heuler – das Studentenmagazin #93

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www.heulermagazin.de

Heft No. 93 | kostenlos

Das Studentenmagazin der Uni Rostock

FLEISCH FETZT, GEMÜSE ROCKT Unfair 07 Dozenten-Willkür an der Medizinischen Fakultät

Unverantwortlich 22 Mitarbeiter des Volkstheaters im Stich gelassen

Ungezähmt 31 Sven Regener von Element Of Crime im Interview

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2011


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Editorial

Das ist seit dem letzten Heft passiert

RÜCKR SPIEPS GELLEG

Zurückgetreten: Im letzten heuler berichteten wir von verhärteten Fronten zwischen dem Vorsitzenden des Allgemeinen Studierendenausschusses (AStA) Christian Berntsen und dem Stu-

Gesa

Änne

W

inter und Tiefkühlkost sind out – frisch und knackig ist in! Im Ressort Studentenleben nehmen wir deshalb studentische Essgewohnheiten und den Trend zur umwelt- und tierfreundlichen Ernährung unter

dentINNenrat (StuRa). Der angekündigte Rücktritt Berntsens entpuppte sich als Schnellschuss und wurde schon kurze Zeit später in Gesprächen relativiert. Der StuRa entschied, das Rücktrittsgesuch des Vorsitzenden nicht anzunehmen, und beteuerte formal vor der Presse, dass er ihm sein »uneingeschränktes« Vertrauen aussprechen und für eine bessere Zusammenarbeit eintreten wolle. Hierzu verabschiedete das Parlament ein »Selbstbekenntnis«, in dem neben organisatorischen Dingen (der StuRa tagt nun alle

die Lupe. Im Dienste der Wissenschaft und des heulers untersuch-

zwei Wochen statt nur einmal im Monat) auch selbstverständli-

ten Johannes, Max, Yvonne und Mareike die Folgen des Fastens für

che Umgangsformen geregelt werden. So möchten die Mitglie-

Körper und Seele, während Andreas unter Einsatz seines Lebens für euch Rostocks berüchtigtste Imbissbuden testete. Auf dem Spiel steht seit Februar auch das Überleben des Volkstheaters: Die Schließung des Großen Hauses in der Doberaner Straße war ein herber Rückschlag für die Rostocker Kulturlandschaft.

der des Gremiums beispielsweise persönliche Differenzen nicht mehr in die Debatten hineintragen. Dies scheint jedoch nicht gelungen. Wer sich also die moderne Fassung von »Kabale und Liebe« ansehen möchte, sollte dem StuRa beizeiten einen Besuch abstatten. Infos zu den Terminen findet ihr auf www.asta.unirostock.de.

Unsere Autoren Paul und Steffie widmen sich im Ressort Politisches

Kulturwoche: Nach den Debatten über eine Abschaffung

den lokalpolitischen Hintergründen und eröffnen einen Blick ins

der Kulturwoche vor einem halben Jahr bereichern jetzt doch

Innenleben des Volkstheaters und der Menschen, die mit und von der Kunst leben. Weitaus positiver haben sich die Online-Bestrebungen des heulers entwickelt: Mit Erscheinen dieser Ausgabe steht unser Online­ Auftritt unter www.heulermagazin.de zur Begutachtung bereit. Unter Leitung von Elisabeth schreibt und illustriert die jüngst gegründete Online-Redaktion bereits voller Tatendrang und sucht Mitstreiter. In den altbekannten vier Ressorts und einer zusätzlichen Rubrik, die sich Satirischem und Extravagantem widmet, berichten die Autoren

wieder altbekannte und neue Veranstaltungen den Studienalltag. Gut besucht war unter anderem der neu ins Programm aufgenommene Kunst- und Handwerksmarkt am 1. Mai. Studenten verkauften günstig selbstgemachte Poster, Taschen, Buttons und vieles mehr. Großer Andrang und leer gekaufte Stände legen eine Wiederholung der Veranstaltung nahe. Kritik ernteten die eingeführten Eintrittspreise für ehemals kostenlose Kult-Events wie den Poetry Slam – zwar nicht viel, aber Kleinvieh macht auch Mist.

Top-Heft: Beim diesjährigen Pro Campus-Presse Award belegte der heuler den dritten Platz. Als Gewinn gab es neben einem

ab sofort aktuell und nah am Geschehen über alles, was Studenten

Sachpreis eine professionelle Heftkritik von Katharina Skibowski,

bewegt. Dort habt ihr außerdem die Möglichkeit, eure Meinungen

Chefredakteurin der Insight. Die erhaltene Kritik und die daraus

und Kommentare loszuwerden – schaut vorbei und macht mit!

folgenden Ideen und Anregungen versuchen wir nun umzusetzen. Falls bei euch noch Wünsche offen bleiben, meldet euch bei uns: redaktion@heulermagazin.de. Viel Spaß beim Stöbern!

Mail

redaktion@heulermagazin.de onlineredaktion@heulermagazin.de

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INHALTSVERZEICHNIS 4

STUDENTENLEBEN

Universität

Titelthema Gesund durch Fasten?

Medizinerleiden Das Märchen von der Prüfungsordnung

15

Fremde Federn Interview mit Sven Regener von Element Of Crime

08

Aufnahme?

09

Pizza danach

16

Vegane Woche

17

Imbisse in HRO

18

Mensa-Alternative oder No-go-Area?

Pro/Contra

19

Volkstheater in Aufruhr

Uni und Politik

28

Keine Werbung

28

Kommentar zur Arbeit des StuRa-Wahlausschusses

Neues Wahlsystem in der Diskussion

Demenzforschung an der Uni Rostock

Deutschlandstipedium Reine Elitenförderung?

10

25

Bericht aus dem Inneren

Niedrige Quote

Serie Wissenschaft

33

07

Achilles Verse

Wer schafft es an die HMT?

KULTUR

POLITISCHES

29

PSA-News

30

Politische Bildung

30

11 Roadtrip Die Westküste der Vereinigten Staaten entlang

20

Comic-Kultur

34

FiSH-Festival

36

Q-Tipps!

36

Das Leid in der Kunst

37

Rezensionen

38

Literatur, Musik und mehr

Öko? Logisch! Thea Riebe (Grüne Hochschulgruppe) im Interview

31

Postskriptum

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Comic

42

Rätselseite

43


Illustration: Bjรถrn Giesecke und Annika Riepe


Foto: Michael Schultz

UNIVERSITÄT

6 Web

www.heulermagazin.de/uni

Von Medizinerleiden und Demenzforschung

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Gesa, Ressortleitung

ie Medizin ist ein großes Feld, daher widmen wir ihr in diesem Heft gleich zwei Artikel: Professor Jens Pahnke bringt uns auf den neuesten Stand der Forschung im Bereich der Demenzerkrankungen. Der Fachschaftsrat Medizin forscht dagegen zurzeit an Ursachen und Lösungen für das Problem von wahllosen Prüfungen. Wem bei so viel Forschung schon schwindelig wird, findet vielleicht in unserem Artikel zur Hochschule für Musik und Theater einen Ausgleich.


Elite ohne Ordnung Nase voll, Testatkarte leer: Nicht bestandene Prüfungen stellen zahlreiche Medizinstudenten vor allem dann vor Probleme, wenn sie sich ungerecht behandelt fühlen. Wehren können sie sich kaum – es gibt keine Prüfungsordnung. Abgelegte Prüfungen im Vorklinikum sind damit bis vor den Widerspruchsausschuss der Universität anfechtbar. Text

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Gesa Römer und Michael Schultz

ia* hat es an diesem Nachmittag etwas eilig. Es ist kurz vor 14 Uhr und die Medizinstudentin steht vor einer wichtigen Prüfung. Sie wiederholt diese bereits zum zweiten Mal. Fällt sie durch, will sie ihr Studium in Rostock nicht weiterführen. »Das ist nicht mehr zu schaffen«, sagt Pia. Sie ist eine von zahlreichen Studenten, die im Gebäude der Anatomie bis in den zweiten Stock die Treppe blockieren. Wenn sich die Türen zum Prüfungsraum öffnen, riecht es nach Formalin. Pia studiert derzeit das zweite und vierte Semester des Medizinstudiums parallel, denn einige Prüfungen muss sie wiederholen. Warum sie durchgefallen ist, weiß Pia meist nicht. »Es gibt keine Auswertung. Du weißt einfach nicht, was du falsch gemacht hast – wenn du nicht gerade einen Blackout hattest und es dir selbst erklären kannst.« Knapp 30 Studenten aus dem Vorklinikum, dem ersten Abschnitt des Medizinstudiums, müssen ihre Prüfungen wiederholen. Die meisten von ihnen geben dafür jedoch nicht einer schlechten Vorbereitung die Schuld, sondern ihren Dozenten. Insbesondere der stellvertretende Institutsdirektor der Anatomie, Professor Norbert Ulfig, wird scharf kritisiert. »Ulfig ist ein harter Hund«, sagt Pia. »Doch das ist nicht das Problem. Mir ist klar, dass ich meine Leistung bringen muss. Aber es kann nicht sein, dass sich ein Dozent derartig über die Studenten stellt.« Pias Prüfung zu den Eingeweiden, das Situs-Testat, dauerte kaum fünf Minuten und endete mit der Aussage Professor Ulfigs, er habe das heute schon besser gehört, die Geprüfte möge doch bitte nach Hause gehen. Für dieses Resultat hatte die Studentin zuvor drei Wochen in der Bibliothek verbracht. Von morgens um 9 Uhr bis abends um 23 oder 24 Uhr. Zwischendurch mal ein Kaffee, eine Zigarette. Die Willkür des Prüfers ist für sie blanker Hohn. Pia weiß, dass sich eine Studentin gewehrt hat. Diese forderte nach einer nicht bestandenen Prüfung, dass man ihr sagen müsse, warum sie trotz richtiger Antworten durchgefallen war. Professor Ulfig ließ

sie die Prüfung wiederholen. Pia weiß jedoch auch, dass sie selbst nicht die Kraft hat, für ihr Recht zu kämpfen. »Ehrlich gesagt, bin ich nach einer derartig ungerechten Prüfung einfach nur noch verzweifelt.« Professor Ulfig sei ein »schwieriger Mensch. Entweder er mag dich, oder er macht es dir schwer«. Beweisen können Pia und etliche andere Betroffene die Vorwürfe nicht. Es gibt bei ihren Prüfungen keinen Beisitzer, kein Protokoll. Nur eine Notiz in ihrer Testatkarte gibt Auskunft darüber, dass sie überhaupt eine Prüfung abgelegt haben. »Diese Prüfungen heißen bei uns offiziell Orientierungsgespräche«, sagt Pia. Offenbar ist man sich am Institut bewusst, dass ein Einzelgespräch mit einem Dozenten in keiner Weise den Vorstellungen von einer offiziellen Prüfung an einer Universität entspricht. Dabei se-

» Bisher geleistete Testate sind nicht rechtsgültig « Ben Pleban, AStA-Referent für Studium und Lehre

hen die Approbations- und Studienordnungen – die Grundlage für das Medizinstudium – durchaus Beisitzer und Protokolle vor. Eine Universität, die ihren Medizinstudiengang als besonders hervorragend herausstellt, darf sich so etwas nicht leisten. Fraglich ist auch, ob ein ironisch lächelnder Dozent, der nach einer gescheiterten Prüfung mitteilt, dass der erste Härtefallantrag nichts Schlimmes sei, weiterhin von einer nicht existenten Prüfungsordnung gedeckt wird. Auch das musste Pia bei Professor Ulfig erleben: »Ich dachte wirklich, das kann doch nicht sein, dass dir nach einer Prüfung so etwas gesagt wird.« Protokolle und Beisitzer würden derartige Entgleisungen unmöglich machen und außerdem für Gerechtigkeit sorgen. Bevorteilungen und Benachteiligungen wären nicht mehr möglich. >

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Das Märchen von der gültigen Testatordnung Die Studienordnung für Humanmedizin regelt unter anderem Prüfungsmodalitäten. Dazu zählt, dass in mündlichen benoteten Prüfungen ein vorgeschriebenes Protokollformular ausgefüllt werden muss. Um das Physikum, eine erste Abschlussprüfung innerhalb des Medizinstudiums, antreten zu können, sind Vorleistungen zu erbringen – der Student muss seine Testatkarte mit bestandenen Prüfungen füllen. Die Vorleistungen sind bestenfalls schwammig in einer sogenannten Testatordnung geregelt: Willkürlichen Prüfungen, besonders in der Anatomie, sind damit Tür und Tor geöffnet. Der Fachschaftsrat der Mediziner fordert eine rechtlich abgesicherte Prüfungsordnung, die auch die Prüfungen vor dem Physikum beinhaltet. Einen ersten Entwurf gibt es bereits vom Institut für Anatomie. Dieser regelt jedoch weder den genauen Prüfungsablauf noch die Anwesenheit von Beisitzern oder Protokollanten. Die Testatordnung ist derweilen nicht vom Senat der Universität bestätigt und damit nicht rechtsverbindlich.

*Name von der Redaktion geändert


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Der Fachschaftsrat der Medizinstudenten ist sich der Problematik bewusst. Die schwierigen Prüfungsmodalitäten und unfaire Dozenten haben viele Studierende dort selbst erlebt. Versuche, gegen die Testatordnung vorzugehen, scheiterten bislang am Widerstand der Fakultät. »Wir kennen die Probleme aus dem Vorklinikum. Gerne bieten wir den Studenten unsere Hilfe an, nur leider kommt niemand zu uns«, heißt es aus den Kreisen des Fachschaftsrates. Unterstützung erhalten Betroffene zumindest indirekt, denn auch hier äußert man deutliche Kritik an Professor Ulfig. So heißt es, er prüfe »wahllos, zufällig und zum Teil sinnlos«. Dennoch scheint nicht nur Professor Ulfig ein Dozent mit Makeln zu sein. So komme es bei Dr. Christian Andressen auf die Tagesform an, welche Chancen Studenten hätten, ihre Prüfung zu bestehen. Dem Institutsdirektor Professor Andreas Wree wird nachgesagt, er bevorzuge insbesondere attraktive Frauen. Aktenkundig ist das alles nicht und bestimmt kein Problem, dass es nur bei den Medizinern gibt. Es wird aber dann prekär, wenn niemand dagegen vorgehen kann. Pia ist nicht zum Fachschaftsrat gegangen. Stattdessen wandte sie sich an den Allgemeinen Studierendenausschuss (AStA). Der Referent für Studium und Lehre, Ben Pleban, ging den üblichen Weg in einer solchen Situation. Er informierte das Studiendekanat und sprach auch mit Professor Ulfig. Dieser gibt sich studentenfreundlich, man könne jederzeit zu ihm kommen. »Die Problematik mit der Prüfungsordnung scheint Professor Ulfig nicht so ernst zu nehmen, wie es wünschenswert wäre«, fasst Ben das Gespräch zusammen. Kapazitäten für Beisitzer

Prof. Ulfig gibt sich studentenfreundlich gebe es am Institut nicht, Prüfungsprotokolle könnten die Studenten selbst schreiben – soweit Ulfigs Vorstellungen. Dabei wäre eine Lösung denkbar einfach. Bis eine Prüfungsordnung das Verfahren der Testate regelt, könnten Studenten aus dem Klinikum den Beisitz und das Protokoll bei Vorklinik-Prüfungen übernehmen. An der Universität Greifswald, wo es ebenfalls keine Prüfungsordnung gibt, werden zumindest immer zwei Studenten gleichzeitig geprüft. Beschwerden über Dozenten-Willkür gibt es dort kaum. Aber wollen die Rostocker Dozenten den Status quo überhaupt ändern? Das würde wohl auch den Arbeitsaufwand mit den Prüflingen erhöhen, weil allerhand abenteuerliche Prüfungsmodalitäten dann nicht mehr möglich wären. Derzeit gibt es bei Professor Ulfig sogar Anwandlungen von Quizshows: Eine Gruppe von Studenten erhält drei Runden lang Fragen. Wer nicht antworten kann, fliegt raus. Im

ACHIL L

ES VER SE

Probleme mit dem Fachschaftsimage Vor allem Medizinstudenten wissen nicht, was ihre Fachschaft eigentlich macht oder gar,

Liebe Dozenten!

dass es sie überhaupt gibt. Höchstens als PartyOrganisatoren sind sie bekannt. Dabei werden die legendären Mediziner-Partys nicht einmal von der Fachschaft organisiert. Die Fachschaft selbst sieht ihr Aufgabenfeld in hochschulpolitischen Angelegenheiten, der Kommunikation mit Dozenten und der Unterstützung von Studierenden mit Problemen oder Beschwerden. So wird es in diesem Jahr beispielsweise einen »Tag des Dialoges« geben, an dem der Austausch zwischen Studierenden und Dozenten gefördert werden soll. Web

www.fachschaft.med.uni-rostock.de

»günstigsten« Fall hat sich die Prüfung gleich mehrerer Studenten für den Prüfer so mit einer Frage erledigt. Auch Pias Freundin, die neben ihr steht, hat ihre Wiederholungsprüfung einem solchen Quiz zu verdanken. Für jedes nicht bestandene Testat gibt es einen Eintrag. »Professor Ulfig entscheidet offenbar auch nach den Testateinträgen«, offenbart Ben Pleban. So äußerte der Mediziner ihm gegenüber, er lasse die Leute lieber durchfallen, da sie den Stoff sowieso nicht aufholen könnten. »Es ist wohl kaum die Aufgabe eines Dozenten, über Konstitution und Privatleben der Studenten zu mutmaßen«, so der AStA-Referent. Die Diskussion um die fehlende Prüfungsordnung und ungültige Testat-Prüfungen könnte für die Medizinische Fakultät weitreichende Folgen haben. »Bisher geleistete Testate sind nicht rechtsgültig«, weiß Ben Pleban. Würden Studenten der Medizin den Beschwerdeweg gehen, müsste spätestens der Widerspruchsausschuss der Universität alle geleisteten Prüfungen für ungültig erklären. Pia hat ihr Testat erst einmal bestanden. Bis nach 17 Uhr hat sie gewartet, mehr als drei Stunden. Ihr Prüfer war diesmal nicht Professor Ulfig. <

Nach dem Abi hörte ich immer wieder Sprüche wie: »Die Stützräder an euren Fahrrädern sind ab, ihr müsst von nun an alleine fahren.« Oder der Klassiker: »In der Uni wird alles anders.« Endlich lernen, was mich interessiert, selbst entscheiden. Mittlerweile bin ich im sechsten Semester – und was ist? Ich fühle mich wie in der 12. Klasse. Halten mich denn hier alle für doof? Oder liegt es daran, dass einige es wirklich sind? Wir sind nicht mehr in der Schule, wo jeder Lehrer darauf achten muss, dass alle seine 30 Schäfchen die Prüfungen bestehen, sondern an der höchsten Bildungseinrichtung. Da darf man doch wohl auch verlangen, dass im Hauptstudium kein Grundlagenwissen mehr beigebracht wird. Und wer im Vertiefungsseminar Pädagogik noch nicht weiß, was ein Gruppenpuzzle oder Mind-Maps sind, der gehört eben einfach nicht an eine Uni! Wir sind schon groß – und wenn wir mit dem Fahrrad umfallen, müssen wir auch alleine wieder aufstehen. Sicherlich kann es passieren, dass weniger Studenten in euren Seminaren sitzen, wenn ihr das Niveau in den Bereich des universitären Wissens erhebt – aber jene, die bleiben, sind dann auch wirklich interessiert. Das heißt nicht, dass ihr euch an naturwissenschaftlichen Kollegen orientieren und die Vorlesungen von nun an so mit Wissen vollstopfen sollt, dass man es sich gar nicht leisten kann zu fehlen. Wenn dagegen die Seminare einfach interessant und in angemessener Weise anspruchsvoll wären, bräuchte niemand von euch mehr Angst vor der »Abschaffung« der Anwesenheitspflicht zu haben – dann würden wir nämlich von alleine (und gerne!) zu euch kommen. Danke! Eure Gesa < Die Achilles Verse müssen nicht die Meinung der Redaktion widerspiegeln. Schildert uns euer Problem und wir veröffentlichen es – auch anonym. Mail

redaktion@heulermagazin.de


Wer schafft es ins Kloster? Zum Semesterstart an der Hochschule für Musik und Theater heißt es auch in diesem Jahr wieder für die Bewerber hoffen und bangen. Text

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Luisa Uchtenhagen und Mareike Götz

n unserer Universität kann man sich für viele Lehramtsstudiengänge einschreiben: von Arbeit-Wirtschaft-Technik über Philosophie bis hin zu Physik. Wer allerdings Musik unterrichten möchte, muss einen anderen Weg einschlagen. Da reicht keine einfache Bewerbung, nein, die angehenden Lehrer(innen) müssen sich zunächst einer Eignungsprüfung an der Hochschule für Musik und Theater (HMT) unterziehen. Einer der Bewerber für das Sommersemester 2011 war Michael Nehmiz aus Hamburg. Wir trafen ihn am zweiten Tag der Aufnahmeprüfungen, als er gerade mit den anderen Kandidaten in einer kleinen, familiär wirkenden Runde frühstückte. Anders als ein paar seiner Mitbewerber hatte er bereits all seine Prüfungen hinter sich gebracht und so fiel langsam auch die Anspannung der vergangenen Tage von seinen Schultern. Am Vortag hatte er die schriftliche und die mündliche Musiktheorieprüfung überstanden. Bereits hier hatten einige andere nicht überzeugen können und ihre Taschen packen müssen. »Das ist ein bisschen wie DSDS hier«, stellte Michael fest, »man fragt sich die ganze Zeit: Ist man weiter oder nicht?« Wer jedoch wie der Hamburger beides gut überstanden hatte, durfte sich gleich am selben Abend noch in einer Gruppenleiterprüfung behaupten. Erst am darauffolgenden Tag ging es dann ans Eingemachte, als die praktischen Prüfungen anstanden. Jeweils eine im Hauptfach und in zwei gewählten Nebenfächern. Die Bewerbungen erreichen aber nicht nur das Institut für Schulmusik,

sondern auch das Institut für Schauspiel und jenes für Musik. Dort fällt besonders die hohe Dichte an ausländischen Studenten auf. Auch zu diesem Sommersemester bewarben sich wieder doppelt so viele ausländische Bewerber am Institut für Musik wie inländische. Unsere junge Hochschule lockt mittlerweile Studenten aus über 50 Ländern an. »Deutschland gilt unter allen europäischen und internationalen Ländern als das Musikland«, erklärt Professor Petersen, Institutssprecher. Deswegen sei der Anteil der ausländischen Studienbewerber an allen 26 deutschen Musikhochschulen ebenso hoch. Wir verdanken also Bach, Beethoven und Händel diesen anhaltenden Ruhm. Aber auch sonst hat die HMT einige Vorzüge gegenüber den anderen Hochschulen. »Der Hochschulruf setzt sich aus mehreren Komponenten zusammen. Einerseits aus dem

­ erbleib der Absolventen, andererV seits aus dem Ruf des Lehrkörpers«, informiert Petersen. So wurden nicht nur die erste Staatskapelle in Weimar und der Konzertmeisterposten der Wiener Philharmoniker mit Rostocker Absolventen besetzt, auch die Berliner Staatskapelle bezieht ehemalige Studenten. Neben den hervorgebrachten Namen punktet zudem der Standort: Es fallen keine Studiengebühren an, das liebliche Gekreische der Möwen entzückt täglich und auch die Räumlichkeiten der Hochschule überzeugen. Die ausländischen Bewerber unternehmen vermehrt einen Bewerbungsmarathon. Viele bereisen Deutschland für mehrere Wochen, nehmen vor den Prüfungen Sprachunterricht und fahren anschließend die einzelnen Prüfungstermine an. In Rostock wird erst im Hauptfach geprüft: Wenn dieses bestanden ist, folgen Prüfungen in

Tonsatz, Gehörbildung und im Pflichtfach Klavier. An den zweiten Teil ist auch eine Deutschprüfung gebunden, sofern die Prüfer dies als nötig erachten. Es lässt sich also erahnen, welcher Druck auf den Schultern der Bewerber lastet. Eine schnelle Antwort ist in jedem Fall erwünscht. Michael bekam bereits zwei Tage nach seiner Bewerbung den Bescheid, dass er angenommen wurde. Seine einzige Sorge war nur noch, ob sein Abiturdurchschnitt reichen würde, um an der Philosophischen Fakultät der Universität Rostock angenommen zu werden. Bisher hätten es allerdings immer alle Bewerber geschafft, einen Platz in den Lehramtsstudiengängen zu bekommen, erzählte Margitta Grimmel, Leiterin des Studentensekretariats. »Es gibt eine Sonderquotenregelung für die HMT«, verriet sie. So müssen gesetzlich vorgeschrieben rund 25 Studienplätze in den Lehramtsstudiengängen für Bewerber der Hochschule freigehalten werden. Falls sich zu viele Studenten bewerben würden, wäre außerdem nicht die Abiturnote das entscheidende Kriterium, sondern die Leistung in der Zulassungsprüfung der HMT. Diese Situation sei jedoch noch nie eingetreten, so Grimmel. Wer also die anspruchsvolle Prüfung der Hochschule für Musik und Theater besteht, dem steht die Uni nicht im Weg. <

2001 zog die HMT in die ehemaligen Klosterräume des Katharinenstiftes. Foto: Mareike Götz

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Serie

Wissenschaft an der Uni

Demenz betrifft alle Neben den zunehmenden Naturkatastrophen und Atom­ unfällen steht die Menschheit vor einer weiteren sozioökonomischen und medizinischen Herausforderung: Demenz. Text

10 Grafik: Caroline Heinzel

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1–4: Amyloid-Plaques (braun) in einer »95-jährigen« Maus (300 Tage alt) 5: Amyloid-Plaques (rot) werden von Fresszellen angegriffen (braune Strukturen) Fotos: Jens Pahnke

PROF. JENS PAHNKE

n der westlichen Welt wächst die Anzahl von Demenzpatienten stetig. Im Jahre 2050 wird sie die derzeit unvorstellbare Summe von bis zu 360 Million Patienten erreichen. Allein in Deutschland wird dann die Hälfte der Einwohner älter als 60 Jahre sein. Dazu zählen auch die heutigen Studenten. Demenzerkrankungen gehören zur Gruppe der degenerativen Hirnerkrankungen und treten schon ab einem Alter von 50 Jahren auf. Die häufigste Demenzerkrankung, von der etwa zwei Drittel der Patienten betroffen sind, ist die Alzheimer-Demenz mit Amyloidablagerungen, gefolgt von der LewyKörperchen-Demenz mit Lewy-Körperchen (20 Prozent) und der vaskulären Demenz mit gefäßbedingten Hirnveränderungen. Oft treten aber auch Mischformen dieser Erkrankungen auf. Neben den weitläufig bekannten Störungen der Gedächtnisleistung hat Demenz vor allem Koordinationsprobleme, Sprach- und Sprechprobleme, Schwierigkeiten beim Ausführen komplexer Handlungen sowie des Tag-/Nachtrhythmus zur Folge, was zu weitreichenden Komplikationen mit den betreuenden Angehörigen oder Pflegediensten führt. Trotz umfangreicher Forschungen in den letzten 25 Jahren ist die Ursache nur bei weniger als 1 Prozent aller Alzheimer-Patienten bekannt – den erblichen oder familiären Arten. Bei den restlichen 99 Prozent der Erkrankten, die an der sogenannten sporadischen Form leiden, konnten bisher keine

genetischen Veränderungen in den Alzheimer-Genen APP, PS1und PS2 gefunden werden. Das Forschungslabor für Neurodegenerative Erkrankungen der Klinik für Neurologie in Gehlsdorf beschäftigt sich intensiv mit der Erforschung der Ursachen und der Behandlung dieser Art der Demenz. Bei Alzheimer-Patienten finden sich Ablagerungen eines 40 bis 42 Aminosäuren großen Peptids als Aggregate im Gehirn, sogenannte Alzheimer-Plaques. Diese Plaques und deren Vorstufen stören zuerst nur die Funktion der Nervenzellen, führen jedoch durch langsame, aber kontinuierliche Zunahme zum Nervenzelltod und zur Ausbildung der klinischen Symptomatik. Aktuelle Ergebnisse des momentan 21-köpfigen Teams konnten erstmalig zeigen, dass die BlutHirnschranke eine enorm wichtige Funktion für den Abtransport und die Ausschleusung des toxischen Amyloids aus dem Gehirn spielt. Die an ihr vorhandenen Transportmoleküle können durch spezifische, medikamentöse Aktivierung in Mausmodellen die Bildung der Alzheimer-Plaques verzögern oder sogar verhindern. Ein neu entdecktes Transportmolekül mit der bisher größten Transportkapazität für das Amyloid spielt hierbei eine entscheidende Rolle, da dieses bei Funktionsverlust zu einer bis zu 14-fachen Menge von Amyloid im Gehirn von Mäusen führt. Dieser Transporter ist aber von der Energieproduktion in den Mitochondrien der Hirnzellen direkt abhängig. Bekanntermaßen nimmt die Leistung der Mitochondrien aufgrund der Ansammlung von Mutationen mit zunehmendem Alter stetig ab und wird deshalb als ursächlich für altersbedingte Erkrankungen betrachtet. Mittels neuer Mausmodelle konnte kürzlich die Verbindung von Alterung, mitochondrialer Funktion, Aktivität von Transportmolekülen und den Fresszellen des Gehirns, der Regenerationsbeeinträchtigung von Hirnstammzellen und der nachfolgenden Ausbildung einer Alzheimer-Demenz


nachgewiesen werden. Da die derzeit verfügbaren Medikamente nur bei der Hälfte der Patienten für maximal sechs Monate eine positive Wirkung zeigen, besteht ein weiteres innovatives Forschungsfeld in der Suche nach neuen Wirkstoffen. Hierzu werden weltweit Pflanzen gesucht, denen durch die lokale Bevölkerung eine Demenz-reduzierende Wirkung zugesprochen wird. Aus diesen Pflanzen (Blüten, Blätter, Stängel oder Wurzeln) werden mittels verschiedener Auszugsmittel Trockenextrakte erzeugt und an den Alzheimer-Mausmodellen im Labor durch Gedächtnistests evaluiert. Aktuell stehen verschiedene Sideritis-Spezien aus den Bergen Griechenlands im Fokus der genauen funktionellen Evaluation, da diese wesentliche Verbesserungen der Gedächtnisleistung in mehreren Experimenten zeigten. Wichtig ist jedoch die frühe Erkennung der alzheimerschen Erkrankung, da bei fortgeschrittenem Nervenzelltod mit nur eingeschränkter Wirkung von vorbeugend einsetzbaren Stoffen gerechnet werden kann. Deshalb wird in einem weiteren Projekt an der Entwicklung von Bio- und Detektionsmarkern zur Frühdiagnostik von Demenzen gearbeitet. Hierbei spielt auch die Bildgebung von Amyloid-Ablagerungen durch den Schädelknochen hindurch eine zentrale Rolle, die zukünftig mittels Spezialfarbstoffen und Hand-Detektor invasionsfrei die Amyloid-Menge im Gehirn bestimmen soll. Alle diese Arbeiten sind nur in enger internationaler Kooperation mit verschiedenen Fachgebieten (Neurowissenschaften, Molekularbiologie und Informatik) möglich. So herrscht ein reger personeller und intellektueller Austausch mit dem Yerkes Primate Research Institut in Atlanta (USA), dem Center for High-throughput Biology in Vancouver (Kanada), dem Center for Molecular Biology and Neuroscience in Oslo (Norwegen) und dem Karolinska Institut in Stockholm (Schweden). <

Prof. Jens Pahnke, European Fellow in Neuropathology, ist Leiter des Neurodegeneration Research Laboratory an der Klinik für Neurologie und der Biomarker- und Autopsiestudien des Deutschen Zentrums für Neurodegenerative Erkrankungen an der Universität Rostock. Gemeinsam mit seinen 20 Mitarbeitern erforscht er Ursachen und neue Behandlungsstrategien der Alzheimer-Demenz. Web

www.nrl.uni-rostock.de

Deutschlandstipendium – Ein Konzept geht nach hinten los Das sogenannte Deutschlandstipendium wird ab Sommer eine neue Stipendienstruktur begründen, so auch an der Uni Rostock. An Konzept und Ausführung gibt es jedoch einiges zu bemängeln. Text

FABIAN NEHRING

Frau Schavan auf halb acht: Das Konzept des Deutschlandstipendiums scheint bei genauerer Betrachtung nicht ganz durchdacht. Foto: BMBF/Chaperon

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b kommendem Semester sollen an der Universität Rostock die sogenannten Deutschlandstipendien eingeführt werden, mithilfe derer bundesweit Studierende mit monatlich 300 Euro gefördert werden. Insgesamt 68 Stipendien stehen an unserer Universität zur Verfügung. Die Fördersumme kommt dabei je zur Hälfte von privaten Geldgebern und aus den Kassen des Bundesministeriums für

Bildung und Forschung (BMBF). Letzteres legt die Anzahl der zu vergebenden Stipendien jedes Jahr neu fest, perspektivisch soll sie auf insgesamt 8 Prozent aller Studierenden ausgedehnt werden. Bei circa 15.000 Rostocker Studierenden wären das 1.200 Deutschlandstipendien, die die Universität vergeben könnte. Aus Mangel an Mitteln für das Programm wurde für das Jahr 2011 allerdings zunächst eine deutschlandweite Förderobergrenze von 0,45 Prozent festgelegt. Um dies ausweiten zu können, wird es unter anderem Änderungen im BAföG geben. So wird etwa der Teilerlass des Ausbildungsdarlehens für die besten Absolventen gestrichen. Das ursprünglich von Annette Schavan als Eliteförderkonzept geplante Deutschlandstipendium ist nach Interventionen des Bundesrates in seinen Förderzielen nun etwas weiter gefasst als ursprünglich geplant. Auswahlkriterien sind laut Stipendiengesetz noch immer »Begabung und Leistung«, aber auch »gesellschaftliches Engagement, die Bereitschaft, Verantwortung zu übernehmen, oder besondere soziale, familiäre oder >

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InkoNsequentes UND UNGERECHTES SYSTEM

D

as Deutschlandstipendium ist das, was es nach dem Willen der Bundesregie-

rung sein soll: ein Elitenförderkonzept. Dass auch soziale Kriterien Teil der Vergabeauswahl sein sollen, ändert daran im Grunde genommen nichts. Das Stipendium kann prinzipiell jeder bekommen, auch derjenige, der es eigentlich gar nicht benötigt, weil er selbst

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über genügend Geld verfügt. Sollte es dagegen tatsächlich mal an jemanden gehen, der das Geld braucht, weil er kein BAföG bekommt und keine reichen Eltern hat, dem genügen auch 300 Euro bei Weitem nicht zum Leben. Auch die immer größer werdende Nähe zwischen Wirtschaft und Universität missfällt mir, schon jetzt sind die Konsequenzen ersichtlich: Gefördert wird, was Geld bringt. Gerade die Geisteswissenschaften stehen da hintenan. Dass das Bundesministerium für Bildung und Forschung selbst nicht wirklich vom eigenen Konzept überzeugt ist, sieht man an den geringen Mitteln, die zur Verfügung gestellt wurden. Was vom Deutschlandstipendium bleibt, ist der hohe Verwaltungsaufwand für ein inkonsequentes und ungerechtes Stipendiensystem.

Text

FLORIAN FRÖHLICH, 4. Semester Politik

Illustrationen: Caroline Heinzel

persönliche Umstände, die sich beispielsweise aus der familiären Herkunft oder einem Migrationshintergrund ergeben«. Eine genaue Gewichtung der einzelnen Punkte ist nicht festgelegt, hier können die Universitäten selbst gestalterisch tätig werden. Für den Verwaltungsaufwand, den die Vergabe der Stipendien mit sich bringt, erhalten sie zusätzlich eine Pauschalzahlung vom BMBF. Allerdings ist diese mit circa 94 Euro pro Stipendiat und Jahr vermutlich nicht kostendeckend, denn gerade soziale Kriterien sind schwierig zu prüfen und erfordern eine genaue Beschäftigung mit den Bewerbern, die die Universitätsverwaltung nur schwer leisten kann. Auch die bisher geringe Anzahl der ausgeschriebenen Stipendien trägt nicht zur Effizienz der Vergabe bei, zumal mit einem sehr hohen Andrang von Antragstellern zu rechnen ist. Hinter vorgehaltener Hand wird innerhalb der Universitätsgremien außerdem die geringe fachliche Qualität bemängelt, mit der das Ministerium die Vergaberegelungen erstellt hat. So sollen beispielsweise erlangte Leistungspunkte nach dem European Credit Transfer and Accumulation System, also sogenannte ECTS-Punkte, als Indikator für eine besondere Eignung zur Förderung gelten. Das schließt an der Universität Rostock den hohen Anteil an Studierenden generell aus, die keine Credit-Points erhalten, so etwa sämtliche Lehramts-Studierende. Auch sind die ECTSPunkte nur schwerlich geeignet, um herausragende Leistungen zu bescheinigen, da man sie unabhängig von den erzielten Noten schlicht für abgeleistete Module bekommt. Laut Regelung des Bildungsministeriums sollen also diejenigen Studierenden bevorzugt ein Stipendium erhalten, die bereits am meisten Prüfungen abgelegt haben – und nicht jene, die dabei die besten Ergebnisse erzielen konnten. Insgesamt gibt es am Deutschlandstipendium noch einiges mehr zu kritisieren. So ist es trotz aller Beteuerungen aufgrund seiner Auswahlkriterien noch immer ein Elitenförderprogramm. Damit widerspricht es dem im Rahmen des Bildungsstreiks 2009 beschlossenen Forderungskatalog der Rostocker Studierendenschaft. Weiterhin ist noch nicht geklärt, ob die 300 Euro Mehreinkommen eines Stipendiaten Einfluss auf seinen Berechtigungsstatus zum BAföG-Empfang haben. Momentan versucht die Universitätsleitung in dieser Frage Rechtssicherheit zu schaffen, eine endgültige Klärung gab es aber bei Redaktionsschluss nicht. Letztlich ist das Deutschlandstipendium nicht einmal besonders attraktiv für die vielzitierte »Elite«, gibt es für diese doch wesentlich höhere Stipendiatenprogramme hauptsächlich von privaten Förderern. In Anbetracht des hohen Aufwands in der Verwaltung bei nur wenigen zu vergebenden Stipendien, angesichts der Unklarheiten bezüglich der Beeinträchtigung von BAföG-Zahlungen und der Ablehnung der Studierendenschaft gegenüber Eliteförderpro-

EINE GUTE ALTERNATIVE

I

ch finde, das Deutschlandstipendium hat viele positive Seiten. Nicht jeder kann

es sich leisten zu studieren oder bekommt BAföG. Für diejenigen ist das Deutschlandstipendium eine gute Alternative, da es unabhängig von den Eltern gezahlt wird. Auch dass dabei nicht nur die Elite gefördert wird, sondern auch soziale Themen und persönliches Engagement zählen, ist wichtig und richtig. Und ich halte es für gut, wenn mit 150 Euro auch die Wirtschaft einen Beitrag zu gut ausgebildeten Fachkräften leistet und Verantwortung übernimmt. Gute Beispiele dafür, dass Stipendiatenprogramme funktionieren können, sind etwa die USA oder Japan. Von daher glaube ich, dass sich das Konzept auch in Deutschland durchsetzen wird. Natürlich ist eine Förderquote von 0,45 Prozent nicht gerade hoch, aber ich sehe das eher als einen Einstieg, um das System zu testen. Am Anfang gibt es oft Startprobleme bei neuen Konzepten, aber ich denke, dass es durchaus möglich ist, insgesamt für 8 Prozent der Studierenden bundesweit Stipendien zu stiften. Insgesamt eine gute Idee, die unterstützenswert ist.

Text

Jasmin Holst, 6. Semester Germanistik

grammen wäre es vielleicht zweckmäßig gewesen, vorläufig auf die Einführung des Deutschlandstipendiums an der Universität Rostock zu verzichten. Zumindest hätte man so lange warten können, bis eine größere Anzahl von ausgeschriebenen Stipendien die damit verbundene Arbeit rechtfertigt oder wenigstens die fachlichen Fehler der Stipendienverordnung durch das BMFB behoben wurden. Das Rektorat wollte die Einführung und Vergabe jedoch schnellstmöglich forcieren, um damit nicht hintenanzustehen. Es bleibt abzuwarten, wie sich das Ganze weiterentwickelt. < Web

www.deutschland-stipendium.de



Foto: Paul Fleischer

STUDENTENLEBEN

14 Web

www.heulermagazin.de/studentenleben

Prost Mahlzeit!

B

Änne, Ressortleitung

ewusste, umwelt- und tierfreundliche Ernährung ist im Mainstream angekommen. Der heuler ist dem Trend einen Schritt voraus und geht »back to the roots« – mit einem Imbissbuden-Test. Da auch das Fasten mittlerweile Hochkonjunktur hat, haben einige unserer Autoren verschiedene Fasten-Philosophien im Dienste der Wissenschaft und des heulers ausprobiert. Das Prinzip ist jedoch immer dasselbe: bewusst auf etwas zu verzichten.


Schnapsideen – meist nehmen sie kein gutes Ende. Bei uns führte eine solche allerdings zu zwei beziehungsweise vier Zentimetern weniger Bauchumfang und über einem Kilo Körpermasseverlust. Wie wir in nur sechs Tagen zu diesem erstaunlichen Resultat kamen, wie wir uns dabei fühlten und was Kaugummikauen damit zu tun hat, erfahrt ihr hier. Text

H

MAXIMILIAN BERTHOLD UND JOHANNES KRAUSE

eilfasten, das bedeutete in unserem Fall: Verzicht auf feste Nahrung sowie Tabak, Alkohol, Süßigkeiten und Milch. Übrig blieben damit lediglich Saft, Brühe, Tee und Wasser. Zur Erprobung unserer Selbstdisziplin wider die Überflussgesellschaft hatten wir uns für diese drastische Form der Entbehrung entschieden. Neben dem Test unserer mentalen Stärke waren aber auch die Auswirkungen auf Körper und Geist von Interesse. Um eine möglichst umfangreiche Bilanz unserer Entwicklung ziehen zu können, wogen wir uns während des Fastens zwei Mal täglich und notierten sorgsam alle konsumierten Kalorien. Außerdem wurden diverse Körperstellen-Umfänge vermessen und Fitnesstests absolviert. Als es also endlich begann, lehnten wir uns zurück, ließen den Körper Körper sein und befreiten uns von jeglichen Verpflichtungen in Sachen Nahrungsaufnahme und Verdauung. Zugegebenermaßen plagten uns beide schlimmste Befürchtungen zum Verlauf des Hungerns: Würden uns hinterhältige Fantasien heimsuchen, würde gar der Kühlschrank zu uns sprechen? Da wir jedoch noch frischen Geistes und voller Energie waren, ging der erste Tag gut vorüber. Der zweite sah da

schon ganz anders aus ... Aufstehen mit einem leicht knurrenden Magen und das Warten bis zum offiziellen Wiege-Termin hoben nicht gerade unsere Laune. Zwar konnte dann mit einem »ausführlichen« Frühstück, bestehend aus Saft und Brühe, das erste Hungergefühl beseitigt werden, doch der Zahn des Darbens nagte weiter. Um am Ende der Woche nicht komplett aller Muskeln beraubt zu sein, hatten wir uns vorgenommen, jeden Tag einige Übungen zu machen, die den katabolischen Kräften unseres Körpers entgegenwirken sollten. Tatsächlich klappte das anfangs auch ganz gut und machte sich sogar an unserem Gewicht bemerkbar – was sich wiederum sehr positiv auf unsere Motivation auswirkte. Ab dem fünften und damit vorletzten Tag der Fasterei wurde das Verlangen, etwas Kaubares zwischen die Kiefer zu bekommen, jedoch immer stärker. Zum Glück waren wir in einem Punkt vorgewarnt: Kaugummikauen wäre nämlich nur eine kurzsichtige Lösung gewesen, da durch die ausbleibende Nahrung im Magen der Hunger umso größer wird. Es half also nur das sprichwörtliche ZähneZusammenbeißen. Immer schlapper fieberten wir der Stunde unserer Erlösung entgegen.

Würden uns hinterhältige Fantasien heimsuchen, würde gar der Kühlschrank zu uns sprechen?

Illustration: Hannes Falke

Sechs Tage Flüssignahrung

Dann war es so weit: Am sechsten Tag durften wir endlich mit unserer Selbstgeißelung brechen. Die Bilanz konnte sich wirklich sehen lassen: Max, der durchschnittlich 330 Kilokalorien pro Tag zu sich genommen hatte, brachte 2,1 Kilogramm weniger auf die Waage als zuvor, hatte aber seine Aktivitäten auch weitestgehend eingeschränkt. Johannes verlor bei täglich 1.000 Kilokalorien nur 1,4 Kilogramm, hatte aber während des Fastens auch zwei Trainingsläufe absolviert und leichten morgendlichen Frühsport praktiziert. Die vier Zentimeter weniger am Bauch waren ein zusätzlicher Trost und sportlich waren wir beide ohnehin am Ende genauso leistungsfähig wie zu Beginn. Die folgende Woche, während der unsere Ernährung wieder jener eines Durchschnittsstudenten entsprach, sorgte dann für eine jähe Rückkehr der trägen Masse. So waren wir alles in allem zwar um den verbreiteten Irrtum leichter, Fasten allein stelle eine effiziente Abnehmmethode dar, hatten jedoch gleichzeitig die Erfahrung gewonnen, dass die erste Mahlzeit nach der Entbehrung nicht automatisch sämtliche Geschmacksknospen zur Ekstase bringt. Unser Fazit: Damit uns bloß nicht so schnell die Schnapsideen ausgehen, füllen wir die verbleibenden paar Gramm lieber schnell mit feinstem Rostocker Pils auf. Prost! <

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Egal, welche Hintergründe das Fasten für das jeweilige Individuum besitzt, die Prozesse, die dabei im menschlichen Körper ablaufen, sind weitestgehend für alle gleich. Doch was passiert wirklich im Organismus, wenn man ihn absichtlich in den Hungerzustand versetzt?

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16

orweg sei gesagt: Für den Stoffwechsel ei-

tivität) unterschiedlich. Der damit einhergehen-

nes Menschen existiert kein Unterschied

de Gewichtsverlust kann in den ersten Tagen bis

zwischen einer längeren Phase des (ungewollten)

zu 1 Kilogramm betragen, pendelt sich danach

Hungers und des Fastens. Wird dem Körper

aber bei circa 500 Gramm pro Tag ein.

nicht mehr ausreichend Energie in Form von

Dieser Stoffwechselweg ist für den Körper

Nahrung zugeführt, stellt sich der Stoffwechsel

jedoch keineswegs der optimale. So treten zahl-

verstärkt auf Katabolismus um, schaltet also

reiche unerwünschte Nebenerscheinungen wie

quasi auf Sparflamme und greift gleichzeitig auf

ein Absinken des pH-Wertes des Bluts auf, der

vorhandene Reserven zurück. Dies geschieht au-

Körper beginnt also zu übersäuern. Weiterhin

tomatisch, wenn die durch Nahrung zugeführte

senkt sich der Energieverbrauch der Organe

Energie nicht mehr ausreicht, um alle Körper-

(beim Gehirn auf 30 Prozent des Ausgangs-

funktionen aufrechtzuerhalten und somit den

wertes) und der Kreislauf wird herabreguliert.

Ruheumsatz des Organismus zu decken. Was

Daher sollten generell nur Menschen fasten, die

folgt, ist die sogenannte Hungeradaption.

körperlich fit und gesund sind. Es eignet sich

Anfangs kann dabei die benötigte Energie noch

außerdem nicht als Methode zur Gewichtsre-

aus den Glykogenreserven der Leber und der

duktion, da der Körper nach dem Fastenbrechen

Muskeln gewonnen werden. Doch schon nach

sofort beginnt, die verlorenen Reserven wieder

einem Tag sind diese verbraucht und es müssen

aufzubauen, und dabei unter Umständen sogar

neue Energiequellen benutzt werden. Dafür

mehr einlagert als vorher (Jo-Jo-Effekt). Gene-

stehen dem Organismus zwei Möglichkeiten zur

rell helfen umsichtige Ernährung und regelmä-

Verfügung: Entweder greift er auf das Muskel-

ßige körperliche Ertüchtigung deutlich besser,

gewebe oder auf Fettreserven zurück. In wel-

um ein gesundes Körpergewicht zu halten.

chem Maße dabei die einzelnen Gewebe abgebaut

Wenn überhaupt, sollte man sich also aus ande-

werden, ist von Person zu Person (und deren Ak-

ren Beweggründen zum Fasten entscheiden.

Text

MAXIMILIAN BERTHOLD

Die Pizza danach Nach drei Wochen verschiedenster Zurückhaltungen, gebunden an wiederum verschiedenste Bedingungen, gelange ich zu einem Fazit, das die moderne Wissenschaft verblüffen wird.

Text

MAREIKE GÖTZ

V

or nunmehr vier Wochen begann ich, mich dem renaissanceartigen Fasten unterzuordnen, und lief den Lemmingen gespannt hinterher: Was wird geschehen? Was werden drei Wochen Fasten mit Körper und Seele anstellen? Um die Thematik noch spannender zu gestalten, stellte ich dieser Periode meines Lebens folgende Leitfrage voran: Verbessern der Verzicht auf Grundnahrungsmittel, eine gesunde und ausgewogene Ernährung sowie regelmäßiger Sport die Sehkraft? Woche eins: Die tägliche Hauptmahlzeit besteht aus Salat. Ich vermeide Nudeln und Reis und sporte drei Mal pro Woche. Woche zwei: Wieder esse ich täglich Salat, vermeide Nudeln, Reis und nun auch Pizza, baue zusätzlich

Illustration: Hannes Falke

EINE WISSENSCHAFT FÜR SICH

drei Obstmahlzeiten in meinen Tagesfutterplan ein und behalte mein Sportpensum bei. Woche drei: Es bleibt bei Salat und Obst – Nudeln, Reis, Pizza, sämtliches Fleisch und Schokolade fallen raus. Gesportet wird weiterhin. Die ersten beiden Wochen verliefen ohne Zwischenfälle. Mein Körper konnte sich gut mit den neuen Herausforderungen arrangieren und neue Rezepte wurden ausprobiert. Auch die Sehtests, die ich freundlicherweise beim Optiker Fielmann kostenlos durchführen durfte, blieben in ihren Ergebnissen konstant. Ich fühlte mich gut und bekam mehr und mehr das Gefühl, dass ich mit dieser Ernährungsart hundertprozentig konform gehe. Dann begann die dritte Woche. Da ich selten Fleisch konsumiere, nur ab und an im Salat gerne eine Putenbrust begrüße, war dieses Verbot für mich nur minder hart. Aber allein bei der Vorstellung, keine Schokolade vertilgen zu können, wurde mir beinahe schwarz vor Augen. Kalte Hände und bitterer Appetit auf die bereits in den Regalen liegenden Nougateier machten mich wahnsinnig. Dennoch, eine Frau – eine Mission: Ich würde es auch ohne schaffen. Schließlich gibt es ja genügend, ach was, Millionen von Kindern, die Schokolade gar nicht kennen. – Zwei Tage vor dem Ende meines Projektes notierte ich Folgendes in meinen Kalender: »Ich WILL Nutellapizza mit Käse überbacken!!!« Inzwischen ist der letzte Tag geschafft und abgesehen von meinem Heißhunger ging es mir bis zuletzt körperlich sehr gut. Ich verlor drei Zentimeter Bauchumfang, fühlte mich fitter denn je und ging voller Erwartungen wieder pünktlich um 17 Uhr zu Fielmann. Der Ausgang dieses abschließenden Sehtests: Meine Werte hatten sich verschlechtert! Natürlich entsprachen die Kontrollen nicht den Gütekriterien und laut Fielfrau könne die Sehkraft eh immer etwas schwanken, aber ich glaube ja, die fehlende Schokolade trug ihren Teil dazu bei. <


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Veganerin zu sein, schien für mich immer fast unmöglich. Ich halte mich nicht für den größten Fleischfresser unter der Sonne, aber abwechslungsreiche Ernährung finde ich wahnsinnig wichtig. Doch eben weil ich mir ein veganes Leben kaum vorstellen konnte, zogen für eine Woche sämtliche Sojaprodukte, vegane Brotaufstriche und viel Gemüse in meinen Kühlschrank ein und Eier, Fleisch und Milchprodukte flogen raus. Ich wollte das vegane Experiment wagen.

Text

D

YVONNE HEIN

iverse Internetforen und verschiedene Webseiten halfen mir bei der veganen Umstellung ungemein. Doch ist sich die virtuelle »Fachwelt« auch oft uneinig: Während die einen die Lätta-Margarine als vegan auszeichnen, halten die anderen es für möglich, dass darin auch Inhalte tierischen Ursprungs enthalten sind. Schnell lernte ich, dass es offenbar strenge und weniger strenge Veganer gibt. Wirklich vegan zu leben, heißt nicht nur, seine Ernährung umzustellen, sondern auch keine Produkte zu kaufen, die vom Tier stammen: also nichts aus Wolle oder Leder zum Beispiel. Ich erfuhr auch, dass Wein und einige Säfte nicht vegan sind und dass Fanta inzwischen vegan geworden ist. Doch Genussmittelchen gibt es auch in »erlaubter« Form: Gummibärchen ohne Gelatine, Eis aus Soja und Schokolade auf Reismilchbasis – die schmeckt sogar wie normale Vollmilchschokolade! Anfangs dachte ich, es wäre eine große Herausforderung vegan zu backen, doch Keksrezepte ohne Ei gibt es viele und anstelle von Butter nimmt man eben rein pflanzliche Margarine. Da ich mich nicht nur von Süßkram ernähren wollte, war ich außerdem hocherfreut über das vielfältige Angebot der Mensa: Neben den herkömmlichen Beilagen und

Illustrationen: Hannes Falke

Eine Woche vegan

Gemüsesorten bietet sie allerhand vegane Spezialitäten, die vom Auberginenschnitzel bis zur CurryOrangen-Pastasoße reichen. Zunächst fiel mir das »Vegane« trotzdem wahnsinnig schwer. Hinter dem Lebensmittelchinesisch der Inhaltsangaben verbergen sich oft unerwartet Tierprodukte, sodass ich im Supermarkt ewig mit dem Studieren von Zusatzstoffen und Co. beschäftigt war, bevor es was zu beißen gab. Das, was am Ende auf meinen Teller wanderte, war dann aber eine interessante Geschmackserfahrung und auf gar keinen Fall eklig, so wie es eine weitverbreitete Meinung zu sein scheint – eher im Gegenteil. Nur an Kaffee mit Sojamilch konnte ich mich nicht gewöhnen … Den gesundheitlichen Aspekt der veganen Ernährung stelle ich jedoch in Frage. Da Fleisch, Eier und Milchprodukte als wichtige Nährstofflieferanten wegfallen, muss ein Veganer seine Ernährungspyramide schon sehr verschieben, um Mangelerscheinungen vorzubeugen. Bestimmte Mineralien sollten außerdem am besten durch tierische Nahrungsmittel aufgenommen werden. Ob vitaminund mineralienangereicherte Produkte wirklich gesund sind, ist nämlich auch unter Medizinern ein strittiger Punkt. Alles in allem halte ich die vegane Woche aber für eine empfehlenswerte Erfahrung, die nicht nur wegen einer ungewohnten Küche spannend für den Gaumen ist, sondern auch eine interessante Aus­einandersetzung mit den Inhaltsstoffen der gewöhnlichen Lebensmittel mit sich bringt. <

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Imbisse in Rostock Mensa-Alternative oder No-go-Area? Text

ANDREAS LUßKY

Snack-Bar »Flirt«

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as als ethisch korrekt, »sittsam« oder gut betrachtet wird, ändert sich stetig. Dinge, die heute normal sind, waren vor Jahren verpönt und geächtet. Imbisse haben sich demzufolge vom Nahrungsversorger für die Massen zu den Pforten der Hölle entwickelt: alle Sünden der Neuzeit in einen kleinen Container gepfercht. Fragwürdig wie abschreckend sind oftmals sowohl die Kundschaft, die Herkunft der Nahrungsmittel als auch die hygienischen Zustände, die wohl schon im Mittelalter Ekel erregt hätten. Oder ignorieren wir eine echte Alternative zur Mensa? Ganz ohne die Scheuklappen der Biound Leistungsgesellschaft haben wir einige mehr oder weniger stadtbekannten Imbissbuden einen Besuch abgestattet.

Nach den Tests kann ich ein durchwachsenes Resümee ziehen: Von sehr empfehlenswert bis grenzwertig war alles dabei. Brechen musste aber doch nur der Gepäckträger meines heuler-Kollegen. Unter dem Eindruck gesammelter Erfahrungen unterhalten wir uns über vegetarische Alternativen und Ineffizienz der Viehhaltung – und ich komme mir dabei ein bisschen vor wie auf einem Beichtstuhl. Ja, ich habe gesündigt, habe von den »verbotenen Früchten« anscheinend längst vergangener Esskultur gekostet. Aber ich werde gleich Buße tun und mindestens drei Dinkelburger verspeisen ... vielleicht. <

2,20 € Äußerer Eindruck: Abgesehen von der gewöhnungsbedürftigen Farbwahl durchaus annehmbar. Positiv: echter Teller und echtes Besteck. Die farbliche Gestaltung findet sich auch innen wieder, was aber – wie auch der Name – seinen ganz eigenen Charme versprüht. Schmeckt’s?: Überraschend angenehm. Ich erwarte von einem panierten Schweineschnitzel naturgemäß keine Geschmacksexplosion, aber es wirkt im Mund weder künstlich, noch ist es zu trocken. Der Tatsache, dass das Schnitzel geschmacklich eher als neutral zu beschreiben ist, wird gelungen durch die Gurke und die zwei Soßen entgegengewirkt. Nur das immerhin vorgeschnittene Beilagenbrötchen ist etwas klein, aber dass bei der Bezeichnung »Schnitzel« überhaupt so viel extra auf dem Teller landet, ist positiv hervorzuheben. Fazit: gut, günstig, klein. Studententauglich ist auch die große Auswahl, die durch Tagesangebote erweitert wird – wie zum Beispiel gefüllte Paprikaschoten. Wo?

Am Saarplatz – direkt drauf.

Imbiss »Der Klopstocker«

1,20 €

Äußerer Eindruck: Den Imbissstand kann man entgegen aller Vermutungen und eventueller bisheriger Erfahrungen als extrem sauber bezeichnen. Es blitzt und blinkt und sogar die Pommes-Pikser sind unter Folie abgedeckt. HygieneBedenken trüben hier schon einmal nicht den Genuss. Schmeckt’s?: Leider können die Pommes nicht ganz halten, was der äußere Eindruck erwarten lässt. Sie sind etwas zu fettig und die Mayonnaise ist teilweise eher fest als cremig. Positiv finde ich, dass nicht zu sehr nachgewürzt wurde, was bei Pommes ja keine Seltenheit ist. Dafür wird lustig im »Ditsche-Stil« über den (Arbeits-) Alltag konversiert und es gibt neben den imbisstypischen Gerichten auch noch ungewöhnlichere, wie Salat oder Gyros. Wo?

Schmeckt’s?: Leider überwiegt der Geschmack der Wurst. Da war selbst die »unplanmäßige« Currysauce zum Schnitzel im »Flirt« besser. Wenn die Wurst dann auch noch eher unappetitlich daherkommt, ist quasi das Schnitzel paniert – aber besser woanders. Positiv erwähnen möchte ich noch die Bedienung/Köchin/Mutter, die – ihr Baby jonglierend – mit einem Lächeln um Freundlichkeit ehrlich bemüht war. Wo?

Margaretenstraße 28.

Kiosk »Am Rosengarten«

Klopstockstraße, Ecke Goetheplatz.

1,50 €

Kiosk »Iß was«

1,40 € Äußerer Eindruck: Auch hier stimmt der Eindruck des Essens mit dem des Gebäudes überein, nur muss man dieses Mal ein »leider« ergänzen. Der Sperrmüllstapel, die verbogene Satellitenschüssel auf dem Dach, der Zustand der »Hütte« – was man bekommt, spiegelt diese bedauernswerten Details wider. Die Wurst, die nur noch entfernte Ähnlichkeit mit einer Bratwurst aufweist, wurde einfach in der Mitte geteilt, mit etwas Curry und ähnlicher Soße versehen und mit einer Scheibe ungetoastetem Weißbrot abgedeckt. Konsistenz und Farbe und die leicht schrumpelige Außenhaut lassen auf ein Herstellungsdatum schließen, das weit in der Vergangenheit liegt.

Äußerer Eindruck: Auf halbem Weg zwischen Bebelturm und »Pornobrunnen« drückt sich der kleine Kiosk an eine Ecke des Rosengartens. Statt des üblichen Containerflairs erfreuen bunte Malereien an den Außenwänden das Auge. Das Essen ist zunächst unspektakulär: eine halbe Rostocker Bratwurst mit Currysoße und eine halbierte Toastscheibe. Schmeckt’s?: Offenbar kommen viele Kunden extra wegen der Soße – eine Spezialität und Eigenkreation des Hauses. Auch mir hat’s geschmeckt: eine gute Mischung aus Süße und Schärfe. Was mir bei der Wurst positiv aufgefallen ist, nämlich dass sie äußerlich trocken und nicht so fettig ist, wertet den dazugehörigen Toast leider etwas ab, denn der sollte gerade nicht trocken sein. Aber insgesamt empfehlenswert. Wo?

Am Rosengarten. Immer der Nase nach.

Fotos: Maximilian Berthold


PRO

Ein aufgeklärter Geist könnte argumentieren, alle Mitarbeiter, Lernende und

CONTRA

Campus ohne Bier? Sektempfang ohne Sekt? Seminar-

Lehrende einer Universität seien alt und verantwor-

Adventstreffen ohne Glühwein? Wozu sollte das gut

tungsbewusst genug, um ihren Alkoholgenuss zu

sein? Seien wir ehrlich: Ich kenne keinen Vorlesungs-

kontrollieren. Jene aufgeklärten Geister gelangen

besucher, der sich die Vorträge des Professors durch

jedoch irgendwo zwischen Anspruch und Wirklichkeit

Caipirinha versüßt, sich vor einem Referat die Zunge

– wie so oft – in die Bredouille. Laut Statistik trinkt

durch Tequila lockert oder gar seine Kommilitonen

jeder Deutsche pro Jahr rund zehn Liter REINEN

dazu aufruft, es ihm gleich zu tun. Mir ist also nicht

Alkohol; das sind ungefähr 300 Flaschen Bier, also

klar, wo in der Uni das Trinken von Alkohol derartige

fast eine pro Tag. Da die studentische Klientel Bier zu

Dimensionen erreicht hätte, dass es aus Suchtschutz-

den Grundnahrungsmitteln zählt und viele Dozenten

Bedenken komplett untersagt werden müsste. Viel-

Alkohol­­ verbot

ohne die obligatorische Flasche Rotwein keine einzige

mehr erinnert die Argumentation von Verbots-Befür-

Hausarbeit korrigieren können, dürfte die Uni Rostock

wortern an Moralisten der amerikanischen Prohibition.

den Durchschnitt zusätzlich kräftig heben.

Noch dazu zeigt die Erfahrung, dass solche Einschrän-

Aber hier geht es nicht nur um den Konsum von

kungen nur zu einer Verlagerung des Alkoholkonsums

Alkoholischem auf dem Unigelände, es geht mir

führen. Das wird durch englische Schnapsleichen nach

Einige Hochschulgremien debattieren derzeit hitzig über ein striktes Alkoholverbot auf dem gesamten Universitätsgelände. Macht das Sinn?

besonders um dessen Weitertransport durch Blutbahn

der Sperrstunde und Alkohol-Einkaufsexzesse schwe-

und Atem. Von mir aus können sich Dozenten und

discher Tagestouristen in deutschen Supermärkten

Studenten auf dem Campus die Kante geben, bis sie

deutlich. Weniger verkaterte Studierende säßen durch

umfallen, solange sie zu Hause und nicht als mein

ein Verbot also noch lange nicht in den Hörsälen. Nur

Nachbar in der Vorlesung ihren Kater ausnüchtern.

das studentische Lebensgefühl wäre irgendwie ange-

Ich plädiere für ein Katerverbot in der Uni!

knackst und der freie Raum der Universität um einiges

PRO&

CONTRA

19

unfreier geworden. Text

ÄNNE CORDES Text

Elisabeth Woldt

Grafik: Michael Schultz/Dana Beveridge ANZEIGE


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Vampire, Indianer und Captain Moroni

WASHINGTON

Ein Mietwagen, 6.000 Kilometer, 23 Tage – ein Roadtrip entlang der Westküste der USA.

OREGON

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Columbia River

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Die Westküste

Grafik: M ichael

Schultz

Da sie ebenfalls an den Pazifik grenzen, gehören zur Westküste neben Washington, Oregon und Kalifornien auch noch Hawaii und Alaska. Da uns das ein wenig zu weit war, nahmen wir in unsere Roadtrip-Route auch Staaten des mittleren Westens auf: Nevada, Arizona, Utah und Idaho. Wegen der diversen Zeitzonen, der Umstellung auf Sommerzeit und die unterschiedlichen Regelungen in den Indianerreservaten, waren wir nie so ganz sicher, wie spät es gerade war. Web

www.lonelyplanet.de (Westcoast-Reiseführer)


Gig Harbor

5.832 km im Mietwagen zurückgelegte Strecke In 23 Tagen durchquerten wir Schnee und Eis in der Sierra Nevada, Regenwald in Washington, Wüste in Arizona und Hochgebirge in Utah.

»Twilight-Tour« Auf der Fahrt durch die undurchdringlichen Regenwälder der Olympic Peninsula stießen wir auf Weißkopfseeadler und – selbst in den abgelegensten Kaffs wie Forks oder Port Angeles – gesprächige und gastfreundliche Einheimische aus Hawaii. Diese klärten uns belustigt darüber auf, dass keine verdammte Szene der »Twilight«-Filme in ihren hässlichen Kuhdörfern gedreht worden sei. Was die Leute dort allerdings wirklich wurmt, ist die Tatsache, dass nicht sie selbst, sondern findige Kalifornier auf die Idee gekommen sind, hirnrissige Vampir-Souvenirs zu verkaufen und damit ein Vermögen zu machen. Seattle

Eine Enttäuschung Zwar erwischten wir einen von geschätzten drei Sonnentagen im Jahr, doch konnte auch dieser der Stadt kein Flair verleihen. In der Heimatstadt von Nirvana, Microsoft und Co. stellte der erste Starbucks der Welt das größte Highlight dar. Selbst die Penner rennen in Seattle übrigens mit einem Becher der Kaffeehauskette herum.

Portland

- 86 m tiefster Punkt der Reise Das Death Valley in Kalifornien und Nevada ist mit 86 m unter NN nicht nur der tiefste Punkt unserer Reise, sondern der ganzen Welt. Die höchste gemessene Temperatur betrug dort 1913 rund 57 °C.

Folk-Konzert im Porno-Kino Wie uns ein aufgebrachter Tankstellenwart auf dem Weg in die Stadt wild gestikulierend klarmachte, ist es in Oregon tatsächlich verboten, selbst das Auto zu betanken. Unsere erste Station als Couchsurfer stellte sich als etwas unkonventionell heraus: Unser Gastgeber Jim (65) hatte nämlich gar keine Couch. Er führte uns in Powell’s City of Books, den größten Buchladen der USA, der einen ganzen Häuserblock auf drei Etagen umfasst. Außerdem lud Jim uns zu einem Folk-Konzert in einer etwas zwielichtigen Location ein: Das Aladdin fungierte 40 Jahre lang als Porno-Kino, in dem nur ein einziger Film namens »Deep Throat« in Endlosschleife gezeigt wurde. Offenbar ein Klassiker. Außerdem aßen wir auf Einladung unseres Gastgebers in der Oyster Bar, dem ältesten Familienrestaurant Portlands, unsere ersten Austern. Mäßig lecker.

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3.314 m höchster Punkt der Reise Die Berge der Sierra Nevada grenzen direkt an das Death Valley, sodass wir innerhalb von zwei Tagen an meterhohen Schneewehen vorbei und durch Wüstensand fuhren.

Redwoods

Fotos (4): Paul Fleischer

Highway 1 Auf der Fahrt auf dem Highway 1, der in Serpentinen an der Kalifornischen Küste vorbeizieht, fuhren wir immer wieder durch Wolken aus Marihuana-Geruch, obwohl weit und breit keine Menschenseele zu sehen war. Später erklärte man uns, dass in den Wäldern abgehalfterte und zivilisationsunfähige VietnamVeteranen leben und Gras anbauen würden. Gruselige Vorstellung und ich bin mir bis heute nicht ganz sicher, ob unser Gastgeber Nate das ernst meinte. >


Crescent City

Ort des Geschehens und mussten konsterniert feststellen, dass die feinen Herrschaften offenbar noch nie selbst einen Grill angefasst hatten. Die glorreiche Idee, eine Tiefkühlpizza hineinzupacken, ging erwartungsgemäß schwer nach hinten los und auch die von den Hilton-Köchen eigens präparierten Rippchen wurden Opfer der Flammen.

Las Vegas

Ranzige Motels im Tsunami Obwohl sich die Tsunami-Warnungen für die Küste Oregons infolge des Erdbebens in Japan glücklicherweise als blinder Alarm herausgestellt hatten, erzählte uns der zahnlose Motelbesitzer in Crescent City eine andere Geschichte: Am Vorabend unserer Ankunft sei sein Etablissement evakuiert und der Hafen vom Tsunami völlig zerstört worden. Boote seien gekentert, die Ponton-Stege weggerissen und an den Strand gespült worden. Das Motel war der letzte Dreck, ganz wie man sich das so vorstellt. San Francisco

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Champus satt »Hey, was wollt ihr trinken? Wir haben Wasser und Champagner.« Nates Empfang in seiner StudentenWG war einer der bewusstseinserweiterndsten unserer Reise. Unser Glück mit dem Wetter in Seattle wandte sich in San Francisco gegen uns, an zwei von vier Tagen schüttete es wie aus Eimern. Noch schockierender als das miese Wetter war für mich allerdings ein Einkauf in ChinaTown: Weil ich es gewohnt bin, mein Hühnchen schön sauber abgepackt im Supermarkt zu kaufen, geriet ich ein wenig aus der Fassung, als hier ganz öffentlich an der Fleischtheke auf die Viecher eingehackt wurde.

Foto: Änne Cordes

Grand Canyon

Die künstlichste Stadt der Welt Auf dem Weg nach Sin City fuhren wir den Karren wortwörtlich in den Dreck, oder besser: in den Wüstensand. Die vielen Autospuren abseits der Schotterpiste hatten uns dazu verleitet, die Straße ebenfalls zu verlassen. Nachdem wir anschließend etwa zwei Stunden lang versucht hatten, das Auto freizubuddeln, und ungefähr 3,5 Meter vorwärtsgekommen waren, ging die Sonne unter. Meine bisher latente Panik nahm überhand und wir stapften, ausgestattet mit Wasserflaschen und dicken Jacken – ich sehe einfach zu viele Filme –, in Richtung der Trailer, an denen wir unterwegs vorbeigefahren waren. Etliche amerikanische Horrorfilme im Hinterkopf rechnete ich mit allem: Mutanten. Aliens. Schießwütige Rednecks. Doch selbst in der Wüste Nevadas trafen wir nur auf ganz normale Leute mit riesigen Autos, deren Allradantrieb es zu verdanken ist, dass wir nicht immer noch zwischen Klapperschlangen, Riesenspinnen und Kojoten hocken. Angekommen in Las Vegas nahm uns unser Gastgeber Richi, eigentlich Richard Manhattan, der in Berkeley Jura studiert hat, mit zu einem Meeting der American Bar Association. Da geht’s nicht um Kellner, sondern um JuraStudenten! Dort saßen wir gepflegt zwischen Harvard- und PrincetonAbsolventen und stopften mit Hummer gefüllte Ravioli in uns rein. Ein weiteres kulinarisches Highlight war später das Barbecue im Hilton, zu dem eine der Teilnehmerinnen eingeladen hatte. Voller Euphorie auf ein echtes amerikanisches Barbecue eilten wir an den

nen Zeitzonen, die wir passierten, gab es noch die Umstellung auf Sommerzeit, die aber nicht alle Bundesstaaten durchziehen. Und selbst wenn: Dann gibt es immer noch überall Indianerreservate, die grundsätzlich das Gegenteil praktizieren. Es lebe der Föderalismus! Nach einer Nacht in der Wüste starteten wir bei Sonnenaufgang diszipliniert, durchgefroren und verspannt den Motor, um die charakteristischen roten Felsformationen des Monument Valley zu fotografieren. Alles für die Kunst. Salt Lake City

Hauptstadt der Mormonen

Schnee und Steine Eindeutig ein Must-see in den USA. Aber mehr auch nicht. Unser Zwischenstopp im Nationalpark dauerte keine zwei Stunden, war die Fahrt aber wert. Selbst von Höhenangst unbelasteten Besuchern wird bei der Aussicht in ein 1,6 Kilometer tiefes Loch mulmig im Bauch. Was einem außerdem keiner sagt: Auf den Wanderwegen am Rande des Canyons liegt überall Schnee! Monument Valley

Unendliche Weiten Wir redeten uns zwar ein, auf dieser Reise unabhängig von Raum und Zeit zu sein, Tatsache ist aber: Seit wir Nevada verlassen hatten, hatten wir keine Ahnung mehr, wie spät es war. Mal abgesehen von den verschiede-

Salt Lake City ist Hauptstadt und religiöses Zentrum der Mormonen. Man könnte auch sagen, die Stadt gehört ihnen. Wie unser Gastgeber Derek uns erzählte, ist das Verhältnis zwischen Mormonen und Andersgläubigen gut und die Durchmischung im Freundeskreis normal. Mormonen haben halt schräge Ansichten und die Apokalypse fest im Terminkalender stehen – na und? Beruhend auf der Fantasie eines 14-jährigen Bengels, dem im Wald sowohl Gott als auch Jesus UND der Engel Moroni erschienen sind, um Aufklärung zu betreiben, glaubten Mormonen zunächst an die Polygamie. Als diese jedoch dem Anschluss an die ­Union der Amerikanischen Staaten im Wege stand, tauchte das göttliche Federvieh erneut auf und erlaubte die Abkehr von der Vielehe. Das muss ein harter Schlag gewesen sein und einige Glaubenskrisen ausgelöst haben ... Den Engel gibt’s im Museum übrigens als Action-Figur zu kaufen, nennt sich dann »Captain Moroni«, das klingt zeitgemäßer. Mit nach Hause genommen haben wir ihn dann aber trotzdem nicht. <

Fotos (3): Paul Fleischer


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Die GoCard – Vision und Wirklichkeit Der junge und dynamische Student hat stets den Finger am Puls der Zeit und verfügt über die neuesten Technik-Gadgets. In der Bibliothek twittert er vor sich hin, während er Münzen in den Kopierer steckt, weil er die Kopierkarte vergessen hat. Ein Straßenbahn-Kontrolleur unterbricht ihn dabei, seinen Facebook-Status zu posten, und zwingt ihn, in seinem Portemonnaie nach einem Papierausweis zu fischen. In der Schlange vor der Mensakasse findet er EC-, Krankenkassen-, Rechenzentrumsund Bibliotheksausweis – alles, nur nicht die Mensacard. Es könnte so einfach sein. Eine Karte, alle Funktionen. Quasi eine »GoCard«. Müsste das nicht drin sein?

Text

E

ANDREAS LußKY

rste Station: Studentenwerk. Die Mensacard ist keine Neuheit und wird von ungefähr der Hälfte der Studenten genutzt. Dr. Stoll, Leiter des Studentenwerks, würde selbst eine Multifunktionskarte begrüßen, aber auch die Mensacard kann schon mehr als gedacht. So können beispielsweise Studenten der Hochschule für Musik und Theater (HMT) sie auch als Kopierkarte nutzen – kurzen Verwaltungswegen an der HMT sei Dank. Problematisch ist aus Sicht des Studentenwerks die Frage der Personaldaten. Deren Sicherung müsste logischerweise die Uni übernehmen. Die Vorteile der »GoCard« stellte Dr. Stoll unter anderem bei einem Besuch am chinesischen »Higher Education Megacentre« auf der Insel Guangzhou fest, wo es für zwölf Universitäten mit circa 400.000 Studenten (!) eine Karte für alles gibt – etwa für die Bezahlung in Läden, den Zimmerzugang, die Mensa und die Bahn. Man muss aber nicht nach China reisen, um eine funktionierende Multifunktionskarte vorgeführt zu bekommen. Dazu reicht ein Blick nach Wismar oder Warnemünde. Denn Studenten der Seefahrtsstudiengänge

aus Wismar besuchen dort Vorlesungen und nutzen ihre Studentenausweiskarte wie selbstverständlich auch für den Rostocker Nahverkehr. Die RSAG und auch der Verkehrsverbund Warnow sprechen sich allein aus Fälschungssicherheitsgründen für eine solche Karte aus. In Wismar gibt es die bereits in der dritten Generation, sie wird als Ausweis und Zugangskarte für Studierende und Mitarbeiter, als Semesterticket, als Bibliotheks- und Mensakarte genutzt. Betreut wird das System vom Rechenzentrum und dem Dezernat für Studienangelegenheiten. Eine Gebühr für die Karte wird einmalig bei Erstimmatrikulation bezahlt. Mit diesen Informationen also zurück zur Uni Rostock: Woran scheitert die Einführung einer solchen Karte? Frau Dr. Radloff, Leiterin vom IT- und Medienzentrum, erklärt, dass es zur Umsetzung einer größeren organisatorischen und finanziellen Anstrengung bedürfe und die Kapazitäten des Rechenzentrums dafür nicht ausreichen würden. Schon 2002 habe es eine Arbeitsgruppe gegeben, die sich genau mit dieser Problematik beschäftigt habe. Sie sei zu dem Ergebnis gekommen, dass Personalaufwand und Kosten zu hoch und außerdem die notwendige Technik noch nicht ausgereift wären. Realität ist dagegen seit 2001 das sogenannte Identity ManagementSystem, welches beispielsweise eine Änderung der persönlichen Daten im Internet erlaubt und dessen »Abfallprodukt« die Mitarbeiterkarten des Rechenzentrums sind. Diese Karten sind nicht mehr als bedrucktes Plastik – das Integrieren zum Beispiel einer Zahlfunktion würde einen großen Aufwand und die Beantwortung vieler offener Fragen bedeuten: Was passiert bei Verlust oder Defekt der Karte? Wer übernimmt das Clearing und die Verrechnung? Eine Chance für die Einführung der »GoCard« in Rostock bietet sich mit der Umstellung der IT der gesamten Uni auf das System »HIS in One«, die bis 2014 abgeschlossen sein soll. Der lange Zeitraum erklärt sich durch den enormen Umfang des Projekts. Da im Rahmen dieser Umstellung viele Abläufe rund um das Datenmanagement verbessert werden sollen, wäre es möglich, auch die »Ausweissituation« neu zu gestalten. Eine Nutzung der Karte auch für das Kopieren würde durch das Outsourcing dieser Dienstleistung erschwert. Aber der dazugehörige Vertrag läuft aus und bei einer Neuvergabe könnte man die Planungen für eine Multifunktionskarte miteinbeziehen. Mit einem Konzept ist allerdings nicht vor Ende des Jahres zu rechnen. In der nächsten Woche werden Fachgruppen gebildet und Treffen mit der Hochschul-Informations-System GmbH organisiert. Es ist also noch ein langer Weg zur »GoCard«, aber Interesse und Wille aller Beteiligten sind vorhanden. <

Kapazitäten des Rechenzentrums reichen nicht aus

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Foto: Maximilian Berthold

POLITISCHES

24 Web

www.heulermagazin.de/politisches

Rostock – so unsexy ...

A

Elisabeth, Ressortleitung

rm, aber sexy – so der Slogan von Klaus Wowereit für unsere Bundeshauptstadt. Nun gut: Dass es um Rostocks Haushalt auch nicht besonders gut steht, ist allgemein bekannt. Aber wie sexy ist eine Stadt, die nicht mal in der Lage ist, in ihrem Theater Inszenierungen unter rechtsgültigen Brandschutzbedingungen zu gewährleisten? Ja, es gibt tatsächlich Mängel, die nicht durch Strand und »Mee(h)r« zu kompensieren sind. »Rostock: arm und kulturell unsexy« – nicht sehr werbewirksam, aber ein Grund, sich in dieser heuler -Ausgabe einmal intensiver mit der Theater-Problematik auseinanderzusetzen.


Zeiten des Aufruhrs Theater ohne Publikum? Schon seit Februar bleiben die Türen des Großen Hauses für Besucher geschlossen. Und eine Lösung der Probleme des ­Rostocker Volkstheaters ist weiterhin ungewiss. Der heuler blickte hinter die Kulissen eines Kulturbetriebs auf Sparflamme. Text

P

STEFANIE KRAUß, PAUL FLEISCHER UND ELISABETH WOLDT

er SMS während einer Probenpause erfuhr Schauspielerin Sandra-­Uma Schmitz von der Schließung des Großen Hauses. Sieben Spielzeiten ist sie bereits beim Rostocker Volkstheater dabei, zwei Intendanten hat sie gehen sehen und nebenbei die Umwandlung des Betriebs in eine GmbH erlebt. Und nun das. Den restlichen Mitarbeitern erging es nicht anders. Etliche Stunden vergingen, bis endlich eine offizielle Hausmitteilung existierte. In der Besucherabteilung in der Doberaner Straße standen die Angestellten stundenlang Hunderten von Anrufern und Besuchern gegenüber, denen sie uninformiert wie hilflos ausgeliefert waren. Der anfängliche Schock wich oft einer Fassungslosigkeit und Wut darüber, wie die Stadt mit ihrem Theater und deren Mitarbeitern umgeht. Doch the show must go on. Der Theater­betrieb läuft einfach so gut wie möglich weiter. Es wird wie üblich geprobt und in den noch verbliebenen Spielstätten – dem Theater im Stadthafen und der Kleinen Komödie in Warnemünde – ohne Unterbrechung weitergespielt. Nur die Tanztheater-Produktion »1st Dancework with Orchestra« kam durch die Schließung nicht mehr über die Generalprobe hinaus. Die Premiere des Stückes »Effi Briest« jedoch wurde allen widrigen Umständen zum Trotz einfach via Internetstream für das Publikum zugänglich gemacht. Zwar spielten die Schauspieler vor leeren Rängen und Kameras, doch

die Tatsache, dass mindestens 3.000 Zuschauer die Übertragung der Aufführung verfolgten, machte die Premiere dennoch zu einem verqueren Erfolg. Gleichwohl ist seit der Schließung des Großen Hauses ein Besucherrückgang zu verzeichnen. Zeitgleich steigt der Kostendruck: Allein zusätzliche Ausgaben wie die Anmietung von Ersatzspielorten oder der Transport der Bühnenbilder führen laut Intendant Peter Leonhard zu Mehrbelastungen im fünfstelligen Bereich. Die Probleme des Rostocker Volkstheaters sind allerdings schon weitaus älter als die aktuelle Diskussion. Schmitz kritisiert vor allem den stetigen Abbau der Arbeitsplätze und die Kürzungen in allen Abteilungen. Bisher besetzte Stellen fielen häufig mit Eintritt der Mitarbeiter ins Rentenalter oder nach Auslaufen der Verträge einfach weg. So wird in vielen Abteilungen mittlerweile mit günstigeren Aushilfen gearbeitet, die verantwortungsvolle Aufgaben wie Soufflage oder Inspizienz übernehmen, für die sonst erfahreneres Personal eingestellt wurde. Auch die hohe Fluktuation aufgrund von miserablen Arbeitsbedingungen behindert ein Ensemble, das sich immer wieder neu zusammenfinden muss. Das ist natürlich dem finanziellen Engpass des Theaters geschuldet und bedeutet zwangsläufig, dass in allen Abteilungen mehr Arbeit von weniger Angestellten geleistet werden muss. Parallel zu den Kürzungen sollen >

40 Mio. € würde ein Neubau des Theaters kosten Nötige Renovierungsarbeiten werden mit rund 2,7 Millionen Euro veranschlagt. Die Stadt ist mit 180 Millionen Euro verschuldet.

25

8 Mio. € erhält das Theater jährlich vom Land Weitere 7 Millionen Euro finanziert die Hansestadt Rostock. Die Personalkosten des Theaters betragen allein 14 Millionen Euro.

Das Große Haus in der Doberaner Straße wird vom Volkstheater derzeit nur noch für Proben genutzt. Foto: Paul Fleischer


Die Damen aus dem Kostümfundus arbeiten bereits seit 30 Jahren am Volkstheater. Foto: Paul Fleischer

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die Zuschauerzahlen gesteigert werden. Im Einzelnen bedeutet dies, dass ein Schauspieler schon mal in sieben von insgesamt 14 neuen Schauspielproduktionen beschäftigt ist und so immer weniger Zeit für eine Produktion vorhanden ist. Dass das auch auf Kosten von Gesundheit und Qualität geht, ist keine Überraschung. Auch die GmbH-Gründung im letzten Jahr, die eigentlich eine Verbesserung der finanziellen Bedingungen erwirken sollte, brachte keine Erleichterung. Die Ungewissheit über den Arbeitsplatz blieb ebenfalls. »Was passiert mit den Mitarbeitern nach Ablauf der Übergangsfrist?«, fragt Schmitz. Mit noch weniger Gage, wie es jüngst der Intendant in einem Presseartikel forderte, um mehr Geld zu sparen, könne sie mal eben Arbeitslosengeld II beantragen. Die Entscheidungsprozesse erfolgen seither außerdem – auch aufgrund der finanziellen Unsicherheit – noch langsamer. Das Ziel einer Einnahmensteigerung führte mit dem ehemaligen Geschäftsführer Kay-Uwe Nissen in die falsche Richtung. Statt das Theater für jedermann bezahlbar zu machen, gingen die Ermäßigungen für Rentner verloren und auch die Eintrittspreise wurden erhöht. Nissen wurde letztlich durch erhebliche Mängel in der Geschäftsführung gefeuert. Zwischenzeitlich drohte gar die Insolvenz des Volkstheaters. Ein neuer Geschäftsführer ist bis-

her noch immer nicht gefunden und auch der Posten des Leiters der Presse- und Öffentlichkeitsarbeit wurde noch nicht neu besetzt. Doch gerade neue Ideen und Konzepte sind hier dringend nötig, um das Theater der Rostocker Öffentlichkeit wieder etwas näherzubringen. Das meint auch Michael Ruchter, der im Gegensatz zu Schmitz noch neu im Rostocker Ensemble ist und erst im letzten Jahr seinen Abschluss an der Schauspielschule Chemnitz machte. Als einen »feigen Kompromiss« bezeichnet er die Präsentation des Theaters in der Stadt. Wenig offen und selbstbewusst. Getreu dem Motto: »Hallo, wir sind auch noch da, aber wir wollen auch nicht stören!« Schmitz und Ruchter sind sich einig, dass die ­Rostocker ein attraktives Theater wollen, mit dem sie sich auch identifizieren können, und kein Theater, das sich schämt, eines zu sein. Dabei gibt es doch auch Hoffnung am Theaterhimmel:­ Die Vorstellungen in der Kleinen Komödie, besonders jene der Literaturadaption »Gut gegen Nordwind«, sind fast immer ausverkauft. Schüler und Studenten sind zudem begeistert von Stücken wie »Die Räuber«, »Der Schimmelreiter« oder »Die fetten Jahre sind vorbei«. Dennoch sitzen für eine Universitätsstadt noch immer viel zu wenig Studenten in den Vorstellungen. Ein Marketingversäumnis? Das »Theater für die Allerkleinsten« (derzeitig in der Bühne 602) könnte man dagegen

»Die Präsentation des Theaters in der Stadt ist ein feiger Kompromiss«

fast schon als Marktlücke bezeichnen. Und auch nach Schulstücken wie »Das ist Esther«, welches sich mit der Judenverfolgung auseinandersetzt, ist die Nachfrage in den Schulen ungebrochen. So geht das Theater in die richtige Richtung – indem es dem Bildungsauftrag nachkommt und aktuelle Themen aufgreift, reflektiert auf die Bühne bringt und so zum Denken anregt. Was kann man also persönlich tun, um das Theater zu retten? »Auf jeden Fall ins Theater gehen. Aber natürlich auch die eigene Meinung öffentlich äußern, vor allem den Vertretern der Stadt einmal geschlossen auf die Füße treten. Knallhart Kritik üben und auch dem Intendanten einmal mitteilen, was man gerne sehen will«, so die Vorschläge von Schmitz. Und den von Peter Leonard vorgeschlagenen »Gassenhauern« den Kampf ansagen. Da solle man doch lieber nach Hamburg fahren und sich »Der König der Löwen« ansehen, meint Michael Ruchter. Den Rostocker Zuschauer zu unterschätzen, sei auf jeden Fall der falsche Ansatz. »Theater darf kein Kompromiss sein, sondern muss immer ein Extrem bilden«, erklärt der Jungschauspieler. Solange Schauspiel, Tanz und Musik handwerklich gut gemacht und an Inhalten orientiert sind, werden sie, seiner Meinung nach, auch Jung und Alt begeistern.

2 Mio. € Sonderzuschüsse wurden 2010 und 2011 benötigt Andernfalls wäre das Theater insolvent gewesen.

Ziel der ganzen Diskussion um das Volkstheater und der anstehenden politischen Entscheidungen muss es sein, dass das Theater bald nicht mehr mit seinen Defiziten, sondern auch wieder mit seinen Leistungen in die Schlagzeilen gerät. Nicht nur Sandra-­Uma Schmitz macht die Beschneidung ihrer künstlerischen Tätigkeit traurig. Doch noch ist der letzte Vorhang nicht gefallen. <


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Die politische Universität Am 4. September wird in Mecklenburg-Vorpommern ein neuer Landtag gewählt. Wie politisch neutral verhält sich die Uni Rostock in der Wahlkampfphase?

ANDRÉ OLBRICH

Text

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m 18. April richtete die Universität Rostock gemeinsam mit der SPD-Landtagsfraktion eine Fachtagung zum Thema »Finanzpolitik in Mecklenburg-Vorpommern 1998–2010« aus. Nicht wenige warfen der Hochschule an dieser Stelle mangelnde Neutralität vor und befürchteten eine Bevorzugung der SPD, was im Vorfeld der Landtagswahlen im September besonders brisant erscheint. Die Universität verwies im Zuge der Kritik darauf, dass die Veranstaltung mit der Land-

tagsfraktion organisiert wurde und nicht mit der Partei selbst. Dass dies nicht der gleiche Sachverhalt ist, mag einleuchten. Allerdings kann eine Verbindung zwischen beiden auch nicht geleugnet werden. Über allem thronen letztlich die drei Buchstaben SPD. Grundsätzlich ist die Rostocker Universität ein relativ parteifreier Raum. Aus ihrer Hausordnung geht beispielsweise hervor, dass parteipolitische Betätigungen auf ihrem Grundstück nicht erwünscht sind. Auch aus dem Vertrag mit der Werbeagentur novus Marketing, die die Hoheit über die Verteilung von Flyern und das Aushängen von

Plakaten auf dem Uni-Gelände innehat, wird ersichtlich, dass Werbung für politische Parteien ausgeschlossen ist. Veranstaltungen mit Parteipolitikern sind dagegen durchaus üblich und wurden schon diverse Male organisiert. Gesetzlich ist die Universität Rostock auch nicht verpflichtet, dort Einschränkungen vorzunehmen. Die Hochschulen in Mecklenburg-Vorpommern regeln dies im Rahmen ihrer Autonomie selbst. Lediglich Schulen unterliegen einer Verwaltungsvorschrift, die beispielsweise Informationsbesuche von Mandatsträgern regelt. Unter anderem ist dort auch festgelegt, dass Vertreter von Parteien im Zeitraum von sechs Wochen vor einer Wahl generell von einem Besuch an der Schule absehen sollten. Auch der Rektor möchte sich an eine Frist halten, die solche Kooperationen mit Parteien im

direkten Vorfeld der Landtagswahl untersagt. Für die restliche Zeit hat die Universität nun zwei Möglichkeiten: Entweder sorgt sie für eine angemessene Neutralität, die sie als öffentliche Institution ohnehin einhalten sollte, und deckt ein breiteres politisches Spektrum ab oder sie verwehrt sich in Zukunft generell gegen Veranstaltungen mit Parteivertretern und behandelt somit alle gleich. Auf diese Weise kann der Vorwurf, Wahlkampfhilfe für eine bestimmte Gruppierung zu leisten, gar nicht erst aufkommen. <

Grafik: Michael Schultz

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Ahnungslos, planlos, wahllos? Der Wahlausschuss wird alljährlich vom StudentINNenrat mit der Durchführung und Bewerbung der anstehenden Wahlen zum Studierendenparlament beauftragt. In diesem Jahr fühlten sich Andreas Presch (Vorsitz), Michael Mundt (stellvertretender Vorsitz), Paul Wutschke und Karolin Buchholz berufen. Letztere gab inzwischen desillusioniert auf.

keine Informationen über das Wie und Warum einer Kandidatur zu finden. Die Plakate, die zur Teilnahme aufrufen, wurden Ende April angebracht. Die 2.500 Broschüren, die von Fachschaften und StuRaMitgliedern in ihrem persönlichen Umfeld zur Kandidatensuche verteilt werden sollen, kamen am 27. April inklusive zahlreicher Tipp- und Rechtschreib-

»Wir müssen hier die Scheiße ausbaden, die der StuRa das ganze Jahr verzapft!« Michael Mundt, Mitglied im Wahlausschuss

fehler aus der Druckerei. »Wer Fehler findet, darf sie

aufgehängt wurden. Flyer wurden einhellig als sinn-

behalten«, sagte Andreas Presch dazu nonchalant auf

los bezeichnet. »Die liegen doch nur rum«, meint

der StuRa-Sitzung. Monatelang – der Wahlausschuss

Andreas Presch. Die Kandidatensuche im sozialen

konstituierte sich bereits am 20. Dezember 2010 – war

Umfeld von StuRa und Fachschaften bringe sowieso

nichts geschehen, um die Wahl bekannt zu machen

die geeignetsten Bewerber hervor. Bleibt zu hoffen,

und möglichst viele Kandidaten zu finden.

dass auch engagierte Studenten, die zufällig nicht

Im vergangenen Jahr blieben 23 von 55 Sitzen im

mit Gremien-Mitgliedern befreundet sind, von der

om 26. April bis zum 9. Mai konnten sich

StudentINNenrat unbesetzt, bei einer Wahlbeteili-

Wahl mitbekommen und die Chance zur Mitbe-

die Rostocker Studierenden um ein Mandat

gung von rund 8 Prozent bleibt die Legitimation des

stimmung wahrgenommen haben. An alle anderen,

im StudentINNenrat (StuRa) bewerben. Zu vergeben

Gremiums zu gering. Umso mehr Aufmerksamkeit

die noch nichts von der Wahl gesehen oder gehört

sind 55 Sitze, aufgeteilt auf die neun Fakultäten der

hätte mit der diesjährigen Wahlkampagne generiert

haben: Vom 1. bis 15. Juni könnt ihr wählen und

Uni. Die Zahl der Bewerber stand zum Redaktions-

werden müssen – im Marketing macht Masse oft

mitbestimmen. <

schluss noch nicht fest. Noch am Vorabend der Frist

Klasse! Stattdessen diskutierte der Wahlausschuss

waren auf der Webseite des Wahlausschusses jedoch

endlos die Motive von Plakaten, die viel zu spät

Kommentar

V

ÄNNE CORDES

Web

www.wahlen.stura.uni-rostock.de


Illustrationen: Caroline Heinzel

Verlorene Wählerschaft Wählerschaft abgeschafft? Über 80 Prozent der Studierenden bleiben den Wahlurnen fern, wenn es darum geht, über ihre Repräsentanten im StudentINNenrat abzustimmen. Doch liegt das tatsächlich am fehlenden Interesse an den eigenen Gremien oder auch am Wahlsystem selbst? Text

S

JOHANNES KRAUSE, STURA-PRÄSIDENT

eit seiner Gründung kämpft der StudentINNenrat (StuRa) mit ­niedriger Wahlbeteiligung – die noch nie über 20 Prozent lag – und mit der Frage, ob eine solche Beteiligung überhaupt ausreicht, um ihn als Vertretung der Studierendenschaft zu legitimieren. Die Meinungs- und Willensbildung der Studierenden ist die Aufgabe des StuRa – doch wie gut kann dieser beim derzeitigen Zustandekommen nachgekommen werden? Zurzeit findet die Wahl zum Studierendenparlament auf Fakultätsebene statt. Das heißt, dass jeder Fakultät eine bestimmte Anzahl von Sitzen zugewiesen wird, die der Menge der bei ihr eingeschriebenen Studierenden entspricht. Ist die Kandidatenzahl gleich oder niedriger als die Anzahl der verfügbaren Sitze, so ist gewählt, wer

die Hälfte der Stimmen auf sich vereint, was in solchen Fällen praktisch immer erfüllt wird. Gibt es andererseits mehr Kandidaten als Sitze, ziehen nur die stimmstärksten Bewerber ein. Allerdings verlieren damit jene Wählerstimmen an Wirkung, welche auf erfolglose Kandidaten entfallen. Diese spielen erst als Nachrücker eine Rolle. Bei den Wahlen 2009 wurden dadurch circa 33 Prozent der Stimmen »wirkungslos« vergeben. Tritt andererseits kein Kandidat an, so ist den studentischen Fakultätsmitgliedern jegliche Einflussnahme auf die Sitzvergabe verwehrt. So passierte es bei den Agrar- und Umweltwissenschaftlern im Jahr 2006, bei den Theologen zusätzlich 2008 und bei den Maschinenbauern gar von 2006 bis 2008. Eine weitere Problematik der Wahlen besteht in der Anonymität der Kandidaten für die Wählerschaft, wodurch laut einer Umfrage aus dem Januar

2009 etwa 66 Prozent der Nichtwähler einen Grund zum Ignorieren der Wahl sehen. Schließlich werden Personen gewählt – inhaltliche Wahlen sind kaum möglich beziehungsweise für den Einzug der wenigen Kandidaten unerheblich. Welche Lösungsmöglichkeiten bieten sich, um zumindest die Wahlbeteiligung und damit womöglich auch das Interesse an der Arbeit des Studierendenparlaments zu steigern? In der StuRa-Sitzung vom 12. Januar wurden mögliche Wege aus dieser Misere vorgestellt. Einerseits könnten die Wahlkreise verkleinert werden (zum Beispiel auf Fachschaftsebene): Der Bezug von Kandidaten zur Wählerschaft würde damit gestärkt und die Quote der Wahlbeteiligung stiege vermutlich an. Problematisch hierbei ist jedoch, dass nicht jeder Studierende eindeutig einer Fachschaft und damit einem Wahlkreis zugeordnet werden kann. Als Zweites bestünde die Möglichkeit einer uniweiten Listenwahl, wodurch die von den Listen vertretenen Inhalte in den Vordergrund rücken würden – die Personen darauf wären zweitrangig. Die oft geäußerte Befürchtung einer Politisierung des StuRa träfe dabei sicherlich zu, aber wäre es für ein Gremium, welches hochschulpolitische Fragen behandelt, nicht wünschenswert, den Wählerwillen tatsächlich widerzuspiegeln und Entscheidungen auf dessen Grundlage zu fällen? Würde ein konservativer StuRa beispielsweise den kostenlosen Kinderteller des Studentenwerks befürworten?

Das Verfallen von Stimmen, wie es eingangs beschrieben wurde, wäre jedenfalls minimiert, da jede Stimme für die Mandatszahl einer Liste wirken würde. Als Kompromiss könnte letztlich auch das Prinzip der Bundestagswahlen herhalten. So würden nach wie vor listenlose Direktkandidaten in den StuRa gewählt, während uniweite Listen für eine Profilierung des Parlaments und damit eine authentischere Abbildung des Wählerwillens Sorge tragen könnten. Für welche Option sich der StudentINNen­rat letztlich entscheidet, hängt von der Frage ab, ob die Vertretung aller Fakultäten im Fokus stehen soll und man damit gewisse Parallelen zur Fachschaftsrätekonferenz und zu den Fakultätsräten eingeht oder ob das Parlament die aktiven Wähler der gesamten Studierendenschaft ­repräsen­­tieren will. <

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PSA-News

Politische Bildung

Gemeinsame Rettung gestrandeter Studenten

POLITIK OHNE ÖFFENTLICHKEIT

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Liebe Mitstudentin, lieber Mitstudent,

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auch an einer Universität gehen manchmal Dinge schief. In der Agrar- und Umweltwissenschaftlichen Fakultät (AUF) haben wir gerade gar einen kleinen Schiffbruch erlitten. Der alte Master »Landeskultur und Umweltschutz« muss geschlossen werden – der neue Master »Umweltingenieurwesen« ist leider noch nicht da und wird zum Wintersemester auch nicht mehr kommen. Die Studierenden haben zu Recht protestiert, das Studierendenparlament, der Allgemeine Studierendenausschuss und die studentischen Senatoren haben sich eingeschaltet, ein Prodekan der AUF ist aus Protest sogar zurückgetreten. Und trotzdem liegt in jeder Krise auch eine Chance. Gemeinsam mit allen Beteiligten – den Studierenden und Lehrenden der Fakultät, ihrem Prüfungsausschuss, dem Rektorat, den Juristen und dem BAföGAmt – ist es uns gelungen, einen guten Ausweg zu finden. Die Studierenden werden unkonventionell weiterstudieren können, indem sie sich in einen anderen Master immatrikulieren, dort von den Prüfungen befreit werden und nur an jenen Veranstaltungen teilnehmen und jene Prüfungen ablegen, die sie im kommenden Master brauchen. Nächstes Jahr werden sie dann in den neuen Master wechseln und dort einfach im fortgeschrittenen Semester weitermachen, als wären sie nie woanders gewesen. Sorgfältige Vorbereitung und viele Absprachen machen das möglich und zeigen, dass (fast) nichts unmöglich ist, wenn alle an einem Strang ziehen. Sogar BAföG wird es für die Studierenden weiterhin geben – der engen Kooperation zwischen Universität und BAföG-Amt sei Dank. Es zeigt aber auch, dass Engagement sich lohnt. Ohne den wort- und schriftgewaltigen Einsatz der Fachschaft und einzelner Professoren, die auch schon mal im Rektorat auflaufen, um ihren Standpunkt deutlich zu machen, wäre es vermutlich nicht so schnell zu einer Lösung gekommen. Ich freue mich, dass es gelungen ist, aus dem Problem erst eine Herausforderung und anschließend eine Lösung zu machen – und dass ich Teil davon sein darf. Euer Heiko Heiko Marski ist Prorektor für Studentische Angelegenheiten (PSA) und kümmert sich im Rektorat um die Belange der Studierenden. Mail

psa@uni-rostock.de

lf Studenten saßen am Abend des 26. April bei einer vom AStA organisierten Diskussionsveranstaltung den bildungspolitischen Sprechern der SPD, der Linken und der Grünen gegenüber. Mathias Brodkorb (SPD) nahm die leeren Reihen mit Humor: »Vielleicht sollten wir Studiengebühren einführen, um die Studierendenschaft zu mobilisieren.« Aber geht es uns wirklich einfach zu gut, als dass es

noch eine Notwendigkeit gäbe, sich mit Bildungspolitik im Land auseinanderzusetzen? Oder ist diese Diskussionsrunde nicht nur ein weiterer Beweis dafür, dass schlicht die Kommunikations­ wege an der Uni nicht funktionieren, wenn es um Möglichkeiten zu politischer Partizipation und Bildung geht? Denn wenn durch nahezu fehlende Werbung selbst politisch interessierte und engagierte Studierende und nicht ein-

mal die lokalen Medien wissen, dass irgendwo in der Südstadt eine Veranstaltung dieser Art stattfindet, wer hat dann überhaupt die Chance, sich eine realitätsgetreue politische Meinung zu bilden? Politik ohne Öffentlichkeit schafft sich selbst ab. < Text

ELISABETH WOLDT

Termine Ägypten – Revolte und dann …? Mubarak ist weg. Doch damit ist die Revolte im Land am Nil noch lange nicht zu Ende. Um ein besseres Verständnis des ägyptischen Aufstands zu ermöglichen, wird Dr. Salua Nour, Privatdozentin der Freien Universität Berlin, auf einer Veranstaltung des AStA, der GEW-Hochschulgruppe und des Bildungskellers in die Vorgeschichte der sozialen Auseinandersetzungen im Land einführen. Termin

10. Mai 2011, 19:30 Uhr, Ulmenstr. 69, Raum 323

Schwatzen mit Ströbele Auf Einladung der Grünen Hochschulgruppe wird am 30. Mai das grüne Urgestein Christian Ströbele in der Uni zu Gast sein. Dort soll er über die Entwicklung seiner Partei sowie über die Libyen- und Afghanistanpolitik der Bundesrepublik sprechen. Weitere Informationen werden zeitnah bekannt gegeben. Termin

30. Mai 2011, Ulmenstr. 69

Web

www.ghg-rostock.de

Wahlweisheiten zum Mitnehmen II Schon im März trafen sich erstmals ambitionierte Nachwuchsjournalisten in Stralsund, um eine Zeitung für junge Wähler zu planen – die Wahlweise, die zur Landtagswahl am 4. September in einer Auflage von 40.000 Exemplaren im ganzen Bundesland verteilt werden wird. Im Juni geht es nun zum Zentrum der Landespolitik nach Schwerin. Alle Interessierten sind herzlich eingeladen, sich an der Wahlweise zu beteiligen. Termin

16. bis 18. Juni, Schwerin, 20/30 Euro inklusive Verpflegung und Übernachtung

Web

www.jmmv.de


heuler: Euer Logo zeigt die typische »grüne« Sonnenblume. Wie viel habt ihr als Grüne Hochschulgruppe (GHG) mit der Partei Bündnis 90/Die Grünen zu tun? Thea Riebe: Wir fühlen uns den Zielen und Werten der Grünen verbunden, allerdings sind wir nicht mit allen Entscheidungen der Partei einverstanden und distanzieren uns von der Tagespolitik. Trotzdem ist die Vernetzung mit den Grünen in Rostock zum Beispiel sehr gut, einige GHG-Mitglieder sind auch bei den Grünen Mitglied. Aber ist es nicht ein bisschen scheinheilig, vom Namen und Zuspruch der Grünen zu profitieren, aber den Rest nicht mitzutragen? Nein, das ist es nicht. Wir sind eine eigenständige Organisation mit eigenem Personal und profitieren über unsere Mitarbeit vom Netzwerk der Grünen. Aber auch die Grünen profitieren von unserer hochschulpolitischen Arbeit: Da wir in den Gremien vertreten sind, kennen wir uns in dem Bereich besser aus und können unser Wissen einbringen. Was sind das für Entscheidungen der Grünen, die du nicht mittragen willst? Der »Green New Deal« ist zum Beispiel nicht konsequent zu Ende gedacht. Es bringt nichts, wenn man einfach alles nur noch öko macht! Ein gutes Leben ist nicht nur öko. Und mit der Abkehr vom bedingungslosen Grundeinkommen gehe ich auch nicht d’accord.

»Ein gutes Leben ist nicht nur öko« Thea Riebe ist Mitglied der Partei Bündnis 90/Die Grünen und Sprecherin der Grünen Hochschulgruppe (GHG). Mit dem heuler sprach sie über studen­ tisches Engagement in der Hochschul­politik und die Abgrenzung der GHG zu den Grünen.

Interview

ÄNNE CORDES

Was die Änderung der StuRa-Wahlordnung angeht, seid ihr euch ja recht einig. Du selbst sitzt im Wahlausschuss. Ganz kurz: Warum wollt ihr die Listenwahl? Mal ganz abgesehen davon, dass unser jetziges Wahlsystem gar keins ist … Weil Kandidaten fehlen und viele Stimmen einfach in den Müll wandern, wollen wir hin zu einem Themen-Wahlkampf. Das geht am besten mit Listen, weil man die Kandidaten oft gar nicht kennt und kein Entscheidungskriterium hat. Ein Gegenargument ist, dass Einzelkandidaten – außer über Direktmandate – bei der Listenwahl nicht kandidieren könnten. Mal ehrlich: Jeder findet für seine Themen noch drei andere Leute, um eine Liste aufzumachen. Warum soll man jemanden wählen, der keine Themen hat? Man kriegt zu jedem Topic eine Liste zusammen, und wenn sie »Freibier für alle« heißt.

Warum ist die GHG von allen Rostocker Hochschulgruppen eine der präsentesten und aktivsten? Ich glaube, dass das ein selbstverstärkender Effekt ist: Unsere Mitglieder sind alle sehr engagiert und aktiv und immer darauf aus, neue Leute für unsere Themen zu begeistern. Diese Aktivität wird wahrgenommen und zieht mehr Leute an, die von Anfang an in die Arbeit mit eingebunden und motiviert werden. Euer Grundsatzprogramm fordert eine soziale, ökologische, eine kritische und unabhängige sowie eine studierbare und demokratische Uni. Was unterscheidet euch von anderen Hochschulgruppen? Ich glaube, der Flow ist wichtig. Dass man die Leute mag, mit denen man zusammenarbeitet. Wir teilen bestimmte Werte, ohne Konformität zu erwarten, und bleiben pluralistisch. Unsere Organisations- und Personalstruktur ist anders als in anderen Gruppen. Wir haben keine Hierarchien und Vorsitze, wir haben zwei gleichberechtigte Sprecher, die die Meinung aller nach außen vertreten. Jede Meinung wird ernst genommen. Und wir setzen uns für Gleichberechtigung ein.

Im StudentINNenrat (StuRa) der Uni seid ihr eine der zahlenmäßig stärksten »Fraktionen«. Wie kommt das? Wir werben ganz gezielt dafür, sich bei den StuRaWahlen aufstellen zu lassen, und haben langfristig auch das Ziel, GHG-Mitglieder in die verschiedenen Ausschüsse zu verteilen. Man muss eben da sein, wo die Entscheidungen gefällt werden. Auf unseren Sitzungen sprechen wir meist die geplante Tagesordnung der anstehenden Sitzungen durch, diskutieren die Themen und positionieren uns. So was wie »Fraktionszwang« gibt’s natürlich nicht, jeder soll seine eigene Meinung haben.

Wie viel Einfluss haben Hochschulgruppen tatsächlich auf Entscheidungen der Uni? Unser Vorteil ist das Netzwerk. Wir arbeiten viel mit anderen Hochschulgruppen wie den JuSos und den Hochschul-Piraten zusammen, die auch Mitglieder in StuRa und Senat haben. So können wir schnell Krach schlagen, wenn für Studenten ungünstige Entscheidungen getroffen werden. Dass es im letzten Semester keine Verlängerungen für Hausarbeiten mehr gab, wäre ohne die GHG kaum öffentlich geworden. Manchmal scheint es aber auch egal zu sein, ob man aufstampft, dann ist ein Vertrag schon geschlossen geworden, wie der mit novus Marketing. Vielen Dank, dass du dir für das Interview Zeit genommen hast. Kein Problem, ich finde, die studentische Beteiligung an der Hochschulpolitik ist ein sehr wichtiges Thema. Mir macht das sehr viel Spaß und ich freue mich, dass ich im heuler davon erzählen darf. < Foto: Paul Fleischer

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www.ghg-rostock.de

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Illustration: Björn Giesecke

KULTUR

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Und dann kam Sven ...

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Karo, Ressortleiterin

a saß ich nun und vor mir Sven Regener. »Wer jetzt noch schläft ist tot«? Schlafen konnte ich schon zwei Tage vorher nicht mehr. Meine panikartigen Ängste, meine musik-journalistische Karriere schon im Klo herunterzuspülen, bevor sie überhaupt angefangen hatte, griffen lautstark und vehement über. Schweißausbrüche, Haareraufen, nichts blieb aus. Meine Nerven lagen blank, mein Kopf war leer und dann kam ...


»Wenn der liebe Gott gewollt hätte, dass englische Texte Sinn ergeben, hätte es wohl nicht Bob Dylan gegeben« Ein Interview mit Element Of Crime-Sänger Sven Regener im Februar 2011

Wie kann man dieses »Besondere« aus einer Band herauskitzeln? Um dieses Besondere wirklich herauszuarbeiten, gibt es zwei Möglichkeiten: Man versucht entweder, so zu sein wie alle anderen, weil man denkt, damit hätte man bessere Chancen. Oder, was man meiner Meinung nach machen sollte, man versucht, das herauszuarbeiten, was man selber gar nicht mag: »Meine Stimme klingt so komisch« oder »Meine Gitarre kratzt so sehr« ... Das ist genau richtig, so spielt nämlich sonst kein anderer. Meiner Meinung nach ist das bei Künstlern das einzige Kapital, das sie haben. Da versuchst du, die Moorleiche immer wegzudrücken, und im Endeffekt kommt sie hinten immer wieder hervor.

Interview

KAROLIN BUCHHOLZ Web

www.element-of-crime.de

CD

Element of Crime – Fremde Federn.

Wo wir schon einmal bei dem besonderen Stil sind: Was hältst du denn von Casting-Shows und ihrem Musikideal? Ich denke, an Casting-Shows kann man erkennen, dass die Popmusik-Szene in der Krise ist. Erst das, was tot ist, kann als Zombie zurückkommen. Und ich meine, Popmusik muss schon sehr tot sein, dass so etwas relevant wird.

cke rn G iese Bjö

War es für euch seltsam, nach einer Weile plötzlich wieder auf Deutsch zu spielen? Es war schwierig, weil die Sache sehr direkt reingeht. Dieser halbdurchsichtige Vorhang, den eine Fremdsprache bringt, ist dann plötzlich weg. Man singt es eins zu eins und alles wird in diesem Moment genauso verstanden. Letztendlich war es aber auch eine große Erleichterung, es mangelt

Vertigo Berlin (Universal). 17,95 Euro

on:

Nun zu dem neuen Album »Fremde Federn«, das komplett aus Coversongs besteht. Wie identifizierst du dich mit den Liedern? Liegen sie dir sehr stark am Herzen? Ich glaube nicht, dass man sich als Sänger oder auch als Band nur mit Songs identifizieren kann, die man selber geschrieben hat. Da muss man schon sehr vernagelt sein. Auch die anderen schreiben schöne Lieder. Musiker sind da relativ wenig heikel. Schriftsteller sind untereinander viel zerstrittener, da gibt es auch viel Neid. Bei Musikern trifft das selten zu, weil man immer die Möglichkeit hat, gemeinsam zu musizieren. Für

Schriftsteller sind eher die Alkoholiker? Ja, dann aber eher auf die feinere Art, bei Rotwein oder so.

ja schließlich nicht an Spießern, die einem andauernd erzählen, dass man einen deutschen Akzent hätte. Das andere war auch, dass, wenn man irgendetwas Seltsames dachte, etwas Ausgefallenes, dass die ganzen Schlaumeier um die Ecke kamen und meinten: »Das ergibt ja überhaupt keinen Sinn, da hast du wohl kein richtiges Englisch gekonnt.« Wo ich mir denke: Wenn der liebe Gott gewollt hätte, dass englische Texte Sinn ergeben, hätte es wohl nicht Bob Dylan gegeben. Wenn man dann auf Deutsch solche Sachen schreibt wie »Die Hose, die du mir gehäkelt hast«, dann kommt mir keiner mehr blöde und sagt: »Aber Hosen häkelt man doch nicht. Hosen kann man nicht mal stricken. Du hast ja wohl deine Vokabeln nicht beieinander.« Da kann ich dann einfach sagen: »Ja, ich bin bescheuert!« – und das ist natürlich viel angenehmer. <

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In den hinteren Reihen sind aber heute Stühle aufgestellt worden. Ganz hinten? Ich kann mir nicht vorstellen, dass da irgendjemand sitzen will. Was soll das bringen? Erstens sitzen wir ja auch nicht und zweitens ist es so gezwungen. Du sitzt dann so in der Mitte, du darfst nicht aufstehen und musst die Klappe halten, alle schweigen, das ist ja auch so einschüchternd. Es ist kein Wunder, dass, als der Rock ’n’ Roll aufkam, bei Konzerten das Publikum die kompletten Kinosäle zertrümmert hat. Das lag eigentlich nur daran, dass diese Säle bestuhlt waren. Die Leute wollten tanzen, sich bewegen, und dann stehen da Platzanweiser, die dir sagen, du müsstest auf Platz 17D sitzen bleiben. Das ist eigentlich Rock ’n’ Roll-feindlich. Das können die Jungs vom Schlager machen, aber wir nicht.

Schriftsteller ist es schwieriger, sich zusammenzufinden. Da läuft es meistens alles übers Saufen, glaube ich.

Illus

heuler: Wie findet ihr es, in Stadthallen zu spielen? Sven Regener: Stadthallen sind schon schwierig, die sind für andere Arten von Veranstaltungen ausgerichtet worden. Aber letztendlich, wenn nachts die Lichter ausgehen, sind wir verantwortlich dafür, wie es ist. Da kann man es nicht auf die Halle schieben. Dann ist es nämlich dunkel, alle Katzen sind grau und wir machen das Licht und den Sound. Das Einzige, was wirklich kritisch ist, ist die Bestuhlung. Wir spielen nicht gerne in Hallen mit Bestuhlung.

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Geliebt und belächelt Superman, Spiderman, Batman – allesamt Vertreter der Gerechtigkeit. Zwar sind Helden wie sie in unseren Tagen verstärkt im Fernsehen zu bewundern, doch erleb(t)en sie ihre Geburtsstunde meist woanders: im Comic. Text

CARSTEN GRAMATZKI

Comic

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in Comic-Heft lässt sich als sequenzielle Kunst verstehen, die sich einer narrativen Bildund Zeichendarstellung bedient. Manch einer meint jedoch, ein Comic sei gar keine Kunst, sondern lediglich »etwas für Kinder«. Diese Borniertheit skizziert in seinen ersten Zügen den in der Historie geführten und auch weiterhin zu führenden Kampf des Mediums und dessen Streben nach Anerkennung und Akzeptanz.

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Sein kommerzieller Publikationsursprung liegt Anfang der 30er-Jahre in den USA. Hier zunächst nur für Werbezwecke der lokalen Verlagshäuser konzipiert, wurde der Comic schnell zum festen Bestandteil der amerikanischen Zeitungsstruktur und erlangte daraufhin einen hohen Stellenwert bei der Leserschaft. Die wachsende Beliebtheit lässt sich unter anderem damit begründen, dass im klassischen amerikanischen Heft die Figuren vorrangig die Mittelschicht, dessen Bedürfnisse, Ideale und

HANNES FALKE

Normvorstellungen sowie den traditionellen »Way of Life« repräsentieren. Dadurch wurde eine hohe Identifikationsbereitschaft mit dem Printmedium bewirkt. Dies könnte dazu beigetragen haben, dass Comics auch abseits der täglichen Morgenzeitung integraler Bestandteil der amerikanischen Kultur wurden und heute noch sind. Besonders zur Zeit des Zweiten Weltkriegs erlebte die Szene in den USA einen Aufschwung und bekannte Helden wie Captain America zierten im Kampf gegen die Nazis zahlreiche Cover. In der Nachkriegszeit importierten GIs vereinzelte Hefte nach Europa, wodurch dem Medium auch dort mehr Aufmerksamkeit zukam. Die Entwicklung europäischer Eigenproduktionen vollzog sich dagegen anders als in den Staaten. In Frankreich waren Comics vom Beginn an von der Tagespresse losgelöst und wurden zunächst ausschließlich von Kindern in speziellen Zeitschriften gelesen. Erst durch die Umgestaltung in Bezug auf Format und Qualität etablierten sich Comics und konnten erstmalig ihr Publikum um eine erwachsene Leserschaft erweitern. Vor allem die populäre Reihe »Asterix« hat mit geschichtlichen und politischen Inhalten eine ältere Klientel für sich gewinnen können und maßgeblich zur Befreiung des Mediums von der Etikettierung als Kinderunterhaltung beigetragen. Dem in den USA und Frankreich florierenden Markt standen deutsche Kritiker misstrauisch gegenüber, weshalb sich die Akzeptanz hier erst später entwickeln konnte. Der Comic wurde weiterhin vorrangig als Kinder- und Jugendlektüre angesehen und schaffte es lange Zeit nicht, diesen >


Makel abzulegen. Rezensenten vertraten die Auffassung, dass die massenhafte Verbreitung aus Übersee ein Angriff auf die Künste sei. Denn Produkte, die für ein Massenpublikum produziert wurden, besaßen ihrer Meinung nach kein Niveau und somit musste der Comic als ein Übergriff auf (Bildungs-)Privilegien, die Kunst und die Literatur verstanden werden. Aufgrund dieses Verständnisses wurden die Hefte mit dem Label Trivialkunst gebrandmarkt, weshalb es sich als schwierig erwies, ihren Anspruch als ernsthafte und anspruchsvolle Kunstform geltend zu machen. Erst Mitte der 70er-Jahre zeichnete sich ein Bruch im Denken der Kritiker ab. Besonders der Franzose Francis Laccasin trug 1971 durch sein Engagement entscheidend zum Umdenken bei. Indem er einen Eintrag in die französische Enzyklopädie erwirkte, erreichte Laccasin, den Comic als sogenannte Neunte Kunst international durchzusetzen. Ebenfalls gelang es Roy Lichtenstein mit dem Pop-ArtStil und dem darauffolgenden Erscheinen von Pop-Comics eine Verbindung zwischen Comic, Kunst und Kultur zu schaffen. Auch der zunächst stark kritisierte Comic »Maus« von Art Spiegelman verhalf zum Bruch mit den alten Vorstellungen. In seiner zweiteiligen Geschichte berichtet der Autor unter anderem von den Erlebnissen seines Vaters in Auschwitz und erhielt für sein Werk im Jahr 1992 den Pulitzerpreis, wodurch die Grenzen zwischen Unterhaltung, Literatur und autobiografischer Erzählung stärker verschwammen. Zuvor lautstarke Kritiker verstummten von jetzt auf gleich, woraufhin der Comic auch bei ihnen einen kulturellen Aufschwung erfuhr. Allmählich reifte ein Bewusstsein, das Comics nicht von vornherein dem Anspruch bedeutungsvoller Inhalte und künstlerischer Qualität beraubte, sodass sich gesellschaftliche Teilbereiche zunehmend gegenüber dem Medium öffneten. So wurden Comic-Hefte begleitend in den Schul-

unterricht eingebunden und auch immer mehr von wissenschaftlichen Disziplinen fokussiert. Comics wurden somit, wenn auch verspätet, als Bestandteil sozialer Kommunikation begriffen, welcher Teile der Gesellschaft widerzuspiegeln vermag, andererseits aber auch von eben diesen reflektiert wird. Ersteres lässt sich anhand der Kultfigur Popeye verdeutlichen. Hier thematisierte der Autor den Jargon früherer Matrosen, denn den Begriff Spinat verwendeten sie ambivalent für Marihuana. Als Reaktion auf einen gesellschaftlichen Umbruch, nämlich der Anti-Raucher-Bewegung, musste beispielsweise der damals kettenrauchende Cowboy Lucky Luke einen Zwangsentzug machen. Ab sofort hieß es Grashalm statt Kippe, um dem sozial gewünschten Trend gerecht zu werden. An diesen zwei Beispielen ist zu erkennen, wie Gesellschaft auch auf die Inhalte in Comics Einfluss nehmen kann. Durch den geglückten Einzug in wissenschaftliche Diskurse scheint der Comic endgültig seine historischen Hürden überwunden und in vielen Gesellschaften allgemeine

Der Comic wurde verspätet als Bestandteil sozialer Kommunikation begriffen Akzeptanz erlangt zu haben. Auch bei der deutschen Bevölkerung tritt er allmählich aus seinem klischeebehafteten Schatten und avanciert zum anerkannten Kulturgut. Doch trotz dieser positiven Trendentwicklung gleicht Deutschland weiterhin einer Dritte-WeltComiclandschaft. Entwicklungshilfe betreibt der Gratis-Comic-Tag, wobei dieses Projekt hauptsächlich der Annäherung zwischen Medium und Szenefremden dienen soll. Am 14. Mai dieses Jahres nehmen wieder zahlreiche Händler deutschlandweit teil, auch hier in Rostock. Interessierten stehen dabei die Läden »Sequentiell Art« und »Fantastische Welten – Der Spieleladen« zur Seite. Also keine falsche Scheu, lasst euch entführen in eine wunderbare Welt der Sprechblasen. <

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www.gratiscomictag.de

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Grafik: Andreas Ehrig

Das Volkstheater Rostock führt vor: »Adams Äpfel«

FiSH – Festival im StadtHafen

Ab Mai setzt das Rostocker Volkstheater eine Aufführung um, die auf dem 2005 erschienenen dänischen Film »Adams æbler« basiert. Behandelt werden Gott und die Welt, Gut und Böse und zu guter Letzt auch Nazi versus Pfarrer. Ob nun der gute alte Apfelbaum jedoch tatsächlich zur Pointe des Stückes beiträgt – seht selbst!

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STEFFEN EGGEBRECHT

alzige Luft weht am Rostocker Hafen, obendrein kreischen Möwen. Was würde besser dazu passen als eine gute Portion »FiSH«? Alljährlich pilgern Tausende Kinofans an die Kaikante, um sich beim »Festival im StadtHafen« ihre Portion Filmgenuss abzuholen. Vom 13. bis zum 15. Mai verspricht die nunmehr achte Ausgabe cineastischen Hochgenuss. Unter dem Titel »JUNGER FILM« läuft einer der bedeutendsten deutschen Wettbewerbe für Nachwuchsregisseure. »408 Kurzfilme wurden in diesem Jahr eingereicht, 29 davon zeigen wir im MAU Club«, sagt Juryleiter Matthias Spehr. »Auf kaum einem anderen Festival nimmt der Zuschauer so intensiv an den Fachgesprächen teil.« Nach jedem Filmblock diskutiert die Jury auf der Bühne über die Werke. Als einziger Beitrag aus MV schaffte es der Kurzfilm »Minus acht Grad« der Videogruppe »New X-iT« in den Bundeswettbewerb. Der Besuch des Rostocker Weihnachtsmarktes fungiert in dem Werk als Parabel für die Phasen einer Beziehung. Im Programmfenster »SehSterne« zeigt das »FiSH« 19 Filme aus und über Mecklenburg-Vorpommern. Eines der kuriosesten Werke ist »Surviving the suburb – Das

träge Leben in Type EW58/08«. In der Dokumentation bauen Chinesen ein Einfamilienhaus des Typs EW58/08 im mecklenburgischen Dorf Wendorf ab, verfrachten es in einen Container und lassen es von ostdeutschen Arbeitern im niederländischen Almere wieder aufbauen. Im »FiSHspezial« bietet das Formatfenster »OFFSvergie« einen Blick auf die Arbeiten junger Regisseure aus dem diesjährigen Gastland Schweden. »Die elf Filme zeichnen sich durch skurrilen Humor und rebellische Tendenzen aus«, erklärt Festivalleiterin Henrike Hübner. Und auch die Musik habe ihren Platz auf dem »FiSH«: »Beim Netzwerktreffen Filmmusik können sich Regisseure, Autoren und Interessierte mit Musikern über die Zukunft von Film und Musik im Land austauschen.« Weitere klangvolle Höhepunkte bilden die Partys am 13. und 14. Mai, welche die jeweiligen Festivaltage des »FiSH« im MAU Club und dem Zirkuszelt Fantasia abrunden werden. Zudem eröffnet die norddeutsche Band »NORA&LEO« mit ihrem leichtfüßigen Pop den Wettbewerb »JUNGER FILM«. < Termin

13. bis 15. Mai 2011

Termin

am 14., 19. und 27. Mai 2011, Theater am Stadthafen

Web

www.volkstheater-rostock.de

Die Rostocker Kunsthalle präsentiert: »Otto Niemeyer-Holstein« Eine Mischung aus alten und neuen Malereien sollen im Mai in der Rostocker Kunsthalle »das Typische der Malerei Otto Niemeyer-Holsteins« deutlich machen. Geboten werden bekanntere Landschaftsmalereien, aber auch seltene Arbeiten. Wenn es also im Sommer einmal ausgiebig regnet, bewegt euch in die Kunsthalle und genießt ein wenig Kunst! Termin

14. Mai bis 14. August 2011, Kunsthalle Rostock

Web

www.kunsthalle-rostock.de

Foto: Martin Terber/flickr.com

Im Rostocker Stadthafen bietet das »FiSH« Jahr für Jahr film­­ ische Höhepunkte. In drei Programmfenstern zeigt das Festival Kurzfilme von jungen deutschen Regisseuren, Beiträge über und aus Mecklenburg-Vorpommern und wirft einen Blick in die schwedische Filmszene. Text

Q-Tipps!

Der Zwischenbau zeigt: »Willkommen bei Sascha Funke« Auch wenn es kaum zu glauben ist, wird Sascha Funke im Mai im Rostocker Zwischenbau seine neuesten, ältesten und bekanntesten Werke auflegen. Für den unglaublichen Preis von 5 Euro im Vorverkauf könnt ihr euch jetzt schon ausgiebig mit Tickets versorgen. Bekannt durch seine Kooperation im „Berlin Calling“-Soundtrack, werden seine Ost-Berliner Techno-Rhythmen den Frühling in Rostock um eine schlaflose Nacht bereichern. Termin

28. Mai 2011 im Zwischenbau

Web

www.zwischenbau.com


Illustration: Alfonso Maestro/Foto: boyfriendrobotique.blogspot.com

des Börsenbrokers, aber auch den des Callboys. Auf dem Programm seiner strengen Diät standen weiche wie harte Drogen und grob geschätzt alle Prostituierten Sohos. Das Kunstwerk Horsley war irgendwann so ausgereift, dass er nur noch in Zitaten von Oscar Wilde oder Charles Baudelaire sprach. Er musste mit Jimmy Boyle, dem gewalttätigsten Verbrecher Schottlands, schlafen (seine Freundin übrigens auch)

» Ich habe für meine Kunst gelitten. Nun seid ihr dran « Sebastian Horsley

Der heilige Narr Er starb, weil es gerade »gut zum Mobiliar passte«, und hielt seinen eigenen Vornamen für das schönste Wort in englischer Sprache. Wer war dieser bunte Nichtsnutz? Ein Featurette mit Sebastian Horsley, Kunstmärtyrer und Dandy.

Text

U

ALFONSO MAESTRO

nd mit der Geburt presst uns das Leben einen Stempel auf die Stirn: »Versuch es« – wir versuchen es. Von Will Smith und Aristoteles haben wir es schwarz auf weiß: Wir streben nach Glück und sehen andere streben, bis wir sterben (und die anderen hoffentlich auch). Eigentlich sollte es »Streben nach Glück und Ruhm« heißen, denn insgeheim wollen alle Stars sein, It-Boys und It-Girls. »It« bedeutet auf Englisch »geil«. Als Kind ist es noch relativ machbar, »it« zu sein: »Gucke mal, Mama, ich fahre freihändig!« Später, im Erwachsenenalter wird es diffizil – da muss man schon im Dschungelcamp Würmer schlucken, um B-Prominenter zu werden. Leiden, um zu werden, lautet die Devise. Aber die Rechnung geht nicht immer auf, nur wenige werden zu echten Stars. Genau da trennt sich der

Vernunftsmensch vom Dandy, der den Traum auch nach der Postpubertät nicht aufgibt. Der Dandy wartet nicht, bis ihn ein Dritter zum Star kürt, nein, sein dekadentes und egozentrisches Weltbild lässt ohnehin keine Erwartungen zu. Sein Talent besteht darin, die erbärmlichsten Lebenslagen zu zelebrieren, für ihn ist Weisheit die »Kunst, das Unglück in ein Fest zu verwandeln«. Sein eiserner Glaube ist es, der ihn siegreich hervorgehen lässt. »Er« heißt Sebastian Horsley und hat genau ein Kunstwerk erschaffen: sein Leben. Der exzentrische Brite dachte immer, er sei schon irgendwie berühmt und wurde dafür … berühmt. Doch bis zur Überwindung dieser Paradoxie war es eine Ochsentour: Der Mann opferte sein Leben der Studie eines groß angelegten Performance-Kunstwerks, das genau ein Leben maß und andere Größen­ wahnsinnige wie James Cameron oder Christo und Jean-Claude wie eine petitesse aussehen lässt. Sein Training umfasste unterschiedliche Berufe, etwa den

und sich zu Beethovens Neunter mit seinen eigenen Exkrementen abpeelen. Er modelte für Comme des Garçons und war Feuilletonist für britische Wochenzeitungen wie dem Observer und dem New Statesman. Mit dem Internetvideo »Sebastian Horsley’s Guide to Whoring« wurde er zum Jamie Oliver der Unterwelt und setzte einen Kontrapunkt zum bürgerlich-nachhaltigen YouTube-Service der frutarischen Rezepte, Basteleien und sonstigen legalen, aber fragwürdigen Neigungen wie Liebemachen mit Obst, Lichtnahrung und Jazz. Hätte er nicht den Namen des Märtyrers St. Sebastian getragen, Schutzpatron von Malta und Palma und von allen »Athleten und Schwuchteln«, wäre ihm seine härteste Probe im Jahr 2000 erspart geblieben. Als erster Okzidentaler ließ sich der Millionärssohn auf den Philippinen kreuzigen, selbstverständlich nur zur Einstimmung auf eine Reihe von Malereien mit Kreuzmotiv. Hätte Jesus sich nicht »wie Horsley« kreuzigen lassen, wäre er ein Niemand geblieben, erklärt der Künstler. »Was hätte das Christentum davon gehabt, wenn er 15 Jahre gekriegt hätte, mit vorzeitiger Entlassung wegen guter Führung?« Die Selbstdarstellung, die sinnstiftende Pose eines solchen Narziss und Poeten des letzten Wortes zu erfassen, überfordert die Sprache. Diesen Artikel hätte eigentlich nur Horsley selbst schreiben können, aber er ist tot. Das Klischee vom posthumen Ruhm – siehe Vincent van Gogh – bereitete dem verschuldeten Dandy große Kopfschmerzen. Er wusste, solange er lebt, ist seine Kunst nichts wert. Für einen Mann, dessen eigenes Leben das einzige Kunstwerk ist, bedeutet dies ein Lose-loseSzenario: Ist er tot, ist es das Kunstwerk auch. Aber es ist mehr wert. Als er sich vergangenen Sommer den »goldenen Schuss« setzte, war das also pures Marketing. Letztendlich verwundert es nicht, dass ein Mann ohne Moral tatsächlich alles tut, um sich gegenüber seinen lebenden Kollegen einen monetären Vorsprung zu verschaffen. <

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BÜCHER, CDs,SPIELE, Theater, FILME,WEB! Rezensionen

Buch

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Martin Wehrle

Ich arbeite in ­einem Irrenhaus Einmal mehr blickt der Karriereberater Martin Wehrle hinter die Fassaden deutscher Großbüroräume und offenbart den ganz alltäglichen Wahnsinn in seinem Werk »Ich arbeite in einem Irrenhaus. Vom ganz normalen Büroalltag«. Mit reichlich Augenzwinkern, aber auch kräftigen Verbalschlägen holt er gegen meetinggeile Chefetagen und gefühlsknauserige Insassen der deutschen Firmenlandschaft aus. Das Ergebnis umfasst 280 Seiten, die eine Mischung aus Ratgeber­

weisheiten, sachlicher Informationsbereitstellung und Enter­ tainmenteinlagen bieten. Zu den Einschüben mit Unterhaltungswert gehört neben dem reichen Angebot an Wortspielen auch »der große Irrenhaustest«, mit dem das Buch wirbt. Doch bevor es zu diesem kommt, plaudert Wehrle aus dem Nähkästchen und verrät, wie der »Käfig voller Narren« gestrickt ist. Und beim Lesen der Erfahrungsberichte seiner Klienten bekommt man wehrlich das Kopfschüttelsyndrom. Es ist nicht verwunderlich, dass sich der Autor dazu hinreißen ließ, eine »Irrenhaus-Ordnung« zu verfassen – der bürokratische Wahnsinn soll schließlich gewahrt werden. Der charmante, augenzwinkernde Schreibstil, wie man ihn aus Wehrles »Am liebsten hasse ich Kollegen. Wie man den Büroalltag überlebt« noch kennt, wird auch in seiner Beschreibung des Irrsinns fortgesetzt. So ähneln sich im Übrigen auch die Verfahrensmuster – ein Slapstick als Aufhänger, der gnadenlos ausgeschlachtet, am Ende jedoch wieder relativiert wird. Genau darin gipfelt das Augenzwinkern des Autors. Allerdings dürfte der Grundton seiner Worte den Führungsriegen deutscher Firmen wohl zu denken

geben, denn Wehrle verteilt reichlich Kopf(an)stöße, die er scharf und konsequent formuliert. Doch bei allem kurzweiligen Lesevergnügen (für die Arbeitnehmer), welches sich bei Metaphern wie »Quartalszahlen­ säufer« einstellt, stecken auch Botschaften und Tipps zwischen den Zeilen, die nicht erst am Ende des Buches explizit angesprochen werden. Man lernt letztlich sicher nicht, »was die Welt im Innersten zusammenhält«, doch zumindest weiß man nach dem Lesen des Buches, wie ein Irrenhaus von innen aussieht. Dumm nur, wenn man erkennt, dass man mitten in einem steckt. Aber für diesen Fall gibt es ja immer noch einen Karriereberater. Martin Fietze > Martin Wehrle – »Ich arbeite in einem Irrenhaus« Ullstein Buchverlage, Berlin 2011 ISBN: 978 3 430200974 288 Seiten, 14,99 Euro

Buch

Michael Am

Der Staatswahn Der Anwalt und Autor Michael Am brachte vor einigen Wochen sein Buch »Der Staatswahn« im Selbstverlag auf den Markt. In diesem knapp 650-seitigen Schinken skizziert er unter anderem, wie sich das »caesarische Herrscherprinzip« über die Jahrhunderte hinweg in der abendländischen Kultur und Religion festgesetzt habe und uns seitdem wie Marionetten den täglich fremdbestimmten Tanz der Unterwürfigkeit aufführen lasse. Dieser Blick ist jedoch keineswegs neu. Der Autor nimmt auch selbst immer wieder Bezug auf die Studien Francesco Carottas, der beweisen wollte,


dass das uns überlieferte Wirken Jesus Christus eine Umdeutung des Lebens und Todes des großen Julius Caesar sei. Diese Deutungstradition will Am nun rehabilitieren und holt zu einem Schlag gegen das christliche Selbstverständnis aus, indem er die Ungereimtheiten der neutestamentarischen Erzählungen zu einem Strick aufzufädeln versucht: »Es ist kein Gesalbter, weder ein Hohepriester noch ein jüdischer Maschiach, ein Messias, der den Christen in ihrer Kirche und in ihrem Staat vorsteht, wohl aber ein römischer pontifex maximus als caesarischer pater patriae, als Papa, als der Papst, und ein ererbter Caesar […].« Zwar betont der Autor, dass Staat und Religion nicht zu trennen seien, jedoch verliert sich die Intention des Titels »Der Staatswahn« in eigenen Auslegungen von Dekalog und Heiliger Schrift. Immerhin bieten diese dann einen interessanten Standpunkt, der mit Termini wie »Daseinleben«, »Daseinwerden« oder »MenschenMenschen« belebt wird. Eklatant ist bei aller Gutmütigkeit allerdings das Verhalten im Umgang mit Quellennachweisen. Von einem fehlenden Literaturverzeichnis einmal abgesehen haben Wikipedia-Quellen in einem Werk, dem man einen wissenschaftlichen Anspruch ablesen kann, nichts zu suchen. Über ähnliche Fußnotenverfehlungen stolpert bekanntlich nicht nur der Blick findiger Journalisten und Professoren, sondern auch die Reputation von Politikern. Seinen Außenseiterthesen hat Michael Am damit keinen Gefallen getan. Es bleibt daher ein bitterer Beigeschmack, der sich während der Lektüre ansammelt. Am besten wäre es da doch, die Tatsache der fehlenden wissenschaftlichen Anerkennung von Carottas Thesen unter den Tisch fallen zu lassen. Oder zumindest in eine Fußnote zu stecken. Martin Fietze > Michael Am – »Der Staatswahn« M.AM Verlag, Görlitz 2010 ISBN: 978 3 000304798 650 Seiten, 39,95 Euro

Film

»Minus acht Grad«

Spiel

Mit dem Autoscooter prallt das junge Paar erstmalig aufeinander. In diesem Chartmusik dudelnden Gefilde vermutet der Filmfreund zunächst einmal keinen Ausgangspunkt für eine Liebesgeschichte.

Kartenspiel

Phase 10

Vielleicht habt ihr es schon bemerkt: Ich liebe Kartenspiele, die man zum einen überall mit hinnehmen kann und mit denen einem zum zweiten auch nach mehrfachem Spielen nicht langweilig wird. Phase 10 ist genau so ein Spiel. Handlich, mit leichten Regeln und auch nach dem hundertsten Anlauf noch abwechslungsreich und interessant. Umso erstaunlicher, dass viele Leute dieses Spiel, das ich schon auf der Abi-Fahrt gespielt habe, nicht kennen. Ziel ist es, zehn unterschiedliche Phasen zu bewältigen, in denen man vorgeschriebene Kartenkombinationen sammeln und nach und nach alle Startkarten von der Hand ab- und anlegen muss – und das alles möglichst als Erster. Beendet ein Mitspieler seine Phase, werden Punkte gezählt und notiert. Wer zum Schluss die wenigsten Punkte, aber die meisten Phasen hat, gewinnt. Logisch, oder? In jeder Spielrunde beginnen alle von vorne: Karten sammeln, ablegen, Punkte zählen. Doch wer lange führt, hat noch lange nicht gewonnen. Denn jede Phase kann zum Stolperstein werden! Außerdem lässt das Spiel viel Raum für »Hausregeln«, die beispielsweise die Reihenfolge der zehn Phasen oder das Aufnehmen von neuen Karten anders regeln können. Der Kreativität sind also keine Grenzen gesetzt. Wer gerne mit vielen Sonderkarten spielt, dem sei Phase 10 Master empfohlen. Diese Version bietet zahlreiche Möglichkeiten, um das eigene Blatt aufzuwerten

Anschließend streifen die beiden Teenager wortlos und im tiefsten Winter über den Rostocker Weihnachtsmarkt. Begegnen, verlieben, streiten, versöhnen – diesen beziehungstechnischen Schlingerkurs spiegeln die Filmemacher von »New X-iT« mithilfe des Rummels und der Fahrgeschäfte in ihrem Kurzfilm wider. Wahrhaftig lassen die jungen Regisseure einen Jahrmarkt der Gefühle entstehen. Der erste Blickkontakt ist so heftig wie ein Zusammenstoß beim Autoscooter. Die ersten Annäherungsversuche gleichen dem verklemmten Gewehrlauf an der Schießbude. Eine mit­ reißende Fahrt in der Achterbahn

versinnbildlicht die darauffolgenden Höhen und Tiefen. Und süß wie Zuckerwatte schmeckt die anschließende Versöhnung. Obwohl der Treuetester endloses Glück verspricht, erfüllt sich diese Prophezeiung nicht. Den »New X-iT«-Machern gelingt eine kurzweilige und durchdachte Parabel auf das Auf und Ab der Liebe. Mit schnellen Bildern erzählen sie eine liebliche Geschichte, in der sich die eigenen Erfahrungen von Bauchgefühl und Herzzerreißen wiederfinden lassen. Es gelingt ihnen dadurch, der jedes Jahr erneut nervtötenden Weihnachtskirmes einige romantische Aspekte abzuringen. Der knapp neunminütige Kurzfilm »Minus acht Grad« nimmt am Bundeswettbewerb »JUNGER FILM« teil, der im Rahmen des Festivals im Rostocker Stadthafen »FiSH« vom 13. bis 15. Mai stattfindet. STEFFEN EGGEBRECHT

39 oder die Mitspieler auf andere Weise am Sieg zu hindern. Insgesamt wird das Spiel durch Extrakarten schneller, die einzelnen Phasen leichter – was dem Spiel aber auch ein wenig an Spannung nimmt. GESA RÖMER >

»Phase 10« Ravensburger 2–6 Spieler, ab 10 Jahren Dauer: 45–90 Minuten 8,99 Euro

CD

Singer-Songwriter

Stefan Johansson – Finding Home Stefan Johansson ist das, was man einen musikalischen Weltenbummler nennt. Auftritte in Japan, Thailand


und Neuseeland hat der gebürtige Schwede schon hinter sich, aber den Weg nach Hause hat er dann doch immer wieder gefunden. Glück für uns, denn mit seinem Debütalbum »Finding Home« gibt er uns die Möglichkeit, an seinen Erfahrungen »On the Road« teilzuhaben. Während das melancholische Moment, das sich durch jeden Akkord zieht, den Songs einen einzigartigen Klang verleiht, liefern die Folkwurzeln stets die nötige Bodenständigkeit. Die braucht es auch bei so starken Tracks wie »The Creek« oder »Peaceful«, ehe uns »Why« an die Grenze der Schwerelosigkeit befördert. Viel Herz, viel Ehrlichkeit hat der Sänger in die Platte gesteckt, was man auch beim Hören spürt. »Finding Home« lädt uns ein, ein Stück unseres Lebensweges mit dem »Peaceful Warrior« Stefan Johansson gemeinsam zu gehen – und das lohnt sich, denn am Ende haben beide Seiten etwas gewonnen und dazugelernt. Martin Fietze > Stefan Johansson – »Finding Home« erhältlich für 17 Euro direkt beim Künstler: www.stefan-johansson.de

vergangenen Jahr konnten sie ihr fünfjähriges Bestehen sogar mit dem Einzug ins Ostdeutschland-Finale beim »Emergenza« küren. Ja, die Herren sind schon länger im Geschäft. Allerdings war es bis heute nur möglich, sie bei einem ihrer Liveauftritte zu hören, nicht dagegen in den eigenen vier Wänden. Um dies zu ändern, schloss sich die Band – mit Gitarre, Bass und Schlagzeug bewaffnet – monatelang weg und kredenzt uns nun auf ihrer ersten Platte mit dem Titel »New Beginnings« eine schmackhafte Mischung aus harmonischer Stimme und kraftvoller Instrumentalakrobatik. Die knapp 20-minütige EP überzeugt dabei durch energiegeladene und mitreißende Songs wie den Eröffnungstrack »What does it take«, welcher Einflüsse von internationalen Künstlern wie Taking Back Sunday oder auch Fightstar widerspiegelt. Unter anderem die Stimme des KyuchuSängers verleiht den Liedern eine individuelle Note. Mit dem Song »As long as I can breathe in« schlägt das Album zusätzlich sanftere und gefühlvollere Klänge an, um das im Sessel wild gewordene Publikum wieder zu beruhigen. In diesem Sinne: Support your locals and keep on rockin‘. CARSTEN GRAMATZKI

> Kyuchu – »New Beginnings« CD

erhältlich für 4,95 Euro (iTunes)

40

CD, Progressive Rock

CD

Kyuchu – New Beginnings »Einmal Kyuchu, bitte!« – Was zunächst wie die abendliche Bestellung beim Asia-Imbiss deines Vertrauens klingt, ist zwar ebenso köstlich, aber nichts zum Essen. Vielmehr verbergen sich hinter diesem exotischen Namen die drei Rostocker Thomas Nabrich, Benjamin Müller und Michael Heck. Seit 2005 rocken sie zusammen durch ganz Mecklenburg-Vorpommern, im

CD, Indie-Rock

The Strokes – Angles Das Versprechen auf der Verpackung wird gehalten: The Strokes in 3-D, zehn Songs wie eine Menschenpyramide, von allen Winkeln aus cool. Die krude Realität: zehn

Songs nach fünf Jahren – es ist eben eine Stippvisite vom coolen Onkel aus Übersee. Erstmals komponierte Julian Casablancas nicht alle Stücke allein, die Strokes schrieben zusammen. Seltsam nur, dass das Resultat dadurch mehr nach der Solomusik des Sängers klingt als nach der Band der ersten drei LPs. Divide et impera! Als Label der New Yorker Fünf bleiben die schönen Blondie-Licks von Nick Valensi erhalten. Seine

dreigestrichenen Indie-Küken zwitschern wieder das Gegengewicht zu Casablancas weltmüden Texten (»Living in an empty world«). Doch das Wie des vierten Albums steckt voller Überraschungen. Julians Stimme bewegt sich jetzt in einem merkwürdigen, klagenden, höheren Register, was seine Emoticons »bin gelangweilt« und »bin wütend« um ein weiteres ergänzt: »nasty«. Geboten werden zudem Tarzan/Bowie-Vibratos (»Machu Picchu«), Falsettspagate

CD

CD, Indie-Rock

Minitimer Katzenposter – Pläne für gestern Manchmal ist es wohl doch so, dass es ist, einfach so! Auf der Bühne haben ja schon so einige Rostocker die Band mit dem Nonsens-Namen lieb gewonnen. Das charmant geführte Blog über den Werdegang der Musiker findet bereits Dutzende regelmäßige Leser und nun werden auch die ersten Studio-Aufnahmen von M ­ initimer Katzenposter die Fans nicht enttäuschen. Denn »Pläne für gestern« überzeugt. Die Rostocker Studenten Arne Koevel (Gesang, Akustik-Gitarre), Stephan Holtz (Gitarre, Zweitstimme), Thomas Müller (Gitarre), André Rüdiger (Bass) und Hannes Vopel (Schlagzeug) kreierten mit ihrer Mélange aus liebevoll gemachten Texten,

klassisch arrangierten Gitarren und ihrer gewohnt sympathischen Ausstrahlung – die auch über den Tonträger nicht verloren geht – weit mehr als nur eine Variation der Hamburger Schule aus Rostock: Sie zeigen, dass das Leben tatsächlich die besten Geschichten schreibt, und haben es geschafft, fünf davon auf einer EP mit dem Hörer zusammen musikalisch zu zelebrieren. Release-Termin für das Debüt »Pläne für gestern« ist der 24. Juni. Von da an wird es auf allen Konzerten, über minitimerkatzenposter.wordpress.com und bestimmt auch bald bei den allgemein bekannten Musikvertrieben erhältlich sein. ELISABETH WOLDT


(»Under Cover of Darkness«) und sogar Bandchöre (»Gratisfaction«). Das mysteriöse Neuland heißt »Games«, ausgeführt vom Synthesizer und – wirklich – nur einer Gitarre. Diese süße MGMT-Tristesse! Das Flutlicht, Sony Music – ich hofft’, ich verdient’ es nicht! Auch Sound und Arrangement driften etwas ab von der Meat & Potatoes-Ideologie zugunsten einer neu(klingend)en nachdenklichen Leere, mit Federhall und viel Headroom. Bleibt ein Windbeutel von einem Album hängen. Geil, in fünf, sechs Jahren kommt schon das nächste! »And I’ll wait for you«. ALFONSO MAESTRO > The Strokes – Angles Rca Int. (Sony Music) 14,99 Euro

Oper

Oper

My Fairy Queen Wer glaubt, die Oper sei nichts für ihn, sollte an jenen Wendepunkt in der persönlichen Betrachtung denken, der unvermittelt während des Schauens von »Black Swan« eintrat: Gerade in einem speziellen Metier verstecken sich die schönsten Geschichten. Zudem sei allen Single-Männern gesagt: Geht in die Oper! Das ist sehen und gesehen werden auf hohem Niveau. Junge Damen in ihren schönsten Kleidern. Dazu der Barocksaal als Kulisse, das Ambiente wahrlich aristokratisch. Ein bisschen wie eine Zeitreise, wie

damals, zu Hofe. Allein die Beleuchtung verblendet den Genuss. In der Mitte des Saals steht die Bühne wie ein Laufsteg. Diese Anordnung ermöglicht zugleich den Blick in die Gesichter des Publikums. Eine Sicht, die sonst nur den Akteuren vorbehalten ist. Zu Beginn entert eine Armee in Weiß den Saal, welche sich im weiteren Verlauf als Chor offenbart. Dessen erster Einsatz ist ein Überraschungsmoment, kommt sehr abrupt, dafür umso imposanter. Die Kostüme, vor allem das des Elfenkönigs Oberon, sind eine Augenweide. Der Dirigent der Norddeutschen Philharmonie fiedelt wie im Wahn – am Ende ist er schweißgebadet. Den besten Gesang liefern zum einen Jea Sung An (Student an der Hochschule für Musik und Theater), der den Saal mit seiner stimmlichen Präsenz füllt, zum anderen die Sopranistin Iris Marie Kotzian, welche am Ende des Stücks mit ihrer »Klage« fast zu Tränen rührt. Das ewige Thema, die unendliche Geschichte. Über die Liebe wurde schon so viel gesagt, und doch findet sich kein Ende. Wer aber denkt, in einem über 300 Jahre alten Stück stecke kein wahres Leben mehr, der irrt. Die Liebe ist zeitlos und damit unsterblich. Bei aller Liebe folgt in »The Fairy Queen« am Ende doch das Drama. Die erste Geige transportiert gekonnt tiefe Melancholie in die Gemüter der Gäste. Und so geht man dann nach Hause, den Tränen nah. Bezaubernd schön. Im Schmerz liegt auch viel Wahrheit. Was bleibt, ist die Erkenntnis: »So long a man can breathe or eyes can see, so long lives this and gives life to thee.« PAUL FLEISCHER > The Fairy Queen 24. Mai, 1. und 3. Juni 2011 im Barocksaal, Regie: Alexander Herrmann, musikalische Leitung: Manfred Hermann Lehner

Videotipp

Webtipp

Stop-Motion-Kurzfilm

Coin »Wer den Pfennig nicht ehrt, ist des Talers nicht wert« – diese Volksweisheit hat es auch nach Großbritannien geschafft, wenn auch in abgewandelter Form. Dort hat Olly Newport, 16-jähriger Teenager aus Brighton, Partei für Pennys und Pences ergriffen und fordert dazu auf, über die Münzen nachzudenken, die Tag für Tag unbeachtet liegen gelassen und ignoriert werden. Newport beweist: Auch Pennies haben ein Leben! Er folgt mit seinem Video »Coin« dem Stop-Motion-Trend und lässt seine Protagonisten in anderthalb Minuten durch verschiedene Alltagsszena­ rien wandern. Dabei werden Mäuse verjagt und Gegenstände entwendet. Die kupferplatierten Stahlmünzen des englischen Königreiches beherrschen selbstverständlich auch den Nationalsport und beweisen sich dabei zumindest am Tischkicker. Wunderschöne Nahaufnahmen und malerische Musik (die allerdings nicht von Newport selbst stammt) runden das Erlebnis ab: Stop-MotionFans kommen voll auf ihre Kosten. Außerdem weiß »Coin« auch mit einem Happy End zu überzeugen: Jede Münze weiß, wo sie hingehört.

Virtuelle Fotogalerie

ausgangs.punkt

MICHAEL SCHULTZ

Kunst lebt von der Reduktion. Das sei an dieser Stelle behauptet, denn dies funktioniert auf www.ausgangs. tk bestens. Fotos pur, kein aufwendiges Drumherum, keine Bewertungs­ funktion, kein Blingbling. Als gemeinsames Fotoprojekt gestartet, zeigt »ausgangs.punkt« vor allem analoge Fotografie, die aus allen künstlerischen Bereichen und technischen Möglichkeiten schöpft. Von Lomo über Mittelformat bis zur Kleinbildaufnahme tummeln sich mittlerweile fast 250 Fotos in der Galerie. Motiv-Tags wie »Assilook«, »PIKACHU« und »Teebeutel« geben einen Eindruck über das Motivspektrum. Auch Rostock ist künstlerisch vertreten: Fotokünstler Björn Giesecke, der nebenbei für den heuler tätig ist, zeigt seine Werke ebenfalls auf ausgangs.tk.­Anschauen und inspirieren lassen! MICHAEL SCHULTZ

> http://vimeo.com/22940529

> www.ausgangs.tk

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POSTSKRIPTUM 42

W

er hätte gedacht, dass ich mal in einer Band landen würde, die zu 60 Prozent aus Vegetariern besteht? Backstage gibt es oftmals nur noch fleischloses Essen. So weit, so unspektakulär. Schlimm ist bloß die zunehmende Tendenz der Vegetarier, belehren und mir ein schlechtes Gewissen machen zu wollen. Doch dass ich Fleisch esse, macht mich nicht zwangsläufig zu einem schlechten Menschen, der allen anderen am Tisch allein durch seine Speisewahl mutwillig die Mahlzeit verdirbt! Trotzdem schadet Fleischverzehr offensichtlich dem Appetit mancher Mitmenschen schon während des Essens. Nachdem es die Nichtraucher erreicht hatten, sich zu Recht vor dem Passivqualm zu schützen, galt es, den Raucher als Feindbild und bösen (Un-)Menschen zu etablieren. Mit Erfolg. Doch nun braucht es einen neuen Gegner und da kommt in Zeiten der gesunden Lebensweise und der Nahrungsethik der Fleischfresser gerade passend. Bald gibt es auf dem Bahnhof ein extra Carré für sie, Selbsthilfevideos wie »Fleischlos: Ich habe es geschafft!« und zum Schluss getrennte Räume in Restaurants. Man kann ja die »Fleischarier« zu den Rauchern schicken, dann ist das Böse versammelt und eingesperrt. Am schlimmsten sind diejenigen, die sagen: »Inzwischen habe ich nur noch gelegentlich Appetit auf Fleisch und den habe ich gut unter Kontrolle.« Können wir denn Fleisch nicht einfach als Genussmittel betrachten? Inzwischen ist unser Bassist übrigens kein Vegetarier mehr und das Verhältnis zugunsten der Menschen mit Fleischhintergrund gekippt. Böse Band.

Text

STEPHAN HOLTZ

Hundestrom! Comic

HANNES FALKE

IMPRESSUM Parkstraße 6, 18057 Rostock Telefon: 0381 498 5604 Telefax: 0381 498 5603 www.heulermagazin.de

Geschäftsführer: Paul Fleischer gf@heulermagazin.de

No. 93 | Mai 2011

Ressortleiter: Gesa Römer (Universität) Änne Cordes (Studentenleben) Elisabeth Woldt (Politisches) Karolin Buchholz (Kultur)

Herausgeber: Studierendenschaft der ­ Universität Rostock

Grafik und Layout: Michael Schultz mschultz@filterfreak.net

Redaktionsleitung: Änne Cordes (V.i.S.d.P.) Gesa Römer redaktion@heulermagazin.de

Lektorat: Annika Riepe; Mitarbeit: Gesa Römer, Sandra Schramm, Christoph Treskow

Redaktionelle Mitarbeit: Maximilian Berthold, Marieke Bohne, Karolin Buchholz, Steffen Eggebrecht, Hannes Falke, Martin Fietze, Paul Fleischer, Fabian Fröhlich, Björn Giesecke, Mareike Götz, Carsten Gramatzki, Yvonne Hein, Caroline Heinzel, Stephan Holtz, Jasmin Holst, Johannes Krause, Stefanie Krauß, Andreas Lußky, Alfonso Maestro, Fabian Nehring, André Olbrich, Annika Riepe, Michael Schultz, Luisa Uchtenhagen, Elisabeth Woldt

Druck: Stadtdruckerei Weidner, Carl-Hopp-Str. 15, 18069 Rostock Auflage/Erscheinungsweise: 4.000/vierteljährlich Titelbild Heft 93: Björn Giesecke und Annika Riepe Redaktionsschluss für das Heft 93 war der 20. April 2011. Der nächste heuler erscheint voraussichtlich im Juli 2011. Es gilt die Anzeigenpreisliste Nr. 01/2011.


RÄTSEL! Rätsel

MARIEKE BOHNE UND ANNIKA RIEPE

nachgelaufen Akademische Gefahr: Wer greift denn hier den Burgherrn an?

nachgeplappert Der Jugend auf ’s Maul geschaut: Bitte übersetzen!

nachgeblättert – Rallye durchs

Heft

Antworten auf folgende Fragen: Addiere beziehungsweise subtrahiere die des Fastens täglich zu sich? Wie viele Kilokalorien nahm Max während schlandstipendiaten monatlich? Deut ten erhal – Wie viel Förderung (in Euro) April eine AStA-Diskussionsveranstaltung? + Wie viele Studenten besuchten am 26. nposter« auf der neuen EP? – Wie viele Lieder hat »Minitimer Katze Mietauto freizubuddeln? + Wie viele Stunden versuchte Änne, das Insel Guangzhou? – Wie viele Universitäten gibt es auf der ? n Parteivertreter keine Schulen besuchen + Wie viele Wochen vor einer Wahl dürfe jetzt zur Seite mit der Zahl deines Hast du ein Ergebnis? Dann gehe lächelt denn da so schön? Resultats und beantworte uns: Wer

Des Rätsels Lösung: Schicke deine Antworten bis zum 20. Mai 2011 per E-Mail an redaktion@heulermagazin.de und du sgewinnst mit etwas Glück einen der fanta chein Guts ein sen: tischen Preise. Wir verlo »Ben für n Karte zwei Heft von Mr. Coupon, Hur« in der Compagnie de Comédie am 25. Mai, zwei Karten für »Adams Äpfel« am 27. Mai im Theater am Stadthafen, einen Gutschein im Wert von 10 Euro für den viv BioFrischeMarkt und Tickets für »The Sounds« am 10. Juni im MAU.

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