heuler – das Studentenmagazin #90

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NO. 90 | JULI 2010

DAS STUDENTENMAGAZIN DER UNI ROSTOCK

SYSTEMFEHLER

TRIAL & ERROR IN DER LEHRERBILDUNG

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# GEFRAGT Henry Tesch im Interview

GESCHÄRFT Profillinie für INF

GESCHEITERT Bildungsstreik am Ende?


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ZEIT ARBEIT EDITORIAL

RÜCKR SPIEPS GELLEG

NACH DEM LETZTEN HEFT ... Was in der letzten Ausgabe des heulers eine Premiere darstellt, soll künftig stärker mit ins Heft eingebunden werden: Die Verwendung von QR-Codes. Sie ersetzen das Abtippen von Informationen und sparen so Zeit und Nerven. Sicher habt ihr die verpixelten Quadrate schon auf mehreren Produkten entdeckt, wir wollen die Codes künftig auch nutzen, um Print- und Webinhalte besser zu verbinden. Technische Voraussetzung ist ein Java-fähiges Handy mit Kamera: Der Code wird mit der Kamera fotografiert und durch ein Programm entschlüsselt, das leitet euch dann zur hinterlegten Information weiter. Um diesen QR-Code zu scannen, benötigt man eine sogenannte Reader-Software. Diese ist kostenlos und von diversen Anbietern, wie zum Beispiel www.mobile-barcodes.com, für ver-

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ie Redaktion ist müde. Schlafmangel verursachende Layout-Exzesse, bei denen das Licht am Ende des Tunnels – das fertige Heft – stets noch weit entfernt zu sein scheint, symbolisieren den Urkonflikt studentischen Engagements: Es kostet Zeit, Zeit und vor allem Zeit. Und Zeit ist knapp. Da muss man Prioritäten setzen und manchmal Dinge links liegen lassen. Was nicht jedem gradlinigen Power-Studenten liegt und sich auch nicht jeder leisten kann, ganz egal, aus welchen Gründen. Und so galoppiert ein Großteil der Studierendenschaft durch ihr Studium, ohne den Blick über den Tellerrand des normalen Studentendaseins hinaus zu wagen. So sieht es also mager aus, auf den Bewerbungslisten für den StuRa oder auf den Straßen, wenn für eine bessere Bildung demonstriert werden soll. Keine Zeit, keine Zeit ... Natürlich gibt es sie noch, die Engagierten unter uns. Vielleicht sind sie nicht in der Mehrheit, aber ihr Wirken ist wichtig und spürbar. Ein studentischer Prorektor, der übermüdet und mehr schlafwandelnd als wach ob der Vielzahl der zu bearbeitenden Probleme und deren Nebenkriegsschauplätzen, über die Flure der Universität wandelt. Oder die Lehramtsvertreter, die sich nebenbei mit pfundschweren Gesetzestexten quälen und quälen müssen – weil sie etwas verbessern wollen: nämlich ihre Ausbildung und auch ihre eigenen Perspektiven hinsichtlich des zu erlernenden Berufes. Auch das Wirken jener, die sich über Monate im Rahmen der Bildungsaktion betätigt haben, ist nicht zu verachten. Immerhin folgte der Bewegung mit der Bolgogna-Woche eine Zeit »intensiven Dialogs«, wie es der Rektor nannte. Doch wie sieht es wirklich aus? Lohnt es sich, Stunden um Stunden zu investieren? Was sind die Ergebnisse

schiedene Handymodelle verfügbar. In einigen Handys ist der Reader bereits serienmäßig installiert. Auf welche Handys das zutrifft und wie man den Reader auf dem Handy installiert, erfahrt ihr auf den Herstellerseiten eurer Mobiltelefone. < Im Blog parallaxe.blogsport.eu löste der Kommentar des Autors zum Mainstream-Artikel in unserem letzten Heft äußerst zwiespältige Gefühle in uns aus: Einerseits waren wir entzückt, Feedback zu erhalten und uns somit vergewissern zu können, dass der heuler nicht nur dazu dient, die Studenten in langweiligen Vorlesungen wach zu halten oder um wackelnde Küchentische zu stabilisieren. Andererseits machte der Blogger unsere anfängliche Euphorie bereits im ersten Absatz wieder zunichte, in dem er schreibt: »Der Heuler ist ja eine dieser Publikationen, die man aus absoluter Langweile mal durchblättert, wenn sie irgendwo im Seminarraum rumliegen.« Und heuler auch

der angesprochenen Prozesse, auch und vor allem in Hinblick auf die studentische Teilhabe? Der neue heuler versucht, diese Fragen zu beantworten: Ein Interview mit Bildungsminister Henry Tesch soll Antworten auf drängende Fragen hinsichtlich der Lehramtsausbildung geben. Ein kritischer Kommentar schätzt dazu den Wert der getätigten Aussagen ein. Eine Retrospektive der Arbeit des scheidenden StudentINNenrats beurteilt die turbulenten Geschehnisse der vergangenen Monate. Ein Gespräch mit Hochschulforscher Peer Pasternack liefert eine historische Perspektive der studentischen Selbstbeteiligung. Und ein Streitgespräch mit einem Vertreter der Bildungsaktion bietet die Plattform für den öffentlichen Diskurs, der vielleicht früher hätte stattfinden sollen. Die Universität, die Politik, das simple Leben sind allesamt auch Prozesse. Auf diese gilt es Einfluss zu nehmen und Impulse zu geben. Damit die Ausreden all jener hinfällig werden, die jenes Maß immer wieder als Argument für ihr Fernbleiben benutzen, brauchen wir ein neues Credo: Zeitwohlstand für alle! Nicht immer nur voran, im irren Tempo. Auch einmal innehalten – sich umsehen und sich begreiflich machen, was um einen herum geschieht. Doch dem Bewusstsein um die Probleme muss zwangsläufig auch die Tat folgen. Meckern ist leicht. Ändern schon schwerer. Und wer keine Zeit aufwenden möchte, der fehlt im Problemlösungsprozess. Vielleicht sollte die Politik von Geldspenden absehen und nur noch Zeitspenden annehmen. Und jeder, der kann, gibt etwas ab. Man stelle sich nur mal die Auswirkungen vor. Und jetzt viel Spaß beim Zeitnehmen für den neuen heuler! <

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| paul@heulermagazin.de

noch großgeschrieben. Das tut weh. Trotzig weiterlesend erhielten die Autoren Änne Cordes und Paul Fleischer die Quittung für ihren Beitrag: »Fatale Fehlwahrnehmung, Ignoranz, ein weiteres Beispiel für die berüchtigte postmoderne Abschaffung der Politik«, ätzt der Blogger. Feedback ist Feedback. Mehr davon! < Auch der Ulmenhof-Artikel sorgte für Kritik. In unserer letzten Ausgabe wurden unter anderem zu hohe Mietpreise und bauliche Mängel thematisiert – Probleme, die auf der ersten Sitzung des StudentINNenrats im Juni ebenfalls angesprochen wurden. Für die Sitzung am 14. Juli soll Herr Stoll, Geschäftsführer des Studentenwerks, dem Gremium Rede und Antwort stehen. Dabei wird es auch um die kostenintensive Mensa Card gehen. Da StuRa-Sitzungen hochschulöffentlich sind, kann jeder Interessierte an der Sitzung teilnehmen und darauf hoffen, dass Herr Stoll Licht ins Dunkel bringt. <

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INHALT STUDENTENLEBEN

UNIVERSITÄT

LEHRAMTSPROBLEMATIK

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ACHILLES VERSE

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POLITISCHES

KULTUR

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7

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Interview zur Selbstverwaltung

26 THEATER ALS INSTITUTION

STURA-WAHL

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PEER PASTERNACK PROBLEME DER LEHRERBILDUNG 8 SELBSTVERSUCH Interview mit Henry Tesch

KOMMENTAR RINGVORLESUNG Kritik am IDS-System

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Das Rudern wiederentdeckt

11 PRO/CONTRA 12

GUTE TATEN FÜR ALLE

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COPY & PASTE

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LADIES FIRST

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Gesetzliche Grauzonen

2

19

Rückblick und Ergebnisse

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Interview mit Lutz Hagestedt

DEEP ASTA HORIZON

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ASTA-NEWS

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FASHION & LIFESTYLE

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Was geht in Rostock?

8

6

Karriereplanung für Frauen

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PENCK-AUSSTELLUNG

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DEUTSCHE SPRACHE

36

Back to the roots?

SERIE — DEKADE

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Künstliche Intelligenz

BILDUNGSSTREIK

12

Parolen vs. Wirklichkeit

MONO-MASTER

16

JOACHIM GAUCK STUDIEREN IN FERNOST

22

Imagekampagne für Ost-Unis

SOCIAL NETWORKING

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REFERATSKULTUR

24

Zwischen Kritik und Frustration

HURRICANE Ein Bericht aus dem Dreck

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REZENSIONEN

Besuch an der Uni Rostock

LHG-NOVELLE

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POSTSKRIPTUM

33

42

Kolumne|Comic|Impressum

Eine Zwischenbilanz

POLITISCHE BILDUNG

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Bücher|Spiele|CDs|Video|Web

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RÄTSELSEITE

Veranstaltungstipps

BILDNACHWEIS

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1 Pressedienst des Kultusministeriums 28 Paul Fleischer 4 Studieren in Fernost 567 Christian Kobsda 9 Sophie Lehmann


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UNIVERSITÄT

TITEL — LEHRERAUSBILDUNG

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illkürlich, undurchdacht und übereilt sind Schlagworte, die im Zusammenhang mit den aktuellen Änderungen in der Lehrerbildung von Mecklenburg-Vorpommern zu hören sind. Zu Recht, findet auch Prof. Dr. Illona Schneider, Grundschulpädagogin an der Uni Rostock. Vertreter des Instituts für Gundschulpädagogik sowie des Zentrums für Lehrerbildung (ZLB) sind verärgert über die überstürzt eingeführten Veränderungen, die ohne vorige Absprache mit ihnen beschlossen wurden. Dabei stehe das ZLB für »dringend benötigte Innovation der Lehrerbildung«, so Bildungsminister Henry Tesch (CDU), der die Einrichtung im Januar 2009 feierlich eröffnete. Umso erstaunlicher ist, dass Tesch mit seinen Reformen erst in der zweiten Phase der Lehrerbildung ansetzt und somit das ZLB und die Pädagogen und Didaktiker der Universität Rostock vollkommen übergeht. Die Reformen seien in ihren Folgen nicht bedacht und böten keine ernsthafte Lösung, so Schneider in einer von ihr verfassten Stellungnahme zur Doppelqualifikation. Diese seien »in Deutschland ein einzigartiger Vorgang bildungsbürokratischer Willkür und ein Rundumschlag nicht zu übertreffender Hilflosigkeit«. Kurzer Rückblick: Im Februar 2009 verspricht Minister Tesch, die Qualität der gesamten Lehrerausbildung zu verbessern. »Jeder Lehramtsstudent muss bereits im ersten Semester merken, dass er zum Lehrer ausgebildet wird«, so Tesch in einer Rede zum Tag der Referendare. Des Weiteren wolle er Anreize schaffen, um die Junglehrer in MV zu halten. Im März dieses Jahres kommt es dann zur umstrittenen Einführung der Doppelqualifikation, die Studenten des Lehramts Gymnasium die Möglichkeit eröffnet, ihr Referendariat an einer Grundschule zu absolvieren und somit zwei Abschlüsse zu erhalten. Besonders widersprüchlich hierbei: Bereits beschäftigte Lehrer, die an die Grundschule wechseln möchten, müssen

CHANCE ODER SACKGASSE? Noch immer muss sich Bildungsminister Henry Tesch vielen Kritikern stellen und seine Reformvorschläge rechtfertigen. Sieht so ein gutes Bildungssystem aus? Wir haben nachgefragt. TEXT: Gesa Römer ILLUSTRATION: Hannes Falke ein Aufbaustudium absolvieren, um sich die fehlenden didaktischen Fähigkeiten anzueignen. Seit der Drucklegung des letzten heulers ist auch in den regionalen Medien weiterhin viel über die Reform diskutiert worden. Es gab mehrere Regionalkonferenzen, die sich mit diesem Thema beschäftigten. Diese fanden unter anderem in Neubrandenburg und Güstrow statt, skurrilerweise aber nicht in der Universitätsstadt Rostock, die den Großteil der Lehrerbildung in MV koordiniert. Die tarifliche Einstufung jener »Zwitter-Lehrer«, die juristischen Konsequenzen von zwei jeweils nicht vollständigen Ausbildungen und die daraus resultierenden Schwierigkeiten beim Wechsel in ein anderes Bundesland sowie die viel zu schnelle Umsetzung ohne Einbezug der ersten Ausbildungsphase sind weitere Probleme, die an der angekündigten »Verbesserung der Qualität« zweifeln lassen. Und auch die versprochenen »Anreize« findet man wohl eher in Nachbarbundesländern. In den letzten Wochen konnte das Ministerium jedoch aufatmen. Ein anderes Problem der Lehrerbildung in Mecklenburg-Vorpommern rückte in den Fokus der Betrachtung: Die Lehrerausbildung an zwei Standorten – in

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Rostock und in Greifswald – verschlingt zu viele Gelder und soll daher stärker aufeinander abgestimmt werden. Während das Bildungsministerium in Schwerin sich nun freut, dass es nicht mehr im Mittelpunkt steht, versuchen sich Vertreter der beiden Universitäten gegenseitig Rechte und Finanzmittel für die Lehrerausbildung wegzuargumentieren. Kern der Problematik ist eine Forderung des Landes, Studiengänge, die es in beiden Hansestädten gibt, in einer von ihnen einzustellen. Unter anderem wurde daher das Institut für Slawistik an unserer Alma Mater geschlossen. Eine vom Land beschlossene Zielvorgabe besagt, dass Rostock den Staatsexamensstudiengang Jura auslaufen lassen und Greifswald im Gegenzug parallel zur Umstellung des Lehramtsstudiums auf Bachelor/Master die Ausbildung der Lehrer größtenteils einstellen soll. Letzteres ist nun jedoch hinfällig, da die Lehramtsstudiengänge vorläufig weiterhin mit Staatsexamen abgeschlossen werden. In Greifswald wurden daraufhin die Immatrikulationszahlen für Lehramtsanwärter stark erhöht, was dazu führte, dass die Zahl der eingeschriebenen Studierenden sich in diesem Bereich fast verdoppelte. Durch einen Beschluss des Landtages wurde die Verlagerung der Lehramtsstudiengänge von Greifswald nach Rostock im vergangenen Herbst vorerst gestoppt, da eine Bedarfsplanung einer Entscheidung vorgelagert werden sollte. Seit dann vor Kurzem in Greifswald bekannt wurde, dass diese andeutet, die Lehramtsausbildung an der Ernst-Moritz-Arndt-Universität größtenteils zu beenden, wurden auch dort einige Studenten wachgerüttelt. Diese versuchen nun sehr medienwirksam, ihre Uni als Ausbildungsstandort zu halten. Zwischenzeitlich hat das Bildungsministerium endlich eine Stellungnahme zur Problematik abgegeben: Das Ministerium empfiehlt, die Lehrerbildung in Greifswald – abgesehen von dem Fach Kunst und Gestalten – vollständig einzustellen. <


Stören euch die überfüllten Seminare, die schlecht ausgestattete Bibliothek oder die unzureichende Lehre? Schildert uns euer Problem und wir veröffentlichen es, auf Wunsch auch anonym, denn nur so kann sich etwas verändern. U redaktion@heulermagazin.de

TODGEWEIHTE

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s ist nicht so, dass die Angst der Greifswalder Studierendenschaft um ihre Philosophische Fakultät (PHF) nicht verständlich wäre: Die Juristische Fakultät Rostocks ist vor fünf Jahren ebenfalls aufgrund von bedarfsorientierten Zielvorgaben des Landes auf ähnliche Weise inklusive Demonstrationen, Unterschriftensammlungen und symbolischer Grablegung zur Schlachtbank geführt worden. Das war nicht schön. Milde formuliert. Der vom Land angestrebte Abbau der Lehramtsausbildung in Greifswald lässt den Kampf der dortigen Studierendenschaft um die Philosophische Fakultät verstehen. Der Erhalt der PHF ist zu unterstützen. Unter anderem aufgrund der dortigen Unikatfächer, die Rostock nicht ad hoc ausbilden kann, und im Interesse der dortigen Lehramtsstudierenden, die ihr Studium ohne größere Einschränkungen abschließen müssen. Aber was sich in den letzten Wochen zwischen den Studierendenvertretungen der Universitäten abgespielt hat, gleicht einer schlecht inszenierten politischen Seifenoper: erst ein Besuch der Greifswalder Studierendenvertretung bei den Rostockern ohne inhaltliche Vorwarnung mit Bitte um bedingungslose Unterstützung; dann der Rückzug bei der Erkenntnis, dass ein Blankoscheck aus Rostock nicht kommen kann, weil der hiesige StudentINNenrat sich berechtigterweise an den Zielvereinbarungen von 2006 orientiert, an die sich Rostock gehalten hat; dann ein unfassbares organisatorisches Hickhack um einen Arbeitskreis beider Studierendenschaften, der einen beiderseits gewünschten Kompromiss finden sollte; dann die kontinuierliche Greifswalder Unterstellung, Rostock strebe keine Zusammenarbeit an. Und zwischendurch leichte Annäherungen, die im Stundentakt gekippt wurden. Mittendrin,

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»Wie bekomme ich nur alles in meinen Stundenplan?«

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» Ja! Ich hab‘ einen Platz für Schulpraktische Übungen! Schon in fünf Semestern!«

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»Immer bekommt der Bachelor mehr Aufmerksamkeit …«

bevor irgendein Kompromiss oder überhaupt ein Treffen zustande kam, die Veröffentlichung des Positionspapiers der Greifswalder Studierendenschaft zur Lehramtsausbildung, welches im Sinne des Erhalts ihrer Philosophischen Fakultät war, das die hiesigen Lehrämter aber aus inhaltlichen Gründen als Diffamierung des Standorts Rostock sahen. Und über allem schwebte die Drohung, die Studierendenschaften müssten auch noch in den nächsten Jahren zusammenarbeiten können und die Atmosphäre solle nicht auf Jahre vergiftet sein. Der Frustration des Rostocker Allgemeinen Studierendenausschusses, der in seinen Bemühungen um einen kompromissorientierten Lösungsvorschlag permanent ausgebremst wurde, war bald keine Grenze mehr gesetzt. Nein, das war ein politisches Desaster sondergleichen. Verletzte Eitelkeiten, Realitätsverlust, Geltungsdrang und diplomatisches Ungeschick ließen einer konstruktiven Zusammenarbeit keinen Raum. Peinlich. Dass es letzten Endes doch zu offenen Gesprächen kam, ist der glücklichen Spontanität einiger Greifswalder geschuldet, die den Mut hatten, sich ernsthaft um Zusammenarbeit zu bemühen und sachlich, mit berechtigtem Kampfgeist und Verständnis für die Rostocker Lage, die eigenen Ziele zu vertreten. Das war achtungsgebietend und im Sinne einer zukunftsorientierten Kooperation. Die Zukunft der Lehrerbildung in MV braucht starke Studierendenschaften, die sich gemeinsam für eine exzellente Lehrerausbildung engagieren. Denn bei all dem fiel beinahe unter den Tisch, dass auch die Lehramtsstudierenden in Rostock mit ihrer Situation nicht glücklich sind: Die ihnen drohende unsägliche Doppelqualifikation, der stets beklagte Mangel an Räumen, die katastrophale Situation der knappen Möglichkeiten, Schulpraktische Übungen zu belegen, sind Probleme, die Rostock nicht für jeden Lehramtsstudierenden attraktiv machen. Fragt man bei Betroffenen nach, stellt man fest,

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dass es bei manchen schon daran hapert, ihren Stundenplan effektiv zusammenstellen zu können. In einigen Studienfächern werden die Lehramtsstudierenden weder von Kommilitonen noch von Dozierenden ernst genommen. Sie werden mit Lernstoff belastet, den sie für ihre spätere Berufsausübung niemals brauchen werden. Die Studentische Lehramtskonferenz als Vertretung der Rostocker Lehramtsstudierenden kämpft an allen Fronten gleichzeitig und ist am Limit ihrer personellen und zeitlichen Möglichkeiten des Engagements. Unterstützung und Entlastung sollten hier beginnen, um zeitnah zur Umsetzung von Lösungsvorschlägen zu kommen. Die Greifswalder Philosophische Fakultät verdient ein Weiterleben – eine Universität ohne Geisteswissenschaften ist im Hinblick auf das Humboldtsche Bildungsideal nicht vertretbar. Aber dafür ist nicht zwangsweise der Erhalt der Lehrerbildung in Greifswald notwendig, die PHF wird mit interessanten Bachelorstudiengängen ihren Bestand sichern können. Siehe Juristische Fakultät in Rostock. Hier wurde der Staatsexamensstudiengang Rechtswissenschaften eingestellt. Im Interesse der Schaffung einer exzellenten Lehrerausbildung, die im Gegenzug hier konzentriert werden sollte. Und sie muss: Wir brauchen eine exzellente Lehrerausbildung und wir brauchen sie hier. Denn mit der Entscheidung für Rostock als Standort der Lehrerbildung in MV kann echte Qualität in der Lehrerbildung geschaffen, die aktuellen Probleme gelöst und die Universität Rostock ein Paradebeispiel für eine gute Lehramtsausbildung werden. Wenn die Universität Rostock die Chance dazu bekommt. Im Interesse aller Schüler, die durch gut ausgebildete Lehrer zu gut ausgebildeten Studierenden werden. Das ist nicht zuletzt das Erbe des beliebten Staatsexamensstudiengangs Jura, aus dessen Trümmern sich eine hochqualifizierte Lehrerbildung in Rostock entwickeln muss. Das schulden wir der Juristischen Fakultät. <

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ES GEHT NICHT UM EINE DAUERLÖSUNG

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Bildungsminister Henry Tesch (CDU) stellt sich einem Interview mit dem heuler und antwortet auf die drängendsten Fragen rund um die Doppelqualifikation sowie die Chancen und Probleme der Lehrerausbildung in MecklenburgVorpommern. Erfahrungsgemäß steht Tesch für solcherlei Interviews gar nicht zur Verfügung. Auch in diesem Fall war er nur zu einem schriftlichen Interview per E-Mail bereit, was leider die Möglichkeit, nachzuhaken und Gegenfragen zu stellen, verhinderte. Dennoch kommen endlich auch einmal diejenigen zu Wort, die direkt betroffen sind: An der Zusammenstellung der Inhalte waren unter anderem studentische Lehramtsvertreter beteiligt. Was sie von den Antworten halten, erfahrt ihr im Kommentar zum Interview auf Seite 11. INTERVIEW: Änne Cordes, Paul Fleischer, Gesa Römer

1 Illustration: Sophie Lehmann 234 Illustration: Hannes Falke 2 3


heuler: Sehr geehrter Herr Tesch, Sie sind als Gymnasiallehrer mit der Lehramtsausbildung und dem dahinter stehenden System mehr als vertraut – von Ihrer Position als Bildungsminister einmal abgesehen. Sehen Sie sich selbst in der Lage, im Falle des Falles eine Grundschulklasse adäquat unterrichten zu können? Henry Tesch: Ich habe bereits Grundschüler unterrichtet und das hat mir sehr viel Freude bereitet. Deshalb würde ich aber noch nicht behaupten, alles über Grundschulpädagogik zu wissen. Ich persönlich habe einen großen Respekt vor den Grundschullehrerinnen und -lehrern. Warum müssen praktizierende Gymnasiallehrer, die an der Grundschule unterrichten wollen, ein Aufbaustudium an der Universität absolvieren, während doppelt zu qualifizierende Referendare ohne dementsprechende didaktische Schulungen an der Grundschule unterrichten dürfen? Ich sehe diese Möglichkeit einer Doppelqualifizierung als einen Gewinn für alle Beteiligten. Für das Land besteht der Gewinn darin, dass wir dort, wo uns der Nachwuchs momentan fehlt – nämlich in den Grundund Regionalschulen –, Brücken bauen und die Berufsvorbereitung denen anbieten, die gerne im Lande bleiben wollen, auch wenn sie eine andere Qualifikation haben. Sie werden ja nicht alleine gelassen im Vorbereitungsdienst und erhalten die entsprechende begleitende Ausbildung und Betreuung von erfahrenen Grundschulpädagogen. Für die Referendare besteht der Gewinn darin, dass sie neben ihrer eigentlichen Ausbildung eine zusätzliche Qualifikation erhalten, die es ihnen ermöglicht, sich nach der Ausbildung zu entscheiden, ob sie zunächst lieber in einer Grundschule in Mecklenburg-Vorpommern arbeiten wollen, um vielleicht später, wenn der Bedarf wieder gegeben ist, in ein Gymnasium des Landes zu wechseln, oder ob sie die bundesweiten Möglichkeiten einer Einstellung an einem Gymnasium nutzen. Natürlich ist die Doppelqualifizierung eine große anspruchsvolle pädagogische Herausforderung. Aber ich bin davon überzeugt, dass es gerade für Gymnasiallehrer eine wichtige pädagogische Erfahrung sein

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»EINE VERLÄSSLICHE LEHRERBEDARFSPLANUNG IST ÜBER JAHRE VERSÄUMT WORDEN« kann, auch einmal hautnah den Unterricht in einer Schulart wie der Grund- beziehungsweise der Regionalen Schule und die damit verbundenen unterschiedlichen methodischen Herangehensweisen zu erleben und zu praktizieren. Diese Erfahrung sensibilisiert für die Übergänge zwischen den Bildungsabschnitten, bereichert somit das methodische Potenzial und trägt zur Entwicklung der Lehrerpersönlichkeit bei. Dürfen angesichts der Doppelqualifikation künftig auch Sonderpädagogen ihr Referendariat an Grundschulen absolvieren und anschließend auch dort unterrichten? Schulartenübergreifend zu unterrichten, ist eine pädagogisch spannende Angelegenheit. Die Option der Doppelqualifizierung ist allerdings beschränkt auf die Bewerbergruppe der Gymnasialabsolventen. Dies auszuweiten auf andere Schularten, ist nicht angedacht. Ist die Doppelqualifikation nur eine vorübergehende Maßnahme, um einen aktuellen Notstand in der Bedarfssicherung auszugleichen, oder ist es vorgesehen, die Maßnahme als dauerhafte Lösung zu etablieren? Es geht hier nicht um eine Dauerlösung. Langfristig streben wir aber an, dass die Hochschulen die Möglichkeit anbieten können, durch ergänzende Module eine zusätzliche Lehrbefähigung beziehungsweise Unterrichtserlaubnis zu erwerben.

Inwieweit können Sie auf Grundlage der Beschlüsse der Kultusministerkonferenz dafür garantieren, dass Gymnasiallehrer mit einer Doppelqualifikation in anderen Bundesländern an Gymnasien unterrichten dürfen? Sie fragen nach der Anerkennung auf Ebene der Kultusministerkonferenz: Da die Referendare eine reguläre Lehrbefähigung für das Lehramt an Gymnasien erwerben und für die andere Schulart lediglich eine Unterrichtserlaubnis für Mecklenburg-Vorpommern, ist die bundesweite Anerkennung gesichert. Welche konkreten Anreize werden infolge der verfehlten Bedarfsplanung und des daraus resultierenden Mangels an Studienabgängern im Grundschullehramt geschaffen? Ist beispielsweise eine personelle Aufstockung an der Universität vorgesehen? Erlauben Sie mir zunächst einmal die Bemerkung, dass dieser Missstand, wie Sie ihn sicherlich zu Recht bezeichnen, endlich einmal konkret benannt werden konnte, da von meinem Haus erstmals eine verlässliche Lehrerbedarfsplanung erarbeitet wurde. Dies ist über Jahre versäumt worden. An den Hochschulen wurde immatrikuliert für Fächer, in denen teilweise noch für längere Zeit keine Einstellung in den Schuldienst des Landes möglich sein wird. Jetzt müssen die Hochschulen umsteuern, erste Pflöcke sind hier eingeschlagen worden: So wird die Aufnahmekapazität in der Grundschulpädagogik zum kommenden Wintersemester annähernd verdoppelt, was sicherlich zu einer Entspannung der Situation im Grundschulbereich führen wird. Wie gedenken Sie, die stetige Abwanderung der Junglehrer aufgrund besserer Arbeitsbedingungen, Verbeamtung und höherer Besoldung in andere Bundesländer zu verhindern? Ich hatte gleich zu Beginn meiner Amtszeit im Jahr 2007 darauf aufmerksam gemacht, dass uns der Lehrernachwuchs ausgehen wird, wenn wir nicht dringend etwas unternehmen. Und wir haben etwas unternommen – inzwischen gibt es das Landesprogramm »Zukunft des Lehrerberufs in Mecklenburg-Vorpommern«, das mit einem ganzen Maßnahmenpaket für Lehrernachwuchs sorgen soll. So wird zum Beispiel jungen

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»Lasst mich raus, ich werde Lehrer, ich muss was Praktisches machen!«

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»Enthusiasmus!!! Motivation!!! Warten aufs Referendariat …«

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»Warum verstehen diese Kinder nichts von Algebra!?!«

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Lehrkräften eine Vollbeschäftigung angeboten mit einer einmaligen Zusatzprämie im Umfang von 2.500 Euro. Wir haben die Bedingungen für Referendare verbessert – es gibt jetzt zwei Einstellungstermine, sonst war es nur einer. Wir haben das Einstellungskontingent für Referendare erhöht. Auch die Doppelqualifikation gehört dazu, um dem Nachwuchs die Möglichkeit zu erleichtern, hier im Land zu bleiben – um nur einige Beispiele zu nennen.

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Die derzeitige Verzahnung zwischen erster und zweiter Phase der Lehramtsausbildung wird von der Mehrheit der Lehramtsstudenten als unzureichend wahrgenommen. Welche konkreten Maßnahmen planen Sie, um die Verzahnung zu verbessern? 10

Wichtig ist eine Lehrerbildung aus einem Guss. Daher ist die Forderung nach Verzahnung der Phasen der Lehrerbildung geboten. Auf der Grundlage von Zielvereinbarungen soll eine beständige Kommunikationsplattform geschaffen werden zwischen Vertretern der Hochschulen (Zentrum für Lehrerbildung), der Landesseminare und der Seminarschulen. Die Gestaltung der Praktika erfolgt in gemeinsamer Abstimmung unter Berücksichtigung der relevanten Ausbildungsstandards. Zum Lehrerbildungsgesetz (LBG) liegen lediglich nicht öffentliche Entwürfe vor. Wie kann eine Modernisierung der Lehrerausbildung erfolgen, ohne dass ein fertiges LBG zuvor verabschiedet wurde? Grundsätzlich ist es richtig, dass die Modernisierung der Lehrerbildung auf der Grundlage eines Lehrerbildungsgesetzes, das es übrigens noch nie gab in Mecklenburg-Vorpommern (also auch etwas, das wir jetzt endlich in Angriff genommen haben), erfolgen sollte. Angesichts der Bedarfssituation an den Schulen war es allerdings geboten, bereits zum jetzigen Zeitpunkt zu handeln und Änderungen vorzunehmen. Wann kommt das Lehrerbildungsgesetz und welche konkreten Veränderungen sind hinsichtlich der Einführung eines Praxissemesters (Schulpraktische Übungen, Praktika und didaktische und pädagogisch-psychologische Ausbildung) vorgesehen?

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HENRY TESCH ist Mitglied der CDU und seit 2006 Minister für Bildung, Wissenschaft und Kultur in Mecklenburg-Vorpommern. Er selbst arbeitete seit 1990 als Lehrer für Deutsch und Geschichte am Gymnasium Carolinum in Neustrelitz, bereits seit 2002 ist er Direktor der Schule. Gleichzeitig ist er seit 1999 Bürgermeister der Gemeinde Roggentin.

Das Lehrerbildungsgesetz wird im nächsten Jahr verabschiedet werden. Es soll unter anderem festgelegt werden, dass die Lehrerbildung ausgerichtet ist auf die Anforderungen des Berufsfelds Schule. Darüber hinaus entwickelt sie die für den Lehrerberuf unerlässlichen personalen und sozialen Kompetenzen weiter. Alle für den Lehrerberuf relevanten Professionsfelder wie insbesondere die Bereiche Schulverwaltung, Schulrecht, Schulentwicklung, Qualitätsmanagement, Haushaltsführung sowie Medienpädagogik und Gesundheitsund Demokratieerziehung werden in die Lehrerbildung integriert. Darüber hinaus sind für alle Lehrämter verbindlich Elemente der Sonderpädagogik verankert. Warum torpedieren Sie das funktionierende System der Landesseminare zugunsten eines nicht zu Ende gedachten Mentorensystems, bei dem die Qualität der Ausbildung gegenwärtig sogar verringert wird?

Von Torpedieren kann keine Rede sein. Wir wollen vielmehr ein System etablieren, in dem der Vorbereitungsdienst eingebunden wird in eine Personal- und Nachwuchspolitik, die auf den tatsächlichen Lehrerbedarf des Landes ausgerichtet wird. Der Paradigmenwechsel in der Struktur des Vorbereitungsdienstes besteht darin, dass die Aufgabenverteilung zwischen den Landesseminaren und den Schulen neu geregelt wird und die jeweiligen Funktionen innerhalb des Ausbildungsprozesses der Zweiten Phase modifiziert werden. Dies bedeutet keine prinzipielle Abkehr vom Prinzip der zweiphasigen Lehrerausbildung, dessen Grundausrichtung auch im Kontext des Benchmarking-Projekts zur Lehrerbildung bestätigt worden ist. In diesem Projekt sind allerdings auch die Grenzen unseres bisherigen Vorbereitungsdienstes deutlich gemacht worden: So ist unsere Ausbildung durch die Schule und durch die Mentoren als mangelhaft bezeichnet worden, und dass sich die Ausbildung darüber hinaus über Jahre auf vergleichsweise wenig Schulen konzentrierte, ist auch wahrlich kein Ruhmesblatt. Darauf müssen wir reagieren: Es finden erstmals verbindliche Fortbildungsmaßnahmen für Studienleiter und Mentoren statt und mit der Ausweitung in die Fläche kommen endlich einmal junge Lehrkräfte an Schulen, die Referendare bislang nur vom Hörensagen oder aus der Berichterstattung in den Medien kannten. Die Schulen müssen hier mehr in die Verantwortung genommen werden. Dass zudem die Mentoren erstmals für ihre Tätigkeit vergütet und Studienleiter die doppelte Anzahl an Anrechnungsstunden erhalten werden, ist auch etwas, das man durchaus einmal auf der Habenseite verbuchen kann und sollte. Es wird sicherlich nicht gleich alles perfekt laufen, das ist klar. Ich bin jedoch davon überzeugt, dass der Weg zur Seminarschule der richtige ist: Hier werden wir noch viel Überzeugungsarbeit leisten müssen, und das tun wir gerne. Warum werden die verschiedenen Lehrämter – insbesondere in Bezug auf das Grundschullehramt, welches die Grundlagen für den späteren Bildungsverlauf legt – unterschiedlich besoldet? Die Eingruppierung für die Besoldung erfolgt entsprechend der Vor- und Ausbildung – also nach deren Inhalt und Umfang. Das ist der bundesweit geltende Grund-

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»Ist meine Doppelqualifikation juristisch anerkannt?«

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»Und welches Bundesland ist das richtige für mich?«

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»Warum bekommt der doofe Gymnasiallehrer an meiner Schule mehr Geld als ich?«


satz in der tarifrechtlichen Besoldung. Es kann sich also nur etwas bei der Vergütung ändern, sobald sich etwas an der Ausbildung ändert, zum Beispiel dahingehend, dass wir den Universallehrer für alle Schularten ausbilden. Aber dafür gibt es bislang keinen Konsens bei allen an der Ausbildung von Lehrern Beteiligten. Es ist daher zu vermuten, dass dies ein langer Weg wird. Ich habe als Präsident der Kultusministerkonferenz bei der Herbstsitzung 2009 in Waren/Müritz die entsprechenden Forderungen der Gewerkschaften und Verbände entgegengenommen und an die tarifführenden Stellen weitergeleitet. Ich halte es für sehr sinnvoll, in dieser Frage am Ball zu bleiben. <

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Bildungsminister Henry Tesch im Gespräch – allerdings nicht mit dem heuler. Wir durften unsere Fragen lediglich per E-Mail stellen. Foto: Pressedienst des Kultusministeriums

WAS BEDEUTET ...? • ZLB – Zentrum für Lehrerbildung: Solche Zentren gibt es bundesweit, seit März 2008 auch in Rostock. Ziel ist die Weiterentwicklung der Qualität der Lehrerbildung und die Stärkung der Bildungsforschung. • SLK – Studentische Lehramtskonferenz: offener, fakultätsübergreifender Zusammenschluss aller Lehramtsstudenten der Universität Rostock in Zusammenarbeit mit den Fachschaftsräten und des ZLB • Referendar – Lehramtsanwärter mit abgeschlossenem 1. Staatsexamen, noch in Ausbildung • Junglehrer – Lehrer mit abgeschlossenem 2. Staatsexamen, der gerade in den Beruf einsteigt, deshalb auch »Berufseinsteiger« • KMK – Kultusministerkonferenz: regelmäßiges Zusammentreffen der Kultus- und Bildungsminister aller Bundesländer • LHG – Landeshochschulgesetz (siehe S. 32)

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KOMMENTAR Carolin Miesorski kämpft innerhalb der Studentischen Lehramtskonferenz für eine bessere Lehrerbildung an der Uni Rostock. Für den heuler hat sie die Antworten von Herrn Tesch kommentiert.

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pätestens am 1. April 2010 ist aus dem mit Freuden angekündigten neuen Junglehrerprogramm ein extrem verwirrendes Etwas geworden. Referendare wurden mit diesem Datum in Verhältnisse voller Unklarheit eingestellt. Bis zum heutigen Tag liegt ein dicker Schleier über den Erklärungen zu getroffenen Maßnahmen. Das Phänomen Doppelqualifikation bereitet – so vernahm ich aus Gesprächen mit Referendaren, Mentoren und Hochschuldozenten – die größten Bauchschmerzen. Auch wenn ich die Doppelqualifikation für die Lehramtstudenten für Gymnasium als eine schlecht durchdachte Notlösung halte, wäre die einzige Lösung, das Studium der Grundschulpädagogik im Referendariat zu beginnen und über den Berufseinstieg hinaus weiterzuführen – zwar eine spätere Unterrichtserlaubnis, aber gut ausgebildet. Für die Doppelqualifikanten stellt sich immer noch die Frage, ob sie nach Ende des Referendariats auch in anderen Bundesländern angestellt werden würden. Hier wären offizielle Aussagen der Bundesländer wünschenswert, um Klarheit zu schaffen. Nun wird zum Wintersemester 2010/11 die Immatrikulationszahl im Lehramtsstudiengang für Grundund Hauptschule fast verdoppelt, was auch gut ist. Doch dass die Zahl nicht schon vorher angehoben wurde, ist kein Fehler der Universität Rostock, sondern der Hochschulabteilung des Bildungsministeriums. Zudem wird dieser Jahrgang die von Herrn Tesch erwähnte Entspannung der Situation erst in etwa fünf Jahren bringen. Das Ministerium sollte, obwohl Herr Tesch es verneint, doch über die Doppelqualifikation für die Studenten der Sonderpädagogik mit Ausrichtung Grundschulpädagogik nachdenken. Dieses macht mit der im nächsten Schuljahr beginnenden Integration der Sonderpädagogik in allgemeinbildende Schulen mehr

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Sinn. Empfehlenswert wäre eine Expertengruppe, die sich nochmals mit dieser komplexen Problematik befasst, um die bestehenden Mängel der Doppelqualifikation auszubessern. Als Maßnahmen gegen die Abwanderung von Lehramts-Absolventen nannte Herr Tesch nur die eh schon bekannten Anreize Vollbeschäftigung, Zusatzprämie und zwei Einstellungstermine (1. April und 1. Juli). Doch welchen weiteren Ansporn bietet er den Lehrämtlern? Nur diese und eine „Platzgarantie“ reichen nicht aus, wenn die Struktur und das Konzept nicht stimmen. Die jetzigen zwei Einstellungstermine helfen nicht wirklich. Zum 1. Juli sind Absolventen des Sommersemesters noch nicht fertig, können noch kein Zeugnis nachweisen. Diese werden auch kaum bis zum 1. April des nächsten Jahres warten, wenn andere Bundesländer mit attraktiven Stellen schon im Herbst locken. Besser wären Arbeitsbeginne im April und im September, um sich rechtzeitig mit (nachgereichtem) Zeugnis bewerben zu können, sowohl nach dem Sommer- als auch Wintersemester. Die Aussagen von Herrn Tesch über die neuen Seminarschulen und Aufgabenverteilungen unter den Ausbildern sind für mich immer noch zu schwammig. Die Aufgabenverteilung muss definitiv geklärt werden! Welche Rolle spielt künftig noch das Institut für Qualitätsentwicklung MV? Was leisten die Studienleiter noch oder zusätzlich? Dürfen die Mentoren jetzt noch einen Rucksack mehr schleppen? Auch seine abschließend vorgestellte Idee vom Universallehrer befinde ich nicht als die beste. Besonders die Integration des Lehramts für Sonderpädagogik halte ich für schwierig, da nicht jeder Lehrer als Sonderpädagoge geeignet ist. Diese müssen meines Erachtens nach definitiv gesondert ausgebildet werden. Über sonderpädagogische Themen Bescheid zu wissen, ist etwas anderes als sie zu unterrichten. Als Universallehrer muss ich die jeweiligen Anforderungen, meinen Lehrstil und mein didaktisches Vorgehen über mindestens drei Schultypen hinweg differenzieren und auch reduzieren. Ich erachte das als eine (zu) sehr große Herausforderung. Das Konzept des Stufenlehrers könnte da vielleicht mehr Sinn machen. <

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Illustration: Hannes Falke

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DER RING, DER NIE GELUNGEN

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Erneut führt die Interdisziplinäre Ringvorlesung der Philosophischen Fakultät mehr zu Verwirrung als zu fachübergreifender Bereicherung. Nun könnte das Konzept der Veranstaltung bald Geschichte sein. TEXT: Elisabeth Woldt 12

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as haben präkolumbianische Weltkarten, biografisches Wissen innerhalb der spanischen Literatur und mixolydische Tonarten in der Kirchenmusik des 16. Jahrhunderts gemeinsam? Diese Frage stellten sich die angehenden Politikwissenschaftler Peer Klüßendorf und Viatcheslav Obodzinskiy nach den ersten Sitzungen der diesjährigen interdisziplinären Ringvorlesung »Fälschung und Ergänzung« nicht allein. Was hat eine Aneinanderreihung von für Unkundige schwer verständlichen Themen ohne größeren Zusammenhang noch mit Interdisziplinarität zu tun? Wie für alle BA-Studierenden ist die Teilnahme an einer solchen Veranstaltung laut aktueller Prüfungsordnung für die beiden jedoch Pflicht. Am Ende der Sitzungen steht eine 90-minütige Klausur, die das Gelernte überprüfen

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IDS in Bewegung: Nach der Umstrukturierung könnte die Ringvorlesung freiwillig sein. Foto: Bildarchiv Uni Rostock

soll und deren Note dann mit dem Wert eines kompletten Moduls in die Abschlusszensur eingeht. Eine selbstständige Entdeckung von neuen Perspektiven und Methoden in fächerübergreifenden Themengebieten wird so wohl eher erschwert als ermöglicht. Die Diskrepanz zwischen den eigentlichen Entfaltungsmöglichkeiten, die Interdisziplinarität bieten soll, und der tatsächlichen, anscheinend zwanghaft vielfältig gemeinten Ringvorlesung scheinen Peer und Viatcheslav nicht nachvollziehbar. Mit Unterstützung ihres Fachschaftsrates entstand ein kritischer Brief an das Dekanat der Philosophischen Fakultät, der die Problematik und mögliche Alternativen aufzeigen soll. Ein persönliches Gespräch mit dem Dekan Prof. Dr. von Wensierski, dem Studiendekan Prof. Dr. Burschel und dem studentischen Prorektor Heiko Marski folgte und nun werden die Anregungen der beiden Studenten in den ohnehin neu ausgearbeiteten Prüfungsordnungen der Bachelor-Studiengänge berücksichtigt werden. Ein beispielhafter Weg studentischer Mitbestimmung! Leider liegt die endgültige Fassung über die Änderungen im Modul IDS (Interdisziplinäre Studien) zum Zeitpunkt des Redaktionsschlusses noch nicht vor. Es ist jedoch sicher, dass die Reform mit den neuen Prüfungsordnungen kommen wird. Angedacht sind freie Regelungen, die ganz ohne die unbeliebte Ringvorlesung auskommen könnten. Bewertung und Klausur werden wahrscheinlich entfallen. Übrig bliebe die Möglichkeit, Interessengebiete außerhalb des eigenen Studiengangs zu erkunden und dadurch neue Brücken zwischen den Wissenschaften zu schlagen. Ausgehend von zusammenhangloser und verwirrender Multidisziplinarität wäre man dann tatsächlich bei anregender Interdisziplinarität angelangt. <

BILDUNGSSTREIK

STREITGESPRÄCH Der Bildungsstreik wirft viele Fragen auf, nach der gescheiterten Demo Anfang Juni vordergründig folgende: Warum können sich nur noch so wenige Studierende mit den Forderungen der Bewegung identifizieren? Änne Cordes, stellvertretende Redaktionsleiterin des heulers, konfrontierte im Namen der studentischen Skeptiker einen Vertreter der Bildungsstreiker, Peer Klüßendorf, mit Bedenken, Nachfragen und Kritik. Moderiert wurde das Gespräch von Steffen Eggebrecht.

Steffen: Zum Streik kommt es meist, wenn sich zwei Verhandlungspartner nicht einigen können. Sozusagen als letzte Stufe der Eskalation. Muss sich die Studierendenschaft nicht auch eingestehen, dass im Vorfeld des Streiks viel zu wenig passiert ist und dieser nur mithilfe der Dynamik aus Österreich über Süddeutschland hierher geschwappt ist? Peer: Dass im Vorfeld nicht viel geschehen ist, ist vollkommen klar. Generell hätte da viel mehr geschehen müssen – auch vonseiten der universitären Gremien. Vor allem in Hinblick auf die Frage: Wie arbeitet man zusammen? Aber ich würde den Streik nicht abwerten, bloß aufgrund der Tatsache, dass er verspätet kam. Dafür kam er ja dann immerhin mit einem re-

lativ großen Umfang – und das bei der an sich relativ unpolitischen Rostocker Studierendenschaft. Die Audimax-Besetzung war bei uns eher eine symbolische Besetzung. Es wurden Reden gehalten, vor allem wurde damit ein Anlaufpunkt geschaffen, sich zu treffen und zu informieren. Die Wirkung war unglaublich wichtig, auch in Hinblick auf die Organisation der Protestveranstaltung. Der Lehrbetrieb jedoch wurde hierdurch in keiner Weise behindert. Eine Provokation des Rektorats ist hierin nicht zu sehen. Änne: Sind die Leute aber nicht einfach nur auf den Zug aufgesprungen? Frei nach dem Motto – man möchte Teil einer Jugendbewegung sein, man weiß aber gar nicht, wofür man nun kämpfen mag!? Ist dieses Mitläufer-Phänomen nicht auch ein Grund dafür, dass


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sich heute niemand mehr wirklich dafür interessiert? Der Hype ist abgeflaut und die Leute können mit der inhaltlichen Substanz nicht mehr mobilisiert werden.

Umfang des Lernstoffes auch vonseiten der Professoren nicht ausreichend durchdacht wurde: Dasselbe Pensum muss nun in kürzerer Zeit bewältigt werden.

Peer: Ich würde das nicht nur auf das Mitläufertum beschränken. Auch jetzt haben wir noch einen festen Stamm von 40 bis 50 Leuten, die sich immer noch aktiv beteiligen. Das Hauptproblem ist einfach, dass universitäre und hochschulpolitische Arbeit immer langwierig und zeitintensiv ist. Wenn man sich nun vorstellt, dass man sich ein halbes Jahr lang bemüht und dann hinterher feststellt, dass es im Endeffekt dann noch nicht einmal Ergebnisse auf bundespolitischer Ebene gibt, auf landespolitischer Ebene auch kaum und auf der universitären Ebene nur kosmetische Veränderungen, da stellt sich natürlich auch ein gewisser Frustrationseffekt ein, welcher dann dafür sorgt, dass man sich sagt: Jene Zeit investiere ich nicht mehr.

Änne: Was hat denn die Bologna-Woche in diesem Zusammenhang für euch gebracht?

Peer: Das ist ja auch logisch, weil sich seitdem nichts verändert hat. Änne: Kürzlich fand die zweite Demo zum Bildungsstreik statt. Ihr habt es nicht geschafft, die Studierenden zu mobilisieren – wie geht ihr damit um? Peer: Ganz pragmatisch betrachtet muss man sehen, dass es kaum einen Streik gibt, der die Weihnachtsferien übersteht. Das ist irgendwie ein historischer Trend [siehe Interview mit Peer Pasternack; Anmerk. d. Red.]. Das Spektrum allerdings müsste ausgeweitet werden, man müsste noch bekannter werden. Es wird schon viel gemacht und man versucht auch und gerade im Kleinen etwas zu bewegen. Änne: Ich habe den Verdacht, dass sich die meisten Studierenden nicht mit euren Forderungen identifizieren können und auch deshalb nicht an der Demo teilgenommen haben. Wie kommt man zu solchen fast schon politisch behafteten Begriffen wie »Humankapital«? Peer: Das ist natürlich kein Begriff, der von uns stammt, sondern ist tatsächlich ein wissenschaftlicher, der in die ganze Debatte eingeführt wurde. Unser Aufgreifen dieses Worts ist eigentlich auch nur eine Kritik am Umgang mit dem Menschen als Kapitalgut. Wir wehren uns dagegen, alles in Zahlen zu fassen: welchen Wert Bildung hat, was ein ausgebildeter Mensch für einen Wert hat, et cetera. Je mehr allerdings versucht wird, diesen Begriff umzusetzen, desto stärker wächst auch die Bereitschaft zu sagen, es sei okay, wenn jemand unter den Tisch fällt. Prinzipiell steht in Bologna ja auch nicht geschrieben, dass der Mensch in der kürzest möglichen Zeit so viel Wissen wie möglich aufnehmen soll, um dann irgendwo zu funktionieren. Aber genau das wird in Deutschland als Bologna verkauft. Das Problem ist auch, dass die Umstellung der Studiengänge auf das Bachelorsystem in Hinsicht auf den

Steffen: Wie bewertet ihr die Rolle des Rektors? Er war ja sehr kooperativ und hat sich fast mit eurem Bildungsstreik solidarisiert. Fehlte da nicht eine Angriffsfläche, um mehr Leute zu mobilisieren? Peer: Ich finde, er hätte es taktisch nicht besser lösen können. Dieses sehr offene Aufeinanderzugehen nimmt natürlich auch Fahrt aus gewissen Bewegungen heraus. Was man ihm freilich hoch anrechnen muss, ist der Umstand, dass er sich informiert und häufig bei den jeweiligen Veranstaltungen dabei ist. Ich denke, er bemüht sich da schon mehr als andere Rektoren. Steffen: Eine eurer Forderungen war die Demokratisierung und Stärkung der Mit- und Selbstverwaltung in allen Bildungseinrichtungen. Nun haben wir ja das Problem, dass es in Rostock kaum genügend Kandidaten für den StudentINNenrat gibt, dass es oft nur einen Kandidaten für Referate des Allgemeinen Studierendenausschusses gibt und dass im Konzil nach ein paar Monaten oftmals die Plätze der Studenten frei bleiben. Ist diese Forderung daher nicht eine ziemliche Luftnummer? Die Probleme liegen doch bei den Studenten selbst und nicht bei den vorhandenen Strukturen. Peer: Das ist natürlich Forderung als auch Anspruch. Das ist eine Forderung an die Studenten selbst, sich einzubringen. Wir sehen uns in der Pflicht, über Gremien gewisse Stimmungen zu schaffen und Gespräche zu suchen, damit auch an anderen Fakultäten die Möglichkeiten zur Partizipation geschaffen werden. Änne: Es ist zu beobachten, dass zum Beispiel ohne Anwesenheitspflicht bei Vorlesungen auch die Teilnehmeranzahl leidet. Wenn man also diesen Zwang der Anwesenheit von den Studenten nimmt – wie ihr es fordert –, wer geht dann noch zu den Vorlesungen? Wie viel Selbstbestimmung ist also gesund? Peer: Der Verdacht tut sich auf: Der Student will nicht lernen. Es gibt Vorlesungen, die muss man besuchen, weil es das Modul so vorsieht. Natürlich ist es vernünftig, wenn ein Architekt gewisse Vorlesungen besucht und wenn dort Anwesenheitspflicht herrscht – ich will ja nicht, dass mir das Dach auf den Kopf fällt. Es ist ja die Frage: Stellen wir alle Studenten unter einen General-

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Änne: Wie sieht es aus mit der inhaltlichen Weiterentwicklung seit 2009? Gibt es neue Forderungen? Es macht für mich den Anschein, als gäbe es keine Weiterentwicklung, keine neuen Impulse.

Peer: Auf der Bologna-Woche wurde sich angehört, es wurde aufeinander eingegangen, aber im Endeffekt war der Fokus nicht auf die strukturelle Veränderungen gerichtet, sondern es wurde eher kosmetisch ein wenig etwas verändert – zum Beispiel bei bestimmten Modulen. Und auf Landesebene hat sich nicht wirklich viel getan.


verdacht und erlassen deswegen so scharfe Regeln wie möglich? Aber wäre nicht eine frühere Spezialisierung auch in den technischen und naturwissenschaftlichen Studiengängen sinnvoll? Wenn Studenten schon von vornherein wissen, in welche Richtung sie sich spezialisieren möchten? So könnten auch diese Studenten Zeit gewinnen, um sich zum Beispiel in der Hochschulpolitik zu engagieren. Im Moment haben sie nicht mal die Zeit, um in Fachschaften oder Gremien Verbesserungsvorschläge bezüglich ihres Studiengangs einzubringen. Änne: Wenn man unterstellt, dass die Studenten sowieso interessiert an den Vorlesungen sind, dann kann eine Anwesenheitspflicht sie ja wohl kaum stören, oder?

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Peer: Mich stört das. Angenommen, man hat andere Veranstaltungen, die man gerne besuchen möchte, oder ist krank. Es können auch viele Probleme entstehen, wenn man tatsächlich interessiert ist. Man muss ja auch gar nicht diese Anwesenheitspflicht komplett abschaffen, zumindest sollte man sie lockern. Wo ist denn der Unterschied, ob man nun acht von zwölf oder neun von zwölf Veranstaltungen besucht? Steffen: Eine Forderung des Bildungsstreiks war es, zehn Prozent des Bruttoinlandsprodukts für Bildung auszugeben. Laut den Daten der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) und des Statistischen Bundesamts würde dies eine Verdopplung der derzeitigen Ausgaben bedeuten. Wie soll diese Forderung umgesetzt werden, was ist der Lösungsweg?

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Peer: Zunächst ist dies keine Zahl, die aus der Luft gegriffen ist, dies ist ja tatsächlich ein Beschluss der Bundesregierung. In erster Linie wollen wir daran erinnern. Man muss auch aufpassen, wie diese Erhöhung der Ausgaben umgesetzt wird, und darauf achten, dass da nicht irgendwelche Fantasieausgaben mit rein gerechnet werden. Änne: Wir befinden uns aber in einer Wirtschaftskrise. Daher kann man fast froh sein, dass in der Bildung – als einzigem Ressort – nicht gespart wird. Ist es da nicht vermessen, in Anbetracht der Einsparungen im sozialen Bereich noch eine Verdopplung der Bildungsausgaben zu fordern? Peer: Zum einen ist das natürlich eine ältere Forderung. Zum anderen ist das, was die

Bundesregierung macht, eine alte rhetorische Strategie – die auch super funktioniert: Zunächst verkündet man Spar- und Kürzungsmaßnahmen, nach dem Motto »Wir haben überhaupt kein Geld mehr«, um dann zu verkünden: »Aber Bildung ist uns so wichtig, da kürzen wir nicht«. Und schon sind alle zufrieden. Im Endeffekt ist es fraglich, ob man da überhaupt hätte streichen können.

Nochmals auf das Haushaltsdefizit blickend, hätte ich persönlich auch kein Problem damit, Studiengebühren zu bezahlen, wenn sich dadurch die Bedingungen verbessern würden. Ich betrachte Bildung als Investition in mich selbst, nicht nur in Hinsicht auf den Abschluss, sondern dahin gehend, dass ich etwas lerne. Dafür bin auch bereit zu bezahlen, denn davon werde ich in Zukunft profitieren.

Änne: Aber das Haushaltsdefizit ist ja keine Fantasiegeschichte der Regierung, das sind ja existente Probleme.

Peer: Grundsätzlich ist es leicht, aus einer wirtschaftlichen Sicherheit so zu argumentieren. Aber die Unsicherheit wird doch immer größer, wenn ich weiß, ich muss jetzt noch einen Kredit aufnehmen, um die Studiengebühren zu bezahlen. Das ist eine ordentliche Summe, die da zustande kommt. Hierbei darf man dann wieder nicht vergessen, dass noch Miete und sonstige Ausgaben dazu kommen. Daher stellen Studiengebühren für viele Menschen aus ärmeren Verhältnissen eine Hemmschwelle dar, ein Studium anzufangen. Ich weiß nicht, ob man das so verschärfen muss. Klar kostet Bildung Geld. Man könnte einfach sagen, man lässt es gebührenfrei und erhebt einen Bildungssoli oder erhöht den Spitzensteuersatz. Dann haben wir nämlich den gleichen sozialen Effekt und das ohne Tausende von Sonderregelungen.

Peer: Das ist klar, aber solange wir zum Beispiel einen der niedrigsten Spitzensteuersätze im europäischen Durchschnitt haben, finde ich es schon problematisch, wenn gleichzeitig behauptet wird, man hätte kein Geld und man könne die Ausgaben für Bildung nicht erhöhen. Die Zahl der Millionäre ist trotz Wirtschaftskrise wieder angestiegen und da darf man dann schon fragen, ob die Probleme am oberen Ende der Gesellschaft so dramatisch sind, dass man auf gar keinen Fall mehr Geld für Bildung ausgeben kann. Dass die zehn Prozent ein langfristiges Ziel sind, ist klar. Dies auf einen Schlag umzusetzen, wäre unmöglich – aber es wäre schön, damit überhaupt zu beginnen.

»DER VERDACHT TUT SICH AUF: DER STUDENT WILL NICHT LERNEN« Änne: Ein weiterer wichtiger Aspekt eurer Forderungen: Investition in Bildung. Einer eurer Slogans fordert, dass die Regierung Bildung nicht als Investition betrachten sollte. Stellt sich die Frage: als was dann? Peer: Es kommt darauf an, in welchem Rahmen man den Begriff »Investition« sieht. Man könnte am Ende des Studiums einen Kassensturz machen und schauen, ob ich noch einen Gewinn mache – auf das Leben an sich bezogen. Doch das sollte ja nicht die Vorstellung von Bildung sein. »Investition« sollte hier vielmehr im übertragenen Sinne die Investition in zukünftige Gesellschaften meinen. Die Frage ist, ob Geld den alleinigen und wichtigsten Faktor darstellt oder nur ein wichtiger Aspekt neben vielen anderen ist. Steffen: Wenn man aber nun fordert, jegliche Gebühren für das Studium abzuschaffen – wie ihr es tut –, muss man sich dann nicht zwangsläufig mit einer gewissen Mittelmäßigkeit zufrieden geben? Änne: Eindeutig. Ich bin auch kein Gegner von Verwaltungsgebühren und grundsätzlich noch nicht einmal von Studiengebühren. Bildung kostet nun mal Geld, auch eine gute Uni-Ausstattung kostet Geld.

Änne: Sind nicht aber die Eltern auch in der Verantwortung, rechtzeitig vorzusorgen? Für den Fall, dass das Kind wahrscheinlich kein BAföG bekommt, weil die Eltern gut verdienen, könnten sie doch zum Beispiel einen »College Fonds« anlegen, wie es in den USA üblich ist. Warum soll in einem solchen Fall der Staat mit Steuergeldern einspringen? Peer: Ich weiß nicht, warum das die bessere Lösung sein sollte. Man kann einfach die bestehenden Verhältnisse ändern, vor allem, um es den Menschen zu erleichtern, das Studium zu planen. Ein Zahnarzt – als Spitzenverdiener – könnte zum Beispiel über höhere Steuern einen Mehrbeitrag leisten. Ein Kind kann doch überhaupt nichts dafür, wenn die Eltern eine Arztpraxis haben, es aber versäumt haben, in die Bildung zu investieren. Änne: Ist es aber nicht ein Widerspruch, einerseits nach mehr Eigenverantwortlichkeit zu verlangen und anderseits – in Hinblick auf die Finanzierungen – laut nach dem Staat zu rufen?

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Steffen: Vielleicht kommen wir dem Gerechtigkeitsgedanken über ein anderes Thema näher. Eine eurer Forderungen ist die »Breiten- statt Elitenförderung«. Wenn jeder so ein bisschen gefördert wird, dann werden wir nie wieder zum Volk der Dichter und Denker, oder? Änne: Ich bin klar für die Elitenförderung. Außergewöhnliche Talente, außergewöhnlicher Fleiß und außergewöhnliches Engagement gehören durchaus gefördert, auch finanziell. Das ist mir lieber, als wenn wir in der Mittelmäßigkeit verbleiben – im intellektuellen Einheitsbrei sozusagen. Das Exportgut Nummer eins ist nun einmal unsere Forschung und unser Know-how. Daher bin ich ganz klar für Stipendien, auch durch die freie Wirtschaft. Ich sehe da gar keinen Konflikt. Peer: Stipendien aus der freien Wirtschaft finden wir auch in Ordnung. Die Forderung lautet ja nicht, der Staat soll nun jegliche Form von Stipendiensystem abschaffen. Bisher werden 1,5 bis zwei Prozent der Studierenden über Stipendien gefördert. Die Frage, die sich dann stellt, ist: Will man das auf zehn Prozent ausweiten – so wie es die Bundesregierung plant – oder soll dieses Geld nicht auf eine breite Masse verteilt werden? Wenn man schaut, welche Menschen von Stipendien profitieren, sind das in der Regel eben nicht die BAföG-Höchstsatzempfänger, sondern Kinder aus einem akademischen Elternhaus. Die Frage ist: Wollen wir Menschen, denen es ohnehin gut geht, noch weiter unterstützen oder wollen wir andere Menschen unterstützen, ein Studium aufzunehmen? Zum Beispiel über höhere BAföG-Sätze, sodass man nicht zwingend neben dem Studium arbeiten müsste. Ich glaube, hoch kompetente fünf Prozent bringen der Gesellschaft weniger als kompetente 20 bis 30 Prozent. Wenn wir sowieso wollen, dass langfristig 40 Prozent eines Jahrgangs studieren, müssen wir die auch fördern. Änne: Ich bin vollkommen deiner Meinung, dass mehr der sogenannten Arbeiterkinder an die Unis geholt werden müssen. Dort muss die Förderung viel früher beginnen, sodass auch die Bereitschaft, ein Studium aufzunehmen, steigt. Aber auch das Engagement der »reichen Akademikerkinder« muss sich doch lohnen! Sie bringen nun mal die besten Leistungen, ganz gleich aus welchen Gründen. Vielleicht, weil sie früh gefördert wurden oder weil sie einfach zielstrebig sind. Steffen: Ich denke, wir konnten mit dem Gespräch einige Kommunikationsdefizite ausräumen. Vielen Dank für eure Zeit. <

STEFFEN EGGEBRECHT ist Magister-Student am Institut für Politikwissenschaften und schrieb bereits für die Frankfurter Allgemeine Zeitung, Spiegel Online und die Onlineausgabe der Zeit über hochschulpolitische Themen.

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BILDUNGSSTREIK. EIN NACHRUF

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Die Demonstration am 9. Juni 2010 war bezeichnend für eine gescheiterte Mobilisierung der Mehrheit. Die Bildungsstreik-Bewegung scheint ihre Inhalte nicht mehr an die breite Masse der Studierendenschaft transportieren zu können. Ist die Bewegung im letzten Atemzug? TEXT: Paul Fleischer

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lickt man auf die 68er-Ära, erscheint das studentische Aufbegehren in unserer Zeit nur als heiße Luft. Keine feurigen bundespolitischen Debatten, kein breit getragener Drang nach Systemänderung. Keine Toten. Die Debatte um den jetzigen studentischen Protest ist keine große mehr. Nicht in den Medien, nicht in der Politik, kaum in der universitären Leitung und auch nicht innerhalb der Studierendenschaft selbst. Das hat natürlich seine Auswirkungen auf den politischen Prozess. Dabei hatte alles so gut angefangen. Der StreikHype schwappte herüber aus Österreich. Tatsächlich prekäre Studienbedingungen führten dort zu Missmut, welcher sich in der Folge entlud. Doch hier? Wo gab es hier den Prozess? Wo die prekären Bedingungen? Jeder Dramaturg hätte seine Bedenken, ein Stück mit dem Höhepunkt beginnen zu lassen. Doch nichts anderes waren jene ersten 30 Tage, in denen die Protestwelle Rostock erfasste. Der Besetzung des Audimax folgte ein dicker Forderungskatalog. Die inhaltliche Debatte folgte erst auf die Tat. Eine erste große bundesweite Aktion fand dann in jenen Anfangswochen statt. Eine nicht unerhebliche Teilnehmerzahl von 1.200 Studierenden an der Demonstration vom 10. Dezember 2009 war Ausdruck von Engagement und wirklichen Problemen. Oder belegen sie nur die Spitze einer Bewegung, die spannend war, bei der man partizipieren wollte – warum auch immer. Vielleicht hätte man Geschichte mitgeschrieben, man weiß ja nie. Schon nach den Weihnachtsferien war der erste Druckverlust der Bewegung spürbar. Alle satt. Neuer Müßiggang. Die von Rektor Schareck initiierte Bologna-Woche zielte auf einen Ausbau der Kom-

munikation zwischen Studierenden und Rektorat. Die frühen Versprechen bezüglich der Verbesserung der Raumkapazitäten werden ihren ersten Prüfungen im kommenden Semester standhalten müssen. Eine detaillierte Kommunikation der Ergebnisse fand bis dato jedoch nicht statt. Als Folge der Protestbewegungen wurde auf Bundesebene der Bologna-Gipfel einberufen – welcher jedoch durch seine Ergebnislosigkeit brillierte. Die wesentlichen und drängenden Fragen im Zusammenhang mit der Bologna-Reform wurden schlicht ausgespart. Einige studentische Vertreter verließen das Treffen gar vorzeitig. Man musste sich fragen: Was ist denn eigentlich passiert? Ein halbes Jahr nach der ersten Hysterie sind die vorherrschenden Emotionen Resignation und Frustration. Aber auch fehlende Identifikation mit den schlecht kommunizierten Inhalten führten am 9. Juni zu einer katastrophalen studentischen Beteiligung an der Demonstration in Rostock. Nur eine strategische kluge Kooperation mit den Schülern und auch Auszubildenden ließ die Teilnehmerzahlen mit 600 bis 700 Demonstranten nicht allzu erbärmlich aussehen. Der Absturz der Beteiligung und die nicht vorhandene Bereitschaft, inhaltlich zu folgen, machen den Konflikt der Bewegung deutlich. Was sind denn die Probleme? Wen betreffen sie? Spricht man tatsächlich für alle? Oder gar nur für sich selbst? Der Bildungsstreik – als eine Gruppe von engagierten Studenten – hat in den letzten Monaten ein nicht zu verachtendes Netzwerk aufgebaut, von welchem gewiss noch lange gezehrt und profitiert werden kann. In Bezug auf die Bildungsdebatte wird man sich jedoch eine Selbstfindungsphase verordnen müssen, sollte das Engagement noch weitergeführt werden. Auch wenn die Forderungen berechtigt scheinen und jede neue Studie die Notwendigkeit von Reformen im Bildungswesen offenbart, ist die Bewegung als solche wohl doch am Ende. Es geht uns allen noch nicht schlecht genug – so scheint es. In zehn Jahren wird man vielleicht auf diese Zeit als vertane Chance blicken. Doch das wird die Zeit zeigen. <

124 Fotos: Paul Fleischer 3 Illustration: Sophie Lehmann

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EINFACH EIN FACH

ein Studienfach, im Gegensatz zu den bisherigen Aufbaustudien der PHF, die aus zwei Fächern bestehen. Etwas Verwirrung herrscht momentan dadurch, dass die alten Abschlüsse umgangssprachlich schon Master hießen, aber genau genommen »Magister Artium« (M.A.) waren. Im kommenden Wintersemester werden (aller Wahrscheinlichkeit nach) folgende Institute die »neuen

Anfang Juli wird im Senat über den Entwurf der neuen Masterstudiengänge der Philosophischen Fakultät entschieden. Sollte der Antrag angenommen werden, wird aus den zwei Fächern, die man bisher für das Aufbaustudium benötigte, nur noch eins. 16

TEXT: Eva Behringer 1 »Nichts Genaues weiß man nicht« – dies scheint das Motto der neuen Masterstudiengänge zu sein. Denn obwohl sie ab dem Wintersemester 2010/11 für alle Neuimmatrikulierten gelten sollen, ist noch nicht viel darüber in Erfahrung zu bringen. Die Philosophische Fakultät (PHF) hat zwar auf ihrer Internetseite vorläufige Versionen der Studienordnungen veröffentlicht, die Allgemeine Studienberatung darf aber noch keine Informationen dazu herausgeben, da alle auf die Entscheidung des Bildungsministeriums warten müssen. Aber wie sollen sich Bewerber, vor allem Interessenten von außerhalb, umfassend über die »Ein-Fach-Master« informieren? Natürlich können sie sich an die einzelnen Studienberater der Institute wenden, aber von Werbung für den neuen Studiengang und somit Attraktivitätssteigerung der Universität Rostock kann man dabei nicht sprechen. Wie könnten sie eigentlich aussehen, die um ein Fach »geschmälerten« Master? Wissenschaftsorientierter sollen sie sein, das Selbststudium sollen sie steigern und den Weg in Richtung Promotion weisen. Aber dazu später mehr. Bisher war nur von den »neuen Mastern« die Rede. Was ist damit gemeint? Die »neuen Master« sind neue Studienabschlüsse, die momentan im Zuge der Bologna-Reformen entstehen. Sie umfassen nur

Master« einführen: das Heinrich Schliemann-Institut, das Historische Institut, das Institut für Anglistik/Amerikanistik, das Institut für Philosophie und das Institut für Germanistik. Die Zulassungsbestimmungen für die einzelnen Master unterscheiden sich dabei nicht vom Magister. Vielmehr wird es so sein, dass zum Beispiel das Institut für Germanistik zu Beginn auf eine Zulassungsbeschränkung, also einen Numerus clausus, verzichtet, um die Interessentenzahl zu steigern. Die Rahmenbedingungen der »neuen Master« sind in allen Instituten fast identisch. Daher gelten auch die gleichen Studienordnungen, die nur durch fachspezifische Anhänge ergänzt werden. Im ersten Studienjahr sollen die Studenten in die Forschung eingeführt werden und die jeweiligen Methoden lernen. Nach einem Orientierungsmodul, in dem wichtige Voraussetzungen, die im Erststudium noch nicht erworben wurden, nachgeholt werden können, wird der Masterstudent mit den Forschungsschwerpunkten des Instituts vertraut gemacht und in einzelne Projekte eingebunden. Neben weiteren fachspezifischen Modulen enthält das erste Studienjahr in den meisten Mastern auch noch ein sogenanntes Komplementmodul. Das soll in Kooperation mit den anderen Instituten ähnlich wie das IDS-Studium im BA funktionieren und einen Einblick in die Forschung der

anderen Fachbereiche liefern. Das zweite Studienjahr ist wesentlich kleiner und flexibler als das erste angelegt. Man kann Schwerpunkte setzen, muss zudem weniger Semesterwochenstunden nachweisen und hat somit Zeit für das Selbststudium. Das letzte Semester ist für die Masterarbeit freigehalten, die, da es keine weiteren Verpflichtungen mehr gibt, auch im Ausland geschrieben werden kann. Insgesamt unterscheidet sich der Master sehr stark vom Bachelor, nicht nur im Grad der Vertiefung des Studiums, sondern zum Beispiel auch in neuen Arten des Leistungsnachweises (wie etwa einem Projektbericht). Die angebotenen Seminare und Vorlesungen für die Masterstudenten sollen übrigens auch für Lehrämter offen sein. Es stellt sich nun für die (fast) fertigen BAStudenten, die mit den »neuen Mastern« noch nicht so vertraut sind, die Frage: Wer ist für diese Studiengänge geeignet? Oder anders herum gefragt: Welches Ziel verfolgen die »neuen Master«? Laut Prof. Dr. Karl-Heinz Ramers, dem Institutsdirektor der Germanistik, soll er das »Bindeglied zu einem Promotionsstudiengang« sein. Wie ist es aber, wenn man keine Promotion oder wissenschaftliche Laufbahn plant? Auch das sei kein Problem, da der Master die Studenten auch auf einen Beruf im Bereich der Kultur vorbereiten könne, so Ramers weiter. Die Diskussion, die durch die Reduzierung des Magisters zum Master entsteht, ist bereits offensichtlich. Die einen halten einen Abschluss in zwei Fächern für sinnvoller, da man dadurch ein breitgefächertes Wissen erwerben kann, das einem womöglich mehr berufliche Optionen offen hält. Andere werden sagen, ein Master in einem Fachbereich zeige dem Arbeitgeber dafür mehr Kompetenz und Kenntnis in einem Fachgebiet. Interessanter scheint, vor allem für die Institute, allerdings die Frage, ob diese Neuerung die Studenten eher anziehen oder abschrecken wird. Doch wahrscheinlich ist, dass diese Fälle so individuell unterschiedlich sind, dass die Bilanz am Ende gleich bleibt. <

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Grafik: Sophie Lehmann

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DIE UNI ACHTET AUF IHRE LINIE Der Forschungsstandort Rostock auf dem holprigen Weg zur Exzellenz: Im Juni benannte der akademische Senat die neue geisteswissenschaftliche Profillinie. Doch was sind diese ominösen Profillinien überhaupt und welche Konsequenzen haben sie für das Hochschulleben an der Universität Rostock? Der Verständnisversuch einer langen Diskussion.

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TEXT: Elisabeth Woldt 2

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iele Studierende haben schon mal etwas von Profillinien gehört. Der genaue Sinn der Formulierung bleibt den meisten jedoch verborgen. Doch letztendlich bezeichnen Profillinien vereinfacht ausgedrückt nur die Themen, welche man unter dem Dach der 2007 gegründeten Interdisziplinären Fakultät besonders intensiv erforschen will. Sie sind es, die den Forschungsstandort Rostock langfristig charakterisieren und prägen sollen, damit dieser sich gegenüber anderen Hochschulen abheben kann. Wissenschaftler aller Fakultäten können ihre Expertise und ihr Renommee mit diesen Schwerpunkten thematisch konzentrieren und durch fächerübergreifendes Arbeiten neue Forschungswege beschreiten. Die derartig gebündelte Innovationskraft der Interdisziplinarität soll Rostock den entscheidenden Vorteil in Wettbewerben wie der Exzellenzinitiative der Bundesregierung bringen. Es ist das erklärte Ziel der Hochschulleitung, bis zum 600-jährigen Gründungsjubiläum 2019 auf diese Weise in die Spitzengruppe der Universitäten Deutschlands zu klettern. Profillinien sind also quasi als Katalysatoren hin zu hochklassiger Forschung gedacht. Drei Schwerpunkte gab es bisher: »Maritime Systeme«, »Erfolgreich Altern« sowie »Leben, Licht & Materie«. Nun soll eine letzte eher geisteswissenschaftlich geprägte Profillinie mit dem Titel »Wissen – Kultur – Transformation« die Inhalte abrunden. Am 2. Juni hat der Akademische Senat die neue wissenschaftliche Problemstellung nach langer Diskussion genehmigt und einen kommissarischen Vorstand ernannt. Die Professoren Clemens Cap aus der Informatik, Christiane Reitz aus den Altertumswissenschaften und Franz-Josef Holznagel aus der Germanistik werden sich von nun an unter der Leitung des Theologen Prof. Martin Rösel der weiteren Konstituierung des neuen Profils widmen. Schlagworte wie »Mediengesellschaft«, »Lebenslanges Lernen« sowie »Wissen und Macht« sollen dabei eine Rolle spielen. »Universitäten bilden eine besondere Schnittstelle für Forschungen zu den Themen Wissen – Kultur – Transformation«, sagt Rösel über die be-

sondere Dimension der Begriffstriade. Die Universität produziere, vermittle, bewahre und reflektiere Wissen. Unter den Bedingungen der Globalisierung sei zudem deutlich geworden, wie sehr kulturelle Eigenarten den Erwerb von und den Umgang mit Wissen prägen. Doch nicht alle sind einverstanden mit der Richtung, die durch die neue geisteswissenschaftliche Profilschärfung eingeschlagen werden soll. Im Gegenteil: So mancher äußert Zweifel an der Tragfähigkeit des Konzeptes. Prof. Hans Jürgen Wendel und sein wissenschaftlicher Mitarbeiter Dr. Olaf Engler vom Institut für Philosophie halten den Themenfindungsprozess gar letztlich für »gescheitert«. Von Anfang an waren sie in die Entwicklung der Profillinie eingebunden, bis sie zusammen mit 27 anderen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern aus verschiedenen Fakultäten der Universität einen eigenständigen Antrag mit dem Titel »Wissensformen und Weltverständnis« stellten, der mit dem Konzept »Wissenskulturen« der Gruppe um den Theologen Prof. Philipp Stoellger konkurrierte. Der Antrag der Wissenschaftler um Wendel jedoch sei nie vollständig in den zuständigen Kommissionen des Senats angehört worden, kritisiert das Mitglied der Forschungskommission des Senats Prof. Dieter Weiss, der als Vertreter der Biologie ebenfalls an jenem Konzept mitarbeitete. Mit der neuen eher kulturwissenschaftlich verstandenen Linie, die den etwas plötzlich entwickelten Kompromiss der beiden Anträge darstellen soll, fühlten sich nun viele nicht mehr repräsentiert. Im ernannten Vorstand des neuen Profils sei auch keines der führenden Mitglieder aus den vorherigen Konzeptgruppen vertreten. Ein auch wissenschaftstheoretisch auslegbarer Ansatz hätte interdisziplinär viel stärkere Anknüpfungspunkte auch im Bereich der Naturwissenschaften geboten, gibt Weiss weiter zu bedenken. »Nicht akzeptabel« sei es, dass führende Leistungsträger der Universität im Formulierungsprozess anscheinend einfach übergangen wurden. Nun seien viele der Meinung, dass man eine runde Konzeption auseinandergerissen und

letztendlich verpfuscht habe. Manche, die eigentlich an der Entstehung der Profillinie beteiligt waren, träten nun vermutlich nicht mehr bei. Vorstandsmitglied Cap hält die negativen Aussichten hingegen für verfrüht. Schließlich befinde man sich doch gerade erst in der Phase der Konstituierung: »Wir werden die kommenden Wochen dafür nutzen, aus den vielen Fragen jene stärker herauszuarbeiten, die im Rahmen dieser Profillinie verfolgt werden sollen.« Natürlich sei es kein einfacher Prozess, Themen aus sehr unterschiedlichen Wissenschaftskulturen zu vereinen. »Das macht die Arbeit aber auch so spannend und so befruchtend. Viele Überlegungen werden im September bei der Ausschreibung von Stipendien klarer sein.« Die Bewerbungsphase hierfür läuft bereits. 14 junge Forscher werden wohl am Ende jeweils dreijährige Promotionsstipendien erhalten, dotiert mit 15.000 bis 20.000 Euro pro Jahr. Ist es also viel zu früh, um schon zu meckern? Geht die Profillinie bereits mit einem fatalen Geburtsfehler an den Start oder handelt es sich bei der Kritik doch nur um Kleinlichkeiten auf höchstem akademischen Niveau? Fakt ist, dass die Konflikte, die sich in der Diskussion der letzten Jahre verfestigt zu haben scheinen, keine optimalen Voraussetzungen für den Traum von der Spitzenforschung bieten. Noch gibt es aber auch nur einen Vorstand, der erst durch entsprechend anzuwerbende Mitglieder eine wissenschaftliche Linie entwickeln muss, die die Bezeichnung des Profils dann mit konkret kritisierbaren, aber vielleicht ja auch fruchtbringenden Inhalten füllen wird. Der bittere Nachgeschmack eines nicht für alle nachvollziehbar gestalteten Diskurses wird wohl dennoch für viele noch eine Weile mit der Thematik verbunden bleiben. <

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Die drei weißen Kerben im Uni-Logo stehen für die drei Profillinien. Nun benötigt der Ball wohl eine weitere – oder die drei Kerben eine neue Bedeutung. Grafik: Sophie Lehmann


AHOI!

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Wie ich auszog, das Rudern wiederzuentdecken TEXT: Tanja Frenzel

STUDENTENLEBEN

D

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a habe ich den Salat. In der vergangenen Ausgabe des heulers druckten wir einen ersten Erfahrungsbericht über die Uni-Sportart Lacrosse. Todesmutig schlug ich der Redaktion vor, dass man aus dieser Idee doch eine Fortsetzung entwickeln könne, und erwähnte die in nächster Zeit in Rostock stattfindenden größeren Ruderregatten. Kaum hatte ich diesen Gedanken geäußert, merkte ich, dass ich aus dieser Nummer nicht mehr heil heraus kommen würde. Ich werde wohl rudern gehen. Ein ganz so blutiger Anfänger bin ich in dieser Sportart jedoch nicht, war ich doch schon als kleines, mutiges Mädchen jahrelang im Verein aktiv. Nun werde ich sehen, ob ich es nach knapp zehn Jahren noch beherrsche. Ich rufe Tony, den Trainer der Rudergruppe der Universität, an und frage ihn, ob und wann ich vorbeikommen könne, um meine Kenntnisse aufzufrischen. Wir verabreden uns für einen Sonntag, damit ich – alle Achtung – im Einzeltraining mein Glück versuchen kann. Sehr, sehr aufgeregt packe ich bereits am Abend zuvor meine Sporttasche und versuche, mich zu erinnern, was ich mitnehmen muss: eine enge Hose, ein Shirt, einen Pullover und Turnschuhe. In meinen Beutel voller Wechselsachen packe ich noch einmal die volle Montur und lege ein Handtuch und Ersatzunterwäsche dazu. Zwar vertraue ich meinem Gleichgewichtssinn und rechne eigentlich nicht mit einem Reinfall, doch sicher ist sicher. Endlich ist es so weit. Ich stehe ein wenig unbeholfen am Wasserrand und bin eigentlich jetzt schon erschöpft, nachdem ich zum Aufwärmen gelaufen bin und mich ausgiebig gedehnt habe. Vor allem bei einem Sport wie Rudern ist es sehr wichtig, gut erwärmt zu sein, denn es werden entgegen dem Glauben vieler fast alle Körperteile beansprucht. Zwar sieht es auf den ersten Blick so aus, als würde nur der Oberkörper bewegt werden, doch die Beinarbeit ist ebenso wichtig und verleiht dem Ruderschlag mehr Kraft und Dynamik. Nicht umsonst heißt die Stelle, auf die die Füße im Boot geschnallt sind, Stemmbrett. Und so liege ich mit einem leicht gequälten Gesichtsausdruck mit den Beinen auf dem Steg und dem Oberkörper auf dem Boot. Ich lege den Skull – im Volksmund auch fälschlicherweise als Paddel bezeichnet – in die Dolle, der Verschlussvorrichtung am sogenannten Bootsausleger. Als letztes stopfe ich noch schnell mein Shirt in die Hose, denn es gibt beim Rudern nichts Gefährlicheres, als dass sich ein zu weites Kleidungsstück zwischen dem Rollsitz und der Rollschiene verfangen könnte. In meinem wilden Mix aus kurzer Hose, Schlabbershirt und Trainingsjacke gewinne ich zwar keinen Schönheitspreis, doch meine Sicherheit ist mir in diesem Moment wichtiger. Andere Ruderer kombinieren dagegen beide Elemente und so bewundere ich durchtrainierte Körper in eng anliegenden und extrem ästhetischen Bodys, die am Steg vorbeigleiten.

Langsam wird es ernst für mich. Mit einem Fuß stehe ich bereits auf dem Einsteigbrett im Boot, mit dem anderen spüre ich noch den sicheren Steg unter mir. In meinen Händen halte ich beide Skulls und drücke mich mit einer spagatgleichen Bewegung ab. Für einen kurzen Moment schwanke ich bedrohlich hin und her, kann mich dann aber schnell auf den Rollsitz retten und bin von dem nach einem Jahrzehnt ersten Ruderschlag – so nennt man den Bewegungsablauf vom Eintauchen des Skulls in und durch das Wasser bis zum Aushebeln – nur noch wenige Sekunden entfernt. Als das Boot zur Ruhe gekommen ist, wage ich unter Anweisung von Tony meine ersten Versuche. Das wichtigste Gebot: links vor rechts. Im Klartext bedeutet das, dass die linke Hand stets (die Betonung liegt wirklich hartnäckig auf »stets«) vor der rechten zu führen ist. In der Phase des Einruderns setzt man noch nicht seine Beine ein, sondern bewegt lediglich die Arme für die Ruderschläge. Danach rollt man nur zur Hälfte nach hinten, um sich an das Boot und den Wellengang zu gewöhnen, bis schlussendlich ein kompletter Bewegungsablauf stattfinden kann. Dieser beginnt mit der Vorderlage, bei der die Beine an den Oberkörper gezogen werden, man automatisch nach vorne rollt und die Arme weit auseinander öffnet, um einen möglichst großen Radius mit den Skulls ziehen zu können. Als nächstes richtet man den Oberkörper auf, zieht die Skulls dabei mit und erst dann drückt man sich mit den Beinen vom Stemmbrett ab. In der

Rückenlage sind die Beine dann komplett gestreckt, der Körper ist nach hinten gelehnt und die Blätter der Skulls sind bis zum Ende durch das Wasser gezogen worden. Geschafft. Die halbe Stunde Probetraining ist vorbei und schweißgebadet (eher vor Aufregung als vor Anstrengung) steige ich mehr schlecht als recht aus dem Einer aus. Wer übrigens nicht gerne alleine Sport treibt, kann Rudern auch im Team betreiben und gemeinsam im Zweier, Vierer oder Achter über das Wasser gleiten. Für mich aber gilt: Ja, auch nach zehn Jahren ist das Gefühl noch bekannt, wenn Wellen auf das Boot treffen. Ich weiß immer noch, wie ich mich aus eigener Kraft über das Wasser bewegen kann und mich dabei frei und erhaben fühle. Rudern ist kein Sport für Prinzessinnen, doch wenn man die Technik beherrscht, kann man sich fühlen wie ein König. Testurteil: Man muss es ausprobiert haben! <

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Auch beim Rudern kann man Preise gewinnen. Ob allein oder im Team, ist jedem selbst überlassen. Foto: Tanja Frenzel


PRO& LIAISON MIT DEM PROFESSOR CONTRA Was könnte einem Studenten Besseres passieren, als seine Noten mit viel persönlichem Einsatz im Schlafzimmer seiner Dozentin aufzubessern? Mit ein bisschen Glück befindet sich die Gute diesseits des Rentenalters, sodass der Privatunterricht sogar noch Spaß macht. Und »auf alten Schiffen« lernt man schließlich segeln! Abhängig von den Umständen der Affäre – verkauft man nur seinen blutjungen Körper für die Abschlussnote oder beruht die fleischliche Begierde gar auf Gegenseitigkeit? – kann der Student neben regelmäßigem Beischlaf noch weitere Vorteile aus der Verbindung ziehen. Die »geistige« Befruchtung mit hauptberuflichen Intelligenzbestien und der Zugang zu etablierten akademischen Kreisen fördern Karriere und persönliche Entwicklung. Auch gibt es Schlimmeres als gut verdienende Liebhaberinnen, die einem sexuell verfallen sind: nie mehr Abendessen beim Dönermann oder McDonald's! Je nach Altersunterschied und Geheimhaltungsstufe versprüht die Kombination aus Wohlstand und beruflichem Erfolg dann auch noch ein gewisses Prestige und steigert den eigenen Wert auf dem Single-Markt. Wer Professorinnen abschleppt, ist selten dumm wie Brot. Und letztendlich sind Akademiker ja auch nur Menschen. Möglich also, dass aus gelegentlichen Schäferstündchen mehr wird als Nachhilfe in Biologie – man bedenke die glorreiche Entwicklung des Mathematikers und Wirtschaftsnobelpreisträgers John Nash, der eine seiner Studentinnen ehelichte. Man(n) muss Ziele haben im Leben. ÄNNE CORDES

PRO

PROJEKTE BRAUCHEN IHRE PATEN

Welcher Professor hat da nicht beim Anblick junger, attraktiver Damen, womöglich knapp bekleidet in der ersten Reihe sitzend, schon einmal sündige Gedanken gehabt? Das ist absolut menschlich. Das heikle an der Sache ist, dass aus ein paar begehrlichen Blicken vielleicht mehr wird. Im Grunde dürften zwei volljährigen Menschen an der Universität zwar keine Nachteile daraus erwachsen, dass sie eine Beziehung miteinander führen, egal, wie groß der Altersunterschied oder wer wem beruflich vorgesetzt ist. Wäre da nicht der lange Finger der Moral: Ist es nicht irgendwie peinlich, wenn ein Professor mit seiner Studentin das Bett teilt? Peinlich für ihn, weil er mit einer Frau verkehrt, die seine Tochter sein könnte. Peinlich, weil er nochmal jung sein und zeigen möchte, dass er noch mithalten kann. Peinlich, weil er anscheinend keine adäquate Partnerin in seinem Alter findet und es ihm wohl auch um Sex geht. Für die Dame im Spiel ist es selbstredend auch keine Auszeichnung. Erhofft sie sich bessere Noten? Möchte sie zeigen, wie reif sie schon ist, sodass ein Professor sich mit ihr in Fachgespräche vertieft? Ist es die komfortable finanzielle Situation und die damit verbundene Absicherung? Die Frage lautet also kurz und knackig: Ist da wirklich Liebe im Spiel oder nicht eher Berechnung? Denn unabhängig vom Grad des Glücks solcher Verbindungen fände ich persönlich es irgendwie unangenehm, wenn mein Schwiegersohn älter wäre als mein Vater! RÜDIGER WITT

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Wer hat nicht schon einmal daran gedacht, sich ehrenamtlich zu engagieren? Aber wo kann man das eigentlich? Und was macht mir persönlich Spaß? Auf diese Fragen versucht der Verein »Rügen tut gut« eine Antwort zu finden. Mit ihrer Initiative »Projektpaten in MV« leisten sie Pionierarbeit. TEXT: Manuel Steiger

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n Mecklenburg-Vorpommern engagieren sich zurzeit etwa 540.000 Menschen ehrenamtlich. Die meisten in klassischen Bereichen wie der freiwilligen Feuerwehr, in der Kirche oder beim Sportverein. In einer Studie von 2009 ergab dies jedoch einen prozentualen Anteil, der MV gerade einmal auf Platz 13 des bundesweiten Rankings brachte. Besonders interessant ist auch zu beobachten, dass die Ehrenamtler sich vermehrt auf den

ländlichen Bereich des Bundeslandes konzentrieren und von West nach Ost abzunehmen scheinen. Als überaus schwierig gestaltet sich für die meisten Organisationen und Projekte wohl die finanzielle Ausgestaltung und oft somit der Fortbestand einer Initiative. An diesem Punkt setzt der Verein »Rügen tut gut e. V.« an, seit Anfang 2004 beschäftigt er sich mit der Unterstützung von Familien. Er kämpft für familienfreundliche Strukturen

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und eine bessere Balance zwischen Familie und Beruf. Im Jahr 2009 startete »Rügen tut gut« die Initiative »ProjektPaten in MV«. Als Leuchtturmprojekt des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend sollen mit der Maßnahme Menschen gefunden werden, die sich im kaufmännischen Bereich auskennen und engagieren möchten, indem sie Organisationen zum Beispiel in Bereichen wie Marketing, Buchführung oder EDV/Internetauftritt unterstützen. Durch diese Hilfen soll das Weiterbestehen vieler Ideen gewährleistet werden, die sonst nach nur kurzer Zeit zum Scheitern verurteilt gewesen wären. Um das Konzept der Projekt-Paten zu einem Erfolg zu machen, hat »Rügen tut gut« einen überregionalen Marktplatz für ehrenamtliches Engagement unter www. projekt-paten-mv.de eingerichtet. Das Wichtigste sei jedoch die persönliche Ansprache, so die Verantwortlichen. Es sei nicht immer einfach, die Menschen davon zu überzeugen, nicht gleich zurückzuschrecken, weil man sich eine bestimmte Aufgabe nicht zutraue. So sind die Vertreter von »Rügen tut gut« im ganzen Land unterwegs, halten Vorträge und stellen sich auf regionalen Ehrenamts-Börsen vor. Und sollte man etwas einmal doch nicht einwandfrei beherrschen, auch kein Problem, der Verein arbeitet mit einem Bildungsträger in Schwerin zusammen, der die nötigen Kenntnisse in Schulungen vermittelt. <

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Grafik: Björn Giesecke

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MIT COPY & PASTE ZUM AKADEMISCHEN TITEL »Fälschung und Ergänzung« – unter diesem Titel läuft die aktuelle interdisziplinäre Ringvorlesung. Viele Studenten beschäftigen sich mit dem Thema allerdings eingehender als von den meisten Dozenten vorgesehen: Am Abgabetermin für Haus- oder Abschlussarbeiten landet häufig weniger Eigenes und immer mehr Fremdes auf den Schreibtischen der Seminarleiter. 20

TEXT: Elisabeth Woldt und Änne Cordes

»Copy from one, it’s plagiarism; copy from two, it’s research.« Dieses etwas vereinfachte Verständnis des amerikanischen Schriftstellers Wilson Mizner vom wissenschaftlichen Arbeiten scheinen immer mehr Studierende beim Wort zu nehmen. Das Copy & Paste-Prinzip boomt. Einzelne Passagen und sogar komplette Texte werden ohne Kennzeichnung übernommen. Die kostenlose Informationsfülle des Internets senkt zusätzlich die Hemmschwelle. Eine weitere Steilvorlage zum Betrug liefern dazu akademische Ghostwriter, die für viel Geld anderer Leute Prüfungsleistungen erarbeiten. Den Mitarbeitern der Universität Rostock ist natürlich nicht entgangen, dass Hochschulabschlüsse für viele zu raffinierten Abschreibübungen verkommen, doch die Aufdeckung hinkt hinterher. Welcher Dozent macht sich in Zeiten überfüllter Seminare schon noch die Mühe, besonders genau auf auffällige Stilbrüche zu achten oder gar einige Sätze bei Google einzugeben? Das Institut für Politikwissenschaften ist einer der wenigen Bereiche der Universität, wo eine Anti-Plagiats-Software Anwendung findet. Das kostenpflichtige Programm »Docoloc« sucht bei Verdacht automatisch nach Übereinstimmungen zwischen vorgelegter Arbeit und Beiträgen in den gängigen Online-Portalen. Und dennoch geht die Mogelei weiter. Der Politikwissenschaftler Pierre Gottschlich erinnert sich an einen besonders plumpen Plagiatsfall eines Studenten: Die Arbeit »hatte weder eine Einleitung noch eine Schlussbetrachtung, sondern reihte schlicht die verschiedenen Wikipedia-Artikel zu den japanischen Parteien aneinander.« In der Regel werden selbst solch dreiste Be-

trugsversuche auch im Wiederholungsfall nur als »nicht bestanden« bewertet. Konsequentere Strafen bis zur Exmatrikulation wünscht sich nicht nur Gottschlich. Wenn der Student eine Ghostwriter-Agentur beauftragt hätte, wäre sein Vergehen höchstwahrscheinlich trotz Software und besonderer Aufmerksamkeit des Dozenten unbemerkt geblieben. Hier liegt die gesetzliche Grauzone des Urheberrechts. Es ist aber noch immer Betrug, wenn Studierende die Arbeit eines selbst engagierten Ghostwriters unter eigenem Namen abgeben. Die Agentur liefert lediglich »Vorlagen« und »Musterarbeiten«. So steht es in den AGBs. Diese Vorschläge sind zitier- und plagierfähig wie andere Fachliteratur auch, nur werden sie im Gegensatz zu wissenschaftlichen Arbeiten als Unikate an Einzelpersonen und nicht zur Vervielfältigung an Verlage verkauft. Was der Kunde letztendlich mit der Arbeit macht, erfährt niemand. An dieser Stelle könnte der moralisch entrüstete Aufschrei über derartige Praktiken erfolgen, aber wo liegt der Fehler: im Angebot oder in der Nachfrage? Die Gründe für das Aufsuchen eines Ghostwriters können vielfältig sein, die meisten sind jedoch moralisch nicht so einfach zu verurteilen wie Bequemlichkeit und zu viel Geld. Teuer ist die Dienstleistung in der Tat: Ghostwriter verdienen pro Seite zwischen 20 und 30 Euro, oft kommen noch Margen für die Agenturen dazu. In der Regel ist es allerdings nicht die bloße Faulheit, welche Studierende zu den professionellen Schreibern treibt. »Viele meiner Kunden stecken in persönlichen Notsituationen, haben Stress oder Zeitmangel und werden schlecht von ihren Professoren betreut. Auch Sprach-

kenntnisse spielen eine Rolle: Über die Hälfte meiner Auftraggeber sprechen Deutsch nicht als Muttersprache«, erklärt Christoph Steven, Agenturinhaber aus Duisburg. Wie unmoralisch ist das Engagieren eines Ghostwriters, wenn aufgrund eines plötzlichen Pflegefalls in der Familie einfach die Zeit zum Schreiben fehlt? Wenn die fachliche Qualifikation vorhanden ist und es lediglich an der Ausdrucksfähigkeit eines Migranten mangelt? Wenn es abzuwägen gilt, ein weiteres Semester lang Studiengebühren zu zahlen und Studentenkredite in Anspruch zu nehmen oder aber denselben Betrag für die Abschlussarbeit zu zahlen? Wenn der Arbeitsvertrag schon unterschrieben ist, die Abschlussarbeit aber an einer Schreibblockade scheitert? Bleibt die Frage, ob die Tätigkeit der Agenturen nicht auf Dauer das universitäre System und den Wert akademischer Titel untergräbt. Darauf entgegnet die hauptberufliche Ghostwriterin Dr. Sirinya Pakditawan aus Hamburg: »Ja, möglicherweise ist es durchaus berechtigt zu sagen, dass Ghostwriting den Wert eines Abschlusses herabsetzt. Jedoch bin ich der Meinung, dass man Wissen an sich nicht kaufen kann, auch wenn man sich eine Arbeit schreiben lässt.« Der Einwand ist ebenso berechtigt wie für die Auftraggeber belanglos: In den seltensten Fällen müssen sie im Berufsleben auf den Inhalt ihrer Abschlussarbeit zurückgreifen, der Betrug ist kaum aufzudecken. Was bleibt, ist nur das ungute Gefühl, es nicht aus eigener Kraft geschafft zu haben. <

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Illustration: Maria Nieft


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STUDIEREN IN FERNOST Im Frühjahr 2009 startete die Hochschulinitiative Neue Bundesländer die Kampagne »Studieren in Fernost«, um Schüler aus Westdeutschland von ostdeutschen Universitäten und Fachhochschulen zu überzeugen. Dabei sorgt nicht nur der schrille Webauftritt für Kritik.

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KARRIEREPLANUNG FÜR FRAUEN Ein neues Beratungsangebot soll Studentinnen mit »Karriereambitionen« und promovierenden Frauen den Einstieg in eine (Forschungs-) Karriere erleichtern. 22

TEXT: Andreas Lußky

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ch mag keine Klischees. Deswegen mag ich es auch nicht, wenn von einer grundsätzlichen Benachteiligung der Frauen in der Arbeitswelt geredet wird. Aber nur weil diese so nicht gegeben sein mag, heißt das nicht, dass Frauen nicht ganz spezifische Probleme auf dem »Weg an die Spitze« haben. Das hochschulübergreifende Projekt »Karrierewege für Frauen in Wissenschaft und Wirtschaft M-V" bietet unter der Leitung von Frau Prof. Alke Martens Studentinnen und Promovendinnen individuelle Beratung und die Möglichkeit, wichtige Kompetenzen für den Wissenschaftsbetrieb zu erlangen. Etwas umständlich zu erreichen findet man den Rostocker Standort derzeit im obersten Stockwerk des »Grünen Ungeheuers« in der Parkstraße in den Räumen der Gleichstellungsbeauftragten oder – nicht ganz so umständlich – unter www.frauenkarrierewege.de. Die Projektmitarbeiterinnen möchten vor allem für Themen wie Vernetzung, Soft Skills und Drittmittel, aber auch Vereinbarkeit sensibilisieren. Häufig wird die Familienplanung aufgeschoben, manchmal auch ausgeschlossen, weil eine gleichzeitige Handhabbarkeit von Familie und etwa einer Forschungstätigkeit schlecht vorstellbar ist. Dabei ist diese in Mecklenburg-Vorpommern durchaus möglich, und auch Forschungsstellen lassen sich vor Ort finden. Das wird in den Gesprächen aufgezeigt und unmittelbar an Wegen zu diesem Ziel gearbeitet. Apropos: Ein längerfristiges Ziel des Projektes selbst ist es, den Studierenden die Notwendigkeit zum Beispiel von Schulungen im Bereich der Soft Skills klar zu machen, damit sie nicht zu spät Ver-

säumnisse bemerken und zum Beispiel ihre Promotion abbrechen. Die jeweilige Unterstützung wird komplett von der Projektmitarbeiterin übernommen, sodass sich die Hilfesuchende wieder auf das Studium/die Promotion fokussieren kann. Nicht nur Problembewusstsein, auch greifbarere Anliegen werden besprochen, wie die Suche nach einer Forschungsstelle oder der Organisation von Forschungsgeldern. Dabei soll in Kürze ein neues Netzwerk helfen, den Austausch der Frauen untereinander zu fördern und hinsichtlich der angesprochenen Themen breit zu informieren. Neben der Beratung werden dazu jedes Jahr auch Großveranstaltungen durchgeführt. So wird es im kommenden November als hochschulübergreifende Veranstaltung eine Absolventinnen-Börse – die erste in MV – in Greifswald geben. Für das nächste Jahr beginnen die Vorbereitungen für eine Doktorandinnen-Börse. Was bis jetzt noch Projektstatus hat, soll zukünftig zum ständigen Angebot unserer Universität gehören. Mittel für die Vorhaben sind vorhanden. Es gilt, diese klug für die Studentinnen und Wissenschaftlerinnen einzusetzen. Geplant sind zum Beispiel noch mehr Projekte zur Steigerung der Kommunikationskompetenz in Zusammenarbeit mit dem Institut für sprachliche Kommunikation. Bleibt zu hoffen, dass auch das andere Geschlecht bei zukünftigen Projekten dieser Art bedacht wird, denn zur Kommunikation gehören immer zwei Menschen. < Carina Hojenski M.A. Institut für Informatik Projektmitarbeiterin »Karrierewege für Frauen in Wissenschaft und Wirtschaft M-V« Parkstraße 6 18051 Rostock Tel.: 0381-498 5745 Fax: 0381-498 5744 E-Mail: carina.hojenski@uni-rostock.de

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Grafik: Sophie Lehmann

TEXT: Andreas Lußky

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ls es darum ging, einen Studienplatz zu finden, war für mich schnell klar: Nicht zu weit weg von zu Hause, aber eine große Stadt sollte es schon sein. Provinz hatte ich lange genug. Ich weiß aber nicht, was ich getan hätte, wenn es mein Traumstudium nur Hunderte von Kilometern weit weg gegeben hätte. Vor diesem Problem stehen nach wie vor viele Schulabgänger oder scheitern an anderen Hürden wie überlaufenen Unis. So ist es, glaubt man den Bildungsministerien, in den alten Bundesländern viel öfter der Fall als in den neuen. Um diesem Trend entgegenzuwirken und die Attraktivität der Unis im Osten Deutschlands zu erhöhen, wurde die Kampagne »Studieren in Fernost« ins Leben gerufen. Die Bildungsministerien betrauten die Werbeagentur Scholz & Friends mit der Umsetzung der Kampagne, hat diese doch bereits »Deutschland als Land der Ideen« oder auch »Balisto« zu mehr Bekanntheitsgrad verholfen. Das Besondere bei »Studieren in Fernost«: Die Kampagne ist gTeil online-basiert, fast die ganze Kommunikation passiert via schülerVZ und studiVZ. Und eben da laufen auf Pinnwänden hitzige Debatten zur Namensgebung der Initiative, da »Studieren in Fernost« als zu übertrieben wahrgenommen wird. Westen und Osten, durch das Volk geeint, durch eine Werbung wieder geteilt. Aber nicht nur das führte zu einem Missverständnis: Auch ich dachte bei dem Titel zunächst an ein Auslandsstudium in Asien. Genau diese Assoziation soll aber aufrütteln und provozieren. Aber trotzdem ist sie extrem grenzwertig, im wahrsten Sinne des Wortes. Die Kunst solcher Aktionen besteht darin, sie im richtigen Moment wieder zu entschärfen, am besten mit kühler Analyse. Denn von mir aus könnte die Aktion auch »Studieren bei den Wilden« heißen, wenn sie a) nötig, b) erfolgreich und c) angemessen durchgeführt wäre. Fakt ist: Das Problem ist real und damit sind Maßnahmen nötig, was sich an Statistiken gut nachprüfen lässt. Westhochschulen sind demnach im Gegensatz zu Osthochschulen eher überlaufen, weil Schüler aus dem Osten lieber im Westen studieren, andersherum Schüler aus dem Westen aber nicht im Osten. Erfolgreich wäre die Kampagne, würde die Zielgruppe der Schulabgänger erreicht und damit eine Erhöhung der


Studierendenzahlen in den neuen Bundesländern bewirkt werden. Ob das jede Uni dort überhaupt verkraftet, steht auf einem ganz anderen Blatt. Ein nicht unwichtiger Teil des Erfolges ist also die Aufmerksamkeit, die in besagten sozialen Netzwerken entsteht. Dazu gehört aber auch Resonanz – und da hapert es anscheinend noch. Die beauftragte Werbeagentur Scholz & Friends pocht auf »Klicks«, die für die errungene Aufmerksamkeit stehen sollen und anscheinend auch den Ministerien als Beweis ausreichen. Dabei kommen viele Klicks allein schon durch Mitarbeiter der Agentur und schülerVZ sowie durch die studentischen Betreuer der betreffenden Unis zustande. Aber viel schwerwiegender ist die Tatsache, dass sich die Zahl der Studienanfänger in den neuen Bundesländern bis jetzt nicht erhöht hat – trotz enormer Kosten. Von 2007 bis 2009 begannen etwa 100.000 mehr junge Leute mehr ihr Studium in Deutschland. Gleichmäßig auf die 16 Bundesländer aufgeteilt wäre das ein Zuwachs von ungefähr 6.000 je Bundesland. Das wären dann traumhaft ausgeglichene Werte. Der tatsächliche Zuwachs übersteigt in den fünf neuen Bundesländern kaum die 2.000er Marke, ebenso ergeht es den kleinen Bundesländern wie dem Saarland sowie den Stadtstaaten, bei denen die geringen Zahlen eher in der Natur der Sache liegen. Die bisherige Ausbeute erscheint mager. Da das Programm »Studieren in Fernost« aber erst seit 2009 läuft, ist es möglich, dass die Bemühungen erst dieses Jahr Früchte tragen.

DAS INTERNET VERGISST NICHT

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Gang und Dong sind die Werbefiguren der Kampagne. Im Mai begaben sie sich gemeinsam mit Schülern aus Westdeutschland auf eine Rallye nach Fernost. Foto: Hochschulinitiative Fernost

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TEXT: Andreas Dähn

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ffline sind wir einfach nur Menschen. Online sind wir DiscoqueenNo1 und bigLove_85. Und freuen uns festzustellen, dass unser neuer Nachbar der Schwippschwager einer Freundin eines Schulkameraden ist, der 300 km von uns entfernt einsitzt oder studiert. Welch Erkenntnis! Versucht man eine wissenschaftliche Betrachtung, so schaut man sich zum Beispiel die »Nützlichkeit« eines (sozialen) Netzes an. Nach David P. Reed ist das Maß der Dinge die Anzahl der möglichen Subgruppen, die sich bilden können. Wir haben also hyperexponentielles Wachstum der »Nützlichkeit« mit der Anzahl der Teilnehmer. Moment mal. studiVZ ist deshalb so besonders nützlich, weil es Gruppen wie »Nach Frankreich fahr ich nur auf Ketten« oder »Du willst Schmetterlinge im Bauch? Steck dir Raupen in den Arsch« gibt? Hab ich was verpasst? Eigentlich nicht. Es ist wie auf dem Schulhof – die Coolen mobben die Uncoolen. Die Außenseiter. Diejenigen, die nicht dem Ideal entsprechen. Diejenigen, die nachts lieber schlafen als feiern.

Was aber vielmehr aufregt als der Titel, ist die Umsetzung der kostenintensiven Kampagne, die den Staat bisher ungefähr 11 Millionen Euro kostete. Allein für die Werbung für die sogenannte Rallye Fernost, bei der westdeutsche Schülergruppen verschiedene ostdeutsche Unis abklappern und mittels bereitgestellter Technik »live« davon berichten, bezahlte man etwa 1,1 Millionen Euro. Der Vorwurf der Verschwendung liegt in der Luft, sinnvolles Ziel hin oder her. Es stellt sich die Frage, was »Studieren in Fernost« leistet und was nicht. Die Kampagne ist sinnvoll, weil es tatsächlich ein Ungleichgewicht zwischen den Universitäten der alten und neuen Bundesländer gibt. Dabei ist es erfolgreich gelungen, die Aufmerksamkeit auf bestimmte Unis zu lenken, jedoch muss man anmerken, dass ein Großteil der Schulabgänger noch immer nichts von der Kampagne weiß. In der Konzeption und praktischen Umsetzung ist sie gut auf die Zielgruppe zugeschnitten, jedoch gemessen an den bisherigen Ergebnissen zu teuer sowie in den Formulierungen, wie gesagt, grenzwertig. Ein Urteil über solche Maßnahmen zu fällen, ist nicht leicht. Darum hier ein anderer Vorschlag, um mehr Studienanfänger nach Rostock zu locken: Man hänge einfach an den entsprechenden Schulen ein paar Plakate mit den Rostocker Highlights aus dem vorherigen heuler auf – kostet auch nicht so viel. Manchmal sind die einfachsten Lösungen die besten. <

Die wissenschaftlichen Betrachter behalten recht. Sie haben ja nicht definiert, was mit »Nützlichkeit« gemeint ist! Ich traf nur die irrige Annahme von »Nutzen« als etwas Gutem. Also: Soziale Netze sind nützlich, man muss nur überlegen, wozu. Die Sache mit der Kommunikation nehme ich keinem ab – Mail gibt es genauso wie Chat schon seit gut dreißig Jahren. Newsgroups, die Vorläufer von Foren, ebenfalls. Was damals fehlte, war ein Verzeichnisdienst, um Nutzer zu finden. Und ein Verzeichnis, in dem auch alle enthalten sind. Das ist alles. Nehmen wir zum Beispiel ein Karrierenetzwerk wie Xing: Der moderne Mensch hat keinen Beruf als Berufung für den Rest des Lebens mehr, nein, er hat Jobs, und der Lebenslauf liest sich wie ein Branchenverzeichnis. Aber im Kern ist auch Xing nur ein Namensverzeichnis. Soziale Netze sind für noch jemanden nützlich. Den Betreiber. Vom Profit her. Für Marketing. Oder nennen wir die Kinder doch gleich beim Namen: Werbung und vielleicht auch ein bisschen Datenhandel. Aber nur

ein kleines bisschen. Nicht umsonst geht der Spitzname »StasiVZ« um. Würde der Staat die in sozialen Netzen freiwillig veröffentlichten Daten sammeln, es würde Protest geben. Die »Generation VZ« hat ihr gesamtes Leben, schülerVZ sei Dank, seit der frühesten Pubertät online. Mit allen Peinlichkeiten in Bildern. Das Internet vergisst nicht. Nur, weil auf einem Link »Löschen« steht, heißt es nicht, dass gelöscht wird. Vielleicht wird es auch einfach nur nicht mehr angezeigt. Wer als Betreiber wirklich Daten löscht, ist dumm. Glaubt denn irgendwer ernsthaft, dass Axel Springer bei der Übernahme der VZnet Netzwerke Ltd. durch Holzbrinck 120 Millionen Euro geboten hätte, wenn es nicht auch um eine Sammlung personenbezogener Daten sondergleichen gegangen wäre? Vielleicht bin ich auch einfach zu ... böse. Ich unterstelle einem profitorientierten Unternehmen, dass es meine gesammelten Eskapaden verkaufen würde, wenn man ihm nur genug dafür böte. Wie kann ich nur! Ach ja, da fällt's mir wieder ein: Ich bin Realist. <

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Grafik: Björn Giesecke

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EINSCHLAFEN ODER EINSCHLAGEN Überfüllte Seminare führen oft zu nicht enden wollenden Vortragsreihen. Die Referate werden jedoch nicht einmal benotet und entsprechend unmotiviert vorbereitet und präsentiert. Die Leidtragenden sind die Kommilitonen, welche die Unfähigkeit ihrer Mitstreiter einschätzen müssen: ein Plädoyer für Wahrheiten, die weh tun. 1

TEXT: Änne Cordes

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ch befand mich vor Kurzem in der unschönen Lage, das schlechteste Referat meiner Existenz einschätzen zu müssen, und erlangte dafür meinerseits den Tadel des Dozenten: »Frau Cordes, so können Sie doch keine Kritik beginnen, mit so einem Einstieg haben Sie sofort verloren!« Gut, vielleicht sind die Worte »Das war ja 'ne Katastrophe!« nicht der konstruktivste Einstieg in eine Referatskritik, aber ich bin der Meinung, dass die Preisung »schlecht, aber mutig« den Künstlern und Modemachern vorbehalten bleiben sollte. Das Schönreden objektiv beschissener Leistungen funktioniert vielleicht in Bundespolitik und Wirtschaftskrisen, aber ich nenne Unfähigkeit lieber beim Namen: Da vorne stand ein verschüchterter Rhetorik-Döner, der in schleppendem Tonfall geschichtliche Daten herunterleierte, Orte, Persönlichkeiten und Fachausdrücke nicht mal korrekt von seinem Blatt ablesen konnte und dessen einziger Blickkontakt zum Publikum darin bestand, in barschem Ton vereinzelten Kommilitonen die Antwort auf seine Fragen zu befehlen. Mein KritikerKollege brachte mich anschließend jedoch noch höher auf die Palme, indem er sämtliche Mängel verdrehte, bis der Referent, der während meiner Schimpftirade beinahe in Tränen ausgebrochen wäre, nun lächelnd und beschwingten Schrittes den Raum verließ. Ich war fassungslos. Damit ist weder dem gepeinigten Publikum noch dem Referenten geholfen, im schlimmsten Fall fühlt er sich bestätigt. Ich habe mit solchen unvorbereiteten und inkompetenten Rednern wenig Mitleid. Zugegeben, rhetorische Fähigkeiten sind ungleich verteilt, trotzdem kann man das Sprechen vor Gruppen üben und sich vor allem inhaltlich so gut vorbereiten, dass Fachwissen die Unsicherheit ausgleicht. Die Uni ist schlicht nicht der Ort, um zu lernen, wie man ein anständiges Referat hält, Welpenschutz für Erst- und Zweitsemestler verhindert den harten Aufprall im Hauptstudium nicht. Die Grundlagen sollten seit der gymnasialen Oberstufe, die meiner Erfahrung nach niemand ohne mindes-

FEEDBACK GEBEN • die Kritik in Verbesserungsvorschläge verpacken, um dem Referenten die Möglichkeit zu geben, die Qualität des nächsten Referats zu verbessern • die eigenen Einschätzungen beschreibend, nicht bewertend äußern und Interpretationen vermeiden • präzises Feedback möglichst anhand von konkreten Beispielen geben und nicht verallgemeinern • nicht für andere Zuhörer sprechen, nur persönliche Eindrücke in der Ich-Form schildern • nicht nur Negatives äußern, immer mit Lob beginnen

FEEDBACK ANNEHMEN • den Einschätzenden ausreden lassen, sich der Kritik stellen und sie anzunehmen, wird hilfreich für das nächste Referat sein • sich nicht rechtfertigen oder verteidigen: Der Einschätzende will nicht die Persönlichkeit des Referenten beschreiben, sondern lediglich dessen Wirkung auf das Publikum während des Vortrags; Feedback ist kein persönlicher Angriff und sollte auch nicht so verstanden werden • der Referent sollte für Verbesserungsvorschläge dankbar sein und als Anregung zur Selbstreflektion nutzen

GUTES REFERAT/ PRÄSENTATION • Gliederung vorstellen, damit das Publikum sich auf den Ablauf des Vortrags einstellen kann • Fachbegriffe und fremdsprachliche Ausdrücke klären – für sich selbst und die Zuhörer • Interaktion mit dem Publikum ist hilfreich, um dessen Aufmerksamkeit zu erhalten • möglichst frei, laut und deutlich sprechen • Selbstsicherheit schaffen: Wer sich wohl in seiner Haut fühlt, kann souveräner auftreten • Quellen sollten reproduziert und nicht nur adaptiert werden • Fazit und eigene Einschätzungen zeugen vom Verständnis

tens fünf bis zehn Referate übersteht, vorhanden sein. Im Studium sollen diese Kenntnisse professionalisiert und nicht Kommilitonen mit rhetorischer Unfähigkeit zu Tode gelangweilt werden. Mir kann auch niemand – auch mein Dozent nicht – erzählen, dass dieser Referent zum ersten Mal eine vernichtende Kritik geerntet hat. Falls aber doch: Es war höchste Zeit! Dennoch bin ich nach dem unkonstruktiven Gemecker über schlechte Referate an dieser Stelle – aus Gründen der Objektivität – verpflichtet, mein schlechtes Beispiel einer Referatseinschätzung kritisch zu reflektieren: Trotz Ärger und Langeweile sollte Feedback natürlich immer konstruktiv und neutral sein. Wie schwer das fallen kann und wie leicht man sich zu bloßem Rummeckern hinreißen lässt, beweist die zu Beginn beschriebene Situation. Der Einschätzende sollte grundsätzlich mit den positiven Aspekten des Referats beginnen, das ermuntert den Referenten, weiter zuzuhören. Der Übergang zu den Kritikpunkten sollte keinesfalls mit einem »ABER« eingeleitet werden, das entwertet alles zuvor geäußerte Lob. Wichtig ist, in der Ich-Form die persönlichen Eindrücke konkret zu beschreiben und Beispiele zu nennen. Am besten verpackt man Kritik in Verbesserungsvorschläge, die der Referent im Nachhinein überdenken kann. Dieser sollte sich während der Einschätzung nicht verteidigen, sondern die Kritik ebenso wie das Lob annehmen und reflektieren. Nur womit beginnt man eine Einschätzung, wenn man guten Gewissens nicht mal Sprechlautstärke und -tempo loben kann, wenn der Vortrag wirklich nichts Lobenswertes enthielt? Menschen mit geringer Selbstbeherrschung und zu viel Temperament (wie ich) lassen sich in solchen Fällen zum gnadenlosen Gezeter hinreißen. Die Nachahmung ist allerdings nicht zu empfehlen. <

der Inhalte • Zusammenfassung und Diskussionsanregung geben

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Illustration: Hannes Falke


DREI TAGE WACH

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Über 2,60 Meter tiefe Löcher, dicke Metal-Freaks und andere Kuriositäten auf dem HurricaneFestival in Scheeßel.

TEXT: Tanja Frenzel

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ach einem Marathonmarsch vom Bahnhof Scheeßel in Richtung Festivalgelände kann ich ihn schon riechen, fühlen und schmecken: den Dreck, der mich in den nächsten vier Tagen umgeben wird. Kaum sind wir auf dem Campinggelände angekommen, sehen mein Gepäck und ich nicht mehr so sauber aus, wie wir unser Zuhause verlassen haben. Der unendlich scheinende Acker wurde frisch gepflügt und der trockene, sandige Boden macht sich auf allem breit, was ihm Fläche bietet. Eine taktisch kluge Position muss eingenommen und besetzt werden, denn niemand möchte zu nahe an den DIXI-Toiletten oder zu weit weg vom Festivalgelände zelten. Freitag: Nachdem einige wohlbeleibte Metal-Jungs meinten, sich beim Auftritt der Beatsteaks kollektiv fallen lassen zu müssen, und somit einen dominoartigen Massensturz auslösten, dank dessen mein Fuß geprellt wurde, humpele ich zu den Ordnern, um mich zu beschweren. Doch da diese eher unterbelichtet als übermotiviert sind und die Auffassung vertreten, alle Festivalbesucher stünden unter Drogen oder seien betrunken, nehmen sie meine konstruktive Kritik an ihrer Sicherheitspolitik nur mit einem amüsierten Grinsen entgegen. Betäubt von den Schmerzen verliere ich für einen Augenblick meine Fassung und hinke – die Ordner wild beschimpfend – davon. Am Samstag erhellt sich meine Laune schlagartig, als uns freundliche Konzertbesucher in ein Gespräch ver-

wickeln. Fröhlich berichten sie von einer Gruppe junger Menschen, die sich im Internet Boden- und Wasserkarten für den Campingacker ausdruckte und mit einem GPS-Gerät und sechs Spaten bewaffnet die Stelle suchten, unter der Grundwasser zu finden sei. Es heißt, in einem Schichtplan wurde jeder von ihnen zum Buddeln eingeteilt, bis dann endlich ein 2,60 Meter tiefes Loch gegraben war. Zum krönenden Abschluss gab es dann wohl ein feierliches Bad in der Grube. Noch am gleichen Abend machen wir uns auf die Suche nach dem erhöht stehenden Pavillon, unter dem die Massen an Erde liegen sollen, doch können wir ihn einfach nicht finden. Entweder ist die Poolparty schon vorbei oder ihre Tarnung einfach zu gut. Spätestens am Sonntag nimmt der Zeltplatz dann bürgerkriegsähnliche Gesichtszüge an. Die letzten Dosen Ravioli werden ungeöffnet auf einen Gaskocher gestellt und Hunderte von Schaulustigen warten im Kreis stehend auf die Explosion. Neben diesen doch eher wenig musikalischen Beschäftigungen gibt es an diesem Tag kaum ein anderes Gesprächsthema als das brennend erwartete Konzert von The Prodigy. Man kann nicht so recht glauben, die Helden des frühen Elektropunks wirklich live zu sehen. Mit einer fulminanten Lichtshow und unglaublicher Bühnenpräsenz zeigen sie dann als letzte Band allen, was es bedeutet, echte Rockstars zu sein. Den ästhetischen Gegenpol zum eher naturbelassenen Campen bietet die Sängerin von Florence + the

Machine, die elfengleich in einem blau-durchsichtigen Seidenkleid über die Bühne schwebt und alle verzaubert. Auch in diesem Jahr ist also wieder für alle Musikgeschmäcker etwas Passendes dabei. Es darf sich schon jetzt auf die interessanten Begegnungen im nächsten Jahr gefreut werden – und auf den Schlaf, der in jeder freien Minute nachgeholt wird. <

2 Foto: Tanja Frenzel 35 Fotos: Hurricane-Pressearchiv 46 Foto: Annemarie Gelse


POLITISCHES

INTERVIEW

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heuler: Herr Pasternack, Sie haben in einem Interview mit dem Alumni-Magazin der Universität Leipzig über Ihre Zeit in der Studentenvertretung gesagt: »Irgendwie gab es immer Bier beim StudentINNenrat.« Ist das die einzige Möglichkeit, Studenten für ein Ehrenamt zu motivieren?

»IN JURA MUSSTE FAST JEDER GENOMMEN WERDEN« Ein Gespräch mit dem Hochschulforscher Peer Pasternack über die Entwicklung ostdeutscher Hochschulen nach der Wende, die Fehler des Bildungsstreiks und die Gründung des ersten StudentINNenrats in Leipzig. INTERVIEW: Christian Kobsda und Steffen Eggebrecht

Peer Pasternack: Nein, dieses »irgendwie« war durchaus so gemeint. Ich weiß nämlich gar nicht, warum immer Bier im StuRa war. Irgendjemand kümmerte sich aber jedes Mal darum. Das heißt nicht, dass da ständig gesoffen wurde. Wir haben damals permanent bis in die Nacht zusammengesessen und irgendwann brachte einen die Müdigkeit dazu, die Arbeit des Tages abzubrechen. In Leipzig gab es in den ersten Jahren nach der Wende dann gar keine Kneipe, die um eins noch geöffnet hatte, dann war es gut, wenn noch Bier da war. Ende der 80er-Jahre haben Sie mit der politischen Wende an der Universität Leipzig den ersten StudentINNenrat mitbegründet. Wie lief das damals ab? Wir wussten am Anfang gar nicht, dass wir den StuRa gründen, sondern nur, dass wir die FDJ marginalisieren wollen. Gleichzeitig wollten wir, dass sich die Universität einmischt in die Dinge, die unmittelbar vor ihrer Tür passierten. Wir hatten zunächst gar keine konkreten Vorstellungen. Bei den ersten Treffen waren wir uns dann jedoch schnell einig, dass wir es merkwürdig fänden, wenn vor der Universität ein System zusammenbricht und innen die Strukturen bleiben, wie sie waren. Wir waren uns einig, eine vernünftige Selbstverwaltungsstruktur zu erzeugen, die das einlöst, was die FDJ immer bloß versprochen hat, nämlich alle zu vertreten, unabhängig von ihren politischen Ansichten. Anschließend entwickelten wir sukzessive die Idee vom StuRa. An der Humboldt-Universität in Berlin passierte parallel dasselbe, ohne dass es damals intensive Kontakte gab.

War das gegenüber den Landesregierungen einfach durchzusetzen? Im November 1989, zwei Tage nach dem Mauerfall, sagte der Rektor der Leipziger Uni: »Der StuRa ist ein Experiment mit Verbindlichkeitsstatus.« Er hatte bemerkt, dass die Akzeptanz des StuRa bei den Studenten größer war als die der FDJ. Der Rektor entschied, dass die Verfügungsgewalt über den so genannten Fonds junger Sozialisten, der Finanzierungsquelle der FDJ, an den StuRa übergeht. Damit war die FDJ ohne Geld. Anschließend gab es natürlich noch eine Urabstimmung, die den StuRa endgültig legitimierte, mit 79 Prozent Beteiligung und 98 Prozent Zustimmung. Das war damals eine sehr politische Phase. Womit kann man denn heute noch Studenten mobilisieren? Das Wichtigste ist, die Leute zumindest thematisch dort abzuholen, wo sie ohnehin sind. Zweitens muss man die Möglichkeit zum Wohlfühlen organisieren. Wir wissen aus der Forschung, dass nirgendwo in politischen Bewegungen Leute dauerhaft drinbleiben, die sich dort nicht wohlfühlen. Das ist ein sehr elementares Bedürfnis, das man nicht unterschätzen darf. Ein dritter Punkt ist, die Entlastung von bürokratischem Krempel zu organisieren. Wenn man im StuRa ein Referat übernimmt und sich die Hälfte seiner Zeit nur mit Papierkram rumschlagen muss, ist das extrem demotivierend. Dann macht man

das kein zweites Mal und erzählt auch keinem anderen, dass das Spaß macht. Dann lassen sich für bestimmte Jobs schließlich gar keine Kandidaten mehr finden. Könnten vielleicht studentische Hochschulgruppen für mehr Engagement sorgen? Hochschulgruppen fokussieren zunächst einmal Themen. Nach meiner Kenntnis sind jedoch an allen ostdeutschen Hochschulen die politischen Gruppen extrem instabil, das heißt, die existieren häufig zwei, drei Jahre, bis die Leute, die den Kern gebildet haben, die Hochschule verlassen. Dann fällt die Gruppe in sich zusammen, bis sich wieder neue Leute finden. Der Bildungsstreik im vergangenen Jahr hat enorm viele Studenten mobilisieren können. Wie lange, denken Sie, trägt sich der Bildungsstreik noch? Hält der denn noch an? [schmunzelt] Studentische Proteste funktionieren immer zyklisch. Typischerweise überleben sie weder Weihnachten noch die Semesterferien. Weiterhin dauert er im Regelfall maximal ein Semester, weil dann die Angst davor grassiert, zu viel an Studienund BAFöG-Zeit zu verlieren. Ein studentischer Protest lebt zudem sehr stark vom Fun-Faktor, und der ist in einem politischen Kontext nicht dauerhaft aufrechtzuerhalten. Jede Initiative arbeitet ein gewisses Repertoire ab, wie öffentliche Vorlesungen zu organisieren, Senatssitzungen zu stören oder zur Privatwohnung des Wissenschaftsministers zu marschieren, was ich aber grenzwertig finde. Das trägt jedoch nur eine gewisse Zeit. Anschließend müsste weit mehr kreative Kraft investiert werden, um die Leute auch bei der Stange zu halten. Da müsste man schon eine Art Animateur einstellen, um das zu leisten. [lacht] Kann ein Bildungsstreik nur mit einer guten Studierendenvertretung funktionieren? Bildungsstreiks können natürlich besser funktionieren, wenn es eine gute Studentenvertretung gibt, aber das ist keine notwendige Voraussetzung. Beide Seiten können sich gegenseitig stärken, aber der typische Fall ist, dass solche Initiativen außerhalb der Studierendenvertretung entstehen. Manchmal usurpieren die Studierendenschaften diese Bewegungen und setzen sich an die Spitze, aber häufig bleiben sie bloß ein Akteur unter anderen. Was sind die typischen Fehler, die Studentenprotesten unterlaufen? Unprofessionelle Pressearbeit, die Gesprächsverweigerung gegenüber bestimmten Akteuren wie dem Rektor oder der CDU-Fraktion. Weiterhin, dass man nicht unterscheidet zwischen Maximalzielen und pragmatischen Zielen. Viele Protestbewegungen verlieren sich in einem unproduktiven Radikalismus. Sie sollen im Denken natürlich radikal sein, aber im Handeln hat Radikalismus in der Regel zur Folge, dass man sich nicht hundertprozentig durchsetzt und das dann als Niederlage verbucht.


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PEER PASTERNACK

andere anziehen. Wenn solche Personen magnetisch wirken, kann das für eine Forschungsreputation sehr wirkungsvoll sein. Das haben aber die ostdeutschen Hochschulen weniger.

wurde 1963 in Sachsen-Anhalt geboren. Er gründete während der politischen Wende an der Universität Leipzig eine der ersten Studierendenvertretungen in Ostdeutschland mit. Pasternack ist seit 2004 Forschungsdirektor am Institut für Hochschulforschung an der Martin-LutherUniversität Halle-Wittenberg.

Sie sprachen die hohen Zahlen an westdeutschen Professoren an. Ist es richtig, dass nach der Wende fast zwei Drittel der Professoren ausgewechselt wurden? Sechzig Prozent, würde ich schätzen. Es gibt leider keine Statistiken. Allerdings muss man sehen, dass bei den Ingenieurwissenschaften nahezu 80 Prozent der Professoren drin geblieben sind. In der öffentlichen Aufmerksamkeit standen hingegen eher Fächer wie etwa Politikwissenschaft und Soziologie, wo nahezu einhundert Prozent ausgewechselt wurden. Mussten ostdeutsche Hochschulen durch schnelle Neubesetzung vakanter Lehrstühle nach der Wende mitunter Forscher aus dem Westen nehmen, die qualitativ nicht gerade zur Spitzengruppe gehörten?

Wenn man sich nun, etwa 20 Jahre nach der Wende, die Hochschullandschaften in Ost- und Westdeutschland anschaut, dann gibt es anscheinend immer noch starke Unterschiede. Welche davon halten Sie für die gravierendsten? Weitestgehend angeglichen sind institutionelle sowie Personalstrukturen, Finanzierungsmechanismen und Rechtssysteme. Die Differenzen, die es noch gibt, haben nichts mehr mit Ost-West zu tun, sondern mit der Zuständigkeit von 16 verschiedenen Bundesländern. Jedoch gibt es eine bestimmte Art von Ost-West-Begegnung an ostdeutschen Hochschulen. Es gibt Lehrkörper, die zu fast hundert Prozent aus Leuten westdeutscher Herkunft bestehen. Zwar sind manche Lehrkörper, etwa in der Medizin oder den Ingenieurwissenschaften, noch hälftig-hälftig zusammengesetzt, aber es gibt an einer ostdeutschen Hochschule so gut wie keinen Lehrkörper, der überwiegend aus Ostdeutschen besteht. Gleichzeitig gibt es eine Studierendenschaft, deren – mit den wenigen Ausnahmen Dresden, Leipzig, Jena und Potsdam – Studenten überwiegend aus der Region kommen. Dadurch kommt es in bestimmten Fächern wie etwa Soziologie oder Politikwissenschaft zu der Merkwürdigkeit, dass eine komplett westdeutsche Professorenschaft eine nahezu komplett ostdeutsche Studierendenschaft belehrt. Eine solche Wahrnehmung drängt sich zum Beispiel besonders auf, wenn man einen Lehrkörper vor sich hat, der komplett unterschiedliche, aber am Ort nicht heimische Dialekte spricht.

Das ist je nach Fach ganz unterschiedlich. In vielen Fächern, wie zum Beispiel Erziehungswissenschaft, Germanistik oder Geschichte, gab es in Westdeutschland einen unheimlichen Stau an Nachwuchswissenschaftlern, die häufig sehr gute Leute waren. Für ihre wissenschaftlichen Karrieren fehlten die Stellen an westdeutschen Hochschulen. Für die war das ein Geschenk des Himmels, in den Osten ausweichen zu können. Die hätten im Westen nie eine Professur bekommen, da sie, bis dort etwas frei geworden wäre, das 51. Lebensjahr überschritten hätten, ab dem man nicht mehr erstberufen wird. Dagegen musste in Jura und Wirtschaftswissenschaften jeder genommen werden, den es gab, es sei denn, es war ein westdeutscher Marxist. Dort war irrsinnig viel zu besetzen, und zudem sind dies Fächer, in denen die akademische Karriere nur eine attraktive berufliche Option unter anderen ist. Gibt es dadurch einen Zusammenhang zu der schlechten Forschungsreputation der ostdeutschen Hochschulen? Bei der Reputation, die die Hochschulen genießen oder nicht, kommen mehrere Sachen zusammen. Zum einen eine insgesamt schwächere finanzielle Ausstattung, wodurch sie bloß Durchgangshochschulen oder sogenannte Erstberufungshochschulen sind. Nun ist es aber schwierig für eine Durchgangshochschule, so etwas wie Forschungsreputation zu erwerben, denn für so etwas braucht man relativ stabile wissenschaftliche Belegschaften. Man braucht einige Highpotentials, die dort tätig sind und auch nicht weggehen, sondern eher

Trifft der Begriff der Durchgangshochschule mit Blick auf die Abwanderung von Studenten ebenso zu? In Rostock verlassen viele Studenten die Universität nach dem Bachelor. Sie haben hierfür die Bildung einer »Sondernachwuchszone Ost« vorgeschlagen, die den uniinternen Karriereweg bewirbt und erleichtert. Alle deutschen Hochschulen rekrutieren stark regional, das heißt, 83 Prozent der Studierenden kommen aus dem Bundesland, in dem die Hochschule liegt, oder einem direkt angrenzenden. An den meisten ostdeutschen Hochschulen kommen nun aber etwa 70 Prozent aus demselben oder einem benachbarten Landkreis. Der Einzugsbereich ist somit viel kleiner. Wer sich aber nicht räumlich bewegt, ist häufig auch sozial unbeweglicher. Diese regional rekrutierten Studenten müssen räumlich wie intellektuell und mental erst noch mobilisiert werden. Wenn dies gelingt, ist der Erfolg jedoch fatal. Die Studenten überlegen sich nach dem Bachelor: Wenn ich mal was Neues kennenlernen will, wann, wenn nicht jetzt? Die Folge ist, dass diejenigen, die für ihren Master dort bleiben, diejenigen sind, bei denen es die Hochschule noch nicht geschafft hat,

»WER SICH NICHT RÄUMLICH BEWEGT, IST HÄUFIG AUCH SOZIAL UNBEWEGLICHER« sie ausreichend zu mobilisieren. Dieser Negativauslese müsste man nun etwas entgegensetzen, sonst wäre jemand, der Karriere an einer ostdeutschen Hochschule macht, immer nur ein Übriggebliebener. Man muss daher, damit die Leute hier bleiben, Anreize schaffen, sie zu binden. Etwa, indem man Absprachen trifft und Kontakt hält. Indem man sagt: Geh jetzt zwei Jahre nach England und dann komm wieder, und wir sorgen dafür, dass du hier eine Promotionsstelle hast. Man muss Chancen organisieren und diese offensiv kommunizieren. Das gilt übrigens ebenso für den nichtwissenschaftlichen Bereich, wo uns in den nächsten Jahren ein akuter Fachkräftemangel droht. Vielen Dank für das Gespräch.

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Foto: Christian Kobsda

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ANGEKOMMEN D AUF DEM ABSTELLGLEIS Mit dem Sommersemester endet auch die Wahlperiode des aktuellen StudentINNenrats. Seit Langem war dieser zumindest nominell der größte in seiner Geschichte. Die Stimmen sind inzwischen ausgezählt, wer drin ist, steht fest. Klar ist auch, dass das breite Interesse an Hochschulpolitik die paar Wochen Streik nicht überlebt hat. TEXT: Andreas Dähn und Christian Kobsda

er bundesweite Bildungsstreik, den es im vergangenen Jahr auch nach Mecklenburg verschlagen hatte, ist nicht nur dort inzwischen Vergangenheit. Mit ihm leider auch etwas, von dem man sich in Rostock durchaus Dauerhaftigkeit versprechen wollte: das studentische Interesse an Hochschulpolitik. Ein beliebtes Indiz dafür ist die Messung der Wahlbeteiligung. Denn nachdem die streikenden Studenten Ende 2009 in großer Zahl auf die Straße gegangen waren, hatten sie nun die Möglichkeit, sich regulär an hochschulpolitischen Entscheidungsfindungen zu beteiligen. Sowohl passiv als Kandidat für ein dementsprechendes Amt, wenigstens aber aktiv als Wähler. Neben den universitären Gremien Konzil, Senat und den Fakultätsräten, in denen auch studentische Vertreter sitzen, wurde bei diesen Wahlen auch über die Zusammensetzung des grundsätzlichsten Organs studentischer Mitbestimmung entschieden: den StudentINNenrat (StuRa). Vor ziemlich genau einem Jahr gab es bei den gleichen Wahlen den ersten Vorgeschmack auf eine Aufbruchstimmung. Zumindest unter den beeindruckenden 13,5 Prozent der Studenten, die sich hatten hinreißen lassen, den StuRa zu wählen. Wir erinnern uns, damals gab es fakultätsübergreifend weit mehr Kandidaten als Sitze. Durch den Wahlmodus begrenzt konnten schließlich immerhin um die 50 von den 55 zur Verfügung stehenden Sitzen besetzt werden. Das Vorgänger-Parlament hatte am Ende aus nicht einmal mehr 20 Mitgliedern bestanden. Das goldene Zeitalter der Wahlbeteiligung

Mitbestimmung schien sich damit bereits im Sommer 2009 anzukündigen. Wenn man hingegen im Moment eine StuRa-Sitzung besucht, so kann man sich gegen den bitteren Nachgeschmack kaum wehren. Der Sitzungsbeginn – ein schieres Ringen um die Beschlussfähigkeit. Die ist ab 15 anwesenden Mitgliedern gegeben. Dass diese jedes Mal aufs Neue zur Frage steht, ist ein Armutszeugnis für alle, die ein Mandat halten und es nicht wahrnehmen. Abstimmungen müssen verschoben werden, weil gerade jemand zur Toilette gegangen ist. Wer gar vor Sitzungsende nach Hause will, riskiert durch seine Entscheidung, auch alle anderen Parlamentarier ins Bett zu schicken. Was hatten wir uns nicht auf diese Wahlperiode mit einem großen StuRa gefreut, hatten geflügelte Fantasien von einer effektiven Kontrolle des Allgemeinen Studierendenausschusses (AStA) durch den StuRa, von Arbeitsgruppen, vom Aufleben einer produktiven Parlamentsarbeit, von gelebter Demokratie. Was haben wir bekommen? Zu Beginn der Wahlperiode einen streitlustigen Haufen, der sich problemlos über Stunden hinweg mit der Frage aufhalten konnte, ob eine Forderung mit einem Punkt oder einem Ausrufezeichen beendet werden solle. Damals tobte der Bildungsstreik in Rostock – bis es für alle Weihnachtsgeschenke gab. Für den Bildungsstreik darunter einenbisdahinungenutztenKellerraumimRektoratsgebäude. Zu Beginn des Jahres trennte sich der StuRa in neuem Tumult – irgendwie – vom

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2006-2010

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VORLÄUFIGE WAHLERGEBNISSE DER STURA-WAHLEN 2010 Agrar- und Umweltwissenschaftliche Fakultät (Wahlbeteiligung: 7,4 %) Robert Haack Fakultät für Informatik und Elektrotechnik (12,0 %) Marcus Sümnick Fakultät für Maschinenbau und Schiffstechnik (6,0 %) Isabella Kratzer, Jens Hinrich Prause, Benjamin Großer Juristische Fakultät (4,5 %) Katharina Mahrt, Anika Hanke, Christian Lüth Mathematisch-Naturwissenschaftliche Fakultät (12,2 %) Wera Pustlauk, Johannes Krause, Hannes Rüter Medizinische Fakultät (8,1 %) Christoph Radenbach, Johanna Roggan Philosophische Fakultät (6,8 %) Sarah Grote, Kathleen Dahms, Juliane Haul, André Marschke, Sabrina Lembke, Carlo Ihde, Jasmin Carina Holst, Henning Bever, Ronald Henze, Björn Hertle, Christian Jörn Berntsen Theologische Fakultät (10,4 %) Inga Millon, Malte Lüskow Wirtschafts- und Sozialwissenschaftliche Fakultät (8,1 %) Christina Regina Höhne, Karolin Buchholz, Thea Riebe, Wiebke Heklau, Falko Tesch, Florian Fröhlich, André Olbrich, Marco Müller, Martin Lau

AStA-Vorsitzenden. Von Querelen um einzelne Referenten ganz zu schweigen. Bereits im Dezember warf der erste das Handtuch, zuletzt kündigte in der vergangenen Junisitzung des AStAs eine Referentin den Rücktritt an. Andererseits hatte es auch der AStA nicht ganz leicht mit diesem StuRa. Denn ein Großteil seiner Mitglieder schien sich seiner Verantwortung nicht bewusst: Probleme wurden nicht ausreichend ernst genommen, Satzung und Ordnungen nicht gelesen und in Konsequenz wurden durchaus erwünschte Kontrollfunktionen vernachlässigt. Und im Moment? Die Protestwelle ist zwischenzeitlich verebbt, StuRa-Sitzungen sind ein wenig pragmatischer, unaufgeregter geworden. Aber man ist trotzdem nicht in der Lage, den AStA und seine Referenten zu disziplinieren, wenn notwendig. Auf den Sitzungen wird das Gremium zwar kritisch befragt, jedoch verstört den Beobachter, dass solche Fragen zumeist ausschließlich von einer Hälfte des Parlamentspräsidiums kommen, während der Großteil des AStAs seine Kernaufgabe – sei es aus Unkenntnis der Abläufe, sei es aus Ignoranz – vollends ausblendet. Getragen von der heimlichen Hoffnung, der Tagesordnungspunkt sei schnell vorbei und die wenigen Fragensteller seien bald fertig. Und jetzt: wieder einmal Wahlen. Grundsätzlich gäbe es Grund zur Hoffnung auf Besserung. Eine Hoffnung, die allerdings einem Déjà-vu gleichkäme, denn dieselben Erwartungen hatten wir vor ziemlich genau einem Jahr schon einmal.

Damals erlebten wir erstmals einen tatsächlichen Kampf um Wählerstimmen, nachdem sich zuvor unglaubliche 109 Kandidaten aufgestellt hatten. Während des Bildungsstreiks gab es zudem seit Langem wieder einmal ein öffentliches Interesse für Hochschulpolitik und studentische Beteiligung. Leider folgen Worten selten Taten. Während öffentlicher Protest und Schuleschwänzen Spaß machen und entsprechend viele Statisten finden, lassen sich für hochschulpolitische Alltagsarbeit kaum Akteure gewinnen. So blieben trotz lauter Massen am Ende müde 49 Kandidaten zur aktuellen Wahl übrig. Nur an drei Fakultäten gab es überhaupt mehrere Bewerber auf einen StuRa-Sitz. An der Agrar- und Umweltwissenschaftlichen sowie der Fakultät für Informatik und Elektrotechnik stand schließlich nur ein einzelner Kandidat auf der Liste. Der eigentliche »Wahlkampf« spielte sich dann primär im AStA-Büro und innerhalb des Wahlausschusses ab. Denn der vom StuRa zur Organisation der Wahl eingesetzte Ausschuss schien in erster Linie mit sich selbst zu ringen. Hinein spielte, dass dieser vom StuRa gehörig unter Druck gesetzt wurde. Die Mitarbeiter sollten eine Aufwandsentschädigung nur dann

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Foto: Michael Schultz

bekommen, wenn sich so viele Kandidaten finden ließen, dass die Sitze des StuRa wenigstens zu 90 Prozent besetzt wären, und die Wahlbeteiligung über 10 Prozent läge. Bereits zu Fristende der Kandidatenaufstellung war somit klar, dass die Organisatoren der Wahl für ihre Arbeit nicht bezahlt werden würden. Zu diesem Zeitpunkt hatten sie den Großteil allerdings noch vor sich. Als ob die Motivation hierdurch nicht schon genug gebremst gewesen wäre – die vom StuRa gestellte Aufgabe ging noch weiter. Unter Missachtung der Tatsache, dass der Wahlausschuss aus nur drei Personen bestand, wurde dieser Trias auch noch die Wahlwerbung überantwortet. Im letzten Jahr hatte sich der gesamte AStA in vier Arbeitsgruppen aufgeteilt, um sich über Wochen dieser Aufgabe zu verschreiben. Dabei hatte das ganze Gremium alle Hände voll zu tun. Auf der Wahlbeteiligungs-Quittung finden sich letztlich 8,33 Prozent. Als Rechnungsempfänger für diese armselig niedrige, wenn auch traurigerweise durchschnittliche Wahlbeteiligung stehen auf der einen Seite ein scheidendes Parlament, welches, zum Großteil bevölkert von Karteileichen, wenig ruhmreich aus seiner Wahlperiode ausscheidet. Demgegenüber jene Protestler, die laut nach Partizipation schrien und diese, als die Gelegenheit zur Teilnahme greifbar war, vorbeiziehen ließen. Aktiv wie passiv. Vor allem passiv. <

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DEEP ASTA HORIZON Die studentische Selbstverwaltung erleidet zunehmend Schiffbruch. Es wird sich jedoch vermeiden lassen, dass zunehmend mehr Informationen über den desolaten Zustand des Gremiums an die Öffentlichkeit gelangen. Dafür fehlt es vor allem an sinnvoller Pressearbeit. TEXT: Michael Schultz

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in bisschen anstrengend ist der Pressetermin mit André Olbrich. Bevor die erste Frage gestellt ist, steht schon fest, dass es hier nicht um harte Fakten gehen wird. Olbrich ist Angestellter für Presseangelegenheiten beim Allgemeinen Studierendenausschuss (AStA) und verhält sich erwartungsgemäß professionell. Es ist kein Geheimnis, dass in seinem Gremium eine Menge schief läuft – Olbrich aber muss abwiegeln. Es ist ein langes Gespräch über die Zusammenarbeit, das Arbeitsklima und die Probleme, die der AStA teilweise noch aus der vergangenen Wahlperiode abarbeiten muss. Es ist der Job des Pressesprechers, ein positives Bild des AStAs zu vermitteln: »Der AStA hat trotz aller Probleme für die Studierenden Veranstaltungen wie die Kulturwoche oder das Campuserwachen organisiert. Es gibt Veranstaltungen, Anträge werden verhandelt und gefördert. Wir machen alle unsere Arbeit.« Dass davon oft wenig zu hören und zu lesen ist, liegt an strukturellen Problemen des Gremiums. Der Presseangestellte ist mit Beginn der aktuellen Wahlperiode kein Referent mehr. Damit büßt Olbrich das Stimmrecht auf den Sitzungen des AStA ein, die er gemäß der Regularien nur einmal im Monat besuchen müsste. Es gibt keine gesonderte Regelung für seinen Posten als Pressesprecher, vielmehr wurde auf Grundlage eines einfachen AStAMitarbeiterpostens ein unzureichendes Amt geschaffen. Obwohl Olbrich auch die Pressearbeit für den StudentINNenrat (StuRa) machen soll, muss er bei nichtöffentlichen Punkten die Sitzung verlassen. Es liegt auf der Hand, dass ein uninformierter Pressesprecher seine Arbeit nicht vernünftig machen kann. Eine Anpassung dieser Regelungen ist bislang versäumt worden. Unklar bleibt außerdem, wie StuRa und AStA sich zukünftig ihre Pressearbeit vorstellen. »Oftmals musste ich die Füße stillhalten«, klagt André Olbrich. Besonders die seitens des AStA ausbleibenden Reaktionen auf den Bildungsstreik hätten ihm zu schaffen gemacht: »Ich weiß, wie gute Pressearbeit funktioniert. Es ist frustrierend, wenn ich sie nicht machen darf.« Die Funktion des Pressesprechers war auf einer der ersten StuRa-Sitzungen der laufenden Wahlperiode heftig diskutiert worden, schließlich wurde sich für ein Angestelltenverhältnis ohne eigenes Referat entschieden. So liegt

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für den AStA-Vorsitzenden Philipp da Cunha das Problem in der Natur der Sache: Er muss mit den Regelungen arbeiten, die teilweise vor seiner Zeit als Vorsitzender entstanden sind. Auch dass er in seinem Amt einen großen Teil der Pressearbeit übernimmt, ist nichts Ungewöhnliches. Wenn innerhalb des AStAs aber nicht geklärt ist, wer in seinem Amt welche Kompetenzen hat, muss es zwangsläufig zu Problemen kommen. Die Situation im AStA ist ernst, über viele Dinge spricht André Olbrich nicht so gerne. Da gibt es die Beschwerden seitens der Studierenden über die Sitzungsdisziplin: Ein Student vergleicht den AStA nach der Verhandlung seines Antrages gar mit einem »gackernden Hühnerhaufen«. Eine andere Antragstellerin wirft einer Referentin vor, aufgrund persönlicher Differenzen auf eine geheime Abstimmung bestanden zu haben – prinzipiell ein Recht, das alle AStAMitglieder haben. Genervt registriert man seither ständige Geheimabstimmungen zu banalen Themen – ein fader Beigeschmack bleibt. Das Problem der studentischen Selbstverwaltung ist ihre Abhängigkeit von Führungspersönlichkeiten. Der Vorsitzende ist zusammen mit der Geschäftsführung letztlich auch dafür verantwortlich, die Rahmenbedingungen für die Arbeit des Gremiums zu gestalten. Keine einfache Aufgabe, denn der AStA ist kein professionelles Unternehmen und seine Mitarbeiter sind Angestellte, die in der Regel aus ideellen Gründen ihrer Gremienarbeit nachgehen. Jeweilige Studiengänge und weitere Aktivitäten beschneiden das Zeitbudget der Mitarbeiter – es ist von keinem AStA-Mitglied zu erwarten, eine 40-Stunden-Woche im Büro in der Parkstraße 6 zu verbringen. Hinzu kommen Belastungen aus vorhergegangenen Wahlperioden. Effektiv arbeiten kann der AStA unter diesen Bedingungen nur dann, wenn sich Mitarbeiter, Referenten, Vorsitz und Geschäftsführung gegenseitig vertrauen können. Persönliche Eitelkeiten und Abneigungen untereinander stehen einem funktionierenden Kollektiv im Weg. Diese Probleme dürften dem Vorsitzenden da Cunha lange bekannt sein – ein Team wurde der AStA in den vergangenen drei Monaten seiner Amtszeit bislang nicht. Dafür ist nicht allein der Vorsitzende verantwortlich, seine Mitarbeiter tragen die gleiche Verantwortung für eine gute Zusam-

menarbeit. Es geht um Ehrlichkeit und Vertrauen und vor allem darum, Kritik auf eine konstruktive Art und Weise zu äußern. Ein Großteil der AStA-Referenten musste erfahren, dass es an diesen Dingen hapert. Der bemühte Pressesprecher konnte kaum verhindern, dass sich Umweltreferent Robert Haack tief gekränkt an die Öffentlichkeit wandte und Matthias Bannert, Verantwortlicher für die Hochschulseite der Norddeutschen Neuesten Nachrichten, den AStA systematisch auseinandernahm. Eine interne Aussprache gab es zuletzt Anfang Juli. Probleme wurden auf dieser Sitzung nicht gelöst. Eine Referentin zog ihren zuvor angekündigten Rücktritt jedoch zurück. Das öffentliche Schweigen zeigt, wie wenig das Gremium in der Lage ist, sich selbst zu heilen. Die Probleme sind größtenteils hausgemacht und entstammen der langen Tradition der kränkelnden Studierendenvertretung an der Uni Rostock. Mit größter Mühe wurde ein Neuanfang mit unerfahrenen Referenten versucht, die eine Chance gehabt hätten, einige unsägliche Kapitel der studentischen Selbstverwaltung abzuschließen und die Referate neu auszugestalten. Stattdessen nahmen Probleme und Peinlichkeiten kein Ende, auch nicht mit dem Abgang des langjährigen AStA-Referenten Fridtjof Behrens. Der trat als Vorsitzender offiziell zurück, um sich auf sein Studium konzentrieren zu können. Hinter den Kulissen aber ging es um finanzielle Unregelmäßigkeiten, verpasste Verantwortlichkeiten und grobes Fehlverhalten. Ein Referent spricht in diesem Zusammenhang von einer Kampagne gegen den ehemaligen Vorsitzenden, dem man die Schuld nicht allein in die Schuhe schieben könne. Trotzdem wurde im StuRa die Möglichkeit dankbar angenommen, die Probleme mit einem Rücktritt zu begraben. Die Verantwortlichen an anderer Stelle blieben. Sie gaben sich geläutert – erwiesen dem AStA allerdings einen Bärendienst, indem sie einen Rücktritt konsequent verweigerten. Das öffnete Tür und Tor für eine zunehmend kritischere Berichterstattung in den Rostocker Medien – und für ein Arbeitsklima, in dem persönliche Anfeindungen und gekränkte Egos die AStA-Arbeit erschweren. StuRa und AStA haben es bislang versäumt, einen Prozess der Regeneration einzuleiten. Nicht unbedingt aus Unwillen, sondern weil völlig unklar ist, wie das zu schaffen ist. Eine naheliegende Lösung wäre ein ehrlicher Neubeginn in der kommenden Wahlperiode. Die Arbeit, die im AStA geleistet wird, ist für die Universität und ihre Studierenden sehr wichtig und im Interesse aller sollten möglichst viele AStA-Ämter qualifiziert besetzt werden. Jedes AStA-Mitglied, das sich zur Wiederwahl aufstellt, sollte sich im Klaren über seine Verantwortung und den Anspruch an das eigene Amt sein – eine weitere Wahlperiode im Stile der vergangenen birgt die Gefahr, das ohnehin schon dürftige Vertrauen in den AStA nachhaltig zu zerstören. André Olbrich wird zu den Wahlen nicht mehr antreten. Der Politikstudent kandidierte stattdessen erfolgreich an der Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Fakultät für den StudentINNenrat. »Für meinen Nachfolger ist es äußerst wichtig, dass der Posten wieder als Referent geführt wird«, schließt er. Sein Lächeln wirkt fast ein bisschen gequält. <

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Grafik: Sophie Lehmann und Michael Schultz


NACHRICHTEN AUS DER STUDIERENDENSCHAFT STURA-BESCHLUSS ZUR BARRIEREFREIEN UNIVERSITÄT

FORDERUNG NACH EINEM ERLEICHTERTEN ZUGANG ZUM MASTER

NEUER REFERENT FÜR INTERNATIONALES GEWÄHLT

Die Hochschulrektorenkonferenz hat im Jahr 2009 eine Empfehlung unter dem Motto »Eine Hochschule für alle!« diskutiert und beschlossen. In dieser Empfehlung werden klare Anforderungen an die Einrichtungen formuliert, die ein Studieren und Arbeiten für alle Mitglieder der Universität ermöglichen sollen. Die Uni Rostock ist im Hinblick auf diese Thematik recht schlecht aufgestellt. So gibt es nach Einschätzungen von Studierenden mit Behinderung und/oder chronischen Krankheiten kein Gebäude, welches den Anforderungen entspricht. Die studentischen Gremien an der Universität Rostock haben deshalb am 9. Juni 2010 beschlossen, sich dafür einzusetzen, dass bei allen universitären Neubauten die verantwortlichen studentischen und nichtstudentischen Vertreterinnen und Vertreter, insbesondere Frau Prof. Dr. Koch, Universitätsbeauftragte für chronisch kranke und behinderte Studierende, an die Belange von Studierenden mit Behinderung und/oder chronischen Krankheiten gedacht wird. Wichtige Anlaufstellen wie Bibliotheken und Sekretariate werden auf ihre Zugänglichkeit überprüft, um mögliche Barrieren zu mindern oder aufzuheben. ANDRÉ OLBRICH

Der akademische Senat wurde von der Studierendenvertretung aufgefordert, alle neu einzurichtenden oder zu überarbeitenden Prüfungsordnungen von Masterstudiengängen ohne Zulassungsvoraussetzung in Form der Abschlussnote eines vorhergehenden Studienganges oder eines ECTS-Grades zu beschließen. Die Beschränkung des Masterstudiengangs stelle einen zu schwerwiegenden Eingriff in die freie Berufswahl dar. Außerdem führe die Ungewissheit über einen möglichen Masterzugang schon jetzt zu einem unerwünschten Wahlverhalten von Kursen, welches sich ausschließlich an den zu erwartenden Modulnoten orientiert. Der StuRa greift auf den im Dezember 2009 beschlossenen Forderungskatalog zurück, in dem festgehalten wurde, dass jedem Bachelorabsolventen ein Zugang zum Masterstudium ermöglicht werden soll. Im Wintersemester 2009/10 wurden 411 der 638 freien Masterstudienplätze an der Universität Rostock nicht besetzt. Nur drei von 20 Studiengängen waren mit über 60 Prozent ausgelastet. Da freie Lehrkapazitäten im Masterbereich nicht ohne Weiteres in den Bachelorbereich umgewidmet werden können, führt dies zu einer ineffizienten Nutzung der Ressourcen. ANDRÉ OLBRICH

Nachdem auf einer früheren Sitzung des StudentINNenrats (StuRa) die Wiedereinführung des Referats für Internationales beschlossen wurde, ist jetzt ein neuer Referent für jenes studentische Amt gewählt worden. Auf der Sitzung des StuRas am 17. Juni konnte der Jura-Student Vladislav Bogouslavski das Vertrauen der Vertreterinnen und Vertreter des StuRa gewinnen. Er kümmert sich fortan um die Belange von ausländischen Studierenden und steht darüber hinaus auch Studierenden beratend zur Seite, die einen Auslandsaufenthalt planen. Der Allgemeine Studierendenausschuss (AStA) begrüßt den neuen Referenten und heißt ihn im Team herzlich willkommen. ANDRÉ OLBRICH

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DANKE, DASS ES SIE GIBT

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Dieser Satz stammt aus Angela Merkels Glückwunschrede zum 70. Geburtstag Joachim Gaucks Anfang dieses Jahres. Wer hätte gedacht, dass er wenige Monate später für das Amt des Bundespräsidenten nominiert werden würde? In der heißen Phase des Wahlkampfes hielt Gauck vor Stipendiaten des Deutschen Akademischen Austauschdienstes einen Vortrag im Rostocker Audimax. Der heuler war dabei. TEXT: Juliane Meißner

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ie Fragerunde nach dem Vortrag von Joachim Gauck zum Thema »Ost und West – eine Betrachtung deutscher Verhältnisse« wird von einer japanischen Stipendiatin wie folgt eröffnet: »Mein Vater war früher als Ingenieur in Rostock tätig. Als er wieder zurück nach Japan kam, hat er uns sehr viel von Ihnen erzählt.« Spontan reagierte Gauck auf diese Episode und entgegnete charmant »Wir machen dann gleich ein Foto zusammen.« Für seinen Vortrag am 12. Juni war Gauck der Einladung des DAAD nach Rostock gefolgt. Gleich mehrere Faktoren machten diesen Besuch zu etwas Besonderem: Joachim Gauck war gut eine Woche vorher zum Kandidaten für die Nachfolge Horst Köhlers nominiert worden. Zudem ist Gauck gebürtiger Rostocker, er war viele Jahre als Pastor in Evershagen tätig und hat als Wortführer der Wendezeit nicht nur seine Heimatstadt geprägt. Nach der Wende wurde er dann zum ersten Beauftragten der Bundesregierung für die Stasi-Unterlagen. Gaucks bewegtem Leben und seiner Person wurden durch die Nominierung ein enormes Medieninteresse zuteil. Vor seinem Vortrag in Rostock ging er kurz auf die Kandidatur ein und sprach von »überschaubaren Chancen«. Er sei »realistisch genug, das einzuschätzen.« Laut einer Umfrage von Forsa, in der die Bundesbürger ihren Favoriten benennen sollten, schaffte es Gauck aus dem Stand heraus auf den Spitzenplatz. Vor Christian Wulff. Dabei heißt das aber nicht zwangsläufig, dass er aufgrund seiner Person solch hohe Sympathiewerte erlangen konnte. Vielmehr scheint dies der Tatsache geschuldet zu sein, dass er keiner Partei zugehörig, nicht in machtpolitische Konstrukte verwickelt ist und für viele gar einen Aufbruch darstellte. Gauck sprach selbst einmal von einem deutschen »Yes We Can«-Gefühl, und genau dieses ist er in der Lage zu vermitteln. Jedoch waren diese nicht die einzigen Aspekte, die hinsichtlich seiner Kandidatur als Bundespräsident diskutiert wurden. Gauck wurde in einem Fernsehinterview gefragt, ob er glaube, dass bei seiner Nominierung von

Grünen und SPD machtpolitisches Kalkül eine Rolle spiele. »Ja, ich bin ja nicht blind«, antwortete er fast trotzig, aber dass dies der der einzige Grund für seine Nominierung sei, hielt er für ausgeschlossen. Man könnte meinen, Gauck, der sich selbst als »linker, liberaler Konservativer« bezeichnet, nahm die Tatsache belustigt zur Kenntnis, von welchen Parteien er nominiert wurde. Laut dem Spiegel hätte er den Vorschlag eher von der Union erwartet. Doch Union und FDP suchten einen Repräsentanten aus ihren Reihen, der schon allein deshalb zur Stärkung der Regierungskoalition beitragen würde. Christian Wulff, bis dato niedersächsischer Mi-

SEINE REDE GLICH EINER PREDIGT, DAS PUBLIKUM SCHIEN VÖLLIG GEBANNT nisterpräsident, ging als Kandidat für Schwarz-Gelb ins Rennen. Jedoch äußerten einige Linksliberale bereits vorab, dass sie eher zu Gauck tendierten als zu Wulff. Dass innerhalb der Koalition Uneinigkeit herrschte, wird am Tag der Bundespräsidentenwahl deutlich: Trotz komfortabler Mehrheit von 21 Stimmen in der Bundesversammlung wird Wulff erst im dritten Wahlgang gewählt. Dies geschieht mit einer absoluten Mehrheit von 625 Stimmen. Die 494 Stimmen für Gauck im letzten Wahlgang sind beachtlich. Im Vorfeld der Wahl wurde über parteipolitische Konsequenzen der Wahl und Machtprofilierung diskutiert, die Wahl des Bundespräsidenten sogar als Legitimierungsabstimmung für die schwarz-gelbe Regierung verstanden. Es wurde die Frage laut, was mehr im Vordergrund stünde: Parteipolitik oder Eignung des Kandidaten. Der Spiegel titelte mit »Joachim Gauck – Der bessere Präsident«, schon weil er nicht aus innerparteilichen Gründen heraus nominiert worden war, so die Argumentation. Des Weiteren wurde noch vor der Wahl bemängelt, dass die Parteien

es versäumt hätten, einen gemeinsamen Kandidaten zu finden, gerade jetzt, in einer innerpolitisch unruhigen Zeit. Gauck thematisierte letzteren Aspekt ebenso in seinem Vortrag in Rostock. Deutschland erscheine zurzeit unsicher, viele Bürger würden besorgt wirken. Sie würden zwar über materiellen Reichtum verfügen, jedoch sei ihre Mentalität nicht auf Höhe ihrer Existenz. Dabei müssten sich die Deutschen nicht um ihr Land sorgen: Seit gut 60 Jahren in Westdeutschland oder eben seit 20 Jahren in Ostdeutschland herrsche Ruhe und Frieden, die Menschenrechte würden gewahrt, es regiere die »Rule of Law«. Und dies habe es vorher in der deutschen Geschichte so noch nie gegeben. Wie oft in den Medien verlautbart, sei Gauck als Mensch aufgetreten, Wulff hingegen als Politiker. Authentizität war das Stichwort und man betonte immer wieder Gaucks Engagement für die Demokratie. In seinem Vortrag im Audimax erzählte er von der Wendezeit, dem »Wir sind das Volk«, dem vergangenen Stolz von ’89. Die Freiheit sei in Ostdeutschland erkämpft und Demokratie geübt worden, wie beispielsweise im Neuen Forum, was einige aber vergessen hätten. Der Gedanke der Freiheit sei aber nicht abgestorben, jedoch fehle es an Konditionierung der Partizipation. Und immer wieder erwähnte Gauck die Begriffe »Befreiung« und »Freiheit«. Oft war zu lesen, dass dies das Thema seines Lebens sei, und im Audimax hörte man ihm gerne zu, wie er darüber sprach. An keinem Punkt in seinem Vortrag klagte er an, sondern gab Denkanstöße, versuchte zu verstehen und verständlich zu machen, bediente sich dabei Theorien von Hannah Arendt, Jürgen Habermas und Erich Fromm. Seine Rede glich einer Predigt, das Publikum schien völlig gebannt. Und nach der Fragerunde stand Gauck tatsächlich mit der schüchternen Japanerin vor den Kameras. Im Kleinen schien die Prophezeiung des Bundespräsidenten Wulff bereits da zuzutreffen, der bei seiner Antrittsrede zu Gauck sagte, dass sein Wort »weit über Deutschland hinaus auch weiterhin großes Gewicht haben wird«. <

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Joachim Gauck nach seinem Vortrag im Rostocker Audimax im Gespräch mit den Stipendiaten des DAAD. Foto: Christian Kobsda


TERMINE ZUR POLITISCHEN BILDUNG POLITISCHE LITERATUR: DIE VERLORENE EHRE DER KATHARINA BLUM Die Erzählung Heinrich Bölls handelt von der Geschichte der Haushaltshilfe Katharina Blum, die sich auf einer Karnevalsfeier in einen gesuchten Straftäter verliebt. Schnell gerät sie in das Kreuzfeuer von polizeilichen Ermittlungen und Boulevardjournalismus. Nach einer Einführung in die Erzählung wird in einer Diskussion das Verhältnis Bölls zu den Medien sowie seine mutmaßliche Sympathie zur RAF erörtert. Es folgt eine szenische Lesung des Textes von Schauspielern des Volkstheaters. JULIANE MEIßNER

QUEERFILMFEST

»HONECKER KOMMT IN DEN HIMMEL«

Im Peter-Weiss-Haus findet das zweite Rostocker QueerFilmFest statt. Die Veranstalter sprechen von »kosmosexuellem Filmgenuss in den Sphären queerer Welt«. Thematisiert werden beispielsweise Formen der Sexualität, Geschlechterrollen sowie deren Akzeptanz in verschiedenen Gruppen der Gesellschaft. JULIANE MEIßNER

In seinem »Vortrag zu politischem Witz und Staatsmacht in der DDR« geht Christoph Kleemann der Frage nach, welche Rolle Sprache und Kommunikation im ideologisch geprägten Alltag des Landes einnahmen. Kleemann studierte Theologie in Rostock, bekleidete in der Wendezeit das Amt des Oberbürgermeisters der Hansestadt und leitete von 1999 bis April dieses Jahres die Rostocker Außenstelle der Behörde der Bundesbeauftragten für die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes. JULIANE MEIßNER

29. bis 31. Juli 2010, Peter-Weiss-Haus, www.queerfilmfest.de

www.students-festival.de, 14. Juli 2010, 20 Uhr, Ostseebad Zinnowitz, Eintritt frei

13. Juli 2010, 19:30 Uhr, Peter-Weiss-Haus

ETAPPENSIEG Mehr als ein halbes Jahr intensiver Arbeit steckt inzwischen in der Reform des Landeshochschulgesetzes, kurz LHG, welches unter anderem die Aufgaben, die Organisation und den Aufbau sämtlicher Hochschulen in Mecklenburg-Vorpommern regelt und auch die studentische Selbstverwaltung betrifft. Die Bilanz ist trotz einiger Verbesserungsvorschläge durchaus auch eine positive. TEXT: Änne Cordes

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ngesichts der miserablen Wahlbeteiligung bei Gremienwahlen – bei der kürzlich stattfindenden Stimmabgabe zum StudentINNenrat (StuRa) betrug sie weniger als zehn Prozent – scheinen hochschulpolitische Arbeit und deren Ergebnisse bei den meisten Studierenden eher auf Desinteresse zu stoßen. Sollten die Entwicklungen doch einmal in die Wahrnehmung der studentischen Öffentlichkeit gelangen, werden diese oft schnell mit Kritik bedacht. Umso dankbarer fällt die Bewertung des Zwischenstandes zu den geplanten Änderungen des Landeshochschulgesetzes aus: Anna Schrimpf, Referentin für Hochschulpolitik beim Allgemeinen Studierendenausschuss (AStA), war maßgeblich an der Erarbeitung einer Stellungnahme des StuRa zu diesem Gesetzesentwurf beteiligt und hält viele Veränderungen, die von der Landesregierung vorgeschlagen wurden, für positiv.

Anlass für die Neuerungen im Landeshochschulgesetz gab vordergründig der verstärkte nationale und internationale Wettbewerb zwischen den Hochschulen sowie die sinkende Anzahl an Hochschulabsolventen als Folge des demografischen Wandels. 2002 erfolgte die letzte Anpassung des LHGs auf bildungspolitische Entwicklungen. Die Landesregierung hat inzwischen erkannt, dass durchaus Nachholbedarf in Hinsicht auf Konkurrenzfähigkeit und Studienbedingungen besteht. Das neue Gesetz soll Veränderungen des Rechtsrahmens für die Hochschulen des Landes, insbesondere zur Verbesserung der Studienbedingungen, zur Hochschulautonomie und zur Erleichterung des Hochschulzugangs für beruflich Qualifizierte enthalten. So wurden Beschlüsse der Kultusministerkonferenz zur Studienstrukturreform der Bachelor- und Masterstudiengänge umgesetzt, eine verstärkte Kooperation der Hochschulen untereinander ermöglicht, um einen Hochschulwechsel zu erleichtern, und die Grundlagen dafür geschaffen, den Übergang vom Bachelor- zum Masterstudiengang möglichst verzögerungsfrei zu gestalten. Dem Entwurf zufolge wird der Zugang zu einem Hochschulstudium auch für Menschen mit einer abgeschlossenen Meister-Ausbildung, die bisher lediglich die Berechtigung zum Studium an Fachhochschulen hatten, ermöglicht werden. In Bezug auf möglichst frühe Begabtenförderung soll auch in MecklenburgVorpommern das sogenannte Schülerstudium eingeführt werden. Bildungshungrige Schüler können dann bereits vor dem Erwerb der Allgemeinen Hochschulreife den Antrag stellen, bestimmte Kurse an der Uni besuchen zu dürfen. Diese können bei erfolgreichem Abschließen später im eigentlichen Studium angerechnet werden. Ein weiteres positives Ergebnis der langwierigen Vorbereitung ist die Berechtigung der studentischen Parlamente, Vollversammlungen der Studierenden-

schaft einzuberufen. An diesen Terminen würden keine Lehrveranstaltungen stattfinden, um den Studenten die Partizipation zu erleichtern. Außerdem wurden im LHG-Entwurf die Aufgabenbereiche und Kompetenzen der gewählten studentischen Vertreter erweitert, was positive Auswirkungen auf die Mitbestimmungsmöglichkeiten der Mandatsinhaber haben könnte. Einen neuen Schwerpunkt stellt die Integration und Betreuung ausländischer Studierender dar. Der AStA kümmert sich bereits jetzt durch die Wiedereinführung und Neubesetzung des Referats für Internationales um die weitere Verbesserung der Bedingungen für ausländische Studierende. Die Aufnahme dieser Aufgabe in das LHG sorgt für zusätzliche Legitimation und Rechtssicherheit. Natürlich gibt es nicht nur positives Feedback auf den Entwurf der Landesregierung, eine endgültige Einschätzung der Ergebnisse wird nach Verabschiedung des Gesetzes erfolgen. Momentan ist der Prozess, der sich in einem regen Austausch von Entwürfen und Stellungnahmen zwischen Bildungsministerium, Landtag und Studierenden äußert, noch in vollem Gange. Mit Skepsis betrachten die studentischen Gremien noch die Vergrößerung des Einflusses des Rektors in Bezug auf den Haushaltsplan der Studierendenparlamente, diese soll er dem Entwurf zufolge künftig ablehnen können. Auch blieben die Forderung nach einem möglichen Teilzeitstudium und nach einem neu angedachten Creditsystem bisher unbeachtet. Dennoch zeigt sich AStA-Vorsitzender Philipp da Cunha optimistisch: »Wir sind sehr zuversichtlich, dass unsere Stellungnahme Berücksichtigung findet.« <

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INSTITUTION THEATER

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»Die Zeiten des Theaters sind vorbei« vernimmt man von vielen Seiten. Doch entspricht das den Tatsachen? Wir begaben uns auf Spurensuche in Rostock und begannen in unseren Reihen, der Universität. INTERVIEW: Juliane Meißner und Theresa Göhrig

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KULTUR

es Öfteren bekommen wir, dank des GermanistikMailverteilers, Einladungen, gemeinsam das Theater zu besuchen. Eine Mail Mitte Juni beinhaltete eine ganz besondere Ankündigung: Morton Rhues »Die Welle« wird am 14. Juli in der Bühne 602 aufgeführt – und es handelt sich dabei um eine Inszenierung von Studenten. Spannend genug fanden wir diesen Fakt, um bei den Verantwortlichen nachzufragen, wie es zu dieser Idee kam. Dazu trafen wir uns zu einem Gespräch mit Lutz Hagestedt, der uns von der Zusammenarbeit mit einer freien Theaterpädagogin im Rahmen seines Seminars erzählte. Des Weiteren sprachen wir mit ihm über seine Eindrücke des Rostocker Theater- und Kulturlebens, dem Studenten als potentiellen Theatergänger und der Bedeutung von Theater als Institution.

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heuler: Wie begann Ihre Beziehung zum Theater und wie entwickelte sie sich im Laufe Ihrer Dozententätigkeit in Rostock weiter? Herr Prof. Dr. Hagestedt: Mein Studium habe ich in München absolviert, wo ich jeden Abend in die Kammerspiele oder in die Oper gegangen bin. 2004 bin ich nach Rostock gekommen. Hier ist ja »Literatur im Medienwechsel« ein Schwerpunkt des Studienangebotes. Und Medienwechsel heißt für mich zuallererst Bühne und Theater. Was liegt da näher, als mit Studierenden ins Volkstheater zu gehen? Zumal der Kinder- und Jugenddramaturg damals, Jörg Hückler, den Kontakt gesucht hat und in mir fand. Seither sind wir immer wieder mit Kursen ins Theater gegangen. Eine der ersten und, wie ich finde, auch besten Inszenierungen, die ich in Rostock gesehen habe, war 2006 Kleists »Der zerbrochene Krug«: sehr komisch, sehr farbig, sehr holländisch … sehr verstörend auf den ersten Blick, aber eine ganz prima Inszenierung. Was ist der Grund für diese extrem bunte Art der Umsetzung? In diesem Fall lag es an Gastregisseur Walter Meierjohann. Generell aber beobachte ich ein farbiges Feuerwerk bei den Kostümen und den Inszenierungsideen.

Grund dafür ist bestimmt die Medienkonkurrenz. Das stellt man gerade mit den neuen Spielstätten fest, zum Beispiel nutzt das Volkstheater eine ehemalige Werfthalle, um dort eine Art Rostocker Broadway, eine bunte Szenenfolge aus Revue und Theater auf die Bühne zu bringen und ein ganz anderes Publikum anzusprechen als vielleicht den gewöhnlichen Besucher, und das wohl auch mit Erfolg. Was auffällt, ist: Die Schauspieler spielen oft vor halbleeren Rängen, und sie spielen oft vor einem älteren Publikum. Und dieses Publikum war beispielsweise vom Rostocker »Zerbrochenen Krug« nicht durchgängig überzeugt, sondern fand die Inszenierung zu modern. Das Theater versucht, eine neue Klientel zu gewinnen und ihr angestammtes Publikum zu halten. Sehen Sie diesen Spagat als gelungen? Nein, er ist nicht gelungen, er ist aber auch schwierig. Ich respektiere die Bemühungen, für verschiedene Gruppen etwas anzubieten. Boulevard-Theater wird zum Beispiel in Warnemünde und im Theater am Stadthafen gezeigt, dann Sommertheater in der Werfthalle, klassisches Repertoire im großen Haus. Es wird schon versucht, für viele Geschmäcker etwas anzubieten, aber es fehlt, glaube ich, in Rostock allgemein ein Publikum fürs Theater. Wo liegen die Gründe dafür? Ich vertrete die These, dass es in der Hansestadt eigentlich kaum städtisches Bürgertum gibt, das es sich quasi selbst zur Pflicht auferlegte, ins Theater zu gehen. Es gibt viele Menschen, die noch aus DDR-Zeiten her regelmäßig ins Theater gehen, aber wenn da keine enge Verbindung zum Theater entstanden ist, dann fällt der Besuch auch einfach weg.

Ich muss viele meiner Studenten nötigen, mit mir ins Theater zu gehen. Deshalb schreibe ich in die kommentierten Vorlesungsverzeichnisse hinein, dass es Pflicht sei, da mitzugehen. Das ist ein bisschen schade, weil es auch ein tolles Erlebnis ist, gemeinsam ins Theater zu gehen. Warum mangelt es bei den Studenten am Interesse für Theater? Das ist schwierig. Jeder würde jetzt antworten, dass die Medienkonkurrenz so groß oder dass es leichter sei, ins Kino zu gehen. Ich glaube, der Grund ist ein anderer: Das Theater stellt keinen Gesprächsgegenstand dar in dieser Gesellschaft. Es ist kein notwendiger Ort mehr, den man unbedingt aufsuchen muss, um da mitreden zu können. Früher wurden im Theater ganz wesentliche Konflikte der Gesellschaft dem Publikum gezeigt und auch da verhandelt, heute nicht mehr. Wie sehen Sie die Rolle des Theaters heute? Theater ist heute ein Zusatzangebot, man kann es, aber man muss es nicht wahrnehmen. Es ist keine Schule der Nation und es ist keine Notwendigkeit. Ich finde es dagegen so notwendig, dass Schüler und Studierende erfahren, dass es auch noch anderes im Leben gibt. Neben dem enormen Leistungsdruck, dem alle ausgesetzt sind, gibt es auch noch diese Form der Bereicherung, die einem, glaube ich, in jeder Lebenslage hilft. Weshalb gehen Sie persönlich ins Theater und warum würden Sie es anderen empfehlen? Ich suche eher, als dass ich eine Inszenierung sehen möchte, die sozialen Kontakte, die damit verbunden sind. Das sind zum einen die Verbindungen zu denjenigen, die

Wie sehen Sie die Entwicklung für die Zukunft? Also, ich sehe wenig junge Leute im Theater. Ist das nicht merkwürdig? Sind nicht eigentlich Studenten potenzielle Theatergänger?

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Foto: Christian Kobsda


PROF. DR. PHIL. HABIL. LUTZ HAGESTEDT ist Dozent am Rostocker Institut für Germanistik für den Fachbereich Neuere und Neueste deutsche Literatur.

Theater machen. Wir haben hier einige hervorragende Schauspieler, die mir einfach imponieren durch die Flexibilität, die Spielfreude und den Ideenreichtum, den sie an den Tag legen. Mit denen kommen meine Studenten und ich dann ins Gespräch. Ich will einfach nicht der langweilige Professor sein, der ins Seminar reinkommt und ein Referat nach dem anderen halten lässt. Die Zeiten sind vorbei, finde ich. Ich will auch nicht unbedingt der geliebte Professor sein, der jede Stunde ein Feuerwerk bietet, aber doch einer, von dem die Botschaft ausgeht: »Man kann viel Interessantes machen.« Wo sehen Sie Möglichkeiten, den Studenten das Theater näherzubringen? Auf jeden Fall kann man die Arbeit mit unserem TheaterStammtisch intensivieren, das heißt regelmäßig Theaterbesuche anbieten, Eintrittskarten besorgen, Vor- und Nachgespräche mit den Schauspielern und den Regisseuren anbieten. Wir sollten da für mehr Kontinuität sorgen, uns gleich im ersten Semester ein paar Studierende heranziehen, die das dann im Auge behalten und eine Zeit lang betreiben. Ich könnte mir vorstellen, dass wir dann quasi im Schneeballsystem mehr Studierende gewinnen, die von sich aus Theater anbieten. Außerdem macht mein Kollege Holger Helbig gerade etwas sehr Kluges: Er verlegt seine Vorlesung ins Literaturhaus. Entsprechend könnte man das Seminar ins Theater verlegen. Also zum Beispiel eine Inszenierung des Volkstheaters begleiten: zu den Proben gehen, an der Strichfassung mitarbeiten, die Inszenierung besuchen, für die Aufführung werben. Dazu »Fortbildungen« anbieten, kleinere Vor- und Nachgespräche für ein größeres Rostocker Publikum. Das könnte man erreichen, ohne dass es den Rahmen sprengt und die Aufgabe der Universität in Vergessenheit geraten lässt. Warum ist es heute so schwer, über Theater zu reden? Ich glaube, dass die moderne Gesellschaft in lauter kleinere Gruppen zerfällt, also nicht nur in Jüngere und Ältere, sondern auch zum Beispiel in Peergroups, die ganz bestimmte Interessen verfolgen. Die fahren etwa zur »Zappanale« raus nach Bad Doberan, benannt nach Frank Zappa, einem Enfant Terrible der Populärmusik. Die Nächsten bevorzugen ganz andere Musikrichtungen und kennen sich darin exzellent aus. Zwischen diesen Teilgruppen ist gar keine Verbindung mehr möglich, sie sind einfach zu spezialisiert und haben kein Bindeglied mehr. <

IT'S ALL ABOUT FASHION Geht man durch Berlins Straßen, trifft man dort oft auf außergewöhnlich gekleidete Menschen. Genauso ist es in Köln, Hamburg und internationalen Großstädten wie Madrid, London oder Stockholm. Doch wie sieht es in Rostock aus? Kann man einen bestimmten Trend in der wunderbaren Stadt an der Ostsee erkennen? TEXT: Tanja Frenzel

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unächst einmal werfen wir einen Blick auf die vorhandenen Shops und Läden in Rostock. Neben der weltweit beliebten schwedischen Großkette findet man allerlei Konzerne und Massenware, deren Kleidung von den meisten Leuten getragen wird. Kaum jemand hebt sich von der grauen, einheitlichen Herde ab und strahlt Individualität hinsichtlich des Styles aus. Aber irgendwo muss doch ein versteckter Funken Hoffnung liegen. Bummelt man durch die KTV und speziell den Barnstorfer Weg entlang, so ist die schwirrende Kreativität in den Gassen und auf dem Gehweg doch greifbar. Kurz hinter dem Margaretenplatz liegt das Textilkombinat, das mit seinen liebevoll gestalteten Schaufenstern Charme ausstrahlt. Die Fensterpuppen tragen hübsche Kleidchen, romantisch anmutende Taschen hängen neben bunt bedruckten Sweatshirts. Nichts wirkt hier überladen, alles ist stimmig und lädt neugierige Passanten zum Besuch im Laden ein. Innen sieht es aus wie in einem riesigen Fundus voll farbenfroher und bunter Kleidung, Sonnenbrillen in Herzform, doch auch eleganter Oberteile. Das Textilkombinat zeichnet sich durch eigene Produktionen von T-Shirts aus. Hier wird Textilveredelung noch mit Herzblut betrieben und es werden gerne auch Auftragsarbeiten angenommen. Neben der eigenen Kollektion finden sich aber auch andere Labels. Die außergewöhnlichen Stücke decken fast jeden Geschmack und jede persönliche Vorliebe ab. Von verspielten Blusen über sportliche Sweater und elegantere Stücke kann jeder Kunde etwas Neues für seinen Kleiderschrank finden. Von den Mainstream-Sachen der großen Ketten in der Innenstadt hebt sich das Repertoire deutlich ab: Was hier zählt, sind Qualität und das außergewöhnliche Potenzial. So verwundert es auch nicht, dass neben den benachbarten Bewohnern der KTV auch ältere Leute und Kinder den Shop beeh-

2 ren. Hauptsächlich kaufen jedoch 18- bis 28jährige Leute ein, die auf der Suche nach Neuem und Unkommerziellem sind. Direkte Trends und ein greifbarer Stil Rostocks können jedoch nicht ausgemacht werden. »Dazu sind die Rostocker nicht so mutig und selbstbewusst wie in anderen deutschen Großstädten.« Geht man einmal bewusst durch die Straßen, kann diese Aussage nur bestätigt werden. Zwar trifft man hier und da auf kreative Köpfe, doch scheint der Mut in der Bevölkerung zu fehlen, etwas zu wagen und selbst herauszustechen. Da passt es nur zur Redewendung »In Mecklenburg kommt alles 100 Jahre später an«, dass jahrelange Ladenhüter wie die Boyfriend-Jeans zurückgeschickt werden und einen Monat später ein regelrechter Hype um die Hose entsteht. Einige Häuserzeilen weiter findet man den nächsten Shop, der ebenfalls aus dem Mainstream-Konzept heraussticht. Die Haltestelle zeichnet sich durch In-Label wie Blutsgeschwister aus, deren Kleider und Taschen gerne und oft die Schaufenster zieren. Schaut man die Ausstellungsfläche noch eingehender an, so fällt das kleine Poster am Rand auf, das dem Betrachter vermittelt: SUCKA, YOU LOOK GOOD! An Selbstbewusstsein darf es dem Modewilligen nicht mangeln, wenn er den Schritt zur individuelleren Kleiderwahl wagen will. Rostock fehlt es demnach nicht an Möglichkeiten zum alternativen Kleidungskonsum, sondern eher an Mut zur Selbstverwirklichung. Wer dem ein Ende setzen will, sollte unbedingt einmal im Barnstorfer Weg vorbeischauen und das finden, was das Motto des Textilkombinats ist: Lieblingsbekleidung und mehr. <

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Illustration: Sophie Lehmann

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Der Konzeptkünstler Hans Haacke sagte einmal, Kunst sei nur die Weise, wie Realität zu einer bestimmten Zeit betrachtet werde. Ob er dabei einen besonderen Blick auf die Arbeiten von A. R. Penck geworfen hat? Dessen Werke sind zurzeit in der Rostocker Kunsthalle zu sehen und präsentieren sich auf den ersten Blick als eine Ansammlung schwer interpretierbarer abstrakter Zeichen. TEXT: Susann Renner

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enck, der eigentlich Ralf Winkler heißt und 1939 in Dresden geboren wurde, ist geprägt durch die Eindrücke des Krieges und der sich herausbildenden DDR. Er setzte sich früh mit Wissenschaft und Philosophie auseinander und entwickelte ein abstraktes Verhältnis zur gesellschaftlichen Realität. Das entstandene künstlerische Selbstbewusstsein stand im Gegensatz zur gleichgeschalteten Ideologie des Staates, in dem er lebte. Nach vielen vergeblichen Bemühungen um Anerkennung, unter anderem der mehrmalige Versuch einer Aufnahme an der Kunstakademie, wandte er sich dem westlichen Teil Deutschlands als Projektionsfläche für seine Arbeiten zu. Dieser Schritt brachte Penck zwischen die Fronten beider Staaten. Von dem einen woll-

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»Ein Programmierfuchs fährt mit einem aufgemotzten Vierradmoped zu einem Hackfleischbrötchenverkäufer«, soll heißen: »Ein Hacker düst auf einem gepimpten Quad zu McDonald's.« Solche Beispielsätze haben den Vorteil, dass sie selten mit der Realität in Berührung kommen. Es sorgt aber für Schmunzeln, wenn Sprachpurismus Stilblüten treibt, die seiner Intention der Verständlichkeit entgegenzustehen scheinen. Die Wörter »Vierradmoped«, »Programmierfuchs” und »Hackfleischbrötchen” sind Vorschläge des neuen Anglizismen-Index 2010, der unter Beteiligung des Arbeitskreises »Wörterliste« des »Vereins Deutsche Sprache e.V.« (VDS) entstanden ist. Die Jagd auf Anglizismen und Amerikanismen steht für eine kulturkritische Perspektive: die Angst des Ausverkaufs deutscher Sprachgüter durch plakative, unverbindliche Werbesprache. Dabei wird der VDS genauso missverstanden wie die Rechtschreibreformen 1998/2006: Er moniere nicht die Freiheit des Autors, der sprachliche Konventionen auf literarisch bedeutsame Weise umgehe. Dagegen brauche der öffentliche Bereich, in dem es um Verständigung durch Verstehbarkeit gehe, Normen. Den jährlichen »Sprachpanscher«-Preis des VDS erhalten deshalb Institutionen und Einzelpersonen, die im öffentlichen Leben und in der Verantwortung stehen, die allgemeine Sprachbenutzung zu regeln, dabei jedoch misslich in den

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Anything goes. Moderne Kunst stellt keine Fragen und gibt schon gar keine Antworten. Foto: Paul Fleischer

AUFSTAND DER SPRACHBENUTZER Die Mitglieder des »Vereins Deutsche Sprache« gehen traditionell gegen Lehnwörter an, besonders Übernahmen aus den Englischen sind den Mitgliedern ein Dorn im Auge. Aus ihrer Kritik ist nun ein Anglizismen-Index entstanden. TEXT: Carlo Ihde Topf gegriffen haben. Angefangen hatte es mit der Modeschöpferin Jil Sander: »Und für den Erfolg war mein coordinated concept entscheidend, die Idee, dass man viele Teile einer collection miteinander combinen kann. Aber die audience hat das alles von Anfang an auch supported. Der problembewusste Mensch von heute kann diese Sachen, diese refined Qualitäten mit spirit eben

te er Respekt, wurde aber nur als mittelmäßig veranlagt und störend empfunden, von dem anderen bekam er die Anerkennung, wollte aber nicht in ihm leben, denn er kritisierte nicht das System der DDR, sondern nur dessen Ausführung. Dennoch wollte dieses System ihn ab 1980 nicht mehr haben. Sein auch diesbezüglich gewählter Künstlername – Albrecht Penck war ein Eiszeitforscher – ist fast schon eine politische Aussage und ein eigenes Programm zur Zeit des kalten Krieges. Als Grenzgänger legte Penck sich mehrere Pseudonyme zu, mit welchen es einfacher wurde, seine Werke hinauszuschmuggeln. Die Bilder selbst zeigen eine konzeptuelle Haltung mit teils stark abstrahierenden und ökonomischen Elementen. In ihnen wurde das analytische Verhältnis menschlicher Haltungen, die schließlich zu konkretem Verhalten führen, verarbeitet. Die Aussage als bestimmendes Element seiner Kunst bezieht sich auch auf die oft begleitenden und kommentierenden Textproduktionen. Und doch ist der Betrachter erst einmal verwirrt, wenn er vor Pencks Werken steht. Die Piktogramme sind wirr angeordnet und die abstrakten Figurationen sowie zeichenhaften Formeln scheinen keinen Sinn zu ergeben. Ein Anfangspunkt ist nur schwer zu finden und unweigerlich entsteht die alte Frage nach der Intention des Künstlers. Die symbolhaften Ereignisse der Phänomene des gesellschaftlichen und menschlichen Verhaltens muss jeder selbst entschlüsseln. Realität ist irrational. In einer Welt, die immer alles ergründen, hinter allem den Sinn herausstellen will, verstehen sich Pencks Bilder als Antworten, die alles offen lassen. Ob seine Grundfrage, wie man Deutschland malen oder darstellen könne, gelungen ist, kann nur jeder Besucher der momentanen Ausstellung für sich selbst beantworten. <

auch appreciaten« (in: Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 22.03.1996). Der Vereinsvorsitzende Walter Krämer hat wohl recht: Denglische Wörter und Anglizismen dienen hauptsächlich der Verschleierung. Dasselbe soll als ein anderes hingestellt sowie Fragen des Lebensgefühls vordergründig über wechselnde, sprachlich formale Behandlungen der Welt beantwortet werden. Das Resultat im öffentlichen Raum war gegen Ende der 90er Jahre eine Schwemme nichtssagender Anglizismen. Der Kultus des Billigen bot schnelle Warenmarken und wollte die Identität der Menschen einem Zeitgeist andienen, der aus den USA kam. Manche Stimmen sprachen von »Kulturimperialismus«, allerdings lautet die gemäßigte Wahrnehmung des Vorstandes: Englisch sei nicht per se schlecht, doch wenn halbgare Mischsprachen unseren Alltag bebildern würden, müssten wir uns fragen, woraus wir unsere kulturelle Identität bezögen. Dem Anglizismen-Index wird das Futter so schnell nicht ausgehen. Er ist auch unter http://vdsev.de/anglizismenindex verfügbar. Die Mitgliedschaft im »Verein Deutsche Sprache e.V.« ist bis zum 27. Lebensjahr kostenlos. <

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POLITISCHE KUNST

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Der Anglizismen-Index, Gewinn oder Zumutung? IFB Verlag Deutsche Sprache GmbH, Preis: 15,00 Euro


T+10

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SERIE ZUR DEKADE Was erwartet uns in den nächsten zehn Jahren im Bereich der Technik? Übernehmen Computer unser Leben? Kann der Einzelne noch weise sein? Hartmut Wöhlbier gibt eine Zukunftsprognose. TEXT: Hartmut Wöhlbier

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ie nächste Dekade wird davon geprägt sein, dass uns unvorstellbar viel Rechenkapazität zur Verfügung stehen wird. Auf kleinstem Raum. Wir werden verstehen, dass wir diese nur nutzen können, wenn die Schnittstelle zum Menschen sich entsprechend weiterentwickelt. Aus dem Usability-Begriff der 90er ist das Usercentered Design des neuen Jahrhunderts geworden – dies wird sich weiterentwickeln bis zu der Einsicht, dass es diese Schnittstelle ist, die den Wert der Rechenleistung und Algorithmen für den Menschen bestimmt. Die Schnittstelle wird von biologisch-chemischer Natur sein, die direkt an Zellen und Neuronen gekoppelt ist. Das wird der Stand der Forschung sein, eine weite Umsetzung wird in der folgenden Dekade beginnen und zur unweigerlichen Verschmelzung von Mensch und Maschine in dem darauffolgenden Jahrzehnt führen. Wir werden uns in dieser Dekade auf etwas einstellen, dessen Vorstellung vielen Menschen heute noch Angst macht: Maschinen werden sich ohne die Hilfe des Menschen weiterentwickeln und so eine Parallelintelligenz ausbilden. Das Vorbereiten auf diesen Umstand verläuft weitestgehend unterbewusst, wird jedoch bereits jetzt in vielen Bereichen sichtbar. So werden wir in den nächsten zehn Jahren zunehmend den Computer, besonders den vernetzten Computer, über die Nutzung als Werkzeug hinaus als ein Gegenüber erkennen, das uns weniger direkt hilft, sondern vielmehr uns in unserem Denken erweitert. Wir werden Maschinen zunehmend in diese Richtung weiterentwickeln. Intelligente Maschinen werden der Menschheit dann neue Perspektiven bieten und es wird recht ernüchternd sein, zu erkennen, dass sich die Maschinen schneller entwickeln, als dies die menschliche Intelligenz vermag. Wie gesagt, es wird noch nicht in dieser Dekade passieren, aber wir bereiten uns darauf vor. In diesem Zusammenhang ist es interessant zu sehen, wie wir mit der Möglichkeit umgehen, weite Teile des menschlichen Wissens über vernetzte Computer abrufen zu können. In der letzten Dekade, dem Informationszeitalter, ist es durch das Internet gelungen, Wissen allgegenwärtig zu machen. Eine direkte Folge der Omnipräsenz von Wissen ist nun die Möglichkeit rascher Spezialisierung. Bei gleichzeitiger Diversifizierung aller Wissenschaften und kultureller Bereiche sowie einer immer schneller werdenden Entwicklung der Forschung ist die klassische Wissensvermittlung und Ausbildung Veränderungen unter-

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worfen. Der Lehrer und Professor, der alles weiß und sein Wissen einfach weitergeben muss, kann so nicht mehr existieren. Der Professor muss sich als Teil der Lernenden verstehen, der lediglich bezüglich seiner Erfahrung mehr zu bieten hat, dafür aber oftmals ungeschickter mit neuen Wissenskanälen umzugehen vermag. Das wird vielen, die es gewohnt sind, klassisch Wissen zu vermitteln, nicht gefallen. Es wird ihr Ego verletzen und sie werden nicht bereit sein, sich zu ändern und neue Formen des Umgangs mit Wissen, mit Wissensvermehrung und Wissensvermittlung anzunehmen. Sie werden mehr ein Hindernis in der Entwicklung und Forschung. Sie werden zum Nachteil. Ebenso oder doch zumindest auf sehr ähnliche Weise, wie wir im Informationszeitalter mit Wissen jonglieren und die Omnipräsenz alles verändert, werden wir in der Zukunft mit Intelligenz umgehen. Es wird in der nächsten Dekade zum entscheidenden Thema. Wer sich dieser Entwicklung versperrt, sich nicht offen gibt und mit einer grundsätzlichen Akzeptanz begegnet,

wird sein wie der Professor, der denkt, seine Studenten müssten nur das Lernen, was er weiß, um für die Zukunft gerüstet zu sein. <

HARTMUT WÖHLBIER ist Leiter am Institut für Interaktive Medien der Hochschule Mannheim und Dozent an der Universität der Künste in Berlin. Außerdem ist er Gründer und Geschäftsführer der Kommunikationsplattform Motor-Talk und des OnlineOrganizers Zootool.

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Grafik: Sophie Lehmann

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BÜCHER, CDs, SPIELE, VIDEOS, WEB!

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REZENSIONEN

Buchtipp

Roman

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Buchtipp

Roman

ECKARD SINZIG – AUF DER SUCHE NACH SATISFAKTION Was haben Sinzig, Fontane und Flaubert gemeinsam? Diese Männer schrieben Bücher, die mit der Einfühlsamkeit einer Frau daherkommen und es geschafft haben, mit der ewigen Domäne des Männerhelden in der

Literatur zu brechen. Dass Sinzig sich jedoch diesem Topos in ganz anderer Weise nähert als seine Kollegen, dürfte jedem klar sein, der in dessen Werk einigermaßen bewandert ist: Neben »Idyllmalerei auf Monddistanz«, der unter Pseudonym publizierten »größten Schau der Welt« und »Das Mordkarussell« stellt sich die »Jungfrauenhatz« in eine Reihe grotesker Romane, die noch heute nach ihresgleichen suchen. Die Geschichte ist einfach erzählt: Die vor dem dreißigsten Lebensjahr stehende Rosa-Maria Schlickers verzweifelt daran, dass ihre Jungfräulichkeit trotz präventiver und kurativer Eingriffe nicht zu »beseitigen« ist. Sie versucht es mit allen Mitteln, sucht rot- und zwielichtige Orte auf, lässt brünftige Marokkaner an sich heran, spannt ihrer Schwester den Gatten aus. Aber jegliche Mechanik versagt am Hymen. Die Ursache für ihre unendlichen erfolglosen Bemühungen jedoch liegt tiefer. Sinzigs Sprache ist verzwirbelt, frisch, wortschatzbereichernd, witzig, sinzig, spastisch, lehnt sich ins Käsige und scheut sich keinesfalls, Verbote zu überschreiten. Als sei Foucault der Lehrer dieses Berserkers gewesen, ist hier die nach Lust, Unsinn und Rigorosität suchende Welt der Protagonisten ganz frei von Redensregeln und Sprachkonventionen. Dass dabei Opfer erbracht und Ekel in Kauf genommen werden müssen, Befremden und Exotik, Schmutz und Rotz Einzug

in die Bücher halten, das ist nur noch eine konsequente Form literarischer Möglichkeiten. Der Untertitel des 1970 erstmals erschienenen Buches, »Eine Horrorburleske«, verrät es. Sinzig räumt in dieser gegen den Strich gebürsteten Belletristik das schöngeistige Geröll vokalversessener feinsinniger Kammerliteratur vom Tableau und konstruiert Satzkettenmonster hybrider Fasson. Er ist einer der sprachmächtigsten Romanciers unserer Zeit. Die traurige Bilanz: seit über vierzig Jahren. Und so musste er jetzt wiederentdeckt werden, um auf Satisfaktion zu hoffen. Die Literatur ist tot. Es lebe Sinzig. STEFFEN DÜRRE

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Eckard Sinzig: Die Jungfrauenhatz, Salier Verlag, 340 Seiten, 24,90 Euro (erscheint im September)

BILDNACHWEIS 12345 Amazon.de

THOMAS BERNHARD — SIEGFRIED UNSELD: DER BRIEFWECHSEL Der Suhrkamp-Verlag, der nach dem Tod Unselds der Leichenfledderei anheimfiel, bedurfte eines Image-Wechsels, der einherging mit dem Abwandern einiger Autoren. Als dann Unselds Witwe Ulla Unseld-Berkéwicz zum Umzug nach Berlin trommelte, mutete das nach Grundsanierung an. Die Zeiten, in denen Suhrkamp Brechtfrischhandkewalserbernhardjohnsonundsoweiter den Laden fett gemacht haben, sind vorbei. Und doch: Immer wieder erscheinen fragwürdige Findlinge aus dem Nachlass verstorbener Autoren, als sollten sie den Suhrkampf weiterführen. Anders der Briefwechsel zwischen Siegfried Unseld und Thomas Bernhard. »Der Autor ist etwas ganz und gar erbärmliches und lächerliches und so betrachtet ist es ein Verleger auch.« Diese Korrespondenz offenbart ein so ungleichgewichtiges Mächteverhältnis zwischen beiden, dass man fast den gleichen Nervenzusammenbruch wie der Verleger zu erleben glaubt. Sicherlich, man mag für Unseld sprechen, dass er eine andere, subtilere Macht innehatte, die Macht des Verlegers, die eines diplomatischen »RIESEN«, jedoch handelte es sich keinesfalls um ein symbiotisches


die Regeln sind schnell erklärt. Daher eignet sich das Spiel wunderbar, um es einfach mal mit zu einem munteren Kochabend zu nehmen und spontan auszupacken. Für größere Gruppen bietet sich die Kombination mit dem eigenständigen Spiel KAKERLAKENSUPPE zu einem großen Kochpaket an. GESA RÖMER Kakerlakensalat Drei Magier Spiele 2–6 Spieler, Dauer: 10–20 Minuten Preis: ab 7,98 Euro

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Kartenspiel

KAKERLAKENSALAT: DIE ETWAS ANDERE MAHLZEIT KAKERLAKENSALAT ist ein schnelles Reaktionsspiel für alle Hobbyköche und Feinschmecker. Zwei bis sechs Spieler decken reihum ihre Gemüsekarten auf und sind verpflichtet, bei deren Benennung immer die Wahrheit zu sagen. Doch unter bestimmten Bedingungen ist Lügen nicht nur erlaubt, sondern ausdrücklich gefordert! Kein Gemüse darf zweimal hintereinander in den Kochtopf geworfen werden und die Kakerlakenkarten verbieten jeweils ein Gemüse. Was also tun, wenn bereits eine Paprika im Topf liegt und man plötzlich eine weitere in der Hand hält? Lügen, dass sich die Balken biegen. So wird ganz schnell aus der Paprika eine Tomate. Auch wenn es simpel klingt: Die Kombination aus Sehen, schnellem Denken und dem Aussprechen des richtigen Wortes ist schwerer, als man glaubt. Jedes Zögern, jedes »Ähhh« wird bestraft. In der Hektik wird so auch leicht mal aus dem Blumenein Grünkohl, der im Spiel überhaupt nicht vorkommt. Ganz nebenbei lernen die Kakerlakenköche noch einiges über heimische und fremde Gemüsebegriffe. Wusstest ihr, dass man in Österreich »Karfiol« zu Blumenkohl sagt oder dass die Tomate dort »Paradeiser« heißt? Die Biologen unter uns können natürlich auch die wissenschaftlichen Bezeichnungen benutzen. So oder so: Das Spiel besticht durch die Kombination aus Schnelligkeit und Denkvermögen und garantiert viele Lacher! Drei Magier Spiele ist bekannt für seine kompakten und dennoch abwechslungsreichen Spiele-Highlights. Dies ist auch bei KAKERLAKENSALAT eindeutig gelungen. Das Spiel ist handlich, gut verpackt und

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Anschein einer stümperhaften Produktion erweckt. Doch nicht Dilettantismus, sondern allerfeinstes Kalkül verbirgt sich hinter diesen verwaschenen, vermeintlich unfertigen Klängen, die dennoch oder gerade dadurch dem Album eine eindrucksvolle organische Atmosphäre verleihen. Genial ist das Album deshalb, weil es ein ausnehmend vielseitiges, mit Worten schlechterdings nicht einzufangendes, in sich stimmiges Erstlingswerk ist. Am ehesten lässt sich die Musik vielleicht als experimenteller Hip-Hop bezeichnen, der mit Elementen aus Psychedelic Rock und Funk genauso angereichert ist wie mit rauen Punkmomenten, die Gedanken an THE STOOGES wecken. Es scheinen Sounds von HENDRIX oder LED ZEPPELIN gesampelt und geloopt zu sein, es erklingt orientalische Weltmusik und alles passt so wunderbar zusammen. Eines der Albumhighlights ist GONJASUFIs unverkennbare Stimme, in die er sein ganzes Herzblut zu legen scheint, die bisweilen an die Großen des Delta-Blues erinnert und sich gelegentlich so entstellt anhört, als würde sie aus einem uralten Rundfunkgerät hallen. Mein Rat: unbedingt anhören – bon voyage! BJÖRN HENNING

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Thomas Bernhard – Siegfried Unseld: Der Briefwechsel, Suhrkamp Verlag, 869 Seiten, 39,80 Euro

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Verhältnis. Die Beziehung der beiden, die nie eine wirklich freundschaftliche hatte werden können, weil es immer eine primär berufliche, von finanziellen Streitigkeiten und aufmerksamkeitsdefizitären Bockigkeitsphasen des geltungsbedürftigen und vertrauensbrüchigen Bernhard geprägte war, war »nichts anderes als eine Szene aus einer Komödie von Thomas Bernhard.« Immer wieder aber beweist sich Unseld als Schlichter, als Mensch, als Bändiger der Bestie. Dieser Briefwechsel ist deswegen von Bedeutung, nicht etwa weil er etwas mehr über die Biografien der beiden offenbart, sondern weil er literarische Größe erhält: die sich aufbauende Spannung zwischen beiden, die wie ein Funke auf den Leser überspringt, die sich ins Fleisch wühlende Wut, die selbst den Leser zu zermürben droht, die Psychologie der Charaktere, der »uns in unserer falschen Sicherheit« störende Bernhard-Sound: Das alles ist ein erstaunlicher Briefroman. Somit Buch ist es fraglich, ob hier zugunsten der Akribie entschieden werden sollte oder ob nicht auf das ein oder andere Telegramm, welches keinerlei Aussagekraft hat und den Literaturwissenschaftlern lediglich das beruhigende Gefühl eines archivarischen Messitums und Vollständigkeit suggerieren soll, verzichtet werden könnte. Das Material erschlägt und der Sinn dahinter verschwindet, wenn der Geist, das psychologische Spiel darunter leidet. Aber: »Vollkommen ist niemand – nur Thomas Bernhard, wenn er schimpft.« Trotzdem: Der hier vorliegende, »schöne in Leinen gebundene Deutsche Geist« ist ein amüsantes Gourmet und dürfte dem Mythos Bernhard weiteren scharfen Senf hinzufügen. STEFFEN DÜRRE

Hip Hop, Psychodelic Rock

Gonjasufi – A Sufi And A Killer Label: Warp Records Preis: 13,00 Euro

GONJASUFI – A SUFI AND A KILLER Erst mit Anfang 30 veröffentlicht der kalifornische Yoga-Lehrer mit dem Künstlernamen GONJASUFI sein erstes Studioalbum »A Sufi And A Killer«. Einen seiner ersten Auftritte hatte er bereits auf FLYING LOTUS' eindrucksvollem 2008er Debüt »Los Angeles«. Doch was lange währt, das kann zumindest manchmal auch unsagbar gut werden – und so verhält es sich zweifellos mit »A Sufi And A Killer«. Dabei deutet schon die Komposition aus den Begriffen »Gonja«, das dem Sanskritwort für Marihuana ähnelt, und »Sufi«, einem in Askese lebenden islamischen Mystiker, eine eher spirituelle Prägung des Tonträgers an. Dieser Eindruck gewinnt sogleich mit dem Intro, das sich wie ein ritueller Gesang amerikanischer Ureinwohner anhört, an Schärfe. So beginnt also eine berauschende Reise, zu der GONJASUFI einlädt. Dieses Album ist eine geniale Unverschämtheit. Unverschämt, weil der Sound so dreckig und verzerrt klingt, dass es den

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New Wave, Post Punk

DEVO – SOMETHING FOR EVERYBODY 20 Jahre nach DEVOs letzter Veröffentlichung sind die Mitglieder nun wohl endlich in ihrer allzeit erhofften Zukunft angekommen. Mit ihrem im Juni 2010

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Devo – Something For Everybody Warner Music Preis: 16,99 Euro

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Electronic, Fem-Pop

ROBYN – BODY TALK PT. 1

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Electronic, Indie

LCD SOUNDSYSTEM – THIS IS HAPPENING Endlich! Drei Jahre nach dem Erfolg des Albums »Sound Of Silver« hat JAMES MURPHY wieder ein Meisterwerk der Elektronikmusik geschaffen. Man sagt, Bands sollen sich musikalisch weiterentwickeln. Was ist, wenn man schon das Ultimo erreicht hat? Man macht einfach weiter oder man löst sich auf! Glücklicherweise bleibt das SOUNDSYSTEM dasselbe und vor allem

Das Video zur ersten Single des neuen Albums »Body Talk Pt. 1« zerstreut schnell alle Zweifel: ROBYN hat ihre Frisur nicht geändert. Kurz, strahlend blond und haarlackig, das Outfit nicht zwingend alltagstauglich. Über das Album sagt das natürlich nichts aus, aber LADY GAGA ist mit diesem Prinzip ganz gut gefahren. ROBYN hat mit dem Superstar einige Gemeinsamkeiten. Auftritte im Vorpogramm von MADONNAS »Sticky & Sweet«-Tour, Bühnenarbeit mit SNOOP DOGG und BRITNEY SPEARS: Die Schwedin kennt die Größen des Musikbusiness. Veröffentlicht wurde »Body Talk Pt. 1« allerdings auf ihrem eigenen Label, ganz ohne Hilfe der großen Stars. Die Eigenständigkeit bewahrt ROBYN auch in ihrem Sound. Obwohl Parallelen mit elektronisch angehauchtem Female-Pop

Das Güstrower Hip-Hop-Duo SUN OF A GUN rappt über Frauen, Gefühle und Sehnsüchte. Bad Jokes und Elephant. So nennen sich Florian Zent und Tom Wilken alias SUN OF A GUN, die auf den ersten Blick mit ihrem deutschen Hip-Hop alle Vorurteile und Klischees erfüllen, die man gegenüber diesem Genre nur haben kann: tanzende Girls, Bier und Zigarette im Video zum Song »Sport ist ihr Hobby«, Vulgärsprache und konstruierte Wortreime. Doch wenn man das frisch erstellte Debütalbum »Nordlicht« von SUN OF A GUN bis zum Ende durchhört, dann wird man unvorhergesehen von Gitarrenklängen und träumerischen Textzeilen überrascht. Denn SUN OF A GUN macht keinen reinen Hip-Hop, auch Rock- und Popelemente lassen sich in ihren Kompositionen wiederfinden. Ihre Texte vereinen Alltagssorgen mit selbstbewusster Coolness und Freiheitsgefühlen. Die dazugehörige Musik brennt sich schnell im Kopf ein. Und so kommt es, dass Songs des Albums wie »Flieg« und »Morgenrot« deutliches Ohrwurmpotenzial haben und ideal sind für die anstehende Strandsaison. Ein äußerst kluger Spielzug ist es da, ihr Album genau zu Beginn des Sommers rauszubringen. Das Album »Nordlicht« ist am 18. Juni erschienen und über die bekannten Download-Portale im Internet zu bekommen. Die dazugehörige AlbumRelease-Party fand am 03. Juli in Helga’s Kitchen statt. Auftritte im ST und beim wie LA ROUX oder RÖYKSOPP auszumachen sind, geht ROBYN in eine andere Richtung. Das Album ist emotionaler und funktioniert nicht nur auf dem Dancefloor (da trotzdem bestens). Es wirkt fast ein bisschen, als ob ROBYN erst einmal Frust ablassen muss. »Don't Fucking Tell Me What To Do« eröffnet die Scheibe mit prägnanten Zeilen: »My ego is killing me/ Can't sleep, it's killing me/ My label's killing me/ Kick drum«, bevor in »Fembot« der elektronische Weichspüler ROBYN richtig in Fahrt bringt. Sie kokettiert mit ihrem Image als eine der vielen weiblichen Solokünstlerinnen, die derzeit auf der LADY-GAGA-Schiene fahren. Aber: »Fembots have feelings too.« In diesem Jahr sollen zwei weitere Alben erscheinen, die »Body Talk Pt. 1« weitererzählen und ergänzen sollen. Acht

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LOHRO-Geburtstag haben die beiden ebenfalls hinter sich. Und sowieso machen sie schon seit zehn Jahren Musik. Gute Voraussetzungen also, um auch über Mecklenburg-Vorpommern hinaus bekannt zu werden. Flo und Tom sehen das Ganze äußerst gelassen. Zwei Jahre haben sie nun für ihr Album »Nordlicht« mit insgesamt zehn Songs gebraucht. Auch das Musikvideo zu ihrem wohl markantesten Song »Sport ist ihr Hobby« kursiert schon im Internet. Es gibt viele positive Rückmeldungen zu ihrer Musik und die beiden freuen sich sehr darüber, dass die Rostocker schon ihre Texte mitsingen können. Alles in allem sieht es also so aus, als würde sie jetzt losgehen: die große Musikkarriere. SUN OF A GUN wirkt dafür erstaunlich gut vorbereitet und es scheint, als könnte die Jungs nichts aus der Bahn werfen. VANESSA WOLF www.sun-of-a-gun.de

Tracks befinden sich auf ROBYNS aktueller Platte, inklusive einem schwedischen Song. Ohne Beats und Bass beweist die Schwedin, dass sie eine verdammt beeindruckende Stimme hat. Und die funktioniert einfach immer. »Body Talk Pt. 1« ist daher vor allem nicht langweilig. Wer's weiblich und elektronisch mag, sollte ROBYN zu sich auf den MP3-Player einladen. MICHAEL SCHULTZ

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LCD Soundsystem – This Is Happening Parlophone (EMI) Preis: 16,99 Euro

»DENN SIE HASST ES, EIN SPIEL ZU VERLIER‘N …«

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auch am Leben. Lange, rhythmische Beats unterbrochen durch taktvolle Interventionen und der einschlägigen Stimme MURPHYS wandeln jeden Song in eine neue Offenbarung um. »Dance Yrself Clean«, ein anfänglich langsamer, leiser Song, verwandelt sich gemäß der LCD-SOUNDSYSTEM-Tradition nach einem 3-minütigen Prolog in einen schnellen, synthetischen Tanzsong. »Drunk Girls«, »Pow Pow« und »You wanted a Hit« sind Ohrwürmer, die die geistige Abwesenheit in Seminaren mit einfachen Glückshormonen füllen können. KAROLIN BUCHHOLZ

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veröffentlichten Album »Something For Everybody« dürfte es ihnen nicht schwer fallen, ein neues Zeitalter in der Musikszene zu gründen. Die sympathische Mischung aus Punkrock, vereint mit einfachen Pop-Rhythmen und Electronika ist sowohl einprägend als auch schlichtweg unterhaltend. Der Opener »Fresh« hat zwar keine großartigen lyrischen Qualitäten, dennoch kann man sagen, dass »So fresh/ Like I died and went to heaven« einen guten Einstieg in das Album darstellt. Ein weiterer Höhepunkt ist ohne Frage »Human Rocket«. Ein dumpfer Bass wird durch Gitarrengeschrammel, Keyboard-Geklimper und einer monotonen Robot-Voice noch verschönert, der im 8/4-Takt heruntergerannt wird. »I am a human rocket/ On a mission of redemption.” Für die New Wave-Religion ist DEVO jetzt offiziell mein Erlöser des 21. Jahrhunderts! KAROLIN BUCHHOLZ

Robyn – Body Talk Pt. 1 Cherry Tree Preis: 16,98 Euro


Videotipp

NOTCHOOURCHEESE!

Wii-Spiel/Jump'n'Run

SUPER MARIO GALAXY 2 Der kleine rote Italiener macht sich in den großen Weiten der Galaxien wieder auf die Suche nach Princess Peach, um sie aus den Klauen des dicken Bowsers zu retten. Super Mario Galaxy 2 fängt also genauso an wie jedes Mario-Spiel. Als Spieler hüpft man mit Mario durch sechs Hauptwelten, um Bowser zu besiegen und das Universum zu retten. Die Controls: die gleichen wie beim Vorgänger. Man schüttelt den Wii-Controller, versucht mit präziser Anpeilung Goombas abzuschießen und mit raffinierten Tastenkombinationen weiter zu springen, schneller zu laufen und höher zu fliegen. Hinzu kommen die interessanten Levels mit Weggefährte Yoshi. Ja! Yoshi ist wieder da! Auch wenn der Vorgänger schon hohe Standards gesetzt hat, ist SMG2 keinesfalls einfallslos. Unzählige Levels mit insgesamt knapp 50 Galaxien, tollen Grafiken, vielseitigen Minigames und einem ausgearbeiteten 2-Player-Mode machen es zu einem neuen Spielerlebnis auf der Wii. KAROLIN BUCHHOLZ Super Mario Galaxy 2 Nintendo Preis: 49,90 Euro

Im Oktober 2009, als Dan Boedigheimer das erste Mal eine halbwegs animierte Orange den YouTube-Besuchern sprichwörtlich zum Fraß vorwarf, hätte wohl niemand mit dem Erfolg einer Südfrucht auf einem Videoportal gerechnet. Noch dazu einer so nervigen, dümmlichen und penetranten Orange, die zu Recht als »Annoying Orange« bezeichnet wird. Mittlerweile gibt es einen eigenen YouTube-Kanal, der weit über 800.000 Abonnenten zählt. Stolze 145 Millionen Mal wurden bis dato die Filmchen, meist nicht länger als drei Minuten, angeklickt. Zwischen Februar und März war »The Annoying Orange« die meistgesehene Internet-Serie überhaupt. Eine ganze Menge Lorbeeren, aber macht das alles überhaupt Sinn? Na klar! Die Orange muss man lieben oder hassen: Fiese Wortwitze, ein erschütterndes Gelächter und Schenkelklopfer am laufenden Band machen den Charakter des animierten Früchtchens aus, das von seinem Erschaffer einen Mund und zwei Augen spendiert bekommen hat. Die Orange liegt den lieben langen Tag in der Küche herum und interagiert dort mit Obst, Gemüse, einem Kobold und natürlich Darth Vader, der ebenfalls eine Orange ist. Was denn auch sonst. Das alles ist so schön schräg, dass man Boedigheimer ein gewisses Talent für Kurzfilme attestieren muss. Die Drehbücher für die einzelnen Folgen, die jeden Freitag als einzelne Episode erscheinen, schreibt er allerdings nicht selbst. Häufig sind andere YouTube-Phänomene als animierte Tomaten, Grapefruits oder Kartoffeln zu sehen. Um die Orange kennenzulernen, empfiehlt es sich, die Folgen chronologisch abzuarbeiten. Eines ist in so ziemlich jeder Episode allerdings gleich: Die Gesprächspartner der Orange landen hochgradig genervt entweder unter dem

Online Drum Machine

wild umher, erschließt sich die Funktionsweise der Drum Machine ziemlich schnell. Man muss absolut keine Ahnung davon haben, was man tut – Spaß macht es auf jeden Fall. Wer zufällig ein Instrument beherrscht und grundlegend Ahnung von Musik hat, kommt allerdings schneller klar. Für den ambitionierten Musiker taugt die Monkey Machine dann sogar zum heimischen Üben. Wie funktioniert das Ganze? Je nach Auswahl können unterschiedlich vielseitige Drum-Kits über eine einfache Benutzeroberfläche gesteuert werden. Das Prinzip: Wo es grün leuchtet, ist nach Drücken des Play-Buttons etwas zu hören. Einstellungen für die Geschwindigkeit und Lautstärke können vorgenommen und einzelne Schleifen abgespeichert werden. So lässt sich in wenigen Minuten aus verschiedenen Drum-Kits etwas basteln. Von klassisch dahinschwurbelnden Hi-Hats bis zurückhaltenden Cymbals ist alles dabei. Natürlich sind auch fette Bassdrum-Techno-Sounds möglich, die eine entsprechende Lautsprecherkonfiguration vorausgesetzt ein ganzes Mietshaus in den Wahnsinn treiben können. Wie das große Vorbild Fruity Loops (alte Hasen werden hier sicherlich wehmütig) arbeitet die Monkey Machine sehr präzise. Und natürlich läuft das zusammengeklickte Soundgefüge unerbittlich im Loop, um so richtig ins Ohr zu gehen. Macht Spaß oder geht tierisch auf die Nerven – bitte fröhlich klicken und die Füße steppen lassen! MICHAEL SCHULTZ

Webtipp

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YouTube-Serie

Messer, im Mixer oder werden anderweitig verarbeitet. Eigentlich ein ganz normaler Vorgang, unter dem Gesichtspunkt von lebendigen Figuren dennoch eine Spur gewalttätig. Besonders lebt »The Annoying Orange« von ihrer Sprache. Wer des Englischen mächtig ist, wird sich über köstliche Wortwitze amüsieren können. Ein Stück Käse darf sich von der Orange allerhand Sprüche Will it blend wie »How do you call cheese that is not your's? – Notchoourcheese« oder »I just don't feel very gouda« anhören und ist dankbar, schlussendlich von der Käsereibe erlöst zu werden. Alles Weitere sollte auf YouTube am besten selbst herausgefunden werden. Wer dann noch nicht genug hat, wird auf Facebook regelmäßig mit hochkarätigen Witzen wie »What do you get when you cross a pig with a dinosaur? – Jurassic Pork!« versorgt. Ausprobieren! MICHAEL SCHULTZ

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YouTube-Stichwort: »Annoying Orange«

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http://rinki.net/pekka/monkey/

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Am heimischen PC Musik mit der Maus machen, dazu ein Affe und eine Banane: Diese Konfiguration klingt zunächst nach dem nächsten One-Hit-Wonder von Dieter Bohlen. Ganz so hohl ist die Sache dann aber doch nicht. Genau genommen ist sie je nach Verwendung nämlich noch hohler – ein hoher Spaßfaktor ist also garantiert. Die Monkey Machine ist eine von Hunderten von Drum-Machines im Internet, die für eine kostenlose Software allerdings eine ganze Menge Features mitbringt und sich damit von der Konkurrenz deutlich absetzt. Weitere Features gibt’s auf der Website zu entdecken, die auch noch schick daher kommt. Benötigt für den Betrieb wird Java, was für einen halbwegs aktuellen Browser kein Problem darstellen sollte. Gibt man dem Affen ordentlich Zucker und drückt erst einmal

BILDNACHWEIS 124 Amazon.de 35 Youtube.com 6 Monkey Machine

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POSTSKRIPTUM

DIE VUVUZELA ...

COMIC VON HANNES FALKE

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ch habe manchmal den Eindruck, das Leben wird zwar immer bunter, aber auch immer unüberschaubarer. Im Getränkemarkt habe ich die Wahl zwischen gefühlten 100 Biersorten, alle paar Monate gibt es einen neuen Superstar oder ein neues Topmodel und jede Dorfuniversität bastelt sich ihren eigenen Master. Wo bleiben da verbindliche Aussagen? Glücklicherweise kann jeder Mensch seine private Botschaft mit einem entsprechenden T-Shirt-Aufdruck kundtun. Für Studierende ist »Universität Rostock« solide, klingt aber irgendwie auch nicht viel flippiger als »Finanzamt Bottrop«. Leider sind Titel wie »Kampftrinker« oder »Zicke« wieder eher selten geworden. Bedingt durch die Fußball-WM gibt es dagegen momentan viele »Deutschland«-Shirts. Mehrfach gesichtet habe ich auch einfach nur »Schland«. Andere Nationenhemden zu tragen, ist allerdings immer mit einem Risiko verbunden. Mit dem Aufdruck »Italia« oder »England« erntet man dieses Jahr nach den peinlichen Auftritten der Teams wohl eher Hohn und Spott. Es gibt aber auch noch die Flaggen. Hagelte es vor vier Jahren Diskussionen darum, ob man als Deutscher so viel Schwarz-Rot-Gold zeigen darf, ist dieses Thema inzwischen aus den Medien verschwunden. Ich bin mir sicher, dass die Beflaggung am Auto eher auf den Punktestand in Flensburg hindeutet und zur Warnung anderer Verkehrsteilnehmer vom Gesetzgeber heimlich vorgeschrieben wurde. Bei Doppelbeflaggung oder sogar noch mehr sollte ein Sicherheitsabstand eingehalten werden. Und wer fünfmal durch die Prüfung fällt, erhält ein gelbes Nummernschild! Und damit sind wir schon bei den Aufschriften auf den Autos angelangt. Regelmäßig im Sommer bekommt man die Schulabgänger vor die Nase, dieses Jahr mit »Abi 2010«. Wenn ich mit meinem Studium durch bin, werde ich mir auch einen Schriftzug zulegen: Wie wär‘s mit »Examen 2011«? Ich spinne mal konsequent weiter: »Heirat 2013«, »Vater 2014« und schließlich »Rente 2045«! Und wenn mein Auto vollgeklebt ist, ziehe ich selbstverständlich T-Shirts mit meiner Botschaft an. Okay, ich will nicht übertreiben, sonst wird es wiederum unübersichtlich. Aber für ein klares, unmissverständliches Statement, ob auf der Kleidung oder woanders, bin ich immer zu haben. Und mir fällt auch gerade ein richtig gutes ein: »Deutschland – Weltmeister 2010«! Tröööt!

IMPRESSUM Ressortleitung Universität: Gesa Römer

Parkstraße 06 18057 Rostock Telefon: 0381 498 5604 Telefax: 0381 498 5603 No. 90 | Juli 2010 Herausgeber: StudentINNenrat der Universität Rostock

TEXT: Rüdiger Witt

Redaktionsleiter (V.i.S.d.P.): Paul Fleischer redaktion@heulermagazin.de stellv. Redaktionsleiterin: Änne Cordes

Ressortltg. Studentenleben: Änne Cordes Ressortleitung Politisches: Christian Kobsda Ressortleitung Kultur: Paul Fleischer Anzeigenaquise: Anne-Kathrin Leyk anzeigen@heulermagazin.de Grafik und Layout: Michael Schultz Sophie Lehmann

Lektorat: Annika Riepe Mitarbeit: Gesa Römer und Tanja Frenzel

Druck: ODR GmbH, Ostsee Druck Rostock Koppelweg 2, 18107 Rostock

Redaktionelle Mitarbeit: Eva Behringer, Karolin Buchholz, Andreas Dähn, Steffen Dürre, Steffen Eggebrecht, Hannes Falke, Tanja Frenzel, Annemarie Geese, Björn Giesecke, Teresa Göhrig, Björn Henning, Carlo Ihde, Andreas Lußky, Juliane Meißner, Maria Nieft, André Olbrich, Susann Renner, Annika Riepe, Michael Schultz, Manuel Steiger, Rüdiger Witt, Elisabeth Woldt, Vanessa Wolf

Auflage/Erscheinungsweise: 3.500/vierteljährlich Titel: Christian Kobsda, Sophie Lehmann, Michael Schultz Redaktionsschluss für das Heft 90/10 war der 25. Juni 2010. Der nächste heuler erscheint voraussichtlich im Oktober 2010. Es gilt die Anzeigenpreisliste Nr. 01/2010.


Zeichnungen: Hannes Falke, Rätsel: Annika Riepe, Fotos: Christian Kobsda

CLEVER? WINNER! MOBILE BAUSTEINE Welche drei Substantive können jeweils mit den angegebenen Begriffen ein Wortpaar bilden?

GROSSE FRAUEN Verrate uns, welche bekannten Heldinnen der Weltliteratur sich hier verstecken!

KURIOSE BERUFE Erkennst du, welche „Berufe“ Michael Ende einst für sich erwog?

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Illustration: Sophie Lehmann


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