Wädenswil my Love

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Auszug aus “Peach Paper” 2/2011

WÄDENSWIL, MY LOVE Claude Baumann


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Woran liegt es, dass aus einer Stadt, die einem die längste Zeit egal war, plötzlich der Ort wird, den man liebt? Bei unserem Autor hatte es mit dem Geruch der Luft zu tun, und mit cherchez la femme. Sowie, natürlich, damit, dass er in diese Stadt zog. Von Claude Baumann (Text) und Stephanie Gygax (Bilder)

WÄDENSWIL, PEACH PAPER

MY LOVE 1


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Woran liegt es, dass aus einer Stadt, die einem die längste Zeit egal war, plötzlich der Ort wird, den man liebt? Bei unserem Autor hatte es mit dem Geruch der Luft zu tun, und mit cherchez la femme. Sowie, natürlich, damit, dass er in diese Stadt zog. Von Claude Baumann (Text) und Stephanie Gygax (Bilder)

WÄDENSWIL, PEACH PAPER

MY LOVE 1


Ein Ort, an dem Pappeln stehen und wo die Luft nach Seewasser riecht – hier hat der Autor sein Zuhause gefunden.

Ich werde den Gesichtsausdruck meiner dama- nem Feuerwerk am Nachthimmel darüber, und ligen Arbeitskollegin Emma nie vergessen, als nicht mehr aus dem Staunen kam. Zu dem Zeitich ihr sagte, dass ich in Wädenswil wohne. Er punkt wusste ich noch wenig von diesem Ort, war weder erstaunt, noch verwundert. Schon gar Wädenswil, ausser dass er bloss eine knappe halnicht neugierig. Eher verständnislos bis entsetzt. be Zugstunde von Zürich entfernt liegt und mir Sie, überzeugte Städterin, konnte partout nicht dennoch wie eine andere Welt vorkam – ein sonverstehen, weshalb man «aufs Land» zieht, wie derbares Gefühl, doch nicht unangenehm. Wädenswil, «Wädi» oder «Wädischwil» gesie sagte. Alles Argumentieren nützte nichts, und mein Einwand, dass Wädenswil schliesslich auch nannt, ist eine mittelgrosse Stadt am oberen, lineine Stadt sei, wirkte im besten Fall wie eine ken Zürichseeufer mit gut 20 000 Einwohnern; Rechtfertigung und im schlechtesten lächerlich. es gibt einen Autobahnanschluss, eine SchnellEhrlich gesagt, hatte ich früher ähnlich ge- zugverbindung (die Strecke zwischen Basel, Züdacht. Ich hätte mir nie vorstellen können, mei- rich und Chur) sowie zwei S-Bahnlinien und die ne Stadt Zürich gegen einen Flecken Agglomera- Südostbahn, die nach Einsiedeln fährt. Und auf tion zu tauschen – bis ich Anfang der neunziger dem Zürichsee verkehren regelmässig sogenannJahre auf ein Inserat stiess, das eine kleine Dach- te Kursschiffe. Tatsächlich habe ich mich dann in Wädenswohnung in Wädenswil am Zürichsee zu einem wil schnell zurechtgefunden – im Rhythmus der vernünftigen Preis anpries. Der Rest ist Geschichte, die damit beginnt, Jahreszeiten sozusagen. Im Frühjahr, wenn die dass ich am Abend eines 1. Augusts, des Schweizer familiäre Eisbahn auf dem Seeplatz abgebaut und die Strasse von den FasNationalfeiertags, allein nachtskonfettis leergefegt in eben dieser Wohnung PEACH PAPER wird, reizen erste Spazierstand, mit fantastischem gänge durch die wieder Blick auf den See und eiWÄDENSWIL

1 Auf der Halbinsel Giessen in Wädenswil baut die Peach ­Property Group auf einem ­ rund 30 000 Qua­dratmeter grossen Gelände, mit über 400 Meter Seeanstoss, 100 Wohnungen in unterschied­ lichen Grössen und mit ver-­schiedenen Grund­rissen. Zur Immobilien­entwicklung «Peninsula» gehören etwa ein verkehrsfreier Park, ein Café, eine eigene Kinder­ krippe, ein p ­ rivates Hallen­ schwimmbad mit Spa sowie Seeeinstiege. Auf dem Ge­ lände gibt es zudem einen See- und Ruderclub.

erwachende Natur. Und sobald es wärmer wird, beginnt die Schwimmsaison in der «Brättlibadi» hinter dem Bahnhof oder auf der kleinen Halbinsel beim «Rothus». Bis die grosse Wädenswiler «Chilbi», am vorletzten Wochenende im August, das immer irgendwie überraschend schnell da ist, dem Hochsommer-Gefühl eine letzte Chance gibt. Es kann aber auch vorkommen, dass ich noch im Oktober im See schwimme – Wochen nach dem jährlichen Herbstmarkt und der Viehprämierung. In der Vorweihnachtszeit schliesslich baut Marroni-Toni seine Bude am «Plätzli» auf und verkauft gebratene Marroni, Edelkastanien aus dem warmen Süden, und Mandarinen, Nüsse, Honig, getrocknete Feigen und Datteln gibt es auch bei ihm. Das Marronibraten hat hier Tradition. Angefangen hat alles 1882, als Giacomo Togni, Bergbauer aus dem Bleniotal im Tessin, im Winter seinen Verdienst mit einem mehrwöchigen Aufenthalt am Zürichsee aufbesserte. Und weil die Wädenswiler seinen Namen nicht aussprechen konnten, heis­sen die Marronibrater seither in jeder Genera­tion Marroni-Toni. Lino Togni, der


Ein Ort, an dem Pappeln stehen und wo die Luft nach Seewasser riecht – hier hat der Autor sein Zuhause gefunden.

Ich werde den Gesichtsausdruck meiner dama- nem Feuerwerk am Nachthimmel darüber, und ligen Arbeitskollegin Emma nie vergessen, als nicht mehr aus dem Staunen kam. Zu dem Zeitich ihr sagte, dass ich in Wädenswil wohne. Er punkt wusste ich noch wenig von diesem Ort, war weder erstaunt, noch verwundert. Schon gar Wädenswil, ausser dass er bloss eine knappe halnicht neugierig. Eher verständnislos bis entsetzt. be Zugstunde von Zürich entfernt liegt und mir Sie, überzeugte Städterin, konnte partout nicht dennoch wie eine andere Welt vorkam – ein sonverstehen, weshalb man «aufs Land» zieht, wie derbares Gefühl, doch nicht unangenehm. Wädenswil, «Wädi» oder «Wädischwil» gesie sagte. Alles Argumentieren nützte nichts, und mein Einwand, dass Wädenswil schliesslich auch nannt, ist eine mittelgrosse Stadt am oberen, lineine Stadt sei, wirkte im besten Fall wie eine ken Zürichseeufer mit gut 20 000 Einwohnern; Rechtfertigung und im schlechtesten lächerlich. es gibt einen Autobahnanschluss, eine SchnellEhrlich gesagt, hatte ich früher ähnlich ge- zugverbindung (die Strecke zwischen Basel, Züdacht. Ich hätte mir nie vorstellen können, mei- rich und Chur) sowie zwei S-Bahnlinien und die ne Stadt Zürich gegen einen Flecken Agglomera- Südostbahn, die nach Einsiedeln fährt. Und auf tion zu tauschen – bis ich Anfang der neunziger dem Zürichsee verkehren regelmässig sogenannJahre auf ein Inserat stiess, das eine kleine Dach- te Kursschiffe. Tatsächlich habe ich mich dann in Wädenswohnung in Wädenswil am Zürichsee zu einem wil schnell zurechtgefunden – im Rhythmus der vernünftigen Preis anpries. Der Rest ist Geschichte, die damit beginnt, Jahreszeiten sozusagen. Im Frühjahr, wenn die dass ich am Abend eines 1. Augusts, des Schweizer familiäre Eisbahn auf dem Seeplatz abgebaut und die Strasse von den FasNationalfeiertags, allein nachtskonfettis leergefegt in eben dieser Wohnung PEACH PAPER wird, reizen erste Spazierstand, mit fantastischem gänge durch die wieder Blick auf den See und eiWÄDENSWIL

1 Auf der Halbinsel Giessen in Wädenswil baut die Peach ­Property Group auf einem ­ rund 30 000 Qua­dratmeter grossen Gelände, mit über 400 Meter Seeanstoss, 100 Wohnungen in unterschied­ lichen Grössen und mit ver-­schiedenen Grund­rissen. Zur Immobilien­entwicklung «Peninsula» gehören etwa ein verkehrsfreier Park, ein Café, eine eigene Kinder­ krippe, ein p ­ rivates Hallen­ schwimmbad mit Spa sowie Seeeinstiege. Auf dem Ge­ lände gibt es zudem einen See- und Ruderclub.

erwachende Natur. Und sobald es wärmer wird, beginnt die Schwimmsaison in der «Brättlibadi» hinter dem Bahnhof oder auf der kleinen Halbinsel beim «Rothus». Bis die grosse Wädenswiler «Chilbi», am vorletzten Wochenende im August, das immer irgendwie überraschend schnell da ist, dem Hochsommer-Gefühl eine letzte Chance gibt. Es kann aber auch vorkommen, dass ich noch im Oktober im See schwimme – Wochen nach dem jährlichen Herbstmarkt und der Viehprämierung. In der Vorweihnachtszeit schliesslich baut Marroni-Toni seine Bude am «Plätzli» auf und verkauft gebratene Marroni, Edelkastanien aus dem warmen Süden, und Mandarinen, Nüsse, Honig, getrocknete Feigen und Datteln gibt es auch bei ihm. Das Marronibraten hat hier Tradition. Angefangen hat alles 1882, als Giacomo Togni, Bergbauer aus dem Bleniotal im Tessin, im Winter seinen Verdienst mit einem mehrwöchigen Aufenthalt am Zürichsee aufbesserte. Und weil die Wädenswiler seinen Namen nicht aussprechen konnten, heis­sen die Marronibrater seither in jeder Genera­tion Marroni-Toni. Lino Togni, der


Kursschiffe wie die MS Zimmerberg fahren viele auf dem Zテシrichsee. Das erste seiner Art war die ツォMinervaツサ. Sie wurde 1835 zu Wasser gelassen.

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PEACH窶ケAPER XXXXXX


Kursschiffe wie die MS Zimmerberg fahren viele auf dem Zテシrichsee. Das erste seiner Art war die ツォMinervaツサ. Sie wurde 1835 zu Wasser gelassen.

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1 1. «Coriander Leaf» – das asiatische Restaurant am See; 2. Yoga-Trainerin ­ Luzia Bertschinger; 3. Burgruine Alt-Wädenswil; 4. Brauerei und Restaurant «WädiBrau-Haus»

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Zukünftiger Dorfplatz der Siedlung «Peninsula» von Peach Property (Computerbild)

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aktuelle Marroni-Toni und ebenfalls Bergbauer te bleiben Leute bis mitten in der Nacht in dem, im Bleniotal, kommt seit 1963 jedes Jahr an den kann man schreiben, angesagtesten Asia-CuisineZürichsee. Spot am Zürichsee. Natürlich ist es nicht gerecht, die Stadt auf Ich wohnte bereits einige Jahre in Wädenswil, Saisoneigenheiten zu reduzieren. Wädenswil ist als ich meine Arbeitskollegin Emma, die Städtefür mich vor allem ein Gegenentwurf zum Ar- rin, einmal «auf das Land», also nach Wädensbeitsalltag, dem ich mich in Zürich aussetze. wil einlud. Nachdem ich sie am Bahnhof abgeAbends, wenn ich zurückkehre und aus dem Zug holt hatte, spazierten wir zur Halbinsel Au, wo steige, könnte ich schwören, die Luft hier rieche es eine Anhöhe gibt, von der man eine atembebesser. Dem Klischee nach wohl nach Seewasser, raubende Aussicht auf den oberen Zürichsee hat. Ich erzählte Emma von der Familie des Schafffür mich einfach vertraut und einladend. In solchen Augenblicken werde ich unterneh- hauser Industriellen und Uhrenfabrikanten Heinmungslustig. Also spaziere ich zum Seeplatz, wo rich Moser, die hier gewohnt hatte. Während die ich in der MS Glärnisch einkehre, einem Passa- eine Tochter, Fanny, zu einer Kapazität auf dem gierschiff, das knapp eine Million Kilometer zu- Gebiet der Parapsychologie und des Okkultisrückgelegt hatte, bevor es 2007 im Hafen fest- mus aufstieg und mit C.G. Jung befreundet war, gemacht wurde. Im Sommer sitzt man im Heck enga­gierte sich die zweite Tochter, Mentona, im und träumt, leicht schaukelnd, von Ferien am Sozia­len und Karitativen. Dank ihres Erbes war Meer (oder wovon auch immer). Im Winter gibt’s sie wirtschaftlich unabhängig. Sie wandte sich Fondue und, montags, «Moules et Frites», beson- dem Kommunismus zu, 1950 bot ihr Wilhelm ders stimmungsvoll an klaren Abenden, wenn der Pieck, der erste Präsident der DDR, die StaatsMond auf den See scheint. Oder ich setze mich bürgerschaft und die Übersiedlung nach Berlin in das Wädi-Brau-Huus, das vor etwa zwanzig an, was Mentona annahm. Dort lebte sie bis zu Jahren im ganzen Land beachtet wurde, als es ihrem Tod mit 96 Jahren; auf dem Ehrenfried- 12 das erste Bio-Hanf-Bier auf den Markt brachte. hof der DDR erhielt sie ein Staatsbegräbnis. Manche Kellner nehmen einen alten Brauch des Für meine damalige Arbeitskollegin hatte ich Hauses noch immer ernst: Solange man keinen noch weitere Geschichten auf Lager. Zurück im Bierdeckel auf sein ausgetrunkenes Glas setzt, «Dorf» erzählte ich, dass Wädenswil die grösswird einem, ungefragt, ein neues, frisch gezapf- te Stadt Europas ohne Verkehrsampeln sei, und tes Bier hingestellt. ich zeigte Emma das Haus «Abendstern», wo der Obschon Wädenswil seit rund 40 Jahren of- Schriftsteller Robert Walser eine Zeit lang gefiziell eine Stadt ist, sprechen die Einheimischen wohnt hatte und sein grosser Roman «Der Genach wie vor von «Dorf», was bisweilen etwas hülfe» spielt. Danach setzte ich zu einem Vortrag untertrieben ist. Immerhin hat dieses «Dorf» an über Wädenswils Vorteile als Bildungsstandzum Beispiel das Schloss Cinéma, angeblich das ort. Ich führte dafür meine Kollegin zuerst zur bequemste Landkino am Zürichsee, wo Sascha Eidgenössischen Forschungsanstalt beim Schloss ­Heubacher ein täglich wechselndes Programm Wädenswil und dann zur Zürcher Hochschule für zeigt. Und es gibt das Theater Ticino, das der Angewandte Wissenschaften mit ihren fast endBetreiber Ueli Burkhardt über Jahre zu einem losen Gärten, die im Grund zu jeder Jahreszeit überregionalen Anziehungspunkt für beste Klein- bestaunenswert sind. Und plötzlich sagte Emma: kunst und Jazzmusik aufgebaut hat. Von über- «Hier gefällt es mir.» allher kommen Gäste in das Coriander Leaf, ein Über die Jahre habe ich einige Male meinen asiatisches Restaurant, das der Singapur-Chinese Wohnort in Wädenswil gewechselt. Nie wäre es Albert Tan vor wenigen Jahren im Volkshaus er- mir aber in den Sinn gekommen, nach Zürich zuöffnete – zuvor gab es viele Pächterwechsel, und rückzukehren. Warum auch? Inzwischen kenne das heruntergekommene ich die besten BauernhofErgebnis war ein Lokal, läden der Gegend, weiss, PEACH PAPER in das die meisten keinen welche Bäcker am SonnFuss gesetzt hätten. Heutag die feinsten Zöpfe baWÄDENSWIL


1 1. «Coriander Leaf» – das asiatische Restaurant am See; 2. Yoga-Trainerin ­ Luzia Bertschinger; 3. Burgruine Alt-Wädenswil; 4. Brauerei und Restaurant «WädiBrau-Haus»

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Zukünftiger Dorfplatz der Siedlung «Peninsula» von Peach Property (Computerbild)

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aktuelle Marroni-Toni und ebenfalls Bergbauer te bleiben Leute bis mitten in der Nacht in dem, im Bleniotal, kommt seit 1963 jedes Jahr an den kann man schreiben, angesagtesten Asia-CuisineZürichsee. Spot am Zürichsee. Natürlich ist es nicht gerecht, die Stadt auf Ich wohnte bereits einige Jahre in Wädenswil, Saisoneigenheiten zu reduzieren. Wädenswil ist als ich meine Arbeitskollegin Emma, die Städtefür mich vor allem ein Gegenentwurf zum Ar- rin, einmal «auf das Land», also nach Wädensbeitsalltag, dem ich mich in Zürich aussetze. wil einlud. Nachdem ich sie am Bahnhof abgeAbends, wenn ich zurückkehre und aus dem Zug holt hatte, spazierten wir zur Halbinsel Au, wo steige, könnte ich schwören, die Luft hier rieche es eine Anhöhe gibt, von der man eine atembebesser. Dem Klischee nach wohl nach Seewasser, raubende Aussicht auf den oberen Zürichsee hat. Ich erzählte Emma von der Familie des Schafffür mich einfach vertraut und einladend. In solchen Augenblicken werde ich unterneh- hauser Industriellen und Uhrenfabrikanten Heinmungslustig. Also spaziere ich zum Seeplatz, wo rich Moser, die hier gewohnt hatte. Während die ich in der MS Glärnisch einkehre, einem Passa- eine Tochter, Fanny, zu einer Kapazität auf dem gierschiff, das knapp eine Million Kilometer zu- Gebiet der Parapsychologie und des Okkultisrückgelegt hatte, bevor es 2007 im Hafen fest- mus aufstieg und mit C.G. Jung befreundet war, gemacht wurde. Im Sommer sitzt man im Heck enga­gierte sich die zweite Tochter, Mentona, im und träumt, leicht schaukelnd, von Ferien am Sozia­len und Karitativen. Dank ihres Erbes war Meer (oder wovon auch immer). Im Winter gibt’s sie wirtschaftlich unabhängig. Sie wandte sich Fondue und, montags, «Moules et Frites», beson- dem Kommunismus zu, 1950 bot ihr Wilhelm ders stimmungsvoll an klaren Abenden, wenn der Pieck, der erste Präsident der DDR, die StaatsMond auf den See scheint. Oder ich setze mich bürgerschaft und die Übersiedlung nach Berlin in das Wädi-Brau-Huus, das vor etwa zwanzig an, was Mentona annahm. Dort lebte sie bis zu Jahren im ganzen Land beachtet wurde, als es ihrem Tod mit 96 Jahren; auf dem Ehrenfried- 12 das erste Bio-Hanf-Bier auf den Markt brachte. hof der DDR erhielt sie ein Staatsbegräbnis. Manche Kellner nehmen einen alten Brauch des Für meine damalige Arbeitskollegin hatte ich Hauses noch immer ernst: Solange man keinen noch weitere Geschichten auf Lager. Zurück im Bierdeckel auf sein ausgetrunkenes Glas setzt, «Dorf» erzählte ich, dass Wädenswil die grösswird einem, ungefragt, ein neues, frisch gezapf- te Stadt Europas ohne Verkehrsampeln sei, und tes Bier hingestellt. ich zeigte Emma das Haus «Abendstern», wo der Obschon Wädenswil seit rund 40 Jahren of- Schriftsteller Robert Walser eine Zeit lang gefiziell eine Stadt ist, sprechen die Einheimischen wohnt hatte und sein grosser Roman «Der Genach wie vor von «Dorf», was bisweilen etwas hülfe» spielt. Danach setzte ich zu einem Vortrag untertrieben ist. Immerhin hat dieses «Dorf» an über Wädenswils Vorteile als Bildungsstandzum Beispiel das Schloss Cinéma, angeblich das ort. Ich führte dafür meine Kollegin zuerst zur bequemste Landkino am Zürichsee, wo Sascha Eidgenössischen Forschungsanstalt beim Schloss ­Heubacher ein täglich wechselndes Programm Wädenswil und dann zur Zürcher Hochschule für zeigt. Und es gibt das Theater Ticino, das der Angewandte Wissenschaften mit ihren fast endBetreiber Ueli Burkhardt über Jahre zu einem losen Gärten, die im Grund zu jeder Jahreszeit überregionalen Anziehungspunkt für beste Klein- bestaunenswert sind. Und plötzlich sagte Emma: kunst und Jazzmusik aufgebaut hat. Von über- «Hier gefällt es mir.» allher kommen Gäste in das Coriander Leaf, ein Über die Jahre habe ich einige Male meinen asiatisches Restaurant, das der Singapur-Chinese Wohnort in Wädenswil gewechselt. Nie wäre es Albert Tan vor wenigen Jahren im Volkshaus er- mir aber in den Sinn gekommen, nach Zürich zuöffnete – zuvor gab es viele Pächterwechsel, und rückzukehren. Warum auch? Inzwischen kenne das heruntergekommene ich die besten BauernhofErgebnis war ein Lokal, läden der Gegend, weiss, PEACH PAPER in das die meisten keinen welche Bäcker am SonnFuss gesetzt hätten. Heutag die feinsten Zöpfe baWÄDENSWIL


cken, habe in der Stadt, in der es – keine Ahnung, weshalb – gut zwei Dutzend Coiffeur-Geschäfte gibt, meine Lieblings-Coiffeuse Carmen, die mir, immer noch mit Hingabe, mein schütteres Haar kürzt, und kaufe mir danach im gegenüberliegenden Second-Hand-CD-Store «Planet Trash» ein paar gebrauchte Silberlinge. Ich schätze die Fachsimpelei mit Rolf Kaser, dem Ladenbesitzer, der etwa so alt ist wie ich und mit seiner Band «Poison Ivvy» zu den Ur-Punks der Schweiz gehört. Wenn man sein grandioses musikalisches Talent (zwischen «Iggy-Pop-Tribut» und «SurfParodie» à la Ramones) erkennt, bekommt das Leben in Wädenswil sogar ein wenig Beatnik-Poesie. Mit einigen alten, für mich jedoch neuen CDs spaziere ich nach Hause. Früher ging ich hier mit meinen Söhnen spazieren. Als Teenager orientieren sie sich heute eher nach Zürich. Sie müssen sich und den Freunden in der grossen Stadt noch etwas beweisen. Ich muss das weniger, denke ich. Manchmal sagt meine Frau, die, bevor ich es vergesse, Emma heisst: «Ich werde deinen Gesichtsausdruck nie vergessen, als du mir mit viel Überzeugung gesagt hast, dass du in Wädens­ wil wohnst.»

«Nie käme es mir in den Sinn, nach Zürich zurück zu ziehen», schreibt der Autor.

PEACH PAPER XXXXXX

WÄDENSWIL FAKTEN Wädenswil, 407 Meter über dem Meer, liegt im Kanton Zürich und gehört zum Bezirk Horgen. Ende 2010 wohnten 20 376 Personen in der Stadt. Erstmals urkundlich genannt wird der Ort im Jahr 1130, als in einem Stiftungsbrief des Klosters Fahr die Freiherren von «Wadinswilere» erwähnt sind, wobei die Echtheit des Dokuments nicht bewiesen ist. Fest steht hingegen, dass die noblen Herren ihren Wohnsitz auf der Burg Alt-Wädenswil hatten, die als Ruine noch existiert, sich kurioserweise aber auf dem Boden der Nachbargemeinde Richterswil befindet. Zu überregionaler Bedeutung gelangte «Wädensweil», wie die Gemeinde bis 1903 hiess, im Laufe des 19. Jahrhunderts mit der Industrialisierung. Der Ort entwickelte sich zu einem Zentrum der Textilindustrie. Inzwischen haben Forschung und Ausbildung die Industrie mehrheitlich abgelöst. Mit der Eidgenössischen Forschungsanstalt und der Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften (ZHAW) hat sich Wädenswil zu einem Bildungs­ standort gewandelt.

MS Glärnisch Seeplatz 1 8820 Wädenswil Telefon 044 780 16 66 Wädi-Brau-Huus Florhofstrasse 13 8820 Wädenswil Telefon 044 782 66 55 Schloss Cinéma Schlossbergstrasse 7 8820 Wädenswil Telefon 044 780 05 55 Theater Ticino Seestrasse 57 8802 Wädenswil Telefon 044 780 93 58 Coriander Leaf Schönenbergstrasse 25 8820 Wädenswil Telefon 044 780 31 41 Coiffeurgeschäft Carmen Seestrasse 130 8820 Wädenswil Telefon 044 780 35 93 Planet Trash CD-Store Seestrasse 127 8820 Wädenswil Telefon 044 780 68 80


cken, habe in der Stadt, in der es – keine Ahnung, weshalb – gut zwei Dutzend Coiffeur-Geschäfte gibt, meine Lieblings-Coiffeuse Carmen, die mir, immer noch mit Hingabe, mein schütteres Haar kürzt, und kaufe mir danach im gegenüberliegenden Second-Hand-CD-Store «Planet Trash» ein paar gebrauchte Silberlinge. Ich schätze die Fachsimpelei mit Rolf Kaser, dem Ladenbesitzer, der etwa so alt ist wie ich und mit seiner Band «Poison Ivvy» zu den Ur-Punks der Schweiz gehört. Wenn man sein grandioses musikalisches Talent (zwischen «Iggy-Pop-Tribut» und «SurfParodie» à la Ramones) erkennt, bekommt das Leben in Wädenswil sogar ein wenig Beatnik-Poesie. Mit einigen alten, für mich jedoch neuen CDs spaziere ich nach Hause. Früher ging ich hier mit meinen Söhnen spazieren. Als Teenager orientieren sie sich heute eher nach Zürich. Sie müssen sich und den Freunden in der grossen Stadt noch etwas beweisen. Ich muss das weniger, denke ich. Manchmal sagt meine Frau, die, bevor ich es vergesse, Emma heisst: «Ich werde deinen Gesichtsausdruck nie vergessen, als du mir mit viel Überzeugung gesagt hast, dass du in Wädens­ wil wohnst.»

«Nie käme es mir in den Sinn, nach Zürich zurück zu ziehen», schreibt der Autor.

PEACH PAPER XXXXXX

WÄDENSWIL FAKTEN Wädenswil, 407 Meter über dem Meer, liegt im Kanton Zürich und gehört zum Bezirk Horgen. Ende 2010 wohnten 20 376 Personen in der Stadt. Erstmals urkundlich genannt wird der Ort im Jahr 1130, als in einem Stiftungsbrief des Klosters Fahr die Freiherren von «Wadinswilere» erwähnt sind, wobei die Echtheit des Dokuments nicht bewiesen ist. Fest steht hingegen, dass die noblen Herren ihren Wohnsitz auf der Burg Alt-Wädenswil hatten, die als Ruine noch existiert, sich kurioserweise aber auf dem Boden der Nachbargemeinde Richterswil befindet. Zu überregionaler Bedeutung gelangte «Wädensweil», wie die Gemeinde bis 1903 hiess, im Laufe des 19. Jahrhunderts mit der Industrialisierung. Der Ort entwickelte sich zu einem Zentrum der Textilindustrie. Inzwischen haben Forschung und Ausbildung die Industrie mehrheitlich abgelöst. Mit der Eidgenössischen Forschungsanstalt und der Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften (ZHAW) hat sich Wädenswil zu einem Bildungs­ standort gewandelt.

MS Glärnisch Seeplatz 1 8820 Wädenswil Telefon 044 780 16 66 Wädi-Brau-Huus Florhofstrasse 13 8820 Wädenswil Telefon 044 782 66 55 Schloss Cinéma Schlossbergstrasse 7 8820 Wädenswil Telefon 044 780 05 55 Theater Ticino Seestrasse 57 8802 Wädenswil Telefon 044 780 93 58 Coriander Leaf Schönenbergstrasse 25 8820 Wädenswil Telefon 044 780 31 41 Coiffeurgeschäft Carmen Seestrasse 130 8820 Wädenswil Telefon 044 780 35 93 Planet Trash CD-Store Seestrasse 127 8820 Wädenswil Telefon 044 780 68 80


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