heuler – das Studentenmagazin #89

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NO. 89 | MAI 2010

DAS STUDENTENMAGAZIN DER UNI ROSTOCK

BAUSTELLE UNI AUS ALT WERDE NEU

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# SERIE Wissenschaft in Rostock

KONZEPTLOS LA-Problematik in M-V

UNTERSCHÄTZT Lobbyisten und ihr Einfluss


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DAS WARTEN HAT EIN ENDE

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n neuem Format und frischem Layout präsentiert sich der heuler zur neuen Ausgabe. Etwas quadratischer, mit anderem Papier und einer augenschmeichelnden Klebebindung hebt sich die neue Heftgestaltung von der seiner Vorgänger ab. Auch im Innenleben haben wir Komponenten verändert: Angefangen beim Inhaltsverzeichnis bis hin zur neuen Rubrik des heuler-Comics. Warum das Ganze? Es war an der Zeit für eine Veränderung, so zumindest empfanden wir es, beseelt vom Wunsch, noch besser zu werden. Wir möchten euch noch mehr Freude am Lesen bereiten und hoffen, mit den Veränderungen einen Schritt in die richtige Richtung gegangen zu sein. Zugegebenermaßen packte uns ebenso der eigene Ehrgeiz: Wie bereits im vergangenen Jahr landeten wir beim Pro Campus-Presse Award wieder unter den Top Five. Aber auf unseren Lorbeeren ruhen wir uns nicht aus. Unser Hauptanliegen ist und bleibt es, unsere Leserschaft rundum zufrieden zu stellen. Und bis zur nächsten Bewerbung geht noch etwas Zeit ins Land. Dafür hat das Warten auf eine funktionstüchtige Onlinepräsenz des heulers nun endlich ein Ende. Unter heulermagazin.de gibt es nun wieder mehr zu sehen als einen schlicht weißen Bildschirm. Neben der Möglichkeit, sich im Archiv Ausgaben von vor über zehn Jahren anzusehen, können Artikel gelesen und Kommentare dazu abgegeben werden. Aber mehr Wisseneswertes zum Thema Blog findet ihr in diesem Heft. Auch im Bereich der Uni-Bauvorhaben gibt es einiges zu entdecken: Die Projekte, die wir auf den folgenden Seiten vorstellen, sind entweder mitten in der Entstehungsphase oder aber bereits fertig errichtet. Impulsgebend für einen Blick hinter die Kulissen war die Verzögerung des Baubeginns auf dem Campus Ulmenstraße. Grund dafür war die durch ein Unternehmen beantragte Neuprüfung der Vergabe. Letztendlich entsprach alles den Vorgaben und Anfang Mai begannen die Arbeiten

EDITORIAL

RÜCKR R S SPIE S GEL G G

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am Hörsaalgebäude, welches als gespiegelter Zwilling des Audimax Raum für zwei neue Hörsäle bieten wird. Aber zurück zu den von uns vorgestellten Bauprojekten: Während also das Hauptgebäude eine Komplettsanierung im Inneren erfährt und nach außen eine unerschütterliche Ruhe ausstrahlt, offenbaren sich im Wohnheim „Ulmenhof“ Probleme. Wie sich das Studentenwerk zu Ursachen und Lösungen äußert, erfahrt ihr in der Rubrik „Universität“. Ebenso gibt es erste Eindrücke von den Veränderungen im Hauptgebäude sowie Genaueres über die Entstehung des Südstadt-Campus. Eine besonders brisante Thematik betrifft die Rostocker Lehramtsstudenten, denn bei der Vergabe von Referendariatsplätzen wird das Warten auf Antwort vom Bildungsministerium zu einem Bangen darüber, ob überhaupt eine Zusage erteilt wird. Doch selbst nach einem positiven Bescheid sind die Probleme nicht zwangsläufig gebannt, wie uns betroffene Lehramtsstudenten berichteten. Aber dies ist nicht der einzige Bereich, in dem diverse Gremien Missstände beklagen. Wo ihrer Meinung nach Veränderungsbedarf besteht und wie Lösungsansätze aussehen können, erfahrt ihr auf den folgenden Seiten. Des Weiteren haben wir in unserem Rezensionsteil eine neue Kategorie aufgenommen: Gesellschaftsspiele. Diese Sparte erschien uns zu Unrecht unterrepräsentiert. Passenderweise verlosen wir bei unserem Rätsel das vorgestellte Spiel und wünschen bei beidem beste Unterhaltung. Eure Neugier muss nicht mehr warten, ihr haltet das neue Heft in den Händen. Viel Spaß beim Stöbern und Entdecken. <

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| juliane@heulermagazin.de

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DER BLICK ZURÜCK: WAS HAT SICH SEIT DEM LETZTEN HEULER GETAN? Greenpeace light: Das Ungetüm aus Ölfarbe ist in Hörsaal 3 (Parkstraße) vom Haken genommen worden. Und ist bis jetzt auch nicht mehr aufgetaucht. Offenbar hat sich ein edler Umweltschützer nach der Lektüre der „Achilles Verse“ in der letzten Ausgabe aufgemacht, den Hörsaal zu bereinigen. Vielen Dank! <

Neues Gesicht: Die Spekulationen um den studentischen Prorektor fanden bereits kurz nach Erscheinen des letzten Hefts ein Ende. Unsere Redakteure Gesa Römer und Michael Schultz waren in ihrem Artikel bezüglich der Wahl kritisch, geschafft hat es Heiko Marski trotzdem. <

In Stein gemeißelt: Die positive Prognose zur Zukunft der Printmedien in unserer Serie „Dekade“ bewahrheitet sich für den heuler. Die Studierendenschaft kann aufatmen und das frische Heft mit allen Sinnen genießen. <

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INHALT STUDENTENLEBEN

UNIVERSITÄT

POLITISCHES

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KULTUR

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TOTGESAGTE LEBEN LÄNGER

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REISEBERICHT POLEN

Quo vadis, Bildungsstreik?

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Nach Krakau, Danzig und zurück

GRÜNDERBÜRO

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SOCIAL WEB

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LOBBY-SPAZIERGANG 10 DINGE ...

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LOKALJOURNALISMUS

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Lernen an der Basis

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Rundgang durch Berlin: Wie Interessenvertretung in der Hauptstadt funktioniert. | Ein Experteninterview mit Frau Dr. Hübner-Oberndörfer

die Rostock unvergesslich machen

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MAINSTREAM Was treibt die Gesellschaft an?

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SERIE — DEKADE Wissenschaft in Rostock

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MEDIENKOMPETENZ

ASTA-NEUIGKEITEN

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POLITISCHE BILDUNG

29 JUNGE AUTOREN Der Weg zum eigenen Buch 29

ACHILLES VERSE

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Studentisches Fernsehen

SPANNENDE KINDHEIT

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Spiele ohne Stecker

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REZENSIONEN

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Bücher|Spiel|CDs|Video|Web|Kurzfilme

BAUSTELLE UNI

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Hauptgebäude: Ein Blick hinter die Kulissen | Rechenzentrum: ein moderner Rohbau für einen neuen Campus | Ulmenhof: Baumängel und hohe Mieten

LEHRAMTSDILEMMA

Jobmesse in Köln

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Technik und Spielereien

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Wissenschaft im Dunkeln

Diskussion auf Zeit

UMWELTKAMPAGNE Grüne Hochschulpolitik

MILIEUSTUDIE CEBIT LANGE NACHT ... PRO/CONTRA

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HOW TO BLOG

RÄTSELSEITE

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Projektwoche an der Uni

Kurzanleitung für den Einstieg

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POSTSKRIPTUM Kolumne|Comic|Impressum

Beim Lacrosse-Training

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Sorgen der Referendare

DEBATTIERCLUB

AUSPROBIERT

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ELIAS BIERDEL Gespräch über die Flüchtlingsproblematik und das Versagen von Politik und Medien

30 BILDNACHWEIS 16 Paul Fleischer 2 Christian Kobsda 37 Michael Schultz 4 Yoshi4/sxc.hu 5 Anna Hermann 8 Gesine Schultz


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rotz bundesweiter Demonstrationen und klarer Forderungen sehen viele Studierende die momentanen Lernbedingungen immer noch als unzureichend an. „Sicherlich brauchen derartige Veränderungen immer etwas Zeit, jedoch erwarten wir mehr Engagement von der Bundes- und Landespolitik“, erklärt Fabian Nehring, Bildungsprotestler an der Universität Rostock. Die für den Herbst 2010 angekündigte zweiprozentige BAföG-Erhöhung ist hierbei noch die spürbarste Entwicklung. Die Bundesregierung reagierte damit auf die sich deutschlandweiten ausbreitenden Proteste im letzten Jahr. Doch viel mehr scheint sich derzeit nicht zu bewegen. Auch die Bologna-Konferenz vom 17. Mai in Berlin konnte dem nichts Positives entgegensetzen, dort wurden. lediglich die bildungspolitischen Entscheidungen der letzten Jahre gerechtfertigt. Eine sichtbare Veränderung stellt an der Uni Rostock momentan nur die Errichtung eines neuen Hörsaalgebäudes in der Ulmenstraße dar. Zwar wird damit einer wichtigen Forderung des Plenums nach mehr Räumlichkeiten nachgekommen, jedoch fiel die Entscheidung zum Gebäudebau bereits vor Beginn der Bildungsproteste und kann somit nicht als direkte Reaktion gewertet werden. Die Aufstockung des Lehrpersonals ist aufgrund des Landespersonalkonzepts von 2004 kaum realisier-

ICH HAB DA SO ‘NE IDEE ! Viele potenzielle Existenzgründer fürchten den Weg in die Selbstständigkeit. Doch das Gründerbüro hilft, wo es kann. TEXT: Thomas Delecat

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UNIVERSITÄT

DER PROTEST GEHT WEITER

www.uni-rostock.de/index.php?id=305

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Im Herbst 2009 begannen in Rostock die Widerstände gegen die allgemeinen Lehrzustände. Mit der Besetzung des Audimax und zahlreichen Protestaktionen beteiligten sich Schüler und Studierende am bundesweiten Bildungsstreik. Auch in diesem Jahr sind wieder Maßnahmen geplant, um den Forderungen nach einer besseren Bildung Nachdruck zu verleihen. TEXT: Andreas Heinrich und Arne Trott

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bar: Bis 2017 sollen 298 Stellen an der Universität Rostock abgebaut werden. „Zwar wirken solche Nachrichten ernüchternd, unterstreichen aber gleichzeitig die Notwendigkeit eines anhaltenden Engagements der Studierenden“, betont Fabian Nehring. Gegenwärtig treffen sich engagierte Studierende jeden Montag um 19 Uhr im „Bildungskeller“. Bei den Aktivisten stehen derzeit die Vorbereitungen für den „Bildungsprotest“, die diesjährige Großdemo am 9. Juni 2010, im Mittelpunkt. Damit soll sich die Universität wieder am bundesweiten Bildungsstreik beteiligen. Tiefgreifend verändert haben sich die Forderungen dabei nicht. Dafür seien die Mängel im Bildungssystem immer noch zu gravierend. Auch die Rostocker Schulen werden sich weiterhin bei Protestaktionen engagieren. Gemeinsam werden Flyer und Plakate erstellt und allgemeine organisatorische Fragen geklärt. „Wir wünschen uns wieder eine rege Beteiligung aus sämtlichen Bildungseinrichtungen“, erklärt Jenny Best, die seit Oktober letzten Jahres am Bildungsprotest mitwirkt. Ob sich erneut mehr als 1.200 Teilnehmer zur Protestaktion zusammenfinden werden, bleibt offen. Auf jeden Fall zeigen die stetigen Bemühungen der Bildungsaktivisten, dass der Widerstand nicht im Sande verlaufen ist, sondern andauert. Zudem konnte sich seit Langem wieder eine Gruppe formen, die sich fortlaufend und aktiv mit den Problemen im Bildungssystem beschäftigt. „In diesem Sinn hoffen wir natürlich auf noch mehr Unterstützung bei den jetzigen Vorbereitungen zum Bildungsstreik im Juni“, ergänzt Jenny Best abschließend. <

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Ungewohnt engagiert zeigten sich Rostocks Studenten auf den Straßen der Stadt. Manch einen mag das verwundert haben. Foto: Paul Fleischer

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ie Vorstellung, nach dem Studium ein eigenes Unternehmen zu gründen, ist für viele ziemlich abstrakt. Viel zu viel Aufwand, Stress und Papierkram – und am Ende kommt man dabei womöglich auf einen Stundenlohn, der nur knapp über dem eines studentischen Nebenjobs liegt. Manchmal stimmt das sogar, oft ist es auch völliger Quatsch. In jedem Fall aber ist es schade, wenn man sich so schon im Vorfeld die eigenen Ideen ausredet. Ein Gespräch mit dem Gründerbüro an der Rostocker Uni ist klar der bessere Weg. Jede Idee ist es wert, angehört zu werden, so das Credo des vierköpfigen Teams, dass von verschiedenen freien Mitarbeitern und Beratern aus Wissenschaft und Wirtschaft unterstützt wird. Dabei ist es erst einmal unerheblich, ob man bereits einen ausgefertigten Businessplan in der Tasche hat oder einem nur eine vage Idee im Kopf herumspukt. Das Gründerbüro in der Parkstraße (Raum 130) versteht sich als Anlaufstelle für alle, die mit ihrem Einfallsreichtum ihr Leben selbst bestimmen wollen. Geprüft wird in der Beratung immer zuerst die Machbarkeit. Das Gründerbüro versucht, mit dem Studenten zusammen sachlich einzuschätzen, wie aus einer Idee ein funktionierendes Gewerbe entwickelt werden kann.

Neben der persönlichen Beratung bietet das Gründerbüro vor allem verschiedene Kurse und Workshops an, die für einen Unternehmensgründer interessant sein können. Das Repertoire ist dabei breitgefächert, reicht von den Grundlagen der Betriebswirtschaftslehre über die Frage, wie man erfolgreiche Pressearbeit leistet, bis hin zu Strategien der Stressbewältigung. Außerdem arbeitet man in der Parkstraße eng mit anderen Rostocker Beratungsstellen zusammen, vermittelt und bietet eine breite Übersicht darüber, welche Maßnahmen wo angeboten werden. Das meiste, was das Gründerbüro selbst anbietet, ist für Studenten übrigens kostenlos – und auch die Angebote anderer Beratungsstellen kosten gar nichts bis wenig. Warum das so ist? Das beantwortet Kathrin Krüger vom Gründerbüro so: „Was wir brauchen, ist der Nachwuchs aus dem Land.“ Das Land Mecklenburg-Vorpommern hat ein großes Interesse daran, Ideen und junge Köpfe an der Ostsee zu halten. Deshalb stellt Schwerin vergleichsweise großzügig Mittel zur Verfügung, um Existenzgründungen zu fördern. Selbstverständlich kann aber auch jeder, der sich beispielsweise in Hamburg oder – Gott möge es verhüten – Bayern selbstständig machen möchte, zum Gründerbüro kommen. >


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Neben der Beratung, die das ganze Jahr über möglich ist, bietet das Gründerbüro auch zwei Wettbewerbe an. Zum einen den „Wanted“-Förderpreis für Studenten mit bereits eigenem Unternehmen, der immer im Herbst ausgeschrieben wird. Zum anderen den sehr beliebten Ideenwettbewerb im Frühjahr, bei dem die Bewerber anfangs kaum mehr als einen groben Umriss ihrer Geschäftsidee skizzieren müssen. Im Laufe des Wettbewerbs wird hier Schritt für Schritt ein tragfähiges Konzept herausgeschält – die besten drei davon werden am Ende mit Preisgeldern in Höhe von 9.000 Euro (bei Studenten) ausgezeichnet. Darüber hin-

aus haben die Gewinner auch die Chance, an landesweiten Wettbewerben wie dem Venture Cup teilzunehmen. Der vielleicht spannendste Punkt aber sind die Kontakte, über die das Gründerbüro verfügt. Man möchte Türen öffnen, möchte Lobbyarbeit für gute Ideen betreiben, bringt Studenten und erfolgreiche Unternehmer zusammen. Diese „Vitamin-B-Injektion“ kann zwar nicht immer und für jeden geleistet werden, wenn sie aber erfolgt, kann sie die eigentliche Initialzündung für die Verwirklichung beruflicher Träume sein. <

PROJEKT AUF ZEIT

das Interesse von Schulabsolventen geweckt und zu einer Bewerbung an der Hochschule geführt hat. Seit rund neun Monaten existiert der YouTube-Benutzer „unirostock“ und lädt in seinen grafisch aufwendig gestalteten Kanal regelmäßig neue Videoclips hoch. Hier kommen Studenten und Mitarbeiter zu Wort, öffentliche Veranstaltungen werden nachbereitet und die Bewerbung um einen Studienplatz wird erklärt. Der YouTube-Kanal ist ein richtiger Schritt der Universität, sich im Internet auf Höhe der Zeit zu präsentieren. Kritische Stimmen zur eigenen Website werden auch Monate nach Einführung des neuen Corporate Designs nicht ersticken, beim YouTube-Channel wurde es besser gemacht. Die inhaltliche Qualität der Seite ist für den Neustart im sogenannten Social Web überraschend gut gelungen. Für stetigen Nachschub an Themen und Filmen sorgen die Pressestelle der Universität und ein eigens eingestellter Kameramann. Das Angebot ist seit dem Start des Kanals stetig gewachsen, nur eben die Klickzahlen bleiben in einem übersichtlichen Bereich. Den durchaus sehenswerten Clip „Universität Rostock in Zahlen“ zu den Eckdaten der Universität gibt es seit mehr als drei Monaten auf der YouTube-Seite zu sehen. Bei 628 Aufrufen sprangen bislang immerhin vier positive Bewertungen heraus. Wirklich interagieren mit der Community kann die Uni hier nicht: Kommentare sind absolute Seltenheit, Verlinkungen anderer Nutzer oder Videoantworten nicht existent. Für eine Community wie YouTube, in der harsche Meinungsäußerungen und einfallsreiche Beleidigungen keine Seltenheit sind, muss das allerdings nichts Schlechtes heißen. <

Die Uni im Social Web: eine Bestandsaufnahme

TEXT: Michael Schultz

21 Abonnenten, knapp 2.000 Kanalaufrufe und 48 Freunde – so richtig eingeschlagen hat der YouTubeKanal der Uni Rostock zumindest anhand der Zahlen noch nicht. Vergleichbare Angebote anderer Universitäten, die größtenteils inoffiziell von Studenten betrieben werden, haben ähnliche Kennzahlen. Schminkvideos und Geblödel aller Art laufen den Universitäten auf YouTube den Rang ab. Aber ist das überraschend? Der eigene YouTube-Channel ist ein ambitioniertes Projekt aus dem Rektorat. Der ehemalige studentische Prorektor Andreas Karsch sah durch den Eintritt der Universität in das Web-2.0-Zeitalter vor allem eine Chance, Studierende aus entfernteren Teilen Deutschlands für die Universität zu interessieren. Eine Evaluation, wie sie zwangsläufig auch im Rahmen des derzeit nur begrenzt laufenden Projekts geplant ist, gestaltet sich bei diesem Anspruch schwierig. Es dürfte kaum nachvollziehbar sein, ob ein YouTube-Clip tatsächlich


TITEL

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HINTER DER FASSADE BAUSTELLE HAUPTGEBÄUDE Das Hauptgebäude ist seit seiner Erbauung im 19. Jahrhundert im Stil der Neorenaissance das Aushängeschild der Universität Rostock. Nach einer Instandsetzung von Dächern und Fassade in den 1990er Jahren wird seit vergangenem Semester das Innere des Baus für rund 14 Millionen Euro grundsaniert. Wir haben hinter die Kulissen geschaut. TEXT UND FOTOS: Christian Kobsda

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„Ziehen Sie sich aber feste Schuhe an“, empfiehlt mir Peter Spielmann von der Baukoordination der Universität Rostock, als ich mit ihm telefonisch ein Treffen im derzeit gesperrten Hauptgebäude ausmache. Ich nehme den Hinweis ernst und bin passend beschuht zur verabredeten Zeit am verabredeten Ort. Von vorn sieht zunächst alles erstaunlich normal aus, lediglich eine Informationstafel verrät, dass drinnen tatsächlich gearbeitet wird. Auf der Rückseite wirkt alles schließlich aber doch wie eine richtige Baustelle. Und dann geht es hinein. Überall hängen Planen und liegen Bretter herum. Es ist staubig. Ich freue mich über meine Schuhe. Wir betreten das Gebäude durch das alte prunkvolle Haupttreppenhaus. Die verzierten Geländer sind zum Schutz verpackt und es wurden zusätzliche Metallgerüste angebracht, an denen Baustellenlampen hängen, die künstliches Licht spenden. Das Zimmer des Rektors, in das wir als Erstes hineingehen, ist bereits um ein Drittel vergrößert worden. Grund ist – wie bei vielen der Sanierungsmaßnahmen – neben der besseren Nutzbarkeit der Anspruch, dem Gebäude als Aushängeschild der Universität seinen ursprünglichen Glanz zurückzugeben. So soll auch in vielen der öffentlichen Teile des Baus die einstige Wandbemalung wiederhergestellt werden. Überall kleben dazu bereits jetzt kleine weiße Schildchen, die verschiedene Farbebenen markieren und erste Verläufe erkennen

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lassen. Als Vorgeschmack hat ein Restaurator im Foyer bereits eine Wand zur Hälfte hergerichtet, so dass ich mir vorstellen kann, was Herr Spielmann meint, wenn er ankündigt: „Es wird bunter!“ Hier gibt es zudem beachtliche bauliche Neuerungen. Eine Treppe wird künftig direkt vom Eingangsbereich nach links abgehen und zum Rektorat im ersten Stock hinaufführen. Auch dies entspricht der ursprünglichen Architektur des Hauses, erklärt mein Begleiter weiter. Auf allen Etagen wird es nach dem Umbau lange Flure geben, die anders als bisher ermöglichen, problemlos zwischen den beiden Gebäudeteilen zu wechseln. Wenngleich es eine „funktionale Trennung“ zwischen dem eigentlichen Haupthaus einerseits und dem sogenannten Neuen Museum andererseits geben soll, was, wie ich lerne, der Name des rechten und eigentlich älteren Anbaus ist. Die bisherigen Seminarräume und Hörsäle des Hauptgebäudes sind passé. Lehre wird künftig nur noch in den Räumen des Neuen Museums stattfinden, wo übereinander zwei große neue Hörsäle entstehen. Ins eigentliche Uni-Hauptgebäude hingegen ziehen neben dem Rektorat und der Pressestelle dann auch wieder das Universitätsarchiv und nach momentaner Planung Teile der Verwaltung und auch der Philosophischen Fakultät mit ein. Während wir auf unserem Rundgang nun noch das marode Treppenhaus des Neuen Museums benutzen müssen, wird hier im Umbauprozess ein größeres völlig neu entstehen, wozu sogar die rückwärtige Hauswand versetzt werden muss, um ausreichend Platz zu schaffen. Im Auge dieses neuen Treppenhauses wird dann schließlich einer von zwei neuen Aufzügen des Gebäudes zur Verfügung stehen. Noch die alten Stufen hinter uns gebracht, treffen wir oben auf eine große graue Statue. Diese sei zu voluminös gewesen, um sie auf normalem Wege hinauszutransportieren, erläutert mir Herr Spielmann, erst im Zuge der Wandversetzung werde man sie mit einem Kran rausbringen können. Der alte Hörsaal 218, vor dem wir nun

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Hörsaal 218, wie er inzwischen aussieht

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Der weitere Umbau des Konzilzimmers

Probe der Wandbemalung im Foyer. Ähnlich farbenfroh sollen alle öffentlichen Bereiche des Hauptgebäudes werden.

ist noch unklar.


stehen, ist dagegen schon restlos leer. Nur die Säule in der Mitte ist geblieben. Von solchen Stützpfeilern, so erfahre ich, sind während der Entkernung noch einige wieder aufgetaucht, die man bei Sanierungsarbeiten zu DDR-Zeiten in Zwischenwände eingeschlossen hatte. Im Büro des Kanzlers waren an einer verbauten Säule sogar noch die alten Kleiderhaken angebracht. Wir überbrücken den Höhenunterschied zwischen den Geschossen beider Gebäudeteile und gehen zurück ins eigentliche Hauptgebäude. Am Ende des Ganges liegt die Aula, deren Balkon wir jetzt betreten. Hier sieht es momentan richtig ruinös aus. Die Leuchter hängen wie eh und je an der Decke, sind jedoch mit reichlich Baustaub eingekleidet. Der Fußboden ist am Kopfende aufgerissen. Unerwartet hell ist es jedoch, was daran liegt, dass die eigentlich lichtdurchlässige Decke – nach Reinigung – inzwischen auch wieder Licht durchlässt und der Festsaal

an einem sonnigen Tag wie heute einiges an Tageslicht abbekommt. Abschließend bekomme ich sogar noch den gewölbeartigen Keller zu sehen, in dem es bei all der handwerklichen Betriebsamkeit und dem künstlichen Licht fast aussieht wie in einem Bergwerkstollen. Tatsächlich war dies früher einmal ein Kohlekeller und noch zu DDR-Zeiten wurde von hieraus mit Braunkohle eingeheizt. Demnächst soll natürlich eine neue Heizanlage einiges an Energie einsparen, wobei Herr Spielmann meine Erwartungen ein wenig dämpft: „Ein Niedrigenergiehaus werden sie aus dem Gebäude nicht machen können.“ So sei das Anbringen von Wandisolierungen vor dem Hintergrund des Denkmalschutzes außen wie innen viel zu kostspielig, als dass es sich auf absehbare Zeit rentieren würde. Die übrigen Arbeiten sollen, so erfahre ich später vom Architekturbüro, in der zweiten Jahreshälfte 2012 abgeschlossen werden. <

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NEUBAU FÜR DEN SÜDSTADTCAMPUS

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BAUSTELLE RECHENZENTRUM TEXT: Karolin Müller

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Eines der größten Bauvorhaben der Uni wird derzeit unweit der Südstadtmensa realisiert. Die Rede ist vom neuen Rechenzentrum in der Albert-Einstein-Straße, das im März 2011 seine Tore öffnen wird und damit die Vernetzung zu einem Südstadtcampus vorantreibt. Laut Projektleitung stünden die Aussichten für eine rechtzeitige Eröffnung überraschend gut. Noch ist es jedoch ein einfacher Rohbau, der am 21. April 2010 sein Richtfest erleben durfte, schon im November dieses Jahres sollen dann aber erste Umzüge der Informatik stattfinden. Hierbei wird es sich in erster Linie um die Servertechnik der Informatik selbst handeln, die in das neue Gebäude einziehen darf.

Im März des nächsten Jahres haben dann die Mitarbeiter und Studenten der Universität Rostock die Möglichkeit, eine Gesamtfläche von 4.200 Quadratmetern zu nutzen und zu erleben. Von der Idee für ein neues Rechenzentrum bis zum Baubeginn sind dabei zehn Jahre vergangen. Am 29. Januar 2002 wurde der Bauantrag beim Bildungsministerium eingereicht und man wartete gespannt auf das „Go“. Sieben Jahre später, im April 2009, ereignete sich der erste Spatenstich und im darauffolgenden Juni die Grundsteinlegung. Nun ist der Rohbau fast fertig. Im Dezember des letzten Jahres erfolgten die Dacheindeckungen und man begann sogar mit dem Einbau der Fensterelemente. Die Universität kann stolz auf einen so hochmodernen Bau sein. Denn neben dem Rechenzentrum ziehen auf die insgesamt vier Etagen das Informatikinstitut sowie das Medienzentrum ein. Das Gebäude soll damit das Herz der

Kommunikationsstruktur darstellen, das alle Standorte der Universität unter seinem Dach zusammenhält. Die verschiedenen Daten aus Forschung, Lehre und Verwaltung sollen hier gesammelt und gesichert werden und ein reibungsloses Funktionieren der Rechner und Server garantieren. Blickfang dieses ganzen Gebäudes werde, so die Projektleitung, das großzügig gestaltete Atrium mit einem überdachten Innenhof sein. Zusätzliche Sitzmöglichkeiten und Bepflanzungen böten den Studierenden bald die Möglichkeit sich zu entspannen oder in angenehmer Atmosphäre zu arbeiten. Die Baupläne für den Südstadtcampus gehen aber noch weiter, denn das neue Rechenzentrum ist das erste Gebäude von vielen. Neben dem Zentrum laufen die ersten Schritte für das Physikinstitut an sowie für den Neubau zur Profillinie „Life, Light and Matter“. <


ZEIT IST GELD

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PROBLEMFALL ULMENHOF TEXT: Karolin Müller 11

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inst stand dort, wo Ende Januar dieses Jahres das Studentenwerk Rostock sein neuestes Wohnheim eröffnete, ein kleines Kino. Nun wohnen angehende Akademiker im „Ulmenhof“, der das grundsanierte Lichtspielhaus um drei Neubauten in zweiter Reihe ergänzt. Der Komplex bietet Platz für 46 Mieter, verteilt auf 42 Ein- und Zweiraumwohnungen. Alle Wohnungen sind komplett möbliert und mit einer Küchenzeile ausgestattet. Besonders umweltfreundliches Highlight der Anlage: die Solaranlage auf dem Dach. Weniger gut: der Schimmel in den Wohnräumen. Wie kam es dazu? Der eigentliche Einzugstermin war für die Studenten erst für Anfang April vorgesehen. Doch laut Dieter Stoll, Geschäftsführer des Studentenwerks, sei die Bauphase äußerst erfolgreich verlaufen, habe doch während der ganzen Zeit kein einziger Baustopp eingelegt werden müssen. Im Resultat konnten Innen- und Ausbau im Winter des vergangenen Jahres fertiggestellt und das Wohnheim im Januar bereits eingerichtet werden. So gut sich die rasante Baufertigstellung zunächst auch anhört, liegt in ihr vielleicht doch der Grund für das Schimmelproblem, über das die Bewohner des Ulmenhofes schon bald nach Einzug klagten. Man könnte vermuten, dass während der Bauphase unsauber gearbeitet wurde. Denn muss ein Rohbau, bevor mit dem Innenausbau angefangen werden kann, nicht normalerweise zwei Monate auslüften? Auf diese Tatsache angesprochen, reagierte das Studentenwerk gefasst. Es sei sehr unangenehm, so Herr Stoll, aber man versuche alle Schritte einzuleiten, um das Problem so schnell wie möglich zu lösen. Dazu gehöre ein richtiges Belüften der Wohnräume durch die Studenten, letztendlich hoffe man aber, dass das Gebäude im Sommer richtig austrockne. Auf die Frage hin, ob weitere Wohnheime in Rostock entstehen sollen, antwortet Herr Stoll mit einem Grinsen. Der Wille sei da und er glaube auch, dass der Ulmenhof ein Auftakt sei – aber wie immer sei auch diese Entscheidung eine Frage des Geldes. Der Bau des Flaggschiffs des Studentenwerks hat laut aktuellen Zahlen stolze 2,5 Millionen Euro verschlungen. Endgültig werden die Kosten hierfür jedoch erst mit dem Jahresabschluss Ende Juni bekannt gegeben. Aus dem Verwaltungsrat ist jedoch zu erfahren, dass zur Finan-

zierung ein Kredit des Landes verwendet wurde, dessen Auflagen besagen, dass die Tilgung nur über die späteren Mieteinnahmen erfolgen soll. Hier wird nun sogar werksinterne Kritik laut: Mit den Mieten, die nötig seien, um besagten Kredit abzustottern, seien Mieten angesetzt worden, die Studenten kaum zumutbar seien. Der Preis liege deutlich über der Durchschnittsmiete in der Hansestadt. Die Folge überrascht nicht: Im Wintersemester war das Haus am Ulmenmarkt nicht einmal ausgelastet, erst zum April hin wurden die Wohnungen vollständig belegt. Grund mag hier eine Vereinbarung zwischen Universität und Studentenwerk sein, ausländische Gastwissenschaftler verstärkt auch an das Wohnheim in der KTV zu verweisen und damit das bisher genutzte Internationale Begegnungszentrum in der Bergstraße zu erweitern. Ob damit jedoch der Träger noch seinem Auftrag als Studentenwerk gerecht wird, ist mehr als fraglich. <

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Der Neubau des Rechenzentrums an der AlbertEinstein-Straße nimmt Formen an. Hier entstehen 4.200 qm Nutzfläche. Foto: Christian Kobsda

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Innenhof im Ulmenhof: Die Mieter der Studentenwohnungen am Ulmenmarkt haben Probleme mit Schimmel. Foto: Paul Fleischer


DIE ZUKUNFT IM KLASSENZIMMER

IMMER NOCH MÄRCHENHAFT? Über die aktuelle Situation angehender Referendare in Mecklenburg-Vorpommern TEXT: Tanja Frenzel

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s war einmal ein junger Mann, über den schon in der letzten Ausgabe des heulers berichtet wurde. Von den ersten Tagen an der Universität bis zum Abschließen des ersten Staatsexamens wurde sein Weg verfolgt. Oft fühlte er sich verloren im Dschungel des Lehramtsstudiums und durfte auch nicht immer darauf vertrauen, was ihm zuständige Instanzen erklärten und rieten. Er machte sich allein auf den Weg und versuchte sein Glück im Internet, jedoch konnten die Onlineformulare für die Bewerbung nicht gefunden werden, obwohl das Kultusministerium des Landes dies versicherte. Ein Schnitt in das eigene Fleisch und eine peinliche Panne, die im bundesweiten Vergleich für eher negative Meinungen über das Bildungsportal des Landes sorgt. Auch nach einer erneuten Anfrage per E-Mail wollte man nicht von der Überzeugung abweichen, dass doch alles in bester Ordnung sei. Ein wiederum anderes Problem ist zum Beispiel, dass einige Studienfächer als solche in anderen Bundesländern gar nicht existieren oder gar nicht erst anerkannt werden würden. Dass man doch eigentlich im gleichen Staat lebt und den Schülern mehr oder weniger die gleiche Bildung vermittelt wird, ist dabei wohl vergessen worden. Doch das größte aller Probleme ist für alle angehenden Referendare mit Sicherheit die Ungewissheit, ob die Chance auf einen Referendariatsplatz besteht – und zwar in direktem Anschluss an das erste Staatsexamen. Auf eine freie Referendariatsstelle bewerben sich pro Jahr fünf Lehramtsstudenten in Mecklenburg-Vorpommern. Dass hierbei wirklich jeder einmal zum Zuge kommt, ist ein fast absurdes theoretisches Versprechen, denn zu den Kandidaten der Warteliste kommen halbjährlich automatisch neue Bewerber. Das Land darf sich unter diesen Umständen nicht beschweren, dass die junge Generation auswandert und in eines der anderen fünfzehn Bundesländer zieht. Hier schließt sich schon das nächste Hindernis an: Mecklenburg-Vorpommern stellt Referendare nur im April eines jeden Jahres ein, was bei Abschluss des Studiums im Sommersemester einem Zeitfenster von etwa acht Monaten entspricht, das genutzt werden will und muss. Warum dieser unpassende Termin (entweder hier, oder bei mir raus) gerade so ausgewählt wurde, bleibt ein bürokratisches Mysterium. Wer Glück hat, kann bei einem neu eingeführten zweiten Auswahlverfahren noch bis zum jeweils folgenden Juli nachrücken. Wenn es dann

immer noch nicht geklappt hat, sollte jeder ernsthaft über einen Plan B nachdenken. Eine alternative Möglichkeit, die Zeit zu überbrücken, wäre, ein begehrtes Praktikum an einer Schule zu absolvieren. Das ist in der Regel jedoch unbezahlt und kann somit auch nicht für das nötige Einkommen sorgen. So ist es nicht unüblich, dass viele fertig studierte Akademiker die Universität verlassen und auf finanzielle Hilfe vom Staat angewiesen sind. Diese Probleme schienen nicht nur unseren jungen Studenten zu beschäftigen, sondern noch vielen anderen angehenden Referendaren bitter aufgestoßen zu sein. Was man brauchte, war eine Stimme, die gehört werden würde und mit der man sich medienwirksam etwas Aufmerksamkeit verschaffen könnte. Das Zentrum für Lehrerbildungsforschung der Universität Rostock hat zusammen mit Referendaren aus Mecklenburg-Vorpommern die Ausstellung „R wie Referendar“ auf die Beine gestellt und somit eine Plattform geschaffen, auf der man sich einen Nachmittag lang über Möglichkeiten, Grenzen, Wünsche und Hoffnungen des Referendariats austauschen konnte. Dies geschah im Audimax in der Ulmenstraße. Der aussagekräftige Titel „Die Ästhetik einer besonderen Lebensform“ ließ schon vorher erahnen, dass es sich wohl um schöngeistige Modelle und Ideen handeln würde, die dort vorgestellt werden. Eine besonders kreative Idee steckt in einer Broschüre, die Tipps für Lehrer aus der Sicht der Schüler vorstellt – unter anderem der überaus sinnvolle Hinweis, dass man stets darauf achten solle, ordentlich angezogen zu sein, denn sonst hätten Schüler immer etwas zu lachen. Ein wirklich essenzieller Trick für die eingeladenen Studenten, die mit der Erwartung kamen, etwas über den Weg zum Referendariat erfahren zu können. Die Examenskandidaten fühlten sich auf dieser Veranstaltung ein wenig fehl am Platz, da sie eher für bereits praktizierende Referendare konzipiert zu sein schien. Die Meinungen über die Ausstellung tendierten in die Richtung, dass sich die geladenen Gäste und Betreuer der Projekte nur selbst zelebrierten und ein eigentlicher praxisorientierter Bezug fehlte. Der zweite Teil dieses eher weniger märchenhaften Berichtes wird wohl nicht der letzte sein. Unser tapferer Uniheld wird sich weiter durch die Irrungen und Wirrungen zwischen Studium und Referendariat schlagen müssen. Das einzige, was ihm mit auf den Weg gegeben werden kann, ist ein weiterer Hinweis aus der Schülerbroschüre: Immer ein bisschen vorne herumhampeln, dann klappt schon irgendwie. <

Das Landesprogramm des Bildungsministeriums soll Probleme lösen, es bewirkt jedoch eines: Weitere werden generiert. TEXT: Gesa Römer und Paul Fleischer

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ehrer sein – das wäre schön. Das denken sich auch über 22 Prozent der Rostocker StudentInnen, welche auf Lehramt (LA) studieren. Das Land MecklenburgVorpommern ist Schirmherr der Ausbildung, gestaltet den Rahmen (Vorgaben, Verordnungen, Ordnungen und Bedarfsplanungen), die Universität bildet die Studenten aus. Der Weg zum Beruf des Lehrers ist jedoch ein mit vielschichtigen Problemen gepflasterter. Vor Jahren verabschiedete Planungen kollidieren mit den Ist-Zuständen. Überhänge, zum Beispiel in der Ausrichtung des LA-Gymnasium haben vor allem im Bereich des Referendariats massive Missstände zur Folge. Viele Bewerber gehen leer aus, bekommen keine Stelle. Dies bedeutet einen Stopp – mitten im eigentlichen Ausbildungsprozess. Des Weiteren drängt die Demografie, welche zum Ende dieses Jahrzehnts einen Lehrermangel prognostiziert. Weitere Mängel, zum Beispiel im Bereich des Studiums, seien hier noch nicht einmal erwähnt. Die Politik, als haftende Instanz im Ausbildungsprozess, versucht mit einem neuen, seit 2007 ausgearbeiteten und ab diesem Jahr geltenden Landesprogramm („Zukunft des Lehrerberufs in Mecklenburg-Vorpommern“) auf die drängenden Probleme zu reagieren. Dessen Ziele sind unter anderem „nachhaltige Sicherung positiver Rahmenbedingungen für die Lehrerinnen und Lehrer im Land als wichtigste Voraussetzung für die Erfüllung des Bildungsauftrages“. Gleichzeitig wolle man „günstigere Wettbewerbsvoraussetzungen bei der bedarfsgerechten Gewinnung des Lehrernachwuchses“ schaffen. Um die Konflikte zwischen Angebot und Nachfrage von Referendariatsplätzen zu entschärfen, will das Land für das Schuljahr 2010/11 die Gesamtzahl der Stellen um 22 Prozent, im folgenden Jahr noch einmal um 18 Prozent steigern. Auch hierfür werden im Rahmen des Landesprogramms zusätzlich 15 Millionen Euro bereitgestellt. Zur weiteren Verbesserung der Situation der Referendariatsanwärter soll die Einführung eines weiteren Einstellungstermins führen. So gibt es jetzt immerhin zwei solcher Termine pro Jahr. Henry Tesch, Bildungsminister von Mecklenburg-Vorpommern, erachtet das gesamte Konzept als „richtungweisend“. Ein Brief des „Zentrum für Lehrerbildung und Bildungs-


forschung“ (ZLB) an das Bildungsministerium, welcher dem heuler vorliegt, spart jedoch nicht an Kritik am genannten Konzept. Positive Entwicklungen seien das Ziel, die Umsetzung des Programms bedeute jedoch „das Gegenteil“. Ein Schwerpunkt des Landesbildungsprogramms (Lbp) liegt in dem kleinen Wörtchen „bedarfsgerecht“. Dies bedeutet, dass die Zuweisung der Referendariatsstellen nun entsprechend des fach- bzw. schulspezifischen Bedarfs erfolgt. Die Verteilung vorhandener Plätze orientiert sich also nicht an der Zahl der Anwärter oder deren Noten, sondern vielmehr an der individuellen Nachfrage der einzelnen Schulen. Dies bedeutet einen massiven Umbau der Stellenstruktur im Referendariat. Mit Blick auf den Überhang im LA-Gymnasium bedeutet dies, dass selbst Studenten mit einer Abschlussnote von 1,2 im ersten Staatsexamen an der neuen Bedarfsgerechtigkeit scheitern können und somit keine Stelle bekommen. Dies kommt auch einer Infragestellung des Leistungsprinzips gleich. Die Studienleistungen stellen also nicht mehr den ausschlaggebenden Aspekt bei der Bewerbung um einen Referendariatsplatz dar. In diesem Jahr werden 36 Referendariatsstellen im LA-Gymnasium in ganz Mecklenburg-Vorpommern ausgeschrieben. Wer also vor fünf Jahren mit dem Gymnasium die falsche Ausrichtung seines Studiums gewählt oder die falschen Fächer in seinem Repertoire hat – hat schlicht Pech gehabt. Um den nicht kurzfristig zu lösenden Problemen des Überhangs bei den Referendariatsstellen an Gymnasien zu begegnen, hat sich das Bildungsministerium dazu entschlossen eine „Doppel-Qualifikation“ einzuführen.

Handlungslogik der Reform“ unterlaufen, so das ZLB in seinem Schreiben. Die Einführung der Doppelqualifikation als Problemlösung führe zudem „das bundesdeutsche Konzept einer mehrphasigen Lehrer/-innenbildung … ad absurdum“. Man sehe die Gefahr einer „systematischen Deprofessionalisierung und Entfachlichung“ sowie „qualifikatorische Standards … dramatisch verletzt und unterschritten“. Doch was bedeutet das? Die Ausrichtung des LA-Gym-

Was in anderen Bundesländern nur im akuten Einzelfall vorkommt, soll in Mecklenburg-Vorpommern als System etabliert werden: Einem LA-Gymnasium-Student, welcher keinen Referendariatsplatz am Gymnasium bekommt, wird nun als Ausgleich eine Stelle an einer Grundschule angeboten. Die Ursache dafür ist eine schlichte Tatsache: Es gibt zu viele Studenten im Bereich LA-Gymnasium und zu wenige im Bereich LA-Grundschule. Das Ministerium hofft offensichtlich, hier zwei Fliegen mit einer Klappe zu schlagen: Der Überschuss wird in den Engpass verlagert und alles gleicht sich damit aus. Mit den bedarfsgerechten Entscheidungen soll versucht werden, den vorhandenen Missständen entgegenzuwirken. Doch Bedarfsgerechtheit kann nicht erst am Ende des Studiums beginnen. Natürlich sind langfristige Planungen für den potenziellen Stellenbedarf schwierig, doch hier ist das Ministerium in der Pflicht, über eine bessere Bedarfsplanung solche Missstände gar nicht erst entstehen zu lassen. Die jetzigen, im Nachhinein getroffenen Anpassungen des Ministeriums würden jedoch Fakten schaffen und „die

nasium unterscheidet sich natürlich stark in seinen Inhalten von jenen im LA-Grund- und Hauptschule. Gemeint ist hier die Vermittlung von Didaktik, welche deutlich unterschiedlich gewichtet ist. Aber auch inhaltliche Differenzen machen diese beiden Ausrichtungen inkompatibel. Ein Student mit der Ausrichtung LA-Gymnasium kann also gar nicht mit den nötigen Kompetenzen aufwarten, um die vakanten Stellen an Grundschulen qualitativ hochwertig auszufüllen. Ihm fehlt es schlicht an der notwendigen Lehrfähigkeit. Dennoch sind am 1. April diesen Jahres 24 solcher „hybriden Stellen“ (ZLB) vergeben worden.

Der Werdegang der Doppel-Qualifikation ist durchaus interessant: Anscheinend verhält es sich hier gegensätzlich zu den oftmals sehr langsam mahlenden Mühlen der Politik. Gerüchte besagen, es sei ein Student gewesen, welcher auf einem Treffen zwischen Ministerium und studentischen Lehramts-Vertretern sein Leid darüber klagte, keine Referendariatsstelle bekommen zu haben. Er äußerte – spontan – die Idee, er, ein LA-Gymnasium-Student, könne ja ebenso ein Referendariat in der Grundschule antreten. Im weiteren Verlauf der Gespräche ist dieser Vorschlag mit Begeisterung von Seiten des Ministeriums aufgenommen worden und soll dann sogar innerhalb von nur zwei Stunden beschlossen worden sein.

Das Landesprogramm richtet sich jedoch nicht nur an Absolventen, Referendare und Berufseinsteiger, sondern auch an bereits im Land tätige Lehrkräfte. Die Fortbildung von Referendaren wird nicht mehr zentral in Landesseminaren, sondern dezentral in ausgewählten Schulen stattfinden. Nur an diesen Schulen können Referendare ihren Vorbereitungsdienst leisten. Gleiches soll langfristig auch für die Praktika im Studium selbst gelten. Diese

„Ausbildungsschulen“ verfügen über einen erhöhten Etat für Aus- und Weiterbildung und über spezielle Mentoren, die die Lehramtsanwärter in ihrer praktischen Laufbahn sowohl fachlich bilden als auch ihre Erfahrungen weitergeben sollen. Lehrer sollen künftig nebenamtlich als Studienleiter oder Mentor die Ausbildung der Referendare unterstützen. Die nötigen Anreize werden einerseits über pauschale Zahlungen von Aufwandsentschädigungen, zum anderen über sogenannte Ausgleichstunden, in denen sie nicht unterrichten müssen, geschaffen. Problematisch an diesem Prozess ist der Umstand, dass sogenannte MentorInnen „in keiner Weise vorbereitet, fortgebildet oder anderweitig qualifiziert wurden“ und somit die nötigen fachlichen, theoretischen und didaktischen Anforderungen „nicht erfüllen können“, so das ZLB in seinem Schreiben. In der Folge sei eine „Verschlechterung der Ausbildungsqualität“ zu erwarten. Das dem Landesprogramm entspringende Ziel, der „Erfüllung des Bildungsauftrages“ oberste Priorität zukommen zu lassen, ist unter diesen Geschichtspunkten hinfällig, denn schlechte Lehrer bedeuten schlechte Schüler. Fast schon anekdotenhaft gestaltet sich der Punkt der „Einstellungsgarantie“: Der Begriff „Garantie“ vermittelt den Eindruck, eine Einstellung wäre eine verbindliche Sache. Dies gilt aber nur mit Einschränkungen: Der zukünftige Lehrer soll mindestens ein Fach unterrichten, welches gerade gebraucht wird, und es muss überhaupt erstmal eine Stelle für ihn geben, die man ihm anbieten kann. Da stellt sich die Frage, wo die Einstellungsgarantie geblieben ist und ob es sich nicht vielmehr um eine Art Einstellungswahrscheinlichkeit handelt. Allen Kommilitonen, die sich eine Zukunft in M-V ausmalen, sei hier noch ein Ratschlag mit auf den Weg gegeben: Das Land Mecklenburg-Vorpommern hat eine Vereinbarung mit dem Saarland getroffen, wonach „ausgebildete Lehrkräfte aus Mecklenburg-Vorpommern“ (also Inhaber des zweiten Staatsexamens) nach einer Beschäftigung im Saarland eine „Rückkehrgarantie“ haben. Jene ist nicht an besonders vielfältige Auflagen geknüpft. Wer also in unserem schönen Bundesland bleiben möchte, das Referendariat erfolgreich gemeistert, jedoch keine Festanstellung bekommen hat, der sollte eine Zeitlang seine berufliche Tätigkeit in das Saarland verlegen und dann einfach seine „Rückkehrgarantie“ nutzen. Hier sollte dann eine Anstellung regelrecht warten. <

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SCHLAGABTAUSCH MIT WORTEN — STUDENT GRÜNDET DEBATTIERCLUB 14

Die Uni Rostock kann seit Kurzem mit einer neuen Form der Streitkultur aufwarten, denn ein Student gründete den ersten Debattierclub der Hochschule. Sein Talent bewies Peer Klüßendorf bereits vor Bundespräsident Horst Köhler. TEXT UND FOTO: Steffen Eggebrecht

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r ist zwar kein Mann großer Worte, aber was er sagt, hat Hand und Fuß. Peer Klüßendorf läutete Anfang Mai die erste Schaudebatte des studentischen Debattierclubs an der Uni Rostock ein. Mit der Gründungsstunde des Clubs strebt der 21-Jährige gleichzeitig ein ehrgeiziges Ziel an: „Damit möchte ich die politische Streitkultur an der Uni voranbringen.“ Die Mitglieder des studentischen Projekts treffen sich nun alle zwei Wochen. Neben Debatten über aktuelle Streitfragen will der Politikstudent durch Übungen wie Stegreifreden die Rhetorik und Schlagfertigkeit bei den Studenten verbessern. Die Idee dazu kam ihm in der Uni. Hier fielen ihm oft dieselben Fehler auf: „Dozenten sprechen zwar

begeistert von ihrem Thema, vergessen aber die Zuhörer mitzureißen“, sagt Klüßendorf. Bei Studenten sehe es ähnlich aus, ihnen fehle bei Referaten häufig das nötige Selbstvertrauen. Klüßendorf weiß, wovon er spricht. Vor drei Jahren gewann er als Zwölftklässler ohne große Vorkenntnisse einen „Jugend debattiert“-Wettbewerb am Käthe-Kollwitz-Gymnasium. Nach einem zweiten Platz auf Landesebene durfte er vor Bundespräsident Horst Köhler und 800 Gästen im Bundesfinale in Berlin über das Thema „Soll das Mehrheitswahlrecht eingeführt werden?“ debattieren und erreichte hier den vierten Platz. Sein größter Erfolg: Er gewann 2007 das internationale Finale von „Jugend debattiert“ in Prag, zu dem

Teilnehmer aus sieben Ländern angereist waren. Mittlerweile sitzt er regelmäßig in der Jury von Landesfinals des Wettbewerbs. Sein Talent nutzt er aber nicht aus. „Weder am Küchentisch, noch in der Uni“, sagt Klüßendorf. „Ich schwinge keine großen Reden, sondern versuche eine Diskussion voranzubringen.“ Diese Fähigkeiten möchte er insbesondere vermitteln. Ein Zaubermittel gebe es jedoch nicht, fügt er an. Tief durchzuatmen helfe aber immer. Die Regeln für die geplanten Schaudebatten vereinfachte der Rostocker. Es gibt nun eine offene Parlamentsdebatte, bei der je drei Debattanten auf der Pround Contra-Seite abwechselnd vier Minuten reden. Um Sonntagsreden zu verhindern, die an Inhalt und Publikum vorbeigehen, sind Zwischenfragen erlaubt. Anschließend dürfen drei freie Redner jeweils zwei Minuten die Debatte um Argumente ergänzen oder ein Fazit ziehen. Die einzelnen Zeitabschnitte werden mit der Glocke markiert. Eine Jury ist vorerst nicht eingeplant. In Rostock gibt es an vier Schulen ähnliche Clubs. Das studentische Projekt ist allerdings auf einem anspruchsvolleren Niveau angelegt. Obwohl die erste Debatte ein Erfolg war, tut sich Klüßendorf noch schwer mit der Bezeichnung „Club“. „Ich schaue erst einmal, wie es anläuft, dann können wir vielleicht offiziell davon sprechen.“ Bis September leitet er das Projekt, anschließend geht er für zwei Semester an die Uni im französischen Lyon. „Mich würde freuen, wenn es so gut ankommt, dass andere es weiterführen.“ Perspektivisch könne sich der 21-Jährige vorstellen, dass Rostocker Studenten demnächst an Wettbewerben teilnehmen. „Aber erst einmal legen wir die Grundlagen.“ <

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Debatte.Rostock@yahoo.de

Peer Klüßendorf lässt es klingeln. Der Student gründete einen Debattierclub, ist aber kein Mann großer Worte.

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RICHTET ES JETZT ROSTOCK? Es ist allgemein bekannt: Unserer Umwelt geht es schlecht. Jeder Einzelne ist also zum Umdenken aufgerufen, so auch die Studierenden der Uni Rostock. Los geht es nun mit dem Kopierpapier. TEXT: André Olbrich

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erzeit befinden sich 110 öffentlich zugängliche Kopiergeräte an der Universität Rostock. Laut Angaben der Betreiberfirma Gluth verbrauchen sämtliche Studierenden und Mitarbeiter ca. 500 000 Blätter Papier im Monat. In Prüfungszeiträumen sind es sogar etwa eine Million pro Woche. Ein enormer Verbrauch, wie der Student Daniel Witt feststellen musste. Er hält die Verschwendung für ein großes Problem und stellte am 31. März dem Studierendenrat (StuRa) etwas vor, was er schlicht als „Papierprojekt“ bezeichnete. Sein Ziel ist es, sämtliche Kopiergeräte an der Universität Rostock auf Recyclingpapier umstellen. Des Weiteren soll in Zukunft doppelseitiges Kopieren als Standard in den Kopiergeräten eingestellt sein. Laut WWF Living Planet-Report verbraucht der durchschnittliche Deutsche, hochgerechnet auf die gesamte Weltbevölkerung, bereits die Ressourcen von zwei Planeten vom Format unserer Erde. Es existiert also ein Problem im verschwenderischen Umgang mit Ressourcen. „Effizienzsteigerung ist eine Maßnahme, die dagegen getroffen werden könnte“, erklärt Daniel und beschwört vor allem den Anteil, den die Studierenden der Universität Rostock dazu beitragen können. Durch vollständige Umstellung auf Recyclingpapier an der Universität Rostock ließen sich laut der „Initiative Pro Recyclingpapier“ im Jahr 90 Tonnen Holz (Frischfaser), 960 Kubikmeter Wasser und 192 000 KW/h einsparen. Außerdem würde sich auch der CO2Verbrauch um 118 Tonnen im Jahr reduzieren lassen. „Es ist eine Utopie“, wie Daniel Witt noch während seiner Ausführungen festhält. Dennoch hat er die Hoffnung, dass eines Tages alle Kopiergeräte an unserer Uni mit Recyclingpapier ausgestattet werden können. Damit befände sie sich auch auf dem neuesten Stand, nachdem bereits das Bundesumweltamt seit Juni 2009 den verstärkten Einsatz von Recycling-Papier in der öffentlichen Verwaltung und privaten Wirtschaft fordert. Die Umstellung auf Recycling-Papier hat jedoch auch seine Nachteile. „Wahrscheinlich ist, dass eine Kopie in

Zukunft vvieru C Centi kkosten würde“, muss Daniel Witt Z ek w eo ur m n sü D n t t Wi r uef zzugeatdt - t uns ne s g i“ e e , l ben. Eine normale Kopie kostet an den Kopiergeräten in der U Universität derzeit dreieC Cent. Deshalb hat d der d e d n r d i vrD r eeezh e iersstudenn a sset i t utih . r t d äa et l b n Verein Eutopia, dem Witt ieebenfalls angehört, ttischei Ve s E cr d eu h Wi t te not bm a p envvor i onga rf e, a h l lö s r t , Kurzem eeiner U Umfrage der SSüdstadt-Mensa durchgeKu zi nvvor em d oe m e - ürf M rd d a - u s eg rt naec s hd a gt e führt. Dort antworteten 80 Prozent der Studierenden, dass sie einen zusätzlichen Cent für jede Kopie bereit wären zu zahlen. Die Akzeptanz des Projekts soll allerdings unter allen Studierenden erfragt werden. Deshalb wurde jetzt der A Allgemeine damit bed e lSStudierendenausschuss rl gt u e ((AStA) d mA d i b e-Sa e er t mi eA n n )ie t d e n a auftragt, eeine Umfrage durchzuführen, dietfor ,r ic ane h ig sz a u eelektronische i f nl t eU r e a kd m gt u r d ecu h f ü e h r sich an alle Studierenden richten wird. Inzwischen werden die Vo Vorbereitungen dafür getroffen. die Umfrage d i er d b g a e e„„Sollte fr d Süt eU r o i r oi e m t l uf l f t nfee r gna .eg ne positiv a ausfallen, werden wir uns dafür p o uw s w si eu t fssehr i i ard nver deeinsetzen, lsah l ei e nf r nü n s r e, t z e n , das Pa Papierprojekt gut ees geht umr d dier ta m o i d a p sso sg oi g eu vvoranzutreiben, s e r ot p h u en j ez uk tt r e i b Universität damit nachhaltiger und umweltfreundlicher zu machen“, sagte der AStA-Vorsitzende Philipp da Cunha. Doch dies ist nicht das einzige Projekt, das in der Universi15 tät derzeit für mehr Umweltfreundlichkeit und NachhaltigHeizen und Lüften keit sorgen soll. Die Arbeitsgruppe Agenda 21, die bereits 1999 an der Uni Rostock gegründet wurde, startete jüngst • Stoßlüften statt Kipplüften die Kampagne „Energie sparen – statt Geld verheizen“. (Dauerlüften verschwendet Energie) Diese richtet sich an alle Studierenden und Mitarbeiter der • Während des Lüftens Thermostate schließen Hochschule. Jene sollen für einen sparsameren Umgang • Thermostatventil richtig nutzen mit den Ressourcen, die uns zur Verfügung stehen, sensi(bei Maximalstellung wird der Raum auch bilisiert werden und damit einen Beitrag zum Klimaschutz nicht schneller warm, Stufe 3 entspricht sowie der Senkung der Betriebskosten der Universität ca. 20°C) beitragen. Zu diesem Zweck liegen nun an vielen Stel• Nach Veranstaltungsende Türen und len Postkarten aus und hängen Plakate an den Wänden, Fenster schließen die verschiedene Tipps enthalten, wie zum Beispiel beim • Abdeckung von Heizkörpern und Verlassen der Seminarräume das Licht abzuschalten oder Lüftungsöffnungen vermeiden bei defekten Wasserhähnen dem Dispatcher unter der • Möbel ca. 30 cm vom Heizkörper abrücken (Gewährleistung einer optimalen Luftzirkulation) • Heizung bei längerer Abwesenheit abdrehen bzw. nach Feierabend runterdrehen

TIPPS ZUM ENERGIESPAREN

NACHHALTIGE UNIVERSITÄT ROSTOCK DIE AGENDA 21

Das Aktionsprogramm für das 21. Jahrhundert – wurde 1992 auf der Konferenz der Vereinten Nationen für Umwelt und Entwicklung (UNCED) in Rio de Janeiro beschlossen. Mehr als 70 Staaten, darunter auch Deutschland, unterzeichneten das Dokument, das alle wesentlichen Politikbereiche einer umweltverträglichen, nachhaltigen Entwicklung anspricht. Die Bereiche Ökologie, Ökonomie und soziale Sicherheit bilden dabei als untrennbare

Einsparpotenzial: Licht • Tageslicht nutzen (Verzicht auf künstliches Licht, wenn genügend Tageslicht vorhanden ist) • Rollos & Jalousien sinnvoll nutzen • Beleuchtung abschalten beim Verlassen der Arbeitsräume, Flure und Toiletten

Einsparpotenzial: EDV

Einheit den Kern des Leitbildes einer zukunftsfähigen Entwicklung.

Nummer 498 1111 Bescheid zu geben. Die Botschaft soll letztlich sein, dass nicht nur unter Ausschöpfung aller verfügbaren technischen Mittel Energie eingespart werden kann. Jeder Einzelne kann durch sein umweltbewusstes Verhalten zur Senkung des Energiebedarfs beitragen. Die Projekte im Bezug auf den Klimaschutz sprechen eine verantwortungsvolle Sprache. So sagt auch Daniel Witt: „Das Papier-Projekt ist eine große Chance, mit relativ wenig Aufwand auf lokaler Ebene viel für eine klimafreundliche und lebenswerte Zukunft zu tun“, und ist zuversichtlich bezüglich der Realisierung dieses Projekts: „Wenn Kopenhagen auch gescheitert ist, Rostock kann ein Erfolg werden!“

• Abschaltung technischer Geräte (Drucker nur bei Gebrauch einschalten, Vermeidung von Stand-by) • Energiesparfunktion nutzen (Geräte die dauerhaft benötigt werden wie Kopierer, Drucker, Computer) • Verwendung abschaltbare Steckerleisten (Computer mit allen Komponenten am Feierabend vom Stromnetz trennen) • Monitor bei Nichtgebrauch länger 15 min ausschalten • bei Geräteneukauf auf eine gute Energiebilanz achten > https://www.uni-rostock.de/index.php?id=63982


STUDENTENLEBEN

ROSTOCK — 10 DINGE, DIE ICH AN DIR LIEBE

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Egal, ob man Freunden von außerhalb einen besonderen Aufenthalt bescheren will oder man der schönen Hansestadt bald den Rücken kehren muss – die folgenden zehn Dinge sollten sowohl Lang- als auch KurzzeitRostocker einmal getan haben.

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TEXT: Eva Behringer

auf eine Partie einladen, denn die Regeln sind schnell erklärt. Foto:

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3 „Schiff ahoi!“ rufen

Die Stadt aus der Vogelperspektive betrachten

Das Stöckchen werfen

Das Wurfspiel Kubb war angeblich schon bei den alten Ägyptern und Wikingern beliebt. In Rostock gibt es nicht nur die Kubb-Open, sondern auch unzählige Kubb-Begeisterte, die an sonnigen Tagen die kleinen Holzstöckchen am Stadthafen werfen. Doch warum ist das Spiel so beliebt? Vielleicht weil es nicht leistungsorientiert, dafür aber gesellig ist und ohne größeren sportlichen Aufwand gespielt werden kann. Tipp: Leute, die interessiert zusehen, einfach Uni Rostock

Das kann man natürlich auf verschiedene Arten und Weisen

Und zwar, wenn die Stubnitz mal wieder in Rostock anlegt. Denn

tun, zum Beispiel, wie jeder andere Tourist, auf der Turmspitze

dann finden auf dem fahrtüchtigen Schiff, das sonst von einer

der St.-Petri-Kirche. Doch im 23. Stock des größten Hochhauses

europäischen Stadt zur anderen unterwegs ist, legendäre Partys statt.

Mecklenburg-Vorpommerns wird einem keiner den Ausblick streitig

Außerdem gibt es noch lohnenswerte, wenn auch teils unkonventio-

machen. Dort kann man jeden Winkel der Stadt (und Warnemün-

nelle Live-Konzerte unter Deck, wie das der „Toten Crackhuren im Kof-

de) sehen. Tipp: Unauffällig warten, bis jemand zur Tür rein- oder

ferraum“. Tipp: Die richtige Kleidung ist das A und O. Bei den vielen

rausgeht, und den Portier wie selbstverständlich grüßen! Foto:

Stolperfallen braucht ihr flache Schuhe und eine leichte Jacke, da es in

Hannes Müller

den offenen Floors häufig zieht. Foto: Paul Fleischer

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Für einen Tag lokalpatriotisch sein

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Whitney Houston live bewundern

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Eine kleine Berühmtheit treffen

Hansa Rostock bedeutet nicht nur ein großes Polizeiaufgebot beim

Gemeint ist natürlich nicht die echte Whitney Houston, sondern die

Natürlich hat Rostock auch eine Menge zu bieten, wenn man sich für

St.-Pauli-Spiel oder 1.000 Liebesbekundungen an den Häuserwän-

kleine Blonde vom Nachbartisch, die den Alptraum aller Karaoke-

Kultur, Architektur und Geschichte interessiert. Zum Beispiel die älteste

den der ganzen Stadt, sondern auch mitfiebern, für einen Moment

besucher zum Besten geben will. In der Storchenbar, die sich bei

(noch intakte) astronomische Uhr der Welt, das Sommertheater oder

Rostocker sein (auch wenn man von weit her kommt) und das

Wikipedia unter dem Stichpunkt „Prostitution in der DDR“ finden

die schönen Häuser entlang der Kröpi oder in der Östlichen Altstadt

Hochgefühl, das durch das Stadion strömt, wenn die Heimmann-

lässt, muss man sich dafür auch nicht schämen. Das Personal,

(vor allem die HMT). Doch was keine andere Stadt hat, ist der kultigste

schaft gewinnt. Tipp: Frühzeitig für den Biervorrat sorgen (natürlich

das Gerüchten zufolge nie ausgewechselt wurde, ist neben den

aller Straßenmusikanten, das beste Aushängeschild Rostocks und die

Rostocker) und für das absolute Gemeinschaftsgefühl in der Fankurve

extrovertierten Sängern ein weiteres Highlight. Tipp: Donnerstags

Touristenattraktion Nummer 1: der Spielmannopa auf der Kröpi. Tipp:

mitjubeln. Foto: Pressestelle FC Hansa Rostock

zum Glücksradkaraoke gehen, denn da kann man fürs Singen nicht

Sein richtiger Name ist Michael Tryanowski, er ist 90 Jahre alt und

nur Applaus, sondern auch Preise ernten. Foto: Änne Cordes

hat eine eigene Wikipedia-Seite sowie diverse Fanclubs in sozialen

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Netzwerken. Foto: Michael Schultz

Über die Warnow schippern

Ok, eine Hafenrundfahrt ist eher etwas für den Besuch von Mama

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und Papa oder Oma und Opa und kann wirklich langweilig sein.

Was wäre das Rostocker Nachtleben ohne kulinarischen Abschluss?

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Aber einmal sollte man wenigstens das, was die Hansestadt aus-

Der Dobi-Döner, bei dem selbst unter der Woche das Fenster so

Die wohl beliebteste Party der ganzen Stadt erfüllt eigentlich nicht den

macht und ehemals zu ihrem wirtschaftlichen Aufschwung führte, aus

lange offen steht, bis auch der Letzte nach Hause gefunden hat,

Hauptbestandteil einer guten Party: tolle Musik. Doch zu jeder Trash-

der Nähe sehen: die Warnow und ihre Werften. Tipp: Am Abend

ist dafür die einzige (und beste) Adresse. Ab und an muss man

night werden zahllose Partygänger, die in ihrer Freizeit wahrscheinlich

vorher möglichst nichts trinken, und wenn ihr kostenlos den Fluss

zwar eine lange Schlange in Kauf nehmen, aber Aufführungen

nicht alle Take That und Matthias Reim hören, in den Studentenkeller

überqueren wollt, einfach die Fähre nach Gehlsdorf nehmen (mit

von selbstdarstellerischen und/oder betrunkenen Döner-Freunden

gelockt. Was ist es also, das sie dorthin zieht? Ein paar Stunden, in

dem Studententicket der RSAG). Foto: Uni Rostock

verkürzen einem die Wartezeit. Tipp: Nicht vordrängeln (Hunger

denen man sich nicht schämen muss, den Text von „Barbie Girl“ zu

führt bekanntlich zu Aggressionen)! Foto: Michael Schultz

kennen? Die Happy-Hour (die allerdings jeden Mittwoch ist)? Oder

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Die Uni auch mal sausen lassen

Einen kultigen Mitternachtssnack einnehmen Guten Geschmack beweisen

die große Menschenmenge, mit der hundertprozentig zu rechnen ist?

Ein schöner Sommertag und eine Vorlesung im stickigen Hörsaal sind

Das bleibt wohl ein Mysterium. Tipp: Frühzeitig anstellen (eine halbe

für manche Studenten zwei unvereinbare Dinge. Wenn Letzteres auf der

Stunde vor Einlass!) und dann gleich zur Bar durchgehen (ohne die

Strecke bleibt, ist das meistens auch nicht schlimm. Am Uniplatz, aber

Jacke abzugeben), um vor dem Ende der Happy-Hour noch etwas zu

auch auf dem Campus Ulmenstraße kann man wunderbar die Seele

trinken zu bekommen. Foto: Änne Cordes

baumeln lassen und über das Leben philosophieren. Tipp: Eine Decke parat haben und offene Schuhe tragen, um seine Füße ins kühle Nass des „Pornobrunnens“ zu tauchen. Foto: Uni Rostock


SCHWACH ANFANGEN UND DANN STARK NACHLASSEN

schreibtisch, weil die Walzen der Bürokratie einfach zu langsam mahlen und Vorschrift schließlich Vorschrift ist. Um herauszubekommen, warum ein paar Bäume in Neu Pampow gefällt wurden (eine klassische „Daskann-ja-wohl-alles-nicht-wahr-sein-Geschichte“, die ein empörter Rentner an unsere Redaktion herantrug), habe ich tagelang hinter der zuständigen Sachbearbeiterin hinterhertelefoniert und auch von der Pressestelle der Stadtverwaltung erst unter Androhung einseitiger Berichterstattung Informationen erpresst. Im Umgang mit Behörden übrigens immer ein gutes Argument. Auch Landes- beziehungsweise Bundestagsabgeordnete fetzen sich gern mal über eine Lokalzeitung, unglücklicherweise über einen meiner überregionalen Artikel, der die Sparmaßnahmen der Regierung für soziale Projekte behandelte. Also hatte ich abwechselnd den SPD- und den CDU-Mann an der Strippe und habe Stunden damit verbracht, mir anzuhören, wie unfähig der jeweils andere ist. Wenigstens waren sie sich darin einig, dass mich an den Falschdarstellungen des poliefühlte 40 Prozent meiner politikwissenschaftlichen Dient ein Praktikum im Lokaljournalismus wirklich tischen Feindes keine Schuld trifft, und so war ich raus Kommilitonen identifizieren sich wie ich mit der Genoch als Sprungbrett in die ausgewachsene aus der Nummer. neration ImM – Irgendwas mit Medien – und könMedienwelt? Oder schlägt man sich dort doch Weitere Meilensteine meiner journalistischen Ausbilnen sich die Arbeit als Journalist oder Publizist vorstellen: nur mit Banalitäten herum? Ich habe es drei dung im Landeshauptdorf bestanden aus vielfältigsten Missstände und Verschwörungstheorien aufdecken, geMonate lang getestet. „Das-kann-ja-wohl-alles-nicht-wahr-sein-Geschichten“: gen Ungerechtigkeit aufstehen, Spuren in der Medienungeräumte Gehwege, abgedrehter Strom oder zu landschaft hinterlassen, der Regierung ihre Unfähigkeit dicke Polizisten. Ich hatte den Eindruck, dass die Einvor Augen führen, Meinung bilden – immerhin eine der TEXT: Änne Cordes wohner Schwerins von ihrer Tageszeitung nicht viel mehr Hauptaufgaben der vierten Gewalt im Staat. Dass man erwarten, alsnzu erfahren, wo sie dieses Jahr ihre Weihs zu z Beginn Bi uc seiner s e hwortgewaltigen we g i o nKarriere Ka i n r jedoch j e r et nsels rgr dei ee lo -rw ce ah l t i g e sich na an loswerden l o cd oder o hs am aa Bahnhof Bdw t ml vergessenes vs ae e be hrn r rä t mit me Vertuschungsskandalen Ve n ri tt u beschäftigt, b s e wurde w c auch as hu c u ur h c d n ä h e g f t si gs kt , nachtsbäume ten G e zurückbekommen z pr können. k ü äöTrotzdem Tr c o cscheinen sn k ctk n zb h Gepäck m kürzlich k wü i r eines e r ä dreimonatigen d z i hnl r i Praktikums Prerce ae ihin is m n kn t d oi k n u a m t i sg neu mir während z u die d Schweriner S m i c eauf a eine e hi ziemlich z un i i w sn ef d c e em e h zumindest schizophrene d Lokalredaktion Lo e k der dr Schweriner Sa e c Volkszeitung Vo l r h el (Pendant ( e kwP d ns e a z d r e k ai int t in uoe t nr n g der We m auf a ihre ii hsstadteigene u a et r f avierte v e Macht Mi d ezu z vertrauen: v t ura e t ce ir Weise z Ostsee-Zeitung) Os u Zr klar. k . DAS DAtel Aufregerthema A sa iS e ut r war wu ezu z f der d rnua ee gr gr ) e r t h e zur We sie s gar g n inicht n emehr man i weiterwissen, w c r e herufen r hsie su ti die d tZeiZi r f e i e ee Wenn Z nämlich n e die d ä heiß h i diskutierte di m t ee iFrage, Fr is ob oalß man mki Schwäne S cg b u cah e t h in , e w r tä e n e Zeit t uan, a egal, e nwie w n gbanal b g,die d i aaProbleme Pr e i o ln ae , sind. s b auDas Di nl lc e tung auch i harten hm Wia nfüttern f ür solle s t t oder oeot e lieber l t irdenicht. nln e l Ohne Oher i b cn r eh r tn . e im Winter s mo f r Erheiterung Eaü g r nrunter u t h den d c nRedakteuren, Re e e h t d i en m t a sorgt manchmal für Wo Fa r ts nahm n e sich i adie dc .uAnrufe A hhi besorgter b nen mTierTi e g-r e su s r o lf oe r gs t e r Worte. Fassungslos t r wo eich i erstaunt, ec tai w e rs edAnruf A at„von „v i enader dn sPresPr o -muere n u trotzdem war was s c entgegen, e h ndie d schubkarrenweise s ü t i c ge t h zFutter Fue zum zeu See Stg u tr b ee e m k er n a , r r e n w szrh ein schützer s gerade g eg auf a e Lokalebene Lo“ u r kso s aalles a f obewirken b a dl lkann. kel eee a w s w u u nach n nöffentlicher öc a dhf Unterstützung U cf te h enverlangv n -tet eet r l nirl cas ht n ü e g t rz u n se“ wuchteten und D fließt f lder d abgedrehte a ia e e b Strom S ß r von v gt den dt roStadtwerS eoe - t n danm Da t w e dn äempörten e ,i h mDarwinisten De r der dapeNatur N er ö n wa r dr tt i uen nri s t e n ten, während die k wieder, w e , der d schlampige si n eec Winterdienst Wi drh n kel t aeie er r i im ken kriegt i h Lauf La lassen l r a uund u e von v s aggressivem a f n no s gd eFen gn r e s s i v e m ihren n auf a den d e Deckel D u enund u die df e nSchlaglöcher S n ic c ed werden wk h ee l nen dervieh verschont bleiben wollten. z S u t Nummer Nma e auerklärt. e i Zwar Ztnrm ssind s k ws fi lm ne zum Staatsfeind eins N e paar p a i Wochen Wo na c EinarbeiE c a h i h nr e a n r b e i Nach ein d r Probleme Pr i o eangesichts a b n von v Kl og e l nemi m s die Klimakatastrophe t uglaubte g mnl Chefredakteur, Ca g e u h, mir m i b ne i t f r er e d a k t e u tung mein u Wirtschaftskrise Wi nr t drelativ rs enichtig, nc , trotzdem tl ih ra c beboa- ht ie und e r i i nGefallen Ge ze stun, t euindem iu in n g f n ad e , l e n l em n einen riesigen zu we v we e gSchwäne S r hceund u S hunn c wnd h verhungernde Schlaglochi dc anberaumte a h a n Telefon-Interview Te s b l e e f r o a n u - m I n t t e e r v i wegen ich das K r a die d Menschen M t i e eim i Alltag, Am e r , und ul nl a l n Kraterlandschaften m Silbermond S i i führen f l t übdurfte. d Ih euwisst wh schon. s r r r r icemf s thn s e o o t . nn d. mit Ihr s odas d so s ist, i l aist i so die das Aufgabe A t s t ,i n der d eu lokalen l o g e MeM f - gekr solange N muss m m u dazu d u sagen, s n aa adass ds die d nzsan aga dem d ui nees e s nm , Nun man d k . Außerdem A i l e a lernt lu n eman m r ßdas d r journalistische j oneaa rtuns d dien klar. Ta wahrscheinlich w g a schon s m hc dutzenden d hr uiPrakPrs ot- act zn hk e e n i d n le i cn h Tag mit H a nirgendwo n n i so s nah nr dam ao g Leser Lea wie w wm ebei bs h eien e Handwerkszeug t i telefoniert tk e a hatten, h l eum un a Werbung We fm t t für foer t ihre i ü behSomS n r nuo r i ee , nm r g t tikanten e Lo i n k. Aus A der de a Neueröffnung N u re l zs eeines er A e ui ni einer Lokalzeitung. Alm z machen. m eu A rjeden j a et Fall Fa u ohatten hc d fsie sl hauentweder el ei eenrt n t net w .n e d e r mertour zu Auf t e o rHolzfällarbeiten H sd ho eim i Wald Wa m e l eine er z „Story“ „ l i i “fdmSn ä oder e b i n e Management-Wachhund M ed -Wa n ar o neben ncn s h hea i lcbh gi ch ue e h nn m e d ne n t tersheims einen bedrohlichen sich z machen m u und u interessante i a nn Ic t dn e h rf r eoa en rus zu Informationen rauszukito i heigenen ed rir e und ugae runter r r neuugedudelten g ndnfe Phrasen Ph etd e n u r r a d s e e l tn e n oder ihre rauf z l hohe n Kunst u ,des Schreibens. n i ss < tt zeln, istedie wirklich h s a derart d i cin i b ihre ien hHirne Hh e r gebrannt, g r a ni e edass dr r sie sn b za t i u ee r s a s n n t , haben sich zu k i e n i hnAussagen A aemehr mu fähig f ln äswaren. wt e s sIch I h cah sa i ch rr gg eh e nw n . e r e n keinen inhaltsschweren b j ee a k dkeine k eua e e Frage Fri f mi nneine ea n konkrete k fiz ge ona i eg enl l e sk r e t e bekam jedenfalls auf einzige A d n hab h aich i t doch dcaw bso s knallhart khob oo e nnachgefragt! n c ri aaht , lc l hh ag re t f r a g t ! Antwort, dabei I schätze, sc c die dh anberaumten a h i ne ä 15 1 Minuten M b t 5 kamen kz e i mir m ea n r , am u i r u t ee m nn t e n Ich n l oä vor v als a cnoden d Pol h g -Sers p et nam a eanderen a r mr n n d c e h r e e n n noch länger Pop-Sternchen Ende der Leitung. E ist i überhaupt üs s t bverblüffend, v e e wie w schwer sr r ces ebihmanchmal m e hsl a ü aw u f n f ep e c r t n h d m , a l Es s k e an a aganz g i banale bnn na Informationen I a nn n n fzu z, zkommen: k o ua o r l mm e am t ie o n n : 1e SSchwänenc fütternn hgehörtt w sein kann, im übertragenen g it m räe a Sinne nh zum g üeö eb r nf e ü A n d gmit m einem e i e eeinzigen i i nltAnruf Ai e n zu z e kläk n guz ml riäe gu n- ef h n e i t e n , Angelegenheiten, die Aufgabenbereich einer Lokaljournalistin. A n uaDie Welt fe l g i l s t a t i bn retten sieht ander aus. Grafik:r Michael Schultz e t t e n s r wären, we l niä mehrere me rTage Ta g eauf ae einem e g e nhuRedakteursRe i enn ,rf d- e e a r m ek t e u r s ren liegen

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ICH BIN JA NICHT AUS ZUCKER

oder anderen Bodycheck. nDer Ball wirdo eingeworfencund h h diesen Der Triumzzwei w vversuchen, p eeb d i ier zzu eerkämpfen. i es uel eur D s kTr r c e i ä e uh n n SSpieler ste läuft im Anschluss drei h e n h phierende a tte zum Spielfeld, wo bereits . J Mitspieler und drei Verteidiger auf ihn warten. Nun bin ich hb e m n i t „Pro m e ib n e e t dran. Ich darf alleine nach dem Ball rennen, nehme ihn üb e ra l passe l g freistehenden e Angreifer. Der p Ball ra auf und zu einem kkommt zzurück, o uiich ffange cm a iihn, r hhjjedoch ü enmffälltn eer cä dm mir g w wegen ,krt l od des e l ,i et r ce Cradelns aus dem Netz. Ich jage ihm wünschelrutenartig nach und bringe ihn zurück ins Spiel. Leider wird es kein TEXT: Juliane Meißner Tor, aber ich bin sehr zufrieden mit meiner Vorbereitung. B m s a io ng u nm ebfe zzweidSStunden iw l r nai a et c ueel Besonders eiim H Hinblick auf m meine gerade mal vorher erworbenen Lacrosse-Fertigkeiten und den wenige cch b bin w wieh iimmer i m zzu n i sspäteu dran. d p m Als iich A r g gerade äc al d den eshet SSchotn -re r cwerden . a n könnte. h dDieo andere e Hand t umfasst das untere Ende Minuten zuvor durchlittenen Krampf im Rücken. Leider 19 tterplatz e a am Wa Waldessaum r mp l eerreiche, dl arssinde d die r i tLa Lacrossene sz i - escidd a r e hound u bleibt m s, Sauf Hüfthöhe. e c descSchlägers s e s konstant Das h Cra- lkannä ich nichtg zum abschließenden e r Spiel s des Trainings u n Spieler bereits in voller Schutzmontur und mitten bei den deln ist die Grundbewegung im Lacrosse und wird bei je- bleiben, aber als ich mich aus der Schutzmontur schäle, Aufwärmübungen. Ich frage nach Stefan und die Helme der Möglichkeit geübt. Mein Ball fällt dabei anfangs ständenke ich noch, dass ich für eine Damenmannschaft sofort sehen sich suchend um. Da kommt er auch schon herbeidig aus dem Netz, dann aber, als ich mit Stefan, Clemens zu haben wäre. < gelaufen und nimmt mich direkt mit zum Trikotschuppen. und einem anderen Lacrossespieler trainiere, lege ich den Während ich mir also den Brust- und Schulterschutz überBall fast nur noch gewollt ab, das heißt, ich grounde ihn. streife, Ellenbogenschützer anlege, mir die Handschuhe Dann wird es schon etwas komplizierter: Werfen und anziehe und mir einmal ordentlich auf den Helm klopfe, Fangen des Balls. Dazu in beiden Fällen den Schläger am damit er richtig sitzt, erzählt mir Stefan ein bisschen von besten senkrecht halten und in die Höhe strecken. Um die Lacrosse ist eine Ballsportart, bei der zwei seiner Trainerprofession. Er coacht zusammen mit Clemens Bälle gut und schwungvoll zu werfen, zieht man mit der Mannschaften mit je zehn Spielern bzw. zwölf die Lacrosse-Begeisterten im Hochschulsport. Erstaunlich rechten Hand den unteren Teil des Schlägers nach hinSpielerinnen gegeneinander antreten und ist, dass Stefan selbst erst seit gut einem Jahr spielt und den ten, die linke Hand bleibt am oberen Teil des Schlägers. versuchen, mit einem Netzschläger den Ball Trainerposten eher notwendigerweise übernahm, da sein Ein bisschen sehe ich aus, als würde ich Schmetterlinge in das gegnerische Tor zu befördern. Lacrosse Vorgänger den Job aus Zeitgründen hatte aufgeben müs- einfangen wollen. Aber der Ehrgeiz hat mich gepackt und war bei den Olympischen Spielen 1904 in sen. Stefans Beispiel gibt mir etwas Hoffnung, dass Technik nach ein paar Versuchen spiele ich traumhaft schöne BälSt. Louis und bei den Spielen 1908 in London und Praxis des Spiels rasch zu erlernen sind. Ich frage ihn, le zu meinem Übungspartner, der in diesem Semester mit Wettkampfdisziplin, bei den Spielen 1928 in warum es keine Damenmannschaft gibt. Seine schlichte dem Lacrosse angefangen hat. Leider entwickelt sich unser Amsterdam, 1932 in Los Angeles und 1948 Antwort: Die Nachfrage fehlt. Gäbe es die, würde er auf Zusammenspiel zu einem Ausdauerlauf, da wir den Wurf in London Demonstrationssport, verlor danach jeden Fall eine Trainingsmöglichkeit anbieten. des jeweils anderen einfach nicht gefangen bekommen. aber stark an Bedeutung. Lacrosse gilt neben Wir gehen zurück zum Spielfeld. Ich versuche mich mit Stefan bemerkt aber aufmunternd, dass man dabei das Eishockey als kanadischer Nationalsport. dem Schläger, auch Stick oder Crosse genannt, vertraut zu Cradeln lerne. machen. Mein Ball kullert schon nach wenigen Sekunden Nach dieser ausgiebigen Aufwärmphase erklärt CleNach Deutschland gelangte Lacrosse erst aus dem Netz. Ich hebe den Ball mit der Hand auf. Wie mens die folgende Stationenübung: Es gibt drei Positio1993, als Austauschschüler aus den USA mir Stefan erklärt, müsste ich jetzt eigentlich zur Strafe fünf nen: Verteidigung, Mittelfeld und Angriff. Dabei geht jeder zuerst in Berlin und dann in München Liegestütze machen. Na wie gut, dass ich den Besucher- um eine Station weiter, sobald er den Ball an seinen VorVereine gründeten. Mittlerweile gibt es vier Herrenligen, drei Damenligen und eine status habe. Trotzdem erlerne ich jetzt zunächst die Ball- gänger abgegeben hat. Wir bilden zwei Teams, los geht’s. Juniorenliga, die unter dem Dachverband, aufnahme mit dem Netz. Ich sehe bei meinen ersten Ver- Nachdem ich mir einen Durchlauf angesehen habe, flitze dem Deutschen Lacrosse Verband (DLaxV), suchen aus, als würde ich den Trainingsplatz umgraben. ich ebenfalls los aufs Spielfeld und bekomme nach und organisiert sind. Irgendwann habe ich aber den Dreh raus und Stefan zeigt nach ein Gefühl für Pässe, Bewegungsabläufe und den mir jetzt das Cradeln, zu Deutsch „wiegen“. Dabei wird der entscheidenden Torschuss. Während des gefühlt 17. Schläger schräg, ähnlich der Position eines Gewehrs, ge- Durchgangs wird mir bewusst, wie wichtig gute Konditihalten. Die Hand, die am oberen Ende kurz unterhalb des on auch beim Lacrosse ist. Zum Glück sieht niemand, wie Netzes greift, ist dabei stetig in Bewegung. Der Arm führt sehr ich in meinen Helm hechle. eine Geste aus, die dem Gewichtheben sehr nahe kommt. Die nächste Übung kommt dem „richtigen“ Lacrosse- 1 Der Ball darf nur mit dem Schläger aufgenommen werden – nach etwas Praxis die leichteste Übung. Das wiederum bewirkt, dass der Ball ständig minimal hin spiel noch ein gutes Stück näher. Es geht nun um GeFoto: Michael Schultz und her rollt und jederzeit mit genug Schwung abgespielt schwindigkeit, schnelles, genaues Passen und den ein

… dachte ich noch, als ich mir d bei YouTube o ub a uT c Vi e Bodychecks o s Videosdzu den besten im Lacrosse a n g se angesehen hatte. Jetzt aber ärgere eich mich fast, d o ss rh i ac dass ich mit ameinem Vorhaben „Probetraining“ sc h habe und o mich nicht n mehr schon überall geprahlt drücken kann.

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NATIONALSPORT!


Am Ende des Studiums angekommen, blicke ich in eine unsichere Zukunft. Dazu drängt sich eine Frage auf: Kann es überhaupt eine Zukunft in Mecklenburg-Vorpommern sein? Ein Besuch auf der Jobmesse soll‘s klären. TEXT: Emanuel Braun

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er Zug hält in Bützow. Vor mir ein großes Plakat, pathetisch-flehend darauf in großen Lettern steht so in etwa: „Bitte, bitte bleibt doch hier. Ihr, die ihr einen Dipl. Ing., B.A. oder sonstige akademische Grade erlangt habt. Wir brauchen gerade euch. Nichts ist unmöglich – M-V.“ Daneben gesellen sich zwei euphorisch-zuversichtlich dreinblickende Mittzwanziger, ich soll mich wohl mit ihnen identifizieren. Dieses Pioniergefühl – nicht das von fast gestern, sondern eher das aus den Anfängen der Kolonisation Nordamerikas – will sich bei mir nicht recht entwickeln. Dass Mecklenburg-Vorpommern, will es nicht zur wildwüchsigen Oase für Burn-out-Patienten und Rentner verkommen, um die jungen Uni- und Abiabsolventen kämpfen muss, ist unbestritten. Nur wie kann die Landflucht aufgehalten werden? Welche Argumente gibt es zum Bleiben? Kurz gesagt: Wozu braucht man Rostock? Hierzu sind öffentliche Foren vonnöten, eine zur Diskussion anregende Medienlandschaft und vielleicht auch der ein oder andere Außenstehende, der eine gewisse Neutralität, dafür vielleicht aber Erfahrungen und Ideen mitbringt. Gegenwärtig allerdings ist die Situation mehr als besorgniserregend, und solange Schüler und Studenten sich oft gezwungen fühlen, ein touristisches Verhältnis zu Rostock zu entwickeln, wird sich daran nichts ändern. Quasi als Vertreter dieser Zugvögel sitze auch ich in der Bahn, auf dem Weg nach Köln, um an einer sogenannten Karrieremesse teilzunehmen. Dabei ärgere ich mich jedes Mal über diese Terminologie, fühle ich doch die ausmergelnden und tendenziell zur Vereinsamung führenden Attribute der heute gängigen Deutung des Wortes Karriere. Aber weil ich mitreden möchte und nicht irgendwelchen linkischen Besserwissereien folgen will, habe ich mich bereit gemacht für diese, im schlimmsten Falle, Milieustudie. Vor den Toren des imposanten Messegeländes in Köln-Deutz stelle ich fest, dass ich damit Recht getan habe, mir schon im Internet meine Eintrittskarte in das Karriere-Arkadien gekauft zu haben. Ansonsten wäre quälendes Schlangestehen die einzige Alternative. Lustig schadenfroh gehe ich an den Blackberry-Junkies und Hosenanzugträgerinnen vorbei in eine andere Welt: Mir weht schlagartig ein wohlig-warmer Wind entgegen, der nach Haargel, positiv-lebensbejahender Raumbeduftung, aber auch nach einer Prise Versagensangst riecht. Denn

YOU SAY GOODBYE AND I SAY HELLO — JOBMESSEN UND PERSPEKTIVEN man kann hier bei den gefühlten Millionen von Unternehmensvertretungen gleich seine Bewerbungsunterlagen hinterlassen und auf wohlwollende Zu- oder Absagelyrik von Personalern warten, die wohl alle denselben Stilberater besuchen: Fast alle tragen Nadelstreifenanzüge, dazu gelackte Businesstreter, bei den Herren gibt es einen Haargeligel, den Frauen wurde ein solides Zopfarrangement verpasst. Individualität und Kreativität sehen anders aus. Aber die sind auch gar nicht so wichtig zwischen den ganzen Banken, Unternehmensberatungen und Versicherungen, die sich hier teilweise recht prätentiös den akademischen Abordnungen anbiedern. An einigen Ständen lasse ich mir etwas über die dort niedergelassenen Unternehmen erzählen, frage nach Tätigkeitsfeldern und Einstiegsmöglichkeiten. Oft drängt sich mir der Eindruck auf, im Grunde würden alle dasselbe machen, es nur anders nennen. Die Standbetreuer, neudeutsch „Hosts“ genannt, sind durchweg freundlich und, zumindest bezogen auf ihren Zuständigkeitsbereich, ziemlich kompetent. Sie lassen aber eben auch eine gewisse Natürlichkeit vermissen und wirken dabei mitunter streberhaft angepasst und unsicher. Sie haben Angst, etwas Falsches zu sagen. Doch wo sind die spannenden Kreativindustrien, die mittelständischen Unternehmen mit neuen Impulsen, die oft in der brand eins so wohltuend originell beschrieben werden? Brauchen die die Messe nicht? Sind sie Geheimtipps? Ganz in der letzten Ecke findet man die Dienstleister, die die frischen Uniabsolventen für den sogenannten Karrierestart fit machen sollen. Ich setze mich also in verschiedenste Konferenz- und Meetingräume, in denen Bewerbungstrainings, Kommunikationsoptimierungen und Benimmschulungen betrieben werden. Ich muss ab und an aufpassen, nicht lachkrampfartig meine Contenance zu verlieren, so aberwitzig wirken einige Situationen. Beispielsweise wenn einem ernsthaft empfohlen wird, dass man die Wahrscheinlichkeit einer Einstellung drastisch erhöhen könne – mit einem in Anlehnung an den geplanten Aufstieg symbolhaft in Treppenform angelegten „CV“. Und wenn der Personalchef einen zum Essen einlädt, solle man besser keine Spaghetti bestellen, da diese Pastasorte doch eher zu unschönen Nebenwirkungen wie Schlürfen und Rumspritzen führe. Bloß nicht anecken, wissen, was sich geziemt.

Weiter geht es dann mit dem gefühlten Gottesdienst der Deutschen Bank, die sich in einen riesigen Konferenzraum eingemietet hat. Die Veranstaltung macht nicht Lust auf mehr. Jedes zweite Wort des Referenten ist ein englisches, die Zuständigkeitsgrade hören sich nach bewaffnetem Einsatz an. Selbst ich als im Grunde liberal eingestellter Mensch bekomme im Laufe der sektenhaften Präsentation Beklemmungen hinsichtlich dieser Ausprägung des Kapitalismus. Ich beschließe zu gehen und nehme, nachdem ich am Ausgang noch ein Erfrischungstuch zum Abschminken (meiner Illusionen) erhalten habe, die nächste U-Bahn gen Innenstadt. Da angekommen, sehe ich, dass die Welt weit mehr zu bieten hat, als es mir zuvor in dieser künstlichen Atmosphäre dargeboten wurde. Ich entdecke nämlich in dem Studentenviertel Lindenthal die Niederlassung eines Weiterbildungsinstitutes namens „mibeg“, in dem man als Akademiker diverse Weiterbildungen absolvieren kann, die einem zu einer Anstellung in einem Unternehmen verhelfen sollen. In Köln hat sich dieses Institut auf den Medienbereich spezialisiert, was durchaus Sinn macht, denn hier sind sehr viele PR-Agenturen, Verlage und Medienunternehmen beheimatet. Ich betrete, weil ich in dem Bereich meine berufliche Zukunft sehe, dieses unscheinbare Gebäude, und werde am Empfang gleich in einen Raum geleitet, in welchem eine Infoveranstaltung abgehalten wird, die über die diversen Bildungsgänge aufklären soll. Dabei ist einiges sehr viel anders, als ich es als arbeitssuchender Akademiker gewohnt bin: Man geht auf jeden Teilnehmer dieser Veranstaltung bestimmt, aber persönlich ein, nimmt sich Zeit für die detailreichen Fragen und erläutert sehr anschaulich die einzelnen Kurse. Da diese Einrichtung mit vielen Medienunternehmen und Verlagen zusammenarbeitet, findet jeder seine Nische: Der eine will in die Fernsehproduktion, der andere sucht Abwechslung in einem renommierten Kunstverlag, die nächste möchte unbedingt in den Onlinebereich einer Tageszeitung. Es werden individuelle Wege dorthin vorgezeichnet, die man gehen kann, aber nicht muss. Und sicherlich heißt es nicht automatisch, dass man einen sicheren Arbeitsplatz in dem favorisierten Bereich findet, zumindest aber gibt man sich dort kompetent Mühe, dass der Kursteilnehmer es schafft. Der große Vorteil ist zudem, dass man als arbeitssuchend Gemeldeter diese Kurse auch über einen Bildungsgutschein finanzieren kann. Ich beschließe diese Möglichkeit wahrzunehmen, werde dafür umziehen, denn leider gibt es in Rostock solch eine Institution nicht. Wie so vieles andere, was eine Stadt für Menschen, die keine Touristen sind, lebenswert macht. Obgleich sicherlich hier solche Bildungsangebote, ein offenes Flair für zunächst Ungewohntes und als Ergebnis eine vielgliedrige, nachhaltige Gesellschaftsentwicklung möglich wären. Da helfen aber keine plakatierten Kniefälle vor den Nestflüchtern, sondern ernsthafte Gründe zum Bleiben. <


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CEBIT — CONNECTING WORLDS Wer sagt denn, dass die Uni Rostock ihren Studenten nichts bietet? Die Fakultät für Elektrotechnik und Informatik sponsorte ihnen im März zusammen mit dem Fachschaftsrat Informatik kostenlose Fahrten zur CeBIT nach Hannover. TEXT: Andreas Dähn

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MITWISSER GEFUNDEN Zum siebten Mal lud eine Gemeinschaft aus Bildungseinrichtungen der Hansestadt Rostock zur „Langen Nacht der Wissenschaften“. Sonderbusse verbanden die zahlreichen Stationen. Die knapp 6.000 Besucher verteilten sich über die verschiedenen Standorte von Warnemünde bis in die Südstadt. TEXT: Carlo Ihde

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omplett euphorisch wirkt Martin Grundmann vom Fachschaftsrat Informatik an diesem Vormittag nicht mehr. Aber das ist auch kein Wunder, schließlich ist er diese Woche schon zwei Mal von Rostock nach Hannover und wieder zurückgefahren. Der Bus war immer gut ausgelastet, über mangelndes Interesse kann er nicht klagen. Heute ist er das letzte Mal in dieser Woche in Hannover. Sein Messe-Fazit: interessant, aber auch unglaublich viel zu sehen auf dieser Messe der neuen Elektronik. Was gab es auf der CeBIT 2010? Zunächst einmal die Feststellung, dass die Messe einen Tag weniger lang war als bisher – ein Tribut an die Wirtschaftskrise. Auf der Abschlusspressekonferenz der Veranstalter freute man sich pflichtgemäß wie auch demonstrativ. Als großes Highlight wurde die „CeBIT Sounds!“ gefeiert, eine Halle, die komplett der Musik in der vernetzten Welt gewidmet war. Ebenfalls eine Tugend machte man aus der finanziellen Not: Die große monetäre Unterstützung durch eine Walldorfer Softwarewerkstatt wurde kurzerhand zum Geschäftsmodell für die Zukunft erklärt, Firmenmessen an die CeBIT „anzuflanschen“, wie man sich ausdrückte. Klingt ja auch besser als zuzugeben, dass man Geld brauchte. Blickt man auf die Technik, so waren die GreenIT, Netbooks und die immer universeller werdenden Mediaplayer weitere Trends. Und die Touch-Screen-Devices, selbstverständlich. Oder sind es doch nur Netbooks ohne Tastatur? Eins scheint jedoch klar – in einer nicht allzu fernen Zukunft werden Handy, MP3-Player und Netbook

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8:00 Uhr: Institut für Anatomie, Gertrudenstraße. Eine große Menschentraube hat sich gebildet. Hier gibt es wie jedes Jahr die Schauvorführungen zur menschlichen Anatomie, wohlgemerkt mit echten Leichen. Drinnen süßlicher Geruch. Während Prof. Dr. Andreas Wree mit Herzen „jongliert”, krankhaft vergrößerte Exemplare zeigt und erklärt, wie man den mittleren Blutdruck eines Menschen von dessen Herzwand-Stärke ableiten kann, hält Prof. Dr. Norbert Ulfig allerlei Gelenke hoch, klappt Kniescheiben beiseite und zeigt deren Aufbau und Funktion. Seiner Aufforderung, die Dauerpräparate auch mal anzufassen, kommen nur wenige Zuschauer nach. Dann rummst es kurz: Schon wieder ist ein Zuschauer in Ohnmacht gefallen – man stellt dann eine Liege bereit. Dann noch ein Blick in die Sondersammlungen der Anatomie: alte Skelette, Schädel, Scheiben von menschlichen Gehirnen, diverse Embryonen in Formaldehyd, alles sehr drastisch echt, der Tod irgendwie entzaubert zur Grundlage eines lehrreichen Überdauerns in auf Hochglanz polierten Glasschränken. Spannend, aber schockierend. 19:00 Uhr: Ulmenstraße. Hier geht es abstrakter zu. Für Dr. Peter Wruck vom Institut für Psychoanalyse und Psychotherapie in Mecklenburg-Vorpommern (IPPMV) ist es die erste Wissenschaftsnacht. Publikum sei reichlich da. „Wir machen Ausbildung für Leute, die vom Grundberuf her Ärzte oder Psychologen sind, für die Kindertherapie können allerdings auch Lehrer eine Ausbildung bei uns machen. Diese Ausbildung führt zum Psychoanalytiker oder zum tiefenpsychologisch fundierten Psychotherapeuten.” Das Kli-

miteinander verschmelzen. Klar ist nur noch nicht, ob wir dabei weiterhin Tasten vor uns haben werden. Ein Wermutstropfen bleibt jedoch trotz aller Vielfalt der kleinen modernen Helferlein: Fragt man den Ottonormalverbraucher auf der Straße und vor den Toren des Messegeländes, was er von der Zukunft seines Rechners erwartet, so sind andere, weit weniger exquisite Qualitäten gefragt: Die Antworten beginnen bei „mehr Leistung“, gehen über den Wunsch größerer Stabilität beim Betriebssystem bis hin zu solch praktischen Erwartungen wie jener, dass der Rechner mit dem Menschen sprechen und Spracheingaben verstehen möge – und das zuverlässig. Auf der Messe gab es vielleicht die Blüten der Entwicklung zu sehen – auf der Straße hingegen wünscht man sich schlicht solide und verlässliche Technik ohne viel Drumherum. Ab Sonnabendmittag beginnt dann das Abräumen – viele Stände verkaufen ihre Ausstellungsstücke zu Schnäppchenpreisen, Merchandising-Artikel werden in rauen Mengen unters Volk gebracht. Es schlägt die Stunde der „Beutelratten“, wie die Messebesucher mit den erst leeren, dann vollen Leinenbeuteln manchmal von den Ausstellern etwas despektierlich bezeichnet werden. Und nächstes Jahr? Martin kündigte an, man wolle das Shuttle-Angebot für die Studierenden der Informatik und der Elektrotechnik aufrechterhalten. <

schee des Analytikers, der am Kopfende einer Couch sitzt und den Patienten mental auf Wanderschaft schickt, stellt sich schnell als Alltag raus: kein Klischee, sondern gängige Praxis. Man sehe sich in direkter Nachfolge von Freud. Der Therapeut müsse sich zunächst selbst kennenlernen, auf die Couch gehen, um über sich Bescheid zu wissen. Ein Regelexerzitium, um für die späteren Patienten nicht zur Gefahr zu werden. Auf die Frage, ob Psychoanalytiker manchmal etwas schrullig seien, antwortet Dr. Wruck: „Na schaun Sie mich doch an!”, und dann Gelächter. 20:15 Uhr: Südstadt-Bibliothek. Der Abspann des Abends. Die lange Filmnacht zu Leben und Werk des Schriftstellers Uwe Johnson. Der hatte in den 50ern in Rostock Germanistik studiert, ging noch vor dem Mauerbau nach Westberlin und wurde 1959 mit „Mutmaßungen über Jakob” zum Shootingstar des BRD-Literaturbetriebs. Unter der Überschrift „Sie werden zeigen, dass ich früher ein anderes Gesicht hatte” wurden hier längst vergessene Filme gezeigt. Eine krasse Schwarz-Weiß-Doku aus New York, zu der Johnson das Textbuch beisteuerte, kontrastierte die vorhergehende Weichspül-Doku des WDR, bei der einen die ungefilterte Larmoyanz fast peinlich berührte. So oder so: Es gibt Unterschiede darin, wie man etwas zeigt, wie man den Menschen erklärt. Die Erklärung des Menschen Johnson würde durch zu viel Stilwollen eher erstickt. Gegen 22:45 Uhr: Ich habe meine drei Stempel auf der Eintrittskarte, das hätte ein Freigetränk bei der NachteulenParty bedeutet. Aber ich habe auch so schon ausreichend erlebt. Gerne wieder. <


PRO& PROJEKTWOCHE AN DER UNI CONTRA

PRO

WIE MACHT MAN EIGENTLICH ... ... einen Blog? TEXT: Änne Cordes

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Diese Frage stellte sich unsere Redaktion zwangsläufig im Rahmen des geplanten Online-Auftritts des heulers. Unsere vierteljährliche Erscheinungsweise läuft wochen- oder gar tagesaktueller Berichterstattung entgegen – ein Online-Portal soll nun die Lösung bringen: Als virtuelle Begnungsstätte mit Lesern, Raum für Feedback, Diskussionen und allen mehr oder weniger weltbewegenden Geistesblitzen, die einen unverhofft in der Straßenbahn treffen. Die Idee ist nicht neu, seit den 1990er Jahren wächst die „Blogosphäre“ unaufhaltsam, inzwischen gibt es zahlreiche Plattformen, die kostenlos

Jene fünf Tage eines jeden Sommersemesters, die an der Rostocker Uni unter dem a Projektwoche u f sind, g das weiß rkaum u n ein kleiner d Teil eines Namen laufen, jemand, bloß ganz ausgefuchsten Gesamtkonzepts der Hochschule. Zusammen mit einer Interdisziplinären Fakultät, die eigentlich gar keine Fakultät ist, und einem B.A., der eigentlich kein Bachelor ist, macht die Projektwoche ohne Projekte die Trias komplett. Für Ungeübte mag es schwierig sein, die Grenzen dieses komplexen Marketingmanövers vollends zu durchblicken. Woher weiß man, ob zum Beispiel die Universität überhaupt noch eine Universität ist? Was ist etwa mit den Fachrichtungen? Ist Germanistik nicht vielleicht doch etwas ganz anderes? Wenn man dabei noch sein geisteswissenschaftliches Studium zu großen Teilen in der „Radiologie“ und der „Hautklinik“ absolviert, muss man an der Differenzierungsaufgabe schier verzweifeln. Also warum nicht vorn anfangen und alles gründlich überdenken? Kann eine Woche frei nicht auch „eine Woche frei“ heißen? Dann ist wenigsten allen und nicht nur den Bestinformierten klar, was man an solchen Tagen zu tun hat. Selbst meinen Dozenten war die Verwirrung anzumerken, als sie – ahnungslos – eine ganz normale Seminarsitzung in einer Projektwoche anberaumten. Wer soll ihnen auch übel nehmen, dass sie sich zwischen „frei“ und „Projekt“ nicht entscheiden konnten, wie scheue Rehe verharrten und sich schlicht verhielten wie in jeder anderen Woche. Hilfe muss her! Mit der Umbenennung des Bakkalaureus in einen vernünftigen Bachelor ist der erste Schritt schließlich schon gemacht. CHRISTIAN KOBSDA

und nutzerfreundlich die Erstellung und Verwaltung des eigenen Blogs anbieten. Schritt 1 Sucht euch einen kostenlosen Host, bei dem ihr euren Blog an den Start bringt. Genannt seien an dieser Stelle Portale wie bloggorilla.de, spin.de, blogger.com, blog. de und blogpod.de – alle bieten die Blog-Erstellung und Registrierung in wenigen Schritten, sie unterscheiden sich unter anderem hinsichtlich des Onlinespeicherplatzes für Fotos und Videos und auch hinsichtlich des Gestaltungsspielraums. Anhängig sind oft eigene Communities und soziale Netzwerke der Blogger untereinander. Schritt 2 Der nächste naheliegende Schritt betrifft den Inhalt. Am besten postet ihr zunächst ungefähr fünf Artikel als „Startkapital“, bevor ihr euren Freunden und Bekannten von eurem Blog erzählt, denn nichts langweilt den Leser so sehr wie unfertige Inhalte und „in Kürze mehr“ Hinweise. Eine solche Seite bleibt nicht in Erinnerung. Schritt 3 Ihr habt also eine von Milliarden von Webseiten, aber geht nicht davon aus, dass die Welt auf eure Geistesblitze gewartet hat. Wie kommt der Blog jetzt zu Aufmerksamkeit

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und Lesern? Erstmal ist Aktualität das A und O, veraltete Beiträge oder inhaltsloser Nonsens nur um der Zeichenfülle wegen sind nicht Sinn und Zweck eines Blogs. DAS Geheimnis ist das allgegenwärtige Verlinken – Blogger untereinander empfehlen sich gegenseitig interessante Seiten, ebenso ist die Verlinkung in Foren und Netzwerken hilfreich. Kommentiert große, vielgelesene Blogs und hinterlasst eure eigene URL; je interessanter und kontroverser eure Beiträge sind, desto mehr Leute folgen eurer Spur. An dieser Stelle sei gesagt, dass sich ganze Bücher mit Hinweisen füllen ließen, um einen erfolgreichen Blog an den Start zu bringen! Ganz uneigennützig war diese Kurzanleitung jetzt natürlich nicht, denn auch der heuler möchte gelesen und verlinkt werden! Wir arbeiten derzeit fieberhaft an der Gestaltung unseres Online-Auftritts, der zwar noch in den Kinderschuhen steckt, aber bereits für euch unter www. heulermagazin.de erreichbar ist. Schaut vorbei und seht uns live beim Aufbau zu! <

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Projektwoche – endlich Zeit für Engagement, das während des stressigen Unialltags aufgrund U n überbordender i a Studenpläne l l t vona 18 Semesterwocheng s stunden im B.A.-Studium leider zu oft auf der Strecke bleibt. Jedes Jahr bietet sich die Gelegenheit, den totzitierten Blick über den Tellerrand zu wagen, um seinen ebenso überstrapazierten Horizont zu erweitern und vorbereitete wissenschaftliche Studien endlich empirisch in der Praxis testen zu können: Wie viele Stunden kann ein Durchschnittsstudent am Tag schlafen? Wie viel Bier lässt sich mit einer Sonneneinstrahlung von 90° ohne schwerwiegende Folgen kosumieren? Und wie hoch liegt eigentlich der Highscore beim Flatrate-Saufen? Fragen, auf die in der vergangenen Projektwoche sicherlich mehr Antworten gefunden wurden als zuvor im gesamten Semester. Google spuckt zum Thema „Projektwoche 2010 Uni Rostock“ immerhin den Hinweis auf einen Terminkalender unserer Hochschule aus, in dem nachzulesen ist, dass die Projektwoche vom 25. bis zum 29. Juni stattfindet. Detaillierte Informationspolitik wird in Rostock eben groß geschrieben. Das politikwissenschaftliche und auch andere Institute pflegen das studentische Forschungspotenzial mittlerweile sogar auf hartnäckigste Art und Weise im Keim zu ersticken, indem die Lehrveranstaltungen trotz offizieller Ausrufung der einwöchigen Freiheit wie gewohnt stattfinden. Eine höchst bedenkliche Entwicklung, angesichts der oft bemängelten fehlende Eigeninitiative der Studierenden. ÄNNE CORDES

www.heulermagazin.de

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POLITISCHES

SPAGAT ZWISCHEN ARM UND REICH 24

EINE POLENREISE Günstige Preise locken so manchen deutschen Touristen nach Polen. Bei einer Reise sticht dafür dann aber auch das große Reichtumsgefälle in unserem Nachbarland heraus. Hier ein Erlebnisbericht.

TEXT: Anna Hermann

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ndlich Semesterferien: Die Klausuren sind geschrieben, die Hausarbeit zum letzten Mal Korrektur gelesen – was passt da besser als ein schöner Urlaub als Belohnung, um endlich ein bisschen Abstand vom Uni-Alltag zu finden und die Seele baumeln zu lassen? Doch wohin soll die Reise gehen? In Anbetracht des knappen Budgets eines Studenten fiel die Wahl relativ schnell auf unser Nachbarland Polen. Keine allzu lange und teure Anreise und günstige Unterkünfte, das machten vier Übernachtungen in Krakau und im Anschluss eine in Danzig durchaus erschwinglich. So ging es, noch ziemlich schlaftrunken, nachts um 4 Uhr in das voll beladene Auto in Richtung polnischer Grenze. Die Vorfreude ließen die vier Stunden bis dorthin nicht allzu lang werden. Unsere erste Bekanntschaft mit dem Land dämpfte jedoch etwas die Erwartungen – Schlaglöcher und unebene Fahrbahnen, an die nicht einmal Rostock mit seinen derzeitigen Straßenverhältnissen herankommt. Während wir jede Unebenheit mit dem Auto mitfühlten, führte uns der Weg vorbei an Feldern, Seen und Waldschneisen, wo Polen ihre selbstgesammelten Pilze und Frauen von wahrhaft zweifelhafter Moral wohl etwas ganz anderes anboten, was aber mehr Anklang als die Pilze bei den Vorbeifahrenden zu finden schien. Umso näher wir unserem ersten Etappenziel kamen, veränderte sich auch der Untergrund: Die Autobahnen waren hier bestens ausgebaut und so ließen sich die letzten Kilometer wesentlich besser aushalten. Schließlich in unserem Apartment in Krakau angekommen, waren wir dann aber vollends beruhigt – die Ausstat-

tung war bis auf ein paar Mängel, wie nicht schließende Schlafzimmertüren, in Ordnung, aber zumindest verhältnismäßig sauber, und das Stadtzentrum war innerhalb weniger Minuten zu Fuß zu erreichen. Auf dem Weg dorthin fiel uns auch sogleich eine Veränderung der polnischen Landsleute auf: Hier stöckelten Frauen in High Heels und Pelzmänteln an uns vorbei, während wir die grenznahen Pilzverkäufer anhand ihrer Kleidung eher ärmlicheren Verhältnissen zugeordnet hätten. Auch in den Läden der großen Einkaufszentren wäre so mancher Besitzer eines dicken Geldbeutels sicherlich schwach geworden – hier fand man Hugo Boss neben Versace und Dolce & Gabbana. Billigläden: beinahe Fehlanzeige! Und tatsächlich: Fast drei Fünftel der polnischen Einwohner lebten 2009 an oder unterhalb der Armutsgrenze. Diese Zahl hört sich enorm hoch an, wenn man aber bedenkt, dass die Armutsgrenze in Deutschland zwischen 700 und 900 Euro pro Person pro Monat liegt, relativieren sich diese Fakten wieder. Denn immerhin dürfte eine Vielzahl von Studenten somit auch an der Armutsgrenze leben. Wesentlich schockierender ist aber, dass im vergangenen Jahrzehnt die Quote der absoluten Armut in Polen von 5 auf 12 Prozent stieg. Das bedeutet, dass mehr als jedem zehnten Polen pro Tag weniger als 1 Dollar Tag zur Verfügung steht, wodurch das definierte Existenzminimum für ein menschenwürdiges Leben nicht mehr gedeckt werden kann. Während Polen vermehrt ein Wirtschaftsboom zugeschrieben wird, der das Land an den westeuropäischen Standard heranführen soll, sieht die Realität leider noch anders aus.


Unser Eindruck, dass Einkommens- und Vermögensverteilung zwischen Land- und Stadtbevölkerung stark differiert, lässt sich anhand von statistischen Zahlen allerdings nicht belegen: Polen besaß im Jahr 2002 einen Gini-Koeffizienten von etwa 0,34, der sich im gleichen Jahr von dem deutschen mit 0,28 nicht maßgeblich unterschied. Der Gini-Koeffizient gibt Aufschluss über die finanziellen Ungleichverteilungen eines Landes. Die Skala reicht von 0 bis 1, wobei der Wert 0 eine komplette Gleichverteilung anzeigt und der Wert 1 bedeutet, dass das komplette Vermögen des Landes in dem Besitz einer Person ist. In dieser Hinsicht scheint Polen also beinahe schon am westeuropäischen Standard angekommen zu sein, wenn man den Koeffizienten beispielsweise mit dem von Namibia vergleicht, der 0,7 beträgt. Dennoch ist die Armut im Polen kaum zu übersehen, sobald man die Ballungsgebiete verlässt. Auf unseren Tagestouren durchfuhren wir eine Vielzahl kleiner Dörfer, die von halb zerfallenen, aber dennoch bewohnten Häusern gesäumt waren. Die einheimischen Kinder fuhren auf klapprigen Fahrrädern neben uns her und die Einkaufsmöglichkeiten erinnerten stark an die alten Tante-Emma-Läden von vor unserer Zeit. Dem gegenüber stehen die mitunter neu restaurierten Häuser und Kirchen in Krakaus Innenstadt. Die Burg Wawel mit ihrem prächtig bepflanzten Innenhof und der Vielzahl von Räumlichkeiten gab uns einen Einblick von einer Zeit Polens, in der die Vermögensunterschiede noch erheblicher waren. Die mit Gold und Wandmalereien verzierte Kapelle gehört wohl zu den imposantesten Bauwerken der Burg, von deren Glockenturm aus man einen weitläufigen Ausblick über ganz Krakau genießen kann. So vergingen die Tage in Krakau mit viel

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„DIE ARMUT IST NICHT ZU ÜBERSEHEN, SOBALD MAN DIE BALLUNGSGEBIETE VERLÄSST“

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Die Landbevölkerung erscheint im Vergleich zur Stadtbevölkerung deutlich ärmer. Foto: Kristian Louis

Kultur, Erholung und gutem Essen und es war an der Zeit, zu unserer zweiten Etappe aufzubrechen: Danzig. Nach einer scheinbar endlosen Fahrt von acht Stunden, vorbei an Warschau und durch Lodz, fühlten wir uns so nah an der Ostsee schon beinahe etwas heimisch. In fast allen Geschäften der Stadt unterhielt man sich mit uns auf Deutsch, es kamen uns deutsch geführte Reisegruppen entgegen und in den Restaurants wurde uns sofort die deutsche Speisekarte gereicht. Insgesamt hatten wir hier schnell den Eindruck, dass in Danzig alles wesentlich mehr touristisch überladen und auf unser Heimatland ausgerichtet ist als in Krakau. Auch die Einrichtung unseres

Apartments erinnerte sehr an westeuropäische Standards: Die Möbel waren hochwertig, die Zimmertüren ließen sich ohne Probleme schließen und die Betten waren so bequem, dass wir am liebsten noch ein paar weitere Nächte dort geschlafen hätten. Als wir dann aber die Preise in den Lokalen Danzigs mit denen in Krakau verglichen, waren wir doch froh, hier einen kürzeren Aufenthalt eingeplant zu haben. Während man in den Krakauer Restaurants für umgerechnet etwa 5 Euro ein leckeres Abendbrot inklusive Getränken und Nachtisch zu sich nehmen konnte, musste man in Danzig schon ein paar Zloty mehr ausgeben. Auch insgesamt gefiel uns Krakau besser: Danzig erschien uns eher als eine Aneinanderreihung von Baustellen, um die mehr Touristen als Einheimische herumspazierten. Vielleicht hätte sich dieser Eindruck relativiert, wenn wir ein paar Tage mehr Zeit gehabt hätten, einige versteckte Ecken der Stadt zu erkunden. So war Danzig nur eine Art Stippvisite, in der man versuchte, alle Sehenswürdigkeiten möglichst schnell zu besuchen. In Krakau und der nächsten Umgebung hingegen hatte man eher das Gefühl, im Ausland zu sein, etwas anderes zu erleben, das wahre Bild Polens mit all seinen Ungleichheiten in der Bevölkerung, der Kultur und der Wirtschaft zu entdecken. <

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Danzig ist eine Stadt zwischen High Heels und Straßenmusik. Der malerische Hafen trübt den Blick auf die polnische Armut nicht. Foto: Anna Hermann

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AUFRUHR IM LOBBYDSCHUNGEL Wer sich traut, kann sich vom Verein „Lobby Control“ durch Berlins Lobby-Dschungel führen lassen. Auf der Suche nach den großen Tieren in Politik und Interessenverbänden erlebt man so einen Spaziergang der besonderen Art – doch zu nahe kommen sollte man ihnen nicht. TEXT: Laura Jantz

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erlin, Treffpunkt „Ständige Vertretung“. Wer rechtzeitig reserviert, hat Glück und erlebt an diesem Dienstagnachmittag einen Spaziergang der besonderen Art. Der Verein „Lobby Control“ führt regelmäßig durch das politische Herz der Hauptstadt und versucht, Licht ins Lobbydickicht zu bringen. Was früher in Kneipen wie der „Ständigen Vertretung“ bei so manchem Glas Kölsch gekungelt wurde, geschieht heute auf globaler Ebene hinter verschlossenen Türen. Wem der Weg nach Berlin zu weit ist, der kann sich auch von Rostock aus mit dem „Lobby Planet“ gedanklich dorthin begeben. Schon Tobi Schlegl stattete hier für das Satiremagazin „Extra 3“ der Atomlobby einen Besuch ab und wurde wenig freundlich empfangen. Doch so mutig müssen die Teilnehmer des LobbySpaziergangs nicht sein – auch wenn dem Stadtführer und freien Journalisten Dietmar Jazbinsek bereits einige Hausverbote ausgesprochen wurden. Kritische Stimmen werden nie gern gehört, auch wenn sie hier immer mehr und immer lauter werden. Sie fragen zum Beispiel, wie es angehen kann, dass den 622 Abgeordneten und noch mehr Ministerialbeamten in Berlin geschätzte fünftausend hauptberufliche Lobbyisten entgegenstehen. Im Grunde genommen ist Lobbyismus nur ein anderes Wort für Interessenvertretung und per se nichts Negatives, doch wer kontrolliert den Einfluss von Wirtschaftsverbänden auf unsere Volksvertreter? „Lobby Control“ möchte daher nicht nur aufklären, sondern versteht sich als zivilgesellschaftliche Initiative, die Impulse liefern will: für mehr Transparenz, demokratische Kontrolle und klare Schranken der Einflussnahme auf Politik und Öffentlich-

keit. Die Informationen, die bei den Stadtrundgängen vermittelt werden, sind allesamt in den Medien recherchiert. Man muss also keine Geheimagenten einschleusen, um sich ein Bild von Deutschlands Lobby-Landschaft zu machen, sondern einfach nur clever kombinieren und das Internet durchforsten. Websites wie Wikileaks bringen immer wieder geheim geglaubte Dokumente von unangenehmen wissenschaftlichen Studien, eigentlich internen Firmenprotokollen oder vor der Öffentlichkeit gern verschwiegene Gerichtsverhandlungen ans Licht. Dabei, so Jazbinsek, bedeute Lobbyismus Vertrauen und dürfe eigentlich keine Papierspur hinterlassen. Der Verein jedoch bündelt diese Informationen und präsentiert

„LOBBYISMUS BEDEUTET VERTRAUEN UND DARF KEINE PAPIERSPUR HINTERLASSEN“ sie knapp und anschaulich in den zweieinhalb Stunden Fußmarsch. So erfährt man zum Beispiel von „Full Service Agenturen“ wie fischerAppelt oder Hill & Knowlton, die ganze Lobbykampagnen entwickeln und somit öffentlichkeitswirksam auch auf die Wählerschaft abzielen. Oder von Konferenzhotels, in denen Politiker bei einem interessanten Event mit prominenten Gästen und feinem Essen etwa von der Atomlobby eingewickelt werden. Anhand zahlreicher Beispiele erklärt Jazbinsek so die Lobbywelt. Das heißt: einen Teil davon, denn das Geflecht ist nahezu undurchschaubar. Zwar existiert mittlerweile in der EU ein Lobby-Register, doch ist der Eintrag freiwillig und die Zahlen und Fakten erscheinen doch sehr geschönt. „Lobby Control“ fordert daher eine verpflichtende Registrierung sowie die Offenlegung der Finanzen und Namen. Woher soll der Bürger sonst erfahren, wer

in Berlin oder Brüssel bei Gesetzgebungsverfahren die Finger mit im Spiel hat? Welche Vertreter der chemischen Industrie waren es genau, die das ursprüngliche REACHPaket des EU-Parlaments zum Kippen brachten? Welche Unternehmen haben ein Interesse daran, verwendete Chemikalien lieber zu verschweigen, sind doch laut einer Studie vom BUND allein in der Muttermilch bis zu dreihundert verschiedene Stoffe zu finden? Fakt ist, dass dank namhafter Politiker (wie Angela Merkel), einflussreicher Firmen (wie BASF) und dem Totschlagargument schlechthin – dem Abbau von unglaublichen 440.000 Arbeitsplätzen allein in Deutschland – das Gesetzespaket für mehr Gesundheits- und Umweltschutz nur in deutlich abgespeckter Version verabschiedet wurde. Wir werden also auch weiterhin Waren konsumieren, von denen wir nicht genau wissen, was sie enthalten, und erst recht nicht, wie sie sich auf uns und unsere Umwelt auswirken. Lobbyismus sei Dank. Mittlerweile sind ohnehin weite Teile der Wissenschaft von Wirtschaftsverbänden infiltriert. Bei den Studierenden sollte es spätestens beim Stichwort „Drittmittel“ klingeln. So werden „akademische Kronzeugen“ aufgebaut und finanziert, die zum Beispiel der Tabakindustrie ein ums andere Mal behilflich sein können beim Beweis, wie harmlos das Rauchen etwa sei und wie übertrieben politische Maßnahmen dagegen. Und fliegen Lobbyskandale doch einmal auf, hilft nur eines: Auflösen und Neugründen – mit neuem Image und neuem Namen, aber den alten Zielen. Wer sich nun für den lukrativen Job des Lobbyisten interessiert, dem sei die Veranstaltung „Seitensprünge – Tag der politischen Kommunikation“ bei fischerAppelt empfohlen. Hier kann man mit Politikern in Kontakt treten und die eigene Überzeugungskraft unter Beweis stellen. Denn ein Lobbyist, so Jazbinsek, muss „brillant und charmant“ sein. Zudem solle man sich frühzeitig einen aufstrebenden Politiker suchen, in den man über einen längeren Zeitraum investiere, damit eine stabile Beziehung entstehe. Freunde müsse man sich dann schaffen, wenn man sie noch nicht brauche. Am wenigsten von Lobbyisten beeinflussen lasse sich übrigens die Linke, die FDP hingegen sei um einiges stärker mit der Wirtschaft verknüpft. Unser Außenminister ließ sich vor seinem Karrieresprung für ein entsprechendes Entgelt auch gern als Redner für Lobby-Events buchen. Weiter geht der Weg durch Friedrichstraße und Unter den Linden, durch Hotellobbys, Innenhöfe und Hauseingänge. Vor den Blicken neugieriger Touristen verborgen, sind die schlichten Klingelschilder kaum wahrzunehmen. Man staunt, wer sich so alles in unmittelbarer Nähe tummelt. Der Abend klingt dann auf den Treppenstufen in der Akademie der Künste am Pariser Platz aus. Hier kann man nicht nur Jazbinsek mit Fragen löchern, sondern auch einen Blick auf die vorletzte Lobby-Station des Tages werfen. Besser gesagt: auf den Aufzug, der dorthin führt. Bei Jazbinseks Beschreibungen des China Clubs werden bei dem einen oder anderen wohl doch Sehnsüchte wach, auch einmal mit den ganz Großen in den tiefen Ledersesseln dieser exklusiven Adresse zu versinken. Familie Jagdfeld, die unter anderem für den Bau des Adlon-Hotels verantwortlich zeichnet, bringt in ihrem Business- und Social Club Politiker und einflussreiche Wirtschaftsvertreter zusammen. Bei einem geschätzten Mitgliedsbeitrag von zehntausend Euro dürfte dieser


Traum jedoch für die meisten in weite Ferne rücken. Da bei der Fülle an Informationen kaum Fragen offen bleiben, erzählt Jazbinsek weiter. Beim Gang durchs Brandenburger Tor erfährt man nun zuletzt noch, dass sich hier die Rüstungsindustrie angesiedelt habe. So auch die Firma Diehl, die sich erfolgreich für Ausnahmeklauseln bei der Streubombenkonvention eingesetzt hat. Ihre nämlich dürfen weiterhin produziert werden, allerdings unter dem klangvollen Namen „Punktzielmunition Smart 155“. Und Diehl nennt sich jetzt „Gesellschaft für intelligente Wirksysteme“. Wer bis dahin noch nicht schockiert genug war, ist es jetzt. Für alle Wissbegierigen verteilt Jazbinsek noch eine Literaturliste, die Engagierten können sich in einen E-Mail-Verteiler eintragen und man wird mit den neuen Erkenntnissen in die Berliner Nacht entlassen. Zum Glück schreckt „Lobby Control“ ab und an ein paar große Tiere im Lobbydschungel auf, denn es bleibt das ungute Gefühl, dass der Wildwuchs langsam außer Kontrolle gerät. <

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Dietmar Jazbinsek führt Interessierte auf den Spuren des Lobbyismus durch Berlin. Foto: Mata Hitij

GUTE LOBBY, SCHLECHTE LOBBY Lobbyismus ist umstritten. Doch wo liegen die Gründe dafür? Gibt es Lobbyarbeit auch in Mecklenburg-Vorpommern? Und: Wie wird man eigentlich Lobbyist? Ein Gespräch mit Dr. Conchita Hübner-Oberndörfer.

Also gibt es Lobbyismus auch hier in Rostock?

DR. PHIL. CONCHITA HÜBNER-OBERNDÖRFER ist akademische Oberrätin und Dozentin am Institut für Politik- und Verwaltungswissenschaften der Universität Rostock. Im Sommersemester 2009

INTERVIEW: Laura Jantz GRAFIK: Björn Giesecke

heuler: Lobbyismus, was können wir uns darunter vorstellen? Frau Dr. Hübner-Oberndörfer: Lobbyismus ist, kurz gesagt, jegliche Art von Interessenvertretung auf den verschiedenen Ebenen. Sie wird von Verbänden, Kultureinrichtungen, Unternehmen und NGOs [Nichtregierungsorganisationen] geleistet – eigentlich von

leitete sie ein Seminar zum Thema „Lobbyismus als Politikberatung?“.

allen, die politische Entscheidungen beeinflussen wollen. Beim Thema Unternehmenslobbyismus rümpfen wir ja immer gleich die Nase, obwohl die Politik auf solches Hintergrundwissen angewiesen ist. Wenn in Rostock Baugrund vergeben werden soll, müssen die politischen Entscheidungsträger ja wissen, wie viele Arbeitsplätze beispielsweise geschaffen werden. Sie brauchen also diese Informationen.

Es ist ja immer so, dass ich als Lobbyist Entscheidungen beeinflussen möchte. Und dies kann ich überall dort tun, wo es Möglichkeiten dafür gibt – in Rostock wären das zum Beispiel die Bürgerschaft oder der Oberbürgermeister. Es gilt, das ohnehin wenige Geld zu verteilen, und wenn die Entscheidung ansteht, ob und wie viel zum Beispiel die Hanse Sail oder aber die hiesige Kulturszene bekommt, setzen sich die unterschiedlichen Parteien für ihre Belange ein. Allerdings ist der Lobbyismus aufgrund der knappen Mittel hier nicht so stark entwickelt wie etwa auf Landes- oder europäischer Ebene. Bei der Vertretung seiner Interessen in Brüssel hat MecklenburgVorpommern noch Defizite. Besonders gefreut habe ich mich allerdings, dass das JAZ [Jugend-Alternativ-Zentrum] so erfolgreich an Bürgerschaft und Ausschussmitglieder herangetreten ist und ihnen die Konsequenzen für die Rostocker Jugendarbeit gezeigt hat, würde man den jungen Leuten diese Art der Freizeitgestaltung nehmen. Auch die Möglichkeiten dieser kleinen Vereine sind also nicht zu unterschätzen, denn auch sie können ihre Interessen artikulieren und dafür kämpfen. Lobbyismus kann letztendlich Wege öffnen und zeigen. Dabei denkt man ja sonst bei dem Schlagwort Lobbyismus eher an den Waffenschieber, der mit einer Aktentasche voll Geld vorbeikommt. Dabei sind das eigentlich Grenzfälle zur Korruption, die bei den Lobbyverbänden selbst nicht so beliebt sind. Denn die Öffentlichkeit nimmt vor allem die Skandale wahr. weiter auf Seite 28 >

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Lobbyismus wird auch als „fünfte Gewalt“ im Staat – neben den drei „klassischen“ Gewalten und der Presse – bezeichnet. Ab wann wird denn dieser Einfluss auf die politischen Entscheidungsträger schädlich? Wenn zum Beispiel Vertreter einer großen Bank an einem Gesetz zur Bankenkontrolle beteiligt sind. Die Politiker benötigen zwar externes Know-how, doch sobald das Gesetzgebungsverfahren in Anwaltskanzleien ausgelagert wird, fehlt jegliche Kontrolle. Es kommt dann zur Einflussnahme derer, die eigentlich kontrolliert werden sollen, und es kann nicht mehr nachvollzogen werden, wer letztendlich in welchem Gremium saß und ob derjenige sich nicht zum Beispiel bei der Steuergesetzgebung Vorteile verschafft hat. Gerade dieses Outsourcing macht Lobbyismus zu einer fünften Gewalt, die nicht kontrollierbar ist. Was halten Sie von Forderungen von Vereinen und Organisationen wie Lobby Control oder Transparency International nach mehr LobbyKontrolle? Sind diese überhaupt durchsetzbar?

Diese Forderungen sind erst einmal richtig, jedoch ist das Geflecht aus Namen und Gremien für den Bürger schwer zu durchschauen. Daher bräuchten wir Spezialisten und die Medien, die durch kritische Recherchen eine Art Kontrollfunktion übernehmen könnten. Dafür müsste allerdings auch der Zugang zu bestimmten Quellen ermöglicht werden. Mal angenommen, ich möchte Lobbyistin werden. Welche Voraussetzungen muss ich mitbringen und wie komme ich am schnellsten ans Ziel? Es gibt zwar mehrere Handbücher und einen Studiengang an einer Berliner Privat-Uni dafür, aber eigentlich kann man das nicht erlernen. Vor allem nicht gleich im zarten Alter von achtzehn Jahren. Man benötigt zunächst einmal eine abgeschlossene Berufsausbildung und -erfahrung und wird dann von seinem Unternehmen für PR-Arbeit weiterqualifiziert. Man kann natürlich auch den sogenannten „Drehtüreffekt“ nutzen: Man beginnt mit einer politischen Karriere, mit einem Mandat bei einer Kommune, auf Länder- oder Bundesebene, ar-

beitet dann in Ausschüssen und Gremien mit und erhält so auch einen guten Einblick, zum Beispiel in die Verwaltung des Bundestages. Dann weiß man, wie alles funktioniert, und kann selbst zum Lobbyisten werden. Ein guter Einstieg wäre auch eine hochschulpolitische Aktivität oder, was viele Studierende mittlerweile auch nutzen, die Mitarbeit in der Kommunalpolitik. Ansprechpartner in der Bürgerschaft zu haben, ist auch nicht verkehrt. Möchte man sich für eine NGO engagieren, sollte man sich vor allem mit Mobilisierungskampagnen und Pressearbeit auskennen, denn NGOs betreiben ja eher eine Art „Graswurzel-Lobbying“. Wenn Sie richtig viel Geld verdienen wollen, sollten Sie jedoch Unternehmenslobbyist werden und Karriere in der PR-Abteilung einer großen Firma machen. <

NEUIGKEITEN AUS DEM ASTA-BÜRO 28

„EINE HOCHSCHULE FÜR ALLE!“ — SEIN ODER SCHEIN? Unter dem Motto „Eine Hochschule für alle!“ hat die Hochschulrektorenkonferenz ein Papier beschlossen, welches eine inklusive Hochschule fördern soll. Doch was bedeutet Inklusion und wie kann man dieses Papier umsetzen? Wo stehen wir als Universität Rostock? Um diese Fragen zu beantworten, lädt die Interessengemeinschaft von Studierenden mit Behinderung und chronischen Krankheiten in Zusammenarbeit mit der Bildungsaktion, der jungen Gewerkschaft für Erziehung und Wissenschaft sowie dem AStA zu einer Veranstaltung am 16. Juni 2010 ab 19:30 Uhr in die Ulmenstraße, Haus 1, Hörsaal 224 ein. Studierende im Bereich Sonderpädagogik haben in diesem Zusammenhang eine Foto- und Filmpräsentation vorbereitet, die Teil dieses Abends sein soll. Natürlich warten noch weitere spannende Punkte auf euch. Fragen und Anregungen können an Sabrina Lembke (sabrina.lembke@uni-rostock.de) gerichtet werden.

PROJEKTMITARBEITER IM BEREICH „SOZIALES“ DES ASTA GESUCHT An der Universität Rostock soll in dem Bereich „Studieren mit Kind und chronische Erkrankungen/Behinderungen“ eine Evaluation zur Familienfreundlichkeit der Uni starten. Dabei soll abgefragt werden, welche Fakultäten, Fachbereiche etc. die meisten Probleme in diesem Bereich haben und in welcher Form sich diese gestalten (Erhebung des Ist-Zustandes). Dazu wird ein Fragebogen über EvaSys erstellt, eingespeist und ausgewertet. Die Ergebnisse sollen der Arbeitsgruppe sowie dem Rektorat vorgestellt werden. Ein weiterer Einsatzbereich ist die Hilfe bei der Planung und Umsetzung eines Workshops mit dem Thema „Die Konvention der Rechte mit Behinderungen“ und deren Umsetzung. Dieser soll zum Semesterbeginn durchgeführt werden. Es werden ausdrücklich Studenten mit chronischen Erkrankungen und Behinderungen aufgefordert, sich zu bewerben. Zusätzliche Informationen erhaltet ihr auf www.asta.uni-rostock.de. Interessenten wenden sich mit den üblichen Bewerbungsunterlagen an: soziales.asta@uni-rostock.de.

REFERAT FÜR INTERNATIONALES WIEDER EINGEFÜHRT Auf der Sitzung vom 14. April 2010 beschloss der StudentInnenrat (StuRa) die Wiedereinführung des AStAReferates für Internationales. Dieses soll Anlaufpunkt für ausländische Studierende der Universität Rostock sein, die Unterstützung bei der Studien- und Alltagssituation in Rostock benötigen. Die Aufgaben des Referenten sollen als „Hilfe zur Selbsthilfe“ verstanden werden. Sie umfassen die Zusammenarbeit mit dem Akademischen Auslandsamt, der Lokalen Erasmus-Initiative und dem Studentenwerk. Es sollen zudem auch neue Kooperationspartner gefunden werden. Die Konzeption und Umsetzung neuer Projekte ist dabei ebenfalls ein wichtiger Bestandteil der Referatstätigkeit. Zusätzlich sollen deutsche Studierende, die sich für einen Auslandsaufenthalt entschieden haben, bei ihrem Vorhaben unterstützt werden.


POLITISCHE FESTWOCHE TEXT: Juliane Meißner

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ür den gemeinen Studenten bedeutet Festival ein Wochenende voll guter Musik, wenig Schlaf und liebevoll erhitztem Dosenessen. Einige Festivals vermarkten dabei zusätzlich eine subtil angebrachte, aber durchaus durchdringende Botschaft. So zum Beispiel bezeichnet sich die Fusion als antikapitalistisch (mit dabei überraschend hohen Fastfood-Preisen) und das Nuovo Sol bietet „The Beats For A New World“. Neben den musikalischen Live-Acts werden noch Workshops und andere Veranstaltungen angeboten, die dem Festival seine besondere Note geben sollen. Ausschlaggebend ist bei der Wahl

KOPFSTAND – AUFSTAND – WIDERSTAND. BILDUNGSPROTEST RELOADED

GREIFSWALD INTERNATIONAL STUDENTS FESTIVAL

Montag, 07. Juni 2010, 19 Uhr, Campus Ulmenstraße. Die Heinrich-Böll-Stiftung hat in Kooperation mit der Grünen Hochschulgruppe eine Veranstaltung organisiert, die einen Blick zurück auf den Bildungsprotest wirft. Dieser Nachruf, bei dem Ereignisse und Veränderungen noch einmal thematisiert werden, beinhaltet ebenso einen Auftritt der „Haspler“ sowie eine Ausstellung der besten Flugblätter seit den 1960er Jahren. Die Veranstaltung findet im Rahmen der CampusTour „Wissen, was wirkt“ statt, bei der die Böll-Stiftung bundesweit Diskussionen, Workshops etc. organisiert.

26. Mai bis 6. Juni, Greifswald. Unter dem Motto „Response-Ability“ findet in Greifswald das International Students Festival statt, zu dem viele internationale Studierende erwartet werden, um in Workshops verschiedene Themen zu erarbeiten, sich an Podiumsdiskussionen zu beteiligen oder eben auch gemeinsam zu feiern. Das ganze Programm gibt es unter www. students-festival.de.

des Festivals aber doch vorrangig die Musik, weniger die Botschaft. Der Begriff Festival lässt aber ebenso viel Raum, um ihn anders mit Leben zu füllen. So findet in Greifswald das 10. International Students Festival statt, das in diesem Jahr unter dem Motto „Response-Ability“ steht. Die Hansestadt lädt internationale Gäste zu Workshops mit Themen wie „Global Change“ oder „Consumption“ ein, bietet Möglichkeiten, die Stadt besser kennenzulernen und auch Konzerten zu lauschen. Also im Grunde ein Festival, dass sich die Besucher aufgrund der Botschaft aussuchen. Und der Musik. <

„DIE HEILE WELT DER DIKTATUR. ALLTAG UND HERRSCHAFT IN DER DDR 1971–1989.“ Lesung von Dr. Stefan Wolle. Donnerstag, 10. Juni von 19:30 Uhr bis 21 Uhr, Veranstaltungsort von www.fes. de entnehmen. Seit 2005 ist Stefan Wolle der Leiter des wissenschaftlichen DDR-Museums in Berlin und beschreibt in seinem Buch die „Geschichte der DDR als die kollektive Biographie ihrer Bewohnerinnen und Bewohner“. Darin werden Aspekte sowohl aus dem Regime-durchdrungenen Alltag als auch der Diktatur selbst dargestellt. (Für diese Veranstaltung ist eine Anmeldung über www.fes.de erforderlich)

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Stören euch die überfüllten Seminare, die schlecht ausgestattete Bibliothek oder die unzureichende Lehre? Schildert uns euer Problem und wir veröffentlichen es, auf Wunsch auch anonym, denn nur so kann sich etwas verändern. U redaktion@heulermagazin.de

STURA-WAHLEN 2010

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s ist wieder so weit: Die Wahlen zum StudentInnenrat (StuRa) stehen an und man kann traditionsgemäß davon ausgehen, dass 80 Prozent der Studierenden nicht wissen, was der StuRa ist und was sie dort zusammenwählen sollen. Hoch lebe die Informationsstrategie der gewählten Vertretung der Studierendenschaft! Wer weiß denn schon, dass der StudentInnenrat das „Parlament“ der Studierendenschaft darstellt, dass er die offizielle „Meinung“ der Studierendenschaft bildet, dass der StuRa den Haushalt der Studierendenschaft beschließt – und damit auch über DEINE fünf Euro pro Semester bestimmt? Im StuRa sollten studentische Vertreter aus allen Fakultäten sitzen, um eine ausgewogene Meinung der Studierendenschaft bilden zu können. Der StuRa ist die

Institution, welche für die Belange der Studierendenschaft eintreten kann und soll. Das erfordert die objektive Auseinandersetzung mit universitären Problemen und Durchhaltevermögen bei arbeitsintensiven Entscheidungsprozessen. Das Ringen um Kompromisse und die Dauer von Entscheidungen sind der Preis, den man in demokratischen Strukturen zahlen muss. Das Demokratieprinzip ist es wert. Die StuRa-Wahl 2009 ist in die Geschichte der Universität Rostock mit einer umjubelten REKORDwahlbeteiligung von 13,5 Prozent eingegangen. Was wie ein schlechter Scherz klingt, ist ein alarmierendes Zeichen des mangelnden Interesses der Studierenden für ihr Recht auf studentische Mitbestimmung. 15.000 Studierende sind an der Universität Rostock eingeschrieben. Jeder und jede einzelne ist ein Grundstein für die Existenzberechtigung der Universität: Eine Universität ohne Studierende ist im besten Falle eine Forschungseinrichtung. Daher hat jeder Studierende das Recht auf eine

angemessene Vertretung – denn die Interessen der Studierenden sind Teil der Interessen einer guten und studierendenfreundlichen Universität. Wir verfügen in Rostock – trotz bestehender Mängel, wie der andauernde Bildungsstreik zeigt – über vergleichsweise angenehme Studienbedingungen (die Lehramtsstudierenden mögen diese Verallgemeinerung bitte verzeihen). Aber um den Status quo zu erhalten und zu verbessern, bedarf es einer starken Stimme der Studierendenschaft: Die Schlussfolgerung aus dem mangelnden Interesse an der studentischen Mitbestimmung wäre nämlich, dass das Studium an der Universität Rostock nicht so unangenehm sein kann, wie es die kritischen Stimmen aus der Studierendenschaft verlauten lassen. Solange die Verhältnisse offensichtlich erträglich sind, hat auch niemand ein Interesse daran, die Verhältnisse zu ändern.Solltet ihr anderer Meinung sein – setzt Euch ein: Geht wählen! KATHARINA MAHRT


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DAS GROSSE SCHWEIGEN Bis 2004 war Elias Bierdel Leiter und Vorsitzender der Hilfsorganisation Cap Anamur. Damals rettete er 37 in Seenot geratene afrikanische Flüchtlinge und brachte sie auf Sizilien an Land – vermeintlich illegal. Das Medienecho war enorm, Bierdel verlor seinen Job und ihm und dem Kapitän des Schiffes wurde der Prozess gemacht. Sie wurden freigesprochen. Schon über 150 Vorträge hat Bierdel inzwischen gehalten. Er wirkt entspannt, als wir gemeinsam zum Peter-WeissHaus schlendern. INTERVIEW: Paul Fleischer

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heuler: Die DDR hatte ein Problem mit Migration, also betonierte sie die Grenze und benutzte Waffen, um der Lage Herr zu werden. Die EU hat nun ein ähnliches, nur umgekehrtes Problem, und man ist ja fast geneigt zu fragen: Wann gibt es den ersten Schießbefehl an der europäischen Außengrenze? Elias Bierdel: Den gibt es bereits. Ich bin sehr betrübt darüber, dass solche Sperranlagen an den Außengrenzen der Europäischen Union wiederzufinden sind. In den spanischen Enklaven zum Beispiel: Personal, die Munition, die Wachtürme, die Hunde. Und eben dort gibt es auch den Schießbefehl – allerdings wird bisher nur mit Gummi geschossen. Das ist zumindest die offizielle Verlautbarung. Natürlich können auch durch Gummigeschosse aus der Nahdistanz erhebliche Verletzungen entstehen und es sind auch immer wieder Tote zu beklagen. Im Oktober 2005 versuchten mehrere 100 Afrikaner die Sicherungsanlagen zu überwinden. In jener Nacht starben 16 Menschen – offiziell. Nach Angabe der Migranten waren es sogar 60.

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Gibt es offizielle Zahlen, wie viele Menschen an der EU-Grenze sterben? Offizielle Zahlen gibt es nicht, weil sich auch niemand in der EU mit den Opfern beschäftigt. Die dokumentierten Toten werden natürlich gezählt, aber eben von Nichtregierungsorganisationen. Fortress Europe und unitedagainstracism.org erstellen die sogenannte Death-List, sammeln Berichte aus Zeitungen, von der Polizei, etc. Die Liste steht im Moment bei 13.600 Toten, die seit 1993 gezählt wurden. Da jedoch das gesamte Geschehen im illegalen Raum stattfindet – denn legale Wege sind rar geworden – bleibt immer eine gewisse Dunkelziffer. Was halten Sie von Frontex, der „Europäischen Agentur für Zusammenarbeit an den Außengrenzen“? Ein Asylrechtler aus Rostock nannte Frontex einmal eine „Missgeburt“.

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Elias Bierdel im heuler-Interview. Foto: Paul Fleischer

Und dort wurde dann scharf geschossen?

2 Das jüngste Opfer – ein sechs Monate alter Säugling – starb durch einen Kopfschuss. Die Spanier haben

es einfach auf die Marokkaner geschoben. Die Untersuchung des Vorfalls brachte keine Ergebnisse und es ist auch nie wirklich geklärt worden. Aber auch an anderen Stellen der EU-Grenze wird geschossen, zum Beispiel auf dem Mittelmeer, in der NordOst-Ägäis. Das wird auch gar nicht bestritten. Mir gegenüber haben Küstenwachenoffiziere zugegeben, dass sie scharf schießen. Aber nur auf den Motor und auch nur, wenn auf dem Boot ein Schlepper ist. Das ist natürlich schwer auseinanderzuhalten. An wieder anderen Stellen ist unsere europäische Außengrenze vermint. Ich bin nicht nur davon entsetzt, dass das so ist, sondern auch davon, dass darüber nicht gesprochen wird. Unser Projekt Borderline Europe versucht eben jene Dinge in die Öffentlichkeit zu bringen. Politiker mögen darüber nicht sprechen, aber auch die Medien versagen schlicht angesichts der Tatsache, dass dort jedes Jahr Tausende Menschen sterben.

Von der Cap Anamur gerettete Flüchtlinge haben die gefährliche Reise über das Mittelmeer überlebt. Foto: Borderline Europe

Natürlich habe ich etwas gegen das Wort Missgeburt – weil es auf Menschen abzielt. Um aber im Bild zu bleiben, ist Frontex ein Baby, eine Art Keimzelle für eine künftige Grenzarmee. Nun ist ja die frühkindliche Prägephase enorm wichtig für die Entwicklung. Und bis jetzt sehen wir da sehr negative Einflüsse. Daher besteht die Gefahr,


dass das ein extrem biestiges Kind werden könnte und später vielleicht ein hochkrimineller Erwachsener. Frontex hat den Auftrag, das Bemühen der europäischen Staaten, deren gemeinsame Außengrenze zu sichern, zu koordinieren. Man hat gesehen, dass das, was einzelne Staaten in dieser Hinsicht unternehmen, höchst unterschiedlich ist. In Griechenland zum Beispiel fühlt man sich von Europa auch im Stich gelassen mit diesem „Problem“. Die Menschen wollen ja auch gar nicht in diese kleinen Länder. Warum verteilt man sie also nicht über ganz Europa? Ich finde das ganz unausweichlich, dass wir innerhalb Europas diese gemeinsame Verantwortung für die gemeinsamen Außengrenzen auch übernehmen. Das passiert aber nicht!

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Warum nicht? Weil das verweigert wird. Deutschland ist da mit an erster Stelle – und sagt schlicht nein. Aber um noch einmal auf Frontex zu sprechen zu kommen: Frontex begann seine Arbeit wie ein tapsiges Baby, konnte noch nicht viel, musste noch viel lernen. Der Etat ist seither aber im steilen Anstieg, die Beamten dieser Agentur werden besser bezahlt als irgendwo sonst in der EU. Frontex soll also die Arbeit koordinieren. Dabei sollen sie auch humanitäre Standards einhalten – da haben wir allerdings schwerwiegende Bedenken. Was auch gefährlich ist, ist der Aspekt, dass sich Frontex der parlamentarischen Kontrolle entzieht, ebenso wie dem Zugang der Öffentlichkeit. Kein Journalist zum Beispiel erfährt, was da im Einzelnen geschieht. Das ist schon fast eine Geheimhaltung, die wir nur aus Kriegszeiten kennen, und ist damit in diesem zivilrechtlichen Europa ein einmaliger Zustand. Dieses Jahr – und das ist nicht geheim – wurde beschlossen, dass die neuen Einsatzverbände von Frontex mit exekutiven Befugnissen in Mitgliedsstaaten operieren dürfen. Sie haben also auch das Recht, von der Waffe Gebrauch zu machen. Das ist ein ganz neuer Prozess. Es ist natürlich ein Eingriff in die Hoheitsrechte der Staaten, welcher innerhalb der EU auch schwer durchzusetzen war. Diese Verbände nennen sich Rapid Action Border Intervention Teams, das sind Kämpfer auf verschiedenen Ebenen, sei es der Computer oder auch der militärische Aspekt. Sie sollen im Fall von Krisen zum Einsatz kommen. Der Begriff der Krise ist jedoch nirgendwo definiert. Es genügt die Einladung eines Mitlgliedslandes, welches die Krise erklärt. Nach unseren Schätzungen wird dies in diesem Jahr passieren, und zwar in Griechenland. Frontex ist ja nur die Hülle, wer oder was steckt dahinter? Ich habe einmal in einer Fernsehdiskussion mit einem Vertreter von Frontex, einem Offizier der Bundespolizei, sprechen dürfen. Er versuchte tatsächlich, die mitleidige Rolle zu spielen. „Wir wollen ja auch nicht, dass den Menschen irgendein Leid geschieht. Eben daher versuchen wir ja zu verhindern, dass überhaupt Flüchtlinge in die Boote steigen.“ Man wolle ja nur das Schlimmste verhindern. Rührend geradezu. Nur konnten wir ihn in jedem einzelnen von

„DIE MEDIEN VERSAGEN SCHLICHT ANGESICHTS DER TATSACHE, DASS DORT JEDES JAHR TAUSENDE MENSCHEN STERBEN“ ihm aufgeführten Fall widerlegen. Das Gegenteil war der Fall. Es sind dort bewaffnete Einheiten, auch aus Deutschland, beteiligt an absolut völkerrechtswidrigen, menschenrechtswidrigen Aktionen. Deutsche Hubschrauber treiben zum Beispiel die Flüchtlinge in die Arme der italienischen Kriegsmarine, um diese dann in Libyen „abzukippen“. Und dort geht das Martyrium noch weiter: Männer werden gefoltert, Frauen vergewaltigt, das will man sich alles gar nicht vorstellen. Frontex ist auch der Versuch, eine Art Deckmantel von Menschlichkeit zu etablieren. Aber man darf nicht vergessen, dass jene Leute, die dort operieren, durchweg Militärs sind. So braucht man sich nicht zu wundern, wenn die Geschehnisse kriegsähnliche Formen annehmen.

damals für uns. Aber es ist doch so: Man ist mit einem humanitären Schiff unterwegs, man sieht Leute, die Hilfe benötigen – da bin ich auch heute noch außerstande, nicht zu helfen. Das war ja auch einer der Vorwürfe – wir hätten mit Absicht das Seegebiet um Lampedusa angesteuert. Ein merkwürdiger Vorwurf, man bedenke, wo das hinführt. Im Grunde war die Medienkampagne damals nur ein Manöver, um dem eigentlichen Thema aus dem Weg zu gehen, und das lautet: Was passiert da draußen? Es geht dabei ja auch gar nicht um mich, sondern darum: Was ist die eigentliche Geschichte? Humanitäre Hilfe ist oft nur gegen den Willen der Mächtigen möglich. Du brauchtest nicht im Sudan zu fragen, ob du ein Visum bekommst, wenn du den Leuten in Darfur helfen wolltest. Wenn du in Tschetschenien helfen wolltest, brauchtest du nicht in Moskau anzufragen. Humanitäre Hilfe hat den einzigen Sinn, Menschen in Not zu helfen. Man muss tun, was man als wichtig und nötig erachtet. Doch wir hätten nie gedacht, dass wir dabei auf so einen Widerstand treffen, hier vor unserer Haustür, in diesem freien Europa. Sie kämpfen seit langer Zeit für ein bisschen Frieden und ein bisschen Gerechtigkeit in der Welt. Bei aller Enttäuschung, sind Sie noch glücklich mit dem, was sie tun? Und was treibt Sie noch voran? [lacht] „Ein bisschen Frieden“ – war das nicht ein Schlagertitel? Aber im Ernst: Ich finde, es ist immer wichtig, mit sich selbst im Einklang zu sein, bei allem, was man tut. Und das war in der Vergangenheit bei mir der Fall. Ich kann hinter fast allem, was ich getan habe, stehen, und das ist gut! Aber mein Glücklichsein bezieht sich auf völlig andere Themen. Familie, Freunde, wenn diese zu einem stehen, das gibt mir das Gefühl, sehr reich zu sein. In dieser Hinsicht bin ich absolut glücklich. <

Sie sind ja mit einer sehr spektakulären Aktion im Jahr 2004 „berühmt“ geworden. Es gab im Nachhinein auch Kritik am Vorgehen. Medial zu sehr inszeniert, war ein Vorwurf. Berechtigt oder nicht? Ich kenne all diese Vorwürfe. Es gab eine hämische Pressekampagne. Aber nach fünf Jahren Prozess in Italien und dem erfolgten Freispruch kann ich deutlich sagen: Alles, was uns damals vorgeworfen wurde, hat sich als gelogen und bestenfalls als missverstanden herausgestellt. Es war eine schreckliche Situation

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Im Gespräch wird schnell klar, dass man Bierdel nicht viel fragen muss. Er erzählt von allein. Foto: Paul Fleischer

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DER MAINSTREAM ALS NEUER UNDERDOG?

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Wohin man blickt: Die Spielarten der individuellen Expression sind reich. In der Politik ist der Pluralismus die neue Mode – das ZweiParteiensystem ist überholt. Im Straßenbild setzt sich dieser Facettenreichtum fort. Kategorien wie Mode, Musik und auch Sprache sind vielseitig und vielschichtig wie nie. Doch wo bleibt dann die Leitkultur? Wurde der Mainstream vom Individualismus überrannt?

KULTUR

TEXT: Änne Cordes und Paul Fleischer

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enn wir Politik als Ausgleich von Interessen mit dem Ziel der Beseitigung von Ungleichheit, von Ungerechtigkeit begreifen, dann ist Politik ein Prozess und gleichzeitig der Pfad, auf dem die Gesellschaft wandelt. Ein kurzes Innehalten erlaubt uns die Frage: Haben wir das Ziel erreicht? Gibt es noch grundlegende Differenzen, die nach dramatischen Veränderungen, nach Revolution schreien? Oder haben wir alles erreicht? Beginnen wir hier: Die 68er waren Ausdruck tiefer Differenzen zwischen Jugend und Establishment. Aufgrund fehlender Auseinandersetzung mit der Vergangenheit verlangte die Jugend nach Aufarbeitung. Wegen sexueller Spießbürgerlichkeit verlangte sie nach freier Liebe. Reaktionäre Kräfte verlangten nach Opposition. Die Bewegung formulierte neue Konzepte für das Land und war gleichzeitig in der Lage, die nötige Kraft zu mobilisieren, um die Integration dieser Ideale in der deutschen Leitkultur voranzutreiben. So wurde die Emanzipation ebenso zum Kernelement des Generationenkonflikts wie die Verurteilung der Vergangenheit. Der Bruch mit der Geschichte durch die 68er stellt vielleicht das Fundament des heutigen Deutschlands dar, dessen Werte mit dem Deutschland der 30er und 40er Jahre nicht mehr vereinbar waren. Der Ursprung der 68er war ein politischer. Ebenso hatten die folgende Friedensbewegung und die aufgekommene Umweltbewegung Ende der 70er

Christin trägt ein Tattoo in Lautschrift am Unterarm

„ZWAR HABEN INZWISCHEN VIELE LEUTE EIN TATTOO, ABER ICH SEHE ES ALS REFERENZ AUF MEIN GERMANISTIKSTUDIUM“

Jahre politische Interessen und haben die Gesellschaft als Subkulturen beeinflusst. Auch wenn der Atomausstieg einen langen Weg brauchte und möglicherweise noch nicht am Ziel ist, auch wenn Kriege bis heute aprobate Mittel sind, um politische Interessen durchzusetzen und der Klimagipfel in Kopenhagen als gescheitert betrachtet werden kann – die Einflüsse der gesellschaftlichen Gegenbewegungen sind nicht zu leugnen. Martin Luther King ebnete Barack Obama ebenso den Weg wie die Emanzipation den für Angela Merkel. Mit der im Laufe der Jahrzehnte zunehmenden Demokratisierung und Pluralisierung der Gesellschaft schwanden auch die politischen Missstände, gegen welche die Jugend rebellieren konnte. Jugendbewegungen entsprangen nicht länger dem politischen Gestaltungswillen, die Notwendigkeit zu Veränderungen lockte immer weniger Engagierte auf die Barrikaden. Der Pluralismus und seine Institutionen nehmen gesellschaftlichen Konflikten ihre Explosivität, die Vielseitigkeit der Meinungen entschärft Abweichungen vom allgemeinen Wertekanon, Rebellion ist mittlerweile überflüssig. Wenn es keine Ungleichheit mehr gibt, gegen die es sich zu kämpfen lohnt; keine Ideale, für die man das Audimax besetzt – was bringt eine Gesellschaft dann noch voran? Nach welchen Veränderungen strebt sie? Vielleicht kehrt sich dann der gesamte Prozess um. Wir streben nicht mehr nach Gleichheit, weil sie erreicht ist, sondern wollen anders sein als der Rest, uns abheben und befreien von den als Fesseln empfundenen Werten der breiten Masse, vom Mainstream. Wir wollen Individualisten sein. Anders. Und wir drücken unsere Andersartigkeit, unsere Originalität und unseren STIL vor allem durch Mode und Musik aus. Wir fühlen uns Gruppen zugehörig, die sich über eine bestimmte Musikrichtung definieren oder einen speziellen Kleidungsstil pflegen. Diese Gruppen, wir nennen sie hier Substreams, sind keine echten Jugendbewegungen mehr, weil sie im Grunde nichts bewegen wollen, keine politische Vision verfolgen. Wir sind Indies, Hip-Hopper, Metaller, Gothics, Punks, Rocker oder einfach alternativ. Wir umgeben uns naturgemäß mit Menschen, die denken und fühlen wie wir, und neigen dabei oft dazu, uns vom Rest der Gesellschaft abzugrenzen und uns selbst in unserer Gruppe einzugrenzen. Dabei geht es nicht um Intoleranz. Die meisten Menschen akzeptieren den Musik- und Modegeschmack der „Outsider“, aber eben deswegen finden sie auch keinen Zugang zum „inner circle“. Dieser Tunnelblick verschließt uns die Augen vor den vielfältigen Einflüssen der Masse, wir selektieren und erweitern unseren beispielsweise musikalischen Horizont nur innerhalb unseres speziellen Genres und sind oft blind für „mainstreamigen“ Input. „Mainstream“ ist in bestimmten Kreisen ja beinahe eine Beleidigung, wer würde sich selbst so bezeichnen? Was der Mainstream im Unterschied zu den Substreams zu bieten hat, ist Vielfalt, die Offenheit für jegliche Trends und Hypes, die die Gesellschaft am laufenden Band produziert. Wir kritisieren die Oberflächlichkeit und Allgemeinheit, die dem Mainstream zugrunde liegen, und versuchen ihnen durch einen beinahe zwanghaften Individualismus zu entfliehen. Wir wollen tiefer blicken als in das Nachmittagsprogramm von RTL II, wir wollen uns abheben von jenen, die mit dem Minimal-Horizont der


breiten Masse den Blick über den Tellerrand verweigern. Wir vergessen dabei, dass eine Leitkultur die Grundfesten unserer Gesellschaftsordnung widerspiegelt, den Konsens gemeinsamer, gereifter Moral- und Wertvorstellungen darstellt und unsere Gemeinschaft nach außen vertritt. Woher also hat der Mainstream sein schlechtes Image? Die meisten Subkulturen und Substreams sind irgendwann so populär, dass sie den Sprung in die breite Masse schaffen, besonders wenn wir bei unserem Beispiel von Musik und Mode bleiben. Sie werden zu Trends und entsprechend von Mode und Musikproduzenten „gehypet“, um anschließend wieder in der Versenkung zu verschwinden. In diesen kurzen Phasen findet man Klamotten im Secondhand-Stil bei H&M und ehemalige Independent-, weil unkommerzielle, Bands in den Charts, die inzwischen viel zu erfolgreich für ihre ursprüngliche Klientel sind. Der Mainstream greift derartige Phänomene auf den Gipfeln ihrer Popularität auf, macht sie gesellschaftsfähig und lässt sie wieder fallen, wenn die Euphorie abebbt oder ein neuer Trend im Kommen ist. Das verleiht ihm die kritisierte Oberflächlichkeit und Sprunghaftigkeit, der die Mitglieder der Substreams entkommen wollen. Aktuell haben wir so viele Substreams zur Auswahl und den so großen Wunsch, der Durchschnittlichkeit zu entfliehen, dass sich kaum noch jemand zum Mainstream bekennt. Ist der Mainstream also tot? Oder ist die Identifikation mit einem Substream ein so übergreifendes Merkmal der Jugendkultur, dass sie den neuen Mainstream kennzeichnet? Ist der krampfhafte Individualismus, das ewige Streben nach Einzigartigkeit zum Trend geworden? Wenn ja, wo gipfelt er? Selbst innerhalb der Substreams streben dessen Mitglieder immer weiter nach Abgrenzung: Die Hip-Hopper unter sich wollen immer noch ein bisschen cooler sein als die anderen, die Goths immer noch ein bisschen düsterer als der Rest und die Emos immer noch ein bisschen sensibler als ihre Freunde. Es bilden sich Substreams in den Substreams, die Gruppen werden immer kleiner und exklusiver, immer besonderer und gesellschaftsunfähiger. Wenn Indie-Musik so unbekannt und unkommerziell ist, dass nur eine Handvoll Leute sie kennt, neigen diese wenigen Kenner manchmal dazu, sich weiter zu spezialisieren und die Verbindung zu den Outsidern zu verlieren. Das besondere Wissen und die Exklusivität des Geschmacks können uns leicht zu Arroganz und Intoleranz verleiten. Wohin also führt dieser Wunsch nach Besonderheit in letzter, wenn auch unrealistischer Konsequenz? Zur Einsamkeit in einem superexklusiven Insider-Universum. Solange unser Bedürfnis nach Zugehörigkeit und Anerkennung jedoch überwiegt, bleibt uns die einsame Coolness erspart, denn: „cool“ is just one letter away from „fool“. <

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Fotos: Michael Schultz

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Björn trägt Röhrenjeans und ein RayBan-Brillenimitat

„MIR IST DAS EGAL, OB ANDERE LEUTE DARÜBER NACHDENKEN, WAS ICH ANZIEHE. ICH TUE DAS JEDENFALLS NICHT, HAUPTSACHE MIR GEFALLEN MEINE KLAMOTTEN“

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Nora trägt ein grünes Retro-Kleid mit Goldschmuck

„WAHRSCHEINLICH LIEF SCHON MEINE OMA VOR FÜNFZIG JAHREN SO RUM, ABER IM GEGENSATZ ZU DEN MEISTEN ANDEREN GEFÄLLT MIR DER STIL IMMER NOCH, DAS HAT NICHTS MIT ALTMODISCH ZU TUN “


WISSENSCHAFTSSTADT ROSTOCK! SERIE ZUR DEKADE

Der Wissenschaftsstandort Rostock 2020? Den vielfach erträumten Nobelpreisträger aus der Hansestadt wird es auch dann nicht geben. Aber einige Nobelpreisträger statten in den nächsten zehn Jahren der Regiopole gewiss ihren Besuch ab.

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TEXT: Michael Lüdtke GRAFIK: Christian Kobsda

SERIE: DIE DEKADE

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as in den Jahren nach der Wende gesät wurde, steht nun zur Ernte an: Die modernisierten Einrichtungen bieten beachtliche Bedingungen. Die berufenen Dozenten holten Forschungsprojekte in die Stadt, die nicht nur zur Reputation des Standorts beitragen, sondern im Stile eines Schneeballsystems weitere gute Wissenschaftler locken und hiesige halten, die wiederum eigene Projekte einwerben. Zur Ernte wird auch gehören, dass es weitere Graduiertenkollegs geben wird, größere wissenschaftliche Konferenzen, einige Sonderforschungsbereiche der Deutschen Forschungsgemeinschaft und größere Forschungsprojekte des Bundesforschungsministeriums. Das ist weder Naivität noch Hoffnung. Denn schon die Gegenwart kann sich blicken lassen: Europas bedeutendstes Institut für Katalyse steht wo? In Rostock. Chemieund Pharmakonzerne aus aller Welt reißen sich darum, Forschungsprojekte mit der als LIKAT bekannten Einrichtung durchzuführen. Über die Hälfte der Mitarbeiter des zur Leibniz-Gemeinschaft gehörenden Instituts sind über solche Projekte finanziert. Auf diese Weise trägt Wissenschaft übrigens zur regionalen Wirtschaftsentwicklung bei: Arbeitsplätze werden geschaffen – hochwertige und gut bezahlte wohlgemerkt –, die junge Leute an sich binden, die zum Großteil hier dauerhaft sesshaft werden, Familien gründen und einige – wenn auch noch immer zu wenige – sogar Unternehmen. Und es geht weiter so: Deutschlands modernstes und größtes Meeresforschungsschiff, die „Maria S. Merian“, hat seinen Heimathafen wo? In Rostock – geführt vom Leibniz-Institut für Ostseeforschung. Wo wird das Projekt koordiniert, das weltweit die Fischbestände überwacht? In Rostock – koordiniert vom von Thünen-Institut für Ostseefischerei. Welche Einrichtung trägt maßgeblich dazu bei, dass es klares Datenmaterial zur Bevölkerungsentwicklung gibt, das nicht weniger als zum Erhalt des Sozialstaats beiträgt? Genau, das Max-Planck-Institut für demografische Forschung – mit Sitz in Rostock. Und: Welcher Standort gewann 2009 als einziger im Bundeswettbewerb „Spitzenforschung und Innovation in den Neuen Ländern“ gleich zwei Projekte unter nur elf Siegern? Richtig, Rostock.

Um an all die aufgezählten Erfolge anknüpfen zu können, muss künftig ganz besonderes Augenmerk auf der Berufungspolitik liegen. Denn: Eine exzellente Person bleibt nicht lange allein. Betrachtet man Rostock überdies durch die Brille eines Stadtentwicklers, fällt auf, wie viel Wissenschaft es in dieser kleinen Stadt gibt. Neben den noch immer unzähligen Gebäuden der Universität gibt es auch die Hochschule für Musik und Theater – die sich bekanntlich weltweit ebenso wenig verstecken muss, wenn es um die Qualität der Ausbildung geht. Hinzu kommen die genannten Leibniz-Institute, die allesamt in den vergangenen zehn Jahren saniert beziehungsweise neu gebaut wurden. Das gilt ebenso für das Fraunhofer-Institut für Graphische Datenverarbeitung und das Fraunhofer-Anwendungszentrum für Großstrukturen in der Produktionstechnik. Letzteres wird nun zum bundesdeutschen Zentrum für maritime Forschung ausgebaut. Auch in dem im Fischereihafen gelegenen von Thünen-Institut für Ostseefischerei wird eine bauliche Erweiterung überlegt; soll doch in den nächsten Jahren eine Hamburger Forschungsabteilung nach Rostock umziehen. Wissenschaft ist in Rostock also Dynamik, die in Beton gegossen aufzeigt, welche Entwicklungen die rund 5.000 in der Wissenschaft Beschäftigten zurückgelegt haben und welche künftig möglich sind. So kann am Ende stehen, was jetzt nur wenige glauben: dass Wissenschaft Rostocks Antrieb ist. Dass die Wissenschaft wesentlich für die Ansiedlung und Gründung von Unternehmen ist. Dass Rostock eine Wissenschaftsstadt ist. <

MICHAEL LÜDTKE ist Geschäftsführer der Wissenschaftsinitiative „Rostock denkt 365°“ sowie Geschäftsführer der Interdisziplinären Fakultät der Universität Rostock.

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Die Wissenschaft hat sich ihren Weg sogar schon in die Rostocker Theater gebahnt – wie hier zu sehen bei einer Performance zur „Langen Nacht der Wissenschaften“ im vergangenen Jahr. Foto: Uni Rostock


STUDENTEN AN DIE KAMERAS! Während die Universität mit einem eigenen YouTube-Kanal auf neuen Medienwegen wandelt, sind kreative Rostocker Studierende bisher im Bereich des Fernsehrundfunks kaum vertreten. Eine Spurensuche. TEXT: Andreas Lußky

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er YouTube-Kanal der Uni Rostock beinhaltet nützliche und interessante Videos: Festivitäten, wichtige Ereignisse wie die Gründung der Uwe Johnson-Gesellschaft, niedliche Tipps für Erstsemester, denen Module als Spielzeugbausteine nähergebracht werden, und sogar einen französischen Videosprachkurs. Dabei stellt sich die Frage: Wo sind die Beiträge der Studenten selber? Ein Videobeitrag über den heuler als Selbstmachmedium führt mich zur Frage nach Selbstmachvideos vom studentischen Zeitgeschehen. Begeben wir uns auf die Suche nach studentischer Mediengestaltung. Die ersten Erfolge fördern, wie erwähnt, die traditionellen Medien zutage: der heuler und das Campusradio – gute Ansätze, kreativ und abwechslungsreich, aus dem vollen Unileben quasi. Aber den Schritt vor die Kamera scheinen nur wenige zu wagen. Dabei böte das Medienzentrum der Uni nicht nur Technik en masse, sondern sogar ein eigenes TV-Studio.

Dennoch darf es, zumindest was diese Sparte betrifft, als brachliegend bezeichnet werden. Nur zu leicht macht es sich, wer hier das fehlende Engagement der Studis kritisieren möchte, denn schließlich mangelt es nicht an Ideen, sondern vielleicht eher am Know-how und einem motivierenden Rahmen. Was vielen vielleicht gar nicht bewusst ist: Es gibt in Rostock in Form des Offenen Kanals (rok-tv) seit nun schon 13 Jahren nicht nur eine Möglichkeit für jedermann, sich medial zu präsentieren, sondern Technik und Anleitung inklusive. Und hier findet man in der Tat erste studentische Gehversuche, meist unter Federführung der Uni, die die Möglichkeiten für einige besondere Seminare nutzt. Zum Beispiel das Seminar „rok-tv – ‚…zum nächsten Mal schalten Sie wieder ein …“, das vom Lehrstuhl für Kommunikationswissenschaften angeboten und von Frank Passon geleitet wird. Seit dem vergangenen Wintersemester produzieren Studierende aus verschiedenen Fachbereichen darin das Magazin „Zoom Rostock“. Dieses hat es sich als Ziel gesetzt, einen kritischen Blick auf Themenbereiche zu werfen, die alle Rostocker mehr oder weniger betreffen, jedoch bis dato zu wenig Aufmerksamkeit erfahren haben. So standen in der ersten Sendung Fußgänger und Fahrradfahrer im Fokus und nächstes Mal wird die Kulturlandschaft unter die Lupe genommen. Das Konzept der Sendung verwirklicht die Vision eines praxis- und teamorientierten Kurses, in dem Learning by Doing im Mittelpunkt steht. Gruppenweise wird ein Konzept für einen circa vierminütigen Einspieler entworfen und im Anschluss in die Praxis umgesetzt. Man sieht: Die Möglichkeiten und das kreative Potenzial sind vorhanden, allein fehlt es wohl an einer Initialzündung für die Rostocker Studierenden. Es gilt, Interessierte und Angebot zusammenzubringen. Der neue Leiter des Rostocker Offenen Kanals, Sören Köhn, möchte deshalb darauf hinarbeiten, die Förderungsmöglichkeiten wie das reichhaltige Kursangebot bei rok-tv – neben den obligatorischen Kamera- und Schnittkursen werden auch Interviewtechniken und Filmtheorie vermittelt – noch gezielter auch an der Universität bekannt zu machen.

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Dabei ist ihm als ehemaligem Rostocker Studenten die Medienkompetenzförderung sowie die Verbindung von Medien und Bildung ein ganz besonderes Anliegen. Und nicht nur er weiß zu berichten, dass es einst bereits ein „CampusTV“ gegeben hat, das nun leider schon vor Jahren eingestellt wurde. Auch deswegen begrüßt er Ansätze wie das Magazin „Zoom Rostock“. Er hofft, dass durch Seminare wie dieses möglichst viele Studierende, die sich als „Produzenten“ bei rok-tv anmelden, ihr neues Wissen auch nach dem Seminar für kreative Produktionen nutzen werden. Die Möglichkeit eines Praktikums inklusive Mitgestaltung des sendereigenen „Sputnik“-Magazins steht beispielsweise jedem offen. Oder warum nicht im Rahmen von „heulerTV“ beziehungsweise als Videoblog auf der neuen heuler-Website? Es mangelt nicht an Möglichkeiten – daher bleibt mir nur der Aufruf: Zukünftige Fernsehreporter der Uni Rostock, vereinigt euch! <

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Studenten proben die Arbeit vor der Kamera. Foto: rok-tv

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NACH TEL AVIV Zwei Freunde fassen sich ein Herz und wagen sich damit an den Traum vieler Menschen: Sie schreiben ihr erstes Buch – gemeinsam. Wie ist es, plötzlich Schriftsteller zu sein? TEXT: Tanja Frenzel

„Luft. Endlich wieder Luft – sie riecht so köstlich nach Veränderungen. Von überall wehen die verschiedensten Gerüche, alles deutet auf Veränderungen hin. Darauf, dass die Stadt aus einem Dornröschenschlaf erwacht, darauf, dass sich nun die Tiere, die Blumen und die Menschen wieder frei bewegen und wachsen können. War doch der Winter so lang, so kalt und ähnlich meiner Stimmung.“ Genau so beginnt das erste Kapitel des Buches, das den vorläufigen Titel „Nach Tel Aviv“ trägt. Die ersten Reaktionen, die das junge Autorenduo bekam, als sie von ihrer Idee erzählten, waren fast ausschließlich geprägt von Begeisterung: Der 24jährige Ted fährt mit der Bahn nach Hause und lässt dabei sein Leben Revue passieren. Seine komplizierte Kindheit, seine kraftraubende, drogenbefleckte Jugend, seine unglückliche Zeit bei der Marine, seine vergebliche Suche nach der großen Liebe – all das nimmt ihm die Lust, noch länger dem vorherbestimmten Weg zu folgen, der aus nichts anderem als Uni, Arbeit und Schlafen besteht. Er verliebt sich und setzt sei-

ne Hoffnung in ein Mädchen, das er im Internet kennen gelernt hat, doch schon bald will sie nichts mehr von ihm und seinen andersartigen Gedanken wissen. An diesem Punkt stellte sich die elementare Frage des Buches: Welche Richtung soll es einschlagen? Worauf soll der Fokus gelegt werden, um etwas Neues zu erschaffen, etwas, das so noch nicht da gewesen ist? Nach langen Diskussionen einigten sich die Autoren darauf, dass es weder ein Liebesroman, ein Erfahrungsbericht, noch ein allzu populäres Buch werden soll. Es soll gesellschaftskritisch werden, dem System den Spiegel vorhalten und bestehende Normen, Werte und Ansichten in Frage stellen. „Auf keinen Fall“, so betonen sie, „soll es eine Anleitung zum Glücklichwerden sein, denn das muss jeder für sich selbst herausfinden. Es ist eine Momentaufnahme, die die Hauptfigur Ted als scheiternden jungen Mann darstellt, der sein Glück in Tel Aviv sucht. Nicht mehr und nicht weniger.“ Doch Ted findet in Israel nicht seinen inneren Frieden, er greift erneut zu Drogen und nimmt dabei eine weiter auf Seite 36 >


BACK TO THE ROOTS — VON DER KINDHEIT LERNEN

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Die meisten Menschen verbinden mit ihrer Kindheit glückliche Erinnerungen. Warum kehren wir dann nicht wenigstens in unserer Freizeit ab und zu dorthin zurück? TEXT: Vanessa Wolf ILLUSTRATION: Hannes Falke

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Überdosis. Er entkommt dem Tod knapp und muss zurück in Deutschland eine therapeutische Lebensberatung wahrnehmen. Und wie es der Zufall will, steht genau die Frau als Beraterin vor ihm, in die er sich vor Monaten im Internet verliebt hat – Polly. „Besonders Spaß macht es, die Psychen der Figuren zu formen, ihnen Leben einzuhauchen. Für uns ist es unheimlich wichtig, dass sie vielfältige Charakterzüge besitzen.“ Dabei ist es außergewöhnlich, dass sich beide Autoren jeweils in die Rolle von Polly und Ted hineinversetzen und aus ihrer Sicht erzählen, was das Buch authentischer machen soll. Die ersten beiden Kapitel handeln von Teds Vergangenheit, die er immer wieder in Rückblicken aufgreift. Davon ist er so überwältigt, dass er nach Tel Aviv flieht und sein Leben als Teil der Gesellschaft überdenkt. Polly hingegen gehören der dritte und vierte Abschnitt. Ihr Freund hat mit ihr Schluss gemacht, sie fällt in ein tiefes Loch und denkt an Selbstmord. Vor anderen gibt sie sich stark, doch innerlich ist sie zerbrochen. Als sie Ted kennenlernt, ist sie erst skeptisch, doch sieht sie in ihm auch einen Mann, der hinter ihre Fassade blickt und ihr wahres Ich sieht. Sie hat eine riesige Angst davor, erneut verletzt zu werden, und distanziert sich dann von ihm. Als er nach Monaten der Kontaktlosigkeit als Patient vor Polly steht, beginnt das Chaos im Herzen erneut, doch ihr Verstand hat gesiegt. Während der Behandlung entsteht zwar eine tiefe Verbundenheit zwischen ihnen, doch gehen beide nach der Therapie auseinander. „Der definitiv schwierigste Teil des Schreibens ist, sich ein Ende zu erdenken, das nicht platt und vorhersehbar kommt. Wir wählen bewusst kein Happy End, wie es sich der Leser wünscht, und lassen Polly und Ted sofort glücklich bis an ihr Lebensende werden.

Das würde nicht unserer Einstellung zum Leben entsprechen.“ Ein Taschenbuch soll es werden, nicht mehr als einhundert Seiten lang. Das Cover ist bereits skizziert und das Einzige, was noch fehlt, ist der Feinschliff an der Wortwahl, die bildliche Ausgestaltung und Kleinigkeiten, die die Figuren noch echter machen. Das wahrscheinlich größte Problem wird die Publikation sein. Vielversprechende, aber auch zwielichtige Angebote finden sich im Internet. Hier muss man sehr aufpassen, wem man das Werk anvertraut, um nicht schamlos ausgenutzt oder von unkreativen Teenagern kopiert und über den Tisch gezogen zu werden. Fast das gesamte Buch wurde am Telefon besprochen und diskutiert, ewig lange E-Mails ausgetauscht und die Kapitel des anderen kritisiert, ergänzt und korrigiert. Doch das finale Kapitel soll am Strand, zwischen der Weite des Himmels und des Meeres und mit dem Blick auf die Schiffe geschrieben werden. Wie sagte schon Ted: „Ich möchte nie wieder in mein altes Leben, in die Uni, auf Arbeit gehen, möchte ich doch immer an der Sonne sein, am Strand mit einem Cocktail in der Hand und den Sonnenuntergang genießen, während ich die Schiffe an- und wegfahren sehe, und ich mich fragen kann, welche Geschichte dahinter steckt, was die Leute zu dieser Reise bewegt hat. Steckt doch hinter jeder Reise ein Ziel. So gerne hätte ich auch eins.“ <

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Zwischen Telefon und Laptop: Junge Autoren schreiben ihr eigenes Buch. Grafik: Michael Schultz

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intendo Wii, PlayStation, myFarm bei Facebook, studiVZ, Twitter, … die Aufzählung könnte ins Unendliche gehen. Das alles sind Dinge, die wir heute brauchen, um unsere freie Zeit ausfüllen zu können. Wir verbringen Stunden vor dem Laptop und dem Fernseher, ob alleine oder in Gesellschaft. Selbst ein Treffen mit Freunden endet immer häufiger vor einem schlechten Film oder beim gemeinsamen Singstar-Spielen. Kritik an diesem Phänomen unseres Zeitalters gibt es genügend. Doch viel interessanter ist die Frage: Womit haben wir eigentlich die Jahre unseres Lebens verbracht, als wir noch keinen Computer, kein Internet und keine Nintendo Wii besaßen? Unsere Kindheit bestand nahezu ausschließlich aus Freizeit, und gelangweilt haben wir uns nicht. Wie war das möglich? Und warum können wir nicht einfach zurück zum stundenlangen BauklötzchenTurm-Bauen, Regenwürmer-Einfangen und KuscheltierFamilien-Gründen? Weil wir groß und vernünftig sind. Weil wir anspruchsvoller geworden sind mit der Zeit. Weil uns nicht mehr Bauklötze, sondern die Architektur der Dubai-Hochhäuser interessiert. Weil uns die Physiologie von Regenwürmern zu Genüge im Biologieunterricht erklärt wurde. Weil wir uns so langsam um unsere eigene Familienplanung kümmern müssen. Und weil wir sowieso viel größere Probleme haben. Doch was nützt da sture Ablenkung durch schnelllebigen Spaß bei Computer-Spielen? Unsere Reize werden überflutet und wir verlieren immer mehr den Bezug zur, insbesondere sozialen Realität. Deshalb ist es an der Zeit, nochmal wehmütig zurückzublicken in unsere Kindheitsbeschäftigungen – und diese wieder in unser Freizeitrepertoire aufzunehmen. Einige zumindest. Vielleicht werden wir nach einigen Lebensjahren im Zeitalter des Medien-Technik-Computerspiel-Wahnsinns doch einfach wieder auf uns selbst zurückfallen. Und die Lösung zur Füllung des entstandenen Freizeitlochs in der Kindheit suchen. Wir sind darauf jetzt vorbereitet.


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Schaukeln

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Sandburgen bauen

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Höhlen bauen

Was wir früher höchst ergiebig auf jedem erdenklichen Spielplatz

Gerade jetzt, wo es Sommer wird und der Warnemünder Strand

Insbesondere bei Gewitter hat man sich als Kind unter ein schüt-

enthusiastisch getan haben, ist uns heute ein wenig fremd gewor-

sich von Tag zu Tag mehr füllt, kann man die vielen Kinder dabei

zendes Wolldecken-Dach gelegt und im Halbdunkel gewartet, bis

den. Das Benutzen eines öffentlichen Spielplatzes ist nur für Kinder

beobachten, wie sie schwere Eimer voller Wasser und Sand

die Gefahr vorüber war. Dabei hat man kaum Luft bekommen, aber

bis 12 Jahre gestattet und die Schaukelbretter sind meist viel zu

herumtragen, um damit ihre ersten architektonischen Bauwerke zu

es war weich, kuschelig und warm. Genau das, wofür kaum mehr

schmal für unser in die Breite gegangenes Gesäß. Doch wer lange

errichten. Eine Sandburg zu bauen verlangt viel Kreativität und ein

Platz bleibt im Alltag: ein Ort voller Geborgenheit. Wenn man

sucht, der findet auch die geeignete Schaukel. Und dann gibt es

Höchstmaß an räumlichem Vorstellungsvermögen. Unsere Fähigkei-

diesen dann auch noch aufwendig in der Wohnung selbst errichtet

nichts Schöneres als sich durch die Lüfte zu schwingen. Am besten

ten diesbezüglich haben sich seit unserer Kindheit enorm vermehrt,

hat, macht es hinterher gleich noch mehr Spaß, denn dann darf

an einem lauen Sommerabend.

weshalb die Größe und Pracht der Sandburgen, die wir heute

man sich getrost vom anstrengenden und verzwickten Höhlenbau

bauen könnten, sicherlich auch ins Unermessliche steigen würde.

erholen. Und dabei einen Tee trinken. Mit einem Schuss Alkohol.

Mit vielen Freunden zusammen macht das auch heute noch eine

Das dürfen wir ja jetzt.

Menge Spaß. Das vollendete Bauwerk kann man dann gemeinsam beim Sonnenuntergang mit kaltem Bier und Blick aufs Meer feiern.

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Enten füttern

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Memory spielen

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Gute-Nacht-Geschichten erzählen

In Rostock am besten möglich am Schwanenteich an der Kunsthal-

DAS Kinder-Standard-Spiel schlechthin, das alle guten Eltern ihren

Als Kind konnte man ohne eine Gute-Nacht-Geschichte mit Happy

le. Man benötigt lediglich einige Reste von altem Brot und gutes

Kindern vorlegen, um schon in jungen Jahren ihr kleines poten-

End nicht einschlafen. Wir lauschten stets gespannt den wilden

Wetter. Nach einem schönen Spaziergang um den idyllischen

zielles Gedächtnis-Genie zu fördern. Als Kind war man sich der

Abenteuern, die sich unsere Eltern für uns hatten einfallen lassen.

Teich herum bringt es nämlich enorme Entspannung, auf einer

Anstrengung nicht bewusst, spielerisch konnte man erstaunliche

Heute sind wir alt und erfahren genug, um uns selbst originelle

Bank sitzend den Enten beim Futterkampf zuzusehen. Und wenn

Gedächtnis-Leistungen erbringen. Genau das, was einem heute

Geschichten auszudenken! Was uns früher beim Einschlafen gehol-

man Glück hat und gerade Sommer ist, dann kann man vielleicht

im Alltag nur allzu oft fehlt. Memory spielen – die Lösung für alle

fen hat, beruhigt uns jetzt garantiert auch noch und bietet darüber

einige niedliche Entenbabys bei ihren ersten Schwimm-, Tauch- und

Vergesslichen und jene, die es nicht werden wollen.

hinaus interessante Einblicke in die Weltsicht des Erzählenden.

Flugversuchen beobachten. Übrigens: Das Übersehen von „Füttern

Denn auch hinter einer Gute-Nacht-Geschichte steckt eine zweite

verboten“-Schildern bringt dazu den nötigen Adrenalin-Kick.

Bedeutungsebene.


BÜCHER, CDs, SPIELE, THEATER, VIDEOS, WEB! REZENSIONEN

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Roman-Trilogie

Prosa

AGOTA KRISTOF – DAS GROSSE HEFT, DER BEWEIS, DIE DRITTE LÜGE Agota Kristof dürfte kaum jemandem etwas sagen. Wer jedoch ihre Trilogie (Das große Heft / Der Beweis / Die dritte Lüge) gelesen hat, sucht sein Leben lang nach einem ähnlichen Buch. Und wird es kaum finden. Krieg: Eine Mutter gibt ihre neunjährigen Zwillinge bei der Großmutter ab. Die Unruhen erlauben es ihr nicht, die Kinder zu behalten. Die Großmutter ist eine verwahrloste Hexe, geizig und gefühllos. Die Brüder richten sich in dieser

Abgeschiedenheit ein und üben sich in Abhärtung: Vortäuschen von Blind- und Taubheit, Übungen im Betteln, Fasten, Stehlen, Quälen und regungslosem Erdulden von Schmerz. Die letzte Disziplin: Töten. Bereits früh offenbart die Geschichte ihre Textstrategie: Die Kapitel sind von den Geschwistern selbst in ein großes Heft geschrieben: „Der Aufsatz muß wahr sein. Wir müssen beschreiben, was ist, was wir sehen, was wir hören, was wir machen.“

Das Buch ist bedrückend grausam und entwaffnend. Eine von aller Emotion gereinigte Sprache unterstreicht den dokumentarischen Stil: „Das Wort ,lieben’ ist kein sicheres Wort, es fehlt ihm an Genauigkeit und Sachlichkeit. (…) Die Wörter, die die Gefühle definieren, sind sehr unbestimmt, es ist besser, man vermeidet sie.“ Diese Gefühlshygiene ist durchaus effizient: Die Zwillingsbrüder wollen nicht noch einmal wie durch die Mutter verletzt werden. Während die Zwillinge im ersten Buch noch anonym bleiben und im gemeinsamen Handeln miteinander verwachsen, eröffnet der zweite Teil die Namen der beiden, Lucas und Claus (ein Anagramm), und begleitet zunächst einen der beiden. Die Trennung emanzipiert das personale Wir zum Ich, die Personen werden selbstständig: Lucas aber, nun Mitte dreißig, fühlt sich halbiert. Zur vollkommenen Person fehlt ihm der Bruder. Am Ende kommt Claus zurück in die Stadt. Lucas jedoch hat sie bereits verlassen. Claus wird von den Behörden aufgegriffen. Da er sich nicht identifizieren kann (!), wird er verhaftet und kommt ins städtische Gefängnis. Der zweite Teil kommt einer Ruhe vor dem Sturm gleich: Im dritten Buch wird aus dem Perspektivenspiel ein Vexierspiel der vielen möglichen Wahrheiten. Die Geschichte verliert ihren dokumentarischen Stil, rückt näher an die Fiktion und gewinnt immens an Geschwindigkeit. Alles Vergangene wird umgeschrieben, denn „ab einem

bestimmten Moment wird die Geschichte unerträglich, eben weil sie wahr ist“. Erinnerungsunzulänglichkeiten? Schizophrenie? Kriegskompensationsphantasien? Teil 1 und 2 werden noch einmal aufgerollt und erfahren eine Umdeutung. Und nach der letzten Seite sitzt man dann. Lange. STEFFEN DÜRRE

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Agota Kristof: Das große Heft / Die dritte Lüge / Der Beweis. Piper, München, alle rund 180 Seiten, ab 7,95 Euro

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weißer Elefant“?) Die Geschichte „Hush little Baby“ hingegen sticht aus allem heraus. Ist es eine Kain-und-Abel- oder eine verhinderte Zwillingsgeschichte? Ist Kai Arno ein zur Kongruenz verwachsener Siamesenzwilling oder ein persönlichkeitsgespaltener Autist? Diese Kurzgeschichte ist (und, leider: bleibt) der Höhepunkt des Buches. Sandigs Prosa schwimmt irgendwie noch im Kaulquappentum. Doch weder Fisch noch Frosch kann dieses Buch nicht für einen Maßstab ihres Könnens herhalten. STEFFEN DÜRRE Ulrike Almut Sandig: Flamingos Schöffling & Co, Frankfurt/Main 2010, 176 Seiten, 17,90 Euro

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Prosa

ULRIKE ALMUT SANDIG – FLAMINGOS

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Ulrike Almut Sandig, bekannt durch ihre Lyrikbände „Zunder“ und „Streumen“, legt mit dem Erzählband „Flamingos“ ihr Prosadebüt vor. Als Gewinnerin des Leonce-und-Lena-Preises 2009 wurde sie als eine der jungen Literaturszene entwachsene Schriftstellerin gewürdigt. Ihr Buch jedoch ist ambivalenter Natur. Wie René Hamann in der taz bemerkte, gibt es auch „schwache Geschichten in diesem Buch“. Doch seine Bilanz, es seien sieben von elf gelungen, kann nicht ganz hingenommen werden. Die inhaltlich durchaus originellen Geschichten schwächeln in ihrer formellen Ausführung. Wie Hamann bemerkt, aber nicht recht entschlossen scheint sich zu bekennen, „ist diese Prosa sehr bemüht, Frische, Unvermittelbarkeit und einen Grad von Entrückung durchzuspielen“. „Sehr bemüht“ trifft es am meisten. Bis auf zwei Geschichten ist das Buch ein recht stilles und hinterlässt sonst kaum ein Echo. So wird Anjas Blindheit in der Erzählung „Mutabor“ in unermüdlichen Anspielungen bis zum Gähnen ausgeschlachtet. Viele schöne Sätze zeigen Sandigs lyrische Herkunft: „Manchmal schwimmt Papier vorbei.“ (Eine Reminiszenz an Rilkes „Und dann und wann ein

Denn man kann das Spiel, so klein wie es ist, überallhin präventiv mitnehmen: In einem unwohlen Moment des Schweigens zaubert man die Karten gekonnt aus seiner Jackentasche und erklärt im Nu die Spielregeln, um sich dann mit maximal sechs Personen die nächsten 45 Minuten zu erfreuen. Gefordert sind eiskalte Berechnung und das adäquate Pokerface, denn nur so hat man die Chance, sein Gegenüber in die Irre zu führen und im richtigen Moment die Zauberer-Karte zu zücken. Wenn man dieses Können dann noch mit ausgereiften magischen Vorhersagekräften paart, hat man die Gegenspieler ausgetrickst. Und gewonnen. So einfach es klingt – jeder gute Magier irrt auch einmal. Aber das sollte kein Hindernis sein, sich einmal auszuprobieren: Die höchste Punktzahl ist mit viel Zauber, aber ganz ohne Zauberstab, zu erreichen, nur mit einigen Karten und dem Gefühl für den richtigen Moment. WIZARD ist leicht zu erlernen, macht viel Spaß und lässt die Emotionen hochkochen. Das ideale Spiel für alle Freunde oder die, die es mal werden wollen! Verzaubernd! VANESSA WOLF WIZARD Preis ab 6,99 Euro, Dauer: 45 Minuten, 4–6 Spieler

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WIZARD: MAGIE PUR Bei WIZARD dreht sich alles um Vorhersagen und das nötige Quäntchen Glück. Jeder Spieler bekommt eine immer höher werdende Anzahl von Karten auf die Hand, mit denen reihum Stiche erzielt werden. Jetzt ist es aber nicht so, dass derjenige die höchste Punktzahl erhält, der den Stich bekommt – dann wären ja keine magischen Fähigkeiten gefordert. Stattdessen muss jeder, sobald er in seine Karten gesehen hat, magisch vorausahnen, welche Stiche er gewinnen wird und welche nicht. Wer sich als gewieftester Magier erweist, der gewinnt am Ende. WIZARD ist ein grandioses, geistreiches Spiel, das sich hervorragend für einen Abend mit Freunden eignet, der lustig werden soll und es leider noch nicht ist.

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Ambient, Electronica

AUTECHRE – OVERSTEPS AUTECHRE haben ein neues Album veröffentlicht! Seit nunmehr rund zwei Jahrzehnten des Projektbestehens entfaltete diese Meldung bei Musikinteressierten ganz unterschiedliche Reaktionen: Die einen konnten noch nie etwas mit den

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echs Schauspielstudenten der Hochschule für Musik und Theater (HMT), die dieses Jahr ihre Diplomprüfung ablegen werden, haben sich kurz vor Ende ihres Studiums intensiv mit Film und Kamera beschäftigt. Dabei entstand eine bunte Mischung an Kurzfilmen, die Anfang April in der HMT vorgeführt wurde. Gezeigt wurden dem Zuschauer die verschiedensten Kurzfilme zu Themen wie Liebe, Gewalt, Verlassenwerden, Gerechtigkeit und dem Alleinsein. Die sechs SchauspielerInnen teilten sich dazu in Dreiergruppen ein, woraus zwangsweise hochemotionale und von Verzweiflung zerrissene Situationen gespielt werden mussten. Dem Zuschauer blieb da gar nichts anderes übrig, als gebannt auf die Leinwand zu starren. Denn die erzählten Geschichten rund um das spannungsgeladene Beziehungsdreieck waren enorm komplex für einen 10-Minuten-Film. Gefehlt haben ein wenig die Leichtigkeit, die Ausgelassenheit und die pure Freude in den dargestellten Charakteren. Es wurde sich nämlich weitestgehend auf Ausdrücke wie Wut, Verzweiflung, Ernst und Besorgnis konzentriert, sodass nach dem Kurzfilmabend offen blieb, ob die sehr talentierten JungakteurInnen auch so etwas wie Enthusiasmus verkörpern können. Dafür zeigte sich das Publikum enthusiastisch und reagierte zu Recht sehr positiv auf die Verwandlungskunst und die Selbstironie der Studierenden. Besonders die Gruppe um Simon Köslich, Luise Heyer und Nadine Rosemann überzeugte durch die selbst ausgewählten Inhalte ihrer Kurzfilme. Nie wurde eine Geschichte zu Ende erzählt, immer hatte man das Gefühl, für einige Minuten in ein emotionales Geschehen einzutauchen, um dann verwirrt wieder zum nächsten Kurzfilm geleitet zu werden. Einen wirklich gelungenen, kurzweiligen Abend haben die angehenden SchauspielerInnen da möglich gemacht – und gleichzeitig enorme Bewunderung gepaart mit viel Respekt für ihr Können und ihre Werke hervorgerufen. Der nächste Kurzfilmabend findet übrigens im kommenden Semester, voraussichtlich im Oktober, statt. Informationen gibt es auf der Homepage der HMT-Absolventen. VANESSA WOLF

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www.schauspielstudenten.de

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Pop

LENA – MY CASSETTE PLAYER Wie die Jungfrau zum Kinde kam Lena Meyer-Landrut zur Musik. Ebenso schwer wie über Marias sexuelle Fertigkeiten zu urteilen, ist es in Bezug auf Lenas tatsächlichen musikalischen Stil. Laut den multimedialen Verlautbarungen ist „My Cassette Player“ innerhalb von nur einem Wochenende produziert worden. Schwer, da eine Richtung zu finden, die auf die Inkarnation der neuen musikalischen Lässigkeit in Deutschland passen würde. Von kleinen hörbaren Fehlern abgesehen, ist das Album zudem auch schizophrener Natur. Internationale Songwriter hinterlassen ihre Handschrift auf diesem Longplayer. Die Britin Ellie Goulding lieferte mit „Not following“ einen der besten Songs. Doch der Raab hat es sich nicht nehmen lassen, einen Großteil selbst zu produzieren. Resultat: punktuelle Verwechslungsmöglichkeiten mit Stefanie Heinzmann! „I just want your kiss“ beginnt zwar dröge und schreit nach Skip, doch der Chorus zeigt immerhin, wohin die Reise gehen sollte. Schade, dass man sich nicht mehr Zeit genommen hat. Natürlich, der Hype ist groß, da denkt nicht nur der Metzgermeister an Verwurstung. Aber unentschuldbar ist die Tatsache, dass die herrliche, bewegende, Gänsehaut verursachende Live-Version von „Mr. Curiosity“ gegen ein glatt poliertes, kristallklar klingendes Studio-Produkt ausgetauscht wurde. Als würden wir sie nicht auch wegen eben jener kleinen Fehler lieben. Fazit: Wer Lenas Stimme liebt – dem

Lena – My Cassette Player Usfo (Universal) Preis: 13,95 Euro

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Indie-Rock/Alternative

THE NEW PORNOGRAPHERS – TOGETHER In der kanadischen Musikszene hat gute Nachbarschaftshilfe Tradition. Neben der eigenen Band betreiben so ziemlich alle erfolgreichen Künstler aus Indie-Gefilden einen Haufen anderer Projekte. Zu einer der erfolgreichsten Supergroups, die sich auf diese Weise zusammengefunden haben, zählen seit dem 2000er-Debüt „Mass Romantic“ mit Sicherheit THE NEW PORNOGRAPHERS. Bandleader A.C. Newman hat seine sieben Gefährten zuletzt ins Studio beordert, um die aktuelle Scheibe „Together“ aufzuzeichnen. Dafür darf man ihm durchaus dankbar sein, denn das neue Album der Kanadier klingt sozusagen sehr „pornographic“. Damit ist weniger Obszönes gemeint als die typischen Eckpfeiler der poppigen PORNOGRAPHERS-Songs: Mehrschichtige Keyboard-Arrangements, präzise Gitarren-Hooks und Akkordwechsel Marke Todd Fancey (hauptberuflich bei THE DESTROYER) und die charakteristischen Stimmen von Newman und Neko Case. Besonders hörenswert sind die Cello-Klänge in „Crash Years“ – Vergleiche zum ELECTRIC LIGHT ORCHES-

sind durchaus nicht abwegig, zumal ein Cello in einem Indie-Rock-Song nicht unbedingt üblich ist. A.C. Newmans Songwriting ist derweilen gewohnt geheimnisvoll. Für die größtenteils unkompliziert angelegten Titel ist das eher ungewöhnlich, teilweise verliert sich das Potential der Songs in dem Gegensatz von einfachen Gute-LauneAkkorden und den komplexen Wortarragements ein wenig. Liegt der Fokus beim Hören aber eher auf der Tanzbarkeit und dem Gute-Laune-Faktor, ist das sicher kein Grund die Titel vom MP3-Player zu entfernen. Außerdem ist Newman weit weg von typischen Pop-Lyrics, was die Halbwertszeit der Platte in vergleichsweise ungeahnte Höhen sprießen lässt. Der tolle Einstieg mit „A Bite Out Of My Bed“ markiert den besten Song des Albums und vermag dauerhaft über sehr repetitive Titel wie „Up In The Dark“, das lediglich von der Basslinie im Chorus überlebt, oder „Your Hands (Together)“ hinweg zu helfen. Ganz so viel Schützenhilfe braucht das restliche Album dann nicht, zumal mit „Silver Jenny Dollar“ und „My Shepherd“ der erste Track zumindest eingeholt, wenn auch nicht überholt wird. Als kundiger Hörer fühlt sich „Together“ richtig an. Das Album reiht sich nahtlos in die Diskografie der Kanadier ein, ohne den „schonmal gehört“-Faktor einer Platte der RED HOT CHILI PEPPERS zu erreichen. Dank der zahlreichen Nebenprojekte der Bandmitglieder mangelt es auf „Together“ an Inspiration jedenfalls nicht. Wer THE SHINS oder SPOON in seiner Playlist hat und auf der Suche nach quietschfidelem Songwriting ist, hat mit „Together“ eine gute Wahl getroffen. Mehr Tiefgang, allerdings auch mit einer gehörigen Portion Schwermütigkeit, gibt‘s ansonsten bei den kanadischen Nachbarn von ARCADE FIRE. MICHAEL SCHULTZ TRA

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bieten sich hier alle Facetten. Nur der eigene Stil, der ist hier nur in Ansätzen zu finden. Das macht das zweite Album viel wichtiger als „My Cassette Player“! 5 von 10 Punkten. PAUL FLEISCHER

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Autechre – Oversteps Warp Records Preis: 16,99 Euro

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britischen Musikmathematikern von AUTECHRE anfangen, denn deren elektronische Geräuschwelten sind ihnen zu abstrakt, zu sperrig und vielleicht sogar zu anstrengend. Andere liefen sofort voller Neugier in einen Plattenladen und kauften bedenkenlos ohne vorheriges Kontrollhören die neue Scheibe derjenigen Electronica-Pioniere, die dem englischen Kultlabel Warp Records gemeinsam mit dem genialen APHEX TWIN zu nachhaltigem Ruhm verhalfen. Das neue Werk „Oversteps“ ist ein großartiges, wahrscheinlich sogar AUTECHRES eingängigstes Album, auf dem sie weiter den Weg beschreiten, den sie bereits mit ihrem Vorgänger „Quaristice“ einschlugen. Trotz unverkennbarer AUTECHRE-Sounds, die manchem noch gut aus den 90ern vertraut sein dürften, wich auf dem aktuellen Siebzigminüter vielerorts die hektische Rhythmik alter Alben verschiedensten Melodiemustern und ruhigeren Klangteppichen, die gelegentlich an „Tangerine Dream“ erinnern. Schon der Opener „Ress“ setzt mit seinem scheinbar absichtlich schlecht getimten Rhythmus und seinen dunklen, echolotartigen Sounds erste Maßstäbe, die anschließend vom zäh dahinfließenden „Ilanders“ und seinen zum Teil lieblichen Melodiefetzen weiter festgelegt werden. „Known(1)“ und „Treale“ sind meine momentanen Albumhighlights. Dabei erzeugt „Known(1)“ mit seinen asiatischen Einflüssen eine Art sakrale Erhabenheit, die durch die hochtönenden, kratzigen Sounds zur wehmütigen Vollendung gebracht wird. Bei „Treale“ gewinnt der Hörer bei all dem sonoren Summen fast den Eindruck, es habe sich ein schwirrendes Insekt in seinem Ohr verirrt. Im weiteren Verlauf wird der Song immer größer, komplexer und endet schließlich mit einer vorzüglichen Tonfolge. „Oversteps“ wirkt mancherorts deutlich dunkler, andernorts dagegen viel leichtfüßiger als vorherige AUTECHREAlben. Dabei enthält es eine Vielzahl von Songs, die daherkommen wie lynchesque Kurzfilme von Regiestudenten im Abschluss-Semester. Dies wird vermutlich nicht AUTECHRES einflussreichstes Album werden, es ist aber vielleicht deren bestes. BJÖRN HENNING

The New Pornographers – Together Matador Preis: 14,99 Euro


TOCOTRONIC – SCHALL UND WAHN Es wird langsam öde, wenn sich die Kritiker mit jeder neuen TOCOTRONIC-Platte überschlagen, die Band wäre ja reifer geworden. Und es nervt auch das ewige Gerede von vielschichtigen Metaphern, hinter denen sich irgendwelche Deutungshorizonte wider den Zeitgeist verbergen. Das mag alles stimmen und auch wieder nicht, um im nebulösen Jargon zu bleiben, auf „Schall und Wahn“ aber attackieren die Tocos durchaus mit offenem Visier. Und das tut verdammt gut. Bestes Beispiel hierfür die erste SingleAuskopplung „Macht es nicht selbst“. Ein technisch eher einfach gehaltener Song, der – und das ist die Ironie – als Ablehnung gegen die ganze „Do it Youself“Kultur verstanden werden kann. „Wer zu viel selber macht, wird schließlich dumm, ausgenommen Selbstbefriedigung“, heißt es da. Oder „Heim- und Netzwerkerei, stehlen dir deine schöne Zeit“. Jeder Unternehmer, der mit vermeintlich flachen Hierarchien, offenen Kommunikationsstrukturen, Vertrauensarbeitszeit und weiß der Geier was noch die letzte Idee in den Köpfen seiner Mitarbeiter in bare Münze verwandeln möchte, sollte diesen Song lieber ganz schnell auf den Index seines nicht-GEZ-registrierten Internetradios stellen. Seine Mitarbeiter könnten sonst auf die Idee kommen, Dienst nach Vorschrift zu verrichten. Das neunte Studioalbum, das nach einem Roman des amerikanischen Literaturnobelpreisträgers William Faulkner benannt ist, ist voll solcher Anspielungen. Skepsis und Verweigerung gegen eine Welt, die dem Einzelnen glauben machen

Tocotronic – Schall und Wahn Vertigo Berlin (Universal) Preis: 15,98 Euro

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oamos.com Will it blend

Videotipp

IPOD IM MIXER Mit klassischer Musik, einer PlastikSchutzbrille und einem sympathisch lächelnden Wissenschaftler lassen sich nicht nur Hörsäle füllen. Auch ein zweiminütiger Videoclip profitiert von dieser reizvollen Mischung – allerdings erst, wenn ein leistungsstarker Mixer mit von der Partie ist. Hier geht es keinesfalls um hundertfach erlebte Alltagschemie oder einen schicken Molekular-Kochkurs. Das Ziel des graumeliert behaarten Pseudo-Profs Tom Dickson ist denkbar einfach: bloße Zerstörung. „Will it blend“ heißt die auf YouTube bereits einschlägig bekannte und schon zu den Klassikern zählende Reihe von Kurzfilmchen. Der Plot ist so banal wie erheiternd: Allerlei technischer Klimbim, natürlich bevorzugt hochwertig, wird von Professor Tom, der bei BlendTec angestellt ist, auf seine Mixbarkeit überprüft. Dabei landen größtenteils hochwertige Geräte im patentierten „Will it blend“-Mixer. Zuletzt wurde Apples iPad zu einem Häufchen Staub verarbeitet, nachdem es von Professor Tom fachkundig mittels Tischkante auf ein mixerfreundliches Format verkleinert worden war. Aber auch allerhand billiger Kram wie Wilco-CDs, Konservendosen und Leuchtstäbe werden pulverisiert. Sehenswert dabei ist das Engagement von Tom Dickson ebenso wie die Sauerei, die der Mann anrichtet. Nicht umsonst heißt es bei zahlreichen Clips „Don’t try at home“ und „Don’t breathe in“. MICHAEL SCHULTZ

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deutscher Alternative-Pop

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möchte, das Glück liege zum Greifen nah, wenn er die unausgesprochenen Regeln in vorauseilendem Gehorsam nur bestmöglich übertrifft. „Im Zweifel für Ziellosigkeit“, „Was wir niemals zu Ende bringen, kann kein Moloch je verschlingen“, „eine Flanke gegen den gesunden Menschenverstand“ – um weitere Beispiele zu nennen. Doch die Tocos sind zu klug, um es einfach bei einer lyrischen Kritik am Zeitgeist zu belassen. Gleich der erste Song auf dem Album liest sich wie eine Spitze gegen die eigenen Fans. „Eure Liebe tötet mich“, heißt es da. Aber nicht, weil man die eigenen Hörer verprellen möchte, sondern um sich gegen Überhöhung und Verklärung zu wehren. „Und doch“, singen sie, „bin ich: unersättlich“. Und vielleicht steckt in dieser kleinen Zeile überhaupt die einzige Grundlage, auf der man als Toco-Fan ruhigen Gewissens eine CD-Besprechung wie diese machen darf. Fehlt noch etwas? Achja, die Musik. Ist sie ruhiger geworden? Im Vergleich zur „K.O.O.K.“ sicherlich, gleichzeitig aber rockt es auch wieder etwas mehr als auf der „Kapitulation“. Feinster Diskursschrammelrock, wie man so schön sagt. Keine überraschende Neuerung, aber angenehm nachdenklich und wild. Und doch: Am Ende der Platte bleibt man etwas ratlos zurück. Den Zeitgeist soll man verweigern, seine Helden besser nicht verehren. Und zu viel Eigendynamik ist schon mal sowieso verkehrt. Was also bleibt? Soll ich am Ende den Mut aufbringen, mich meines eigenen Verstandes zu bedienen? Himmel! Dann doch lieber Selbstbefriedigung. THOMAS DELECAT

Webtipp

META, INSPIRIERE MICH! Rebellisch sein bei der Online-Suche klingt so spannend wie ein FarbbeutelAnschlag auf ein Wahlplakat. Wer allerdings der Google-Suche den Rücken kehrt und stattdessen mit oamos.com die vermutlich weltweit einzige Meta-Inspirations-Engine im Netz testet, erlebt in der Tat einen echten Internet-Trip. Was eine Meta-Inspirations-Engine genau sein soll, verrät oamos.com freilich nicht. Einiges anstellen lässt sich mit der Seite allerdings schon. Das obligatorische Suchfeld und einige Einstellungen haben Einfluss auf die Art der Informationsdarstellung, die es dann förmlich um die Augen und Ohren geschlagen gibt: Sound, Bilder, Textschnipsel, Farben prasseln in wild gemixter Form auf den User ein. Spaßig: wilde Stichworteingabe, Namensuchen und ganz besonders absurde Begriffe. Oamos findet zum größten Unsinn erheblichen Datenmüll und kann bei längerfristiger Nutzung durchaus inspirierend sein. Come on, be a news jockey! MICHAEL SCHULTZ

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www.oamos.com

YouTube-Stichwort: „Will it blend“

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POSTSKRIPTUM

IHR HABT DIE WAHL!

COMIC VON HANNES FALKE

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ie viele Leute lasse ich mich gerne von meinem Radio wecken. Wenn auch tatsächlich gute Musik gespielt wird (und nicht irgendwelche blödsinnigen Gewinnspiele oder Witzchen von abartig gut gelaunten Morgenmoderatoren), dann beginnt der Tag für mich positiv. Vor Kurzem wurde ich morgens aber sehr nachdenklich. Da sangen ein paar Herren „Es könnt’ alles so einfach sein, isses aber nicht“ – und haben meinem Leben damit eine Art Soundtrack gegeben. Ich weiß, der Song ist von den Fanta Vier und auch nicht brandneu, aber ich hatte auf einmal eine deutliche Erkenntnis: Das eigentlich Normale im Leben ist der Misserfolg! Und wenn mir mal wieder nichts so gelingt wie gedacht, kann ich mich mit diesem Titel trösten! Auf dem Weg zur Uni hatte ich dann bezeichnenderweise einen Plattfuß am Fahrrad. Ich wäre so deutlich zu spät erschienen und musste die Veranstaltung letztlich schwänzen. In der Bibliothek waren natürlich genau die Bücher vergriffen, die ich dringend brauchte. Na klasse, ich wollte meinen Vortrag ausarbeiten und hatte jetzt keine Quellen! Auch toll, dass zwei Titel eigentlich da sein sollten, aber offensichtlich versteckt wurden. Am Ende konnte ich auch nichts kopieren, weil das Kopiergerät meine Vorlage gefressen hatte. Und da war es plötzlich wieder in meinem Kopf: „Es könnt’ alles so einfach sein, isses aber nicht.“ Leider ist auch im zwischenmenschlichen Bereich die Situation nicht anders. Wenn die Gegebenheiten schlecht sind, wäre wenigstens ein aufmunterndes Wort Balsam für die Seele. Dass ich mir mitunter den Allerwertesten aufreiße, um die an mich gerichteten Erwartungen zu erfüllen, honoriert niemand! Ich weiß schon gar nicht mehr, wann ich zuletzt gelobt wurde. Mir ist stark aufgefallen, dass wir uns gegenseitig oft nur sagen, was schlecht gemacht wurde. Die Messlatte für Leistungen wird immer höher gehängt und die individuelle Leistungsfähigkeit des Einzelnen nicht berücksichtigt. Und Singles scannen ihre potenziellen Partner so lange gnadenlos durch, bis sie einen Makel entdecken und den anderen darüber abwerten könn e ’ allesn so einfach a . sein,l l„ e E s nen. „Es könnt’ i saber nicht.“ s e s a b isses D Leben e b s e und nL i s Das ist aanstrengend w machen es i uns r auch noch m a c wir s e b es ist e r s selber schwer! Ichl finde, Z zum Umdenken. e i Schließlich t z u m Zeit b ich noch i nicht n mit „I’m i c h bin o s e r “ a loser“ von denl Beatles g e w e c k geweckt worden!

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No. 89 | Mai 2010 Herausgeber: StudentINNenrat der Universität Rostock Redaktionsleiterin (V.i.S.d.P.): Juliane Meißner redaktion@heulermagazin.de

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Parkstraße 06 18057 Rostock Telefon: 0381 498 5604 Telefax: 0381 498 5603

TEXT: Rüdiger Witt

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e n i Anzeigenaquise: Anne-KathrindLeyk e r anzeigen@heulermagazin.de d e Grafik und Layout: Michael Schultz Lektorat: Annika Riepe Mitarbeit: Gesa Römer und Tanja Frenzel Redaktionelle Mitarbeit: Eva Behringer, Emanuel Braun, Änne Cordes, Andreas Dähn, Thomas Delecat, Steffen Dürre, Steffen Eggebrecht, Hannes

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Henning, Anna Hermann, Carlo Ihde, Laura Jantz, Christian Kobsda, Sarah-Jane Kretschmer, Anne-Kathrin Leyk, Andreas Lußky, Karolin Müller, Maria Nieft, André Olbrich, Annika Riepe, Gesa Römer, Michael Schultz, Arne Trott, Rüdiger Witt, Vanessa Wolf Druck: ODR GmbH, Ostsee Druck Rostock Koppelweg 2, 18107 Rostock

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n . S m i t Auflage/Erscheinungsweise: e a t l 3.500/vierteljährlich Redaktionsschluss für das Heft 89/10 war der 15. Mai 2010. Der nächste heuler erscheint voraussichtlich im Juli 2010. Es gilt die Anzeigenpreisliste Nr. 12/2008.

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