisten oder Reserveoffizier für die Herren. Zusätzlich gehörte zum beruflichen Alltag, also auch zum universitären, die sogenannte Zivilverteidigungsausbildung. Studierende, MitarbeiterInnen, ProfessorInnen mussten für den Fall von „Katastrophen und Havarien“ gerüstet sein und unter anderem den Umgang mit einer Gasmaske beherrschen. Der Rektor konnte erforderlichenfalls beantragen, einzelne betroffene Studierende stattdessen für volkswirtschaftlich erforderliche Aufgaben einzusetzen. Zum Medizinstudium gehörte das Gebiet der Militärmedizin, um in außergewöhnlichen Situationen den medizinischen Schutz der Bevölkerung gewährleisten zu können. So mussten weibliche Studenten der Medizin und ihre männlichen Kollegen, die keine Reservistenausbildung hatten, ein medizinisches Zivilverteidigungspraktikum absolvieren.
Wende an der Uni
Immer diese Jubiläen. Der Mensch scheint wieder und wieder einen Anlass für das Wühlen in der eigenen Vergangenheit zu brauchen. Na gut, dann machen wir das auch! Autor: Fritz Beise ertrinkt in dreibuchstabigen Abkürzungen. SOS!
SOLL Mit den Demonstrationen im September '89 begann eine Phase der dual herrschenden Systeme. Nicht im Bereich der Ausbildung, sondern ganz allgemein. Wo bei der Wohnungsvergabe noch sozialistische Planwirtschaft herrschte, wie der Einsatz des Rostocker Rektors für eine studierende Familie auf Wohnungssuche im Jahre 1990 zeigt, regierte in anderen Bereichen bereits westlicher Kapitalismus. Der geistige Umschwung machte selbstverständlich auch vor der WPU nicht halt. Schon im Oktober und November wurde in den Gremien der Universität die momentane Lage im Land diskutiert. Vier Tage nach dem Mauerfall erkannten Studierende der Humanmedizin die Situation und reichten eine Erklärung ein, in der sie an der Notwendigkeit des universitätsweiten Unterrichts im Fach Wissenschaftlicher Sozialismus – marxistisch-leninistisches Grundlagenstudium war Hauptfach in allen Studienfächern – und der Verhältnismäßigkeit gegenüber fachspezifischen Noten zweifelten. Für Hardliner muss diese Erklärung ein Rütteln an den Grundfesten des Systems gewesen sein. Für viele war im November keine Spur von Einheit in der Luft. Die meisten wollten den Staat DDR reformieren. Erarbeitete „Vorschläge und
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Hans-Dietrich Genscher am 2. März 1990 auf dem Universitätsplatz (© Hartmut Klonowski/Ostsee-Zeitung).
Überlegungen zu einer grundlegenden Hochschulreform“ vom 7. Dezember 1989 beginnen mit dem Satz: „Die Deutsche Demokratische Republik steht am Beginn eines Aufbruchs zur politischen, sozialen, ökonomischen, geistigkulturellen und moralischen Erneuerung des Sozialismus.“ Man wolle die „Widersprüche zwischen den humanistischen Zielen und Werten des Sozialismus und seiner politischen, ökonomischen und sozialen Fehlentwicklung“ auflösen. Der Sozialismus sollte auch an der Universität eine Demokratisierung erfahren, die er dringend nötig hatte. Die Autonomie der Wissenschaft von Zentralismus, Bürokratie und Parteibuch wurde ebenso gefordert wie die Möglichkeit einer stärkeren Beteiligung der Studierenden, wobei „der Ausgangspunkt der mündige Student“ sei, der bis dato nicht wirklich Ziel des Bildungsministeriums gewesen ist.
bei der Reform der Uni, alle MitarbeiterInnen, Dozierende, Studierende, die inoffizielle MitarbeiterInnen der Staatssicherheit gewesen waren, auf, „von Kandidaturen zu den bevorstehenden Neuwahlen“ sämtlicher universitärer Gremien und Ämter zurückzutreten. Ob das auch in allen Fällen vollzogen wurde, kann an dieser Stelle nicht festgestellt werden. Im Zuge der Übernahme westdeutschen Rechts drohte den emeritierten Professoren der Verlust ihres vorzüglichen Rechts, weiter Gehalt zu beziehen und ein Büro zur Verfügung zu haben. Das westdeutsche Recht wollte Emiriti in die Kategorie der Rentner einbinden und sie sollten mit ca. 1.500 Mark Rente ihren Ruhestand genießen. Dass Emiriti keine Rentner sind, da sie nämlich, solange sie sich trotz des Alters dazu in der Lage fühlen, auch über den allgemeinen Ruhestand hinaus weiterforschen können und häufig auch wollen, musste ein Schreiben eines Professors an den Bundesminister für Bildung und Wissenschaft in Bonn erklären. Letztlich wurde das Problem ja gelöst. Das wohl Wichtigste, so könnte man vermuten, schien jedoch der Name der Universität zu sein. Die Namensgebung einer Einrichtung könnte den Grundstein für die weitere ideelle Entwicklung dieser legen. Eine für Rostock bedeutsame Persönlichkeit wurde gesucht, aber anscheinend nicht gefunden. Oder die Entscheidung fiel zu schwer. Doch wohl jeder wäre bedeutender für die Hansestadt gewesen als der einzige Präsident der DDR, Wilhelm Pieck, dessen Namen die Uni Rostock von 1976 bis 1990 trug. Max Samuel, Fritz Reuter, Uwe Johnson, Hans Moral oder Walter Kempowski wären durchaus brauchbare, weil relativ positiv bewertbare Persönlichkeiten. Doch wohl niemand hat die Absicht, dieser Universität einen Namen zu geben.
HABEN Nach und nach wurde das Angebot westlichen Universitäten angeglichen. Wirtschaft- und Sozialwissenschaften entstanden, die zuvor in Teilen anderen Fächern wie der Philosophie oder Sozialistischem Recht zugeschrieben waren. Jura kam wieder nach Rostock. Doch bei der Hochschulreform ging es auch um Personen. Kann eine Erneuerung mit alten Köpfen vollzogen werden? „Hat sich hier nicht die alte Leitungshierarchie selbst im Amt bestätigt?“, fragte die neue Zeitung Studentenfutter nach der Bestätigung des alten Rektors Prof. Dr. Klaus Plötner. Mitglieder des Unabhängigen Untersuchungsausschusses Rostock forderten Anfang April 1990, mit Verweis auf ein benötigtes Grundvertrauen
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Hoch hinaus
Rostocker Studenten forschen über den Wolken Als die Rakete in den Himmel schießt, ist alles ungewiss. Wird man die abgeworfenen Datenträger in der schwedischen Wildnis wiederfinden? Falls nicht, sind anderthalb Jahre Arbeit umsonst gewesen. Autorin: Theresia Ziegs hat noch keine Rakete ins All geschossen. // Fotos: © MEDUSA-Projekt
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ine Gruppe von Studenten und Doktoranden arbeitet an Messgeräten. Sie will eine bestimmte Region, die D-Schicht der Ionosphäre, untersuchen. Diese liegt tagsüber in 70 bis 90 Kilometern Höhe und enthält viele geladene Teilchen, die man Ionen nennt. Die Schicht ist wenig erforscht, deshalb baut die Gruppe Sonden, um die Ionendichte dieser Schicht zu messen. Ihr Projekt heißt „MEDUSA“ und steht für MEsurements of the D-region plasma USing Active falling plasma probes. Für die Messung wird eine Rakete in den Himmel geschossen und zwei Module mit den Messgeräten werden abgeworfen. Funktioniert die GPS-Ortung der Module nicht, ist es schwierig, diese anschließend wiederzufinden. Alles begann vor zwei Jahren. Heiner Asmus, Doktorand am LeibnizInstitut für Atmosphärenphysik in Kühlungsborn, bewarb sich erfolgreich für das deutsch-schwedische REXUS/BEXUS-Programm (Rocket and Balloon Experiments for University Students). Dieses Programm wird vom Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) zusammen mit der Schwedischen Nationalen Raumfahrt-Behörde (SNSB) organisiert. Studierende aus Deutschland, Schweden, aber auch anderen Mitgliedsstaaten der Europäischen Weltraumorganisation (ESA) erhalten damit die Möglichkeit, Experimente in der Atmosphäre und unter Schwerelosigkeit durchzuführen. Für das MEDUSA-Projekt, das an REXUS 15 teilnahm, kamen unter Asmus‘ Leitung elf Studenten aus Rostock zusammen, die Lust hatten, in der Freizeit Geräte und Ideen zur Untersuchung der Ionosphäre zu entwickeln. Darunter waren Maschinenbau-, Physik- und Elektrotechnik-Studenten. Eines der Gruppenmitglieder ist Paul Schünemann. Er studiert Maschinenbau und ist begeistert von der Arbeit. „Ich lerne so viel über Projektmanagement und Teamarbeit in einer interdisziplinären Gruppe“, erläutert er. Sein Kommilitone Nils Karow stimmt ihm zu und ergänzt, dass sie auch gelernt hätten, wissenschaftliche Vorträge zu halten. Denn während der Vorbereitung mussten sie immer wieder von ihrer Arbeit berichten, sodass Experten ihnen bei der Planung und Durchführung der Experimente helfen konnten. Die Messgeräte stellten sie häufig zu Hause oder in der Uni her. In Kühlungsborn am Leibniz-Institut für Atmosphärenphysik erfolgte die letzte Montage, bevor sechs Leute aus dem Team im Mai 2014, nach anderthalb Jahren Planung und Arbeit, nach Nordschweden fuhren. Hier befindet sich nahe der finnischen und norwegischen Grenze ein Raketenstartgelände. Noch sieben weitere Studentengruppen aus Europa kamen hinzu, um ebenfalls in der Atmosphäre zu messen. Doch bevor die Rakete starten konnte, mussten eine Menge Tests durchgeführt werden. Nach einer guten Woche war es soweit. Die Tests waren erfolgreich, nur die GPS-Ortung der Module der Rostocker Studenten war nicht so zuverlässig. „Zum Glück“, sagt Schünemann, „konnten wir eines der beiden Module wiederfinden.“ Nun müssen die Daten analysiert werden. Die Untersuchung sei Grundlagenforschung und helfe, zum besserem Verständnis der Atmosphäre beizutragen, erklärt Schünemann. Asmus wird die Messungen in seiner Doktorarbeit verwenden. Außerdem werden die Ergebnisse in einem Abschlussbericht beim ESASymposium in Norwegen nächstes Jahr vorgestellt. „Wir haben sehr viel Zeit in das Projekt gesteckt“, erklärt Schünemann. „Das war neben dem Studium nicht immer einfach, vor allem in den Prüfungszeiten.“ Deshalb hätte er sich gewünscht, dass solche Projekte mehr ins Studium integriert werden könnten. Aber Schünemann betont auch, dass er die Erfahrung nicht missen möchte und alle Studierende ermutigt, an einem solchen Programm teilzunehmen.
Für das Programm REXUS/BEXUS (Rocket and Balloon Experiments for University Students) können sich jedes Jahr im Oktober Studierende und Doktoranden mit ihren Experimentideen bewerben. REXUS/ BEXUS bietet die Möglichkeit, Experimente sowohl an Bord einer Höhenforschungsrakete als auch eines Höhenforschungsballons durchzuführen, siehe: www.rexusbexus.net Informationen über das MEDUSA-Projekt: www.medusa-experiment.de, www.facebook.com/MedusaExperiment Die Mitglieder stehen gerne bereit, interessierte Studierende zu beraten und zu unterstützen.
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Po l i t i k Der Herbstanfang zeigt deutlicher als jede andere Jahreszeit, dass etwas vorbei ist: Die Tage werden kühler, die Sonne steht tiefer, das Laub nimmt Abschied vom Geäst und ein ganzes Jahr Studium ist auch wieder rum. Auch die Artikel auf den folgenden Seiten beschäftigen sich zum Teil mit dem Ende: Das Ehrenpromotionsverfahren von Snowden wurde eingestellt und der StuRa verabschiedet sich. Daneben gibt es auch spannende Einblicke in den aktuellen Bericht des Verfassungsschutzes, Infos zur (Rostocker) Montagsdemo und zum Sexismus an der Uni. Und um den Bogen zum Ende(n) zu schließen: Auch ich verabschiede mich nach vier Jahren Rostock, vier Jahren heuler und vielen, vielen großartigen Momenten, hebe alle fünf Finger meiner Hände zum Winken, atme noch einmal tief die salzige Luft ein und sage: Vielen Dank für alles! Und: Ahoi! Yvonne
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Hier spielt die Musik
Für den Mittwochabend sieht der studentische Wochenplan normalerweise den Besuch der Happy Hour im Studentenkeller vor. Jeden zweiten Mittwoch jedoch gebietet der universitäre Gremiendschungel das Aufsuchen der Sitzung des StudentInnenrats. Autor: Fritz Beise tickert nicht immer ganz rund.
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StuRa vor 2000
AStA vor 2000
AStA la vista
Historie des StuRa
Anträge I
Anträge II
Sitzungsprotokolle
2010
S
o steh ich also jedes Mal – Ausnahmen bestätigen auch hier die Regel – pünktlich 18:40 Uhr vor dem Sitzungssaal der Ulmenstraße und warte auf das Präsidium, auf dass es mir aufschließen möge, um dann aus der Sitzung live zu berichten. Dies sei mir die Voraussetzung, eine Bilanz der letzten Legislatur ziehen zu können. Der StuRa 14/15 ging gleich in die Vollen. Ein Glück, dass es Veteranen aus dem Vorjahr gab, die das Handwerk kannten, wenn auch nicht immer beherrschten. So war im Oktober ein Bildungsstreik zu organisieren, zu dem möglichst viele Studierende mobilisiert werden mussten. Und mit einem Blick zurück kann durchaus festgehalten werden: Hier wurde sehr gute Arbeit geleistet. Natürlich gibt es immer etwas zu verbessern. Doch trotz der kurzfristigen Aktion konnten mithilfe einer Vollversammlung sehr viele begeistert werden, aus Greifswald, Rostock und anderen Landesteilen nach Schwerin vor den Landtag zu reisen und für eine bessere und besser finanzierte Bildung zu protestieren. Ob die Demonstration als ein Teilerfolg verbucht werden darf, sollen andere an anderer Stelle beurteilen. Der Protest wird fortgesetzt. Auch bürokratisch gibt es durchaus Positives vorzuzeigen. Bis auf die Beitrags- und Wahlordnung wurden alle Satzungen und Ordnungen überarbeitet, aktualisiert. Dass bis heute, mit Ausnahme der Geschäfts- und Finanzordnung, keine der Neuerungen in Kraft treten konnte, liege, so heißt es aus Reihen der Mitglieder, an der persönlichen Note des Justiziars Herrn Glöckner, die dieser gerne, entgegen seiner eigentlich nur auf die Überprüfung der Rechtlichkeit zugespitzten Aufgabe, in die Ordnungen einzubringen versuche. Auch die AStA-ReferentInnen für Finanzen und der Buchhalter haben ganze Arbeit geleistet. Bei der Aufarbeitung der liegen gebliebenen Buchführung der letzten Jahre sind sie nun an dem Punkt angelangt, an dem sie sich wieder vorwiegend mit der Gegenwart beschäftigen. Ein Haushalt wurde verabschiedet. Die Abschaffung des Freiversuchs – oder was davon übrig ist – konnte im Senat verhindert werden. Der Kontakt zum Bildungsministerium steigerte sich von kaum existent zu durchaus vorhanden. Also alles nur Friede, Freude, Freiversuch? Mitnichten. Altbekannte Probleme traten leider auch in diesem Jahr auf. Von 15 Mitgliedern sind nur neun mit einer Anwesenheitsziffer ausgestattet, die
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2013
zur Vorlage beim Justiziar
Erledigt
Aktuelles
Zukunft
den Titel regelmäßig – also mehr als die Hälfte der Sitzungen – verdient hätte. Nicht zu schlagen waren in ihrer Anwesenheit Maximilian Hertrich, Eric Gräfe-Loske, Christian Lüth, Tom Lüth, Isabelle Pejic und Martin Warning. Herausstechende Mitglieder, so Präsidiumsstellvertreter Tom, seien Martin, Isabelle, Maximilian, Eric und Lukas Rieck gewesen. Letztere vor allem in der organisatorischen Arbeit außerhalb der Sitzungen. Erstere, so auch meine Erinnerung, in erster Linie verbal, aber dann auch in sämtlichen Gremien. In Kreisen der AStA- und StuRa-Mitglieder bekam Martin aufgrund seiner zahlreichen Mitgliedschaften in universitären Gremien und Ausschüssen den Spitznamen „Hochwürden“. Doch nach der Ehrung folgt die Mahnung. Warum war auch dieses Jahr die Beteiligung bei der StuRa-Wahl im Frühling wieder so erstaunlich schlecht? Warum stellen sich Studierende für eine Kandidatur auf, werden gewählt und erscheinen dann in keiner Sitzung, ohne eigenhändig von ihrem Mandat zurückzutreten? Es müssen schließlich nicht alle Übermenschliches leisten. „Es wäre ja schon schön, wenn wenigstens alle kommen würden“, so Tom Lüth. Man kann auch von den StuRa-Mitgliedern nicht erwarten, immer vollends vorbereitet in der Sitzung zu erscheinen. Dass die meisten Redebeiträge von AStA-ReferentInnen, die übrigens nur einmal im Monat anwesend sein müssten, stammen, liegt auf der Hand, da sie meist tiefer in der speziellen Materie stecken. Zusätzliche Qual kommt auf, wenn erst am Tag der Sitzung oder innerhalb dieser Anträge gestellt werden, die ein wenig Information vor dem Beschluss erfordern. So startete eine kleine Gruppe (in erster Linie die häufig Anwesenden) einen Versuch, sowohl die mangelnde Anwesenheit als auch die Schwierigkeit der spontanen Anträge zu thematisieren, und fassten zu viert auf einer Sondersitzung folgenden Beschluss: „Verspätet eingegangene Anträge sind ab sofort nur noch in Gesangsform auf der Sitzung einzubringen, auf Grundlage der Melodie von Beethovens 9. Sinfonie, ansonsten werden diese Anträge auf der Sitzung nicht behandelt.“ Auf der darauffolgenden ordentlichen Sitzung wurde der Beschluss nach langwieriger Diskussion revidiert. Aber das Problem, auf das aufmerksam gemacht werden sollte, wurde dadurch nicht aus der Welt geschafft, geschweige denn angepackt. Manchmal bleibt man doch, trotz respektvoller, fast freundschaftlicher Umgangsformen zwischen den meisten Mitgliedern, im persönlichen Hickhack stecken.
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Honoris Causa Snowden Eine Zusammenfassung Von November 2013 bis heute ist der Fakultätsrat der Philosophischen Fakultät damit beschäftigt Edward Snowden die Ehrendoktorwürde zu verleihen. Wir haben versucht, etwas Übersicht in die Geschehnisse des letzten Jahres zu bringen.
Ergebnisse der Studierendenumfrage Autorin: Friederike Wollgast zeichnet ein Stimmungsbild.
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2013
für die Gesellschaft, aber auch moralische Beweggründe. Einige erkennen dabei seine Aufbereitung der Daten als wissenschaftliche Arbeit an. Auch der Vergleich zu Joachim Gauck – ebenfalls Ehrendoktor der Uni Rostock – wird herangezogen. Die Gegner der Ehrendoktorwürde bemängeln hingegen das Fehlen einer wissenschaftlichen Leistung in Snowdens Veröffentlichungen und halten daher den Titel für nicht gerechtfertigt. Einige sehen eine Ehrung an sich zwar als sinnvoll an, halten den Ehrendoktor aber für das falsche Mittel. Insgesamt wünschen sich viele der befragten Studierenden eine transparente, sachliche Debatte. Diese sollte sich nicht nur auf das Verfahren zur Verleihung der Ehrendoktorwürde (das ja mittlerweile gestoppt ist) konzentrieren, sondern vor allem die Themen kritisch aufgreifen, die durch Edward Snowden öffentlich gemacht wurden.
Es werden sieben Gutachter ausgewählt und angeschrieben, die die wissenschaftliche Relevanz der Enthüllungen Snowdens bewerten sollen. Unter ihnen sind bekannte Persönlichkeiten wie Noam Chomsky und Ulrich Beck. Die Einschätzungen sind eindeutig: Die Verleihung einer Ehrendoktorwürde wird von allen Gutachtern empfohlen.
9. April
Der Dekan der Philosophischen Fakultät (PHF) veröffentlicht den Antrag zur Verleihung einer Ehrendoktorwürde an Edward Snowden, weil dieser mit seinen Veröffentlichungen unter anderem einen wichtigen Beitrag zur aktuellen wissenschaftlichen Debatte über Globalisierung und Kosmopolitismus geleistet hätte.
November/Dezember
9. November
m Thema Edward Snowden scheiden sich die Geister. Zumindest beim Dekanat der Philosophischen Fakultät (PHF) und dem Rektorat scheint das der Fall zu sein. Aber was sagen eigentlich die Studierenden, die große Mehrheit der Uni? Um das herauszufinden, initiierte die PHF eine Umfrage zur Causa Snowden. Dabei zeigte sich, dass unter den befragten Studierenden eine eindeutige Mehrheit, nämlich 65,8 Prozent, die Verleihung der Ehrendoktorwürde an Edward Snowden durch die PHF befürwortet. Dagegen antworteten nur 28,9 Prozent, dass Snowden die Ehrendoktorwürde nicht verliehen werden sollte. 5,3 Prozent der Befragten hatten dazu indes keine Meinung. In den Begründungen der Befürworter finden sich beispielsweise die durch Snowdens Erkenntnisse gewonnene Transparenz und der Verdienst
Der Fakultätsrat der PHF beschließt mit 17 Ja-Stimmen, zwei Nein-Stimmen und zwei Enthaltungen, das Ehrenpromotionsverfahren für Edward Snowden zu eröffnen.
2014
Am 20. Januar dieses Jahres findet im restlos gefüllten Audimax eine Podiumsdiskussion statt, die das Ehrenpromotionsverfahren zum Thema hat. Anwesende Gäste sind u. a. Hans-Christian Ströbele (MdB) und Professor Wolfgang Hoffmann-Riem (Bundesverfassungsrichter a. D.).
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14. Mai
Der Fakultätsrat der PHF beschließt die Einleitung eines Prüfverfahrens hinsichtlich der Verleihung der Ehrendoktorwürde.
20. Januar
14. November
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Der Fakultätsrat der PHF beschließt mit 20 Ja-Stimmen, einer Nein-Stimme und einer Enthaltung, Snowden die Ehrendoktorwürde zu verleihen.
Stellungnahme des Rektors zum Verfahren
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Foto: ITMZ
Das Landeshochschulgesetz Mecklenburg-Vorpommern war 2002 in Bezug auf die Kriterien für die Verleihung einer Ehrendoktorwürde geändert worden. Zuvor war es – wie in einigen anderen Bundesländern – durchaus möglich, die Ehrendoktorwürde für Verdienste um die Wissenschaft zu verleihen. Um Persönlichkeiten mit der Courage Snowdens zu ehren, die keine hervorragenden wissenschaftlichen Leistungen aufweisen können und keinen direkten Bezug zur Universität Rostock besitzen, habe ich vorgeschlagen, eine Medaille „Doctrina multiplex, veritas una“ zu etablieren. Die Verleihung des Alternativen Nobelpreises, die ganz aktuell bekanntgegeben wurde, ist auf internationaler Ebene eine würdige Auszeichnung. Das war bereits 2013 der Vorschlag unseres Bildungsministers, dem ich mich vorbehaltlos anschließen konnte. Prof. Dr. Wolfgang Schareck, Rektor
Die Entscheidungsverantwortung geht an den Minister für Bildung, Wissenschaft und Kultur über, der sich einen Monat zuvor im heuler #106 zur Ehrendoktorwürde mit den Worten „dann werde ich meine Entscheidung davon abhängig machen, was ich in meinem Studium an der Philosophischen Fakultät und durch meine akademischen Lehrer gelernt habe“ geäußert hatte (vgl. heuler #106).
8. September
Innenminister Caffier äußert sich in der ZEIT gegen eine Auszeichnung Snowdens, da er weder eine wissenschaftliche Leistung noch einen gesellschaftlichen Mehrwert in Snowdens Arbeit sieht (vgl. DIE ZEIT 26/2014, 17. Juni 2014).
20. Juni
Rektor Schareck beanstandet das Verfahren, da er in Snowdens Arbeit keine wissenschaftliche Leistung sieht, die die Verleihung einer Ehrendoktorwürde rechtfertigen würde.
17. Juni
23. Mai
emäß § 43 des Landeshochschulgesetzes können in MecklenburgVorpommern die Promotionsordnungen die Verleihung des Doktorgrades ehrenhalber aufgrund besonderer wissenschaftlicher Leistungen vorsehen. Die Philosophische Fakultät (PHF) verleiht auf dieser Rechtsgrundlage im § 24 ihrer Promotionsordnung die Würde eines Doktors der Philosophie ehrenhalber in Anerkennung hervorragender wissenschaftlichen Leistungen auf Fachgebieten, die in der PHF vertreten sind. Der Rat der PHF hat am 14. Mai 2014 beschlossen, Herrn Edward Snowden die Ehrendoktorwürde zu verleihen. Die Akte mit dem Vorgang des Ehrenpromotionsverfahrens Snowden wurde juristisch geprüft und ein zehnseitiges Gutachten erstellt, das zu dem Schluss kam, dass der Beschluss des Rates der PHF zur Verleihung der Ehrendoktorwürde rechtswidrig ist, weil die Voraussetzungen gemäß § 24 Abs. 1 der Promotionsordnung und § 43 Abs. 3 LHG nicht vorliegen: Besondere wissenschaftliche Leistungen konnten nicht nachgewiesen werden. Ich habe diesen Beschluss deshalb am 22.5.2014 beanstandet und den Rat der PHF aufgefordert, ihn aufzuheben. Der Fakultätsrat der PHF hat am 18. Juni 2014 beschlossen, der Beanstandung nicht abzuhelfen. Hierüber habe ich gemäß § 84 Abs. 4 S. 3 LHG den Minister für Bildung, Wissenschaft und Kultur am 20.6.2014 unterrichtet und ihn um abschließende Entscheidung im Rahmen seiner Rechtsaufsicht gebeten.
In einer Podiumslesung im Literaturhaus, an der unter anderem Prof. von Wensierski teilnimmt, werden noch einmal die Hintergründe für die Entscheidung der Philosophischen Fakultät, ein Ehrenpromotionsverfahren zu eröffnen, erläutert.
Der Fakultätsrat der PHF weist die Beanstandung des Rektors mit 19 Ja-Stimmen und 2 Enthaltungen zurück, hofft aber in der Causa Snowden weiterhin auf eine universitätsinterne Lösung im Gespräch mit dem Rektor.
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3. September
Trotz diverser Anfragen nimmt der Studierendenrat (StuRa) der Universität Rostock als Vertretung der Studierendenschaft keine Stellung zum Ehrenpromotionsverfahren, da er mit einer intern einheitlichen Meinung nicht die gesamte Studierendenschaft vertreten will.
18. Juni
2. Juni
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Das Ministerium für Bildung, Wissenschaft und Kultur stimmt dem Rektor in seiner Ablehnung, Snowden den Ehrendoktor zu verleihen, zu.
Die perfekte Diktatur Ein Verbraucherhinweis Sie kommen meistens nachts, um die Leute zu holen. / Hinterher steht wieder eine Wohnung leer. / Die Zeitungen sind voll mit Durchhalteparolen, / aber Zeitung liest sowieso keiner mehr. // Überall sind Kameras angebracht, / alles wird rund um die Uhr überwacht. / Die Grenzen sind geschlossen; seit Jahren schon. / Dir bleibt nur noch die innere Emigration. // Autoren: Fritz Beise und Marcus Sümnick plädieren nicht nur in der Soziologie für die Einführung einer Handlungspraxis.
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as Farin Urlaub auf seiner neuen Single „Herz? Verloren“ im Song „Die perfekte Diktatur“ reimt, erfüllt seinen Zweck. Alles scheint zum Greifen nahe. Die Überwachungsdiktatur schwänzelt, äußerst perfide, im Demokratiekostüm um uns herum. „Es gibt in Deutschland keine millionenfache Grundrechtsverletzung“, pofallate es im letzten Sommer. Wer’s glaubt, wird selig. Da niemand so schön sichtbar lügt wie der designierte extra 3-Preisträger des Silbernen Hilfssheriff-Sterns der NSA Ronald Pofalla, haben wir kurz herzlich gelacht, uns dann einen Tag aufgeregt und sind wieder schlafen gegangen. Zurück in unsere Traumwelt, unseren Dornröschenschlaf. Zurück in die Lethargie des fremdbestimmten Lebens, die Lethargie des gesetzestreuen Bürgers. So, wie wir es immer tun. Ein Ausdruck unserer eingebildeten Ohnmacht. Es scheint, als bräuchten wir zu jeder Handlung eine Anweisung: Es wird uns eine Information präsentiert, die klar aufzeigt, was zu ändern wäre, doch ohne dass die bisher übliche Handlung gesetzlich verboten wird, bewegt sich Maxi Mustermann nicht einen Zentimeter von der Stelle. Der Bequeme regt sich leise auf und lädt weiter seine Nacktbilder in die IKlaut. Wir wissen alles, aber handeln nie entsprechend. Wir wissen, wie das DFBTrikot mit den vier Sternen hergestellt wird, und wie viel Geld wirklich bei den ProduzentInnen ankommt – circa zehn Prozent des Preises von 85 Euro –, aber wir kaufen es. Und damit wir uns danach nicht schlecht fühlen, verschütten wir kostbare fünf Liter Wasser, für die sich Peruaner in ein paar Jahrzehnten die Köpfe einschlagen werden, spenden für die medizinische Forschung zehn Euro, die letztendlich eine Spende an die Pharmaindustrie sein werden, und glauben dann, wir hätten gerade die Welt verbessert. Nun wird man sich fragen: Aber was ist denn nun die richtige Handlung? Machen wir denn alles falsch? Vielleicht wäre einfach nur etwas mehr Konsequenz förderlich. „Man hat das Gefühl, Informatiker sein zu müssen, um ein Recht auf Privatsphäre zu haben“, so oder so ähnlich äußerte sich Prof. Dr. von Wensierski kürzlich im Literaturhaus. Damit hat er die Ohnmacht im Falle Überwachung ganz schön auf den Punkt gebracht. Das Gefühl, Techniker sein zu müssen, um mit technischen Hilfsmitteln
lich müssten wir uns, in aller Konsequenz, dafür einsetzen, dass diese Regeln durch die dafür vorgesehenen oder zu schaffenden Organe durchgesetzt und eingehalten werden. Die Angst davor, nicht jede potenzielle Straftat vor ihrer Ausübung zu entdecken, darf nicht die treibende Kraft der Verantwortlichen in Legislative und Exekutive sein. Schon gar nicht darf sie die Einführung von Methoden rechtfertigen, die darauf abzielen, möglichst alle greifbaren Informationen zu sammeln und sich aus diesen die noch zu definierenden Indizien herauszusuchen. Der Missbrauch der eigenen Daten durch Kriminelle stellt eine andere Ausprägung des gleichen Problems dar. Dieser Fall ist anders, weil hier größere Einigkeit darüber herrscht, dass es sich um falsches Verhalten handele – es gibt schließlich Gesetze und auf deren Einhaltung wird durch den Staat mit seinem Machtmonopol gedrungen. An dieser Stelle kann jedoch der selbst eingerichtete Schutz helfen. Da der Schutzmann nicht neben jedem Internetanschluss stehen und prüfen kann, ob nur Harmloses durch die Leitung kommt. Hilfreiches hierzu haben wir online – ganz sicher – für euch zusammengestellt (s. QR-Code). Denn auch wir fragen uns: Warum kann ich eigentlich meine Nacktfotos nicht auf einen Speicherplatz im Internet laden und mit meinen Freunden über meine Gefühle per WhatsApp reden, wenn der Hersteller mir doch zusichert, bei ihm seien die Daten sicher aufgehoben? Zuhause darf ich schließlich auch nackt durch die Wohnung laufen und in der Telefonzelle doch auch über meinen Kummer reden! Wieso kann ein Stück meines Zuhauses nicht auch in der Cloud oder auf dem Telefon sein?! Und warum verdammt noch mal bin ich schuld, wenn andere in mein Zuhause einbrechen, meinen Schlübberschrank durchwühlen und ihre Funde in aller Welt verteilen?! Ach, Denken macht einfach unglücklich. Deshalb lieber handeln! Zum Beispiel so wie die Stockholmer Right Livelihood Award Stiftung, die Snowden und Guardian-Herausgeber Alan Rusbridger als aufrechte Bürger mit dem Alternativen Nobelpreis ehren will. Wissenschaftlichkeit hin oder her.
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Wie genau ihr Konsequenzen aus den
die Intimität zu schützen, mag aus erster Betrachtung auch logisch erscheinen. Aber: „Wenn ich mir ein Bein breche, müsste ich Arzt sein, dann könnte ich mich selbst darum kümmern.“ Absurd, oder? Die Überwachung durch staatliche Organisationen ist – spätestens seit 9/11 – möglich, weil wir das als Gesellschaft wollen, schließlich existieren Gesetze, die das regeln. Wenn wir von staatlichen Organisationen nicht überwacht werden wollten, dann müssten wir uns als Gesellschaft dafür einsetzen, dass Gesetze das Vorgehen anders regeln, als sie es jetzt tun. Zusätz-
Enthüllungen ziehen könnt, haben wir an
ausgewählten Beispielen in einem OnlineArtikel aufbereitet.
Über den QR-Code oder unter:
bit.ly/1vRD5Fy
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Gehet hin und tut Gutes!
Du verlegst deinen Hauptwohnsitz aus einem anderen Bundesland nach Rostock und erhältst einmalig 100 Euro von der Stadt und die Uni bekommt 1.000 Euro pro Jahr. Was gibt es da noch zu überlegen? Autor: Fritz Beise würde gerne häufiger etwas spenden, ohne Ausgaben zu haben. // Grafik: © Steffen Dürre/AStA Uni Rostock
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it einem Gang zum Einwohnermeldeamt Gutes tun – das hätte man sich auch nicht träumen lassen. Doch was in Greifswald als Pilotprojekt im Wintersemester 2011/12 startete, soll nun auch in Rostock eingeführt werden. Dabei fragt man sich, warum es drei Jahre gebraucht hat, um zu erkennen, dass kaum etwas Negatives an dieser „positiven Studiengebühr“ zu finden ist. Die Wohnsitzprämie funktioniert wie folgt: Sind mehr als 50 Prozent eines Studiengangs in Rostock gemeldet, bekommt die Universität für jeden weiteren gemeldeten Studierenden oberhalb dieser Quote 1.000 Euro jährlich, maximal für die nächsten vier Jahre. Dabei fallen die Zahlungen nur für Studierende an, die ihren Hauptwohnsitz aus einem anderen Bundesland nach Rostock verlegen. Von diesen 1.000 Euro gehen 300 in die Verwaltung, 200 direkt an die Studierendenschaft, also in den Haushalt von StuRa und AStA, und 500 bleiben auf Fächerebene. Das heißt, im Einvernehmen entscheiden die jeweilige Fachschaft und die Institutsleitung über die Verteilung. In Greifswald kamen so beim letzten Mal 197.000 Euro zusammen. 70 Prozent des Geldes bleiben im Grunde indirekt bei den Studierenden. Zusätzlich erhält die Stadt Rostock für jeden weiteren Einwohner mit örtlichem Hauptwohnsitz einen gewissen Betrag vom Land Mecklenburg-Vorpommern. Davon erhält jeder Studierende bei seiner Ummeldung 100 Euro von der Stadt und der Rest geht nicht nur in die Stadtverwaltung, sondern auch in den Öffentlichen Personennahverkehr. Spinnt man diese Kette weiter, steuert ein jeder so auch Mittel für die RSAG bei, was die stetige Erhöhung der Preise für ein Semesterticket unterbinden könnte. Die Uni bekommt Zuschüsse, die Stadt ebenfalls und die Studierendenschaft im Einzelnen wie im Allgemeinen sogar aus mehreren Richtungen. Was will man mehr? Besonders wichtig ist dabei, dass die Studierendenschaft über die Fachschaften sogar selbst über die Verteilung der Gelder in den Instituten mitbestimmen kann.
Nun kann man sich fragen, warum es überhaupt nötig ist, die Vorteile der Ummeldung anzupreisen. Man ist schließlich gesetzlich verpflichtet, seinen Hauptwohnsitz an den Ort zu verlegen, an dem man die meiste Zeit im Jahr verbringt. Auch sämtliche Behördengänge vereinfachen sich dadurch. Man muss nicht erst in die Heimat nach, sagen wir, München fahren, um einen neuen Ausweis zu beantragen. Doch bringt die Verlegung des Hauptwohnsitzes einige Schwierigkeiten mit sich, die teilweise auch auf Unwissenheit beruhen. Damit wollen wir kurz aufräumen: Der Anspruch auf Kindergeld bleibt – auch ohne den Hauptwohnsitz bei den Eltern zu haben – erhalten. Bis zur Vollendung des 25. Lebensjahres bleibt der Studierende in der gesetzlichen Krankenversicherung der Eltern mitversichert, egal wo der Hauptwohnsitz liegt. Solange sich der Hauptwohnsitz nicht im elterlichen Haushalt befindet, wird der Anspruch auf Wohngeld in der Regel gewährleistet. Wirkliche Nachteile gibt es also nicht. Nur zwei Punkte seien genannt, bei denen es etwas zu beachten gilt: Ein Fahrzeug kann nur am Hauptwohnsitz zugelassen werden, sodass dies ebenfalls umgemeldet werden muss. Inwiefern dies Auswirkungen auf die Kfz-Versicherung hat, solltet ihr bei eurer jeweiligen Versicherungsgesellschaft erfragen. Auch die Haftpflichtversicherung ist so ein Fall. Hier zählt meist die Vollendung des 25. Lebensjahres oder der Abschluss des Studiums als Endpunkt der Mitversicherung bei den Eltern. Vereinzelt kann der Versicherungsschutz die Zugehörigkeit zum Elternhaus bedingen. Einfach nachlesen oder nachfragen, ob sich durch die Ummeldung etwas ändert. Falls dennoch Unsicherheiten bestehen, scheut euch nicht, die studentische Prorektorin Isabelle Pejic, die das Projekt koordiniert, zu fragen. Ihr könnt sie unter wohnsitzpraemie@uni-rostock.de erreichen.
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Über Sexismus an der Uni
Bei kaum einer Diskriminierungsform scheiden sich die Geister so wie beim Sexismus: Ist die Wortwahl nun lustig oder erniedrigend? Meistens ist Unwissen der Grund für eine Reduzierung auf das Geschlecht. Selbst an Institutionen, die für reflektiertes Arbeiten bekannt sind: Hochschulen. Autorin: Yvonne Hein findet, dass Gleichberechtigung in den Köpfen der Menschen beginnt.
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er Hörsaal ist gut gefüllt. Eine komplexe Thematik wird am Whiteboard mit zahlreichen Skizzen erklärt. Die Studierenden schreiben mit, hören zu oder dösen desinteressiert mit dem Kopf auf der Bank, während der Dozent das Whiteboard mit komplizierten Formeln füllt, bis keine Stelle mehr eine weitere Erläuterung zulässt. Der Dozent dreht sich um, zeigt auf eine eifrig mitschreibende Studentin und hebt die Stimme: „Sie da vorne! Würden Sie bitte einmal die Tafel abwischen? Dann könnte ich die Beispielaufgaben heraussuchen. Putzen ist eh Frauensache.“ Gekicher geht durch die Bänke. Der Dozent verkneift sich sichtlich ein Lächeln und erwidert: „Oh. Hab ich etwa ‚gebrüderlet‘?“ Der Hörsaal lacht, die Studentin läuft rot an. Solche Sprüche lockern die Stimmung auf, lösen kurz die Spannung und sorgen einen Augenblick lang für Heiterkeit. Mit der Konzentration kommt dann auch der bittere Beigeschmack, dass der Dozent einen Witz auf Kosten des weiblichen Geschlechts gemacht hat, und die Einsicht, dass an den Universitäten auch heute noch jegliches Feingefühl dafür fehlt. Die Situation ist ein klassisches Beispiel für Sexismus, Witze auf Kosten eines Geschlechts, eine Diskriminierungsform, die von vielen belächelt, als merkwürdiger Auswuchs des Feminismus und als übertrieben eingestuft wird. Der Begriff Sexismus entstand während der amerikanischen Frauenbewegung der Sechzigerjahre und ist an den Terminus Rassismus angelehnt. Dabei ist Sexismus nicht nur durch die Herabwürdigung des weiblichen Geschlechts definiert. Zwar war die ursprüngliche Idee, mit dieser Wortneuschöpfung auf die Unterdrückung der Frauen hinzuweisen, heutzutage konnotiert der Begriff jedoch die Diskriminierung aufgrund eines Geschlechts im Allgemeinen. Dabei wird von einer Heteronormativität (kulturelle Weltsicht, die ausschließlich auf einem binären Geschlechtssystem aufbaut) ausgegangen und es werden konstruierte geschlechtsspezifische Merkmale zugeschrieben
beziehungsweise vorausgesetzt. Diese vermeintlich „geschlechtertypischen“ Merkmale basieren auf historisch-kulturellen Rollenvorstellung und Normvorgaben, die in unserer Gesellschaft trotz sich stetig wandelnder Werte nach wie vor allgegenwärtig sind. An Sexismus ist demnach immer auch eine bestimmte Erwartungshaltung geknüpft. Wenn also der Dozent zur Studentin meint, sie solle die Tafel säubern, weil Putzen Frauensache sei, so drängt er nicht nur das weibliche Geschlecht in die Rolle der Putzkraft, sondern erwartet auch, dass Reinigungsarbeiten generell von Frauen erledigt werden sollten, kurz und abstrahiert: Die Frau hat die Rolle der Hauswirtschaft inne, eine kulturell-historische Rollenvorstellung. Sexismus ist in Rostock jedoch auch außerhalb des Seminarraumes im studentischen Umfeld anzutreffen. Der AStA der Universität initiierte vor kurzem eine Aktion gegen die „Arschkarte“ des Studentenkellers. Auf dieser Karte werden die Veranstaltungen des Studentenkellers im jeweiligen Monat bekannt gegeben. In Anlehnung an die Karten von Schiedsrichter_innen und weil sie aufgrund ihrer Größe in die hintere Hosentasche einer Jeans passt, heißt sie Arschkarte. Passend zum Namen wird jeden Monat neu der Popo einer sehr leicht bekleideten Frau in einer erotischen Pose abgedruckt. Nun machte sich der AStA der Universität Rostock nicht dagegen stark, weil er verklemmt, prüde und konservativ ist, sondern weil diese Abbildung Frauen in eine Rolle steckt, die noch nicht mal für die Mehrheit der Frauen stimmt und ein Schönheitsideal diktiert, das nur wenige Frauen verkörpern können und wollen. Warum will die Arschkarte eine Vorstellung etablieren, nach der alle Menschen mit weiblichem Geschlecht erotisierende Wesen mit Unterwerfungsdrang sind und einen Porno-Hintern haben? Ist das nicht irgendwo auch eine Beleidigung der Studentenkellerbesucherin, dass ihr Geschlecht so devot dargestellt wird? Und dann stellt sich noch die Frage, welche Botschaft uns der Studentenkeller damit mitteilen möchte. Sollen nur Studentinnen,
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die dieses Maß an Schönheit, Erotik und Unterwürfigkeit zeigen, auf den auf der Rückseite angepriesenen Veranstaltungen erscheinen? Findet der Gast solche Frauen auf den Studentenkellerveranstaltungen? Ist es eine weitere Werbung für die noch unbekannte Pornoabteilung des Kellers? Will der Studentenkeller künftig ein Studentenpuff werden? Nun, es soll, wie oben schon erläutert, nur auf den Arsch hingewiesen werden und damit den Namen der Karte unterstreichen. Dennoch stellt sich die Frage, ob es nicht passender wäre, viele verschiedene Ärsche abzudrucken: in einem Monat den eines Bauarbeiters, dann den einer alten Oma, eines Elefanten, eines Promis und dann kann auch gerne ein Hintern einer erotisierenden Dame abgebildet werden, da es in die Reihe der Ärsche passt. Das wäre auch irgendwie humorvoller. Laut des AStA der Uni Rostock kamen neben vielen Anti-Arschkarten-Aktion-Unterstützer_innen auch einige Mails, in dem der AStA und insbesondere die Gleichstellungsreferentin persönlich angegriffen wurde, beziehungsweise in denen erklärt wurde, dass diese Aktion überflüssig sei. Doch der Studentenkeller ist nicht der einzige Club in Rostock, der mit leichtbekleideten Frauen in erotisierenden Posen um Besucher_innen wirbt. Eher selten findet man leichtbekleidete Männer, aber auch das wäre Sexismus, wenn dies ein heteronormatives Verständnis vom Mann zum Ausdruck bringen würde. Man findet auch immer wieder Fachschaftsparty-Flyer, von denen einem der Sexismus förmlich ins Gesicht springt. Natürlich wird bei der heutigen Anzahl von weiblichen Studierenden auch dem Dozenten bewusst sein, dass die Reinigungsarbeit nicht nur „Frauensache“ ist. Und die Crew des Studentenkellers findet nackte Frauenärsche auf Programmhinweisen zwar witzig, möchte jedoch, so bleibt zumindest zu hoffen, nicht die Norm vorgeben, wie eine Frau zu sein hat und wie ihr Hintern aussehen muss. Dass Sexismus Diskriminierung ist, scheint noch nicht in der Bevölkerung angekommen zu sein,
auch nicht in der Personengruppe, von der man reflektiertes Nachdenken über die Gesellschaft und ihre Veränderungen erwartet – gemeint sind Universitätsangehörige. Man hört im Seminarraum oft frauenabwertende Bemerkungen, die sich auf ein Nicht-Können oder eine eher dem weiblichen Geschlecht zugeschriebene Tätigkeit beschränken und es dabei in ein schlechtes Licht rücken. Seien es nun das Einparken, Matheaufgaben im Grundkurs oder die ein oder andere Bemerkung über bestimmte Körperteile oder -proportionen: Es ist das fehlende Wissen, das oft für die hochgezogene Augenbraue sorgt, sobald der Begriff Sexismus fällt. Man diskriminiert keine Menschen aufgrund ihrer Hautfarbe oder ihrer religiösen Zugehörigkeit. Selten hört man in einem Seminar Sprüche, die sich auf andere Hautfarben oder Religionen beziehen. Sexismus nimmt man überraschend häufig wahr, wenn man die Ohren spitzt. Wird auf diesen Missstand aufmerksam gemacht, wird man gleich als „Emanze“ oder „Feministin“ negativ abgestempelt, seitdem nur noch Alice Schwarzer und die FemenBewegung mit „dem Feminismus“ assoziiert werden. Denn was ist so schlecht an dem einen oder anderen Witz auf Kosten des einen Geschlechts? Eine ganze Menge: Sexismus baut eine Hierarchie auf. Zudem wird die zunächst gedachte Normenzuschreibung in den Strukturen unserer Gesellschaft abgebildet und somit gefestigt, sodass die Gefahr besteht, dass Sexismus Alltag und „normal“ wird. Feste Strukturen zu verändern, ist schwer – wie es in den Bemühungen gegen Sexismus deutlich wird. Der Zusammenhang zwischen einer eher ins Sexistische gehenden Denkweise und dem Umgang mit einem anderen Geschlecht im Alltag liegt also auf der Hand. Weil unser Unterbewusstsein Diskriminierung gegen Menschen mit einer farbigen Hautfarbe nicht gut findet, klopfen wir instinktiv keine Sprüche darüber. Warum also über Frauen beziehungsweise Männer? Doch es wird wohl noch eine Frage der Zeit und der Bildungsarbeit sein, bis das nötige Fingerspitzengefühl alle Hände erreicht und Ohren und Verstand sensibel für sexistische Äußerungen macht. Vielleicht sollten hierzu mehr soziologische Seminare als Wahlpflichtmodule angeboten werden, damit keine kopfschüttelnden Kommentare und kein abwertendes „Femenscheiß“-Gebrumme mehr kommt, wenn sich doch ein Seminarteilnehmender gegen eine diskriminierende Dozentenäußerung auflehnt. Denn es ist nicht nur eine Frage der politischen Korrektheit, sondern vielmehr eine Frage des höflichen Respekts – und ein Beweis dafür, dass Gleichberechtigung nicht nur auf dem Papier besteht.
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Frieden für alle – jeden Montag aufs Neue ...
Seit April finden jeden Montag am Neuen Markt die sogenannten Montagsdemos statt. Die Zuhörer sind so verschieden wie die Themen: Von Friedensaufrufen bis hin zu Verschwörungstheorien ist alles zu hören. AutorInnen: Yvonne Hein und Jan Delph denken, dass Frieden allein nicht alles ist.
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ontagsdemonstrationen und Friedenskundgebungen sind keine Erfindung des Jahres 2014. Es gab sie bereits im Herbst 1989 als wichtigen Bestandteil der friedlichen Revolution in der ehemaligen DDR. Dort gingen seit September 1989 in vielen ostdeutschen Städten Menschen für eine Umgestaltung des politischen Systems auf die Straße. Die Demonstranten forderten einen grundlegenden Wandel und verliehen ihrem Wunsch nach Freiheit, der Aufhebung des Einparteiensystems und nach einer friedlichen, demokratischen Neuordnung der politischen Verhältnisse Ausdruck. Zu Recht, denn die SED-Herrschaft war totalitär, undemokratisch, innerlich verkrustet und menschenverachtend. Und heute? „Wir wollen Frieden. Nur Frieden“, erklärt Henning Schüßler, Initiator der Mahnwache in Rostock. Seit April dieses Jahres organisiert er gemeinsam mit anderen Interessierten jeden Montag die Kundgebungen auf dem Neuen Markt. Blut geleckt habe der Student in diversen Foren, in denen sich rege über die „undemokratische Regierung Deutschlands“, die vermeintlich manipulierte Presse, den amerikanischen Einfluss und den der Federal Reserve (Zentralbanksystem der USA, kurz: Fed) ausgetauscht wird. Irgendwann wurde er dann nach Berlin eingeladen, um an den dort schon etablierten, regelmäßig stattfindenden Mahnwachen teilzunehmen. Dort beschloss Schüßler, auch in Rostock eine Friedenskundgebung und Mahnwache zu etablieren. Sie wollen keine Meinung bilden, sagt er, sondern nur zum Denken anstoßen, alternative Denkweisen durch alternative Medien anstelle der Mainstream-Presse bekannt machen. Diese gaukle dem Bürger etwas vor, so z. B. die westlich geprägte und propagandistische Schreibart des SPIEGEL. Dazu seien sie gut vernetzt, doch besonders der Kontakt in der nichtdigitalen Welt sei wichtig. Gerade bei Meinungsverschiedenheiten kämen die konstruktivsten Debatten für alle Seiten dabei heraus, so die Haltung der Montagsdemo-Organisator, Ausgangsvoraussetzung sei lediglich der gegenseitige Respekt, der jedem gebühre. In Berlin gibt es die neuen Montagsdemonstrationen schon seit März. Diese Gemeinschaft sieht sich selber als Graswurzelbewegung und ist während der Ukraine-Krise entstanden. Der Zulauf ist deutlich größer und die Anhänger bunter: Studenten, Hippies, Rentner, Neue Rechte, Linke, Unpolitische, Nazis, Neugierige, Arbeitslose, Intellektuelle und Touristen. In diesem Zusammenhang wird gelegentlich auch von einer sogenannten
Querfront gesprochen. Dass sich derart viele innerhalb des politischen Spektrums manchmal scheinbar feindselig gegenüberstehenden Gruppen zusammenfinden, sollte zu denken geben. Bekannte Gesichter sind regelmäßige Gäste, halten lange Reden und fordern einen Umsturz des bisherigen Systems, rhetorisch – oder manchmal eben auch demagogisch – gut aufbereitet. Gesichter, die man nicht sofort mit dem Begriff „Frieden“ oder mit demokratisch-partizipatorischen Sichtweisen in Verbindung bringt: Ken Jebsen, Lars Mährholz, Jürgen Elsässer und Andreas Popp. Erster ist ein ehemaliger Radiomoderator, der aufgrund von wiederholten äußerst antisemitischen Äußerungen zu den intellektuellen Rechten gezählt wird. Doch nicht nur das: Er vertritt die Ansicht, die USA hätten den Anschlag vom 11. September 2001 inszeniert („Inside Job“). Genauso wie selbstredend die Ukraine-Krise durch die amerikanische Regierung gefördert werde, da der Krieg viel Geld bringe. Und die Demokratie sei überflüssig, die Natur hätte sie schließlich auch nicht. Mährholz beschäftigen in seinen Reden ganz andere Themen. Die Fed sei die Ursache allen Übels. Sie und die amerikanische Zinspolitik seien die Gründe für Armut in der Welt, für die Eurokrise, den Krieg und die Ungerechtigkeit in Europa. Er betont immer wieder, dass er weder antisemitisch, rassistisch noch nationalistisch sei, doch nicht nur in seinem Blog nimmt er fast ausschließlich Bezug auf Kreditinstitute, die in jüdischer Hand sind oder waren. Man kritisiere das System, nicht einzelne Personen, heißt es. Doch warum werden einzelne Bankiersfamilien mit Namen genannt? Ist es Zufall oder Unwissen über den soziokulturellen Kontext der Angeklagten? Explizite Strategien und nachvollziehbare Lösungsansätze zu weltweitem Frieden sind in den Demonstrationen indes nicht zu vernehmen. Und dennoch wird zum Abschluss jeder Rede „Frieden“ gerufen, fast kontextlos. Jedoch sind in den Argumentationen der meisten agitierenden Zinskritiker, so auch bei Mährholz, schnell antisemitische Stereotype zu erkennen. Die Meinungen sind gespalten: Bejubelt werden sie von den einen wegen des Muts, den Mund aufzumachen und die Wahrheit zu sagen, verachtet von den anderen, weil sie Weltverschwörungstheorien aufstellen und antidemokratische oder (partiell) menschenverachtende Ansichten vertreten. Weltverschwörer zu sein müsse aber nicht unbedingt etwas Negatives sein. Andreas Popp erklärt, warum es vielmehr positiv konnotiert sein sollte, Verschwörungstheoretiker zu sein; es werde nur von den Propagandamedien als negativ deklariert, um die Wahrheit zu vertuschen.
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Auch der Zeitschrift Compact von Herausgeber Jürgen Elsässer, die detailliert das erläutert, was auf den Montagsdemos in Berlin populistisch nur angerissen werden kann, wird ein Hang zu Verschwörungstheorien nachgesagt. Liest man zwischen den Zeilen, so erkennt man schnell Homophobie, Rassismus und Antisemitismus. Doch in Rostock sei es nicht so: „Wir ziehen die Mahnwachen anders auf als andere Städte, wie Berlin zum Beispiel“, erzählt Schüßler. Natürlich gehen Redner auch in den spekulativen Bereich, wenn es beispielsweise um die Frage nach der Macht der NSA gehe: „Wir sind keine Profis“, so Schüßler, das solle man eher als Diskurs sehen. In Rostock werden auch heiklere Themen angesprochen, die in anderen Städten nicht thematisiert werden. Die Besatzung Deutschlands zum Beispiel, sie gebe es indirekt immer noch, was aber nur selten thematisiert werde. Und manchmal tue es doch auch einfach nur gut, sich etwas von der Seele zu reden und mit anderen zu teilen, was einen an diesem System eigentlich stört. Ansichten aus dem rechten Spektrum seien bei den Montagsdemos in Rostock noch nicht aufgetreten, aber wenn, dann würden sie auch nicht verboten. Der Bürger, so Schüßler, hätte so viel Vernunft und Intelligenz, sich von rechten Äußerungen nicht beeinflussen zu lassen, zudem gebe es diese bei ihnen nicht, nur „mehrfach widerlegte und haltlose Vorwürfe“. „Man wird ja schon zum angeblichen Antisemit gemacht, wenn man Zinskritik äußert“, bemerkt Schüßler, „dabei wird es mit Zinsen nie Frieden geben! Zinsen schüren die Gier nach mehr Geld!“ Das bringe keinen Frieden. Viele der Montagszuhörer hätten zuvor nicht gewusst, wie Geld entsteht und dass Zinsen keinen Frieden bringen. Sie wüssten auch nicht, dass die Fed als privates Unternehmen in den USA die Macht über das Geld hätte, das müssten die Organisierenden der Mahnwachen und Referenten jedes Alters den Menschen erst einmal erläutern. Aber man möchte keine Feindbilder etablieren, das oberste Ziel sei es, Frieden zu erreichen und die Menschen aufzuklären, warum es keinen Frieden in der Welt gebe. Angemerkt sei, dass auch bei den Redenden Menschen vertreten sind, die nicht unbedingt durchschauen, wie sich die komplexen Kreisläufe der Warengesellschaft vollziehen – die sie infolgedessen auch überhaupt nicht als solche kritisieren. Natürlich kann ein Teil der Kritik durchaus berechtigt sein, doch um nicht alten Ressentiments nachzurennen und für komplexe, zusammenhängende Probleme einfache Lösungen zu fordern, bedarf es eben etwas mehr als eines Grundgefühls, dass etwas nicht stimmt. Studierende, Rentner_innen, Angestellte, Arbeiter_innen, Obdachlose –
Menschen aller sozialen Schichten und aller politischen Farben kommen zu den Mahnwachen in Rostock. Ob es um Tierschutz, das Freihandelsabkommen, die Mainstream-Presse, die soziale Ungleichheit, die Fed, die steigenden Preise, die geringen Renten, die Kriegsausgaben, die Umweltverschmutzung oder Chemtrails geht, das Ziel aller Redenden ist dasselbe: Frieden und wie man ihn erreicht. Und das verbinde schnell, so Henning Schüßler, und die Bewegung habe in Rostock viel Zulauf gefunden. Dennoch würde er sich mehr Teilnehmer wünschen, mehr Bürger, die aufwachen und für die Belange, welche ihr Leben unmittelbar, doch zum Teil unbewusst, beeinflussen, Interesse zeigen würden. Frieden hat den großen Vorteil, dass man nichts gegen ihn sagen kann. Frieden ist zunächst einmal positiv konnotiert. Doch von Frieden allein und ausschließlich werden nicht alle Menschen automatisch glücklich, frei, sicher, zufrieden und selbsterfüllt. Es gibt und gab Beispiele, in denen der Frieden durch Diktaturen, durch undemokratische und unfreie Systeme und Staaten gehalten wurde, die Menschen sich aber dennoch in einer Art Knechtschaft, gefangen in ihrer eigenen völlig realen Lebenswirklichkeit, befanden. Friedensrufe und die Bereitschaft, sich in einem wohlhabenden Industriestaat im Rahmen einer Volksgemeinschaft zu sammeln, kann und wird aller Voraussicht nach nicht zu einer besseren Welt führen. Es gibt viel zu viele Abhandlungen und Theorien sehr kluger, aufmerksamer und beobachtender Menschen zum Elend in der Welt und dazu, welche Ursachen hier und da zu beseitigen wären, um die Welt vielleicht ein bisschen zu verbessern, als dass man diese Erkenntnisse dem freien, ungezwungenen Diskurs opfern und ihnen ihren Wert gänzlich absprechen kann. Und auch wenn die Montagsdemo-Teilnehmenden es vielleicht nicht immer wahrhaben wollen: Es gibt tatsächlich Menschen, denen mit Friedensrhetorik und Gesprächsangeboten bei ihren mörderischen und humanfeindlichen Absichten nicht immer beizukommen ist. Von interessanten Lösungsansätzen zur Systemüberarbeitung oder Kriegsvermeidung und von Strategien für eine mögliche Umsetzung ist nicht die Rede. Diese sind auch nicht so wichtig, denn der Inhalt dieser Montagsdemos ist nicht die Erarbeitung von Verbesserungsmöglichkeiten, sondern der Frieden und das Sich-einfach-mal-alles-von-der-Seele-Reden. Doch wenn immer alles Diskurs ist, gibt es auch keine moralischen Grenzen, die nicht überschritten werden dürfen, gibt es keine klaren Positionen, keine Streitpunkte und letztlich auch keine Wahrheit mehr.
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Und jährlich grüßt der Verfassungsschutz
Im Jahr 2012 hat sich der Verfassungsschutzbericht für die Band Feine Sahne Fischfilet als PromoTool deluxe erwiesen. Sie wurde zur gefährlichsten Band Vorpommerns. Doch was wird eigentlich abseits eines Bandjahresrückblicks so berichtet? Autor: Philipp Rose schreibt als interessierter und mündiger Bürger.
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ie jährlich erscheinende Publikation wird besonders seit dem Jahr 2012 kontrovers diskutiert. Seinerzeit wurden neben der Band auch das Peter-Weiss-Haus und andere alternative Jugendprojekte (Awiro in Rostock, IKuWo in Greifswald) als Orte linksextremistischer Veranstaltungen gelistet. Später wurde diese Kategorisierung durch das Oberverwaltungsgericht aufgehoben und eine Streichung aus dem Bericht erzwungen – was impliziert, dass der Prozess der Meinungsbildung auch durch kritische Akteure der Zivilgesellschaft mitbestimmt werden darf. Anspruch des Verfassungsschutzberichtes ist die Information der Bürger über extremistische und sicherheitsgefährdende Bestrebungen und Entwicklungen in allen Phänomenbereichen – links wie rechts. Auch Islamismus und Ausländerextremismus sind Teil der Untersuchung. Oft stehen die letzteren drei Schwerpunktbereiche jedoch längst nicht so öffentlich in der Diskussion und sind damit weitestgehend unbekannt. Die Entwicklung des hiesigen Rechtsextremismus wurde laut Bericht im vergangenen Jahr beispielsweise maßgeblich durch die Bundestagswahl und den daraus resultierenden Wahlkampf der NPD bestimmt. Besonders die Agitation gegen Asylbewerber sollte die Fremdenfeindlichkeit unter den Bürgern schüren. Ein Leitfaden mit dem Titel „Umgang mit Asylanten in der Nachbarschaft“ oder auch Kundgebungen unter dem Motto „Ausländer kosten uns Millionen – Recht auf Asyl abschaffen!“ sind nur zwei perfide Beispiele für die Bestrebungen dieser Gruppe. Die Zahl derjenigen Personen, die in M-V dem rechtsextremen Lager zugerechnet werden können, liegt offiziell bei etwa 1.400. Doch längst nicht alle dieser Gruppe zugehörigen Menschen sind auch gleichzeitig Mitglied in der NPD – nur etwa 400 von Ihnen haben ein Parteibuch. Der übrige Teil der rechtsextremen Szene ist hauptsächlich in sogenannten Freien Kameradschaften auf örtlichen Ebenen strukturiert. In Rostock gibt es zwei Gruppierungen: die „Nationalen Sozialisten Rostock“ (NSR) und den „Nationalen Widerstand Rostock“ (NW Rostock). Die ideologische Ausrichtung dieser Gruppierungen ist eher rudimentär, ihre Aktivitäten sind vor allem durch Musikveranstaltungen und Konzerte geprägt. Beide Gruppierungen gelten als besonders gewaltbereit und sind für einen Großteil der statistisch erfassten rechtsextremistisch motivierten Gewalttaten verantwortlich. Die Rostocker
Kameradschaften treten darüber hinaus traditionell zur jährlichen Hanse Sail in Erscheinung und nehmen dieses Event als Anlass für eigene Propagandaaktionen. Im letzten Jahr wurden zum Beispiel am Alten Strom Plakate mit der Aufschrift „Die Demokraten bringen uns den Volkstod“ und „Identität verteidigen – Volkstod stoppen“ gezeigt. Wie bereits erwähnt, benennt die Verfassungsschutzbehörde auch vermeintliche Gefahren durch linke Gruppierungen. Mit Blick auf unsere Almar Mater ist sicherlich die Nennung der Gruppe „Kritische Uni“ am interessantesten. Im Herbst 2013 trat diese Gruppe durch die Ersti-Handreichung „Der Extremismus der Mitte. Rostocker Profs und der rechte Rand“ in den Fokus der Betrachtung. In diesem Flugblatt wurden Verbindungen von Dozierenden am Historischen Institut zu Vertriebenenverbänden und Burschenschaften kommuniziert. Das reicht, um die Gruppe als linksextremistisch einzustufen. Für die Betrachtungsperiode bescheinigt der Bericht dem linksextremen Spektrum allgemein ein rückläufiges Straftatengeschehen. Der Innenminister, Lorenz Caffier, betrachtet dies nur als eine statistische Normalität, da das Begehen entsprechender Straftaten oftmals von zufälligen Faktoren abhängig sei, z. B. dem Aufeinandertreffen der beiden politischen Lager im Zuge von Wahlen. Im Kontext der Existenz von Bundestagswahlen im Berichtszeitraum verwirrt diese Relativierung und entzieht sich tendenziell der Belastbarkeit. Das Phänomen Islamismus unterscheidet der Bericht klar vom Islam als Religion. Der Bericht kann gleichzeitig nur marginale Relevanz für Mecklenburg-Vorpommern konstatieren und nennt nur wenig Konkretes. Vielmehr beschäftigt er sich mit den politischen Entwicklungen in der arabischen Welt und deren Auswirkungen auf die Entwicklung des islamistischen Extremismus in Deutschland im Allgemeinen. Der Ausländerextremismus, den die Publikation getrennt vom beschriebenen Islamismus untersucht, wird durch die Behörde für M-V als unbedeutend beschrieben. Eine vom Verfassungsschutz beobachtete Organisation ist zum Beispiel die in Deutschland verbotene kurdische Arbeiterpartei PKK mit etwa 250 Mitgliedern im Land. Warum aber die Bundesregierung Waffenlieferungen an die kurdischen Peschmerga-Milizen im Irak zustimmt, obgleich nicht sichergestellt werden kann, dass diese ungewollt auch in die Hände der PKK gelangen, kann an dieser Stelle leider nur vermutet werden.
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Kultur Einen wunderschönen! Fabelhaft, dass Sie bis ins Feuilleton geblättert haben. Der Herbst kommt und wie immer steht man mit einem Bein im Beet der Melancholie. Leider kann euch euer Kulturressort davor nicht beschützen. Aber wir haben uns im heimischen Kulturkosmos nach wunderbaren Begleitern für jene Phase umgeguckt. Was rausgekommen ist? Lest am besten selbst. Ein Potpourri an musikalischen, theatralischen, literarischen und cineastischen Finessen – so viel können wir verraten. Wir, das sind übrigens neuerdings Anne und Philipp
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Eine Stadt liest Uwe Johnsons „Jahrestage“
Das Projekt „Rostock liest“, initiiert von der Uwe Johnson-Gesellschaft, vertont anlässlich des 80. Geburtstages sowie 30. Todestages Uwe Johnsons im Jahr 2014 das 366 Tageskapitel umfassende Hauptwerk des Autors, das nun ein ganzes Jahr lang im Rundfunk ausgestrahlt wird. Autorin: Alexandra Wendt las das Tageskapitel vom 25. August 1967.
„20. August 2014, Mittwoch.“ Es ist der Tag, an dem die ruhige Stimme Dr. Erwin Kischels das erste Tageskapitel eines Buches vorliest, das mehr berichtet als nur die Familiengeschichte einer alleinerziehenden Mutter in New York. 365 weitere Tageskapitel, gelesen nicht nur durch Rostocker Bürgerinnen und Bürger, folgen, Tag für Tag, ein ganzes Jahr lang, und erzählen die Geschichte, an der der deutsch-deutsche Autor Uwe Johnson über ein Jahrzehnt schrieb. Es ist die Geschichte von Gesine und ihrer Familie, wie sie in Deutschland und später in der DDR lebten, wie die junge Frau in den Westen floh und nach New York kam, zusammen mit ihrer Tochter Marie, der sie ebendiese Familiengeschichte erzählt, jeden Tag über ein Jahr lang, vom 20. August 1967 bis zum 21. August 1968, während in dieser Zeit der Vietnamkrieg tobt, von dem die täglichen Zitate aus der New York Times berichten. Wochentags zwischen 9:00 und 10:00 Uhr und an den Wochenenden von 8:00 bis 9:00 Uhr wird täglich je ein Kapitel über den Radiosender LOHRO und im Livestream ausgestrahlt. Zudem sind alle Kapitel über die Projekthomepage rostock-liest.de nachzuhören. Das Projekt ist die Arbeit von rund 20 Personen, die unter Leitung von Prof. Dr. Holger Helbig, Paul Onasch und Stefanie Kohl zumeist ehrenamtlich an der Verwirklichung von „Eine Stadt liest ‚Jahrestage‘“ gearbeitet haben. „Doch letztendlich wird das Projekt von den Lesern getragen“, erklärt Stefanie, „die
so viel Begeisterung und Engagement dafür mitbrachten.“ Unter anderem lasen Prof. Dr. Wolfgang Schareck, Rektor unserer Universität, Matthias Senkel, Gewinner des Uwe Johnson-Förderpreises 2013, sowie stadtbekannte Persönlichkeiten aus Wirtschaft, Kultur und Rundfunk. Aber auch zwei Schüler, 9 und 13 Jahre alt und Gewinner eines Vorlesewettbewerbs, lasen je ein Tageskapitel. „Man lernt viele interessante Menschen kennen“, meint Stefanie, „aber vor dem Mikro sind alle gleich. Sie sind alle gleichermaßen aufgeregt.“ Auf der Projekthomepage wird jeder Leser kurz vorgestellt, wie er auf das Projekt aufmerksam wurde und was ihn mit Rostock verbindet. Unterstützung erhielt das Team von „Eine Stadt liest ‚Jahrestage‘“ auch durch zahlreiche Spenden, so zum Beispiel von großen Unternehmen wie Fries und Suhrkamp, aber auch von Privatpersonen. Die über 2.000 Seiten umfassenden „Jahrestage“ seien Johnsons „Mammutwerk“, wie Stefanie erklärt, das sich insbesondere durch die intensive und detaillierte Recherche zu den politischen Geschehnissen und zu örtlichen und sozialen Umständen auszeichne. „Dabei interessieren sich nicht alle Leser in erster Linie für Johnson. Sie finden das Projekt an sich toll und nehmen teil, um ihre Verbundenheit mit Rostock auszudrücken.“ In diesen Worten liegt das, was dieses Projekt auszeichnet: Als Teil dieses Projekts auch ein Teil Rostocks zu sein.
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„Wir könnten Freunde werden“* Auf ein Bier mit Thees Uhlmann
Thees Uhlmann tourt mit seiner zweiten Platte durch Deutschland. Wir haben ihn aus den Proben im M.A.U. Club geholt, um über seine Musik zu sprechen. Nordisch-bescheiden lenkt Thees das Gespräch aber auf Fischstäbchen und den Lokalhelden Marteria. Autorinnen: Sophie Auer und Nadine Fruck sind keine Groupies, wären es aber gern. // Foto: Marcus Sümnick
heuler: „#2“ ist schon deine zweite Soloplatte. Nach der ersten gab es Fanbeschwerden, Tomte solle zurückgeholt werden. Was, glaubst du, steckt hinter diesem Wunsch? Thees: Es gibt natürlich Leute, die haben jahrzehntelang mit Tomte-Fan-Sein verbracht. Die haben zurzeit kein neues Futter. Wenn man gerne Fischstäbchen isst und es gab zwei Wochen keine, dann beschwert man sich natürlich beim Koch. Wenn der Koch aber eben Bock auf Labskaus und Risotto hat, dann bringt es ihm nichts, on public demand Fischstäbchen zu machen. Ich glaube, es freuen sich auch exponentiell viele Menschen, dass es jetzt Thees Uhlmann & Band gibt. Wo sind die Unterschiede zwischen deinem jetzigen Musiker-Dasein und Tomte? Das ist auf jeden Fall das Emotionale! Ich meine, was ist der Unterschied zwischen deinem jetzigen Freund und dem davor? Doof gesagt, empfinde ich Musikmachen als ein Zusammenwürfeln von Individuen. Ich habe mit Tomte lange Musik gemacht. Das waren meine zwei besten Freunde. Thees Uhlmann & Band ist neu zusammengewürfelt worden und das nicht mal von mir selbst. Aber so, wie wir jetzt mit der Crew bestehen, das ist nahe dran an der Perfektion. Alle verstehen sich miteinander. Und dabei wäre es normal, dass es bei 14 Leuten immer einen Arsch oder einen Zurückgezogenen gibt und einen, der zu viel sagt. Aber zurzeit ist es einfach wunderschön! Wenn du Songs schreibst, denkst du vorher über die Funktion nach? Natürlich habe ich das innere Bedürfnis, dass ein Song megalangsam oder megatraurig ist, wenn ich eine Platte mache. Schon bei den ersten TomtePlatten war das immer so. Und es hört sich jetzt komisch an, aber bei den Thees-Uhlmann-Platten will ich Tobias [Tobias Kuhn, Anm. d. R.] gefallen. Ich schreib so ein bisschen Musik für ihn. Wobei er natürlich auch nur meine weiße Leinwand ist, die dann sagt: „Alter, das machen wir jetzt!“
*Thees Uhlmann – Wir könnten Freunde werden: Die Tocotronic-Tourtagebücher, 2000. 40
Dann denken wir zusammen nach, ob ein Song lauter oder leiser wird, poppig oder rockig. Aber eine Funktion, nein, die gibt es nicht. Herz und Funktion haben ja keinen Sinn zusammen. Muskel und Funktion schon, aber Herz und Funktion nicht!
da wurde es erst richtig spaßig. Es macht wahnsinnig viel Spaß, sich romantisch in die Musik zu schmeißen und zu wissen, dass man bei einem Konzert Geld verliert, weil man bis Saarbrücken fahren muss.
Bist du eigentlich ein Musik-Nazi oder wird man im Alter sanfter? Also erstmal stört mich der inflationäre Begriff „Nazi“. Ich glaube, ich war aber nie ein extremer Hörer. Ich komme aus einer Gegend, in der es wenig Punks, Metal-Fans oder Popper gab. Da hat man immer zusammen Musik gehört. Auf der zweiten Tomte-Platte war dann schon ein Bruce-SpringsteenQuerverweis. Und was ich bis heute alles bei Kanye West geklaut habe, das darf man gar nicht sagen. Ich habe immer wahnsinnig gerne Hits gehört und eigentlich auch sonst alles.
Wie hast du dann deinen Eltern erklärt, dass du dein Studium abbrichst? Das war nicht groß aufregend. Es war Sommer, ich besuchte meine Eltern, wir saßen auf der Terrasse und ich sagte: „Ich mach jetzt Musik!“ Und die beiden so: „Hä, was?“ Natürlich hatten sie es geahnt. Ich sagte dann, dass ich ihr Geld nicht mehr wolle, mit dem sie mich beim Studium unterstützt haben. Ich wollte auf eigenen Beinen stehen. Dann waren sie ganz süß, sie haben innerlich drei Tage mit den Augen gerollt, aber gesagt: „Bevor du irgendeine Scheiße baust, komm zu uns, wir geben dir Geld.“ Das hab ich nie vergessen! Das gab mir Sicherheit. Und wir hatten beileibe kein „MeineEltern-sind-meine-besten-Freunde“-Verhältnis, wie ihr jungen Leute das heute habt.
Zu deinen jüngeren Tagen: Erinnerst du dich noch gut an deine Uni-Zeit? Hast du gerade „jüngere Tage“ gesagt? Aber ich erinnere mich total gut, ich glaube, das tut jeder. Damals habe ich zum ersten Mal Leute getroffen, die die gleiche Musik gehört haben wie ich. Die kannten meine Lieblingsbands, das war megaaufregend. Es war faszinierend, mit Leuten abzuhängen, die so viel Know-how haben, mit Dozenten, die über Themen, die mich interessiert haben, alles wussten. Du hast also ernsthaft studiert und nicht nur, um die Musik abzusichern? Nee, ich hab ernsthaft studiert. Die Musik wurde aber immer größer in meinem Hirn. Da hat das Studium irgendwann keinen Sinn mehr gemacht. Da konnte ich mich gar nicht mehr drauf konzentrieren. Studieren ist ja auch eine ernsthafte Angelegenheit oder sollte es zumindest sein, und das hat bei mir einfach nicht mehr funktioniert. War es nie andersherum, dass du die Musik komplett aufgeben wolltest? Als es mit der Musik keinen Sinn mehr machte,
Apropos Eltern: Du schreibst oft Songs über den Norden, das Landleben. Was bedeutet dir deine Heimat? Er sieht lange aus dem Fenster. Da hab ich ehrlich gesagt noch nie so drüber nachgedacht. Es gibt den Ausdruck in Köln „Dit is ‘n kölsche Jefühl“, und das hab ich so mit Norddeutschland. Das ist ja dort nicht besonders hübsch – nicht so wie Rostock Altstadt –, wo ich herkomme. Aber ich häng gern mit meiner Mutter ab und empfinde dort große Ruhe, und das bedeutet mir total viel! Wir finden, dass du immer so einen nordischbeständigen Eindruck machst, aber wenn man sieht, wie viele Wechsel in der Band sind, fragt man sich: Wie stehst du zu Neubesetzungen und Trennungen? Wenn man Musik macht, dann ist es selten, dass man so lange zusammenbleibt wie die Fantastischen Vier, die Toten Hosen oder Fettes Brot. Das
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Schlimmste war für mich damals, als mein Freund Stemmi mir sagte, dass er aussteigen will. Wir waren Pizza essen und Bier trinken auf dem HansAlbers-Platz und er meinte: „Ich steig übrigens aus!“ Und ich: „Is‘ nicht dein Ernst, oder?! Ey, die Platte ist heute fertig!“ Und er meinte zu mir: „Ja, Thees, du willst das, aber ich nicht.“ Er wollte bei seiner Freundin bleiben, maximal zwei Wochenenden im Monat wegfahren, seinen Job behalten. Er wollte mir nicht im Weg stehen. Dann haben wir beide geheult. Aber wir sind weiter befreundet. Für mich ist es ein Witz, wenn ich Musikzeitschriften von vor drei Jahren lese. Wer ist denn von denen noch zusammen? Die Drums waren das nächste riesengroße Ding. Gibt es die noch? Machen die noch mal eine Platte? Es ist ganz normal, das Leute ein- und aussteigen, auch wenn es für mich die Hölle ist, wenn jemand aussteigt. Dankeschön. Wir haben noch Geschenke! Einmal die aktuelle heuler-Ausgabe und ein M&O. Das ist ein lokales Bier. Das trinkt doch sogar Marteria. Ich finde, das ist momentan der beste deutsche Künstler. Der ist ein epochaler Performer. Der steht auf der Bühne und ist präsent. Hamburg, knie nieder, der Rostocker ist zu Gast! Und die Menge tobt. Das schafft man nicht durch Worte! Ich finde, der ist eben auch ein wahnsinnig begabter Texter. „Alle haben ‘nen Job, ich hab lange Beine“, darauf muss man erstmal kommen [Vielleicht sollte Thees da noch mal reinhören; Anm. d. R.]. Kennst du auch „Romeo und Julia“ von ihm? Genial sowas! Ich kam damals so mies gelaunt nach Hause, machte dann trotzdem den PC an und da hat mir Marteria eine Nachricht geschickt: „Hey, ich bin Marteria, hab einen Song gemacht. Hoffe, der geht okay.“ Und ich war so geflasht, der hat meinen Namen gerappt. Das war ein super Moment. Wir bedanken uns für das Gespräch!
Hingeschaut!
Zu Besuch im Schauwerk Seit Juli dieses Jahres bespielen Studierende der Hochschule für Musik und Theater und die Freigeister das ehemalige Theater im Stadthafen. „Schauwerk“ haben sie ihr Kulturbaby getauft. Nun ist es Zeit, eine Bilanz zu ziehen und zu fragen: Wie geht es weiter? Autorin: Wiebke Glitzner schaut mal, wer da werkelt. // Logo: © Schauwerk
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ch treffe Caspar Weimann und Christof Lange nach einem langen, intensiven Abend: Eben standen beide noch auf der Bühne. Anlässlich des 22. Jahrestages der Anschläge in Rostock-Lichtenhagen organisierte das Schauwerk mit Unterstützung des AStA die Veranstaltungsreihe „Brandsätze“, deren Auftakt die Asylmonologe der Bühne für Menschenrechte bildeten. Viel Arbeit wurde in die Vorbereitung gesteckt und schließlich sehr eindrucksvoll die Geschichte dreier Asylbewerber in Deutschland dargestellt. Kein Wunder also, dass Christof und Caspar am Ende dieses Abends erschöpft wirken. Wie es so sei, sein eigenes Theater zu führen, will ich wissen. „Anders als erwartet“, sagt Christof. Die Realität sei doch härter, als man sie sich zunächst vorgestellt habe, es fielen Aufgaben an, die im Vorfeld niemand erwartet hätte. Trotzdem wirken die beiden zufrieden, wenn sie von ihren Projekten, ihrem Haus und ihrem Publikum erzählen. „Die Quintessenz, der künstlerische Aspekt, ist ja erhalten geblieben.“ Caspar hebt die Nähe zwischen Publikum und Darstellern hervor. „Bei der Nacht der Monologe sitzt man im Publikum anstatt in der Garderobe, um auch die anderen Beiträge zu sehen. Man kann direkt mit den Zuschauern in Kontakt treten, auch vor oder nach der Vorstellung.“ Tatsächlich übernehmen die 25 Freigeister und die Studierenden der hmt alle anfallenden Aufgaben – Bar, Kasse, Klo putzen – und sind so immer präsent und ansprechbar. Alle arbeiten hier ehrenamtlich neben Schule, Studium oder Job, auch die Techniker. Nur einen Bühnenmeister stellt die städtische Gebäudeverwaltung. Dafür fließt auch immer ein Teil der Einnahmen an die Stadt. Der Zeitpunkt für ihr Projekt ist in Hinblick auf die Besucherzahlen ein denkbar schlechter gewesen. Nicht umsonst schließen die meisten Theater im Sommer oder bieten nur ein paar leichte Sommerstücke an. Einen solchen Sommerspielplan zu erstellen war in der Kürze der Zeit nicht möglich, und
überhaupt muss sich ein neues Haus ja auch erst etablieren. So sind es die kleinen Erfolge, die zählen. „Wir haben gelernt, die Zuschauerzahlen realistischer zu betrachten. Wir schätzen jeden Einzelnen, und wenn es doch mal richtig voll ist, freuen wir uns umso mehr“, stellt Christof fest. Er hat seit Wochen keinen freien Tag mehr gehabt, ist ständig erreichbar, um die Organisation so reibungslos wie möglich zu gestalten. Außerdem feiern die Freigeister eine Premiere nach der nächsten. Er hat ein Urlaubssemester genommen, um alle Energie in das Schauwerk stecken zu können. Wie geht es weiter, wenn die mit der Stadt vereinbarten drei Monate vorbei sind? „Aktuell sieht es so aus, dass wir uns die Bühne bald mit dem Landestheater Parchim teilen“, so Christof. Das Parchimer Haus muss renoviert werden und es wäre eine Option, das Ensemble in Rostock spielen zu lassen. Das Angebot würde dadurch noch vielfältiger, und auch wenn damit ein Teil der Selbstständigkeit für die Freigeister und die Studierenden der hmt verloren ginge, so würde die Zusammenarbeit sicher auch eine Entlastung für die jungen Kulturschaffenden bedeuten. Wie steht es mit der Konkurrenz zum Volkstheater? „Totaler Quatsch!“ Man sieht sich als Ergänzung und hofft auf einen regen kulturellen Austausch. Und: Zur Spielzeiteröffnung im Volkstheater blieb die Bühne im Schauwerk leer. Respekt unter Kollegen muss sein. Weitermachen wollen sie jedenfalls. Den Enthusiasmus, mit dem sie in das Abenteuer Schauwerk gestartet sind, haben sie nicht verloren. Man spürt in jeder Sekunde das Herzblut, das in dem Projekt steckt. Ein Besuch im Stadthafen lohnt sich in jedem Fall und wird in jedem Fall mit einem abwechslungsreichen Abend belohnt. Aktuelle Termine und Informationen findet ihr auf: facebook.com/schauwerk.rostock
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Mit neuer Intendanz volle Kraft voraus
Über das Volkstheater im Auf-, Um- und Abschwung Eine neue Intendanz, eine fantastische Spielzeiteröffnung und das alte Problem der Finanzierung – ein kurzer Überblick über die jüngsten Entwicklungen am Volkstheater. Autorin: Anne Halbauer erlebt ein Wechselbad der Gefühle.
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iele Diskussionen gab es schon um den Erhalt des Rostocker Volkstheaters. Stets ging es auch um die Frage, wie man die Rostocker für ihr Volkstheater begeistern könne. Sewan Latchinian, der zu Beginn der aktuellen Spielzeit die Intendanz des Volkstheaters übernommen hat, entwirft dafür seine eigene Vision. Von ihrer ersten Umsetzung konnte ich mich bei der Spielzeiteröffnung am 20. September 2014 überzeugen. An diesem Abend wurde mit drei Premieren („Stapellauf – Neubeginn“) und viel Pomp die 120. Spielzeit des Volkstheaters eröffnet. Der Empfang der Premierengäste fand auf dem festlich geschmückten Vorplatz des Theaters statt. Im ersten von drei Stücken wurden die Zuschauerinnen und Zuschauer als Passagiere mit an Bord der Titanic genommen. In der modernen Mitspieloper „Untergang der Titanic“ erlebten sie das bunte Treiben an Deck. Nachdem das unabwendbare Schicksal seinen Lauf genommen und die Titanic trotz mehrerer Eisbergwarnungen ihren Kurs nicht geändert hatte, kam es schließlich völlig unerwartet zur Kollision. Die Passagiere wurden daraufhin mit Rettungswesten und Rutsche evakuiert und gelangten schließlich wieder vor das Theater, wo die Titanic dann mit Pauken und Trompeten unterging. Das Volkstheater Rostock jedoch, so versichert der Intendant Sewan Latchinian, gehe nicht unter. Optimistisch erklärt er seine Ziele und Vorstellungen . Zum einen sei es ihm wichtig, eine neue Theaterlust zu schaffen und das Volkstheater fest als attraktive Alternative in der Abendgestaltung der RostockerInnen zu etablieren. Der Stapellauf sei ein Theaterfest. Tatsächlich entließ das Spektakel nach guten acht Stunden Theater ein begeistertes Publikum. „Unterhaltung, Kultur, Entertainment, Kreativität, Kommunikation – es war überraschend, es war kurzweilig, es war berührend – es war Theater!“, so ein Gast nach der Premierenfeier. Vor dem Abschlussstück „Wie im Himmel“ fand die Uraufführung von Uwe Johnsons erstem Roman „Ingrid Babendererde“ statt. In den Pausen konnte das letzte Dinner der Titanic oder bei einem Glas Rotwein die laue Abendluft und die Geselligkeit auf dem Theatervorplatz genossen werden. Bei der Stückauswahl sei es dem Inten-
danten wichtig gewesen, die BürgerInnen der Stadt Rostock zu erreichen, sowohl thematisch als auch szenisch. Das neue maritime Corporate Design rundet das Bild von einem modernen Volkstheater ab. Auch neue Bereiche wie die Bürgerbühne und modernes Puppenspiel sollen zukünftig mehr Interessenten ins Theater locken. Vor allem die Zusammenarbeit der großen vier Sparten (Schauspiel, Tanzcompagnie, Musiktheater und Norddeutsche Philharmonie) sei Latchinian wichtig. Diese konnte bereits beim Stapellauf bewundert werden. Doch neben aller Euphorie nimmt die Rostocker Bürgerschaft durch ihre Zielvereinbarung mit dem Land Mecklenburg-Vorpommern dem Volkstheater und Latchinian den Wind aus den Segeln. Nachdem zunächst zugesichert worden war, den Etat des Volkstheaters und die Belegschaftszahl für zwei bis drei Jahre auf demselben Niveau zu belassen, um dem neuen Intendanten Zeit zu geben, sich zu etablieren, wurde nun eine neue Reform beschlossen. Der Ostsee-Zeitung zufolge sei das Theater derzeit mit rund 16,6 Millionen Euro bezuschusst. Oberbürgermeister Roland Methling verlangt eine Senkung auf 12 Millionen Euro und begründet dies mit der Finanzierung des für 2018 geplanten Theaterneubaus. Diese Einsparung hätte jedoch die Schließung der Sparten Musiktheater und Tanz zur Folge. Obwohl Latchinian immer wieder auf die Bedeutsamkeit aller Sparten am Rostocker Volkstheater hinwies, stimmte die Bürgerschaft diesem Vorschlag zu. Latchinian zeigte mit seiner Spielzeiteröffnung ein Theater, das nicht seiner selbst wegen unterstützt werden sollte, sondern das sich empfiehlt. Ein Theater, das Lust macht, das nah am Volk und an der Stadt ist und das mit seinen Inszenierungen Menschen zu begeistern vermag. Nutzen wir also diese Spielzeit, um noch einmal alle vier Sparten zu genießen und öfter ins Theater zu gehen.
Den aktuellen Spielplan und weitere Infos findet ihr unter: www.volkstheater-rostock.de
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Kultour #1 Autor: Euer Reiseleiter Philipp Rose.
Tonträger
_ Freezer – The/Das
via Sinnbus Fabian Fenk und Anton Feist – sie sind zu zwei Dritteln Bodi Bill und zu 100% The/Das. Es leben die side projects! Vom neuen Projekt gibt es nun endlich auch das Debüt. Catchy und kantig zugleich. (Cover: © The/Das/Sinnbus)
_ Allegro – Monti Fiori
via Tune Factory / Tapete Records 2012 gaben die fünf aus Tel Aviv ihr Debüt in Israel. Jetzt wollen sie den Kontinent erobern. Noch sind sie ein Geheimtipp. Voller Ganovengrooves und Italosounds. Da zuckt das Knie auch im Sitzen. (Cover: © Monti Fiori/Tune Factory/Tapete Records)
_ El Pintor – Interpol
via PIAS / Soft Limit Neues Album! Paul Banks‘ unverkennbare Stimme und ein Gitarrenschrammel in mächtigen Soundkulissen. Indierockzungen behaupten: Der stärkste Longplayer seit ihrem 2002er Debüt „Turn on the Bright Lights“! (Cover: © Interpol/PIAS/Soft Limit)
Papier
_ Böse – Eiríkur Örn Norðdahl
via Tropen Verlag Eine Prise Tourette, eine Handvoll MS, etwas Psoriasis und ein Schuss zerebrale Kinderlähmung – alles verrührt mit einer großen Portion allgemeinem Unglück. So beschreibt die Protagonistin des Buches einen Neonazi. Und schläft mit ihm. (Cover: © E.Ö. Norðdahl/Tropen)
_ Feminismus für Anfänger und Fortgeschrittene – Julia Korbik via Rogner & Bernhard Viele denken: Frauen können heute Maschinenbau studieren, Hosen tragen oder Röcke, Kinder kriegen oder es lassen. Also, wozu brauchen wir heute noch Feminismus? Lest selbst. Auch weil es eine sehr ästhetische Gestaltung mit sich bringt. Das Buch. (Cover: © J. Korbik/Rogner & Bernhard)
_ Rostock-Album. Eine Stadt erinnert sich – Thorsten Czarkowski
Projektion
via Hinstorff Es gab Zeiten, da fuhr eine Autofähre vom Kabutzenhof rüber nach Gehlsdorf. Und die Petrikirche stand oben ohne da! Wie muss das nur ausgesehen haben? Das Rostock-Album, ein Bildband mit Stadtansichten aus den letzten 50 Jahren, verrät‘s. (Cover: © T. Czarkowski/Hinstorff)
_ 20,000 Days on Earth – Iain Forsyth und Jane Pollard
aus Großbritannien Nick Cave kennen die meisten von uns als Musikant auf den Bühnen dieser Welt. Musik ist seine Passion, keine Frage! Dass der Australier aber auch abseits der Notenblätter voller Kreativität steckt, zeigt dieser zwischen Realität und Fiktion wechselnde Film. (Cover: © Picturehouse Entertainment Ltd. )
_ Calvary – Am Sonntag bist Du tot – John Michael McDonagh aus Irland und Großbritannien Ende Oktober kommt der Berlinale-Liebling dieses Jahres auf die Leinwände der Republik. Ein Beichtstuhl als Ausgangspunkt verhängnisvoller Verkettungen von Ereignissen. Humor der schwärzesten Sorte. (Cover: © Ascot Elite Filmverleih)
_ Mr. Turner – Meister des Lichts – Mike Leigh
aus Großbritannien In Cannes erhielt Timothy Spall den Darstellerpreis für die Hauptrolle in diesem Film. Wenn das mal keine Ansage ist! Mr. Turner ist eine Bildschirmbiografie über den gleichnamigen britischen Maler – eine Person zwischen Pinselbrillianz und sozialer Inkompetenz. (Cover: © Entertainment One/bit.ly/1vZAoCC)
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KultourKalender 10.09.14 bis 22.10.14
Text.Textur.Textil // Kunstverein zu Rostock, Galerie Amberg 13
27.09.14 bis 02.11.14
Tobias Wenzel – Friedhofsgänge mit Schriftstellern // Kunsthalle Rostock
30
Pasternack Big-Band // Ursprung
30
Annenmaykantereit // Peter-Weiss-Haus
02
Hagen Rether // StadtHalle
04
Kurt Krömer // StadtHalle
06
Kabarett ROhrSTOCK – Oldies // Ursprung
14
WIZO // M.A.U. Club
07
17 Hippies // Zwischenbau
Oktober
Oktober
November
November
November
November
November 16.11.14 bis 15.02.15
Norbert Bisky. – Zentrifuge // Kunsthalle Rostock
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Pothead // M.A.U. Club
22
I Heart Sharks // Helgas Stadtpalast
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Die Beachboys zu Gast: REC Piranhas – EHC Timmendorfer Strand // Eishalle Rostock
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Die Nerven // Helgas Stadtpalast
29
It's Derby-Time: F.C. Hansa Rostock – Dynamo Dresden // Ostseestadion
05
Enno Bunger & Spaceman Spiff // Zwischenbau
14
Wham! des Ostens: Weihnachten in Familie mit Frank Schöbel // StadtHalle
20
Wladimir Kaminer // Audimax
November
November
November
November
November
Dezember
Dezember
Dezember
Konzert Lustiges Ausstellung Sportlich
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Greifbare Geschichte Autor: Martin Fietze vergisst nichts, erinnert sich nur nicht an alles. // Buchcover: © Körber-Stiftung
Wer glaubt, dass Grundschule und Geschichtsforschung nicht zusammenpassen, der werfe mal einen Blick in den neu aufgelegten und überarbeiteten „Spurensucher“. In diesem Praxishandbuch finden sich auf rund 400 Seiten nicht nur wissenschaftliche Aufsätze und Erfahrungsberichte zur historischen Projektarbeit in der Schule, sondern auch nützliche Materialien wie Checklisten und Bewertungsraster. Gerade solche Orientierungshilfen wünschen sich Lehrkräfte für eine Arbeitsform, die allen Beteiligten einen hohen Zeit- und Organisationsaufwand abverlangt. Umso beeindruckender sind dann die Ergebnisse, wenn beispielsweise eine ganze Grundschule die Geschichte einer Widerstandsbewegung gegen einen Talsperrenbau vor Ort rekonstruiert oder eine Gymnasialklasse zu einer Podiumsdiskussion
einlädt, in der mithilfe von geschichtlichen Beispielen kritisch erörtert wird, ob Alt-Nazis als Zeitzeugen an einer Schule referieren dürfen. Im Buch werden natürlich auch die Nachteile der Projektarbeit benannt. So ist die Bewertung von Beiträgen dem Projektgedanken eigentlich fremd, die hohe Gruppengröße ein Garant für Kommunikationsprobleme und die Durchführung erfordert in der Regel ein fortgeschrittenes Kompetenzniveau der Schülerinnen und Schüler. Letztlich birgt aber eine klar lebensweltbezogene Auseinandersetzung mit historischen Thematiken die Chance, junge Menschen dauerhaft in den Reflexionsprozess der eigenen Geschichte einer Gesellschaft miteinzubeziehen. Und nicht zu vergessen: Spaß macht das Ganze auch noch!
Michael Sauer (Hg.): Spurensucher. Ein Praxisbuch für historische Projektarbeit, edition Körber-Stiftung ISBN: 978-3-89684-163-6 / 18,00 Euro
Talking To Turtles – Split
Autor: Philipp Rose weiß wieder, warum er irgendwann mal sein Herz an indieresken Folkpop verloren hat. // Albumcover: © Talking to Turtles/Devilduck Records
Drei Jahre ist es her, dass die beiden Leipziger aus Rostock mit „Oh, The Good Life“ ihren letzten Longplayer veröffentlicht haben. Schon fast eine halbe Ewigkeit in der Musikwelt. Nicht viele Künstler schaffen es, über einen so langen Zeitraum ohne Neuigkeiten regelmäßiger Besucher meines Plattenspielers zu sein. Claudia Göhler und Florian Sievers alias Talking To Turtles jedoch schafften dies. Nicht ohne Grund. Entsprechend groß war meine Vorfreude, als Anfang des Jahres bekannt wurde, dass das Duo ein neues Album veröffentlichen würde. Vorfreude erzeugt aber auch oft Erwartungen. Und Erwartungen können in Enttäuschungen enden. Bei Bands, die ich sehr schätze, ist dieses Gefühl ein ständiger Begleiter von neuen Alben – Angst davor, enttäuscht zu werden. Schon fast vorsichtig lasse ich deshalb ihr neues Album „Split“ am ersten Tag der Veröffentlichung ganz anonym bei einem gemeinsamen Kochabend mit Freunden im Hintergrund laufen. Es soll nicht mehr als ein erstes Reinhören sein. Später am Abend kann ich nicht anders und lasse es heimlich noch ein zweites Mal durchlaufen. Mit einem guten Gefühl gehe ich schlafen – und das nicht nur aufgrund eines hervorragenden Rotweins. Als ich am nächsten Morgen meine Küche wieder auf Normalniveau bringe, drehe ich den Lautstärkeregler merklich höher und lasse das Album nun direkt auf mich wirken. Schnell wird klar: Die Musik hat auf „Split“ nichts an der so fabelhaften Intimität verloren. Auf dem neuen Album hat man das
Glockenspiel gegen Synthesizer getauscht. Die auditive Metrik der Töne, die so wunderbare Klangwelt, bleibt jedoch erhalten. Die Akzentuierung der kehligen Stimme Florian Sievers‘ durch den fast elfenhaften Klang Claudia Göhlers ist geblieben. Gut so. Diese Symbiose bildet das Markenzeichen des Duos. Die Lust der beiden auf Melodie sorgt dafür, dass „Split“ ein musikalischer Begleiter sowohl in einer eigenen Welt voller Melancholie als auch in einem Kosmos höchster Glückseligkeit sein kann. Das ist toll. Nur wenige Alben schaffen das. Nicht ganz unschuldig daran ist sicher auch die Mitarbeit des ehemaligen Tomte-Keyboarders Simon Frontzek. Wer dem Album volle Aufmerksamkeit schenkt, wird aber auch merken, dass es textlich teilweise recht heftig brodelt. Man entdeckt zum Beispiel Schnürsenkel, die einen Hals abschnüren. Insgesamt überlagert die Melodie jedoch die niederen Gedanken einiger Songs. Das kann man gut oder schlecht finden. Insgesamt bleibt festzuhalten: „Split“ ist eine evolutionäre Weiterentwicklung der beiden. Schildkröten stehen einem revolutionären Wandel von Natur aus nicht gerade wohlwollend gegenüber. Wahrscheinlich auch deswegen bleiben die beiden ihren musikalischen Überzeugungen treu: Musik machen abseits einfacher und glatter Pop-Symmetrien. Das nächste Mal darf es sicher ruhig auch wieder eine größere Portion textliche Verkopftheit und musikalische Frickeligkeit sein. Klar ist aber: Mein Plattenspieler hat mit „Split“ einen neuen Stammgast.
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Beste Plätze ist ...
Du bist beim Songslam gewesen und hast mir erzählt, dass du eine Neun vorgeschlagen hättest, unbedingt eine Neun. Und dann seist du überstimmt worden und dann hätten die stattdessen nur sechs Punkte verteilt. Eigentlich bekloppt, aber man könne nichts machen, hast du gesagt, das sei schließlich Demokratie. Autor und Veranstalter Thomas Fehling möchte an dieser Stelle nicht erkannt werden. // Grafik (TV): © Tine Schulz
Was, frage ich, was ist Demokratie? Kompromisse eingehen!, sagst du. Und das kannst du?, frage ich. Was soll das jetzt wieder?, fragst du. Glaub ich nicht!, sage ich. Du hast es nötig, sagst du, du kriegst ja nich‘ mal dein Leben auf die Reihe. Und sachlich, frage ich, muss man nicht auch sachlich bleiben, um Kompromisse eingehenzu können?
Na cool, war noch der Typ am Klavier, sagst du, der hat wirklich geil gespielt, aber seine Stimme klang ... so beschnitten irgendwie. Du meinst beschissen!, sage ich. Nein beschnitten, so zurechtgemacht, wie frisiert quasi, sagst du. Dann sag doch frisiert!, sage ich. Beschnitten klingt ziemlich nach kastriert. Du bist der ewige Klugscheißer!, sagst du. Ich weiß, sage ich. Du würdest von mir ‘ne Null kriegen, sagst du, ‘ne Doppelnull! Ich würde dir ‘ne 10 geben, bei mir gibt’s nämlich ‘ne 10!, sage ich. Ehrlich? Sicher, steht außer Frage. Ist schließlich keine demokratische Entscheidung. Und wofür würde ich ‘ne 10 kriegen?, fragst du. Naja, du kannst versöhnlich gucken, sage ich, das schafft nicht jeder. Du spinnst!, sagst du. Nein ehrlich. Außerdem kannst du Apfelkuchen backen. Und du kannst gut küssen!, sage ich. Ich würd‘ auch gern singen können, sagst du. Dann probier‘s doch!, sage ich, das kannst du bestimmt auch noch. Meinst du? Du siehst mich an. Klar!, sage ich. Kaufst du mir ‘ne Gitarre?, fragst du. Bin ich Krösus?, frag ich. Ja!!, sagst du und lachst. Dann musst du aber sehr nett zu mir sein …, sage ich und schiele. Du Schwein!, sagst du lächelnd.
Du siehst mich beleidigt an. Ich versuche, versöhnlich zu blicken Du schielst!, sagst du. Wie war das denn jetzt mit der Neun?, frage ich. Wie war das denn jetzt mit der Neun?, äffst du mich nach und drehst dich weg. Komm schon, sage ich, ich will‘s wirklich wissen. Du drehst du dich wieder um und ich sehe dein Gesicht. Also du kannst versöhnlich gucken. Das Mädel konnte so geil singen, sagst du dann, krasse Stimme, total charakteristisch eben, nicht so Larifari, wirklich berührend, aber auch anders. Einfach Wahnsinn. ‘ne Neun eben. Und warum keine Zehn?, frage ich. Gibt‘s nicht!, sagst du. Gibt‘s nicht?, frage ich. Jaaha, sagst du, gibt! es! nicht! Ist das so ‘ne Art Kompromiss?, frage ich. Was weiß ich denn, sagst du. Ok, ok, sage ich. Und dann? Was und dann?, fragst du. Na wie ging‘s weiter?
Dann gehst du rüber zu dem Typ, der unser Gespräch mitschreibt, und sagst ihm, dass er abhauen soll.
... menschlich!
Beste Plätze: gute Unterhaltung und Stimmentausch
– Stim|men|tausch, der (fachspr.): stimmberechtigte Wähler tauschen Wahlstimme gegen Singstimme. Fünf Musiker stellen sich dem Votum des Publikums und singen um den besten Platz der besten Plätze – akustisch, ebenerdig, hautnah. Egal ob Jazz, Hip-Hop, Songwriting, Soul, Kabarett, egal ob Gitarre, Klavier, Sampler, PC 64 oder Alphorn – solistisch selbst gemacht lautet die Devise. Für alle, die das können, und für alle, die das wollen. Bewerbungen werden gern und jederzeit für die Winterausgabe Dezember/Januar entgegengenommen unter: besteplaetze@gmx.de Infos unter: facebook.de/besteplaetze Freundlich unterstützt durch die Klavierwerkstatt Jonas Fischer.
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Reise(Film)Fieber? Unter Reisenden: Es war einmal ... Da machten sich zwei Rostocker Studierende auf in die weite Welt. Henriette Pulpitz ging für längere Zeit nach Paris – Clemens Langer genoss einen Urlaub in New York. Zwei Filme erzählen von diesen Städten – sprechen aber auch die Städte durch die Filme? Zwei Leute. Zwei Erfahrungen. Zwei Blickwinkel.
Henriette Pulpitz VS. Paris, je t’aime: Tour d’amour?
Meinen ersten längeren Aufenthalt verbrachte ich in einem Vorort in der berüchtigten Banlieue. So lernte ich sehr schnell die andere Seite der Stadt kennen. Eine Stadt, die depressiv, klaustrophobisch und desillusionierend sein kann, die ihre Obdachlosen verschlingt, ihre Migranten mit Argwohn beäugt, in der man nicht mehr hinschaut. Diese sozialen Probleme werden auch in „Paris, je t’aime“ thematisiert, gleichzeitig sehen wir quartiers, in denen die Pariser „französischer“ nicht sein könnten. Dies zeigt auch die anrührende Geschichte einer jungen Mutter in der Episode „Loin du 16e“. Frühmorgens erwacht sie in ihrer kleinen Wohnung in der Banlieue. Sie bringt ihr Baby in die Krippe, wo sie ihm, bevor sie aufbricht, um im reichen 16. Arrondissement das Kind einer wohlhabenden Familie zu hüten, ein wunderschönes Kinderlied auf Spanisch vorsingt, welches den ganzen Film trägt. Ihre Arbeitgeberin interessiert sich nicht für sie. Es scheint ihr gleich zu sein, dass das eigene Kind ihrer Tagesmutter den ganzen Tag in einer Kinderkrippe verbringen muss. „Ich komme heute etwas später!“, ruft sie ihr zu. „Paris, je t’aime“ zeigt Menschen in einer Großstadt, denen die Chance auf Zweisamkeit verwehrt wird, die Verluste geliebter Menschen erleiden und die versuchen, ihrem Liebesleben einen neuen Kick zu geben. Nun, dies könnte überall sein. Doch „Paris, je t’aime“ schließt mit einem Kurzfilm über eine amerikanische Touristin, die dem Zuschauer auf sehr sympathische und verklärte Weise noch einmal vor Augen führt, wie Paris ein Herz berühren kann: „Ich fühlte mich lebendig.“ – Meine Liebesgeschichte mit Paris begann rosarot, es folgten Enttäuschungen, ich fühlte mich desillusioniert und überfordert – und schließlich geriet ich ganz und gar in ihren Bann. Hemingway hat einmal gesagt: „If you are lucky enough to have lived in Paris as a young man, then wherever you go for the rest of your life, it stays with you, for Paris is a moveable feast.“ Er hatte recht. Paris, je t’aime.
M
eine Liebe zu Paris begann schon früh. Ein Fernsehfilm ließ mein Herz höher schlagen, als die Kamera über pompöse Boulevards schlenderte, den Eiffelturm umkreiste, einem Paar entlang der Seine folgte und mir, einem etwa sechsjährigen Mädchen, zeigte: Paris ist Amour, Zweisamkeit, Schönheit und Leichtigkeit, Sprache und Genuss, Paris ist eine schöne Fremde … Welche Beziehung Tom Tykwer zu Paris hatte, als er die Geschichte zu „True“ (D 2004) schrieb, wissen wir nicht. Auf der Berlinale im selben Jahr präsentierte er eine rasant erzählte und berührende Liebesgeschichte zwischen einem Blinden und einer Schauspielstudentin im 10. Arrondissement, die begeisterte. „True“ war als Bester Kurzfilm nominiert und konnte 17 weitere Regisseure dazu bewegen, an diesem Projekt über die Liebe und Paris teilzuhaben. Entstanden ist ein Puzzle aus 18 in sich geschlossenen Geschichten um die Liebe, die so unterschiedlich wie das Thema selbst und auch die Stadt sind. Eine Stadt, die wie kaum eine andere auf der Welt mit wahren und unwahren Klischees lebt. „Paris, je t’aime“ (F 2006) glänzt mit einem beeindruckenden Staraufgebot und präsentiert eine berauschende Vielfalt an Settings, Erzähltempi, Perspektiven und Farben, die dem Zuschauer eine gehörige Portion Aufmerksamkeit abverlangen. Gleichzeitig ermöglicht eben jene Vielfalt, einen Hauch des kulturellen, ethnischen, visuellen und gesellschaftlichen Reichtums von Paris zu erfassen. Trotz gewöhnlicher, skurriler, theatralischer Geschichten lässt es sich die Kamera nicht nehmen, immer wieder das beleuchtete Panorama einzufangen, welches unvermittelt zum Schwärmen einlädt. Die abendlichen Lichter der Stadt – kein Tourist und kein Filmemacher, ja, nicht einmal die Pariser selbst vermögen sich dieser Magie zu entziehen. Unter ihnen erblüht eine junge Liebe am Ufer der Seine, wird das Kennenlernen zweier einsamer Pantomimen kunstvoll in Szene gesetzt, witzelt ein in Trennung lebendes, betagtes Ehepaar über seine neuen jungen Lieben.
Autorin: Henriette Pulpitz, die Wahl-Berlinerin, will beim nächsten BerlinaleBesuch unbedingt „Berlin, ick liebe dir“ sehen.
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Clemens Langer VS. New York, I Love You: Fernseh-Tourismus?
von John McTiernan wird in der Eingangssequenz der komplexe Schauplatz New York echter als irgendwo sonst eingeführt und zur Spielwiese für den Film gemacht. Immer wieder wird der derzeitige Standort deutlich. Tony Scotts Remake „Die Entführung der U-Bahn Pelham 123“ (USA 2009) spielt hingegen im bestechenden Setting der New Yorker U-Bahn und lässt dem Zuschauer trotz aller Action ebenfalls ein Gespür für die Geografie und die Atmosphäre der Stadt entwickeln. Viele Filme, die in dieser Metropole spielen, lassen sie erlebnisreich lebendig werden – und das mit einem beachtlichen Wiedererkennungswert. Das bedeutet aber noch lange nicht, dass sich ein Gespür für die Stadt und die dort erlebbare Atmosphäre einstellen – das schaffen nur wenige Ausnahmen. Die Macher von „New York, I Love You“ schaffen es stattdessen, die stets spürbare Freundlichkeit, aber enorme Distanz, Oberflächlichkeit und Verrücktheit ganz unterschiedlich und diskret einzufangen, ohne die Architektur der Stadt zu gebrauchen. Stattdessen werfen sie einen Blick auf einzelne Menschen. Diese episodenhaften Einblicke sind das hinreißende Herzstück des Films – gleichzeitig aber auch das, was den Namen New York im Titel fehl am Platz sein lässt. In den Episoden geht es nicht um die Stadt, sie ist nur ein Setting ohne Relevanz. Dennoch geht es um eine Metropole – und um Menschen, um Liebe, um das gegenseitige Erkennen, Durchdringen und Verstehen, statt bei der Oberflächlichkeit haltzumachen. Die Charaktere sehen in andere Menschen hinein. Aus der augenscheinlichen Fremde wird eine Verbundenheit, die unausgesprochen sagt: Ich liebe dich. „New York, I Love You“ habe ich zweimal gesehen, einmal davon zeitnah nach der Reise in diese atemberaubende Stadt. Der Film konnte damals weder den Erwartungen noch den Erinnerungen gerecht werden. Inzwischen sehe ich den Film aber genauso, wie die Charaktere darin einander betrachten – mit Faszination. New York jedoch spricht noch immer nicht zu mir.
A
ls ich den Roman „American Psycho“ von Bret Easton Ellis gelesen habe, war eine kurze Reise nach New York für mich bereits Vergangenheit. Ohne die Reise hätte ich den Roman, Patrick Bateman und die Zeichnung New Yorks bei Weitem weniger nachvollziehen können. Beim Lesen war daher immer eine gewisse Vertrautheit mit der Stadt vorhanden, auch wenn der Roman Ende der 1980er spielt. Das Buch verleiht der Stadt eine markante Stimme. Gelingt das aber auch einem Film namens „New York, I Love You“ (US 2009)? Die einzelnen Episoden, die vielfältigen Szenarien und die Charaktere werden durch die Kreativität der am Film beteiligten Autoren und Regisseure immer wieder geschickt und beiläufig miteinander verknüpft. Die Episoden sind nicht unmittelbar abgeschlossen, sondern bilden über die filmische Tour durch die Stadtviertel New Yorks und die auftretenden Charaktere ein harmonisches Gefüge. Über Chinatown geht es in den Diamond District, zur Upper Westside, nach SoHo, in den Central Park, nach Greenwich Village, zur Upper Eastside, erneut in den Central Park, zurück nach Chinatown und nach Brighton Beach. Die Reise und die Einblicke, die sich dabei bieten, nehmen die Zuschauer gefangen und lassen sie nicht los. Der Schönheit und dem Erlebnis zum Trotz fühlt man sich dennoch nur wie ein Tourist ohne Stadtkarte – einfach orientierungslos. Gerade die verzaubernden und entzaubernden Einblicke in die Stadt, die sie selbst jeden Tag präsentiert, scheinen im Film nicht vorhanden zu sein. Zwar ist man mittendrin und an echten Schauplätzen, aber der gewählte Fokus ist ein anderer. Die Stadt, die niemals schläft, wird in den Hintergrund gedrängt. Die Wahrzeichen, die einem aus den Medien vertraut sind, stehen nur in kurzen Aufnahmen im Mittelpunkt. Diese sind für die Zuschauer aber eine wichtige Orientierung – erst durch sie wird Fernsehen auch zu einem In-die-Ferne-Sehen. Man weiß, wo das Geschehen spielt und denkt, sich deshalb auszukennen. In „Stirb langsam – Jetzt erst recht“ (USA 1995)
Autor: Clemens Langer hätte beim nächsten FiSH aber auch keine Einwände gegen eine Vorführung von „Rostock, ick lev di“.
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Rostock in 100 Worten Au
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Captain Morgana und die optische Enttäuschung Zu den heimtückischsten optischen Effekten, die uns mit Zuckerbrot locken, nur um uns dann mit der Peitsche zu verdreschen, gehört die Fata Morgana. Wie ein mentaler Parasit lebt sie von unserer Enttäuschung. Zugegeben, in unserer Wohlstandsgesellschaft ist ein Getränk nie weit entfernt. Aber die Natur ist nicht dumm und hat die Fata Morgana im Laufe der Jahrhunderte angepasst. Die Captain Morgana wiegt uns in klimatisierten Clubs in Sicherheit und mit ein paar Gläsern kühlem Nassen intus beginnt das erste Stadium. Nach dem Urinieren fällt dem ahnungslosen Opfer bei einem Kontrollblick in den Spiegel das erste Mal auf, wie gut es die Natur mit seinem Gesicht gemeint hat. Markante Linien und Augen zum Dahinschmelzen. Wahnsinn. Echt Schwein gehabt. Davon beflügelt bewegt er sich mit unglaublicher Eleganz rhythmisch über die Tanzfläche. Der große Baryshnikov war gestern. Nein, vorgestern! Das bleibt auch den beiden heißen Zwillingsschwestern nicht verborgen, die unseren Nichtsahnenden nun umtanzen und wie zwei musikalische Boas constrictor umschlingen. Sie flüstern ihm etwas ins Ohr und schon verlassen sie den Club. Ein Dreier mit zwei scharfen Schwestern? Sollte der uralte Menschheitstraum tatsächlich wahr werden? Zuckerbrot. Stadium zwei. Nach dem Versuch, noch mal das Klo oder zumindest das daneben befindliche Bidet zu treffen, stellt sich unserem Betroffenen im Schlafzimmer nur noch die Frage: „In welchem Bett woll’n we denn anfangen? Im linken oder im rechten?“ Dann wird es schlagartig dunkel. Stadium drei. Unser Unglücksvogel erwacht. Ein Bett ist verschwunden. Seltsam. Auf die Frage nach der Schwester reagiert die neben ihm liegende, mittelmäßige Schönheit nach Art einer Rapskönigin verwirrt. Im Badezimmer hat das Spiegelbild stark an markanten Linien und schönen Augen verloren. Auch das Bidet ist verschwunden. Langsam dämmert es unserem armen Tropf und er schleicht beschämt und enttäuscht aus der fremden Wohnung. Peitsche. Stadium vier. Auf der heimischen Couch setzt die finale Illusion ein. Das Wohnzimmer dreht sich. Die Captain Morgana ist satt. Doch für wie lange?
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Einst, als ich in Rostock studierte, habe ich sie alle unzählige Male gesehen: die Kräne im Hafen, nicht wegzudenken aus dem Rostocker Stadtbild. Drei Jahre später verließ ich sowohl die Stadt als auch die Kräne. Ich reiste um die Welt, lebte hier und dort und kam in Zürich an. Im letzten Sommer entdeckte ich: Einer von ihnen ist mir gefolgt. In einer maritimen Stadt wie Rostock mag man diese filigranen Riesen kaum wahrnehmen. Und hier, in den Alpen, schimpfen sie diesen einen „Rostiges Ungetüm“. Aber für mich ist er ein technisches Wunderwerk, ein Rostocker Original, ein Stückchen Heimat aus Stahl.
Stephan Holtz ist optisch eine täuschend echte Kopie seines Spiegelbildes.
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