heuler – das Studentenmagazin #97

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Das kostenlose Studentenmagazin der Uni Rostock

03 Wir sind Deutschlands bestes Studentenmagazin! 07 EHRENAMT ODER VOLLE TASCHEN? 29 ÖKO-NAZIS IN MV 39 IRON HORSES – ROCKSTARS im SCHLÜPFER 42 nachgefragt beim Heuler-gründer heulermagazin.de

97 01-2012



IMPRESSUM

01/12 STARTSCHUSS

Parkstraße 6, 18057 Rostock Telefon: 0381 498 5608 Telefax: 0381 498 5603 www.heulermagazin.de Nr. 97 | April 2012 Herausgeber Studierendenschaft der Universität Rostock

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Redaktionsleitung Gesa Römer (V. i. S. d. P.) Alfonso Maestro redaktion@heulermagazin.de

HEUTE!

GESTERN?

Geschäftsführung Gesa Römer gf@heulermagazin.de

The winner takes it all!

Der heuler-Rückspiegel

Editorials schreiben ist lästig. Mindestens genauso lästig wie Hausarbeiten anfertigen oder das Klo putzen. Nie findet man einen Aufhänger, nur selten ein Thema. Aber wo sonst könnte man dem Leser von all den schönen Momenten beim Layout berichten, von der Gemeinschaft, dem bekloppten Layouter, den Duden-Freaks und all denen, die uns immer besuchen kommen. Welche Position wäre angemessener, um in die ganze Welt hinauszuschreien: »Wir sind Deutschlands bestes Studentenmagazin! Weichet all ihr ewigen Nörgler, all ihr Besser­wisser und all ihr Ignoranten – wir haben den Beweis: Die Fachjury vom Pro Campus-Presse Award hat uns dazu ernannt.« ­Jedenfalls rufen wir es ganz kurz: Eigentlich mögen wir Nörgler und Kritiker nämlich (zumindest die, die sich nicht nur aufregen, um sich aufzuregen). Doch zurück zum Editorial: Jedes Mal stellen sich gegen Ende des Layout-Wochenendes, wenn das Schreiben dieses Textes unausweichlich wird, die Fragen: »Braucht die Nummer 1 überhaupt ein Editorial? Wäre es nicht mal ›was anderes‹, den Text einfach wegzulassen?« Aber weil man im Editorial ja schreiben darf, was man will – wie wäre es mit einem Aufruf: Liebe Editorial-Leser, schreibt (uns)! Wo wir schon beim Thema sind: Im ­Impressum links stehen weniger Redakteure und Grafiker als in der letzten Ausgabe. Und die regelmäßigen Leser von Seite 3 werden sehen, dass das Impressum hier neu ist – und jetzt viel mehr Platz hat. Wir können also viiieel mehr Redakteure unterbringen als noch im alten Layout. Vielleicht hat ja jemand Lust, seinen Namen dort wiederzufinden. Alles, was man tun muss, ist, einen kleinen Beitrag zu leisten. Ahoi!

Da haben wir im letzten Heft extra einen Artikel veröffentlicht, der sich mit dem Thema des Zweiradschutzes beschäftigt – und prompt wird ausgerechnet unserem Layouter eines Nachts der Fahrradsattel entwendet. Tja, hätte er mal den ­heuler gelesen. Da steht doch groß und breit, dass Schnellspanner unsicher sind und man die entsprechenden Fahrradteile mit einem zusätzlichen Schloss sichern sollte. Recht spät hat er reagiert und die Sattelstütze seines Radels mit herkömmlichen, diebstahlsicheren Inbusschrauben ausgestattet. Toi, toi, toi, hoffentlich kommt nun niemand auf die Idee, die Räder abzumontieren (immer noch Schnellspanner).

Ressortleitung Gesa Römer (Uni) Stefanie Krauß (Leben) Annika Riepe (Politik) Alfonso Maestro (Kultur) Layout Michael Schultz mschultz@filterfreak.net Lektorat Christoph Treskow Annika Riepe Mitarbeit: Gesa Römer Redaktionelle Mitarbeit: Felix Baum, Maximilian Berthold, Marieke Bohne, Adelwin Bothe, Steffen Dürre, Madeline Estes, Hannes Falke, Björn Giesecke, Mareike Götz, Carsten Gramatzki, Yvonne Hein, Caroline Heinzel, Anna Hermann, Tino Höfert, Stephan Holtz, Stefanie Krauß, Josephine Mainka, Marten Neelsen, Annika Riepe, Tracy Sawallich, Michael Schultz, Marcus Sümnick, Christoph Treskow, Jana Wichert, Elisabeth Woldt

GESA UND ALFONSO

Web

redaktion@heulermagazin.de online@heulermagazin.de

Nach dem großen Erfolg des musikalischen Abends zum »Rostocker Liederbuch« ist eine weitere Aufführung angedacht. Bisher stehen jedoch weder Ort noch Zeit fest – wie immer hängt alles am lieben Geld und »mächtigen« Verbündeten. Ins Gespräch gekommen ist, das bisherige Programm noch ein wenig zu erweitern und die Aufführung nach Möglichkeit in eine größere Lokalität zu verlegen, um einem ähnlichen Ansturm wie dem letzten diesmal gelassen entgegensehen zu können. Toi, toi, toi, dass das Engagement von Studenten und Professoren Unterstützung findet und die schönen Melodien des Buches erneut zum Klingen gebracht werden. Auch die Zukunft des Interkulturellen Gartens nimmt Form an. Seit wir im letzten heuler über das Projekt berichteten, konnte ein neuer Platz gefunden werden: In der Nobelstraße soll der »Garten ohne Grenzen« bald mit Pflanzen aus aller Welt bestückt und ein Ort des interkulturellen Austauschs und friedlichen Zusammenlebens werden. Das Ökohaus Rostock wird dem Ortsbeirat in Kürze das Konzept vorstellen. Dieser entscheidet dann darüber, ob der Interkulturalität eine Chance gegeben werden soll oder ob die Angst vor Nazis doch zu groß ist. Toi, toi, toi, dass die Mitglieder des Ortsbeirates den Mut aufbringen, sich gegen rechts zu stellen.


01/12 INHALTSVERZEICHNIS

Uni 4

07

Tasche voll statt Ehrenamt?

08

Hörst du den Knall?

09

Lesen nach Vorschrift

Wie aus Freiwilligkeit schnell ein Arbeitsverhältnis werden kann

Wenn in der Uni eine Bombe liegt …

18

Traumwohnung in Rostock

19

Pro / Contra

20

2012 überleben

Wohnungspreise in der KTV erklärt

Frühjahrsputz

Auch wir haben ein Maya-Special

Listen bestimmen das Leseverhalten

32

Politische Bildung

33

Datensammlung Facebook

34

Schon verkehrt?

36

Leben im Schatten

Wem gehört der 1. Mai? / Termine

Was passiert mit meinen Daten?

Bürgerbeteiligung in Rostock

Auf Spurensuche bei Asylbewerbern

Serie: Einmal durchs Examen

kultur

Fidi wird Lehrerin, Teil III

10

Tonnenweise Schweine

12

Achilles Verse

13

Forschen mit Gegenstand?

14

Aus den Augen, aus dem Sinn

Zahlen aus der Welt der Mensa

Wissenschaft ohne Kreativität

Ein Religionswissenschaftler berichtet

Wohin eigentlich mit dem ganzen ­Uni-Müll?

22

Dear Diary

24

Shitchat

25

London in Sicht

26

Du brauchst Geld?

Erlebnisse einer US-Austauschstudentin

Die Anonymität des stillen Örtchens verleitet zu kreativem Vandalismus

Paddeln Richtung Olympia

Studienkredit im Praxistest

39

Mecklenburger Edeldampf

40

Gute Tipps für Deutschland

41

Filmkunst in Schwerin

42

Robbe wird Seelöwe

44

Wer war Peter Weiss?

46

Geschmackspolizei

51

Rätsel

Die Iron Horses im Interview

Änderungsvorschläge aus den Staaten

Rettung durch den Bildungsminister

Der heuler-Gründer im Gespräch

Die Peter-Weiss-Woche in Rostock

POLITIK LEBEN

17

WG Olé

03

Impressum

Von Klischees und Wahrheiten im gemeinsamen Zusammenleben

29

Öko-Nazis

30

OB im Interview

50

Postskriptum Comic

Auf braunem Boden wachsen Früchte

Oberbürgermeister Roland Methling spricht über die vergangene und die vor ihm liegende Amtszeit


Foto: Björn Giesecke

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DANKE für die 1! heuler-Grillen mit Teilen des Teams und Fans, Sommer 2010


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UNI GRAFIK: MICHAEL SCHULTZ

Kein geld für knalltüten! »Ich jage die Uni in die Luft, wenn ich kein Geld bekomme!« Oder war es doch anders? Der Uni drohen, um der Prüfung zu entgehen und einen Arbeitsvertrag verlangen, damit ein Ehrenamt zum richtigen Job mit hohem Gehalt wird? So viel Quark muss man erst einmal verdauen. Am besten bei einem von 16.000 XXL-Schnitzeln pro Jahr aus der Mensa. Doch wohin am Ende eigentlich mit dem ganzen (irdischen) Müll? Das alles erfahrt ihr auf den folgenden Seiten. GESA, Ressortleiterin


TASCHE VOLL STATT EHRENAMT? Derzeit finden sich immer wieder Mitglieder der Hochschulpolitik vor Gericht wieder. Zwei bisher ehrenamtlich tätige Studenten klagen dort jeweils auf einen Arbeitsvertrag und Gehalt. Beide begründen ihre Klage mit dem Wunsch nach einer einheitlichen Regelung für ganz Deutschland, beide Prozesse haben je auf ihre Weise Beispielcharakter. Text

GESA RÖMER

Heiko Marski gegen das Land Mecklenburg-Vorpommern Bislang hat der Studentische Prorektor (PSA) für seine Tätigkeit im Rektorat 800 Euro Aufwandsentschädigung pro Monat erhalten. Nicht genug für die geleistete Arbeit, findet Heiko Marski und verklagt deswegen die Universität auf das Gehalt eines Professors. Viel wichtiger sei ihm aber ein geregeltes Arbeitsverhältnis: »Ich befinde mich jetzt seit zwei Jahren in völlig ungeklärten Verhältnissen. Alles ist vorläufig, nichts geht. Keine Krankenversicherung, keine Rentenversicherung, keine Steuererklärung«, so Marski im Interview mit heuler-online. Am ersten Prozesstag im Januar stellen beide Parteien noch einmal ihre Sichtweise dar: Während die Anwältin der Universität daran festhält, dass das Amt des Studentischen Prorektors ein Ehrenamt sei wie viele andere auch und Studierende ohnehin berechtigt und verpflichtet seien, an der Gestaltung ihrer Universität mitzuwirken, bestreitet Marskis Anwalt eben diese Auslegung als ehrenamtliche Tätigkeit. Bereits zwei Monate später, am 16. März, wird das Urteil gesprochen. Richter Kling begründet kurz und knapp, ­warum er die Klage ablehnt. Durch seine Wahl habe Marski ein ­Ehrenamt angetreten; die Bestellung zum PSA durch den Rektor sei ein reiner Verwaltungsakt gewesen und habe nicht zu einem Arbeitsverhältnis geführt. »Damit ein Vertrag

zustande kommt, müssen Angebot und Annahme übereinstimmen«, so Kling. Dies sei nicht geschehen – den Arbeitsvertrag, den die Universität Marski angeboten hat, habe dieser aufgrund von unverhältnismäßiger Bezahlung abgelehnt. Da es damit kein Arbeitsverhältnis gegeben habe, könne Marski nun auch keinen Anspruch auf eine höhere Bezahlung stellen. Die Ablehnung der Klage ist für Marski überraschend. Mittlerweile steht deshalb fest, dass er sich mit dem Urteil nicht zufriedengeben und in Berufung gehen wird: »Meiner Meinung nach hat der Richter eine Frage beantwortet, die wir ihm gar nicht gestellt haben.« Ebenfalls offen ist nach wie vor, wie das Amt des PSA in Zukunft an der Universität ausgestaltet werden wird. Marskis Amtszeit endete offiziell Anfang April. Durch die Klage ist die Stelle jedoch nicht erneut ausgeschrieben worden, sodass der Posten derzeit unbesetzt ist. »Die Universitätsleitung bewertet die Tätigkeit der Studentischen Prorektoren mit ­Respekt und großer Wertschätzung und befürwortet nach wie vor eine studentische Mitwirkung in der Hochschulleitung«, so Pressesprecher Dr. Ulrich Vetter. Die genaue Ausgestaltung müsse nun aber durch die Gremien der Universität neu diskutiert werden. Immer noch ist das Amt des PSA in Deutschland ­einzigartig. Ein Urteil in diesem Prozess wird sich mit aller Wahrscheinlichkeit auch auf die geplante Einführung des Amtes in anderen Bundesländern auswirken.

Ehemaliger Referent fordert Gehalt eines wissenschaftlichen Mitarbeiters Im zweiten Prozess der vergangenen Monate verklagt der ehemalige Referent für Politische Bildung im Allgemeinen Studierendenausschuss (AStA), Paul Wutschke, die gesamte Studierendenschaft. Wutschke ist der Ansicht, dass für die 50 ­geleisteten Arbeitsstunden pro Monat eine Aufwandsentschädigung von 160 Euro unangemessen sei, und fordert nun rückwirkend eine Lohnzahlung von 800 Euro pro ­Monat. Umstritten ist dabei sowohl, ob Wutschke wirklich monatlich 50 Stunden Arbeit geleistet hat, als auch, ob überhaupt ein Arbeitsverhältnis bestanden hat und somit Löhne statt der Aufwandsentschädigungen gezahlt werden müssten. Weiterhin ist fraglich, inwiefern das Arbeitsgericht

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8 für dieses Verfahren der richtige Ort und die geforderte Höhe der Aufwandsentschädigung angemessen ist. Deutschlandweit ist die Bezahlung der AStA-Referenten sehr unterschiedlich geregelt: Die Spanne reicht von Aufwandsentschädigungen über Minijobs bis hin zu normalen Arbeitsverträgen. Die Bezahlung variiert dabei zwischen monatlich 0 und 700 Euro. Bei zwei Gerichtsterminen erklärt der zuständige Richter Sander ziemlich deutlich, dass er keine Anhaltspunkte für ein Arbeitsverhältnis sehe und die geforderte Lohnzahlung als übertrieben verstehe. »Kurzum: Aus unserer Sicht ist da kein Ansatz für ein A ­ rbeitsverhältnis«, so Sander während des ersten Streitschlichtungsgesprächs. Auch den

Vorwurf der Sittenwidrigkeit lehnt der Richter rigoros ab und erklärt, Wutschkes Gehaltsforderungen seien vermessen. Am Ende weist er die Klage ab. Wenige Wochen nach dem Prozess versichert Wutschke dennoch: »Wir werden Berufung einlegen.« Er habe von Anfang an gesagt, dass er sich einen Vergleich wünsche, im Zweifel aber den rechtlichen Weg weitergehen werde. »Das Gericht hat ein Urteil gesprochen. Damit ist die Frage geklärt. Ich verstehe nicht, warum Paul sich nun nicht zufriedengibt«, äußert sich Sarah Grote, Vorsitzende des AStA, enttäuscht. »Viele sagen, der AStA drehe sich nur um sich selbst; dafür können wir in so einem Fall aber nichts.« Sie hoffe, dass der Prozess schnell beendet sei, und gibt sich ebenso wie Wutschke zuversichtlich, am Ende als Gewinner aus dem Prozess zu gehen. Inzwischen gibt es Hinweise darauf, dass sich weitere ehemalige Referenten und ­andere von der Studierendenschaft bezahlte Studenten Wutschkes Klage anschließen und gemeinsam wenigstens einen Vergleich, und damit nachträgliche Gehaltszahlungen, erwirken möchten. Im ­äußersten Fall kommen auf die Studierendenschaft hohe Gehaltsnachzahlungen und dadurch vermutlich auch steigende Beiträge zu. Für den weiteren Prozessverlauf versichern jedoch beide Parteien, dass sie noch einen Joker in der Hinterhand hätten. Beide Prozesse sind also noch nicht entschieden. Bisher sind sowohl Ex-Referent Wutschke als auch der ehemalige PSA Heiko Marski in der ersten Instanz gescheitert. Wann sich nun das Landesarbeitsgericht mit den Fällen befassen wird, ist noch unklar, und das Ergebnis scheint weiterhin offen zu sein. Wir berichten dazu weiter auf heuler-online.

Hipster droht mit Knalleffekt Es muss ein sehr genialer Moment sein, den der Anrufer in diesem Augenblick durchlebt. Er wählt am ersten verregneten Montag im März die Nummer der Universitätsverwaltung. Seine Nachricht: Es könne ja sein, dass möglicherweise die Chance bestünde, in den Räumen der Universität auf einen explosiven Gegenstand zu treffen. Kurzum: Noch bevor der Rektor den ersten Becher Kaffee intus hat, liegt auf dem Schreibtisch eine Bombendrohung. Mit dieser Premiere schließt der anonyme Bombendroher die Lücke zur Hauptstadt. Nach der Mate-Schwemme und aufgeregten Mülldieben an Discounter-Tonnen gibt es endlich auch Bombendrohungen. Es ist wie bei den ganz Großen! Ein echter Hipster ist der Anrufer also, der Rostock so zu einer aufregenden und gefährlichen Stadt machen will. Da ist es nur konsequent, dass er seine Rufnummer nicht unterdrückt. Echte Gangster machen das so. Ob sich das Rektorat nun mit einem Drive-by-Shooting aus dem Rektoratsphaeton revanchiert, ist allerdings fraglich. Natürlich gibt es überhaupt keine Bombe. Mehr als einen Schäferhund mag da auch die Rostocker Polizei nicht aufbieten, die ohnehin jegliche Nachfragen nach einer Bombendrohung an der Universität nicht weiter kommentieren will. Weder der Rektor noch sonst jemand ordnet die Räumung von Gebäuden an, gemacht wird es vielerorts

trotzdem. Es ist ein verlorener Tag für das Rektorat, den Pressesprecher und viele Studierende. Besonders »freuen« sich die Examenskandidaten des Lehrerprüfungsamtes, die ihre Examensklausur verlassen müssen. Ein bisschen aufgescheucht hat der Bombendroher den Hühnerhaufen, mehr ist am Ende des Tages nicht übrig. Die Poststelle der Universität fördert sogar noch ein unbekanntes Paket zutage, welches letztmalig die Hoffnung aufkeimen lässt, dass nun doch noch das Bombenräumkommando anrückt. Aber es bleibt bei einem Streifenwagen in der Ulmenstraße, der genauso gut auch nur eine ­Reifenpanne haben könnte. Und so erstrahlen der Bebeltower, das Lehrerprüfungsamt und die Bibliothek der Rechtswissenschaften weiterhin im alten DDR-Glanz – auch wenn sich manch einer sicherlich gewünscht hätte, dass es hier mal ordentlich kracht. Immerhin: Nun muss sich die Uni Rostock vor ihren großen Hauptstadt-Kolleginnen in puncto Bombendrohung nicht mehr verstecken. In Berlin wurde zuletzt 2011 die Humboldt-Universität geräumt, nachdem im Vorfeld einer Rede des türkischen Ministerpräsidenten Abdullah Gül eine Bombendrohung die Sicherheitskräfte auf den Plan gerufen hatte. Kommentar

Michael SCHULTZ


Wir wissen: Die Zeit spurtet auf und davon. Die Antwort auf die Frage, was man als Nächstes lesen sollte (vielleicht diesen Artikel?), ist während des Studiums daher naturgemäSS wenig durch eigene Vorlieben bestimmt. Eines vorweg: Es gibt Menschen, die nicht lesen. Und solche – man glaubt es kaum –, die es tun. Letztere haben folgendes Problem: Ein mittelmäßiger Mensch in unseren Breiten hat bestenfalls noch etwa 25.000 Tage zur Verfügung, um wundervolle Bücher zu lesen. (Von dieser nicht gerade selbstlosen Sichtweise rühren auch die pathetisch anmutenden Empfehlungsschwarten mit dem Titelalgorithmus »Blablabla + bevor man stirbt« her.) Insbesondere Wissenschaftler – aber auch andere, die den Drang verspüren, Bücher zu lesen – sehen sich beinahe täglich mit dieser skandalösen Tatsache konfrontiert. Man kommt kaum mehr aus dem Grübeln raus, wenn einmal der ketzerische Gedanke von einem Besitz ergriffen hat, wer eigentlich alles darauf Einfluss nimmt, was vor dem Eingang in die ewigen Jagdgründe gelesen werden sollte. An der Uni Rostock gab es nun im Rahmen eines Seminars einen frischen Ansatz, zumindest in der Germanistik: die Studenten selbst! Das macht nur Sinn, geht doch beispielsweise die verbindliche Leseliste des ältesten deutschen Germanistik-Instituts in Krücken. Diese besteht bislang aus sage und schreibe 24 konkreten Titeln und sollte damit schnellstens dem Reich des Vergessens angehören. Aufgabe eines Hauptseminars war es deshalb, fundierte Leselisten für bestimmte Lektüre-Zielgruppen (etwa Erstis) und zu Themen (zum Beispiel Weltliteratur) herzustellen. Anfangs erlebten die Studenten bei der Auswahl zwar erhebliche methodische Schwierigkeiten, doch verwandelten sich diese durch die Zusammenarbeit schnell in kreative Konzepte. Heraus kam mehr als ein halbes Dutzend hübscher Listen, das nun b ­ angend auf eine Veredelung durch die Spezialisten, die Dozenten der Fachbereiche, und eine Veröffentlichung hofft. Wie diese neue Beteiligung also weiterwirkt und ob sie für zukünftige, nur das Notwendige lesende Studis zum verbindlichen Verhängnis wird, ist noch offen. Springt der neue Zeitgeist vielleicht sogar auf andere Gleise um? Es bleibt spannend! Ich muss jetzt weiterlesen. Kommentar

CHRISTOPH TRESKOW

Nach der prüfung ist vor der prüfUng Endlich ist ein Ende in Sicht, die ersten Pläne für die »Zeit danach« sind bereits geschmiedet: Auch in dieser Ausgabe gibt uns Lehramtsstudentin Fidi Einblicke in ihr Leben rund um das Erste Staatsexamen. 9

heuler: Fidi, Weihnachten ist vorbei und der Sommer lässt sich langsam erahnen. Meine erste und dringendste Frage lautet: Was ist bei dir seit der letzten heuler-Ausgabe passiert? Fidi: Ich habe nichts erlebt. Mein Leben ist voll öde! Ich lerne und lerne und lerne. Ich weiß gar nicht mehr, wie die Rostocker Clubs von innen aussehen, und habe vor Kurzem geschworen, dass ich mir nach meinem Studium unbedingt einen Lenkdrachen kaufen werde. Vermutlich gehören solche sozialen Tiefpunkte zum Examen dazu. ­Welche Lernordnungssysteme hast du dir ausgedacht? Und hast du zurzeit das Lernniveau erreicht, das du angestrebt hattest? Meine Mathe-Truppe (Grüße an Anne, Steffi, Matze und Christian) ist definitiv die beste Lernorganisation. Den ganzen Examenskram als ­Alleinkämpfer zu stemmen, stelle ich mir ziemlich frustrierend vor. Mir tut es gut, mich regelmäßig mit meiner Leidensgenossenschaft zu treffen. Wir schnacken über den Lernstoff, tauschen Literatur aus, quälen uns gemeinsam durch die mathematischen Weiten – von Isomorphiesätzen bis hin zu Hauptachsentransformationen – oder hängen auch einfach nur ab und erinnern uns daran, den Kopf nicht in den Sand zu stecken. Lernniveau? Schwierig … Halten wir es einfach mal mit: Je mehr ich weiß, desto besser weiß ich, dass ich nichts weiß. Stellen wir fest: Lerngruppen sind wichtig, Lernziele nicht. Hast du denn schon Prüfungen geschrieben? Na klar, ich bin doch mittendrin statt nur dabei! Pädagogische Psychologie war die erste Klausur, gefolgt von Mathedidaktik. Das Beste daran ist erstens die Heimfahrt nach der Prüfung mit dem

Foto: Mareike Götz

Listen lesen, und das Leben

Gefühl, wieder einen Schritt gemacht zu haben, und zweitens das Abheften des geschafften Prüfungsstoffs. Die Ernüchterung lässt allerdings nicht lange auf sich warten: Nach der Prüfung ist vor der Prüfung. Wohl wahr. Wie viele Prüfungen kommen denn noch und in welchen Zeitabschnitten finden sie statt? Das Staatsexamen erfordert das Ablegen von vier schriftlichen und vier mündlichen Prüfungen, und zwar in den Hauptfächern, den jeweiligen Fachdidaktiken sowie den Erziehungswissenschaften. Dementsprechend liegen noch sechs Prüfungen vor mir. Zeittechnisch haben die Damen vom Lehrerprüfungsamt gut geplant: Zwischen jeder Prüfung liegen in etwa drei Wochen. Wir wünschen dir viel Erfolg und Durchhaltevermögen! Interview

MAREIKE GÖTZ


1001 UniFakten 10

Wissenswertes zur Universität – dieses Mal: die Mensa! Mit freundlicher Unterstützung von Dr. Stoll, Geschäftsführer des Rostocker Studentenwerks, und Ariane Schreiber.

Die Mensa Süd wurde ursprünglich für 3.000 Studenten konzipiert. Sie kostete 7,7 Mio. Euro und vom Planungsbeginn bis zur Fertigstellung vergingen 2 ½ Jahre.

400.000

PORTIONEN POMMES,

149.000

Text

GESA RÖMER

1919

Seit 1999 bieten die Mensen des Studentenwerkes vegane ZUTATEN an. Die Mensa Süd war maSSgeblich an der Einführung der Komponentenwahl mit Teilselbstbedienung beteiligt. Bis dahin wurden nur komplette Tellerportionen ausgegeben.

ERÖFFNETE DIE ERSTE »MENSA ACADEMICA« IM FRIEDHOFSWEG.

PORTIONEN PÜREE,

100.000

PORTIONEN REIS werden im Jahr in den Standorten der Mensa verzehrt.

Seit 2011 werden alle Zusatzstoffe ausgewiesen. Zukunftsziel ist es jedoch, alle Komponenten frei von Zusatzstoffen anzubieten.

Lieber F., Du, der junge Koch aus der Kleinen Ulme, bist für mich das wahrgewordene Sprichwort: Liebe geht durch den Magen. Denn, stets freundlich, allzeit gut gelaunt, liest Du mir den Appetit von den Lippen. Du sorgst für Gaumenschmaus und ein intaktes Gewissen. Sage ich Dir die Hauptbestandteile meines Gerichtes, weißt Du schon längst, dass ich mir auch den Rest fleischlos wünsche – und komponierst für mich. Dir vertraue ich meinen Hunger furchtlos an, bei Dir bin ich immer satt und zufrieden. Dein Dauerlächeln schließlich ist mein süßes Dessert. Mehr brauche ich nicht für mein Mensaglück. Lieber F., ich gebe zu: Ich liebe Dich wie Apfelmus.

Deine A.

1.600

Kilogramm kaffeepulver werden PRO jahr FÜR

135.000 PORTIONEN KAFFEE oder KAFFEESPEZIALITÄTEN VERBRAUCHT.


640 In der Zeit von 11:30 Uhr bis 14 Uhr werden an den Kassen der Südstadt-Mensa im Jahresdurchschnitt pro Minute 12 Studenten bedient.

16.000 XXL-

SChnitzel werden in den Mensen des Rostocker Studentenwerkes jährlich verkauft.

32.000

PORTIONEN SALAT UND

18.000

PORTIONEN DESSERTS gingen im letzten Studienjahr über die Mensa-Theken.

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studenten finden platz in der südstadt-mensa.

Bei der neuesten Aktion wird einmal monatlich das Wunschgericht der Mensa-Esser gekocht. Außerdem ist die Bildung von Ausschüssen geplant. Hier sollen die Mensen im direkten Austausch mit ihren Gästen stehen.

Tonnen Schweinefleisch werden jährlich für die verzehrten Steaks benötigt. Das entspricht dem Gewicht von etwa 200 schlachtreifen Schweinen.

Es stimmt nicht, dass die Bratkartoffeln am Freitag aus den Kartoffeln der zurückliegenden Woche gemacht werden.

35.000

In allen Mensen des Rostocker Studentenwerkes produzieren die Mitarbeiter das Essen selbst.

PORTIONEN ROTKOHL werden PRO SEMESTER VERKAUFT. Damit ist Rotkohl der Renner unter den Beilagen.

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ACHIL LES VE RSE 12

Wissenschaft ohne Kreativität? Wer beschließt, Germanistik zu studieren, interessiert sich in der Regel für die Sprache, liest und schreibt zumeist gern Gedichte oder Geschichten. Doch wer denkt, dies im Studium ausleben zu können, wird enttäuscht – zumindest an der Universität Rostock. Bachelor- und Masterstudenten scheinen besonders in der Literaturwissenschaft Meister im Wiederholen und Umformulieren zu sein – denn mehr tun wir doch eigentlich nicht. Eigenproduktion? Fehlanzeige! Sicher ist dies eine Art der Verinnerlichung, gerade um sich Grundlagen anzueignen. Aber Germanistik ist doch keine trockene Wissenschaft ohne Kreativität! Wenn wir die deutsche Sprache mit all ihren Facetten studieren, warum können wir uns darin nicht auch ausprobieren?! Mit dem Prosawettbewerb bietet unser Institut für Germanistik immerhin eine Möglichkeit, sich gestalterisch auszuleben. Sicherlich eine gute Idee, aber das ist zu wenig und nicht jeder möchte mit seinen Zeilen in einen Wettbewerb treten. Der einzige kreative Kurs »Zu ausgewählten Problemen der Rhetorik und Textproduktion / Produktives Schreiben« bleibt allen Bachelor- und Masterstudenten verwehrt, da er nur für Lehramtsstudierende konzipiert ist und nur sie die Ehre haben, kreativ sein zu dürfen – eine Frechheit! In diesem Punkt ­beneide ich meine Freundin Cindy aus Leipzig, die ebenfalls Germanistik studiert. Dort gibt es ein zweisemestriges Seminar »Literarisches Schreiben«, das sogar studiengangsunabhängig ist! Wissen schafft Kreativität und die sollte doch gefördert und nicht ignoriert werden. ­

Die Achilles Verse müssen nicht die Meinung der Redaktion wider­ spiegeln. Schildert uns euer Problem und wir veröffentlichen es – auch anonym. >>

redaktion@heulermagazin.de


Foto: Uni Rosotck/ITMZ

Die Religionswissenschaft muss vornehmlich mit zwei Irrtümern kämpfen: dass Religion mit zunehmendem Fortschritt verschwinde und dass Religionswissenschaftler(innen) selbst religiös sein müssten. Doch Religion ist präsenter denn je, und verantwortliche Forschung braucht reflektierte Distanz. VON KLAUS HOCK Wie die Geschehnisse rund um den 11. September eindrucksvoll belegen, kann es riskant sein, die Religion bei der Analyse geschichtlicher Entwicklungen und gesellschaftlicher Prozesse zu ignorieren. Doch auch jenseits spektakulärer Ereignisse ist sie im Alltag selbst jener Gesellschaften, in denen Religion vermeintlich keine Rolle mehr spielt, auf vielfältige Weise präsent: entweder ganz manifest, nachdem zum Beispiel im Zuge von Globalisierung und Migration ­ dynamische Formen von Religion Teil der gesellschaftlichen Realität geworden sind, oder latent – in Gestalt von Phänomenen, die zwar nicht mit dem Begriff »Religion« belegt werden, aber faktisch religiöse Qualität haben. Die Religionswissenschaft beschäftigt sich mit Religion an beiden Enden dieses Spektrums. Ein am Fachgebiet »Religionsgeschichte – Religion und Gesellschaft« ­angesiedeltes Forschungsvorhaben ­beispielsweise untersucht das Selbstverständnis afrikanischer Kirchen in Deutschland, und im Rahmen eines interdisziplinären Verbundprojekts geht es unter anderem um die Frage, inwieweit die Analyse religionsähnlicher Ausdrucksformen Hinweise auf

PROF. KLAUS HOCK hat seit 1996 den Lehrstuhl für »Religions­ geschichte – Religion und Gesellschaft« an der Uni Rostock inne. Er interessiert sich besonders für Grenzen zwischen Religion und Kultur und forscht zu den Themen Islam, Afrika und Transkulturation. Web

tinyurl.com/d252wkw tinyurl.com/dxote5l

eine »Religionsproduktivität«, also die Neubildung von Religion, ergeben könnte. Im erstgenannten Forschungsprojekt ist »Reli­ gion« als prominente Größe greifbar, handelt es sich bei den untersuchten Gruppen doch um Kirchen – die wohl typischste Vergemeinschaftungsform des Christentums. Der spezifische Beitrag religionswissenschaftlicher Forschung besteht darin, dass sie mit der Religion einen Faktor in den Mittelpunkt der Betrachtung stellt, der im Wissenschaftsdiskurs über Migration und Integration häufig »wegerklärt« zu werden droht – und das, obwohl er doch für Selbstverständnis und ­ Migrations- beziehungsweise Integrationsstrategien von entscheidender Bedeutung ist. Die Religion dient den Betroffenen nämlich nicht nur dazu, mit ­Unsicherheiten und Brüchen oder mit Erfahrungen von Diskriminierung, Rassismus und Ausgrenzung umzugehen, sondern ermöglicht

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WISSENSCHAFTSSERIE

WISSENSCHAFT OHNE GEGENSTAND

ihnen flexible Identitätsmarkierungen und -positionierungen gegenüber und in der Aufnahmegesellschaft, der Herkunftsgesellschaft und der Migrationsgemeinschaft. Schwieriger wird es dort, wo auf den ersten Blick keine explizite Religion erkennbar ist. Denn die Religionswissenschaft hat keinen Lackmustest für Religion. So scheint ihr auch mit dem vermeintlichen Verschwinden von Religion in manchen Gesellschaften nach und nach ihr Gegenstand abhandenzukommen. Aber verschwindet die ­Religion tatsächlich? Ist sie wirklich nicht vorhanden, nur weil sie nicht mehr deutlich erkennbar ist? War sie je weg, wo sie plötzlich wiederzukehren scheint? ­Sicherlich wird ein Phänomen nicht zur Religion, indem ihm einfach das Etikett »Religion« aufgeklebt wird. Auch wenn viele M ­ enschen beispielsweise mit sprichwörtlich religiöser Inbrunst Sport betreiben, macht dies den Sport noch nicht automatisch zur Religion. Doch die Übergänge sind gleitend und der Schwerpunkt zwischen beiden Bereichen kann durchaus kippen – so etwa zwischen Fußball und Religion, wenn David Beckham (ohne eigenes Zutun) in einem Bangkoker Tempel als buddhistischer Schutzheiliger Aufnahme findet, aber auch, wenn durch den Sport eine Transzendenz generiert wird und eine Art »höhere Macht« zur entscheidenden Instanz avanciert, zur »alles bestimmenden Wirklichkeit« selbst jenseits des Fußballfeldes. Für die Forschungspraxis ist es in diesem Zusammenhang sinnvoll, wiederum zwischen religion­ s­­­­­­­affinen und religionsäquivalenten Formen zu unterscheiden: Im ersten Fall wird indirekt auf Religiöses Bezug genommen, wobei sich auch inhaltliche Anklänge erkennen lassen – zum Beispiel in der »Verehrung« der »Mutter Erde« als Repräsentanz der Natur in manchen spirituell-ökologischen Gemeinschaften –, während es im zweiten Fall bloß strukturelle Analogien mit funktionalen Bezügen zur Religion gibt – so etwa, wenn Raver(innen) oder Besucher(innen) von Rockkonzerten Momente ekstatischer Verzückung und Verschmelzung erleben. Unabhängig davon, ob sie es mit Religion in »harten« oder »weichen« Gestaltungen zu tun haben, sollten Religionswissenschaftler(innen) um eine doppelte Distanz bemüht sein – sowohl gegenüber der eigenen als auch gegenüber der anderen Religion, wobei beispielsweise fundamentaler Atheismus oder prinzipieller Agnostizismus im Sinne einer religionsaffinen beziehungsweise äquivalenten Qualität ebenfalls zur Kategorie »eigene Religion« zu rechnen wären. Denn die Feststellung des Religionssoziologen Ernst Troeltsch hat nach wie vor Gültigkeit: »Geistige Mächte können herrschen, auch wenn man sie bestreitet.«


14 Foto: Maximilian Berthold / Grafik: Michael Schultz

Aus den Augen, aus dem Sinn


Im Juni 2012 wird in Deutschland das erweiterte Kreislauf­ wirtschaftsgesetz in Kraft treten. Dieses regelt die ordnungs­ gemäSSe Entsorgung und Verwertung von Abfällen und hat zum Ziel, dass mehr in den Rohstoffkreislauf zurückgeführt wird. Grund genug, uns einmal umzuschauen, was eigentlich die Uni Rostock mit ihrem Müll macht, was diesbezüglich unternommen wird und woran es noch hakt. Auf den ersten Blick scheint es an unserer Uni eine große Lücke in puncto Recycling und ­ordnungsgemäßer Entsorgung zu geben: Überall stehen lediglich die kleinen metallenen Abfalleimer für Restmüll und Wertstoffe. Warum aber fehlen Tonnen für den Papiermüll in den ­Vorlesungsund Seminarräumen? Und ohnehin hat doch jeder Student wenigstens einen Bekannten, der behauptet: »Wird doch eh alles wieder von den Putzfrauen zusammengeschmissen!« Diese beiden Beobachtungen haben jedoch nur bedingt Aussagekraft über die wirkliche Situation. Unsere Universität ist im Besitz großer Papiertonnen, und jeglicher uni-intern anfallende ­Papiermüll wird dort auch entsorgt. Dass es (noch) keine Abfalleimer für Papiermüll in den Lehrräumen gibt, habe dagegen mehrere Gründe, erklärt Frau Dr. Stelter, Abfallbeauftragte der Universität. So müssen Papiertonnen in öffentlichen Gebäuden Brandschutzbestimmungen erfüllen und können nicht einfach als weitere kleine Eimer dazugestellt werden. Diese speziellen Container brauchen zudem zusätzlichen Platz – Platz, der oft nicht vorhanden ist. Ein noch größeres Hindernis mag jedoch darin liegen, dass die Kosten für solche Investitionen im aktuellen Haushalt der Uni schlicht nicht vorgesehen sind. Umsetzen lassen sie sich daher frühestens in den kommenden Jahren. Dass Reinigungskräfte den Müll, der von Studenten und Dozenten fein säuberlich in schwarze und gelbe Tonnen getrennt wurde, einfach wieder zusammenwerfen, ist ein ebenso oft gehörter Vorwurf. Sicher gibt es auch Fälle, in denen das vorkommt. Die Uni besitzt jedoch Verträge mit mehreren Reinigungsfirmen, in deren neuesten Fassungen die Firmen und ihr Personal zur Abfalltrennung verpflichtet sind. Für die Behandlung von alten Laborgerätschaften hingegen verfügt die Hochschule über eine interessante Praxis: Im Entsorgungshof der Albert-Einstein-Straße 3 existiert eine Glas- und Chemikalien­börse. Mitarbeiter der Universität können dort ungenutzte Bestände an Laborglas und Chemikalien abgeben. Sollten andere Arbeitsgruppen oder Fachbereiche davon etwas benötigen, dürfen sie es kostenlos abholen. Durch diesen universitätsinternen Tausch können oft Neuanschaffungen von teuren Labormaterialien vermieden und Restbestände, besonders mit Blick auf die Chemikalien, effektiv genutzt werden. Allein im Jahr 2011 konnte man dadurch rund 73.000 Euro einsparen. Auch sonstige Buntmetallreste, Schrott, Tonerkartuschen und Bleiakkumulatoren sowie alte CDs werden gesammelt und wiederverwertet. Insgesamt zeigt sich, dass die Universität ein Verständnis für Recycling und Abfall­ entsorgung besitzt, und das nicht erst seit Eintreten einer allgemeinen Rohstoffverknappung. Auch wenn es noch Verbesserungsmöglichkeiten gibt und einige Fragen zur Entsorgung in naher Zukunft offen bleiben, so ergibt sich dennoch das Bild eines wachsenden Bewusstseins für die Belange der Umwelt. Es sollte jedoch nicht nur das Ziel sein, möglichst effektiv zu ­recyceln und den entstandenen Müll zu verbrennen, sondern ihn gar nicht erst zu produzieren. Dabei ist jeder Einzelne – Student, Dozent und Mitarbeiter – in der Pflicht. Ein sparsamerer Umgang mit unseren Ressourcen und ein gesteigertes Umweltbewusstsein sollten für jeden von Belang sein. Text

MAXIMILIAN BERTHOLD

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LEBEN FOTO: FELIX BAUM

DAS ende ist nah! vielleicht ... Ob Club-Mate wirklich zur Apokalypse führt? Das erfahrt ihr im Weltuntergangsspecial. Last-Minute-Wünsche wie: Bäume pflanzen, Kinderwunsch oder ’ne schnelle Hochzeit könnt ihr vielleicht dank des StudienkreditRatgebers verwirklichen. Und für ein bisschen Freude sorgen der zweite Erfahrungsbericht unserer amerikanischen Gaststudentin Madeline und die Auswertung von Kloverzierungen. Also, habt noch ein bisschen Spaß in diesem Leben … STEFFIE , Ressortleiterin


WG Olé Natürlich kann man allein in die erste eigene Bude ziehen, doch nach einem Blick auf das studentische Budget bleibt meist nur die Einzimmerwohnung in den bekannten Stadtrandvierteln. Also beschlieSSen viele, sich einer Lebensweise unterzuordnen, die als Wohnungsgemeinschaft bezeichnet wird. Immerhin gibt es viele Gründe, die dafür sprechen: Man lernt Leute kennen, schmeiSSt Partys, kocht, lacht und lebt gemeinsam. So die Vorstellung naiver Erstis.

In den seltensten Fällen werden WGs neu gegründet. Vielmehr existieren sie schon seit gefühlten Äonen als eine Art Institution, deren Mitglieder im Rhythmus einiger Monate oder Jahre sukzessive ausgetauscht werden. Dabei hat es sich aufgrund der großen Nachfrage und des geringen Angebots eingebürgert, den Bewerber für ein leer gewordenes Zimmer mit einem Casting zu empfangen und ihm auf den Zahn zu fühlen. Bis zu dreißig Kandidaten pro Tag sind dabei keine Seltenheit. Mit den immer gleichen Fragen nach Name, Herkunft, Studiengang, Interessen und Sauberkeit werden Profile erstellt und durch ein ausgeklügeltes Bewertungssystem miteinander abgeglichen. Daraus ­resultieren hochqualitative Urteile wie: »Ich find’ ihn sympathisch« oder »Die war aber süß«. Stimmt die Jury einer solchen Bewertung mehrheitlich zu, kann ein Anwärter darauf hoffen, eine Zusage zu ­erhalten. Wird hingegen kein Konsens gefunden, entscheidet das Los über die Wahl des neuen Mitbewohners.

Am Anfang schuf Gott den Putzplan, und er sah, dass es gut war ... Wenn viele Seelen unter einem Dach leben, ist Schmutz eine kaum zu vermeidende Konsequenz. Weil Mama nun nicht mehr zur Stelle ist, setzt man sich zusammen, um einen Putzplan auszuarbeiten. Minutiös wird dabei jeder Quadratzentimeter und Handgriff unter den Mitbewohnern aufgeteilt sowie jene Tage der Woche festgelegt, an denen jeder seiner Pflicht nachkommen muss. Und siehe da, es funktioniert – zumindest zwei oder drei Wochen lang. Dann kommt es zu ersten Verzögerungen. Sätze wie »Das mache ich morgen« oder »Das wollte ich gerade machen« fallen immer häufiger. Oft entsteht auch ein Ungleichgewicht zwischen jenen, die Türmchen aus Tassen, Töpfen und Tellern bauen, und solchen, die versuchen, sie wieder einzureißen. Dieses Spiel geht so lange gut, bis einem Beteiligten die Hutschnur platzt. Dann kommt es zu einer hitzigen Diskussion, in deren Folge entweder einer gehen muss oder jemand reumütig Besserung gelobt. Man verspricht, sich von nun an unter Auf­erlegung von Sanktionen an den Putzplan zu halten, und das Spiel beginnt von vorn.

Teile und herrsche Teilen ist ein grundlegendes Prinzip jeder WG. Doch nicht nur Wohnfläche und Miete werden geteilt. Auch andere Dinge des täglichen Lebens untergliedern die Mitbewohner in Dein und Mein. Beliebt sind hier vor allem die Fächer im Kühlschrank, das

Foto: Felix Baum

Das Casting

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dreckige Geschirr oder eine besondere Form der Mülltrennung in deinen und meinen Mist. Nur die Zeit für die morgendliche Badbenutzung möchte niemand teilen. Dabei kann Teilen auch Spaß machen. Wer kennt das nicht, wenn man am Sonntagabend verzweifelt in das leere Fach im Kühlschrank schaut und nur eine gähnende Leere vorfindet? Gut, wenn man sich dann am gut gefüllten Abteil der anderen bedienen kann. Wobei ein Mitbewohner natürlich nicht nur Mittel zum Zweck sein sollte. Vertilgt man das eben entwendete Bier gemeinsam vor dem Fernseher, entsteht fast so etwas wie eine heimelige Atmosphäre.

Menschliches, allzu Menschliches Da stellt sich die Frage: Rechtfertigen die ökonomischen Vorteile­ einer Wohngemeinschaft wirklich die genannten Strapazen? Doch eine WG ist im Idealfall nicht nur eine Gemeinschaft zu beiderseitigem Vorteil, sondern auch eine, die eine Freundschaft zwischen den Leidensgenossen erzeugt, oder sogar eine familiäre Atmosphäre. Dies wird nicht zuletzt durch gemeinsame Erlebnisse gefördert, etwa wenn man den sturzbetrunkenen Mitbewohner unter fortwährenden »Ich liebe dich, Mann«-Bekundungen vom Club zum Bett eskortiert. Selbst wenn es nicht die gemeinsamen Abenteuer sind, die zusammenschweißen, so ist doch die Gewissheit beruhigend, dass jemand da ist, wenn man nach ­ einem harten Tag zu Hause auftrifft. Und sollte man sich dann tatsächlich sonntags kochend und bei einem Glas Wein plappernd in der Küche wiederfinden, kommt dem ein oder anderen vielleicht doch der Gedanke: »Gar nicht so schlecht, so ’ne WG.« Text

FELIX BAUM


Foto: ehst.wordpress.com

ROSTOCK SUCHT BEZAHLBAHRE TRAUMWOHNUNG Jeder weiSS von dem Problem, fast jeder hat es einmal mitgemacht oder kennt mindestens zwei Kommilitonen, die es gerade durchmachen: eine bezahlbare Unterkunft in Rostock finden, möglichst in zentraler Lage – ein Hindernismarathon, der immer mehr »Ausdauersportler« verlangt.

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Gentrifizierung – das ist, wenn bezahlbarer Wohnraum zur Mangelware wird. Aber was genau verbirgt sich dahinter? Ganz allgemein kann man von einem städtischen Aufwertungs- und Verdrängungsprozess sprechen: Ärmere Bevölkerungsgruppen werden durch steigende Mieten aus bestimmten Bereichen der Stadt vertrieben. Sie müssen wegziehen, wenn wohlhabendere Menschen oder vermeintlich effizientere Nutzungen Einzug halten. Nichts Neues, sondern ein altes und bekanntes Problem. Aber dass auch Akademiker und Besserverdiener von diesem Prozess betroffen sind, gibt dem Phänomen neuen Auftrieb in der öffentlichen Wahrnehmung. Ein Blick in die Kröpeliner-Tor-Vorstadt (KTV): Wo Rostock vor 20 Jahren noch grau in grau war, stehen nun die bunten Häuser, bewohnt von Studenten und jungen Familien. Es fehlt auch nicht am Bioladen. Die Bars und Clubs sind hier. Junge Familien und hippe Menschen wollen in dem Viertel wohnen, was die ­Mieten in die Höhe treibt. Nach der Wende steckte man Geld in den damaligen »Elendsbezirk«; es wurde saniert, Klos wurden nicht mehr auf dem Flur, dafür ­Balkone an die Häuser gebaut. Die nicht so wohlhabenden Menschen wurden in Richtung Stadtrand und in die Plattenbausiedlungen gedrängt. Selbst so mancher Student scheut sich, in den ­äußeren Bezirken eine Wohnung zu nehmen, da diesen nicht immer ein guter Ruf vorauseilt und sie sich weit weg vom Zentrum zu befinden scheinen. Die Gentrifizierung in Rostock ist hausgemacht, politisch i­nitiiert: Es floss viel öffentliches Geld in die Sanierungen der KTV, um den Stadtteil aufzuwerten und vor dem Verfall zu retten. Das Ergebnis: Die Studenten suchen noch immer Wohnungen im angesagten Bezirk und der unmittelbaren Umgebung, finden aber gar keine, unerschwingliche oder lediglich solche, die gegen hohe Provisionen an Makler zu bekommen sind. Makler, die wiederum nur die Wohnungstür aufschließen. Eine Lösung könnte ein Studentenwohnheim sein. Über 200.000 Einwohner beherbergt Rostock, davon über 15.000 Studenten (WS 2011/12) mit steigender Tendenz. In den zehn Wohnheimen des Studentenwer-

kes stehen für Rostock und Wismar jedoch nur etwa 2.200 Wohnheimplätze zur Verfügung, womit weniger als ein Viertel der Studenten abgedeckt wird. Daher müssen sich viele mit einem Platz auf der Warteliste begnügen. Das Deutsche Studentenwerk schrieb im ­Oktober 2011, der Mangel an Wohnheimplätzen sei ein bundesweites Problem, doch arbeite man an diesem. So wies Generalsekretär Achim Meyer auf der Heyde darauf hin, dass »Studierende nicht nur einen Studienplatz, sondern auch ein Dach über dem Kopf benötigen. Das geht nur über zusätzliche Wohnheimplätze«. Baden-Württemberg, Bayern und Hessen sind derzeit am aktivsten beim Wohnheimbau für S­ tudierende. Wieso wird die soziale Infrastruktur nicht auch in Mecklenburg-Vorpommern gestärkt, obwohl Rostock im Bundesdurchschnitt nicht gerade gut dasteht? Hinzu kommt noch der immer wieder auf­geworfene Verdacht, laut dem neue studentische Wohnanlagen wie die am Ulmenhof oder an der Hundertmännerbrücke mit modernen Apartments, mit Balkon und Pkw-Stellplätzen nicht nur für Studenten attraktiv seien: Zentral und in Uninähe macht es sich hier anscheinend auch der eine oder andere Dozent bequem, also jene Gruppe, die für die steigenden Mieten mehr übrig haben sollte. Die »Allgemeinen Mietbedingungen für Studentenwohnheime des Studentenwerkes Rostock« untersagen dies eigentlich strikt. Wohnberechtigt ist demnach nur, wer eingeschriebener Student ist. Die B ­ erechtigung endet mit dem Ende des Semesters, in der die Exmatrikulation ausgesprochen wird. Zu beachten sei hier aber, dass auch Dozenten zuweilen noch einen Studentenstatus ausweisen können. Letzte Lösung: Einige frisch zugezogene Studenten zieht es auf ihrer Wohnungssuche als Zwischenstopp in Hostels. »Zwischen Mitte September und November quartieren sich hier Studenten ein, die meistens nur zwei oder drei Nächte bleiben wollen und dann doch bis zu drei Wochen bleiben«, so Steffi Tigges, Mitinhaberin des Jellyfish Hostels. Ein bedenkliches Szenario, dem hoffentlich noch Einhalt geboten werden kann. Text

JANA WICHERT UND JoSEPHINE MAINKA

HILFE, ICH SUCHE EINE (NEUE) BLEIBE! Mappe mit allen nötigen Dingen bereithalten: Einmal zusammengestellt ändert sich kaum etwas. Enthalten sein sollten: Kopie des Personalausweises, Schufa-Auskunft, Verdienstnachweis der letzten Monate, Bürgschaft, Nachweis über die Mietschuldenfreiheit. Couchsurfing: Als Möglichkeit, Anschluss zu finden, die Stadt kennen­ zulernen und an jeder Menge Wohnungsbesichtigungen teilzunehmen, ideal. Das Hostel: Bietet die gleichen Möglichkeiten und dazu oft auch Gleichgesinnte auf Wohnungssuche, manchmal ergibt sich daraus sogar eine Wohngemeinschaft. Das Schwarze Brett: Oldschool, aber bewährt. Dort werden neben Büchern auch Wohnungen, Zwischenmieten und WG-Partner gesucht und angeboten. Bei den Studentenwohnheimen gilt: Der frühe Vogel fängt den Wurm! Die Wartelisten sortieren sich nach Eingang der Bewerbung. Für WG-Besichtigungen wichtig: Nicht nur das Zimmer oder die Wohnung anschauen, sondern mit den Bewohnern ins Gespräch kommen, präsent sein, einen Eindruck hinterlassen.


Text

Grafik: Alexey Kovalchuk / 123rf.com

PRO ANNA HERMANN

Eigentlich war ich ja nie ein großer Putzfan und wäre unter normalen Umständen auch sicher nie einer geworden. Als sich aber vor gar nicht allzu langer Zeit die ersten Frühlingsboten meldeten, begann auch die Bearbeitungszeit meiner Masterarbeit. Seitdem kann ich gar nicht mehr genug vom Putzen bekommen! Je mehr Bücher und kopierte Aufsätze sich auf meinem Schreibtisch stapeln, desto stärker wird mein inneres Bedürfnis, alles auf Hochglanz zu polieren. Zuerst wurden sämtliche Schränke ausgemistet und gewischt, dann gesaugt, Staub gewischt … Als ich mich dann endlich wieder an meine Arbeit setzen konnte, drangen die ersten Frühlingssonnenstrahlen durch mein Fenster, dem nun aber der Winter eine fürchterliche Dreckschicht verpasst hatte. Ganz klare Konsequenz: Die Fenster mussten geputzt werden, und das natürlich in der ganzen Wohnung. Mittlerweile bin ich wohl schon so etwas wie ein Putzaholic geworden. Der Nachteil daran ist jedoch, dass irgendwann wirklich alles sauber ist und nichts mehr zu putzen bleibt. Also werde ich mich wohl wieder hoch konzentriert meiner Masterarbeit widmen, mir den Laptop schnappen und – einen Moment mal: Die Tastatur strotzt ja geradezu vor Staubkörnern …

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FRÜHJAHRSPUTZ rollo runter oder fröhlich sidolin sprühen? was haltet ihr vom frühjahrsputz?

CONTRA Text

ALFONSO MAESTRO

Petra-Ratgeber raten jährlich dazu: »Bohnern Sie die Dielen.« Wie pervers. Nein, im Ernst: Wieso alles scham-ponieren, exhibieren? Ich rede vom kathartischen Ritual der schönen Tage: Junghwajeol, Yeongdeunggut­, oder ganz schlicht, wenn auch nicht so bestsellerischbuddhistisch, weil es so dümmlich klingt wie »Müsli«: Frühlingsputz. Nur ein Wetterfetischist (ein Fetischist des schlechten Wetters) würde traurig werden, wenn es schön wird. Okay. Putzen an sich ist mindestens so lustig wie der Vordersitz für meine Knie oder dich zurückrufen und solche Dinge. Doch man wird einen Ballast los – alte zölibatische Wollpullover und Zettel von der Sorte »Aus-der-Jeans-in-die-Schublade«, die man notgedrungen entsorgen muss. Dabei wird es oft spät, wie mein Name, vielleicht 2 a. m. An einigen Fundstellen machen die Moleküle zwar einen Jive. Man findet aber auch bedeutungslose Souvenirs wieder, denen man kein neues Visum für die Hütte ausstellt. Und Gefühle und Ideen,­die man besser mit Vanish behandelt. Will ich Verschleierung oder Wahrnehmung? Einsen und Nullen, oder (huch!) das Foto von (bitte selbst ausfüllen). Es ist so ein Marx-Ding … aber ich glaube, dass Nicht -Sehen auch Größe und Glück birgt.


ONE DOES NOT SIMPLY SURVIVE

2012

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DRAMATISCH: viele kalender enden im dezember 2012. Leider auch die zeitrechnung der maya, was unzweifelhaft zur vernichtung allen lebens führen wird. aber wie? NAMHAFTE EXPERTEN erklären den weltUntergang und verraten, welche vorbereitungen getroffen werden können. Text

Stefanie KRAUß, MAXIMILIAN BERTHOLD, MICHAEL SCHULTZ

HARE KRISHNA, ALTER VISHNU! Dr. Gottfried Besenbrand weiß: »Gott ist tot! Das hat doch schon dieser Nietzsche geschrieben. Wer soll uns also am Ende aller Tage gegen die fiesen Hindu-Heiligen beschützen?« Die spontane Vernichtung der Welt kurz vor Weihnachten sei besonders furchtbar, so Besenbrand. »Immerhin läuft das Weihnachtsgeschäft auf vollen Touren, nie ist der Klingelbeutel so reichlich gefüllt. Das Geld aus dem letzten Jahr investieren wir jetzt in goldene BuddhaStatuen. – Mein Tipp: Lernen Sie schon mal das eine oder andere Wort Sanskrit, damit Sie um Gnade flehen können!«

STRAHLENDE ZUKUNFT Laut Greenpeace-Aktivist Otto Kernheimer-Henne werden noch in diesem Jahr diverse Atommeiler in die Luft fliegen: »Spätestens zum 21. Dezember benötigen die Haushalte in den Vereinigten Staaten für die weihnachtliche Außenbeleuchtung vier bis 21 zusätzliche Atommeiler. Dass da was schiefgehen kann, ist mathematisch immerhin noch belegbar! Und übrigens: Was meinen Sie denn, ­warum die Maya keine Atomkraftwerke hatten?« Leider ist ihnen dann beim Kalenderschreiben »wohl auch der Saft ausgegangen«. – Überlebenstipp: Bereits in den 1950er-Jahren wusste man, dass ein Pappkarton vor Strahlung schützt: tinyurl.com/ctvljfb


»Natürlich sterben am 21. Dezember die meisten Menschen auf den weltweiten Weihnachtsmärkten«, weiß Mediziner Dr. Jürgen Infusio. »Bereits die Maya wussten um die gefährliche Kombination aus Grippeschutzimpfungen und Glühwein.« Darum verzichteten sie in der Regel auf beides. – Überlebenstipp: »Trinken Sie keine Grippeimpfung und lassen Sie sich keinen Glühwein spritzen! Und falls Sie dann am Ende des Jahres doch ziemlich allein sein sollten – schauen Sie doch mal bei ›I am Legend‹ nach den schönsten Orten, um mit Ihrem Schäferhund Golf zu spielen! Sie haben keinen Hund? Dann nehmen Sie eben Ihre Katze!«

Fotos (4): Maximilian Berthold / Grafik: Michael Schultz

ARTENSCHWUND DANK GRIPPE-IMPFUNG

ASTEROIDEN-HAGEL »Ich habe bei einem Blick in meine Kristallkugel einwandfrei feststellen können, dass die Maya mit ihrer Untergangstheorie recht haben könnten«, so Margaretha Feuerstein. So habe sie auf Nachfrage an die Kugel zu den Ereignissen am 22. Dezember lediglich Glas gesehen. Auch das Polieren mit Sidolin half nicht weiter. »Vermutlich wird es ein Asteroid! Schließlich kann uns Bruce Willis ja nicht ständig vor so etwas retten!« – Überlebenstipp: »Schauen Sie immer wieder ›Armageddon‹ und lernen somit, wie man mit Leichtigkeit Himmelskörper atombomben kann. Aber dazu müssen Sie natürlich US-Amerikaner sein!«

CLUB-MATE: TREIBSTOFF DER ZOMBIE-APOKALYPSE Bisher als Techno-Fans und Raver bekannt, könnte es nach Ansicht des populären Getränkeforschers Helmut Sternburg bald eine neue Generation von Zombies geben. Durch den übermäßigen Konsum bestimmter Extrakte aus der Mate-­P flanze steige die Wahrscheinlichkeit, als hirnloser Hirnfresser zu enden und die Menschheit terrorisieren zu wollen. »Besonders gefährlich ist die Winter-Mate«, so Sternburg. Eine kritische Konzentration könne kurz vor Weihnachten in diesem Jahr durchaus erreicht werden. – Sternburgs Tipp: »Das Gesöff schön in die Gosse schütten. Eine Kettensäge kann ich mir nämlich nicht leisten. Und haltet euch besser von den Spätis in der KTV fern!« Diese kämen laut Sternburg als Zombie-Zentren besonders infrage.

der feind aus dem blumentopf Prof. Jonas Eramis erklärt: »Der Feind kommt aus dem heimischen Blumentopf. Pünktlich zum ­21. Dezember bilden gemeine Pflanzen sogenannte Allelochemikalien, die uns reihenweise von ­Dächern und anderen Erhöhungen fallen lassen, was einen spektakulären Tod zur Folge hat.« Nicht mal Agent Orange kann die epischen Endzeit­blüher vernichten ... Wäre da nicht Mark Wahlberg! – Prof. Eramis empfiehlt: »Schauen Sie sich doch mal ›The Happening‹ an, den hat mein Schwager günstig in seiner Videothek.«

TOP-6-ORTE FÜR DEN WELTUNTERGANG Ostseestadion (Verzeihung, DKB-Arena): Wenn jemand weltuntergangserprobt ist, dann die Fans des FC Hansa Rostock ... Pleitegeier: Gleich dran gewöhnen – der Geier sieht drinnen schon aus wie draußen nach dem Atomkrieg. Außerdem: Bier ist billig! Grünes Ungeheuer: Die bleihaltige Farbe der Außenwände ermöglicht kakerlakengleich das Überleben von radioaktiver Strahlung. Außerdem gut umrüstbar als Zombie-Festung. Bibliothek der Rechts­ wissenschaften (Lichtenhagen): Hat den DDR-Untergang überlebt. Wird auch den kapitalistischen Weltuntergang überdauern! Südstadt-Mensa: Nirgends serviert der Zombie-Küchenchef so frisches Hirn wie an der Vitaltheke. Der Bunker: Es ist halt ein Bunker.

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Grafik: Michael Schultz

Liselotte is Dead Text

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MADELINE ESTES

Madeline ist Austauschstudentin aus Minnesota und berichtet im heuler von ihrem Leben in Rostock.

Dear Diary, I have decided to start volunteering in a Pflegeheim. Not because I am a good person, but because I thought, it was time for me to learn a lesson about my own mortality. I was hoping these people could impart some wisdom onto me; guide me down a path to enlightenment. I have a lot of questions for them, such as: What does it feel like to know you’re going to die soon? How do you feel about all your friends being dead? What is it like to live in what is essentially a low-security prison? Unfortunately, the people at the Pflegeheim either don’t understand me when I ask these questions or they refuse to answer them. Because of these difficulties with communication, my role in the Pflegeheim has been reduced to that of one of those therapeutic dogs they bring into hospitals: I can’t understand the residents when they talk or say anything back, I can only smile, wag my tail, and try to be entertaining. Like the last time I was there: they had a Fasching party, and I just spent the entire time dancing by myself while clapping and smiling at people. It was a lot like my nights out dancing in Rostock, actually. I still feel like I am going to live forever, though.

Dear Diary, Who the fuck at Deutsche Bahn actually decides what a train ticket costs? Do they actually have a logical decision process, or does someone simply throw a dart at a board of random numbers? Last week, I was in Frankfurt for a seminar. Friday afternoon, I went to the Hauptbahnhof to buy a ticket home. I had two options: Either I could take a train that leaves at 4:30, have two layovers, and arrive in Rostock at 1:03 the next day; or, for 10 Euros less, take a train that leaves at 5:30 with no layovers, and arrive at 1:03 in Rostock the next day, the same time as the option number one. Who would take the first option? Not only does it take longer and re-

quire you to change trains twice, but it is also more expensive. Maybe I am missing something … maybe the first option has something extra. Free champagne maybe? A sauna? Super attractive ticket controllers? Foot rests? Dammit, why didn’t I get the first option!

Dear Diary, Nobody here pronounces my name right. It is »Mad-dah-lin«, but here, people always say »Mad-lääähn«, heavy on the »äää«. Back home, all the exchange students from Asia choose »American« ­names to use when they are in the US. For example, someone named Jiang Zhao Xu Zhang would instead be called Joe. I thought that maybe I should do the same thing: use a German name that people here can pronounce. I actually already have a German name that I have used, from my German class in the US. My name was Liselotte. I asked a few Germans what they thought about my new name. It didn’t go over as well as I’d hoped … apparently, everyone with the name Liselotte has been dead for 20 years.

Dear Diary, Today I discovered my new favorite sightseeing attraction in Rostock: the giant crane-thing in the parking lot by the old Neptun-Werft. It is so big and industrial-looking! What is it even used for? Was it even built by humans? After visiting the crane-thing, I ventured into the Neptun-EinkaufCenter. Shopping for groceries is a passion of mine, so I decided to take a look around Edeka and … holy s%*$. I basically jizzed my pants. The assortment of products there is simply amazing. I counted 98 different pasta sauces. They had not just white and brown, but also black spaghetti. I spent over thirty minutes in the candy aisle, ­during which my head literally exploded. There I saw candies made to resemble fried eggs, and a more extensive assortment of black licorice candies than I have ever seen. After careful scrutiny, I bought three bags of licorice candies, two of which were so disgusting I couldn’t even eat them. I can’t find that at my local Penny Markt!



Ob als WC, Lokus oder Örtchen bezeichnet: Die bundesweit gängige, kleine Toilettenkabine bietet mit ihren vier Wänden, davon eine funktional als Tür, sowohl Raum absoluter Anonymität als auch eine 360°-Leinwand, um Gedanken mit späteren (Be-)Nutzern zu teilen. Man kann demnach (annähernd) ungestört Nachrichten verfassen und Zeichnungen anfertigen, Die jeder kennt. manch einer ist vielleicht selbst schon zum Urheber geworden: Toilettengraffitis. Und man braucht nicht einmal Angst haben, dass dieser »Vandalismus« zur eigenen Person zurückverfolgt wird. Doch was und warum wird eigentlich VON WEM gekritzelt? Text

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CARSTEN GRAMATZKI

Der Poet Häufig zu finden und mit Sicherheit zur Erheiterung der Leser beitragend sind kleine Gedichte und ­Reime. Ein typischer Klo-Vers thematisiert den Zweck der Örtlichkeiten. So auch in diesem Fall: Der Poet dankt dem Koch und der Köchin – womöglich eine Anspielung auf das Personal der Mensen – und beschreibt, wie das leckere Essen, hier benannt als »Kunst«, in der »Schüssel« landet. Dieses milde Beispiel lässt Raum für die Imagination des Lesers. Es existieren durchaus derbere Zeilen.

Der Philosoph »Leben ist schön!« – eine Aussage, die der Euphorie einer guten Note geschuldet sein kann oder andere einfach an eine substanzielle positive Einstellung zu erinnern versucht. Egal, welcher ­Intention dieser Schriftzug folgt – im Kern festigt sich ein philosophischer Grundsatz. Lediglich durch aktive Auseinandersetzung kann dem Graffiti ein tieferer Sinn abgerungen werden. In der Konsequenz veranlasst es wohl dazu, darüber zu philosophieren, ob und inwiefern das Leben als »schön« bezeichnet werden kann.

DER KREATIVE Neben Sprüchen, Gedichten oder ganzen Texten begegnen einem in der Kabine oftmals kleine Zeichnungen. Das vorliegende Exemplar kombiniert dabei Bild- und Textelemente. Bemerkenswert ist, dass die Künstler ihre Werke mit erstaunlicher Sorgfalt anfertigen und nicht einfach lieblos hinschmieren.

DER dankbare Der Autor dieses Toilettenfundstücks lässt sich als dankbarer Typ beschreiben. Die kurze Passage verrät, dass jene Person Studentin oder Student der Universität Rostock ist oder war und nach einem vermutlich längeren Auslandsaufenthalt, vermutlich sogar einem Auslandssemester, erfreut ist, wieder in Deutschland zu sein. Dieses das Textende krönende »Danke« sowie der Smiley lassen des Weiteren auf einen kommunikativen, offenen Menschen schließen.

TIPP AM RANDE Wer sich noch eingehender mit der Thematik beschäftigen möchte, sei an dieser Stelle auf die wissenschaftlichen Arbeiten von Katrin Fischer (»Laute Wände an stillen Orten. Die Sprache der Klo-Graffiti im medialen Raum Universitätstoilette«) und Christina Cuonz (»Latrinalia in University Toilets. A Linguistic Perspective with Field Research in Norway and England«) verwiesen.

DER tagesaktuelle Dieser Typ orientiert sich vorrangig an gesellschaftlichen Themen, die den Diskurs des Tagesgeschehens prägen. So auch in diesem Beispiel. Die Weltmeisterschaft und vor allem die Leistung der deutschen Nationalmannschaft standen und stehen im Fokus der Bevölkerung, sodass selbst auf der ­Toilette eine Hymne zum Anfeuern seinen Platz findet.

Fotos (5): Carsten Gramatzki

Shitchat


Foto: Privat

VOLLE KRAFT FÜR LONDON

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Am 27. Juni starten in London die 12. Olympischen Sommerspiele. Und während wir uns noch ein wenig gedulden müssen, bis wir die Wettkämpfe gemütlich von der Couch aus verfolgen können, beginnt für die Athleten bereits jetzt die heiSSe Phase im Kampf um die begehrten Tickets. Gordan Harbrecht ist Rennkanute, Maschinen­ baustudent und Rostocker – und will zu den Olympischen Spielen. Ich treffe ihn an einem der wenigen Tage, die er momentan in der Hansestadt verweilt. Während der kalten Wintermonate hielt er sich in verschiedenen Trainingslagern in Florida und Spanien auf. Das sei sehr praktisch gewesen, erklärt Gordan mir, da er losflog, als die Warnow begann zuzufrieren, und wiederkam, als es auch hier wieder möglich war, aufs Wasser zu gehen. Was sich im ersten Moment wie Luxus anhört, musste Gordan sich hart erarbeiten. Schon im Kindes­alter begann er beim Rostocker Kanu-Club mit dem Paddeln. Mit 14 war er dann praktisch täglich beim Training. Schon damals nahm er erfolgreich an nationalen und internationalen Wettkämpfen teil. Nach dem Abitur konnte er sich während seines Freiwilligen Sozialen Jahres schließlich vollkommen auf den Kanusport konzentrieren. 25 Stunden sei er in der Woche auf dem Wasser, im Kraftraum sowie beim Athletiktraining, und das sei nur die reine Trainingszeit, merkt er an. Mit allem Drum und Dran ein Fulltime-Job also. Kann man davon leben? Er erklärt mir, dass er sich vor

­allem über seinen Hauptsponsor die Ostseesparkasse, die Sporthilfe, die Olympiaförderung und weitere Förderer (GO!, Bäckerei Nowak, Zentrale A ­ utoglas) finanziere. Damit könne er ganz gut auskommen und sich vollkommen seinen sportlichen Aufgaben widmen. Aber später möchte er als ­Ingenieur tätig sein, dafür studiere er ja schließlich. Um Studium und Sport trotz seines großen Trainings­ pensums unter einen Hut zu bringen, besteht eine Kooperationsvereinbarung zwischen der Universität Rostock, dem Studentenwerk, dem Landessportbund Mecklenburg-Vorpommern, dem Olympia­stützpunkt MV und dem Allgemeinen Hochschulsportverband. In der Praxis erhält Gordan dadurch vor allem mehr Freiraum, was die Fristen für Prüfungen und ­Arbeiten angeht. An­sonsten muss er die gleichen Leistungen erbringen wie jeder andere Student auch. Am Anfang, so sagt er, hätte er es noch geschafft, alle Vorlesungen zu besuchen und die Prüfungen zu schreiben. Doch seit er 2010 in den Bundeskader aufgenommen wurde, bleibe ihm immer weniger Zeit für die Uni, weshalb er wohl drei Semester länger brauchen werde. Und trotz der harten Arbeit ist ihm ein Platz im

Olympiateam noch nicht sicher. Ab April beginnen die Ranglistenwettkämpfe, und hier wird sich zeigen, ob Gordan ganz vorn mitfahren kann. Sollte er gute Ergebnisse abliefern, gilt es, die Form weiter auszubauen und sich in weiteren Rennen für den Olympiakader zu empfehlen. Insgesamt sechs Kanuten werden für die Disziplinen Kajak Einer, Zweier und Vierer über 500 und 1000 Meter ausgewählt. Und wie schätzt er selbst seine Chancen ein? Er habe ein gutes Gefühl, erklärt Gordan mir. Das Training laufe wie geplant und ein Platz im Vierer sei durchaus drin. Einige Tage kann er sich noch ausruhen, dann geht es weiter zum nächsten Trainingslager in Kienbaum in Brandenburg. Hier heißt es dann ­ noch einmal, bis an die Leistungsgrenze zu gehen, um auch noch das letzte bisschen Geschwindigkeit auf die Strecke zu bringen. Vor so viel Ehrgeiz, Fleiß und Disziplin kann ich nur meinen Hut ziehen und viel Glück auf dem Weg zu Olympia wünschen. Text

FELIX BAUM


Gtafik: MIchael Schultz

Studienkredite unter der Lupe 26

Ohne Moos ist nix los. Studieren hat seinen Preis, aber Vater Staat lässt den armen Hochschüler meist nicht allein. Mit Kindergeld, Unterhalt der Eltern und BAföG lässt es sich schon leben und lernen. Aber was ist, wenn diese Mittel nicht ausreichen, auf einmal wegfallen oder man nie Anspruch auf BAföG hatte? Kann ein Studienkredit Abhilfe schaffen? Eine Investition in Bildung kann eine Investition in eine ­sichere Zukunft sein. So schnupperten auch Banken längst Profit und brachten einen Studienkredit auf den Markt. Wenn alle finanziellen Stricke reißen, kann dieser der rettende Strohhalm sein. Studien­kredite sollen zur Finanzierung der Lebenshaltungskosten und möglicher Studiengebühren als Alternative zu BAföG und (lern-)zeitraubenden Minijobs im Erststudium eintreten. Klingt auf den ersten Blick gut, doch das verlockende Angebot von Geld ohne Arbeit darf nicht über die Tatsache hinwegtäuschen, dass ein Studienkredit immer noch ein Kredit ist: Hinter dem Wort kann sich leicht ein schwarzes Loch von Schulden verbergen. Ein Kredit bedeutet immer Verantwortung. Um dieser Verantwortung auch gewachsen zu sein, muss man einiges beachten, bevor man gleich zur Bank stiefelt und irgendeinen Vertrag unterzeichnet. Zunächst einmal sollte man wissen, wie viel Geld man zusätzlich im Monat benötigt, um den Studienprozess zu fördern. Es ist ratsam, sich spätestens danach mit den Eltern und Verwandten abzusprechen. Im Falle eines Falles geben diese einem üblicherweise Rückhalt und sollten daher nicht böse von einem Kredit überrascht werden. Außerdem muss man sich immer selbst überprüfen: Dieser Kredit ist für die Finanzierung des Studiums bestimmt, nicht etwa für Urlaub oder Partys. Wenn der Weg zum Geld tatsächlich nicht an einer Kreditbank vorbeiführt, gibt es zwei Gebote: vergleichen und bera-

ten lassen. Beim Thema »Vergleichen« geht es schon ans Eingemachte. Mit unzähligen Anbietern muss sich ein zukünftiger K reditnehmer herumschlagen: CareerConcept AG – Allge­ meiner Bildungsfonds, CreditPlus Bank, Deutsche Bildung AG, Deutsches Studentenwerk, Deutsche ­ K reditbank, Kreditanstalt für Wiederaufbau und so weiter. Allein schon bei dieser kleinen Auswahl an Anbietern kann man schnell den Überblick verlieren. Was man hierbei vergleichen sollte, liegt auf der Hand: Wichtig sind Zinssätze, Tilgungsraten und Flexibilität bei der Rückzahlung sowie deren erster Termin. Bei der Fülle von Angeboten sollte ein jeder das richtige finden. Helfen können dabei zum Beispiel die vielen Studienkredit-Vergleiche im Internet, die bei der Eingabe der jeweils individuellen Wünsche die besten Anbieter ermitteln. Reicht das noch nicht aus, um aus dem riesigen Zahlen- und Angebotslabyrinth zu finden, sollte man einen unabhängigen Berater aufsuchen. Ist schließlich alles in Sack und Tüten, kann mit einer besseren finanziellen Grundlage fröhlich weiterstudiert werden. Letztlich muss jeder selbst für sich entscheiden, ob er solch eine Finanzierung stemmen kann. Auch die Medaille des ­Studienkredites hat zwei Seiten: Entlastung und Belastung. Der Absturz in die Schuldenfalle kann schneller gehen, als man denkt. Wer keinen oder nur einen geringen Anspruch auf BAföG hat und auch nicht auf eine größere finanzielle Unterstützung der Eltern hoffen kann, muss sich daher gut überlegen, ob der Schritt zu einem Studienkredit wirklich der angemessene ist. Ohne Moos ist zwar nix los, aber nach dem Studium gleich in die Privatinsolvenz gehen zu müssen, ist kein Pappenstiel. Zwar braucht jeder in irgendeiner Form eine Finanzquelle im Studium, aber sicher nicht um jeden Preis. Da ist der Schritt zu einem kleinen Nebenjob vielleicht der einfachere und kann, sofern er sich im Bereich des zukünftigen Jobwunsches befindet, sogar zu Referenzen und Vitamin B verhelfen. Text

TRACY SAWALLICH



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POLITIK ILLUSTRATION: STEFFEN DÜRRE

LOKALKOLORIT Fast alle Rostocker freuen sich über »einen von hier« im Schloss Bellevue. An der Politik, die nicht nur von hier ist, sondern auch hier bleibt, beteiligen sich dagegen die Wenigsten: 110.112 Stadtbewohner ließen sogar ihre Stimme zur Bürgermeisterwahl verfallen. Meinungen zu hiesiger Infrastruktur, Energiepolitik oder Fremdenfeindlichkeit haben sie dennoch – genau wie wir. Für alle Interessierten folgt daher ein Ressort mitreißender (Lokal-)Politik. Viel Spaß! ANNIKA, Ressortleiterin


DIE GRÜNEN BRAUNEN »Bio« und »öko« – das sind Begriffe, mit denen die meisten Menschen in politischer Hinsicht eine eher linke oder grüne Einstellung verbinden. Doch beim genaueren Betrachten des Bio-Anbaus in Mecklenburg-Vorpommern wird schnell klar, dass diese Ansicht einen Haken hat.

Wer sich mit ökologischen Themen beschäftigt und Bio-Produkte kauft, demonstriert oft auch gegen genveränderte Lebensmittel, Massentierhaltung, Überfischung der Weltmeere und für Maßnahmen gegen den Klimawandel. Solche Menschen wählen naturgemäß Parteien mit ähnlichen Einstellungen, also etwa grüne oder mehr linksorientierte Gruppierungen. Oder etwa nicht? Nicht ganz. »Ökos« gibt es auch unter streng konservativen bis nationalistisch-rechts Gesinnten. Sie verfolgen die gleichen Ziele, haben jedoch abweichende Motive. So lehnen besonders rechtsextreme Öko-Landwirte das Einführen der US-amerikanischen Genmaispflanze MON810 beharrlich ab, jedoch nicht nur, weil sie sich wie andere Ökologen Sorgen um die Auswirkungen auf Natur und die menschliche Gesundheit machen, sondern weil sie darin vielmehr eine Gefahr für die ernährungsbedingte Unabhängigkeit Deutschlands sehen. Rechte Tierschützer protestieren auch gegen die Überfischung der Ostsee, aber vor allem gegen angebliche polnische »Piratenfischer«, welche die Existenz der deutschen Fischer gefährden. Für den Atomausstieg und ­gegen Castortransporte machen sich rechte Aktivisten besonders deshalb stark, da die Brennstäbe im Ausland wiederaufbereitet werden. Die Energiegewinnung aus Braunkohle dagegen lehnen sie nicht ab – Kohle sei ja ein »heimischer« Energieträger. Die »grünen Braunen« sind kein gesellschaftliches Phänomen der letzten Jahre. Es gibt sie schon genauso lange, wie es rechtsorientierte politische Weltanschauungen gibt. Zunächst wurden sogenannte Natur- und Heimatschutzbewegungen mit dem Ziel gegründet, den Lebensraum der Deutschen zu bewahren. Seit den 1970er-Jahren beinhaltet auch das Parteiprogramm der NPD ökologische Themen. So unter anderem die Forderung nach einer stärkeren ökologischen Bildung, mit der man etwa »die Volks­ gesundheit schützen« wolle. Auch die NPD in Mecklenburg-Vorpommern ist schon seit einigen Jahren aktiv beim Umweltschutz dabei und wirbt mit ökologischem Landbau. Sie unterstützt die Anti-Genanbau-Initiativen in Nebel / Krakow am See oder äußert sich mit Bezeichnungen wie »Atomtod aus Polen« gegen polnische Atomkraft. Ein ökologisches Bewusstsein unter den Rechten ist also nichts Neues. Aktueller sind jedoch die Entwicklungen, die in einigen Kleinstädten und Dörfern Mecklenburg-Vorpommerns ablaufen: Seit geraumer Zeit versuchen dort konservativ- bis rechtsorientierte Familien ein anderes Leben im »Einklang mit Natur und Heimat« zu beginnen, ein »arteigenes« oder »germanisches« Leben, wie sie

es nennen. Normalerweise fallen die Rechten und ihre politischen Einstellungen erst bei näherer Bekanntschaft auf, da sie sich in den Ortsalltag einpassen, sich zum Beispiel bei Schulveranstaltungen oder Dorffesten engagieren. Jedoch darf man diese nicht vorschnell der NPD zuordnen, denn nicht alle sind NPD-Sympathisanten oder gar Parteimitglieder; manche versuchen eher unterschwellig, ihre politisch stark konservativen Einstellungen auszuleben, ohne dabei Angst und Schrecken zu verbreiten. Problematischer wird es bei den rechten Bauern: Tatsächlich gehören in Mecklenburg-Vorpommern immer mehr Bio-Landwirte dem rechten Lager allgemein oder speziell der NPD an. So führen sie auf der einen Seite einen ökologischen und nachhaltigen Betrieb, hetzen jedoch gleichzeitig im Sinne der NPD-Ideologie auf Parteitagen oder in rechten Medien. Die meisten Verbraucher wissen nicht, dass die Bio-Produkte, die sie kaufen, von zum Teil rechtsradikalen Erzeugern stammen – und können dies auch nur schwerlich umgehen. So sind zum Beispiel einige Mitglieder des mecklenburgischen Bio-Verbandes »Biopark« in der NPD aktiv. Seitdem dies bekannt wurde, distanzieren sich andere Vereinsmitglieder von ihnen, dem Vorstand sind jedoch die Hände gebunden. Es ist nicht einfach, solche Agrarwirte aus Bio-Verbänden und ökologischen Vereinen hinauszuwerfen, da eine politische Einstellung als Grund für einen Ausschluss meistens nicht ausreicht. Ebenso schwierig ist es bislang noch festzustellen, ob man beim Kauf eines Bio-Produktes einen rechtsgesinnten Bauern unterstützt oder nicht. »Die Verbraucher wissen noch wenig über die braunen Ökologen«, erklärt Dr. Gudrun Heinrich von der Arbeitsstelle Politische Bildung und Didaktik am Institut für Politik- und Verwaltungswissenschaften der Uni Rostock. Ziel sei es daher, dass »der Verbraucher sich mit dem Thema auseinandersetzt und verantwortlich auch im Sinne demokratischer Ziele damit umgeht«. Nur durch mehr Transparenz und Informationsaustausch in der Zukunft wird es möglich sein, detailliertere Auskünfte über die Produzenten zu erhalten. Obwohl der Wunsch nach hinreichender Information oft mit dem Datenschutz kollidiert, sind Internetforen und Seiten politischer Bildungseinrichtungen, die sich mit dem Thema beschäftigen, schon jetzt große Hilfen. Text Web

YVONNE HEIN

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»Erst sieben Jahre Pflicht, jetzt sieben Jahre Kür«

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Foto: Maximilian Berthold

Der jüngst wiedergewählte Oberbürgermeister der Hansestadt Rostock, Roland Methling, über Wahlbeteiligung, die Zukunft der Stadt, Wohnungsknappheit und über Radwege.

heuler: Die Bürger von Rostock haben Ihnen am 5. Februar erneut ihr ­Vertrauen ausgesprochen. Jedoch betrug die Wahlbeteiligung nur rund 36 Prozent. Wie bewerten Sie dieses Ergebnis? Roland Methling: Die geringe Wahlbeteiligung ist ein Trend der Bundesrepublik, dem man in jedem Fall entgegenwirken muss. Da stehen alle in der Pflicht, insbesondere die etablierten Parteien. Die Teilnahme an Wahlen sollte sich jeder zur Pflicht machen. Eigentlich muss ich sagen: Wer eine Bürgerbeteiligung oder ein Bürgerbegehren anstrebt, wer sich beschwert, müsste eigentlich vorlegen, dass er sich bei der letzten Wahl beteiligt hat. Das ist sicherlich etwas überspitzt gesagt, lässt sich aber fortsetzen: Es gab 60.000 Unterschriften für ein Theater in Rostock – statistisch gesehen sind es leider nur 12.000 Rostocker, die ins Theater gehen. Eine Unterschrift für das Theater kann meiner Meinung nach nur leisten, wer eine Theaterkarte vorlegt. Natürlich muss sich aber auch Lust auf Wahlbeteiligung ausbilden. Warum sind Ihrer Meinung nach die Rostocker so wahlmüde geworden? Mich stört die Formulierung »wahlmüde geworden«. Bei der letzten Wahl 2008 im Landkreis Bad Doberan gab es eine Beteiligung von 31,5 Prozent. Im Landkreis Güstrow lag sie bei 30,5 Prozent. Von der Seite her hat Rostock mit 36,6 Prozent ein Spitzenergebnis! Die letzten Wahlen der Landräte in Mecklenburg-Vorpommern sind nur deshalb so hoch ausgefallen, weil sie gleichzeitig mit der Landtagswahl und der öffentlichkeitswirksamen Kreisgebietsreform stattfanden. Bei nicht verbundenen Wahlen sind 36 Prozent bedauerlicherweise schon ein normaler Wert – aber im Zweifel ja auch ein Beleg dafür, dass eine Mehrheit keinen Änderungsbedarf sieht. Könnte auch fehlendes Wissen über die Befugnisse eines Oberbürgermeisters ein Grund für das geringe Interesse sein?


Das ist ein grundsätzliches Problem: Alle reden über Politik, aber wie Politik im Einzelnen funktioniert, das haben nur sehr wenige erlebt – und sehr viele, die mitmachen wollen, sind nach wenigen Sitzungen eines Ausschusses oder eines Fachbeirates so bedient, dass sie sagen: »Hier können wir doch wenig verändern« oder »Hier gibt es ja so festgefahrene Parteistrukturen in der Meinungsbildung, da hat es gar keinen Sinn mitzumachen«. Sie werden von mir aber dennoch immer wieder hören: Beteiligt euch an der Meinungsbildung! Geht in die Parteien, Wählerbündnisse, Ausschüsse, …! Gerade in der Kommunalpolitik geht es um Sachfragen. Da gibt es keinen roten oder schwarzen Bürgersteig, sondern nur einen funktionierenden, da gibt es keine Lösung, die besonders grün oder von den Linken nach marxistischen Grundsätzen ausgesucht worden ist. Hier ist praktische Politik gefragt. Sicherlich gibt es jedoch auch in Rostock Situationen, in denen sich parteipolitische Zielstellungen über das gebotene Maß hinaus in der Entscheidungsfindung widerspiegeln. Beispielsweise sind sich alle darüber einig gewesen, dass der Schwimmkran Kulturgeschichte der Hansestadt Rostock ist, aber unter vorgehaltener Hand heißt es: Wenn der Oberbürgermeister – der ist ja besonders Kran- und maritim-affin – das will, sind wir erst einmal dagegen. In diesem Fall haben wir gemeinsam aber eine vernünftige Lösung gefunden, und der »Lange Heinrich« wird in diesem Jahr in Form gebracht und an der Spitze der maritimen Ausstellungen der Stadt stehen. In der Vergangenheit kam es zu zahlreichen Streitigkeiten zwischen Ihnen als Chef der Verwaltung auf der einen Seite und der Bürgerschaft auf der anderen Seite. Nach der Wahl haben Sie sich verbal die Hand gereicht. Dennoch: Wie bewerten Sie die Konflikte? Konflikte entstehen immer dort, wo Interessen aneinanderreiben oder wo ich als Oberbürgermeister verpflichtet bin, Entscheidungen und Vorstellungen der Bürgerschaft zu widersprechen. Die Rostocker Bürgerschaft trägt die Verantwortung dafür, dass die Hansestadt in die tiefroten Zahlen abgeglitten ist. 2005 hat Rostock nach Haushaltsbeschluss der Bürgerschaft geplant, 97 Millionen Euro minus zu machen. Die Bürgerschaft hat jedoch den Grundsatz einzuhalten, nur so viel Geld auszugeben, wie im Haushalt der Stadt vorhanden ist. Dennoch hat sich Rostock in die Schuldenfalle begeben, etwa durch die Entscheidung für die IGA – koste es, was es wolle. Hier hat auch die Landesregierung der Hansestadt Rostock freien Lauf gelassen – bis zu dem Zeitpunkt, als ein parteiloser Oberbürgermeister die Sache in die Hand genommen hat. Ich bin hier mit aller Konsequenz in die Spardiskussion und in das Sparhandeln gegangen, und das sorgt

natürlich für Frust. Mir wurde gleich im ersten Jahr als Oberbürgermeister ein Ausspruch von Martin Luther mit auf den Weg gegeben: »Wenn der Bürgermeister seine Pflicht tut, werden kaum vier da sein, die ihn mögen.« Ihre Politik war also in der vergangenen Amtszeit auf die Behebung der roten Zahlen ausgerichtet. Bringen die nächsten sieben Jahre etwas Neues? Jemand sagte mal, es waren sieben Jahren Pflicht und nun kommen sieben Jahre Kür. Jetzt können wir Akzente für die Stadtentwicklung setzen. Das sind das Zentrum am Wasser, die Entwicklung des Stadthafens zur Erlebnismeile. Wir wollen, dass Rostock die Entwicklung im Ostseeraum mitbestimmt, eine pulsierende Stadt ist und mit besonderen Elementen für Anzugskraft sorgt. Dazu gehören zum Beispiel die Mittelmole in Warnemünde und der Neubau des Theaters als Kulturtempel, als Erlebnisbereich – und zwar am besten in Einheit mit einem maritimen Erlebniscenter, mit dem Traditionsschiff und mit der Präsentation unserer maritimen Geschichte im Stadthafen. Zu einer umfassenden Stadtentwicklung zählt auch der Ausbau der Infrastruktur. Wie sieht es da etwa mit den Fahrrad­ wegen aus? Als Ergebnis der Haushaltskonsolidierung haben wir auch das Budget für fuß- und radfähige Wege mehr als verdoppelt. Fahrradwege spielen jedoch eine besondere Rolle, da könnten wir auch noch einmal nachlegen, obwohl der Hansestadt Rostock eigentlich bescheinigt wird, dass wir ein sehr gut ausgeprägtes Radsystem haben. Angefangen mit den Campus-Velo-Routen, wo wir viel Geld in die Radverkehrsförderung gesteckt haben. Da machen wir jetzt weiter. Wir wollen Rostock zusammen mit der Uni auch zu einer Stadt der Wissenschaften entwickeln – da haben kurze und radfahrerfreundliche Wege Priorität. Ein anderes Problem für Studierende ist die Wohnungsknappheit in Rostock. Wie gedenken Sie, dieses Problem anzugehen? Hauptsächlich sind Wohnheime und studentisches Wohnen natürlich die Angelegenheit des Landes. Speziell in Rostock hatten wir lange Zeit Wohnungsleerstand, der vor sieben Jahren noch bei über acht Prozent lag. Inzwischen sind wir bei den meisten Wohnungsgesellschaften bei zwei Prozent. Gegenwärtig befinden sich jedoch 2.000 Wohnungen im Bau. Das ist ein Punkt, den wir vor fünf bis sechs Jahren intensiv angegangen sind, weil wir auf Zuwachs in Rostock gesetzt haben. In der Innenstadt bleibt die Nachfrage groß, aber ich weiß, dass zum Beispiel die Wohnungsgenossenschaft Schiffahrt-Hafen für 180 Euro warm

möblierte Zimmer in einer Wohngemeinschaft in Toitenwinkel anbietet. Dennoch wollen wir auch im innerstädtischen Bereich Grundstücke für studentisches Wohnen entwickeln. Aber die Hansestadt Rostock wird keine Studentenwohnheime bauen und betreiben können. Viele Studenten verlassen nach ihrem Studium die Hansestadt wieder. Welches Potenzial sehen Sie denn, um die Studenten in Rostock zu halten? Wir versuchen euch ja einzufangen mit der Begrüßungsprämie von 100 Euro und wollen, dass die Region Rostock eure Heimat wird! An erster Stelle geht es aber natürlich um die Attraktivität der Stadt und die ist sehr vielfältig. Das beginnt mit attraktiven Arbeitsplätzen. 7.800 sind neu dazugekommen. Ob sie alle attraktiv sind, weiß ich nicht, doch auf jeden Fall bewegt sich hier eine Menge und wir haben eine sehr gut organisierte Wirtschaftsförderung. Vielen Dank für das Gespräch. Interview

MARTeN NEeLSeN Maximilian Berthold

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WER DARF WAS? Bürgerschaft: Die Bürgerschaft ist die Vertretung der Bürger und das oberste Willensbildungs- und Beschlussorgan der Stadt. Die Mitglieder sind für alle wichtigen Angelegenheiten der Stadt zuständig und überwachen die Durchführung ihrer Entscheidungen, soweit nicht eine Übertragung auf den Hauptausschuss oder Oberbürgermeister erfolgt ist. Die Bürgerschaft ist die oberste Dienstbehörde und Dienstvorgesetzte des Oberbürgermeisters. Oberbürgermeister: Die praktische Umsetzung der Vorschläge der Bürgerschaft gestaltet der Oberbürgermeister als Spitze der Stadtverwaltung. Er ist für die sachgerechte Erledigung der Aufgaben und den ordnungsgemäßen Verwaltungsbetrieb verantwortlich. Er bereitet die Beschlüsse der Bürgerschaft und des Hauptausschusses vor und führt sie aus. Sollte die Bürgerschaft mit einem Beschluss geltendes Recht verletzen oder das Wohl der Gemeinde gefährden, so hat der Oberbürgermeister diesem zu widersprechen.


Foto: Maximilian Berthold

Politische Bildung Wem gehört der 1. Mai?

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Der 1.5., kalendarisch ein Tag wie jeder andere auch, hat viele Namen und noch mehr Besitzer. Nordrhein-Westfalen nennt ihn »Tag des Bekenntnisses zu Freiheit und Frieden, sozialer Gerechtigkeit, Völkerversöhnung und Menschenwürde«, am bekanntesten ist er aber sicher als »Tag der Arbeit«. Die Gruppe der sogenannten Arbeiter (in Abgrenzung zu Arbeitgebern) streckt am sichtbarsten ihre Finger nach diesem 120. Tag des Jahres aus. Hinzu kommen harmlose In-den-Mai-Tänzer, weniger harmlose Nazis und als Gegenwehr die Antifa. Was ist bloß so Besonderes am 1. Mai? Ursprünglich hatte er mit Politik rein gar nichts zu tun: Schon im 8. Jahrhundert begrüßten unsere Ahnen den Mai als Symbol des Frühlings, sie tanzten und schmückten Bäume – genau wie es heute, mittlerweile ergänzt durch Schützenvereine und Bierbuden, noch vielerorts gemacht wird. Dann passierte etwas, das genauso auch in jedem anderen Monat hätte stattfinden können: Rund um den 1. Mai des Jahres 1886 kam es in mehreren amerikanischen Städten zu Massendemonstrationen gegen den 12-Stunden-Arbeitstag. In deren Folge wurden viele Menschen verletzt, getötet und später sogar hingerichtet. Zu ihrem Gedenken wird der 1. Mai seither von Kundgebungen und Streiks begleitet und in Dutzenden von Ländern als Feiertag begangen. Dummerweise waren es in Deutschland die Nationalsozialisten, die ihn – in perfekter Vereinnahmung – als »Feiertag der nationalen Arbeit« gesetzlich verankerten, sodass sich alljährlich auch deren Anhänger genötigt sehen, ihre Springerstiefel anzuschnallen und aufzumarschieren. Dieses Jahr wollen sie auf diese Weise unter anderem in Schleswig-Holstein den dortigen Landtagswahlkampf unterstützen. In Rostock erwartet uns die traditionelle Demonstration des Deutschen Gewerkschaftsbundes – im Vergleich zur Vergangenheit jedoch etwas aufgemischt: Das eigens gegründete »Bündnis für einen kämpferischen ­1. Mai« möchte mehr junge Menschen mobilisieren, möchte weg vom »Familienfestcharakter« und zurück zu dem, was den Tag in den Augen der Beteiligten ausmacht: »Wir glauben, dass gewerkschaftliche Organisierung für die Lohnabhängigen die einzige Möglichkeit ist, richtig Druck zu machen. Die Möglichkeit, durch kollektive Aktionen wie Streiks die Bedingungen des eigenen Alltags und die gesellschaftlichen Verhältnisse verändern zu können, muss wieder mehr ins Bewusstsein kommen!« Mit diesem Ziel trifft sich die Gruppe schon seit mehreren Wochen jeden Montag, um 19:00 Uhr, im Bildungskeller (Ulmenstraße, Haus 3) und lädt dazu alle Interessierten ein: »Wir repräsentieren jeden, der ein mehr oder weniger linkes Selbstverständnis hat und den 1. Mai nutzen möchte, für eine lebenswerte Zukunft jenseits von Wirtschaftskrise, Umweltzerstörung, Ausbeutung und Krieg zu kämpfen.« Neben der Beschäftigung mit Bildungsfragen fordern die Aktivisten unter anderem einen Mindestlohn von mindestens 10 Euro pro Stunde, die 30-Arbeitsstunden-Woche oder eine Übernahmegarantie nach der Ausbildung. Wer sich angesprochen fühlt und mitdemonstrieren möchte, kommt am 1. Mai, um 10:00 Uhr, zum Werftdreieck. Details finden sich unter bildungskeller@ systemausfall.org. Denn: Der 1. Mai ist, was man daraus macht! Text

ANNIKA RIEPE

Am Kabutzenhof wird er von der Antifa beansprucht, doch um den 1. Mai streiten sich viele verschiedene Gruppierungen

Termine Der Euro, auf die Schippe genommen Vielen Menschen macht das Dauerthema »Euro-Krise« Angst. Dass man auch darüber lachen kann, zeigt die Ausstellung »Euro-Spot – Die europäische Währungsunion in der Karikatur gestern und heute«, die von der Friedrich-Ebert-Stiftung sowie dem Europäischen Integrationszentrum Rostock organisiert wurde. ! Web

Bis 19. April 2012, Rostocker Rathaus; kostenfrei www.eiz-rostock.de

»Was essen wir da eigentlich?« Im Rahmen des Politischen Donnerstags zeigt der Verein Soziale Bildung e. V. einen Dokumentarfilm über unser täglich Essen: Wo kommt es her? Wer überprüft seine Qualität? Macht es uns krank? Einblicke in die Lebensmittelindustrie, auf die man sich beim gemeinsamen Essen einstimmen lässt. ! Web

26. April 2012, 20:00 Uhr (Volksküche ab 19:00 Uhr), Peter-Weiss-Haus; kostenfrei tinyurl.com/bvmgnmd

Aktuelle Hinweise zur politischen Bildung findest du übrigens auch immer unter: Web

tinyurl.com/cceft7h


Grafik: Michael Schultz

Facebook, wo bleiben meine Daten? Facebook gehört längst zum Alltag der meisten Studenten. Alle Nutzer nehmen mehr oder weniger unaufgeregt in Kauf, dass das Unternehmen Daten sammelt, speichert und verwertet wie kaum ein zweites. So auch ich – bis jetzt.

»Facebook machte im vergangenen Jahr einen Gewinn von einer Milliarde Dollar.« Eine Schlagzeile der letzten Monate, die zum Nachdenken anregt. Woher kommt das ganze Geld? Natürlich ist mir klar, dass Facebook meine eingepflegten Daten in sich aufsaugt. Ich bin Bestandteil eines kostenlosen sozialen Netzwerkes, ebenso wie etwa 800 Millionen andere Facebook-Nutzer weltweit. Wir alle nutzen viele Vorteile, die die Internetplattform unzweifelhaft bietet, wir halten Kontakt zu Menschen, die wir ohne Facebook vielleicht schon längst aus den Augen verloren hätten. Gleichzeitig tauschen wir: Fotos, Gedanken, ­Informationen. Lachender Dritter bei diesem Tauschhandel ist die Firma aus Kalifornien, denn Facebook sammelt, verknüpft und wertet meine Daten aus. Einer der Effekte: maßgeschneiderte Werbung für jedermann. So weit, so gut – das war mir bereits klar, als ich mein Profil dort angelegt habe. Aber der eigentliche Umfang ist mir bislang unbekannt gewesen: Welche Daten werden gesammelt, wie viele sind es und was genau passiert damit? Was weiß das Netzwerk über mich? Ich versuche, es herauszufinden. Es ist der 2. Februar 2012, der Start meiner Suche. Ich fülle ein ­Online-Formular aus, mit dem man Auskunft über die gespeicherten Daten anfordern kann. Ich schicke es ab – »Sie haben Post!« Sofort erhalte ich als Antwort von »The Facebook Team« eine nahezu inhaltsleere E-Mail. Mein Anliegen werde bearbeitet, allerdings hätte ich ja sowieso jederzeit die Möglichkeit, auf der Facebook-Seite mithilfe des »DownloadTools« selbst meine Daten einzusehen. Davor wird jedoch von anderer Seite gewarnt, denn nutzt man diese Möglichkeit nur ein einziges Mal, hat man damit sein Recht auf eine detaillierte Aufschlüsselung verwirkt. Neugierde und Verantwortung mit den eigenen Daten sind angebracht, denn die staatliche Regulierung ist noch schwach. Eben hier setzt »Europe versus Facebook« an. Von diesem Projekt habe ich meinen Vordruck zum Anfordern der Daten samt Anleitung. Die europäischen Datenschutzbestimmungen verpflichten Facebook, so wie jedes andere Unternehmen auch, innerhalb von 40 Tagen ihren Nutzern eine Kopie der gespeicherten Daten zukommen zu lassen – sodass der User ­zumindest die Chance hat, dasselbe über sich selbst zu wissen wie das Unternehmen. Bis zu einhundert Datensätze sollen von jedem Nutzer gespeichert werden – das vom Facebook-Team hervorgehobene Download-Tool beschafft dem Nutzer lediglich 22 davon. »Datensatz«, das meint ­inhaltlich zusammenhängende Daten wie etwa der Name, die Adresse und das Geburtsdatum. Jedoch zählen nicht nur solche Informationen dazu, die ich selbstbestimmt auf der öffentlichen Facebook-Bühne präsentiere, sondern auch gelöschte Freunde, Links oder Postings. Nicht angenommene Freundschaftsangebote, meine privaten Chats, Angaben

darüber, wie intensiv Freundschaften sind, mit welchem Kameramodell wann welches Foto aufgenommen, wann es hochgeladen wurde und wer darauf zu sehen ist. Klar ist auch, dass jedes gedrückte »Like« Aufschluss über Interessen und V ­ orlieben gibt. ­ Einige Verbraucherschützer ­vermuten sogar, dass Facebook noch weit mehr ­ über jeden von uns weiß. Fraglich ist zum Beispiel, was die »Gefällt mir«-­Buttons auf externen Seiten auslösen. Das NDR-Medien­­magazin »Zapp« berichtet, dass Facebook die Daten des Nutzers selbst dann sammle, wenn dieser das eigentliche Feld gar nicht anklickt. Mittlerweile ist es Mitte März: Redaktionsschluss. Mehr als 40 Tage sind vergangen und ich habe immer noch keine Antwort auf die schriftliche Anfrage nach einer ausführlichen Auflistung meiner gespeicherten Daten. Aufgrund des Ansturms der letzten Zeit könne Facebook der g­esetzlich vorgegebenen Zeitspanne wohl nur selten gerecht werden, lese ich. Nicht der einzige Gesetzesbruch, den die junge Firma begeht: Vor einigen Tagen entschied das Landgericht Berlin, dass die AGB, denen wir alle zugestimmt haben, um Teil der Online-Gemeinschaft sein zu dürfen, nicht rechtskonform sind. Durch das Erstellen eines Accounts überträgt man demnach die Rechte für alle persönlichen Beiträge an ­Facebook – ein Umstand, den das Gericht ebenso kritisiert wie den »Freunde-Finder«, der Nicht-User einlädt und bestehende Profile aufspürt. Welche Konsequenzen das Urteil haben wird, ist noch völlig unklar. Experten betonen immer wieder, dass der einzig wirksame Datenschutz ein Pseudonym sei, unter dem man agiert. Alle, die schon FacebookNutzer sind, haben diese Chance jedoch verwirkt, denn das Unternehmen speichert auch alte Namen. Nachträgliches Ändern ist demnach zwecklos. Doch gäbe niemand mehr seine wahre Identität preis, verlöre die Plattform wohl eh jenen Reiz, der die Teilnahme ausmacht. Am Ende des Versuchs, ohne befriedigende Antwort von Facebook, bleibt die Frage nach den verbleibenden Möglichkeiten. Mir wird wieder einmal sehr deutlich, dass nicht ich die Regeln bestimme. Text

JANA WICHERT

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Grafik: lightwise / 123rf.com

Schon verkehrt? Ein Versuch der Bürgerbeteiligung »Bürgerbeteiligung« – spätestens seit Stuttgart 21 geistert dieses Wort durch die Republik und die Flure der Verwaltungen. Klar ist, die Planung von GroSSprojekten wird ohne die Einbeziehung der Bevölkerung zukünftig nur schwer möglich sein. Doch wie funktioniert Bürgerbeteiligung? Eine Spurensuche auf Rostocks erster Verkehrskonferenz.

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Bis 2014 soll für die Hansestadt Rostock ein neues »Integriertes Gesamtverkehrskonzept« erarbeitet werden. Dieses klärt etwa, wo in Zukunft Fahrradwege entstehen, Ampeln abgeschaltet werden oder Straßenbahnen fahren sollen – die gesamte Infrastruktur Rostocks ist dabei im Blick. Um eine frühzeitige Bürgerbeteiligung an diesem Prozess zu ermöglichen, veranstaltet die Stadt dieses Jahr in jedem Ortsteil Verkehrskonferenzen. Die erste fand im Februar in der Kröpeliner-TorVorstadt statt. Zum Einstieg gab es einen Vortrag zur groben Struktur des Verkehrskonzepts von 1998. Dieser beinhaltete einen kurzen historischen Rückblick über die größeren Bauvorhaben der vergangenen Jahre und ihre Zielsetzung. Anschließend waren die Bürger gefragt: In der Aula der Borwinschule hatte man Stellwände verteilt, die jeweils eine kleinmaßstäbige Landkarte und Platz

für Kommentarzettel enthielten. Zur Diskussion standen die Komplexe »Fußgänger«, »öffentlicher Nahverkehr«, »motorisierter Verkehr«, »Parken«, »Fahrrad« und »Ideen für Gemeinschaftsangebote«. Die Stellwände wurden von den Anwesenden rege genutzt, um Meinungen und Anregungen zum jeweiligen Thema zu hinterlassen und diese teilweise auch gleich auf der Stadtkarte zu visualisieren. Vorgeschlagen wurden etwa ein Umbau der Waldemarstraße zur Fahrradstraße, ein shared space vor dem Ulmen-Campus, Strategien gegen Pkw-Schleichwege, mögliche Standorte von Tiefgaragen, eine verbesserte Fußgängerampelschaltung am Stadthafen oder der Verleih von Lastenfahrrädern. Nachdem jeder seine Ideen festgehalten hatte, ­waren viele Anwesende in der richtigen Stimmung, um das Thema Verkehr in Rostock ausgiebig zu diskutieren. Leider war jedoch der zeitlich vorgegebene Rahmen der Veranstaltung an dieser Stelle bereits ausgeschöpft. Sicher war die Sammlung von Wünschen, die mit konkreten Punkten auf dem Ortsplan verknüpft wurden, eine gute Methode, um Bürger­ eingaben einzuholen. Da es allerdings bei der Abfrage blieb, ist unklar, welches Ziel die Bürger­ beteiligung in diesem Fall konkret hatte. Ein internetbasiertes Abfragesystem hätte vermutlich ein wesentlich breiteres Spektrum von Meinungen und Vorschlägen zutage gefördert als von den circa 35 Teilnehmern, die überwie-

gend männlich und in der Mehrzahl deutlich älter als 30 Jahre waren. Im Zuge einer Vor-Abfrage hätten die Anwesenden bei der Verkehrskonferenz im zweiten Schritt über die Relevanz von zuvor eingereichten Vorschlägen diskutieren können – ­quasi als Übersetzer der Bürgermeinungen für die Repräsentanten der Stadtverwaltung. Vielleicht ­ wäre zudem statt des eineinhalbstündigen Blocks die Einladung zu einer zweitägigen Veranstaltung, beispielsweise mit der Methode »Zukunftswerkstatt«, ein geeigneterer Rahmen gewesen, den Bürgern eine stärkere Beteiligung zu ermöglichen. Eventuell ist die Unschärfe der Fragestellung ja Teil des Konzepts – aber wahrscheinlich doch eher Ausdruck einer Unklarheit darüber, welche Art der Partizipation mit welchem Zweck angestrebt werden soll. Dies macht es schwer, den beteiligten Bürgern im Nachhinein ein ehrlich gemeintes Gefühl der Wertschätzung bezüglich ihres Beitrags zu vermitteln. Mein persönliches Fazit: Dies war eine gut organisierte Veranstaltung, die den Willen zum ­ Dialog zeigte. Gleichzeitig ist bislang jedoch deutlich spürbar, dass für die Stadtverwaltung das Konzept der Bürgerbeteiligung etwas Neuartiges und Fremdes ist. Meint sie es ernst, ist dieses Problem aber durch Weiterentwicklungen sicherlich lösbar. Wichtig ist, dass die Bürgerbeteiligung nicht zur PR-Aktion verkommt, sondern echte Teilhabe an der Konzeptionierung des großen Ganzen – wie wollen wir den zukünftigen Verkehr in Rostock gestalten? – stattfindet. Einen nächsten Versuch wird es beim Forum zur Umgestaltung der Ulmenstraße geben. Wann es losgeht, wird über den Städtischen Anzeiger angekündigt. Text

ADELWIN BOTHE


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WARTEN AUF EIN STÜCK PAPIER 36

mehr als 200 Menschen leben im Rostocker Asylbewerberheim, etwas abseits am Ende einer StraSSenbahnlinie. In der öffentlichen Wahrnehmung finden die Asylsuchenden jedoch kaum statt. Wie lebt es sich im Schatten einer fremden Gesellschaft? Eine persönliche Suche. FOTO: MARCUS SÜMNICK / ILLUSTRATIONEN: CAROLINE HEINZEL


Text

ANNIKA RIEPE

»Annika, du bist so naiv!«, spottet Jamel* über meine Leichtgläubigkeit. Natürlich, ich könne nach Frankreich fahren, für mich stehe die Grenze weit offen. Für ihn aber, den Araber, sei das ganz anders. Jamel lebt als Asylsuchender in der Rostocker Gemeinschaftsunterkunft. Ich höre seine Geschichten, seine Erfahrungen, höre von seiner Angst. Und dennoch, so richtig verstehe ich noch nicht, warum es so schwierig sein soll, ungehindert in ein deutsches Nachbarland zu reisen. Ein paar Tage später sitze ich im Zug von Berlin nach Rostock. Wir sind kurz vor Neustrelitz, als zwei Polizisten durch unser Abteil laufen und vor einem Dunkelhäutigen haltmachen. Seinen Pass solle er zeigen. Er regt sich auf. Immer wieder sei es das Gleiche, nur weil er Ausländer sei. Er unterhält sich mit ihnen in fehlerfreiem Deutsch. Der Beamte räumt ein, er verstehe seinen Ärger, aber den Pass müsse er trotzdem sehen. Hinterher werden er und sein Kollege noch zwei hellhäutige, dem Äußeren nach deutsche Männer ansprechen. Eine Kontrolle aufgrund der Hautfarbe lassen die Antidiskriminierungsgesetze der EU nicht zu. Nicht nur diese Szene zeigt: Ausländer zu sein ist kein Zuckerschlecken. Und sicher gilt dies für Asylbewerber in besonderem Maße. Doch wie fühlt es sich tatsächlich an, aus dem Heimatland flüchten zu müssen und von nun an immer der Bittsteller zu sein, derjenige, dessen Aufenthalt lediglich für die Dauer des Verfahrens gestattet ist, der jederzeit mit der Abschiebung zu rechnen hat? Es folgen Wochen der Auseinandersetzung mit dem deutschen Asylrecht – eine Vorbereitung, die im erneuten Treffen mit Jamel münden soll, von dem ich mir bislang verschlossene Einblicke erhoffe. So erfahre ich, dass die Europäische Menschenrechtskonvention kein Grundrecht auf Asyl enthält, dass deutsche Gesetze einen Unterschied zwischen politisch Verfolgten und vor dem Krieg Geflüchteten machen (um dem Staat bei Flüchtlingen zu erlauben, auch anhand des »Bedarfs« über ihr Bleiben zu entscheiden). Ich lese mit Verachtung, dass es in Deutschland lebenden Asylbewerbern anders als im restlichen Europa nicht gestattet ist, ihr Bundesland oder gar ihren Bezirk zu verlassen, da die Kontrolle so leichter falle. Wer etwa von Rostock aus nach Hamburg möchte, braucht die Erlaubnis des Sozialamtes. Das Gleiche beim Arztbesuch. Ich lese Paragrafen über Paragrafen, die allesamt nicht etwa Hilfe, sondern vielmehr die Abwehr von Flüchtlingen zum Ziel zu haben scheinen, und verzweifle zusehends ob so mancher Inhumanität. Mein Interview mit Jamel bringt die vorläufige Wende: Der Nordafrikaner ist gar kein Flüchtling im klassischen Sinne. Er verließ seine Heimat nicht im

Angesicht von Krieg oder Verfolgung, sondern auf der Suche nach Neuem, nach Herausforderungen. Er wollte Europa entdecken, kam zunächst legal als Austauschstudent und entschied sich zu bleiben. Ich bin schockiert: Wieso setzt sich ein Mensch den Schrecken eines Asylverfahrens aus, wenn er doch jederzeit ins eigene Land zurückkehren könnte? Ich hatte Jamel nie nach den Gründen seines Weggangs gefragt, um nicht in Wunden zu stochern. Jetzt bin ich fast enttäuscht, dass es diese Wunden so nicht gibt. Ich wollte unmenschliche ­Gesetzestexte, ungerechte Verfahrensweisen in Jamels Schilderungen hüllen – jetzt ärgere ich mich, dass ich wohl noch ein zweites Interview werde führen müssen. Ein Interview mit einem »echten« Asylbewerber, jetzt wo doch das erste »unbrauchbar« zu sein scheint. Es ist wieder eine Zugfahrt, die mich umdenken lässt. Wir verehren Weltenbummler, wir benennen Outdoorhändler nach ihnen, schauen Fernsehsendungen über das Auswandern und verbinden Reisen mit Erfahrung und Weisheit. Wir selbst bemühen uns um Auslandsaufenthalte, brauchen sie für Lebensläufe und die eigene Reife. Wie können wir anderen nicht das Recht zugestehen, eben diesem Ideal nachzustreben? Dies ist auch Jamels oberstes Anliegen während unseres

Gespräches: Er will aufzeigen, welche Privilegien wir Deutsche haben. Und möchte mir die Lebensbedingungen der Rostocker Asylbewerber verbildlichen – genau das also, nach dem ich gefragt hatte. Denn, egal, aus welchem Grund sie hier sind, die Bedingungen sind für alle Bewohner dieselben, und tatsächlich sind die meisten von ihnen Afghanen. Fast allen Asylbewerbern ist es verboten zu arbeiten. Sollten das Sozialamt und die Bundesanstalt für Arbeit doch einmal einer Beschäftigung zustimmen, geschieht dies nur, wenn kein Deutscher die Arbeit machen will. In der Konsequenz bedeute dies ein Leben, das zum größten Teil aus Warten bestehe, erklärt Jamel. Man werde faul und verlasse selten sein Zimmer. Häufig fällt das Stichwort »Isolation«. Das liegt nicht etwa an der Lage der Rostocker Gemeinschaftsunterkunft oder daran, dass sich die Bewohner kaum etwas leisten können – ihr monatliches Budget liegt etwa 40 Prozent unter dem eines Hartz-IV-Empfängers –, sondern ist hauptsächlich Ausdruck dessen, was Jamel mit Hinweis auf das »Ulysses-Syndrom« erläutert: Wissenschaftliche Studien belegen, dass Asylbewerber als Folge ihrer einschneidenden Lebensveränderung vermehrt an chronischen und psychischen Krankheiten leiden, als Folge des Verlustes, der Ungewissheit, der niedrigen sozialen Stellung im Aufnahmeland. Warum er nicht beispielsweise die kulturellen Angebote Rostocks nutze, möchte ich von Jamel wissen. Die Antwort ist hart: »Wenn du im Loch bist, hast du keinen kulturellen Geschmack.« Er habe selten Kontakt zu Deutschen, denn ein Kennenlernen sei schwierig. Frauen etwa fänden den weltgewandten Mann zuerst interessant, hörten sie dann jedoch von seinem Aufenthaltsstatus, sei das Gespräch normalerweise vorbei, sicher mit Gedanken an Aufenthaltsgenehmigung und Heiratsabsicht. Man kann dies auch niemandem verdenken, denn die meisten Asylbewerber hoffen, so Jamel, tatsächlich genau darauf. Kein Wunder: Die Chancen, auf anderem legalen Weg bleiben zu dürfen, sind gering: Mehr als die Hälfte aller Anträge werden abgelehnt, 2011 waren es deutschlandweit 54,7 Prozent. Die meisten anderen Verfahren sind in der Schwebe. Jamel betont es immer wieder: Alle warten nur auf Papiere – und würden für die Aufenthaltsgenehmigung sofort auf Geld und Unterkunft verzichten. Das Rostocker Asylbewerberheim, in dem die Bewohner im Durchschnitt zwischen einem und drei Jahren leben, sei an sich gar nicht schlecht, besonders auf die dort arbeitenden Sozialarbeiter des Ökohauses lässt Jamel nichts kommen. Dennoch: Er wolle nicht »gefüttert« werden, sondern die Erlaubnis bekommen, selbst für sich zu sorgen. Die Hoffnung darauf gibt er nicht auf. *Name von der Redaktion geändert

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KULTUR FOTO: Kirsten Griese / Bernd Bethke / EDIT: BJÖRN GIESECKE

Die glückliche Quadratur So etwas gibt es nicht, nur den Sinn für’s Wesentliche. Ein Beispiel: Kennt ihr diese jämmerliche Angewohnheit, auf dem Laptop die Folie draufzulassen, bis sich Blasen bilden? Das ist designtechnisch eine Respektlosigkeit. Und kennt ihr den chinesischen Rennfahrerfotografen Fadderly Ma Cong? Gut: Genau deswegen werden derartige Themen nicht im Kulturteil behandelt. Sie sind lame. Viel Spaß beim Lesen! ALFONSO, Ressortleiter


MeckleN burger Edel dampf Gefängnisgrundmauern haben sie bereits zum Vibrieren gebracht, demnächst geht’s als vorband »Poison«Cooper auf die Bühne: Diese Heavy-Metal-Band ist viel mehr ist als nur ein lokaler Geheimtipp. Im Kröpeliner Proberaum bei knisterndem Kamin und einem Bierchen treffe ich sie: Bühne frei für die Iron Horses! heuler: Wann gibt es von euch das nächste Album auf die Ohren? Inwiefern rockt es härter als das letzte? Iron Horses: [Alle; abwechselnd und durcheinander.] Ende März wollen wir anfangen, es aufzunehmen. Man muss dazu sagen: Wir hatten einen Umbruch, weil wir die Band auf vier Köpfe reduziert haben. Aufgenommen hatten wir die Platte schon einmal und müssen jetzt noch mal ran, damit die Fans und wir selbst damit vollkommen zufrieden sein können. Es wird definitiv härter als das alte Album sein. Und es wird auf jeden Fall noch dieses Jahr fertig. Die Songs auf unserer Website sind nur als Vorab-Demos zu verstehen – die werden wir noch ordentlich aufpeppen! Das neue Album wird es dann auch zum Download geben. In der Hansestadt munkelt man, hinter dem Titel eures ersten Werkes »Titan ’n’ Bones« verberge sich eine dramatische Story? Welche ist das? Das Cover zeigt ja ein Röntgenbild von Babschkes [Frontröhre] Rücken. Sein Rücken wurde nach einem schweren Unfall mit Titanplatten und -schrauben wieder zusammengesetzt. Der Titel hat einfach in diesen Zeitabschnitt der Band und zu den Songs auf der Platte gepasst. Mein momentaner Lieblingssong (neben denen, in denen Basssolos vorkommen), ist »On a Run«. Habt ihr einen eigenen Favoriten? »Steammachine«, »Boneshaker«, »Crash and Burn«, die grooven alle wie Sau. Und »On a Run« ist immer noch im regulären Programm. Wie hart rocken Rostock und Umgebung? Wir hatten hier schon geile Gigs. Man muss sich aber auch klarmachen, dass Rostock einfach zu klein ist. Man kann nicht vier- oder fünfmal jährlich präsent sein, da sind die Fans schnell gesättigt. Ein- oder zweimal im Jahr ist okay, dann aber richtig.

Was unterscheidet euch von anderen Bands? Wir machen Rock ’n’ Roll! Außerdem kommen wir nicht aus der Großstadt, sondern aus der Region. Wir unterliegen nicht dem Gruppenzwang von aktuellen Strömungen und Mainstream. Außermusikalisch gibt es einen besseren Zusammenhalt. Wie habt ihr euch kennengelernt? Wir haben irgendwann im Wohnzimmer angefangen zu klimpern und 1999 stand der Plan für eine Band. Seitdem ist diese ViererGrundbesetzung durch dick und dünn unverändert geblieben. Wenn man auf eure Songtexte achtet, weiß man ziemlich schnell, in welche thematische Richtung die Dampflokomotive fährt. Steckt dahinter eine persönliche Lebensphilosophie oder ist das Produkt von den Künstlern zu trennen? Das sind Geschichten aus unserem alltäglichen Leben. Nur politisch lassen wir uns nirgendwo reindrängen, weder links noch rechts! Welche Zutaten gehören in euer Musikrezept? Geilheit. Man muss geil drauf sein. Ansonsten verwenden wir noch immer die gleichen Zutaten wie vor acht oder neun Jahren. Bei uns kommt das einfach. Wir nehmen uns nicht jedes Mal extra vor, dass wir einen Rock-’n’-Roll-Song machen. Und wenn jetzt ein Popsong dabei herauskäme, würden wir den machen. Selbst dann würde der noch so klingen, als wäre er ein mit Herz hergestellter Song von uns. Aber natürlich kommen von uns keine Popsongs. [Lachen.] Woher kommt bei euch denn die musikalische Inspiration? Manu [V-Gitarrist] macht das meiste. Zu viele Köche verderben schließlich den Brei. Mit der Rohversion setzen sich dann Moler [Bassbombe], Christoph [Trommler] und Babschke separat auseinander. Babschke, sind die hohen Schreie eigentlich sehr anstrengend? Nee, das werde ich auf dem neuen Album natürlich auch wieder machen. Was ist der Unterschied zwischen Pop und Heavy Metal, außer dass Heavy Metal natürlich die bessere Musik ist?

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Was würdet ihr bisher als euren größten Band-Erfolg bezeichnen? Vor allem, dass es uns noch gibt! Tolle Auftritte gab es viele. Im Knast zu spielen, hat zum Beispiel auch viel Spaß gemacht.

Was haltet ihr von der InternetMusikkultur? Das ist ein schwieriges Thema. Einerseits will jeder am liebsten alles umsonst herunterladen. Wenn du Qualität haben willst, muss diese aber auch jemand produzieren. Und wenn man sich die Brötchen anders verdienen muss, kann man sich nicht mehr ausreichend auf die Mucke konzentrieren. Auf der anderen Seite wird man regelrecht erschlagen von der heftigen Überpräsenz im Web. Man weiß gar nicht mehr, was wann wo rausgekommen ist. Man sieht jeden Tag neue Interpreten, Musiker, Alben, das ist einfach zu viel, finden wir. Das alles zu überblicken, kann man zeitlich gar nicht schaffen. Da bleiben sicher auch viele gute Sachen auf der Strecke.

Was haltet ihr von seinem Auftritt in der Werbekampagne von Saturn? War doch witzig. Erst dachte man, er verkauft sich, aber finanziell hat er’s ja nicht nötig.

Im Internet kursiert die Neuigkeit, ihr hättet bald einen Gig mit Alice Cooper. Ist das wahr? Ja, das ist wahr! Wenn das klappt, wird das ein großes Highlight!

Wie wichtig ist es heutzutage, ein Rebell zu sein? Sehr wichtig! Aber da muss man genau hinschauen: Heutzutage ist doch fast jeder ein Rebell, jeder hat irgendwo einen Aufkleber mit Totenköpfen, jeder hat

Moler, Babschke, Manu und Chistoph: die Iron Horses

Meine Freundin möchte gern wissen: Was ist euer Haarpflegegeheimnis? Das wollen wir eigentlich nicht preisgeben. Selbst unserem Manager haben wir es nicht verraten. [Lachen.] Noch eine Nachricht an unsere weiblichen Leser? Kommt zum Konzert! Betrinkt euch, und schwitzt ganz viel! Danke für das Interview, Iron Horses!

Interview Web

CHRISTOPH TRESKOW

www.iron-horses.com

Wanted! DEUTSCHLANDBESSERMACHER Weg mit allem Kopfsteinpflaster! Wer hat entschieden, dass Kopfsteinpflaster eine gute Oberfläche für alles Beliebige ist? Im Ernst. Es ist scheiße, drauf zu fahren, drauf zu laufen, drauf zu stehen und drauf zu krabbeln. Und ich nehme auch an, dass es teuer ist. Wie könnte es nicht sein? Tausende von Steinen, die individuell in den Boden von Hand platziert werden müssen, einer nach dem anderen. Ich wette, dass das nicht gut für das Selbstwertgefühl dieser Leute sein kann. Sie brauchen eine ganze Woche für etwas, das in fünf Minuten mit Beton fertig sein könnte. Wenn sie fertig sind, was denken sie dann? Etwa »Oh, ich bin so froh, dass ich fertig mit diesem schönen Mosaik bin, auf dem nun Hunde kacken können!«? U-Bahn-Netz für ganz Deutschland! Ich war ein Wochenende lang in Berlin, und als ich mit der U-Bahn fuhr, dachte ich: Wäre es nicht schön, mit diesem Zug die ganze Strecke zurück nach

Rostock fahren zu können? Oder vielleicht weit in den Süden, nach München? Oder zu den Bayerischen Alpen? Oder zur polnischen Grenze? Darum denke ich, Deutschland sollte ein U-Bahn-Netz für ganz Deutschland bauen. Ja, die Reise dauert ein bisschen länger, aber man sagt doch »Der Weg ist das Ziel«, richtig? Vielleicht wäre es auch eine gute Sache, sich in der heutigen, temporeichen Welt für einige Dinge ein wenig langsamer zu bewegen. Vielleicht würde es uns guttun. »Leute-Bahn« auf dem Weihnachtsmarkt! Jeder kennt den Weihnachtsmarkt: der Ort, an dem man lernt, dass der Mann hinter Weihnachten kein fröhlicher, alter Kerl in einem roten Anzug ist, sondern ein verärgerter Mann in Tarnhose, mit einer Zigarette aus seinem Mund hängend. Und auf dem Weihnachtsmarkt gibt’s viele Gründe für Ärger. Einer davon ist, dass es hier zehn Minuten dauert,

um zehn Inches zu gehen (oder 25,4 Zentimeter, für die Europäer da draußen). Wir haben ja schnelle­ Straßen für Autos, warum nicht auch für Leute? Wir brauchen eine »Autobahn« für schnelle Leute: eine »Leute-Bahn«, wenn man so möchte. Dieses Konzept gilt auch für Ostermärkte, Pfingstmärkte, Sommersonnenwendemärkte oder irgendwelche anderen Märkte, die es in diesem Land gibt. Hebt die GEMA auf! Deutschland muss begreifen, dass die GEMA nervend, doof, nutzlos und die Quelle allen Übels der Welt ist. Es stimmt: Etwa 97 Prozent aller Gewaltakte stammen von dem Versuch her, ein Musikvideo anzuschauen, das von der GEMA blockiert wurde. Sie ist auch die Hauptursache für das Rauchen, Drogenabhängigkeit, Hirnkrebs und Teenagerschwangerschaft. Text

MADELINE ESTES

Foto: Kirsten Griese / Bernd Bethke

verrückte Hobbys, was auch immer. Du bist ja sogar ein Rebell, wenn du kein Rebell bist. Da muss man sehen, wo es noch die richtig coolen Typen gibt, die für das einstehen, was sie machen.

Früher ist die Musik mal angetreten für Freiheit, wobei die Rock- und Heavy Metal-Musik inzwischen auch ziemlich kommerziell ist. Aber das ist ja auch nicht schlimm. Wenn du was verkaufen willst, musst du eben Kompromisse eingehen. Richtige Rockmusik unterliegt aber nicht dem Kommerz. Freiheiten lassen sich in unserem Bereich noch eher ausleben, Popmusik wird tendenziell für den Verkauf produziert.


Foto: Sandor Hegedus / 123rf.com

WIE IN EINEM SCHLECHTEN FILM Vom 1. bis 6. Mai wird in Schwerin wieder der rote Teppich ausgerollt: Das 22. Filmkunstfest Mecklenburg-Vorpommern steht vor der Tür und lädt Filmschaffende und Publikum ein, zwischen Capitol und Pfaffenteich auf cinematische Entdeckungstour zu gehen. Doch die Stimmung ist getrübt. Wie schlimm steht es um eine Veranstaltung, wenn sich der zuständige Kultusminister einschalten muss, um den Zwist in der Veranstaltungsleitung beizulegen? Eine b ­ erechtigte Frage. Um im Streit hinter den Kulissen des Filmkunstfestes zu schlichten, lud Mathias Brodkorb Mitte Januar zu einem persönlichen Gespräch. Der Versuch glückte. Und der Minister sparte anschließend nicht mit eindringlichen Worten: »Wir brauchen dieses Festival als cineastische Perle in unserem Land und niemand kann wollen, dass es weiter beschädigt wird.« Was war passiert? Das Filmkunstfest Mecklenburg-Vorpommern, das sich seit 1991 zum wichtigsten Publikumsfestival in den neuen Bundesländern entwickelt hat, schien tatsächlich von einer Schlammschlacht beschädigt zu werden. Die Hauptrolle in diesem Streit spielten Torsten Jahn und Stefan Fichtner. Jahn, Geschäftsführer der veranstaltenden Filmland MV gGmbH, kündigte Anfang des Jahres eine »Umstrukturierung« an. Zu dieser gehört unter anderem der neue Posten des »Festivalbotschafters«, welcher das Filmkunstfest nach außen repräsentieren soll. Als erster Botschafter wurde »Novemberkind«-Regisseur Christian Schwochow einberufen. Doch Jahns Pläne gingen noch weiter: Künftig sollte das Festival ohne künstlerischen Leiter auskommen – anders gesagt: ohne Stefan Fichter. Der studierte Filmwissenschaftler ist seit 2007 im Filmland-Team dabei, im Sommer 2010 wurde er für die künstlerische Leitung des jährlichen Festivals nominiert. Als sein Posten durch den künftigen Festivalbotschafter ersetzt werden sollte, wurde Fichtner vor die Wahl gestellt: Entweder er bleibt dabei und arbeitet in der Programmredaktion, oder er verlässt das Team. Der Schlagabtausch ließ nicht lange auf

sich warten: Fichtner sprach in der Schweriner Volkszeitung von »Demontage«, von »verdeckten Attacken« und »intrigantem Verhalten«. Jahn dagegen verwies darauf, dass die personelle Umstrukturierung ein Anpassungsprozess sei, einen Streit mit Fichtner habe es aber nicht gegeben. Erst im Gespräch mit Brodkorb konnte der Streit beigelegt werden: Stefan Fichtner bleibt der künstlerische Leiter fürs Filmkunstfest 2012. Was nach gutem Stoff für ein Drehbuch klingt, scheint der vorläufige Höhepunkt einer längeren Entwicklung rund ums Schweriner Filmkunstfest zu sein. Denn die Vorwürfe gegen Jahn wiegen schwer: Schon der langjährige Leiter Hasso Hartmann warf 2010 das Handtuch – Diagnose: Burn-out. An den Feierlichkeiten zum 20. Jubiläum nahm er gar nicht erst teil. In Hartmanns Fußstapfen traten Stefan Fichtner und Saskia Walker. Schon ein halbes Jahr später erklärte Walker ihren ­ Rücktritt. Auch sie klagte gegen Torsten Jahn: Der Geschäftsführer verbreite eine »Stimmung der Angst«, die Arbeit der künstlerischen Leitung werde zu wenig gewürdigt. Hartmann, Walker, Fichtner – im Januar sah es noch so aus, als ob das Filmkunstfest drei angesehene Festivalleiter in nur zwei Jahren verschleiße. Liegt’s am »System Jahn«? Klaus ­Blaudzun vom Institut für neue Medien Rostock führt die Streitigkeiten in Schwerin auf einen »eisigen, zynischen Arbeitsstil« von Torsten Jahn zurück. Doch je lauter die Kritik an den internen Querelen wurde, desto mehr stärkt der Aufsichtsrat dem Geschäftsführer den Rücken. Die Vorbereitungen des diesjährigen Festivals laufen derweil auf Hochtouren. Bekannte Schauspieler wie Katrin Sass, Ulrich Matthes und Otto Sander stehen auf der Gästeliste. »Entdecken Sie mit uns in Schwerin neue kontroverse Filme, die sich mit unseren Sehgewohnheiten reiben«, lauten die einladenden Worte von Stefan Fichtner auf der Filmkunstfest-Homepage. Kontroverse Reibereien – es bleibt zu hoffen, dass sich dieser Anspruch nur auf die Leinwand bezieht. Text

TINO HÖFERT

Web

www.filmkunstfest-mv.de

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VOm HEULER ZUM sEELÖWEN »Diese Zeitung will heulen so wie der Wind um alle Mauerwerke, durch alle Ritzen fährt, wie die heulende Boje auf unwegbare, gefahrvolle Gewässer weist, ähnlich der jungen friedfertigen Robbe, die allem Schmutz und Öl, allem Unrat und Abfall lauthals trotzt.« Dies schrieb Stefan Volke 1995 in das Editorial der ersten heuler-Ausgabe.17 Jahre später trafen wir den Gründer des Studentenmagazins anlässlich unseres ersten platzes beim Pro Campus-Presse Award. Ein Gespräch über alte und moderne Probleme des heuler, die Gründungszeit und (Politisches) Engagement in der Studierendenschaft. Gespräch

ALFONSO MAESTRO, GESA RÖMER, MICHAEL SCHULTZ, ELISABETH WOLDT

Stefan Volke: Es gab früher ein Faltblatt, das waren sechs aneinander geheftete Din-A4-Blätter. Und ich fand dieses Faltblatt sehr unansehnlich und leserunfreundlich.

Magazinausgaben geleistet. Ich kann mich jedoch nicht mehr entsinnen, warum wir den Namen genommen haben – es gab eigentlich keinen logischen Grund dafür. Es hatte einfach etwas Norddeutsches, Kleines, den Ostseebezug und diese Mehrdeutigkeit mit dem Heuler, dem Aufschreien und so weiter … So entstand der Name. Und heute wüsste ich keinen besseren, obwohl er ein bisschen kitschig ist.

Wir haben so ein Exemplar sogar noch hier rumliegen …

Was war das Schönste damals?

[Lacht.] Oh wirklich? Ich dachte, die wären schon alle vernichtet worden … Es musste jedenfalls was Neues her. Damals war noch diese FDJ-Generation der ersten Mitglieder des StuRa [StudentINNenrat] sehr einflussreich, und dieser waren Inhalte wie Hochschulpolitik und die permanente revolutionäre Situation der Studenten wichtig – was natürlich an sich auch wichtige Themen sind. Aber es ging in diesen Heften eben allein darum, wo etwas Hochschulpolitisches stattfindet, wo es sich lohnt zu kämpfen et cetera, und wir wollten diese Informationen mit größerem Unterhaltungswert unter die Studenten bringen. Wir wollten schlicht einen fröhlichen Kampf. Durch Unterhaltung sollte informiert, die Verpackung einfach lebendiger gestaltet werden. Ihr könnt euch nicht vorstellen, wie schwierig sich dieses Unternehmen darstellen sollte. Was hat man uns nicht alles unterstellt! Es ginge uns nur um Jux und Dallerei. Den hochschulpolitischen Inhalten könnte man so nicht mehr gerecht werden. Wir würden diese Zeitung nur zu unserem Privatvergnügen herstellen und – unglaublich – mit dem bereitgestellten Geld gar in unsere eigene Tasche wirtschaften ... Dabei wollten wir doch nur ernsthaften Sachen ein ansprechenderes Gesicht verleihen.

Das Schönste war natürlich immer die frisch gedruckte neue Ausgabe. Eine weitere schöne Sache, die mir jetzt im Zuge der Auseinandersetzung mit dem heuler eingefallen ist, war damals die Anfertigung der letzten Seite, der Bastelseite. Die ist immer ganz zum Schluss mit einem letzten Aufbäumen der Kreativität per Hand entstanden, wenn wir die Nacht schon durchgearbeitet hatten und morgens um sieben noch mal beim Bäcker saßen, kurz vor der Abgabe der Zeitung an die Druckerei. Dann gab es natürlich die Fotostorys, bei denen wir meist zuerst die Fotos machten und uns dann eine Geschichte dazu einfallen ließen. Und jetzt ist aus dieser Zeitung auf einmal Deutschlands bestes Studentenmagazin geworden. Wie ist das denn bei euch? Könnt ihr selbst entscheiden, welche Texte ihr aufnehmt?

heuler: Wie kam es eigentlich dazu, dass du den heuler gegründet hast?

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Wie kam es denn zum Namen »heuler«? Ich weiß noch genau, wie wir uns damals trafen und in einer kreativalbernen Stunde überlegten, wie die Zeitung nun heißen soll. Ich weiß sogar noch, wer den Namen vorschlug: Es war ein Politikstudent, der nur kurz beim heuler tätig war. War er danach überhaupt jemals beim heuler aktiv? Wie auch immer. Er hatte damit seinen Beitrag für alle folgenden

Ja, wir entscheiden selbst – auch wenn immer wieder Leute, besonders aus StuRa und AStA [Allgemeiner Studierendenausschuss], auf uns zu kommen und bestimmte Themen aufgenommen haben wollen. Oh, das hatten wir auch. Da kamen immer wieder Vertreter aus dem StuRa, die uns drängten, Texte aufzunehmen. Die waren häufig so schlecht … Wir hatten zum Beispiel einen Text des StuRa-Präsidenten mit einem Haufen schmerzhafter Stilblüten. Aber da war nichts zu machen. Der StuRa hatte es beschlossen und der Text musste in dieser Form rein. Das haben wir zum Glück nicht mehr. Aber die Studierendenschaft ist als unser Herausgeber immer noch die Rechtsaufsicht. Das heißt, es können Hinweise auf


mögliche rechtliche Bedenken geäußert werden, die wir dann annehmen können – oder auch nicht, dann haften wir aber selbst. Ärger gibt es weniger mit Artikeln, die noch unbedingt rein müssen, als mehr mit guten Artikeln, die raus sollen, weil sie irgendwem nicht passen oder man für etwas Verantwortung übernehmen müsste, was dann öffentlich würde.

das Layout et cetera. Viele Texte, besonders aus der Hochschulpolitik, kamen aus dem StuRa. Der Layouter, in der Regel eine weitere Person und ich haben dann meist bis in die Nacht zusammengesessen und uns überlegt, was wie reinkommen sollte, und anschließend die Zeitung erstellt. Es gab schon vorbereitende Treffen, in denen besprochen wurde, was wir machen. Wie habt ihr damals gearbeitet?

Passiert so etwas oft? Im vergangenen Jahr am laufenden Band. Der heuler betrachtet sich als ein Medium, das auch kritisch über den AStA und StuRa berichtet und sich nicht primär als Sprachrohr dieser Gremien versteht. Da bleiben solche Diskussionen nicht lange aus. Ist der heuler im Netz zu finden? Es gibt den gesamten heuler als PDF zum Download in unserem Online-Archiv und ausgewählte Artikel noch einmal vollständig als kommentierbare Online-Artikel.

Das Internet gab es damals noch nicht. Wenn ich daran denke, wie wir das Ganze gespeichert haben … Disketten waren für die Datenmenge schon zu klein. Es gab spezielle Großkassetten – ich weiß gar nicht mehr genau, wie die Dinger hießen –, die haben wir uns dann immer extra beim Medienzentrum ausgeliehen. Die waren damals unglaublich kostbar. Man muss auch sagen, dass die Datenmenge mit dem Aufwand für das Layout gestiegen ist. Ein fertiger heuler entspricht in etwa drei Gigabyte an Datenmenge. Ja, gerade im Layout sieht man die Unterschiede. Unseres war damals ja nicht so …

Und es ist nach wie vor alles kostenlos? Ja. Und das würden wir gern so belassen! Diese Diskussion gab es damals auch schon. Für Geld würden sich wohl die Wenigsten den heuler tatsächlich noch mitnehmen. Wie ist denn so die Stellung des heuler in der Universität? Wir sind mittlerweile das einzige Magazin, das in der Uni ausliegen darf, weil Stadtmagazine wie die »Szene« und die »Piste« kommerziell sind. Unser vielleicht größtes Problem ist dagegen der Nachwuchs, denn wir hier werden alle in absehbarer Zeit gehen. Es wäre schön, neue Gesichter zu sehen.

Ach, wir blättern eigentlich immer gerne mal in den alten Ausgaben, haben von jeder ein Exemplar in unserem eigenen Archiv stehen. Deswegen ist es für uns so schön, den Gründer von unserem heuler mal persönlich zu treffen. Eines möchte ich abschließend gerne noch anmerken: Es erfüllt mich angesichts der unsäglichen Querelen in der Gründungsphase mit Freude, dass unter all den nachfolgenden Redaktionen aus dem kleinen heuler schließlich so ein Seelöwe unter den Studentenmagazinen geworden ist. Macht weiter so! Vielen Dank dafür und für das Gespräch.

Wahrscheinlich so eine Art Berührungsangst vor diesem festen Kreis an Redakteuren. Ja, womöglich. Dabei sind die Aufstiegsmöglichkeiten beim heuler eigentlich recht einfach: Man kommt leicht ran und wird gern gesehen. Es gibt kaum Hierarchien, sondern eigentlich nur Organisationsstrukturen, die uns die Sachen einfacher machen. Das meiste wird auf unseren gemeinsamen Treffen beschlossen oder in die große Redaktion getragen. Wie war das denn bei euch?

Dr. Stefan Volke

Wir hatten eine vergleichsweise kleine, aber feste Redaktion. Die Aufgaben waren klar verteilt, wer macht den Kulturbereich, die Fotostory, wer

hat in Rostock Philosophie, Geschichte und Germanistik studiert und in Berlin promoviert. Momentan ist er Lehrer in Freiburg.

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44 Illustration: Michael Schultz


DER PETER WEISS ... »Wir haben alle unsere Geschichte. Ein jeder von uns wurzelt tief in der Vergangenheit.« AuSSer Germanistik-Studenten können jedoch nicht viele von uns mit jener von Peter Weiss etwas anfangen. Dem soll anlässlich seines 30. Todestages ein kleines Porträt des Multitalents sowie des Peter-Weiss-Hauses abhelfen.

Seit 2000 steht das ehemalige »Haus der Freundschaft« unter Denkmalschutz und wird ­zunehmend saniert und verschönert. Mit Besitzerwechsel wurde es im Jahr 2008 in »Peter-WeissHaus« umgetauft, in dem nun der gleichnamige Verein als Träger des Gebäudes fungiert. Als Bildungs- und Kulturhaus bietet es für zahlreiche Veranstaltungen Platz: Regelmäßig finden Lesungen, Konzerte und Theaterprojekte statt, und Anfang Mai wird dort die Peter-Weiss-Woche im Mittelpunkt stehen. Im Besonderen widmet es sich der Erhaltung von Peter Weiss’ Lebenswerk. Wer war das nun genau? Peter Weiss wurde am 8. November 1916 in Nowawes (bei Potsdam) geboren und verstarb am 10. Mai 1982 in Stockholm nach einem schaffensreichen Leben. Internationalen Erfolg konnte er mit seinem Theaterstück »Marat / Sade« verbuchen. Als sein Hauptwerk gilt allerdings das dreibändige »Die Ästhetik des Widerstandes«. In der letzten Hälfte seiner Karriere wurde er besonders mit seinen Dokumentartheaterstücken wie »Die Ermittlung« und »Vietnam-Diskurs« bekannt, die sogar zu politischen Diskussionen im geteilten Deutschland und dem Rest der Welt führten. Doch Peter Weiss war noch vielseitiger: Sein kreatives Schaffen begann er als Maler. In seinen oft düsteren, expressionistisch beeinflussten Bildern verarbeitete er immer wieder die Kriegsproblematik (unter anderem »Das Welttheater«, »Die Maschinen greifen die Menschen an«). Einen weiteren interessanten Blick auf seine Arbeit bekommt man durch sein filmisches Werk: Fast ein Dutzend surrealistisch anmutender Kurzfilme, zuweilen auch mit Dokumentarcharakter (zum Beispiel »Gesichter im Schatten«, »Im Namen des Gesetzes«) drehte Peter Weiss bis in die 60er-Jahre. Als Schriftsteller begann er intensiver zu arbeiten, nachdem der Erfolg als Maler

oder Filmemacher weiterhin auf sich warten ließ. Gerade literarisch war Weiss ziemlich vielseitig: Neben zahlreichen Dramen veröffentlichte er auch einige Prosastücke und Erzählungen. Immer wieder stehen dabei Sexualität, Gewalt, Mangel an Zugehörigkeit und die Wirklichkeitserfahrung im Zentrum seines Werks. Mit den politischen Dramen von 1964 bis 1971 kritisierte er auf der Bühne weltweite politische Missstände. In »Die Ermittlung« wird der erste Frankfurter Auschwitzprozess thematisiert, während im »Gesang vom lusitanischen Popanz« die portugiesische Kolonialherrschaft in Angola beleuchtet wird. Nach der langjährigen Arbeit an »Die Ästhetik des Widerstandes«, in dem unter anderem der kommunistische Widerstand gegen den Faschismus, aber auch die Verbrechen des Stalinismus in den Blickwinkel gerückt werden, versuchte sich Weiss noch an einer Bearbeitung von Kafkas »Prozess« (»Der neue Prozess«), nach dessen Uraufführung der Autor zwei Monate später starb. Rostock steht mit Peter Weiss in einer engen Beziehung. Das schon in Westdeutschland bekannte Stück »Marat / Sade« kam hier 1965 zur Uraufführung, worauf sich eine lang anhaltende Weiterarbeit mit dem Volkstheater Rostock an­ schloss. In Zusammenarbeit mit und auch unter der Regie des damaligen Intendanten Hanns-Anselm Perten wurden Weiss’ Stücke dem Rostocker Publikum näher gebracht. Zuletzt wurde »Marat / Sade« 1999 in unserer Neptun-Schwimmhalle als besonders origineller Aufführungsort zum Novum. Zur Peter-Weiss-Woche ist die Kooperation wieder geplant und die Eröffnungsveranstaltung ist im Theaterzelt angedacht. Text

Stefanie krauß

Peter-Weiss-Woche (7.–10. Mai 2012) In Zusammenarbeit mit dem Volkstheater, der Universität und dem Literaturhaus findet die Peter-Weiss-Woche anlässlich des 30. Todestages dieses Jahr bereits im Mai statt. Hier die Termine für euch: 7. Mai, 19 Uhr, Theaterzelt Collagenartig stellen Mitarbeiter des Volkstheaters Inszenierungen von Peter Weiss in Rostock vor. Als Gast ist der Wissenschaftler Manfred Haiduk geladen, der als langjähriger Freund des Autors und Kenner vor allem seiner dramatischen Werke Rede und Antwort stehen wird. 8. Mai, ab 17 Uhr, Peter-Weiss-Haus Wissenschaftliche Vortragsreihe zum Werk von Peter Weiss: 1. »Peter Weiss in Schweden« (Prof. Manfred Haiduk) 2. »Welttheater – Annäherungen an den Dramatiker Peter Weiss« (Dr. Hella Ehlers in Zusammenarbeit mit Studenten des Instituts für Germanistik) 3. Intermedialität bei Peter Weiss (Dr. Elisabeth Wagner) 9. Mai, 20 Uhr, Peter-Weiss-Haus Vortrag mit Lesung: Uwe Johnson – Peter Weiss 10. Mai, 20 Uhr, Peter-Weiss-Haus Die Poesie-Gruppe »Großraumdichten« wird zu Peter Weiss’ Mikro-Roman »Der Schatten des Körpers des Kutschers« eine Performance der besonderen Art abliefern.

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ALFONSO MAESTRO

Heute erklären wir das Medium Bart: Ein Bart transportiert Autorität, diktiert er doch sogar seinem Träger (!) – täglich – komplizierte Auflagen und Pflege­hinweise (Beleg aus Russland: »Lieber jährlich gebären als täglich zu scheren«). Bärtige, diese stolzen, abgebrühten, humorlosen Menschen, historische Weltmeister in der Disziplin »Frauen, Kinder und Schwarze verhauen«, könnte man mit der Attribuierung »bigott« versehen – intolerant und engherzig. Hände hoch, soweit alle d´accord? Gut, und was der fünfsemestrige Wissenschaftler in mir nun daraus schlussfolgert, ist eine These, die zwar Molière in »L’École des femmes« schon gesagt hat, »Macht ist da, wo Bärte sind«, aber dessen sprachliche Erklärung noch nicht weit genug verbreitet ist. Ich ergänze nun den guten alten Molli: »Bigott ist bigote.« Das im Englischen sehr gängige »bigot« kommt vom spanischen »bigote«. Die Spanier haben es, glaubt man der Sage, von einem deutschen Ausdruck für Mami-ich-mach-mir-in-die-Hose: der Ausruf »bei Gott!«, der von einer Geste begleitet wurde, bei der die Hand zur Oberlippe geführt wurde. Oh, bei Gott (Regieanweisung: Hand zum Mund)! Werter Leser, ist die Frau deshalb gerade in jenen Ländern so unterdrückt, wo alle bigote tragen? Meine Prätentionen enden mit dieser Frage. Ich gebe den Ball an die Soziologen weiter und verabschiede mich mit einer konfuzianischen Gleichung: Gut eingeseift ist halb rasiert.

Text

AN DER MEDIEN THEKE

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Friedrich Nietzsche, Die Morgenröte, Aph. 381

»[Es]

kann der sanftmüthigste und billigste Mensch, wenn er nur einen großen Schnurrbart hat, gleichsam im Schatten desselben sitzen, und ruhig sitzen, – die gewöhnlichen Augen sehen in ihm den Zubehör zu einem großen Schnurrbart, will sagen: einen militärischen, leicht aufbrausenden, unter Umständen gewaltsamen Charakter – und benehmen sich darnach vor ihm.

Geschmacks polizei

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HANNES FALKE

Charles Berberian steckte zwischen zwei Schulterpolstern, als für ihn die Musik eine Hochzeit erlebte. Mit »Jukebox« öffnet er nun für alle Interessierten das Booklet zu seinem Soundtrack des Lebens – auch für diejenigen ohne Schulterpolster. Für die arabische Welt waren Om Kalsoum und ihre Band das, was die Beatles für uns darstellen – Ikonen. Für den kleinen Berberian jedoch war sie mit ihrer enormen Sonnenbrille die Furcht einflößende­»Woman in black«. Dennoch war sie zeit seiner Kindheit ein Teil von ihm und prägte ihn so sehr, dass er ihr ein ganzes Kapitel in seinem neuesten Buch gewidmet hat. Der 1959 in Bagdad geborene Zeichner und Autor verbrachte seine Jugendjahre in Beirut, bevor er Mitte der 70er nach Frankreich zog. Dort schloss er musikalische Freundschaften mit Künstlern der westlichen Welt. Große Namen wie Michael Jackson, die Rolling Stones und John Lennon ziehen sich durch seine Biografie. Aber auch Bands wie Übernannies & The Pinball Razors Choir oder Gay Zombies On Crack, die er im Kapitel »Zu hip für dich« eher erwähnt, als ausführlich über sie in Erinnerungen zu schwelgen, bietet »Jukebox« Platz. Mit je einem Abschnitt ehrt der geistige Vater von Monsieur Jean auch seine ehemaligen, in die Jahre gekommenen Heroen Elton John und Phil Collins mit der Bitte, den alternden Musikern doch zumindest für ihre Anfänge Respekt zu zollen. Es bleibt aber nicht dabei, dass Berberian ausschließlich aus seiner Vergangenheit schöpft, sondern er unterhält sich auch aus dem Heute heraus mit Musikern von damals. So besucht er zum Beispiel David Bowies Alter Ego Ziggy Stardust, redet mit ihm über dessen Werdegang und rät ihm trotz überstandener Herzattacke und Drogenkonsum, auf sich aufzupassen. In den strahlendsten und schwärzesten Momenten eines Musikerlebens findet Charles Berberian immer etwas, worüber es sich zu zeichnen lohnt. Denn am Ende ist »Jukebox« nicht nur ein Fotoalbum mit vergilbten Bildern ­alter Freunde Berberians, sondern sein persönliches Nonstop-Konzert sowie ­unsere Orientierung durch die Geschichte der Musik.

Text

Monsieur Jean mag Musik

Charles Berberian: »JUKEBOX«

GRAPHIC NOVEL

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Jukebox Charles Berberian 18 Euro Reprodukt-Verlag

Grafiken: Charles Berberian


Foto: ©HBO

CHRISTO PH TRESKOW

Die dicke Barbara säuft, bis sie das Siezen vergisst, der Uplegger hat was gegen Nasenringe: In diesem Ostseekrimi mit prickelndem Platt-splash, der diesmal in unserer allerliebsten Lieblingsstadt spielt, gibt es in jedem Fall mehr Abgründe als Leichen in den meisten Mietkellern, und eine Menge unterdrückte Herzlichkeit dazu. Wer nun bei vier ermordeten Schweden wie ich an Köttbullar und einen knäckebrotbrechenden Berserkerrausch denkt, muss sich enttäuschen lassen: Das ist nicht des Rätsels Lösung!

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FRANK GOYKE: »MÖRDER IM GESPENSTERWALD«

ostsee-KRIMI

»game of thrones«

26. April 2012, 19:30 Uhr Lesung im Ehm-Welk-Haus in Bad Doberan 27. April 2012, ab 20 Uhr Werkstattgespräch zur Langen Nacht der Bücher bei Weiland in Rostock

TERMINE

Frank Goyke Mörder im Gespensterwald 9,99 Euro Hinstorff Verlag

Peter Dinklage oder die deutsche Schauspielerin Sibel Kekilli (»What a Man«). Trotz der zahlreichen Charaktere und Handlungsstränge liegt der Fokus von »Game of ­Thrones« auf der Familie Stark. Diese muss sich in einer Welt zurechtfinden, in der Machtstreitigkeiten, Gold und Lügen mehr wert zu sein scheinen als Ehre und Anstand. Text Marten Neelsen Damit hat Autor Martin mit seinen Büchern eine Welt erschaffen, in der es um Intrigen, Macht, Politik, Gewalt »Game of Thrones«, basierend auf der Bücherreihe und sogar ein bisschen Romantik geht. Platte Bösewichte »Das Lied von Eis und Feuer« von George R. R. Martin, sucht man vergeblich. Die Geschichte erfährt man – dank mag auf den ersten Blick wie eine gewöhnliche Fantasy­ der hervorragenden Erzählweise – aus vielen verschiedeserie erscheinen. Doch wer Elfen oder Orks erwartet, nen Blickwinkeln, und zwar immer aus der Sicht desjeniliegt falsch, denn hier hat man es zu einer ganz neuen gen Protagonisten, dem das Kapitel gewidmet ist. So sieht Definition des Genres gebracht. Drehbuchautor David man die Welt einmal mit den Augen eines erwachsenen Benioff scherzte, die Serie sei wie »die Sopranos in Mannes, dann wieder aus der Perspektive eines Kindes. Mittelerde«. So war die erste Staffel ein riesiger Erfolg und Im Vergleich zur Romanvorlage beschäftigt sich die Serie wurde nicht umsonst mehrmals für den Emmy nominiert. ausführlicher mit den Charakteren und zeigt auch ganz Bis in die kleinsten Nebenrollen ist die Fernsehadaption neue Szenen, ohne dabei den Text zu entfremden. Im Mai hervorragend besetzt: Unter den Schauspielern findet erscheint nun der mittlerweile neunte Band der Buchreiman beispielsweise Sean Bean (»Der Herr der Ringe«), he, während die zweite Staffel der Serie in den USA am den jüngst für seine Rolle mit Preisen überhäuften 1. April angelaufen ist. Beides lohnt sich!

TV-SERIE NACH ROMANVORLAGE

Was sich in diesem spannenden Krimi an lauschigen und teils altbekannten Orten in und rund um Rostock tut, ist dennoch nichts für zarte Gemüter. Während einige Wald-und-Wiesen-Nerds und ein cholerischer Alter ins knisternde­Verdachtsfeld geraten, müssen Barbaras Mieze und Kollegen deren Saufeskapaden ertragen. Reminiszenzen an skandinavische Massenmörder und der nordostdeutsche Alltag vollbringen ihr Übriges. Ob das gut geht? Lesen und fürchten! Nur so viel sei gesagt : »Böse Kinder. Sehr, sehr böse.« – Und zwar mit drei Ö!

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JANA WICHERT

»Die Bücher, die von der Welt unmoralisch genannt werden, sind Bücher, die der Welt ihre eigene Schande zeigen«, schreibt Oscar Wilde in »Das Bildnis des Dorian r Gray«. Als dieses unmoralische Buch wurde sein einzige ein eile Mittlerw Roman, 1896 geschrieben, verstanden. Klassiker der Weltliteratur, musste der Autor zwei Jahre h ins Zuchthaus, weil er von den Gerichten autobiografisc verstanden worden war. Dabei hält er der Gesellschaft seiner Zeit den Spiegel vor und zeigt Doppelmoral auf. Wie Wilde ein Bildungsexhibitionist, gewitzter Redner, und dazu übertrieben gut gekleidet, erscheint der von ihm geschaffene Dorian als »libertin de mœurs«, der viktorianisch-hedonistisch aus einer Anschauung seine Lebenspraxis macht. Die Geschichte des Dandys ist ein Tandem aus Lob und Kritik des Ästhetizismus: Faustisch spricht Dorian Gray den Wunsch aus, sein Ölporträt möge statt seiner altern. Sein Äußeres bleibt vom maßlosen Leben vollkommen unberührt, während Dorian unweigerlich auf die Katastrophe zusteuert. Seinen Charme und die Leichtigkeit des Lesens erhält das Buch durch seine unterhaltsamen und durchdachten Dialoge. Gelegentlich nimmt er den Leser mit in das Innere des Protagonisten. Dessen Jugendlichkeit und

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Oscar Wilde: »Das Bildnis des Dorian Gray«

ROMAN

Oscar Wilde Das Bildnis des Dorian Gray tinyurl.com/6polplg (Projekt Gutenberg)

Foto: Wikimedia Commons

Schönheit, die Wilde sehr eindringlich und zugleich doch mit ganz einfachen Worten beschreibt, lassen einen das Buch nicht mehr weglegen. Im Vorwort zu »Das Bildnis des Dorian Gray«, einem Manifest des Ästhetizismus, bemerkt Wilde: »So etwas wie moralische oder unmorat lische Bücher gibt es nicht. Bücher sind gut oder schlech geschrieben. Weiter nichts.« An dieser Stelle bleibt mir nichts anderes übrig, als festzustellen, dass dieses Buch unglaublich gut geschrieben ist!

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stefan ie KRAUß

Uhr), Nächste Vorstellungen: 19. und 25. April 2012 (10 (18 Uhr) 28. April und 26. Mai 2012 (19:30 Uhr), 23. Mai 2012 im Theaterzelt

»Romeo Shakespeares rund 400 Jahre altem Liebespaar verholfen. g Schwun neuem zu wieder mal Witz und Julia« wird mit viel selbst und g« Dancin »Dirty Jean«, »Billy ns Jackso l Michae Berlusconi, wirken. zu Facebook reihen sich in den Klassiker ein, ohne störend eine böse Auch die Kürzungen der verfeindeten Elternpaare auf jeweils Design neue das sowie s Romeo Vater den und Schwiegermutter in spe ers Besond ch. erfreuli sehr sind Chores ubten angesta so des oftmals achtenschl Requisi überzeugt das simple Bühnenbild, das ohne große ler Darstel die und Text den auf ten auskommt, sodass man sich ganz , Romeo als Ehlert Tim s übrigen ist besetzt konzentrieren kann. Perfekt uern Zuscha hen weiblic den mit oy Sunnyb naiver als noch s der anfang erwächst. flirtet, sich dann aber zum verzweifelten Geliebten Julias Auftreten das durch dazu erung Einen Hauch Mystik erhält die Inszeni viel mit Abend runder ein allem: in Alles . der Getöteten als Geister einige sich denen von , pielern Schaus baren wunder und Liebe, Humor Schüler alle Für im Übrigen hier zum letzten Mal in Rostock zeigen. und ehemalige Leser ein Muss!

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So einzge Lieb aus groSS em HaSS entb rannt!

»ROMEO UND JULIA«

THEATER

Foto: Volkstheater Rostock


01/12 DAS LETZTE

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POST SKRIP TUM Club-Mater: aktiv, anregend und belebend Text

STEPHAN HOLTZ

Ich plädiere. Ich petitiere (leider musste ich das Verb zu Petition gerade selbst erfinden). Ich echauffiere mich über das schmuddelige, vorurteilsbehaftete Image des Langzeitstudenten. Weg vom Ruf des faulen, arbeitsscheuen Sitzenbleibers der Studienzeit! Wohin die Zeiten, da der Streber ordentlich eins auf die Omme bekommen hat oder auf dem Schulhof wenigstens lässig ignoriert wurde? Wann gibt es im Leben noch mal die ­Gelegenheit so viel zu reisen, zeitaufwendige Hobbys zu betreiben, ein Wochenende durchzufeiern, als Tellerwäscher auf einem Kreuzfahrtschiff so lange mit dem Kapitän Grappa zu saufen, bis dieser samt Schiff in Schräglage gerät, oder eine Sache gepflegt gegen die Wand zu fahren? Immerhin gilt man bis 29 nicht als erwachsen, sondern als postadoleszent. Natürlich muss mit 18 (Semestern) langsam mal die Abnabelung von der Alma Mater, der nährenden Mutter, erfolgen und wir müssen uns überlegen, was aus uns werden soll. Doch bis dahin bleibe ich gerne Mitglied im Club-Mater. Stellt euch mal vor, wie euch irgend­ wann eure Kinder »How I Met Your Mother«-mäßig gegen­übersitzen und fragen: »Was hast du denn in deiner Studienzeit alles so angestellt und erlebt?« Und nach einer endlosen Minute der Überlegung kriegen die Früchte eurer Lenden ein trockenes »Nüscht« zu hören. »Langweiler« werden sie ihre alte Dame / ihren alten Herren schimpfen. Und im rudimentären Musikfernsehen der Zukunft singt Cher im Panzertape-Negligé »If I Could Turn Back Time«. Zu Recht.

MY HEART WILL GO ON Comic

HANNES FALKE


1: Mutige Meuterei von Kieler Seeleuten im Jahre 1918 2: So nannten die Alten Römer die Ostsee: Mare … 3: Wenn das Wasser mehr wird – ist bei der Ostsee aber kaum spürbar 4: Dorsch, Pomuchel oder Pomuchelkopf: anderer Name für den Ostseefisch 5: Vereinte einst Städte wie Hamburg, Bremen, Rostock und Köln 6: Metropole, Hauptstadt und »Kaufmannshafen« an der Ostsee 7: Ein bisschen weißer Kalk und Rügens ganzer Stolz 8: Trennt erst Polen von Deutschland, mündet dann in die Ostsee 9: Typische Brackwasserbereiche vor der Ostseeküste 10: Bis 1990 die einzige bundesdeutsche Ostseeinsel Ostsee kreuz 11: Wertvolles, »Duft verbreitendes« und quer Strandfundstück

RÄTSEL! VON MARIEKE BOHNE UND ANNIKA RIEPE

Kennst du dich mit dem Meer vor deiner Tür aus? Dann schicke das hinterlegte Lösungswort bis zum 30. Mai 2012 an redaktion@ heulermagazin.de. Wir verlosen fünf »Einmal alles, bitte!«-Eisbecher der Rostocker Eisscholle. Viel Glück!

Mecklenburg ganz vorn Welcher Autor legt hier die Schöpfungsgeschichte lokalpatriotisch aus? Sende den Namen bis zum 30. Mai 2012 an redaktion@heulermagazin.de und du hast die Chance auf ein IntroPack von »Magic the Gathering« (Dunkles Erwachen)!

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